PHYSIO-Startseite/EXAMENSARBEITEN&DISSERTATIONEN/ZUSAMMENFASSUNGEN / ADAMEK (3 Seiten insgesamt) Stand: 28. Dez. 2010 JOHANNES GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ INSTITUT FÜR SPORTWISSENSCHAFT Wissenschaftliche Prüfungsarbeit zur ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien im Fach Sport zu dem Thema WIE INFEKTIÖS IST SCHNEE-SCHMELZWASSER FÜR HÖHENBERGSTEIGER UND WELCHE BEDEUTUNG HAT DIE HÄNDEDESINFEKTION ALS PRÄVENTIVMAßNAHME? Robert Adamek Staatsexamensarbeit 12/2009 Stand: Dez. 2010 Einleitung Die Faszination des Bergsteigens oberhalb der Schneegrenze reißt nach wie vor nicht ab. Die Süddeutsche Zeitung schrieb von einer halben Million Höhentouristen, die inzwischen jedes Jahr in den Himalaya, in die Andenländer, an den Elbrus und an den Kilimandscharo reisen (FILSER 2004, o. S.). Neben etlichen anderen Gefahren, die das Bergsteigen oberhalb der Schneegrenze mit sich bringt, nennen KÜPPER² et al. (2008, 2) die hohe Gefahr von Durchfallerkrankungen. Mit bis zu 70% wird die Reisediarrhö als eine der wichtigsten gesundheitlichen Probleme für Reisende und Höhenbergsteiger dokumentiert. Dabei ist das Trinkwasser für Höhenbergsteiger von besonderer Bedeutung, da es oberhalb der Schneegrenze im festen Aggregatzustand als Schnee, Firn oder Eis vorliegt und es zuerst geschmolzen werden muss, um es trinkbar zu machen. Der Hygieneexperte PIETSCH1* sah jedoch eine Entkeimung des Wassers als zweitrangig an. Demnach stelle Kot zwar eine Gefahr dar, wenn er pathogene Keime enthalte, wichtiger als das Abkochen von Schmelzwasser sei jedoch die Händedesinfektion (zitiert nach ZOCHOLL 2008, 58 f). PIETSCH sieht somit als wichtiges Hygiene-Problem für Bergsteiger oberhalb der Schneegrenze die Ansteckungsgefahr von Mensch zu Mensch durch eine mangelnde Händedesinfektion. Die Idee, diese Arbeit als eine praxisorientierte Untersuchung zu gestalten, ergab sich aus einer vorangegangenen Examensarbeit mit dem Thema der „Körperpflege, Hygiene und Abfallentsorgung bei Hochtouren oberhalb der Schneegrenze“ (ZOCHOLL, 2008). Die am häufigsten vorkommende Krankheit infolge schlechter hygienischer Bedingungen sei der Durchfall (ZOCHOLL 2008, 63). Es ist erstaunlich, dass von den zwölf durch ZOCHOLL befragten Bergsteigern, nur einer die Handhygiene als wichtig einschätzte. Dagegen erwähnten alle Befragten die Wichtigkeit einer Entkeimung des Wassers und der damit zubereiteten Nahrung (ZOCHOLL 2008, 58). In der vorliegenden Arbeit soll deshalb der Frage nachgegangen werden, wie infektiös SchneeSchmelzwasser für Höhenbergsteiger oberhalb der Schneegrenze ist und welche Bedeutung der Händedesinfektion als Präventivmaßnahme. zukommt. 5.3 Schlussfolgerungen für die Praxis Wie der prozentuale Anteil an infektiösem Schnee-Schmelzwasser zeigte (S. 33), werden nicht nur im Basislager, sondern im gesamten Verlauf der Besteigung, Fäkalindikatoren hinterlassen. Dadurch besteht ein hohes Risiko, sich durch pathogene Keime zu infizieren. Die Zweitrangigkeit des Abkochens, wie in der Einleitung (S. 3) von PIETSCH erwähnt, sollte deshalb aufgrund dieser exemplarischen Studie nicht beibehalten werden. Zur Desinfizierung von Wasser wird den Bergsteigern geraten, das Abkochen weiterhin durchzuführen. Beim Abkochvorgang wird neben 1 * Prof. Dr. Dr. M. PIETSCH, Abteilung für Hygiene und Umweltmedizin der Johannes GutenbergUniversität Mainz http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio PHYSIO-Startseite/EXAMENSARBEITEN&DISSERTATIONEN/ZUSAMMENFASSUNGEN / ADAMEK der Desinfektion von Wasser relativ schnell Wasser für Nahrung und Getränke gewonnen. Wie bereits erläutert ist der Abkochvorgang ein sicheres und gängiges Mittel für Höhenbergsteiger, weil alle pathogenen Keime, ausgenommen Hepatitis A, abgetötet werden können (S. 17 ff.). Deshalb wird, wie bereits aufgeführt, zusätzlich zu einer Impfung gegen (Hepatitis A, Polio, Typhus) zur Vorbeugung angeraten (S. 21). Die chemische Desinfektion ist ein Mittel, um alle pathogenen Keime abzutöten (siehe Abbildung 1, S. 22). Doch hier