Kapitel 2.4 - Fakultät für Mathematik, TU Dortmund

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Algebra und Zahlentheorie
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Gruppenoperationen und Permutationsgruppen
Viele wichtige Gruppen bestehen aus Abbildungen, z.B. Permutationen einer endlichen Menge, linearen Abbildungen eines Vektorraumes oder Isometrien eines
euklidischen Raumes. Aus der gegebenen Realisierung der Gruppenelemente als
Abbildungen konstruiert man leicht weitere Abbildungen und Gruppen. Wenn
z.B. f : X → X bijektiv ist und A ⊆ X eine beliebige Teilmenge, so ist auch f (A)
definiert, und auf diese Weise liefert f auch eine Abbildung auf den Teilmengen
(d.h. der Potenzmenge) von X. Durch Einschränkung erhält man Abbildungen
auf den Teilmengen einer festen Mächtigkeit (z.B. den zweielementigen Teilmengen), oder im Fall linearer Abbildungen eines Vektorraumes V z.B. auf der Menge
aller Geraden oder Ebenen von V . Das in diesem Kapitel behandelte Konzept einer Gruppenoperation liefert einen allgemeinen Rahmen für die Interpretation
von Gruppenelementen als Abbildungen und die Interpretation der Verknüpfung
in der Gruppe als Komposition (Verkettung) von Abbildungen.
Wir beginnen mit der Definition einer Operation, die gegen Ende des Unterkapitels in Satz 2.4.17 noch einmal anders beleuchtet wird. Dann werden die grundlegenden Begriffe Bahn, Stabilisator, Fixpunkt, invariante Teilmenge behandelt
und festgestellt, dass jede Gruppenoperation eine Äquivalenzrelation induziert.
Der grundlegende Satz 2.4.9 stellt die Beziehung zu Nebenklassen nach einer Untergruppe her, er wird in 2.4.11 zu der wohlbekannten Bahnengleichung” weiter”
geführt. Als intern-gruppentheoretische Anwendung wird die Konjugation in einer
Gruppe behandelt, die ein grundlegendes Hilfsmittel zur Strukturuntersuchung
von Gruppen ist (siehe das nächste Unterkapitel 2.5). Weiter werden kurz Permutationsgruppen und scharfe und mehrfache Transitivität angesprochen; hier sind
die projektiven linearen Gruppen PGL2 ein Standardbeispiel. Um die weit über
die Algebra hinausgehende Tragweite der –im Grunde sehr einfachen– Konzepte
noch weiter zu erläutern, stellen wir schließlich die Beziehung zum allgemeinen
Konzept der Homogenität” her.
”
Dieser Abschnitt enthält eine besonders große Anzahl von Beispielen. Diese
sind oft der Geometrie oder Kombinatorik entnommen, was in der Natur der
Sache liegt, weil Gruppen und ihre Operationen untrennbar mit dem Begriff der
Symmetrie” oder Regularität” verbunden sind.
”
”
Definition 2.4.1 Eine Operation 5 einer Gruppe G auf einer Menge X ist eine
Abbildung
G × X → X, (g, x) �→ g.x ,
die den Bedingungen
(Op1) e.x = x für alle x ∈ X
(Op2) g.(h.x) = (gh).x für alle g, h ∈ G, x ∈ X
genügt.
5
Eine Gruppenoperation wird auch als Gruppenaktion bezeichnet, insbesondere in der englischsprachigen Literatur: group action“, G acts on X“.
”
”
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Mit anderen Worten, eine Operation von G auf X ist eine äußere Verknüpfung
von G mit X, die die genannten zusätzlichen Bedingungen erfüllt. Jedes Gruppenelement liefert eine Abbildung x �→ g.x, X → X, und nach (Op2) gehört zu
einem Produkt gh in G die Komposition der einzelnen Abbildungen (erst h, dann
g anwenden). Siehe auch Satz 2.4.17 a) ii).
Beispiele 2.4.2 (Gruppenoperationen)
(1) G = Sn die symmetrische Gruppe vom Grad n und X = {1, . . . , n} mit
σ.m = σ(m) für σ ∈ Sn , m ∈ X.
(2) Allgemeiner sei X irgendeine Menge,
Per X := {f : X → X | f bijektiv}
die Menge aller Permutationen von X und G ⊆ Per X irgendeine Untergruppe, weiter f.x = f (x) wie eben. Diese Operation heißt die natürliche
Operation von G auf X.
(3) Wenn V ein K-Vektorraum ist, so operiert GL(V ) und jede Untergruppe
davon auf V . Dieses ist ein Spezialfall von (2).
(4) Für jeden K-Vektorraum V operiert die Gruppe GL(V ) auf der Menge
der Endomorphismen End(V ) durch die Vorschrift (g, f ) �→ gf g −1 . Ebenso
operiert für festes n ∈ N die Matrizengruppe GLn (K) durch (S, A) �→
SAS −1 auf der Menge K n×n aller quadratischen Matrizen der Größe n.
(5) Jede Gruppe G operiert auf sich selbst (X = G) mittels g.x = gx (Produkt
in G). Die Bedingung (Op 2) ist das Assoziativgesetz.
(6) Seien G und X wie in (2) und H ⊆ G eine Untergruppe von G. Dann
operiert auch H auf X, und zwar einfach durch Einschränkung.
(7) Seien G und X wie in (2). Dann operiert G auf der Potenzmenge P(X)
durch g.Y := g(Y ) = {g(y) | y ∈ Y }.
(8) Wenn allgemeiner eine beliebige Gruppenoperation von G auf X gegeben
ist, so operiert G auch auf P(X) durch g.Y = {g.y | y ∈ Y }.
