"Vorhofflimmern - eine therapiewürdige Arrhythmie" Fallberichte Synkope, supraventrikuläre und ventrikuläre Tachyarrhythmien bei koronarer Herzerkrankung Stix G, Mayer Ch, Ohrenberger G Schmidinger H, Wolzt M Journal für Kardiologie - Austrian Journal of Cardiology 2001; 8 (Supplementum C), 8-11 Homepage: www.kup.at/kardiologie Online-Datenbank mit Autoren- und Stichwortsuche Krause & Pachernegg GmbH Verlag für Medizin und Wirtschaft A-3003 Gablitz www.kup.at/kardiologie P . b . b . 0 2 Z 0 3 1 1 0 5 M , Indexed in EMBASE/Excerpta Medica V e r l a g s p o s t a m t : 3 0 0 2 P u r k e r s d o r f , E r s c h e i n u n g s o r t : 3 0 0 3 G a b l i t z Medizintechnik Neues aus der Medizintechnik Medizintechnik Jetzt in 1 Minute Früh­ erkennung der PAVK: boso ABI­system 100 PAVK – Die unterschätzte Krankheit Die periphere arterielle Verschlusskrank­ heit (PAVK) ist weitaus gefährlicher und verbreiteter als vielfach angenommen. Die getABI­Studie [1] zeigt, dass 20 % der > 60­Jährigen eine PAVK­Prävalenz aufweisen. Die PAVK wird oft zu spät diagnostiziert. Das liegt vor allem da­ ran, dass die Betroffenen lange Zeit be­ schwerdefrei sind und eine entsprechen­ de Untersuchung daher meist erst in akuten Verdachtsfällen erfolgt. Mit dem Knöchel­Arm­Index („ankle­brachial index“ [ABI]) ist die Diagnose einer PAVK durchführbar. Der Knöchel­Arm­ Index (ABI) ist ein wesentlicher Marker zur Vorhersage von Herzinfarkt, Schlag­ anfall und Mortalität. PAVK­Früherkennung mit dem boso ABI­system 100: Ein Gewinn für alle. Eine präzise und schnelle, vaskulär orientierte Erstuntersuchung. Der entscheidende Wert für die Dia­ gnose der PAVK ist der Knöchel­Arm­ Index („ankle­brachial index“ [ABI]). Das boso ABI­system 100 ermittelt die­ sen Wert zeitgleich und oszillometrisch an allen 4 Extremitäten. Die eigentliche Messung dauert dabei nur ca. 1 Minu­ te. Ein ABI­Wert < 0,9 weist im Ver­ gleich mit dem Angiogramm als Gold­ standard mit einer Sensitivität von bis zu 95 % auf eine PAVK hin und schließt umgekehrt die Erkrankung mit nahezu 100 % Spezifität bei gesunden Perso­ nen aus. Das boso ABI­system 100 wurde wei­ terentwickelt und ist jetzt optional mit der Messung der Pulswellenge­ schwindigkeit ausgestattet. Optional ist das boso ABI­system 100 ab sofort auch mit der Möglichkeit zur Messung der Pulswellengeschwindig­ keit (ba) verfügbar. Mit der Messung der Pulswellengeschwindigkeit („pulse wave velocity“ [PWV]) kann eine arteri­ elle Gefäßsteifigkeit diagnostiziert wer­ den. Die Steifigkeit der arteriellen Ge­ fäße nimmt mit einer fortschreitenden Arteriosklerose zu, was sich durch eine Erhöhung der Pulswellengeschwindig­ keit darstellt. PWV und ABI­Wert er­ möglichen eine noch fundiertere Risi­ kostratifizierung von kardiovaskulären Ereignissen. Literatur: 1. http://www.getabi.de Weitere Informationen: Boso GmbH und Co. KG Dr. Rudolf Mad A-1200 Wien Handelskai 94–96/23. OG E-Mail: [email protected] G. Stix, G. Ohrenberger*, M. Wolzt, Ch. Mayer, H. Schmidinger SYNKOPE, SUPRAVENTRIKULÄRE UND VENTRIKULÄRE TACHYARRHYTHMIEN BEI KORONARER HERZERKRANKUNG FALL 3 von der Abteilung für Kardiologie, Universitätsklinik für Innere Medizin II, Wien, und der *Abteilung für Innere Medizin, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Eisenstadt VORGESCHICHTE Der 1941 geborene Patient leidet nach jahrelangem massivem Nikotinabusus an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung, die mit Euphyllin und multiplen Sprays (Ipratropiumbromid, Glukokortikoiden und Betamimetika) therapiert wird. Die arterielle Hypertonie ist mit Ca-Antagonisten und Diuretika gut eingestellt. 1995 wurde ein Adenokarzinom im linken Oberlappen diagnostiziert und durch Teilresektion der linken Lunge behandelt. Die Nachkontrollen ergaben bisher keinen Hinweis auf ein Rezidiv. Im Mai 1996 erlitt der Patient einen Posterolateralinfarkt als Erstmanifestation seiner koronaren Herzerkrankung. In der daraufhin durchgeführten Koronarangiographie fand sich ein Verschluß eines großen marginalen Astes der Arteria circumflexa mit entsprechender Akinesie im diaphragmalen Bereich des linken Ventrikels. Die linksventrikuläre Auswurffraktion war mit 45 % geringgradig reduziert. An den übrigen Koronarien fanden sich keine wirksamen Stenosen. Aufgrund von rezidivierender Angina pectoris wurde der Patient im Dezember 1999 neuerlich angiographiert. Dabei zeigte sich eine 50bis 60%ige Stenose im mittleren Drittel der dominanten rechten Koronararterie und der bekannte Verschluß des marginalen Astes der Arteria circumflexa. Die linksventrikuläre Pumpfunktion war mit einer Auswurffraktion von 45 % unverändert. Als Konsequenz wurde der Patient weiterhin medikamentös therapiert. AKTUELLE ANAMNESE Im April 2000 wurde der Patient von den Angehörigen bewußtlos im Heizkeller seines Hauses aufgefunden. Diese verständigten den Notarzt; der Patient wurde kreislaufstabil, sediert 8 und beatmet mit dem Hubschrauber ins nächstgelegene Krankenhaus eingeliefert. Nach 4 Stunden konnte der Patient problemlos extubiert werden. Im Aufnahme-EKG fanden sich normofrequenter Sinusrhythmus, Normaltyp, unauffälliger Verlauf des QRS-Komplexes und des Repolarisationsabschnittes. Eine Rauchgasvergiftung wurde ausgeschlossen, der Patient war in weiterer Folge klinisch und neurologisch unauffällig. Eine neurologische Durchuntersuchung ergab keinen Hinweis auf die Ursache der Synkope. In der kardiologischen Durchuntersuchung zeigten sich bei der telemetrischen Überwachung zwei kurze, nichtanhaltende, asymptomatische, monomorphe ventrikuläre Tachykardien. Im Rahmen einer ergometrischen Untersuchung leistete der Patient 54 % des altersentsprechenden Sollwertes ohne Angina pectoris bzw. elektrokardiographische Ischämiezeichen. Eine Therapie mit Amiodaron 200 mg pro Tag wurde begonnen. Im August 2000 wurde der Patient zur elektrophysiologischen Untersuchung an ein Schwerpunktkrankenhaus zugewiesen. Unter der erwähnten antiarrhythmischen Therapie wurde im Sinusrhythmus mit 3 Extrastimuli aus dem rechtsventrikulären Apex Kammerflimmern induziert. Zum weiteren diagnostischen und therapeutischen Management wurde der Patient im September 2000 von der Kardiologischen Abteilung des AKH Wien übernommen. In der szintigraphischen Untersuchung mit pharmakologischer Belastung fand sich bei Zeichen eines persistierenden Defektes posterolateral kein Hinweis auf signifikante reversible Areale. In der telemetrischen Überwachung wurde eine Episode mit tachykardem Vorhofflimmern aufgezeichnet, die bis auf geringfügige Palpitationen nach Befragen des Patienten im wesentlichen asymptomatisch war und von selbst terminierte. In Zusammenschau der Befunde wurde aufgrund der koronaren Herzerkrankung mit St. p. Myokardinfarkt und asymptomatischer, nichtanhaltender ventrikulärer Tachykardien bei Auslösbarkeit von Kammerflimmern in der elektrophysiologischen Untersuchung die Synkope als am ehesten arrhythmogen interpretiert. Dem Patienten wurde daher die Implantation eines Cardioverter/Defibrillators (ICD) empfohlen. Die antiarrhythmische Therapie mit Amiodaron wurde abgesetzt. Zur Anfallsprophylaxe und Therapie von tachykardem Vorhofflimmern wurde ein spezielles ZweikammerICD-System mit prophylaktischen Stimulationsalgorithmen und antitachykarden Therapiemöglichkeiten auf Vorhof- und Kammerebene gewählt (GEM III AT®, Modell 7276, Medtronic). Dieses ICD-System wurde Anfang Oktober 2000 komplikationslos implantiert. ICD-SYSTEME MIT ATRIALEN UND VENTRIKULÄREN ANTITACHYKARDEN FUNKTIONEN Supraventrikuläre Tachykardien, damit ist im wesentlichen tachykardes Vorhofflimmern gemeint, stellen in der Therapie von Patienten mit ICD eine maßgebliche Herausforderung Abbildung 1: Häufigkeit von Vorhofflimmern bei Patienten mit ICD 20–30 % der Patienten hatten bereits atriale Tachyarrhythmien zum Zeitpunkt der ICD-Implantation 45 % der Patienten hatten 17 Monate nach ICD. Implantation atriale Tachykardien J KARDIOL SUPPL C/2001 For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH. Homepage Journal für Kardiologie: http://www.kup.at/kardiologie FALL 3 dar (Abbildung 1). Aufgrund von tachykardem Vorhofflimmern kann ein ICD fälschlich eine Kammertachykardie detektieren und in der Folge eine inadäquate elektrische Therapie an das Herz abgeben. Weiters können die Anfälle von supraventrikulären Tachykardien bei Patienten mit ICD, die aufgrund einer Kardiomyopathie meist eine höhergradig reduzierte linksventrikuläre Funktion haben, die Pumpfunktion des Herzens zusätzlich akut und chronisch kompromittieren. Eine medikamentöse Therapie reicht häufig nicht aus, um die Episoden von Vorhoftachykardien in ihrer Häufigkeit und Dauer suffizient zu unterdrücken. Um eine weitere Therapiemöglichkeit zur Verfügung zu stellen, wurden ICDs mit zusätzlicher elektrischer Therapie von Vorhofarrhythmien entwickelt. Als erstes System dieser Art hat Medtronic das Modell 7250 entwickelt, das wir 1998 erstmals testen konnten. 1999 wurden die Ergebnisse über die Effizienz der Prophylaxe und Therapie von supraventrikulären Tachykardien publiziert. Dabei konnte gezeigt werden, daß durch Zuschaltung der präventiven Stimulation im Vorhof einerseits und durch antitachykarde Stimulation im Vorhof bei Auftreten von Vorhoftachykardien andererseits die Gesamtbelastung durch diese Tachykardien signifikant reduziert werden kann (Abbildung 2). Es wurden sowohl die Gesamtdauer von Vorhofflimmern pro Woche als auch die Anzahl der Anfälle pro Woche deutlich reduziert. gorie von atrialen Tachykardien fielen (in der Studie definiert durch Zykluslängen von 180–330 msec) und 21 vom ICD in die Kategorie von Vorhofflimmern (Zykluslänge von 100–230 msec) zugeteilt wurden. Das Gerät ist so programmiert, daß supraventrikuläre Tachykardien mit einer Dauer von mehr als einer Minute durch das implantierte System therapiert werden. 15 der detektierten Episoden dauerten weniger als Abbildung 2: Reduktion der Gesamt- belastung durch atriale Tachyarrhythmien mittels präventiver atrialer Stimulation und elektrischer Therapie atrialer Tachyarrhythmien (Medtronic, ICD-Modell 7250) eine Minute und wurden daher nicht therapiert. Die restlichen 12 Episoden (2 atriale Tachykardien, 10 Vorhofflimmern) wurden durch den ICD erfolgreich terminiert. Atriale Tachykardien werden in drei Stufen mit zunehmender Aggressivität therapiert: zuerst erfolgt eine Burst-Stimulation; ist diese nicht erfolgreich, gibt das System eine BurstStimulation mit dekrementierender Zykluslänge (einen sogenannten Ramp) ab. Führt auch diese Therapie nicht zum Erfolg, so wird ein 50 HzBurst abgegeben. Zur Therapie des Vorhofflimmerns werden nur 50 HzBursts abgegeben. Eine automatische Gleichstromabgabe als atriale Therapie bei Erfolglosigkeit der erwähnten Stimulationstherapien wurde bei keinem unserer Patienten bisher programmiert. BEISPIELE Abbildung 3 zeigt einen übersichtlichen Computerausdruck einer der Episoden von Vorhofflimmern, wobei der Verlauf der Detektion und der Abbildung 3: Übersichtsdiagramm der Detektion und Therapie von Vorhofflimmern durch ICD-Modell 7276, Medtronic. AF – Vorhofflimmern, AT – atriale Tachykardie. Erläuterungen siehe Text VERLAUF Im April 2001 wurde die 6-MonatsKontrolle dieses ICD-Systems der zweiten Generation mit atrialen Therapiemöglichkeiten durchgeführt. Der Patient hatte bisher keine ventrikulären Tachyarrhythmien. Es fanden sich jedoch 27 Episoden mit atrialen Tachykardien, wobei 6 in die KateJ KARDIOL SUPPL C/2001 9 FALL 3 Therapie veranschaulicht werden soll. Im Diagramm findet sich eine Zeitachse in Sekunden (x-Achse): der Punkt 0 entspricht dem Zeitpunkt der definitiven Erkennung der Arrhythmie als Vorhofflimmern durch das ICD-System. Die y-Achse gibt die Zykluslänge der einzelnen R-R- (volle Kreise) und P-P-Intervalle (leere Rechtecke) an. Nach 11 Sekunden wurde die Arrhythmie demgemäß als Vorhofflimmern erkannt, dann folgte eine Beobachtungszeit von einer Minute, die vom Studiendesign her als therapiefreies Intervall programmiert wurde. In dieser Zeit hat sich die Arrhythmie am Ort der Registrierung, der Spitze der rechtsatrialen Elektrode, zunehmend organisiert. Dies ist aus den zunehmend regelmäßigeren P-P-In- tervallen in Abbildung 4 deutlich zu sehen. Das ICD-System wählt daher eine Burst-Stimulation als initiale Therapieform (mit AP für atrial pacing im Markerkanal bezeichnet) und kann die atriale Tachykardie erfolgreich in Sinusrhythmus überführen. Die Abbildung 5 zeigt wiederum Vorhofflimmern als initiale Arrhythmie, wobei besonders auf die abso- Abbildung 4: Atriale Burst-Stimulation. Ausdruck des atrialen Elektrogramms, des atrialen und ventrikulären Markerkanals der Detektion und Therapie von Vorhofflimmern. Erläuterungen siehe Text Abbildung 5: 50 Hz-Burst. Ausdruck des atrialen Elektrogramms, des atrialen und ventrikulären Markerkanals der Detektion und Therapie von Vorhofflimmern. Erläuterungen siehe Text. 10 J KARDIOL SUPPL C/2001 FALL 3 lute Arrhythmie auf Vorhofebene (Markerkanal) und das typische atriale Elektrogramm mit absolutem elektrischem Chaos im Bereich der Elektrodenspitze im rechten Vorhof hingewiesen werden soll. In diesem Fall findet sich keine zunehmende Organisation des atrialen Erregungsablaufs, sodaß sofort die für Vorhofflimmern programmierten hochfrequenten Bursts einsetzen: ein 50 HzBurst über 2 Sekunden terminiert das Vorhofflimmern. ZUSAMMENFASSUNG Atriale Tachyarrhythmien, insbesondere tachykardes Vorhofflimmern, treten bei Patienten mit ventrikulären Tachykardien oder Kammerflimmern, bei denen ein ICD implantiert wird, häufig auf. Diese atrialen Arrhythmien können einerseits zu einer zunehmenden Verschlechterung der Grundkrankheit des Patienten führen, und andererseits können sie inadäquate elektrische Therapien durch den ICD hervorrufen. Eine medikamentöse antiarrhythmische Therapie ist häufig nicht suffizient. ten von Vorhoftachyarrhythmien verhindern sollten (auf diese wird von uns nicht detailliert eingegangen, weil sie beim Patientenreport mit dem AT500-Schrittmacher diskutiert werden). Andererseits stehen nun mit Burst, Ramp und 50 Hz-Burst über die atriale Elektrode Stimulationsoptionen zur Verfügung, die Vorhoftachyarrhythmien potentiell terminieren können. Mit der in diesem Patientenbericht beschriebenen neuen Generation von ICDs werden den Kardiologen wertvolle zusätzliche therapeutische Optionen bei Auftreten von atrialen Tachyarrhythmien zur Verfügung gestellt. Dies sind einerseits Stimulationsalgorithmen zur präventiven atrialen Stimulation, die das Auftre- Korrespondenzadresse: Dr. med. Günter Stix Abteilung für Kardiologie Univ.-Klinik für Innere Medizin II A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18–20 E-Mail: [email protected] J KARDIOL SUPPL C/2001 11 Haftungsausschluss Die in unseren Webseiten publizierten Informationen richten sich ausschließlich an geprüfte und autorisierte medizinische Berufsgruppen und entbinden nicht von der ärztlichen Sorgfaltspflicht sowie von einer ausführlichen Patientenaufklärung über therapeutische Optionen und deren Wirkungen bzw. Nebenwirkungen. Die entsprechenden Angaben werden von den Autoren mit der größten Sorgfalt recherchiert und zusammengestellt. 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Einsatz einer perioperativen Blockertherapie zur Reduktion von Morbidität und Mortalität J Kardiol 2015; 22 (1–2): 38–40. Diagnostik der Synkope J Kardiol 2015; 22 (5–6): 132–4. Kardiologische Rehabilitation nach akutem Koronarsyndrom (ACS) J Kardiol 2015; 22 (9–10): 232–5.