Malva sylvestris L. Wilde Malve Herkunft – Verbreitung – Botanik

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Malva sylvestris L. Wilde Malve
Malvaceae Malvengewächse
Herkunft – Verbreitung – Botanik
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Zur Gattung Malva gehören etwa 30 Arten. Ursprünglich aus Südeuropa und Asien stammend, sind sie heute auch im übrigen Europa
und in Nordafrika verbreitet. Die Wilde Malve
wächst wild vorzugsweise an Wegrändern und
auf Schuttplätzen. Da sie stickstoffhaltigen Boden liebt, ist sie auch häufig rund um Siedlungen anzutreffen (Ammoniakpflanze). Die Wilde
Malve weist einen meist bogig aufsteigenden
Stängel auf, der dicht behaart ist. Die unteren,
wechselständigen Blätter sind rundlich und
nicht oder nur wenig geteilt. Die oberen Blätter
sind bis etwa zur Mitte 3–7-teilig, mit gerundeten, grob gezähnten Abschnitten. Die einzelnen
Blattlappen sind eiförmig bis dreieckig. Die
Farbe der Blüten reicht von Weiß über Rosa bis
Violett. Sie stehen zu Gruppen von 2–6 Blüten
in den Blattwinkeln. Pro Blütenkronblatt weisen
sie drei dunkle Streifen auf. Die Kronblätter
sind 3–4-mal so lang wie die Außenkelchblätter.
Letztere sind 3–6-mal so lang wie breit. Die Blü-
Namen
Grande mauve/Petite mauve (F); Malva
selvatica/Malva domestica (I); Common
mallow/Dwarf mallow (E)
Volkstümliche Namen
Babbel, Butterwecken, Feldmalve, Hasenbrötchen, Kattenkäse, Krallenkraut,
Pöppel, Rosspappel, Schwellkraut, Zuckerplätzenkraut
Hauptmerkmale
Höhe
Blütengröße
Blütezeit
Pflanzentyp
30–120 cm
4–5 cm
Mai-Okt.
zweijährig oder
ausdauernd
ten sind am Grunde dicht bewimpert und tief
ausgerandet. Die Staubfäden sind wie bei allen
Malvengewächsen zu einer den Stempel umgebenden Röhre, der sogenannten Columna, verwachsen. Die scheibenförmigen Früchte messen 8–10 mm im Durchmesser und sind mehr
oder weniger kahl. Die Teilfrüchte sind scharf
berandet und am Rücken netzig-grubig. Die
Fruchtstiele sind aufrecht oder abstehend. Als
Kulturform findet sich in Gärten oft die mauretanische Malve (Malva sylvestris subsp. mauritiana). Deren Stängel und Blätter sind nur
schwach behaart und die Blüten oft dunkelpurpurn. Sie kann ebenfalls für Medizinalzwecke
verwendet werden. Die Wilde Malve wird gerne von verschiedenen Wildbienen, Hummeln,
Schwebfliegen und Tagfaltern besucht, die den
reichlich vorhandenen Pollen und Nektar ernten. Einige Wildbienen übernachten auch gerne
in den Blüten.
Wilde Malve im Frühstadium
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Kleine Malve
Kleine Malve (Malva neglecta) und weitere
Malven
Die Kleine Malve (auch Chäslichrut genannt) ist
nur 10–50 cm hoch und eher niederliegend.
Auch die oberen Blätter sind kaum gelappt. Die
Blütenkronblätter sind hellrosa bis fast weiß
und höchstens 2.5 cm lang. Sie sind doppelt so
lang wie die Kelchblätter. Die Früchte messen
6–7 mm im Durchmesser. Die Teilfrüchte sind
glatt und an den Kanten abgerundet. Die Fruchtstiele sind zuletzt zurückgebogen.
Weitere, aber nur selten heilkundlich verwendete Arten sind: Malva alcea (Sigmarswurz), Malva
moschata (Bisam-Malve) und Malva verticillata
var. crispa (Krause Malve). Eng verwandt mit
der Gattung Malva sind Eibisch (Althaea officinalis) und Stockrose (Alcea rosea).
