Praxis Jod in der Winterfütterung? Ein häufig unbeachtetes Spurenelement in der Pferdefütterung. Darüber informiert Dr. Ernst Stephan von SALVANA (1. Teil) od findet in der Humanernährung täglich Eingang in Form des "jodierten Speisesalzes", das jedermann benutzt, wenn er sein morgendliches Frühstücksei salzt. Es handelt sich dabei um Natriumchlorid, dem eine gewisse Menge Jod in Form von Kaliumjodat zugemischt wurde. Damit soll eine zusätzliche ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Jod sichergestellt werden, um Schilddrüsenerkrankungen vorzubeugen. Überraschend ist, dass dieses Kaliumjodat in der Pferdefütterung futtermittelrechtlich nicht zu gelassen ist, so dass der Einsatz dieses jodierten Speisesalzes in der Pferdefütterung gegen geltendes Recht verstoßen würde. Woher bekommen nun unsere Pferde ihr tägliches Jod und wie viel brauchen sie eigentlich, um eventuelle Überversorgungen zu vermeiden? J Jod in der Natur Jod ist in der Natur überall verbreitet. Es befindet sich in der Luft, im Wasser und im Boden und damit auch in den Futterpflanzen für die Pferde. Die größten Jodvorkommen befinden sich zurzeit im Meerwasser. Ursprünglich befand sich das Jod am häufigsten im Boden, wurde aber während der Eiszeiten aus dem Boden ins Meer gewaschen. Das Meerwasser enthält einen relativ hohen Jodgehalt in der Größenordnung von 40 bis 60 _g je Liter, während Lei- Der Jodgehalt in der Meeresluft ist sehr hoch. tungs- bzw. Brunnenwasser nur bei 0,5 bis 5 _g je Liter liegen. In der Regel analysieren die lokalen Wasserversorger das Trink/Tränkwasser nicht auf Jod, da es keine rechtlichen Grenzwerte gibt. Dennoch wäre es sicherlich von Interesse, den Jodgehalt im Wasser zu kennen. Das Jod aus dem Meerwasser gelangt über die Seeluft wieder als Niederschlag auf die Böden zurück. Der Regen versorgt die Böden regelrecht mit zusätzlichem Jod. Eine gezielte mineralische Düngung der Wiesen, Weiden und Ackerflächen mit Jod wird nicht durchgeführt, da durch eine Joddüngung der Pflanzenaufwuchs nicht gefördert werden kann. Für die Rationsgestaltung der Pferde ist es wichtig zu wissen, welche Jodgehalte in den verwendeten Futtermitteln enthalten sein können, um daraus eine mögliche Jodergänzung ableiten zu können. Die Rangierung der verschiedenen Futtermittel ist nur möglich, wenn die Jodgehalte alle auf einen Trockensubstanzgehalt der Futtermittel von 100% umgerechnet werden (Tabelle 1). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Jodgehalte in den Futtermitteln regional sehr stark schwanken können, da sie von den jeweiligen Umweltbedingungen, wie z.B. den Mecklenburger Pferde · Ausgabe 01/2008 geologischen Verhältnissen abhängig sind. Gerade die Meeresalgen können einen sehr hohen Jodgehalt besitzen, der bis zu 3.000 mg je kg betragen kann. Diese hohen Jodgehalte sind vermutlich davon abhängig, wie gut und wie lange die Meeresalgen in der Lage sind, Jod aus dem Meerwasser aufzunehmen und anzureichern. Dies würde auch die schwankenden Gehalte der Meeresalgen je nach Art und Herkunft erklären. Magermilchpulver wird bei Pferden nur in hochwertiger Fohlenmilch (Milchaustauscher für Fohlen) bzw. in Fohlenstartern eingesetzt und hat in der täglich üblichen Pferdefütterung keine Bedeutung. Auffällig reich an Jod sind die Trockenschnitzel, die bei Pferden nur in eingeweichter Form verfüttert werden sollten, um Schlundverstopfungen vor zu beugen. Relativ jodarm sind Pflanzensamen, so dass es einleuchtend ist, wenn die Getreidekörner wie z.B. Hafer wenig Jod enthalten. Bei den Jodgehalten des Weidegrases ist zu beachten, dass der junge Aufwuchs in der Regel jodreich ist. Dies würde bei Pferdeheu, das in der Regel spät geschnitten wurde, bedeuten, dass der Jodgehalt verringert sein kann. Dies ist vermutlich der Grund, warum im Heu weniger Jod enthalten sein kann als im frischen Weidegras. Wofür braucht das Pferd Jod? Jod ist ein so genanntes essentielles und damit lebenswichtiges Spurenelement. Da Jod im Körper hauptsächlich in der Schilddrüse zu finden ist, ist es für die optima- le Funktion dieser Drüse zuständig. In der Schilddrüse werden die Hormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) gebildet, die den gesamten Stoffwechsel (Stoffumsatz) beeinflussen. Jod wird in diese Hormone in Form von Jodid eingebaut und ist damit für die Synthese dieser Hormone maßgeblich verantwortlich. Die Schilddrüsenaktivität wird durch den Abfall der Umgebungstemperatur wie z.B. im Winter gesteigert. Stehen die Pferde im Offenstall steigt bei niedriger Umgebungstemperatur der Jodeinbau für die Synthese der Schilddrüsenhormone an. Damit kann im Winter bei Pferden in Offenstallhaltung ein erhöhter Jodbedarf unterstellt werden. Auch während der Laktation bzw. bei einer allgemein erhöhten Stoffwechselbelastung wird die Schilddrüsenaktivität gesteigert und vermehrt Jod benötigt. Bei Unterfunktion der Schilddrüse, nehmen die Wärmeproduktion, die Energiegewinnung (ATP-Synthese) in den Mitochondrien und die Eiweißsynthese z.B. von Muskelgewebe ab. Jod im zentralen Stoffwechsel Störungen des Jodstoffwechsels können verschiedene Ursachen haben und äußern sich in der Regel in einer Unterfunktion der Schilddrüse, die durch eine verminderte Produktion der Schilddrüsenhormone gekennzeichnet ist. Um dies auszugleichen wird das Drüsengewebe vermehrt und damit die Schilddrüse vergrößert, es bildet sich ein so genannter Kropf. Eine Unterversorgung mit Jod (Jodmangel), bedingt durch den Einsatz von jodarmen Futtermitteln, kann zur Kropfbildung, einer sichtbaren Umfangsvermehrung der Schilddrüse, führen. Gerade bei tragenden Stuten ist auf eine ausreichende Jodversorgung zu achten, da eine Jodunterversorgung bereits bei Fohlen zu einer Kropfbildung führen kann. Die Unterfunktion der Schilddrüse kann die Tragezeit verlängern und das Fohlen zeigt Zeichen der Unreife. Da die Höhe des Jodgehaltes in der Stutenmilch von der Jodversorgung der Stute über das Futter ab- 55 Praxis hängt, kann auch der Jodgehalt in der Stutenmilch erniedrigt sein. Ein längerfristiger Jodmangel kann bei ausgewachsenen Pferden zu Ödembildung in den Gliedmaßen oder einem verlängerten Haarwechsel führen. Weiterhin gibt es Inhaltsstoffe in Futtermitteln, die die Aufnahme von Jodid in die Schilddrüse hemmen und damit die Kropfbildung fördern. Dabei handelt es sich um sogenannte goitrogene (kropferzeugende) Substanzen. Futtermittel aus Kreuzblütler (Brassica), wie z.B. Rapsextraktionsschrot können Glykoside enthalten deren Abbauprodukte (Thiocyanate) die Jodidaufnahme hemmen und damit die Kropfbildung fördern. Solche Futtermittel sind keine typischen Futtermittel für Pferde und gelangen somit in der Regel nicht in Pferderationen. Auch unbehandelte Leinsaat mit ihrem hohen Gehalt an cyanogenen Glykosiden kann die Aufnahme des Jodids in die Schilddrüse hemmen und zur Kropfbildung führen. Nicht zu vergessen sind erhöhte Nitratgehalte im Tränkwasser bzw. Grünfutter, die ebenfalls die Jodidaufnahme herabsenken. Es liegt hierbei kein primärer sondern ein so genannter sekundärer Jodmangel vor. Diese Durch Inhaltsstoffe in Rapsprodukten kann die Jodidaufnahme in die Schilddrüse gestört werden. Hemmwirkungen können jedoch durch eine erhöhte Jodzufuhr kompensiert und damit überlistet werden. Weitere Inhaltstoffe in Futtermitteln (z.B. in Kohl und Klee) können ebenfalls die Kropfbildung fördern. Es handelt sich um Goitrin bzw. Derivate des Thioharnstoffes, so genannte Thioamide. In diesem Fall wird nicht die Aufnahme von Jod in die Schilddrüse gehemmt, sondern direkt die eigentliche Synthese von Thyroxin. Im englischen wird der Kropf deshalb auch als "goitre" bezeich- net. Eine zusätzliche Jodgabe über das Futter kann hier nicht hilfreich sein. Eine extreme Überversorgung mit Jod würde theoretisch eine erhöhte Synthese der Schilddrüsenhormone nach sich ziehen. Dem hat der Organismus jedoch grundsätzlich vorgebeugt, indem die Synthese der Schilddrüsenhormone bei Jodüberversorgung einfach gestoppt wird. Bleibt die Jodüberversorgung jedoch über einen längeren Zeitraum bestehen, wird dieser Mechanismus überwunden und die Schilddrüsenhormone werden wieder gebildet. Das überschüssige Jod, das für die Synthese der Schilddrüsenhormone nicht mehr benötigt wird, wird