BORDNETZE Schutz in Hochspannungsbordnetzen KFZ-LEITUNGSSYSTEME für hohe Spannungen, wie sie z. B. in Hybridfahrzeugen zum Einsatz kommen, lassen sich mit einem neu entwickelten Bordnetzkonzept zuverlässig absichern, wobei der Sensor bereits integriert ist. H ybridfahrzeuge sind in aller Munde, denn sie versprechen drastische Kraftstoffeinsparung, mehr Fahrkomfort und Fahrspaß. Doch die Realisierung bringt auch Probleme mit sich. Bei den benötigten hohen elektrischen Fahrleistungen muss an die Sicherheit des Hochspannungssystems gedacht werden. AFL hat ein Sicherheitskonzept entwickelt, welches das Bordleitungsnetz komplett überwacht und größtmöglichen Schutz bietet. Bei Full-Hybrid-Fahrzeugen, die sowohl teilweise durch einen Elektromotor, als auch durch den Verbrennungsmotor angetrieben werden, finden duale Bordnetze mit 14 V Niedrigspannung für die konventionelle Elektrik und Hochspannungen von 300 V bis 600 V für den elektrischen Antriebsstrang Anwendung. Hochspannungen von mehreren hundert Volt in Kraftfahrzeugen stellen allerdings besondere und deutlich höhere Sicherheitsanforderungen an das Bordnetz als bei herkömmlichen Kraftfahrzeugen. Zum einen können Personen bei direktem Kontakt lebensgefährlich verletzt werden, zum anderen sind im elektrischen System erhebliche Energiemengen gespeichert, die bei einem unkontrollierten Freisetzen etwa durch Kurzschluss oder bei Verkehrsunfällen zu größeren Schäden an der Fahrzeugausrüstung führen können. Bild 1: Das Funktionsprinzip von Sensewire – Elektronische Erkennung. Schutz von Personen und Fahrzeugkomponenten Schon bei Gleichspannungen ab etwa 20 V können bei Kurzschlüssen oder Leitungsunterbrechungen Lichtbögen entstehen. Ein kleiner Defekt kann bereits zu einem Fahrzeugbrand oder zumindest zu einer starken Beschädigung des Kabelsatzes führen. Bis zur Schutzkleinspannung von 60 V sind keine besonderen Maßnahmen zum Personenschutz erforderlich. Oberhalb von 60 V ist ein Schutz gegen direktes Berühren vorzusehen, ab 120 V sogar gegen indirektes Berühren. Für beide Hybridbordnetz-Varianten ist somit sowohl ein Schutz gegen Lichtbogenerzeugung als auch ein Berührschutz geboten. Eine Absicherung der Leitungen durch Schmelzsicherungen bietet keinen sicheren Schutz, da die mit den Lichtbögen verbundenen Ströme zum Auslösen der Schmelzsicherungen nicht immer ausreichend groß sind. Es müssen also neue Vorkehrungen getroffen werden, um die Sicherheitsanforderungen zu erfüllen und einen angemessenen Schutz von Komponenten und besonders von Personen sicherzustellen. AFL hat daher ein neues Bordnetzsystem konzipiert und Sicherheitsmechanismen integriert, die den notwendigen Schutz gewährleisten. In Kooperation mit dem österreichischen Kabellieferanten Gebauer&Griller wurde eine Spezialleitung mit einer Isolationsüberwachung entwickelt, die einfach produziert werden kann und effektiven Schutz bietet. AUTOMOBIL-ELEKTRONIK Juni 2009 51 Alle Bilder: AFL BORDNETZE Bild 2: Systemanordnung im Bordnetz als Überblick für den Einsatz des Schutzsystems im Hochspannungsbordnetz. Sie ermöglicht es, die Hochspannung in gefährlichen Situationen (z. B. bei einem Unfall, fahrlässigen Eigenreparaturversuchen durch Fahrzeughalter etc.) schnell abzuschalten. Eine Lichtbogenentwicklung wird von vornherein verhindert und somit eine Brandentwicklung ausgeschlossen. Das neu entwickelte und zum Patent angemeldete System namens Sensewire besteht aus einem Spezialkabel mit integriertem Sensor und Verbindungselementen, einer Auswerteelektronik und einem Trennelement, das die Hochspannungsversorgung abschaltet. Der im KaBild 3: Senswire mit abgedichtetem Kabelschuhanschluss und Sensorkontaktierung. bel integrierte Sensor erfasst Fehler im Bordnetz, die zu Lichtbögen oder lokaler Überhitzung führen können. Diese werden von der Auswerteelektronik erkannt. Sie generiert ein schnelles Abschaltsignal, das zur sofortigen Abschaltung der Hochspannungsversorgung benutzt wird, bevor es zu einer gefährlichen Situation kommen kann. Kabelfehler sicher und schnell detektieren Hauptkomponente des Systems ist das Spezialkabel mit integriertem Sensor. Um einen Standard-Leitungskern ist dabei eine dünne leitfähige Folie spiralförmig gewickelt (Sensorelement). Die Isolationsmaterialien sind für Motorraum-Anwendungen (Temperaturklasse C: 125 °C für 3000 h) ausgelegt und sind mit heutigen Standard-Leitungssatzkomponenten kompatibel. 