Anbau – Pflege – Ernte – Lagerung
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Die Wilde Malve ist wärmeliebend und bevorzugt
einen sonnigen Standort. Die Kultur erfordert
einen eher leichten Boden mit einem hohen Anteil an organischem Material. Bei eher mageren
Böden sollte vor der Kultur und nach dem 2.
und 3. Schnitt eine Kompostgabe erfolgen, um
den doch eher hohen Bedarf der Malven an
Stickstoff und Kalium abzudecken. An einer
warmen geschützten Lage mit guter Luftzirkulation kann das Risiko eines Befalls durch den
Malvenrost vermindert werden. Als Vorkultur
sollten keine Malvengewächse gewählt werden.
Zwischen zwei Malvenkulturen ist eine Anbaupause von mindestens vier Jahren zu wählen.
Mitte bis Ende April können Malven mit einem
Reihenabstand von 50–70 cm direkt ins Freiland gesät werden. Mit rund 50 Pflanzen pro
Quadratmeter benötigt man rund 40 g Saatgut
pro 100 m2. Die Keimung kann eventuell durch
Abdecken mit Folie beschleunigt werden. Nach
der Saat sollte leicht bewässert werden, um eine
optimale Keimung zu gewährleisten.Während der
Saison muss nur noch 2–3-mal gehackt werden, da die Malven den Boden rasch abdecken
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und somit ein starker Unkrautbefall eher selten
ist. Bei Trockenheit sollte wenn immer möglich
bei Nacht leicht beregnet werden, um Pilzkrankheiten vorzubeugen. Da der Malvenrost häufig
gegen Ende der Saison auftritt, sollte die Ernte
der Blätter frühzeitig erfolgen. Bei einer Krauthöhe von 20–30 cm kann das Kraut Ende Juni
zum ersten Mal geerntet werden, wobei 10–
15 cm über dem Boden geschnitten wird. Die
Pflanzen werden am besten in Bündeln verkehrt
aufgehängt oder in losen Lagen auf Tüchern am
Schatten ausgelegt. In einer Trocknungsmaschine sollte eine Temperatur von 45 °C nicht
überschritten werden. Für die Ernte der Blätter
kann das Kraut im Abstand von ungefähr drei
Wochen 4–5-mal geschnitten werden. Nach dem
Trocknen werden die Blätter von den Stängeln
abgestreift und in luftdurchlässigen Stoffsäcken
oder dicken Kartonschachteln gelagert. Die Ernte
der Blüten der Wilden Malve erfolgt von Hand,
was einen recht großen Aufwand bedeutet. Die
Blüten werden zum Trocknen an einem warmen
Ort auf Tüchern lose ausgelegt oder in der Trocknungsmaschine sorgfältig getrocknet.
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Pflanzenheilkunde
Geruch und Geschmack –
Inhaltsstoffe
Malvenblätter (Malvae folium), bestehend aus den getrockneten Laubblättern
der Pflanzen
Geruch: schwach, charakteristisch
Geschmack: beim Kauen schleimig fade
Pharmakologische Wirkungen
und Wirksamkeit
Malvenblätter und deren Zubereitungen wurden
in den letzten Jahren relativ umfangreich expe-
Inhaltsstoffe: In den Schleimzellen von
Malvenblättern findet man ca. 8 % und
von Malvenblüten ca. 10 % Schleim (Polysaccharide), der nach Hydrolyse hauptsächlich die Monomeren Arabinose,
Rhamnose, Glucose, Galactose und
Galacturonsäure liefert. Weiterhin kann
man sowohl in Malvenblättern als auch
Malvenblüten geringe Mengen an Gerbstoffen nachweisen, in den Blättern findet man zusätzlich Flavonoidsulfate und
in den Blüten Anthocyane (z. B. Malvin)
Wilde Malve
Malvenblüten und v. a. Malvenblätter werden
bereits in der griechischen und römischen Medizin verwendet (v. a. innerlich und äußerlich
antientzündlich). Sie sind Schleimdrogen (Mucilaginosa) und werden volksmedizinisch als wässrige, reizlindernde Zubereitungen bei Husten
und Beschwerden der oberen Atemwege sowie
bei Entzündungen im Mund-, Rachen- und Zahnfleischbereich (auch als Gurgelwasser bzw. Spülung) eingesetzt, ebenso bei unspezifischen
Durchfällen und Katarrhen im Magen-Darmbereich sowie als mildes Abführmittel, mitunter
auch bei Beschwerden im Bereich der ableitenden Harnwege.
Äußerlich werden wässrige Zubereitungen bei
entzündlichen Hauterkrankungen oder zur Wundbehandlung eingesetzt (z. B. als Umschläge, Kataplasmen, Teilbäder). Bei Insektenstichen und
kleineren Verletzungen können (zerquetschte)
frische Blätter beschwerdenlindernd wirken.
Volksmedizinisch werden z. T. Blätter und Blüten auch gemeinsam verwendet.
rimentell beforscht. Es wurden ausgeprägte antioxidative und breitgefächerte antientzündliche
Wirkungen gefunden, zudem Hinweise auf antibakterielle, adstringierende, hautschützende,
schmerzreduzierende, magenschleimhautschützende und gewisse antikarzinogene Effekte. Die
antioxidative Kapazität wurde vergleichend bei
Blättern, Blüten, unreifen Früchten sowie Stängeln mit Blättern und Blüten untersucht. Die Blätter zeigten dabei die ausgeprägtesten antioxidativen und Radikalfänger-Eigenschaften.
Die derzeitige therapeutische Anwendung beruht auf wissenschaftlich gesichteten Erfahrungen und Traditionen, entsprechende klinische
Studien liegen nicht vor.
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Malva sylvestris
Volksmedizinische und traditionelle
Anwendung
Malvenblüten (Malvae sylvestris flos),
bestehend aus den getrockneten Blüten
der Pflanze
Geruch: fast geruchlos
Geschmack: beim Kauen schleimig
Inhaltsstoffe: siehe Malvae folium
Die typischen Früchte der Wilden Malve
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Malvenfeld mit Königskerzen
Anwendungsbereiche und Dosierungshinweise
Droge
Traditionelle Anwendungsbereiche
Dosierungshinweise
Blüten
Schleimhautreizungen im Mund-RachenRaum und damit verbundenem Reizhusten
ED 1.5–2 g, entweder in kaltem
Wasser angesetzt und kurz aufgekocht oder mit kochendem
Wasser übergossen
TD 5 g
Blätter
▪
ED 2 (–5) g mit kochendem
Wasser übergießen, 10–15 min.
ziehen lassen
TD 5 g
▪
Schleimhautreizungen im Mund-RachenRaum und damit verbundenem Reizhusten
Schleimhautentzündungen im Bereich
der oberen Atemwege, des Mund-RachenRaums oder des Magen-Darm-Traktes
Malvenblätter und -blüten sind in zahlreichen
Teemischungen enthalten, die Blüten werden
auch als sog. Schmuckdrogen verwendet, u. a.
zur Teefärbung (natürlicher Farbstoff). Zube-
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reitungen aus Malvenblättern sind in einer Reihe von hautberuhigenden Pflegeprodukten enthalten.
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Unerwünschte Wirkungen
Bislang sind keine gravierenden unerwünschten Wirkungen bekannt.
Wechselwirkungen
Es liegen derzeit keine Berichte über bedeutsame Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln vor.
Schwangerschaft und Stillperiode
Zur medizinischen Anwendung während der
Schwangerschaft und der Stillperiode liegen kei-
ne Untersuchungen vor. Die Anwendung scheint
mit dem Stillen vereinbar zu sein.
Gegenanzeigen und Einschränkungen
Überempfindlichkeit
Malva neglecta (Kleine Malve)
Blätter und Blüten der Malva neglecta werden
volksmedizinisch vergleichbar der Malva sylvestris verwendet. Allerdings liegen für sie wesentlich weniger experimentelle Forschungsergebnisse und dokumentierte Erfahrungen vor.
Die jungen Triebe aller Malvenarten können als
Beigabe zu Frühlingssalaten oder zu Gemüsen,
und die Blüten als farbige Beigabe zu Salaten
verwendet werden. Die jungen Früchte oder auch
die Blütenknospen können in Essig eingelegt zu
«falschen Kapern» verarbeitet werden. Malven-
blätter können auch wie Spinat leicht angedämpft und dann warm genossen werden. Die
Wurzeln der verschiedenen Malven können von
September bis in den Winter hinein als Beigabe
zu Kräuter- und Gemüsesuppen verwendet werden. Sie tragen zum Eindicken der Suppen bei.
Wilde Malve
Wildkräuterküche
Malva sylvestris
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Eine Biene holt sich den Pollen aus einer Malvenblüte
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