spielt neben dem Zeitfaktor auch der Faktor der Wassertemperatur eine entscheidende Rolle, wie bereits im Sachstand erläutert (S. 20). Dadurch wird deutlich, dass der Vorgang in der Praxis noch zeitintesiver ist und mehr Energie kostet als der Abkochvorgang oberhalb der Schneegrenze. Alternativ werden Filtermöglichkeiten aufgezeigt (S. 19 f.). Diese garantieren zwar eine Desinfizierung des Trinkwassers, doch in der Praxis müssen diese Geräte ebenso mit flüssigem Wasser gespeist werden. Sie müssen mitgetragen ((streichen werden)) und entsprechend gereinigt werden, um eine Desinfizierung sicher zu stellen. Nebenbei zeigt der Sachstand, dass diese Filter meist aus Materialien bestehen, die ziemlich leicht unbrauchbar werden (S. 19). Wie in Abbildung 1 (S. 22) gezeigt, wird der Kombination aus Keramikfiltern und der chemischen Desinfektion ein sehr hoher Stellenwert beigemessen. Doch in der Praxis bedeutet dies, dass die Bergsteiger noch mehr wichtige Energie und Zeit verbrauchen als beim Abkochvorgang selbst. Weiterhin wird auf die Benutzung von freiem Chlor und Jod hingewiesen, die beide den Vorteil einer schnellen Desinfizierung haben, aber den Nachteil mit sich bringen, dass sie zu Nebenwirkungen führen, die in Europa kontrovers diskutiert werden (S. 20 f.). Die Frage der Praktikabilität der Händedesinfektion ist im Rahmen dieser Arbeit ein noch zu lösendes Problem. Es wird deutlich, dass der Händedesinfektion große Bedeutung zugemessen wird (S. 23 ff.). In der Einleitung wird die Wichtigkeit einer Infektion in den Zusammenhang mit der Übertragung durch die Hände gebracht (S. 3). Doch wie es sich in der Praxis zeigte, ist eine Desinfizierung mit Alkohol- Desinfektionstüchern nicht praktikabel und schwer durchführbar. Als Alternative wäre ein flüssiges Desinfektionsmittel denkbar. Doch vermutlich wäre der Haupteffekt der gleiche und die Bergsteiger müssten infolge Auskühlung der Hände eine Beeinträchtigung der Motorik ihrer Finger hinnehmen, wie auf (S. 38 f.) erläutert. Des Weiteren könnte ein spezielles Kältetraining bei der hygienischen Händedesinfektion helfen, sich mit den besonderen Bedingungen oberhalb der Schneegrenze vor der Expedition zu befassen. Dieses Training müsste vor Ort vor allem im Zelt und nicht im Freien erprobt werden. Außerdem müsste eine feuchtigkeitsspendende Handcreme verwendet werden, um der Trockenheit der Hände nach einem solchen Vorgang entgegen zu wirken. Wie sich im Laufe dieser exemplarischen Studie herausstellte, ist die Gefahr einer Infektion durch Fäkalkeime, besonders durch die getragenen Handschuhe, festzustellen. Es hatte sich gezeigt, dass die Keime im Innenleben der Handschuhe, welche aus anorganischen Materialien bestanden, überlebt haben. Im Rahmen der vorgelegten Arbeit wurde die Kontamination von Bakterien analysiert. Deshalb hat sich eine Handschuhdesinfektion als eine sehr wichtige Maßnahme für die Vermeidung einer Kontamination mit pathogenen Bakterien herausgestellt, bei der sicherlich der Bedarf besteht, weitere Untersuchungen anzustellen, um eine Kontamination zu verringern oder womöglich zu vermeiden. In diesem Zusammenhang wird, wie bereits in der Einleitung durch Herrn Prof. Dr. PIETSCH erwähnt, die Gefahr einer Übertragung durch die Hände angesprochen. Denkbar wäre hier das Mitführen von zwei Paar Handschuhen, wobei jeweils ein Paar davon in gewissen Zeitabständen desinfiziert werden müsste. Dabei wären der Zeitaufwand und die Umgebungstemperatur beim Desinfektionsvorgang, sowie die anschließende Trocknung ein noch zu untersuchender Punkt. Die damit verbundene zusätzliche logistische Anforderung an die Bergsteiger müsste subjektiv beurteilt werden. 6. Zusammenfassung Die Bedeutung von Schnee-Schmelzwasser ist für Höhenbergsteiger von essentiellem Wert, weil sie ihr Trinkwasser daraus gewinnen. Die Händedesinfektion wird im Allgemeinen von Bergsteigern angesprochen, doch eine hohe Priorität wird ihr nicht beigemessen. Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit der Fragestellung, wie infektiös Schnee-Schmelzwasser für Höhenbergsteiger ist und welche Bedeutung die Händedesinfektion als Präventivmaßnahme hat. http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio PHYSIO-Startseite/EXAMENSARBEITEN&DISSERTATIONEN/ZUSAMMENFASSUNGEN / ADAMEK Um dieser Frage nachzugehen, wurde zunächst die allgemeine und spezielle Literatur zu diesem Thema im Sachstand dargelegt. Dabei wurden sowohl die Grenzwerte für Trinkwasser definiert als auch die gebräuchlichen Verfahren zur Bakterienbestimmung aufgezeigt, mit denen diese und andere Erreger für Durchfallerkrankungen nachgewiesen werden. Weiterhin wurden mögliche Infektionsquellen und Infektionswege einer Durchfallerkrankung dargestellt. Als spezielle Form der gastrointestinalen Infektion wurde die Reisediarrhö beschrieben. Anschließend wurden mögliche Ursachen und Therapiemöglichkeiten für Bergsteiger aufgezeigt. Um dem hohen Infektionsrisiko vorzubeugen, wurden Vorbeugemaßnahmen erläutert, die ihren Schwerpunkt in der Wasseraufbereitung für Bergsteiger und der Händedesinfektion im Vergleich zum klinischen Alltag hatten. Im praxisorientierten Teil dieser Arbeit wurde anhand einer systematischen Studie untersucht, wie infektiös beispielsweise Schnee-Schmelzwasser aus dem Muztagh Ata-Gebiet (China) und dem Kleinwalsertal sein kann. Weiterhin wurde eine Händedesinfektion mit AlkoholDesinfektionstüchern erprobt und anschließend beurteilt. Abschließend wurde die im Laufe der vorangegangenen Untersuchungen aufgekommene Idee, ein Paar Handschuhe eines Bergsteigers einer bakteriologischen Kontrolle zu unterziehen, aufgegriffen, um eine mögliche Kontamination zu prüfen. Als wichtiges Ergebnis sei genannt, dass Schnee-Schmelzwasser mit einem hohen Infektionsrisiko gekennzeichnet ist. Die Händedesinfektion mit Alkohol-Desinfektionstüchern wird als nicht praktikabel gesehen. Die Untersuchung der Bergsteigerhandschuhe wies in allen Fingerkuppen sowohl weitere Mikroorganismen als auch Enterococcus faecalis nach. Aus diesen Ergebnissen wird gefolgert, dass das Schnee-Schmelzwasser besonders im Basislager als hoch infektiös betrachtet werden kann und mit aufsteigender Höhe zwar das Infektionsrisiko immer geringer wird, aber bis 6800 m bestehen bleibt. Aufgrund der Beeinträchtigung der Motorik wird die Praktikabilität der Händedesinfektion mit AlkoholDesinfektionstücher als unbrauchbar bewertet. Die Bedeutung der Präventivmaßnahme ist trotzdem als hoch einzustufen. Hierbei müssten andere mögliche Lösungen diskutiert werden. Außerdem ist darauf Rücksicht zu nehmen, dass sich pathogene Bakterien in den eigenen Handschuhen befinden könnten. Eine Desinfektion der Handschuhe müsste ebenso diskutiert werden. Als Fazit ergibt sich als Schlussfolgerungen für die Praxis, dass diese exemplarische Studie als Anregung für Bergsteiger und Teilnehmer einer Hochgebirgsexpedition dienen soll, um möglichen Infektionen des Gastrointestinaltraktes vorzubeugen und den Blick der Bergsteiger für diese Problematik zu schärfen. Dabei sollten sie sich den gängigen Möglichkeiten der Desinfektion von Wasser bewusst werden und den Abkochvorgang nach wie vor effektiv nutzen. Bezüglich der Kontaminationsgefahr durch die Hände, kann man festhalten, dass ihr zwar eine hohe Priorität beigemessen wird, die praktische Umsetzung mit den in dieser Arbeit untersuchten Desinfektionstüchern jedoch nur ungenügende Ergebnisse liefern konnte. Ferner bedarf es weiterer Forschungen über die Kontamination von Bergsteigerhandschuhen mit pathogenen Mikroorganismen, die sich in dieser Arbeit als ein sehr hohes, potentielles Risiko für eine mögliche Infektion des Magen-Darm-Traktes erwiesen. Danksagung Herrn Prof. Dr. Dr. M. Pietsch sowie seiner Mitarbeiterin B. Kraft danke ich vielmals für sehr hilfreiche Beratungen und Laborarbeiten. Herrn B. Honka (Fachübungsleiter Hochtouren, Deutscher Alpenverein, Sektion Mainz) danke ich für sorgfältige Sammlung und Transport der Schnee-Proben. Urspr. Dateiname: Adamek Kurzf neu 12 12 10 für Homepage(2).doc http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio