Yahya Ibn Sharaf Al-Nawawi: Das Buch der Viezig Hadithe. Kitab al

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Yahya Ibn Sharaf Al-Nawawi: Das Buch der Viezig Hadithe. Kitab al-Arba’in Kitab al-Arba’in mit dem
Kommentar von Ibn Daqiq al ’Id. Aus dem Arabischen übersetzt und hg. von Marco Schöller. 2007, 805 S.
Originaltexte: S. 1-262, Kommentar zur Hadith-Überlieferung, zu den Autoren und Stellenkommentar (S. 263-731), Glossar: S.
732-744, Verzeichnisse,Personenregister, Transliteration: S. 745-800
Zum genaueren Verständnis der Hadith-Texte: Aus der Verlagsankündigung
„Der arabische Begriff Hadith bezeichnet eine
Überlieferung, die eine Aussage des Propheten
Muhammad (gest. 632) mitteilt oder von einer
Handlung des Propheten berichtet. Das Wissen um
die Überlieferungsketten und die Sammlung von
Hadithen wurden bald ein zentraler Bestandteil
muslimischer Gelehrsamkeit. Darüber hinaus
erfüllten gerade die Hadithe den Anspruch des
Islam,
den
Gläubigen
einen
modellhaften
Lebensentwurf anzubieten, der alle Aspekte des
Alltags und des gesamten Lebens umfaßt: »Im
Gottgesandten habt ihr doch ein schönes Beispiel«
(Koran 33:21.)
Der berühmte syrische Gelehrte Yahya ibn Sharaf al-Nawawi (1233-1277) traf aus der umfangreichen
Hadithliteratur eine pointierte Auswahl, die er das Buch der vierzig Hadithe nannte und das die zentralen Lehren
des Islam beinhaltet: »Jeder dieser vierzig Hadithe ist ein gewaltiger Pfeiler von den Pfeilern der Religion. Von
jedem dieser Hadithe haben Gelehrte verschiedentlich gesagt, er sei der Dreh- und Angelpunkt des Islam oder
er enthalte die halbe Glaubenslehre des Islam oder ein Drittel davon oder doch etwas Vergleichbares.« Bis heute
stellt das Buch der vierzig Hadithe eine Art Katechismus des islamischen Glaubens dar, es ist in allen
islamischen Ländern populär.
Die neue Ausgabe bringt neben der Übersetzung der Hadithe an-Nawawis Einleitung und seine ausführlichen
Erläuterungen. Sie werden ergänzt durch eine Übersetzung des Kommentars von Ibn Daqiq al-Id, eines der
ältesten Kommentare zum Buch der vierzig Hadithe. Zusammen mit dem Kommentar des Herausgebers dieser
Ausgabe zeigt der Band damit sowohl die muslimische als auch die westliche Perspektive auf eine der
berühmtesten Hadithsammlungen.“
Entdeckungen in der islamischen Tradition
Bisher haben sich in Deutschland nur muslimische Autoren an die Übersetzung der 40 Hadithe jenes Juristen
und Gelehrten aus dem 13. Jahrhundert gemacht, deren bekannteste von Ahmad von Denffer 1979 von der
Islamic Foundation in Leicester (England) verlegt wurde. Was aber mit dieser neuen und damit ersten
wissenschaftlichen Ausgabe geleistet wird, ist mehr als nur ein Zugang zu einer Anthologie von Worten des
Propheten Mohammed, die als die am weitesten verbreitete gelten darf. Indem der Kommentar eines
Zeitgenossen zu den Kommentierungen al-Nawawis hinzugefügt wird, hat der Herausgeber, der Orientalist
Marco Schöller von der Universität Köln, diese 40 Hadith-Auswahl aus einer umfangreichen Hadith-Literatur
einer erweiterten systematischen Analyse und damit auch religionsgeschichtlichen Einordnung unterzogen. So
entsteht geradezu ein ausführliches katechetisches Werk zum islamischen Glaubensleben und zur praktischen
Umsetzung der zentralen Aussagen.
Der sich nicht speziell mit dem Islam Befassende wird vielleicht etwas von den 5 Pfeilern des Islam (GottesBekenntnis, Pflichtgebet, Fasten, Sozialabgabe, Wallfahrt nach Mekka) gehört haben, hier aber tut sich Vielfalt
muslimischen Lebens vor ihm auf, das damals im Mittleren Osten formuliert und seine wirkungsgeschichtlichen
Linien bis in die Gegenwart zieht. Hier geht es nicht um hochgestylte Theologie, sondern um die ständige
Beziehung von Koran, Koran-Auslegung und Alltagsfrömmigkeit, also um eine Koran-Hermeneutik, die sehr
schön zeigt, wie wenig ein heiliger Text ohne Kommentierung auskommt, und wie schnell er unverständlich wird,
wenn die Auslegung nicht sachgemäß und zeitgemäß ist. Schließlich geht es um Rechtleitung, auf die sich der
Glaubende mit Hilfe dieser autoritativen Hadith-Texte (die fast so wichtig sind wie der Koran) einlassen und sein
Leben praktisch ausrichten kann.
Desiderata: Die Fülle des Materials und die Frage nach der aktualisierenden Auslegung
Angesichts der Text- und Kommentierungsfülle muss man allerdings fragen, wie der Leser /die Leserin
Orientierungsschneisen finden kann, um sich aus so unterschiedlich thematischen Prophetensprüchen und
doppelter Auslegung durch mittelalterliche Autoren eine eigenes heutiges Gesamtbild zu machen. Zu fragen
bleibt auch, wie man mit bestimmten Texten umgehen soll, die die Gewaltproblematik thematisieren (z.B. Hadith
14: Blut vergießen, S. 112ff in der Spannung zum Hadith 32: Nicht schädigen, S. 194ff). Besonders schwierig
aber dürfte es werden, im Blick auf die Umsetzung angesichts der gegenwärtigen Konfliktlinien innerhalb des
Islam und in der Auseinandersetzung mit einem gewalttätigen Islamismus aus diesen Hadithen konkrete
eindeutige Handlungsanleitungen abzuleiten. Sicher, der Herausgeber kann in seinem Kommentar, also der
dritten Kommentierung in diesem Buch nicht alles auf die gegenwärtige Situation beziehen, aber die Frage bleibt,
wie die Wirkungsgeschichte der 40 Hadithe bei Muslimen unterschiedlicher Provenienz insgesamt einzuschätzen
ist. Wahrscheinlich wäre zum besseren Verständnis ein weiterer Kommentar eines aufgeschlossenen
muslimischen Theologen dazu nötig. Wie dies in wissenschaftlicher Präzision zu tun wäre, hat Marco Schöller
vorgemacht. Diese Einschränkungen ändern aber nichts an der Tatsache, dass mit dieser Hadith-Ausgabe
Grundlegendes geleistet wurde, und zwar nicht nur für Islamwissenschaftler, sondern für alle am Islam
Interessierten, die mehr wollen als die üblichen Diskussionen im Rahmen von: Islamismus, heiliger Krieg und
Konflikte der Kulturen.
Reinhard Kirste, Überarbeitung: Rz-Nawawi2, 08.10.08
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