Wenn eine Operation einer Gruppe auf einer Menge gegeben ist, so kann man in
naheliegender Weise einige abgeleitete Objekte betrachten. Diese werden in der
folgenden Definition zusammengestellt.
Definition 2.4.3 Die Gruppe G operiere auf der Menge X.
a) Für x ∈ X heißt G.x := {g.x | g ∈ G} die Bahn oder der Orbit von x. Die
Mächtigkeit |G.x| nennt man auch die Länge der Bahn.
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b) Die Menge
Gx := {g ∈ G | g.x = x}
heißt die Isotropiegruppe oder der Stabilisator von x.
c) Wenn g ∈ G und x ∈ X sind mit g.x = x, so heißt x auch ein Fixpunkt
von g. Wenn g.x = x ist für alle g ∈ G, so nennt man x einen Fixpunkt der
Operation oder auch Fixpunkt von G.
d) Eine Teilmenge Y ⊆ X heißt invariant unter G oder G-invariant, falls
g.y ∈ Y ist für alle g ∈ G, y ∈ Y . Durch Einschränkung erhält man dann
eine Operation G × Y → Y .
Man prüft schnell nach, dass Gx in der Tat eine Untergruppe von G ist. Lediglich
das Inverse erfordert ein kleines Argument: Für x ∈ Gx läßt man das Element
g −1 auf beide Seiten der Gleichung g.x = x operieren und erhält mittels (Op2)
und dann (Op1) die gewünschte Gleichung g −1 .x = x
Beispiele 2.4.4 (Bahnen, Stabilisatoren, invariante Teilmengen)
(1) Wir betrachten die Operation von Sn auf der Potenzmenge P({1, . . . , n}).
Betrachte speziell das Element x = {1, 2, . . . , k} ∈ P({1, . . . , n}), für eine
feste Zahl k ≤ n. Dann besteht die Bahn von x unter Sn aus allen kelementigen Teilmengen von {1, . . . , n}.
(2) Betrachte, für eine beliebige Gruppe G und eine beliebige Untergruppe H,
die Operation von H auf G durch Linksmultiplikation (siehe die Beispiele
2.4.2, (4) und (5)). Dann sind die Bahnen von H in G genau die Rechtsnebenklassen Hg, g ∈ G. (Für Linksnebenklassen müssen wir, wie oben schon
angemerkt, Operationen von rechts“ zulassen; dann läuft alles völlig ana”
log.)
(3) Wir betrachten einen (endlich-dimensionalen) Vektorraum V und die natürliche Operation der Gruppe GL(V ) auf V (siehe Beispiel 2.4.2 (3)). Sei v0 ∈ V
ein beliebiger von Null verschiedener Vektor. Dann besteht die Bahn von
v0 aus allen Vektoren außer dem Nullvektor: GL(V )v0 = V � {0}.
(4) Der Stabilisator von n ∈ X = {1, . . . , n} in der symmetrischen Gruppe Sn
ist kanonisch zu identifizieren mit der Gruppe Sn−1 .
(5) Die Stabilisatoren der Operation von G auf sich selbst durch Linksmultiplikation (Beispiel 2.4.2 (5)) sind alle trivial.
� �
(6) Es sei X eine endliche Menge, X2 ⊂ P(X) die Menge ihrer zweielementi� �
gen Teilmengen und E ⊆ X2 eine beliebige Teilmenge hiervon. Die Struktur
(X, E) ist ein (ungerichteter) Graph mit Knotenmenge X und Kantenmenge E. Der Stabilisator StabPer X (E) von E in Per X, bestehend aus allen
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Permutationen der Knotenmenge, die Kanten auf Kanten abbilden, ist definitionsgemäß die Automorphismengruppe von (X, E).
(7) Die Fixpunkte eines Zyklus σ = (i1 , i2 , . . . , ie ) ∈ Sn sind genau die Ziffern,
die nicht unter den ij vorkommen.
(8) Die Operation von GL(V ) auf dem Vektorraum V hat 0 als Fixpunkt.
(9) Für die natürliche Operation von GL(V ) auf den Teilmengen des Vektorraumes V ist die Menge U (V ) der Untervektorräume von V eine GL(V )invariante Teilmenge von P(V ). Somit operiert GL(V ) in natürlicher Weise
auf U (V ).
Wir wollen uns nun der Gesamtheit der Bahnen einer Gruppenoperation zuwenden. Ein Blick auf die bisherigen Beispiele zeigt eine gewisse Gesetzmäßigkeit: bei
der natürlichen Operation von Sn auf P({1, . . . , n}) ergibt sich offenbar die Bahn
entsprechend der Mächtigkeit der Teilmenge, und deshalb bilden die Bahnen eine Partition der in Frage stehenden (Potenz-)Menge; ähnlich ist es bei GL(V )
und den Untervektorräumen, mit der Dimension statt der Kardinalität; bei der
Operation von GL(V ) auf V gibt es nur zwei Bahnen, den Nullvektor (als einelementige Teilmenge) und den gesamten Rest, also wieder eine Zerlegung von V .
Bei der Operation der Untergruppe H auf ganz G schließlich ist es von früher bekannt, dass die Bahnen, in diesem Fall Nebenklassen, eine Partition der Gruppe
G bilden. In diesem Fall kennen wir auch den Grund: die Nebenklassen sind die
Äquivalenzklassen einer geeigneten Äquivalenzrelation. Das beschriebene Verhalten von Bahnen ist keine spezielle Eigenschaft der bisher betrachteten Beispiele.
Vielmehr gilt der folgende allgemeine Satz.
Satz 2.4.5 Die Gruppe G operiere auf der Menge X. Definiere eine Relation ∼G
auf X durch
x ∼G y ⇐⇒ ∃ g ∈ G : g.x = y .
Dieses ist eine Äquivalenzrelation. Die Äquivalenzklassen sind genau die Bahnen
von G in X. Insbesondere sind zwei Bahnen entweder disjunkt oder sie stimmen
überein.
Beweis: Die Relation ∼G ist reflexiv: Für beliebiges x ∈ X gilt e.x = x, also
x ∼G x.
Die Relation ∼G ist symmetrisch: wenn x ∼G y gilt, also g.x = y für ein
g ∈ G, dann ist auch y = g −1 .x, also y ∼G x.
Die Relation ∼G ist transitiv: aus x ∼G y und y ∼G z folgt die Existenz von
g, h ∈ G mit g.x = y und h.y = z. Hieraus folgt (hg).x = h.(g.x) = z, also
x ∼G z.
Die Äquivalenzklasse von x ∈ X besteht definitionsgemäß aus den y ∈ X mit
x ∼G y, also aus denjenigen y, für die ein g ∈ G exisitert mit g.x = y. Diese y
bilden aber genau die Bahn G.x.
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Wenn eine Operation einer Gruppe G auf einer Menge X gegeben ist, so sagt
man auch, x, y ∈ X seien G-äquivalent, wenn sie in der Relation ∼G stehen.
Korollar 2.4.6 Jede G-invariante Teilmenge ist disjunkte Vereinigung von Bahnen.
Korollar und Definition 2.4.7 Für eine Operation einer Gruppe G auf einer
Menge X sind die folgenden beiden Bedingungen äquivalent:
(i) Es gibt ein x ∈ X mit X = G.x.
(ii) Für je zwei Elemente x, y ∈ X gibt es ein g ∈ G mit g.x = y.
Eine Operation heißt transitiv, wenn diese beiden Eigenschaften erfüllt sind, d.h.
wenn X aus nur einer Bahn unter G besteht.
Auf den ersten Blick, bzw. in unserem augenblicklichen Kontext, sehen transitive
Gruppenoperationen recht trivial aus, da die induzierte Äquivalenzrelation es ist.
Tatsächlich spielen aber transitive Operationen in der Geometrie eine wichtige
Rolle für den Begriff der Homogenität”. Wir kommen unten in Definition 2.4.22
”
noch eimal darauf zurück.
Beispiele 2.4.8 (Die Äquivalenzrelation zu einer Gruppenoperation)
(1) Wir betrachten die Operation von Sn auf der Potenzmenge P({1, . . . , n}).
Zwei Teilmengen X, Y ⊆ {1, . . . , n} sind genau dann Sn -äquivalent, wenn
sie die gleiche Mächtigkeit |X| = |Y | haben.
(2) Wir betrachten die Operation der allgemeinen linearen Gruppe GL(V ) eines endlich-dimensionalen Vektorraumes V auf der Menge U (V ) der Unterräume von V . Zwei Unterräume U, W sind genau dann GL(V )-äquivalent, wenn sie die gleiche Dimension dim U = dim W haben.
(3) Aus der Linearen Algebra kennt man den Begriff der Ähnlichkeit von quadratischen Matrizen und weiß, dass dieses eine Äquivalenzrelation ist. Diese
Relation gehört zu dem hier behandelten Typ von Äquivalenzrelationen.
Sie kommt nämlich her von der durch den Ausdruck SAS −1 gegebenen
Operation der Matrizengruppe GLn (K) auf der Menge aller quadratischen
Matrizen.
(4) Es sei (V, � , �) ein euklidischer Vektorraum (also � , � ein Skalarprodukt
auf dem reellen Vektorraum V ) und O(V ) = O(V, � , �) seine orthogonale
Gruppe. Zwei Vektoren �
v und w sind
� genau dann O(V )-äquivalent, wenn
beide die gleiche Länge �v, v� = �w, w� haben.
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(5) Die Operation von G auf sich selbst durch Linksmultiplikation ist transitiv, ebenso die Operation von Sn oder bereits ihrer Untergruppe Din auf
{1, 2, . . . , n}.
(6) Die affine Gruppe
AGL(V ) := {ϕv,F : V → V, x �→ v + F (x) | v ∈ V, F ∈ GL(V )}
operiert auf den affinen Teilräumen von V . Analog zu (2) sind zwei affine
Teilräume a + U und a� + U � genau dann AGL(V )-äquivalent, wenn ihre Dimensionen (d.h. die Dimensionen der Untervektorräume U und U � )
übereinstimmen.
(7) Zwei Teilmengen M und N eines euklidischen (Vektor-)Raumes E heißen
bekanntlich kongruent, wenn es eine Isometrie (abstandserhaltende Abbildung) ϕ : E → E mit ϕ(M ) = N gibt. Die Isometrien von E bilden eine
Gruppe Iso(E) (siehe auch Definition 2.4.22 und Beispiel 2.4.23). Zwei Mengen M und N sind also kongruent genau dann, wenn sie Iso(E)-äquivalent
für die natürliche Operation von Iso(E) auf der Potenzmenge von E sind.
Kongruenz ist eine Äquivalenzrelation. Der Stabilisator StabIso(E) (M ) wird
auch Symmetriegruppe von M genannt, abgekürzt Sym(M ).
Die angegebenen Beschreibungen der Relation ∼G setzen bei (1), (2) und (4) noch
einmal in Evidenz, dass es sich in der Tat um eine Äquivalenzrelation handelt
(nämlich gekennzeichnet durch Gleichheit einer Funktion). Bei (2) und (4) gehen
nicht-triviale, aber an dieser Stelle als bekannt angenommene Sätze der linearen
Algebra ein. Beispiel (5) ist vom Standpunkt der Äquivalenzrelationen aus gesehen trivial, da es nur eine Bahn gibt. Insbesondere der letzte Punkt (7) liefert eine
Fülle von interessanten Gruppen, die als Stabilisatoren aufgefasst werden können;
wir erinnern nur an die Diedergruppe der Ordnung 2n, die als Symmetriegruppe
des regulären n-Ecks realisiert werden kann. In den Übungen behandeln wir die
Symmetriegruppe des Würfels. Allgemeiner kennt man die Symmetriegruppe des
Hyperwürfels“ in beliebiger Dimension n. Weitere Beispiele für Stabilisatoren
”
ergeben sich bei Anwendungen von Gruppenoperationen auf die Sätze von Sylow
im folgenden Abschnitt 2.5 oder in Kapitel 4.5 in der Galoistheorie.
Wir kehren zurück zu allgemeinen Gruppenoperationen. Der folgende Satz befasst
sich genauer mit der Struktur einer einzelnen Bahn. Die Bahn von x ∈ X ist das
Bild von G unter einer Abbildung G → X, nämlich der Abbildung g �→ g.x. Diese
Abbildung ist in der Regel nicht injektiv; z.B. ist das Urbild von x genau der
Stabilisator von x. Insofern hat der Satz eine nicht nur formale Verwandtschaft
mit dem Homomorphiesatz, genauer mit seiner Folgerung, dem Isomorphiesatz.
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Satz 2.4.9 Die Gruppe G operiere auf der Menge X, es sei x ∈ X. Dann ist die
Abbildung
G/Gx → G.x, gGx �→ g.x
wohldefiniert und bijektiv. Insbesondere ist die Mächtigkeit der Bahn von x gleich
dem Index des Stabilisators (G : Gx ).
Beweis: Für diesen Beweis bezeichnen wir die in Frage stehende Abbildung mit
α : G/Gx → G.x.
α ist wohldefiniert: Auf der rechten Seite der Abbildungsvorschrift kommt ein
g ∈ G vor; die Abbildung soll aber auf Nebenklassen gGx definiert werden. Zu
zeigen ist also, dass zwei Elemente g, g � ∈ G, die dieselbe Nebenklasse liefern,
also gGx = g � Gx , das gleiche Bild haben. Es ist g �−1 g ∈ Gx , also g �−1 .(g.x) =
(g �−1 g).x = x, also g � .x = g � .((g �−1 g).x) = (g � (g �−1 g)).x = ((g � g �−1 )g).x = g.x, wie
gewünscht.
α ist injektiv: es seien gGx , hGx ∈ G/Gx , dabei also g, h ∈ G mit α(gGx ) =
α(hGx ). Dann ist g.x = h.x, also (h−1 g).x = x, also h−1 g ∈ Gx , also gGx = hGx ,
wie gewünscht.
α ist surjektiv: ein beliebiges Element y aus der Zielmenge G.x ist nach Definition von der Form y = g.x für ein g ∈ G. Dann ist α(gGx ) = g.x, also gGx ein
Urbild von y.
�
Beispiele 2.4.10 (Bahnen und Nebenklassen)
(1) Fasse wie oben die symmetrische Gruppe Sn−1 als Untergruppe der symmetrischen Gruppe Sn auf. Dann ist der Index (Sn : Sn−1 ) = n. Ein
Vertretersystem für Sn /Sn−1 ist zum Beispiel durch die Transpositionen
(1, n), (2, n), . . . , (n − 1, n) zusammen mit der Identität gegeben.
(2) Der Index 3 = 24/8 = (S4 : Di4 ) zählt die drei wesentlich verschiedenen
Möglichkeiten, die Ecken eines Quadrates durch die Ziffern 1 bis 4 zu numerieren.
(3) Der Stabilisator WF in der Würfelgruppe W (siehe Übungen) einer Randfläche des Würfels kann mit der Symmetriegruppe von F , also eines Quadrates, identifiziert werden und hat folglich 8 Elemente. Die Bahn W.F besteht
aus 6 Elementen, nämlich allen 6 Randflächen des Würfels. Folglich besteht
die Würfelgruppe W aus 6 · 8 = 48 Elementen.
(4) Die Symmetriegruppe des (regulären) Tetraeders T ist die volle symmetrische Gruppe S4 mit 24 Elementen. Der Stabilisator einer Kante besteht aus
4 Elementen (welchen?). Das Tetraeder besitzt 6 = 24/4 Kanten, die alle
äquivalent unter der Gruppe sind.
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Der folgende Satz ist eine unmittelbare Zusammenfassung der beiden vorangegangenen grundlegenden Sätze, nämlich der Zerlegung in Bahnen nach 2.4.5 und
der Beschreibung von Bahnen als Mengen von Nebenklassen nach 2.4.9. Insofern kann man ihn sich jederzeit neu überlegen (und beweisen), wenn man ihm
braucht. Trotzdem ist es üblich, ihn als eigenen Satz zu führen, sogar mit eigenem
Namen.
Satz 2.4.11 (Bahnengleichung) Es sei x1 , x2 , . . . , xr ∈ X ein Repräsentantensystem für die Operation der Gruppe G auf der endlichen Menge X. Dann
gilt
r
�
|X| =
(G : Gxi )
i=1
Die früher eingeführten inneren Automorphismen ig (siehe Beispiel 1.4.6 (6) und
Satz 2.2.8 (iii)) gehören ebenfalls zu einer Gruppenoperation. Im folgenden Satz
führen wir diesen Gesichtspunkt weiter aus.
Satz und Definition 2.4.12 (Konjugation) Sei G eine Gruppe.
a) Durch (g, x) �→ gx := gxg −1 wird eine Operation von G auf sich definiert,
die sogenannte Konjugation. Die Abbildungen
ig : G → G,
x �→ gx = gxg −1
sind Gruppenautomorphismen von G. Sie heißen auch innere Automorphismen von G.
b) Zwei Elemente x, x� bzw. Untergruppen H, H � heißen konjugiert in G, wenn
sie in der gleichen Bahn liegen, d.h. wenn ein g ∈ G existiert mit gxg −1 = x�
bzw. gHg −1 = H � .
Die Bahn von x ∈ G, also {gxg −1 | g ∈ G}, heißt auch die Konjugiertenklasse von x; entsprechend für eine Untergruppe H.
c) Der Stabilisator eines Elementes x ∈ G besteht genau aus den mit x vertauschbaren Elementen
CG (x) := {g ∈ G | gx = xg}
und heißt Zentralisator von x in G.
d) Der Stabilisator einer Untergruppe H von G
NG (H) := {g ∈ G | gHg −1 = H}
heißt auch Normalisator von H in G.
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e) Setze
Z(G) = {z ∈ G | gz = zg für alle g ∈ G} .
Dieses ist eine normale Untergruppe von G. Sie heißt das Zentrum von G.
f) Die Abbildung G → Aut G, g �→ ig ist ein Gruppenhomorphismus. Das
Bild
Inn G := {ig | g ∈ G} ⊆ Aut G
ist eine normale Untergruppe von Aut G und heißt die Gruppe der inneren
Automorphismen von G. Der Kern von iG ist genau das Zentrum Z(G).
Beispiele 2.4.13 (Konjugation, Zentrum)
(1) Zwei Elemente der Gruppe GLn (K) der invertierbaren n × n-Matrizen über
einem Körper K sind genau dann konjugiert in GLn (K), wenn sie ähnliche Matrizen im Sinne der Linearen Algebra sind. Wir hatten bereits oben
unter 2.4.8 (3) die Ähnlichkeit beliebiger Matrizen als GLn -Äquivalenz erkannt. Die Konjugation in GLn (K) ist einfach die Einschränkung der dort
betrachteten Operation auf allen quadratischen Matrizen auf eine GLn (K)invariante Teilmenge.
(2) Zwei konjugierte Gruppenelemente haben sicher die gleiche Ordnung. Die
Menge aller Gruppenelemente einer festen Ordnung m zerfällt also in Konjugiertenklassen. Betrachten wir den Fall m = 2, also der sogenannten
Involutionen, für die Diedergruppe Din (Symmetriegruppe des regulären
n-Ecks, siehe 1.3.12 (6) auf Seite 23). Für ungerades n gibt es nur eine
Konjugiertenklasse von Involutionen in Dn , bestehend aus allen Spiegelungen, die das n-Eck zulässt. Für gerades n gibt es drei Konjugiertenklassen:
die Spiegelungen an Geraden durch gegenüberliegende Ecken, die Spiegelungen an Geraden durch gegenüberliegende Kantenmittelpunkte, sowie die
Menge, die nur aus der Drehung − id um 180◦ (auch Inversion oder Punktspiegelung genannt) um den Nullpunkt (Mittelpunkt des n-Ecks) besteht.
(3) Das Zentrum der Diedergruppe Dn ist für ungerades n trivial, für gerades
n = 2k gilt Z(D2k ) = {id, − id} ∼
= Z2 .
(4) Das Zentrum der Matrizengruppe GLn (K) besteht aus den skalaren Vielfachen der Einheitsmatrix.
(5) Jeder Automorphismus der Gruppe S3 ist ein innerer Automorphismus.
Genauer ist die Abbildung S3 → Aut S3 , g �→ ig ein Isomorphismus.
Der folgende einfache Satz liefert eine Fülle von Beispielen für zueinander konjugierte Untergruppen.
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Bemerkung 2.4.14 Gegeben sei eine Operation der Gruppe G auf der Menge
X. Es seien x, y ∈ X zwei Elemente in der gleichen Bahn: y = g.x für ein g ∈ G.
Dann sind die Stabilisatoren Gx und Gy zueinander konjugiert:
Gy = gGx g −1 .
Der Beweis ergibt sich mit kurzer Rechnung unmittelbar aus den Definitionen. �
Da der Sachverhalt der Bemerkung 2.4.14 recht offensichtlich ist, sollten an dieser
Stelle zwei Beispiele ausreichen.
Beispiele 2.4.15 (Konjugierte Stabilisatoren)
(1) Für die natürliche Operation der symmetrischen Gruppe Sn auf {1, 2, . . . , n}
ist der Stabilisator von k mit der Gruppe der Permutationen der n − 1elementigen Menge {1, 2, . . . , n} � {k} zu identifizieren. Alle diese Gruppen
sind zur Standard“-Sn−1 ⊂ Sn konjugiert, und zwar durch eine (ansonsten
”
beliebige) Permutation σ mit σ(k) = n.
(2) Wenn M und N zwei kongruente Teilmengen eines euklidischen Vektorraumes sind, so sind ihre Symmetriegruppen konjugiert in Iso(E); siehe oben
Beispiel 2.4.8 (7).
Statt zu einem gegebenen Punkt x alle Gruppenelemente zu betrachten, die x festlassen, also den Stabilisator, kann man auch zu einem gegebenen Gruppenelement
alle x betrachten, die dieses Gruppenelement festlässt, also die Fixpunktmenge.
Hier gilt eine ähnliche Aussage:
Bemerkung 2.4.16 Gegeben sei eine Operation der Gruppe G auf der Menge
X. Es seien a, b ∈ G zwei konjugierte Gruppenelemente: b = gag −1 für ein g ∈ G.
Dann werden die Fixpunktmengen Fix a = {x ∈ X | g.x = x} und Fix b durch g
aufeinander abgebildet: g(Fix a) = Fix b.