52 AUTOMOBIL-ELEKTRONIK Juni 2009 Durch die spiralförmige Anordnung des Sensorelements erkennt die Leitung in Verbindung mit einer einfachen elektronischen Detektorschaltung vier Arten von Kabelfehlern – nämlich durchgescheuerte Stellen (mechanische Beschädigung des Außenmantels), Kurzschlüsse nach Fremdspannungen, Kurzschlüsse nach Masse sowie zusätzlich eine lokale Kabelüberhitzung durch serielle Lichtbögen. Die letztgenannte Funktion wird durch ein Aufschmelzen des wärmeempfindlichen Sensorelements erreicht. Da sich das Sensorelement am äußeren Rand des Kabels befindet, werden die meisten Fehler schon erkannt, bevor der Strom führende Innenleiter beschädigt wird. Somit kann die Spannung bereits rechtzeitig abgeschaltet werden, wodurch die Entstehung eines Lichtbogen von vornherein unterbunden wird. Schutz der Steckverbindung Einen weiteren Vorteil der Systemanordnung bietet die Möglichkeit, den Leitungsschutz auf die Steckanschlüsse auszudehnen. Ein zusätzlicher Signalkontakt im Steckverbinder wird mit dem Sensorelement verbunden. Dieser voreilende Kontakt überwacht den Verbindungsstatus. Durch ihn wird sichergestellt, dass zum einen beim Abziehen des Steckverbinders kein Lichtbogen entsteht und zum anderen der Berührschutz durch automatisches Abschalten der Hochspannung gewährleistet ist. Eine kleine analoge Detektorschaltung lässt sich leicht in bestehende Steuergeräte integrieren oder auch als getrennte Einheit realisieren. Sie überwacht die elektrischen Eigenschaften der Sensorfolie und generiert binnen Mikrosekunden ein logisches Fehlersignal. Dieses Fehlersignal kann bei Bedarf mit vor- handenen Mikroprozessoren weiter ausgewertet werden, um die Entscheidung zur vollständigen Abschaltung der Hochspannung zusammen mit anderen Fahrzustandsinformationen zu verknüpfen. Durch eine spezielle Anbindung der Sensorfolienanschlüsse im Leitungsbaum lässt sich sogar der Leitungsstrang identifizieren, in dem der Fehler auftritt. Mit dem logischen Fehlersignal wird ein Abschaltelement an der Hochspannungsquelle (z. B. Batterie, E-Wandler) angesteuert. Dazu eignen sich sowohl mechanische (pyrotechnische) als auch elektronische (Halbleiterschalter) bzw. elektromechanische Schalter (Relais). Diese Abschaltmöglichkeit ist in der Regel im Hochspannungsmodul eines Hybridfahrzeugs vorhanden und kann problemlos mit dem Fehlersignal ausgelöst werden. Eine Rücksetzmöglichkeit der Hochspannung, nachdem der Fehler behben wurde, ist am Abschaltelement zusätzlich vorzusehen. Alle Systemkomponenten, Kabel und Anschlusstechnik sowie Detektionselektronik und Abschaltelemente sind von AFL lieferbar. Serientauglich Die Sensorleitung ist im Querschnittsbereich 10 mm² bis 95 mm² (Kupferquerschnitt Hauptader) verfügbar, wobei der Hauptleiter alternativ auch aus Aluminium bestehen kann. Mehradrige Mantelleitungen, die ein gemeinsames Detektorelement nach dem gleichen Konstruktionsprinzip aufweisen, befinden sich in Entwicklung. Damit ist eine Bordnetzauslegung im Vergleich zur bisher angewandten Kabeltechnik kostengünstig realisierbar. Das vorgestellte Bordnetzsystem mit integrierter Schutzfunktion ist bereits in verschiedenen Testfahrzeugen mehrerer Fahrzeughersteller unter Realbedingungen im Einsatz und hat seine Funktionalität unter Beweis gestellt. Prototypen der Systemkomponenten sind für kundenspezifische Entwicklungen verfügbar. Damit steht der Einführung von neuen sicheren Bordnetzen mit hybriden Spannungssystemen nichts mehr im Weg. Dr. Thomas Flottmann ist Project Manager EDS bei AFL in Frickenhausen. infoDIRECT Link zu AFL www.all-electronics.de 319AEL0309