zum überwiegenden Teil über die Niere in den Urin entsorgt. Der Jodgehalt im Urin spiegelt die tägliche Jodaufnahme wieder und kann somit als verlässlicher Indikator zur Abschätzung der aktuellen Versorgungslage beim Pferd verwendet werden (Wehr et al. 2002). Eine übermäßige Jodversorgung der Pferde kann ebenfalls wie die Jodunterversorgung zur Kropfbildung führen. Dabei ist wiederum gerade in der Fütterung der tragenden Stuten darauf zu achten, dass die Stuten nicht zuviel Jod erhalten, da dies die Entwicklung des Fohlens schädigen kann. Erhält eine tragende Warmblutstute mehr als 60 mg Jod am Tag, ist die Jodaufnahme der fetalen Schilddrüse gehemmt und das neugeborene Fohlen kann mit einem Kropf und Skelettdeformationen auf die Welt gelangen. Nachdem ausführlich die Bedeutung des Jods in der Pferdernährung beschrieben worden ist, soll in einem anschließenden zweiten Teil über die praktische Versorgung der Pferde mit dem essentiellen Spurenelement Jod berichtet werden. Rückenprobleme beim Pferd "Das Glück auf Erden liegt auf dem Rücken unserer Pferde", deshalb sollte diesem unsere besondere Fürsorge gelten, sagt Dr. Jörg Neubauer. ach unserer Expedition in die Ursachen von Lahmheiten, sollen diesmal die oft mit Lahmheiten in Verbindung stehenden Rückenprobleme diskutiert werden. Es ist unklar, wie häufig Rückenerkrankungen bei Pferden vorkommen. Dies hängt damit zusammen, dass die Symptome der Rückenerkrankungen sehr vielfältig und unspezifisch sind, die Diagnostik schwierig und häufig mit großem Kostenaufwand verbunden. Es ist zwar möglich, die Wirbelsäule von Pferden mit modernen Techniken wie Röntgen oder Szintigraphie zu untersuchen, wobei auch viele Veränderungen am Rücken gefunden werden. Es ist aber hinlänglich bekannt, dass nicht jede röntgenologisch erkennbare Veränderung auch zu Schmerzen führt. Als bekanntes Beispiel sollen nur die "Kissing spines” erwähnt werden, deren Schweregrad der radiologischen Veränderungen selten mit den klinischen Symptomen einhergehen. Tatsache ist jedoch, dass viele Pferde wegen chronisch schmerzhaften Zuständen im Rük- N 56 kenbereich frühzeitig "in Rente geschickt" werden müssen. Man möchte glauben, dass Rükkenerkrankungen beim Pferd eine Zivilisationskrankheit darstellen. Doch wissenschaftliche Untersuchungen an Pferden, die ca. 20.000 bis 40.000 Jahren vor der Zeitwende gelebt haben, konnten zeigen, dass ca. 10% der Pferde knöcherne Veränderungen an den Dornfortsätzen der Brust- bzw. Lendenwirbelsäule aufwiesen. Um die Entstehung und die Ursachen von Rückenproblemen sowie deren Behandlung und auch Vermeidung zu verstehen, muss man sich zunächst etwas mit der Anatomie des Pferderückens auseinander setzen. Vom Kopf bis zum Schweif wird der gesamte Rücken über die Wirbelsäule getragen und gestützt; zusätzlich sind an der Wirbelsäule noch die Beine gewissermaßen "aufgehängt". Die Wirbelsäule wird stabilisiert durch die sie umgebende Muskulatur, unterstützt von einigen wichtigen Bändern. Das wichtigste von ihnen, das Nackenband, setzt am Nacken an und spannt sich wie eine Sehne auf dem Bogen über den gesamten Rücken bis zum Schweif. Unter dem Rücken versteht man die Region der Brust- und Lendenwirbelsäule mit den entsprechenden Knochen, Gelenken, Bändern, Muskeln, Nerven und Sehnen. Der Rücken steht in enger Verbindung mit anderen Körperabschnitten wie Kopf und Hals, Brust- und Bauchwand sowie auch mit der Schulter- und Beckengliedmasse. Lange bevor der Mensch erkannte, dass der Pferderücken als Lastträger gebraucht werden kann, musste dieser Körperabschnitt wichtige Funktionen erfüllen. Auch wenn man heute fälschlicherweise annimmt, dass der Rücken zum Reiten gemacht wurde, Darstellung des Pferderückens ist dies eine mit Nackenband untergeordnete Funktion. Viele wichtige Aufgaben muss der Rükken erfüllen, von denen nur einige wenige erwähnt werden sollen: • Schutz für das Rückenmark • Schutz für das Herz und die Lunge • Befestigung von inneren Organen • Befestigung der Gliedmaßen • Bewegung ermöglichen Der Hauptverursacher von Rükkenproblemen ist wahrscheinlich Mecklenburger Pferde · Ausgabe 01/2008