Wieder ergibt sich der Beweis mit kurzer Rechnung unmittelbar aus den Definitionen. Im endlichen Fall haben also zwei konjugierte Elemente gleich viele Fixpunkte. Wenn G etwa durch Isometrien auf einem euklidischen (Vektor-)Raum
E operiert, so sind die Fixpunktmengen kongruent. Da allerdings in diesem Fall
Fixpunktmengen affine Teilräume von E sind (Übungsaufgabe), bedeutet dieses
zunächst lediglich (aber immerhin), dass die Fixpunktmengen gleiche Dimension
haben. Die Tatsache, dass die Fixpunktmengen sogar durch ein Element aus g
ineinander überführt werden, liefert allerdings eine Verschärfung. Z.B. ist eine
Spiegelung an einer Diagonalen eines Quadrates in seiner Symmetriegruppe Di4
nicht konjugiert zu einer Spiegelung an einer Seitenhalbierenden, obwohl in der
Isometriegruppe Iso(E) der gesamten Ebene je zwei Geradenspiegelungen zueinander konjugiert sind.
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Nachdem wir die Grundkonzepte der Theorie der Gruppenoperationen entwickelt
haben und eine ganze Reihe Beispiele gesehen haben, wollen wir noch einmal
auf die Definition zurückkommen und diese etwas umformulieren. Gegeben eine
Operation von G auf X, so wird jedem Element g ∈ G wird eine Abbildung
von X in sich selbst zugeordnet, nämlich die Abbildung X → X, x �→ g.x in der
Definition 2.4.1. Wenn wir diese Abbildung einmal mit µg : X → X bezeichnen, so
impliziert das Axiom (Op2) die Gültigkeit Formel µgh = µg ◦µh . Etwas förmlicher
gesagt, die Abbildung g �→ µg ist verknüpfungstreu, also ein Homomorphismus.
Die Zielmenge dieses Homomorphismus sollte wieder eine Gruppe sein, nämlich
die Gruppe Per X aller bijektiven Selbstabbildungen von X. In der Tat ist es
nicht nur in allen obigen Beispielen so, sondern folgt aus den Axiomen einer
Gruppenoperation, dass die Abbildungen µg : X → X alle bijektiv sind (also
Elemente von Per X): Nach (Op1) ist µe = idX , es folgt weiter µg ◦ µg−1 =
µgg−1 = µe = idX und analog µg−1 ◦ µg = µg−1 g = µe = idX . Also ist µg in der Tat
bijektiv mit inverser Abbildung µg−1 . Wir haben somit den Teil a) des folgenden
Satzes bewiesen:
Satz 2.4.17 (Gruppenoperation als Homomorphismus)
a) Es sei eine Operation der Gruppe G auf der Menge X gegeben.
i) Für jedes g ∈ G ist die Abbildung µg : X → X, x �→ g.x bijektiv.
ii) Die Abbildung G → Per X, g �→ µg ist ein Homomorphismus.
b) Wenn umgekehrt ϕ : G → Per X ein Gruppenhomomorphismus ist, dabei
X eine beliebige Menge, so wird durch g.x := ϕ(g)(x) eine Operation von
G auf X definiert.
Der Teil b) des Satzes ergibt sich in natürlicher Fortsetzung der Überlegungen,
die zum Teil a) geführt haben. Zunächst einmal stellt man fest, dass die Abbildung g �→ µg wirklich die volle Information über die Gruppenoperation enthält:
es gilt g.x = µg (x) für alle g ∈ G, x ∈ X. Wenn umgekehrt ein beliebiger Homomorphismus ϕ : G → Per X gegben ist, so kann man definieren (zunächst
einfach als abgekürzte Schreibweise) g.x := ϕ(g)(x) für alle g ∈ G, x ∈ X. Diese
Verknüpfung G × X → X erfüllt nun in der Tat die Axiome (Op1) und (Op2):
es ist e.x = ϕ(e)(x) = idX (x) = x (hier wurde Satz 1.4.3 verwendet), und es gilt
(gh).x = ϕ(gh)(x) = (ϕ(g) ◦ ϕ(h))(x) = ϕ(g)(ϕ(h)(x)) = ϕ(g)(h.x)= g.(h.x). �
Das zu Beginn dieses Abschnittes geäußerte Motiv, eine abstrakte Gruppe durch
eine Operation als Gruppe von Abbildungen zu realisieren, wird nur dann vollständig umgesetzt, wenn der zugehörige Homomorphismus injektiv ist. Deswegen
gibt es hierzu noch eine abschließende Definition:
Definition 2.4.18 Eine Gruppenoperation von G auf X heißt treu oder effektiv, falls der zugehörige Homomorphismus G → Per X injektiv ist, mit anderen
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Worten, wenn das neutrale Element das einzige Element von G ist, dessen Fixpunktmenge ganz X ist.
Zu jeder Gruppenoperation von G auf X, bzw. µ : G → Per X, gehört in natürlicher Weise eine treue Operation, wiederum auf X, aber im allgemeinen nicht von
G, sondern von der Faktorgruppe Ḡ := G/ Kern µ. Diese kommt einfach aus dem
Homomorphiesatz für Gruppen 2.2.13. Wir verzichten darauf, dieses als einen
förmlichen Satz aufzuschreiben, wollen aber einen Speziallfall aus der Analytischen Geometrie besonders hervorheben.
Projektiver Raum und projektive lineare Gruppe. Es sei K ein beliebiger
Körper und V ein K-Vektorraum der Dimension mindestens 2. Der projektive
Raum PG(V ) hat definitionsgemäß als Menge von Punkten” die Menge der ein”
dimensionalen Unterräume von V . Die allgemeine lineare Gruppe GL(V ) operiert
auf PG(V ); in Beispiel 2.4.8 (2) hatten wir festgestellt, dass diese Operation sogar transitiv ist. Sie ist jedoch nicht effektiv, denn alle Vielfachen α idV , α ∈ K ∗
der identischen Abbildung operieren trivial auf PG(V ). Man kann sich leicht
überlegen, dass diese Abbildungen, die Skalar-Multiplikationen” auf dem Vek”
torraum, sogar genau den Kern der Operation (das ist nach Definition der Kern
des zughörigen Homomorphismus µ) bilden. Als Dimension” des Projektiven
”
Raumes bezeichnet man übrigens die Vektorraum-Dimension minus eins. (Das
liegt daran, dass dann der n-dimensionale projektive Raum als Erweiterung des
n-dimensionalen affinen Raumes um eine Menge von unendlich fernen” Punkte
”
aufgefasst werden kann.) Mit dem” projektiven Raum der Dimension n über K
”
ist üblicherweise der projektive Raum des Standard-Vektorraumes K n+1 gemeint,
Notation PGn (K) := PG(K n+1 ). Wir fassen die Diskussion zusammen:
Beispiel 2.4.19 Es sei K ein Körper und n ∈ N. Die projektive lineare Gruppe
PGLn+1 (K) := GLn+1 (K)/{αEn+1 | α ∈ K ∗ }
operiert effektiv (treu) und transitiv auf den Punkten des n-dimensionalen projektiven Raumes PGn (K).
Wir kehren zurück zu allgemeinen Gruppenoperationen. Eine Gruppenoperation
ist genau dann treu, wenn ihr Kern trivial ist. Die Gruppe Ḡ = G/ Kern µ ist
� von Per X, nämlich dem Bild G
� = µ(G) =
isomorph zu einer Untergruppe G
{µg | g ∈ G}. Die treue Operation von Ḡ ist äquivalent zu einer Operation einer
Gruppe H auf einer Menge Y , bei der H eine Untergruppe von Per Y ist und die
Operation die natürliche Operation ist (siehe Beispiel 2.4.2 (2)). Die Äquivalenz
zweier Gruppenoperationen (G, X) und (H, Y ) ist dabei wie folgt definiert: Es
gibt einen Isomorphismus φ : G → H und eine Bijektion f : X → Y , die
in folgendem Sinne miteinander verträglich sind: φ(g).f (x) = f (g.x) für alle
�
g ∈ G, x ∈ X. In der gerade beschriebenen Situation ist X = Y, f = id, H = G,
wir betrachten Ḡ (statt G) und nehmen für φ den induzierten Isomorphismus
Algebra und Zahlentheorie
c Rudolf Scharlau, 2002 – 2013
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� In diesem Zusammenhang möchten wir den folgenden sehr gängigen
µ� : Ḡ → G.
Begriff hervorheben, ohne daraus eine förmliche Definition zu machen.
Sprechweise Eine Permutationsgruppe ist eine Untergruppe der Gruppe Per X,
für eine endliche Menge X. Die Gruppe Per X wird zur Abgrenzung auch als volle
Permutationsgruppe bezeichnet.
Insbesondere ist jede Untergruppe der symmetrischen Gruppe Sn eine Permutationsgruppe, und eine beliebige Permutationsgruppe ist äquivalent (in dem eben
für Gruppenoperationen definierten Sinn) zu einer Untergruppe von Sn (nämlich
mit n = |X|). Die zum Beweis dieser Aussage notwendigen Überlegungen zeigen
weitergeführt das Folgende:
Für eine gegebene natürliche Zahl n gibt es eine kanonische bijektive Korrespondenz zwischen Äquivalenzklassen von treuen Gruppenoperationen auf Mengen
der Mächtigkeit n und Konjugiertenklassen von Untergruppen der symmetrischen
Gruppe Sn .
Zum Beweis ordnet man einer Untergruppe G von Sn ihre natürliche Operation auf {1, 2, . . . , n} und stellt fest, dass zwei solche Operationen genau dann
äquivalent sind, wenn die entsprechenden Gruppen G1 und G2 in Sn konjugiert
zueiander sind. Ganz plakativ zusammengefasst sind also treue (effektive) Gruppenoperationen auf endlichen Mengen das gleiche” wie Permutationsgruppen,
”
und allgemeine Permutationsgruppen das gleiche” wie Untergruppen der Sn .
”
Zur der vorangegangenen Diskussion der Äquivalenz von Gruppenoperationen
bzw. Permutationsgruppen sei der Vollständigkeit halber noch folgendes angemerkt: Wenn man verschiedene Operationen einer festen Gruppe G betrachtet,
so ist noch ein anderer Begriff von Äquivalenz üblich. Gegeben G, wo wird
eine Menge X zusammen mit einer Operation von G auf X auch als G-Menge
bezeichnet. Die strukturerhaltenden Abbildungen zwischen zwei G-Mengen X
und Y sind die sogenannten äquivarianten Abbildungen. Dabei heißt eine Abbildung f : X → Y äquivariant, genauer G-äquivariant, wenn f (g.x) = g.f (x)
für alle g ∈ G, x ∈ X gilt. Ein Isomorphismus von G-Mengen ist eine bijektive
äquivariante Abbildung. Für diese Isomorphismen gelten die üblichen Eigenschaften, und die so definierte Relation der Isomorphie von G-Mengen ist enger
als die oben im Text definierte Äquivalenz von Gruppenoperationen. Wenn zwei
G-Mengen X und Y isomorph sind, dann erfüllen erst recht die Gruppenoperationen (G, X) und (G, Y ) die obige Definition der Äquivalenz (nämlich mit
φ = idG ). Die Umkehrung muss jedoch nicht gelten.
Wir kommen nun noch einmal auf transitive Operationen zurück und betrachten
Verschärfungen dieses Konzeptes.
Definition und Bemerkung 2.4.20
a) Eine Gruppenoperation von G auf X heißt scharf transitiv, falls für je zwei
Elemente x, y ∈ X genau ein g ∈ G existiert so, dass g.x = y.
b) Eine Gruppenoperation ist genau dann scharf transitiv, wenn sie transitiv
ist und für ein (oder jedes) x ∈ X der Stabilisator Gx trivial ist.
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c) Eine Gruppenoperation von G auf X heißt k-fach transitiv, für ein k ∈ N,
falls G transitiv auf den k-Tupeln von paarweise verschiedenen Elementen
aus X operiert.
Beispiele 2.4.21 (scharfe und mehrfache Transitivität)
(1) Die Translationsgruppe T(V ) eines Vektorraums V operiert scharf transitiv
auf V . Hierbei ist T(V ) = {τv | v ∈ V }, und τv bezeichnet die Translation
V → V, x �→ v + x.
(2) Es sei G eine beliebige Gruppe. Die Operation von G auf sich selbst durch
Linksmultiplikation (Beispiel 2.4.2 (5)) ist scharf transitiv.
(3) Für jedes n ≥ 1 operiert die Gruppe PGLn+1 (K) 2-fach transitiv auf dem
projektiven Raum PGn (K) (vergl. Beispiel 2.4.19).
(4) Die Gruppe PGL2 (K) operiert 3-fach scharf transitiv auf der projektiven
Geraden PG1 (K).
��
(5) Wenn PG1 (K) durch K xy �→ xy mit K ∪ {∞} identifiziert wird, dann ist
die Operation aus (4) durch gebrochen lineare Transformationen definiert:
�
�
az + b
a b
g.z =
, wobei g =
, z ∈ K ∪ {∞}.
c d
cz + d
Man beachte, dass (1) als Spezialfall von (2) aufgefasst werden kann: Die Gruppe
V operiert durch (v, x) �→ v + x scharf transitiv auf X = V , und T(V ) ist das
Bild in Per(V ) des zughörigen Homomorphismus V �→ Per V (der hier τ , und
nicht µ heißt). Der Beweis von (3) wird als leichte Übung überlassen.
Beweis von (4) und (5): siehe Vorlesung.
Abschließend erläutern wir wie oben angekündigt das Konzept der Homogenität”
”
eines Raumes” oder geometrischen Objektes. Hier erhält die Gruppe G (bzw.
”
erhalten die zugehörigen Abbildungen) eine geeignete zusätzliche Struktur, und
Homogenität wird dadurch definiert, dass diese (zur Problemstellung passende)
Gruppe transitiv operiert. Wir heben einen Spezialfall besonders hervor:
Definition 2.4.22 (Homogenität metrischer Räume)
Es sei (E, d) ein metrischer Raum, also d : E × E → R≥0 mit den bekannten
Eigenschaften.
a) Iso(E, d) := {f ∈ Per E | ∀x, y ∈ E : d(f (x), f (y) = d(x, y)} ist eine
Untergruppe von Per E, die sogenannte Isometriegruppe von (E, d).
b) (E, d) heißt homogen, falls Iso(E, d) transitiv auf E operiert.
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c) (E, d) heißt 2-punkt-homogen oder distanz-transitiv, falls, für jedes δ ≥ 0,
die Isometriegruppe Iso(E, d) transitiv auf den Paaren (a, b) ∈ E × E mit
festem Abstand d(a, b) = δ operiert.
Ein 2-punkt-homogener Raum ist insbesondere homogen (man nehme δ = 0). Das
folgende ist ein Satz aus der Analytischen Geometrie, der in dieser Vorlesung eher
den Charakter eines Beispieles hat.
Beispiele 2.4.23 (2-punkt homogene Räume)
Es sei (E, �., .�), kurz E, ein euklidischer Vektorraum, auch aufgefasst als metrischer Raum, und wie üblich O(E) seine orthgogonale Gruppe.
(1) Jede Isometrie von E ist eine affine Abbildung. Die Isometriegruppe Iso(E)
ist also eine Untergruppe der affinen Gruppe AGL(E) (vergleiche Beispiel
2.4.8 (6)). Genauer gilt:
Iso(E) := {ϕv,F : E → E, x �→ v + F (x) | v ∈ E, F ∈ O(E)}.
Die Isometrien sind also genau die affinen Abbildungen mit orthogonalem
linearen Anteil.
(2) Der metrische Raum E ist 2-punkt-homogen.
(3) Betrachte in E die Sphäre S = SE = {x ∈ E | �x, x, � = 1}. Durch
�(x, y) := arccos�x, y� ∈ [0, π] wird auf E eine Metrik definiert. Dieser
sphärische Abstand von zwei Punkten x, y ∈ S ist also der Winkel zwischen
x und y, aufgefasst als Vektoren in E. Die Isometriegruppe von S besteht
genau aus den Abbildungen, die (durch Einschränkung) von orthogonalen
Abbildungen von E induziert werden: Iso(SE ) ∼
= O(E).
(4) Der metrische Raum S ist 2-punkt-homogen.
Die Beweise von (2) und (4) sind reine Lineare Algebra” (Theorie euklidischer
”
Vektorräume); es greifen die üblichen Techniken: Ergänzung linear unabhäniger
Vektoren zu einer Basis, Konstruktion linearer Abbildungen durch Vorgabe auf
einer Basis, Zerlegung in gegebenen Unterraum plus orthogonales Komplement.
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