Haploidente Stammzelltransplantation bei Kindern

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ONKOLOGIE
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Haploidente Stammzelltransplantation bei
Kindern: Regeneration natürlicher KillerzellRezeptoren beeinflusst die Aktivität von
natürlichen Killerzellen und die Rückfallrate
Der folgende Artikel berichtet über die Rekonstitution natürlicher KillerRezeptoren nach einer haploidenten Transplantation eines T- und B-Zelldepletierten Transplantats in Verbindung mit einer Co-Transfusion natürlicher
Killerzellen bei Kindern, ihren Einfluss auf die Aktivität der natürlichen
Killerzellen sowie über den klinischen Verlauf.
Abbildung 1
Der BD FACSCaliburTM ermöglicht eine simultane Analyse von bis zu 4 Fluoreszenzkanälen plus zwei Scatter-Parametern.
Einleitung
Haploidente Stammzelltransplantation (SCT) von
nicht-passenden Spendern hat sich als Eingriff bei der Behandlung von Kindern mit Hochrisiko- und Rückfall-Leukämie etabliert. Die natürlichen Killerzellen (NK) sind die
Lymphozyten-Subpopulationen, welche die schnellsten
Wiederherstellungen in vivo aufweisen. Folglich sind NKZellen die entscheidende Lymphozyten-Subpopulation,
die frühzeitig nach einer haploidenten Stammzelltransplantation aufgrund verzögerter Wiederherstellung eines
funktionalen T-Zell-Repertoires antileukämische Wirkungen ausüben kann. Die Funktion der NK-Zellen wird
durch das Gleichgewicht von aktivierenden und hemmenden Signalen reguliert, die von verschiedenen Rezeptoren der Zelloberfläche weitergeleitet werden. Die meisten
hemmenden Rezeptoren binden an HLA-Klasse-1-Mole-
38
DZKF 11/12-2011 TOP-THEMA: ONKOLOGIE
küle. Wesentlich dabei ist, dass Killer-Immunoglobulinartige Rezeptoren (KIR) nur an bestimmte HLA-Allelengruppen binden: so bindet z. B. der KIR-Rezeptor CD158a
(KIR2DL1) an HLA-C2-Allele, CD158b (KIR2DL2/3) an
HLA-C1-Allele und CD158e (KIR3DL1) an Bw4-Allele.
Daher spüren sie den Mangel bestimmter HLA-Allele auf
den Zielzellen auf. Andere hemmende Rezeptoren wie
NKG2A und CD85j binden an ein größeres Spektrum von
HLA-Molekülen und detektieren die allgemeine HLAExpression der Zielzellen. Im Rahmen einer allogenen
Transplantation werden NK-Zellen, die nicht durch HLAKlasse-1-Moleküle des Empfängers gehemmt werden,
„alloreaktive NK-Zellen“ genannt. Erwiesenermaßen haben alloreaktive NK-Zellen bemerkenswerte Transplantat-gegen-Leukämie-Effekte, sowohl bei erwachsenen
Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) als
auch bei Kindern mit akuter lymphoblastischer Leukämie
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(ALL). Basierend auf diesen klinischen Befunden wurden
verschiedene Modelle vorgeschlagen, um NK-alloreaktive Spender zu identifizieren. Während der Immunrekonstitution nach einer Stammzelltransplantation beginnen
die NK-Zellen der Reihe nach, unterschiedliche NK-Rezeptoren zu exprimieren und man kann verschiedene Phasen der NK-Zelldifferenzierung erkennen. Die Expression
von KIR-Rezeptoren und der Übergang vom CD56brightzum CD56dim-Phänotyp werden als wichtige Ereignisse
für den Erwerb zytotoxischer Funktion angesehen, welche in einer sehr späten Phase der NK-Zellreifung eintreten. Deshalb ist eine eingehende Analyse von Phänotyp und Funktion regenerierender NK-Zellen nach einer
Stammzelltransplantation notwendig, um ihre Funktionsweise und ihren Beitrag zu Transplantat-gegen-Leukämie-Effekten bewerten zu können.
Nach einer allogenen Stammzelltransplantation mit
gereinigten Stammzellen entwickeln sich Spender-NKZellen aus CD34+ hämatopoetischen Vorläuferzellen. Im
Gegensatz zur konventionellen Anreicherung von CD34+Stammzellen führt die T- und B-Zelldepletion von Transplantaten mit AntiCD3+- und AntiCD19+ -beschichteten
Mikroperlen zur Co-Transfusion großer Zahlen reifer
Spender-NK-Zellen mit Stammzellen am Tag Null der
Stammzelltransplantation. In dieser Studie analysierten
wir Wiederherstellung und Reifung von NK-Zellen nach
haploidenter Transplantation mit CD3/CD19-depletierten
Transplantaten bei Kindern. Wir untersuchten die Expression hemmender und aktivierender NK-Rezeptoren sowie
NK-Zellzytotoxizität und NK-zellvermittelte antikörperabhängige zelluläre Zytotoxizität (antibody-dependent
cellular citotoxicity, ADCC) gegen verschiedene Zelllinien und Leukämieblasten.
Im Unterschied zu veröffentlichten Ergebnissen bei erwachsenen Patienten nach einer haploidenten Transplantation von CD34-selektierten Transplantaten beobachteten wir
eine schnelle Wiederherstellung von CD56+/CD16+-NKZellen bei guter ADCC-Aktivität in vitro. Dies spricht für
einen Einsatz von gegen übrig gebliebene bösartige Zellen
gerichteten Antikörpern frühzeitig nach einer Transplantation. Wir stellten zudem einen Zusammenhang zwischen
überwiegender Rekonstitution von CD158b-positiven Zellen und höherer Rückfallrate bei für die entsprechenden
C1-Allele homozygoten Patienten fest. Zwischen durch die
beschriebenen Modelle definierter NK-Alloreaktivität und
Überlebensraten wurde keine Korrelation entdeckt.
Design und Methoden
Patienten
Die NK-Zellwiederherstellung wurde bei 59 Patienten untersucht, die zwischen Dezember 2003 und Dezember 2007 in unserer Klinik CD3/CD19-depletierte Transplantate erhielten. Diese Patienten waren Teilnehmer an
einer laufenden Studie, welche an anderer Stelle eingehend beschrieben werden wird. Die häufigsten Diagnosen
waren akute lymphoblastische Leukämie im Rückfall-
ONKOLOGIE
Patient
Dx
Alter bei
SCT
Status bei
SCT
1
SAA
16
2
RMS
27
PR2
ja
3
AML (M4)
3
CR1
nein
4
NB
6
PR2
nein
5
JMML
4
CR
nein
6
ARTEMIS
Defekt
6
7
cALL
17
CR3
nein
8
AML (M5)
1
NR1
nein
9
cAll
17
CR2
ja
10
MDS (RAEB-t) 8
NR
nein
11
cALL
19
CR2
ja
12
AML (M4)
6
CR2
nein
13
AML (M5)
7
NR3
ja
14
AML (M4)
6
NR3
nein
15
NB
5
PR2
nein
16
AML (M4)
5
NR1
ja
17
NB
11
PR2
ja
18
CML
8
CP2
nein
19
SAA
8
-
ja
20
NB
19
PR4
nein
21
Ewing
10
PR2
nein
22
PNH
21
-
nein
23
AML (M0)
6
NR2
nein
24
pre-T-ALL
9
CR2
nein
25
NB
6
PR2
nein
26
NB
11
NR3
nein
-
-
KIRmismatch
nein
nein
SAA: schwere aplastische Anämie, NB: Neuroblastom, JMML: myelomonozytäre Leukämie im Jugendalter; cALL: gewöhnliche akute lymphoblastische
Leukämie; AML: akute myeloische Leukämie; MDS: myelodysplastisches
Syndrom; Ewing: Ewing-Sarkom; PNH: krampfartige nächtliche Hämoglobinurie; CR: komplette Remission; NR: keine Remission; PR: partielle Remission.
Tabelle 1 Charakteristika teilnehmender Patienten der FACS-Anaylse natürlicher Killerrezeptoren nach Transplantation
stadium (n=16) und akute myeloische Leukämie (n=10),
fortgeschrittene myelodysplastische Syndrome (MDS)
(n=6), chronische myeloische Leukämie (n=1), solide Tumore (n=17) und nicht-bösartige Krankheiten (n=9). Das
Durchschnittsalter der Patienten bei der Stammzelltransplantation war 8,4 Jahre (von 0,4 bis 26,6 Jahre).
Dreizehn der Patienten (40 %) mit Leukämien/MDS
hatten vor der Transplantation ein aktives Krankheitsbild
(morphologischer Rückfall); zehn der Patienten hatten bereits eine Transplantation mit passenden Spendern hinter sich. Eine genaue Analyse der NK-Rezeptoren mittels
Durchflusszytometrie wurde bei 26 Patienten dieses Kollektivs gemacht (Tabelle 1). Um das ereignisfreie Überleben (EFS) und das kumulative Rückfallrisiko mit der Expression von KIR-Liganden zu vergleichen, wurden alle
oben genannten Patienten mit malignen Erkrankungen
mit eingeschlossen.
TOP-THEMA: ONKOLOGIE DZKF 11/12-2011
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ONKOLOGIE
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Mycophenolat Mofetil wurde als Graft-versus-HostDisease (GvHD)-Prophylaxe gegeben, beginnend an
Tag -1 bei einer Dosis von 1,200 mg/m 2/d beendet zwischen Tag +60 und +100. Alle Patienten in der Kontrollgruppe erhielten CD34-angereicherte Transplantate
nach Ganzkörperbestrahlung oder Busulphan-basierter
myeloablativer Standard-Konditionierung. Anti-Thymozyten-Globulin (ATG) wurde als Abstoßungsprophylaxe von den Tagen -4 bis -1 verabreicht. Nach der
Transplantation wurde keine Graft-versus-Host-Prophylaxe mehr gegeben.
Durchflusszytometrie
FACS-Analysen der NK-Zellrezeptoren wurden zu
unterschiedlichen Zeitpunkten (an Tag 30, Tag 60, Tag
100, Tag 200) nach der Transplantation durchgeführt. Folgende monoklonale Anti-Human- und Anti-Maus-Antikörper gegen menschlichen Krebs wurden verwendet:
Das durchschnittliche Alter dieser Gruppe bei der
Transplantation betrug 8,5 Jahre (0,4 - 26,6 Jahre). Patienten/gesetzliche Vertreter und Spender gaben ihr
schriftliches Einverständnis und die Studie wurde
durch den ethischen Prüfungsausschuss der Institution
entsprechend der Erklärung von Helsinki gebilligt.
Die Regeneration von NK-Zellen wurde mit derjenigen von 42 Patienten verglichen, die zwischen 1997 und
2001 CD34-angereicherte Transplantate von nicht-passenden Spendern erhalten hatten. Das Durchschnittsalter
in dieser Kontrollgruppe lag bei 8,8 Jahren (0,4 - 18,28
Jahre), ihre Diagnosen waren akute lymphoblastische
Leukämie (n=22), akute myeloische Leukämie (n=5),
mye­lodysplastische Syndrome (n=3), chronische myeloische Leukämie (CML) (n=4), Non-Hodgkin-Lymphome (n=3) und nicht-bösartige Krankheiten (n=5). Beide
Gruppen wurden mit der Gesamtleukozytenzahl/μl von
Stammzellspendern (n=34) während der der Spende vorangehenden Evaluation verglichen.
Konditionierungsschema und Transplantation
Die Konditionierungsschemata für die haploidente
Transplantation umfassten Fludarabin/Clofarabine, Thiotepa und Melphalan oder Ganzkörperbestrahlung (TBI)/Busulfan-basierte Standardprotokolle. OKT3 wurde als Abstoßungsprophylaxe gegeben. Im Detail: Die meisten Patienten
mit CD3/CD19-depletierten Transplantaten erhielten eine
Melphalan-basierte Konditionierung mit verringerter Intensität (Melphalan 2x70 mg/m2, Fludarabin 4x40 mg/m2,
Thiotepa 10 mg/kg und OKT3 0.1 mg/kg, an den Tagen -8
bis +14. Die Patienten bekamen CD3/CD19-depletierte haploidentische Transplantate mit einer durchschnittlichen
T-Zellzahl (CD34+) von 12,6x106/kg, einer durchschnittlichen
T-Zellzahl (CD3+) von 56,8x103/kg und einer durchschnittlichen B-Zellzahl (CD20+) von 24,8x103/kg. Die Stammzelltransplantate enthielten eine durchschnittliche NK-Zellzahl
(CD56+/CD3-) von 106x106/kg und eine durchschnittliche
Zahl von myeloischen Zellen (CD14+/CD33+) von 413,7x106.
40
DZKF 11/12-2011 TOP-THEMA: ONKOLOGIE
CD2 FITC, CD3 PerCP, CD11a FITC, CD16 PE, CD56
FITC und APC, CD69 FITC, CD94 FITC, CD158a FITC,
CD158b PE, CD158e Biotin, CD226 PE, CD244 FITC,
Streptavidin PerCP (alle von Becton-Dickinson/BD Pharmingen, Heidelberg), CD54 FITC (DAKOCYTOMATION, Hamburg), CD85j PE, NKG2A PE, NKp30 PE,
NKp44 PE, NKp46 PE (alle von Beckman Coulter, Krefeld), NKG2D APC (R&D Systems, Wiesbaden-Nordenstadt). Mononukleäre Zellen aus dem peripheren Blut von
Patienten wurden mit dem korrespondierenden mAb für
30 Min. bei 4°C inkubiert. Kontrollproben wurden mit
nicht-bindendem IgG-Isotyp markiert (Becton-Dickinson, Heidelberg). Die Proben wurden auf einem FACSCalibur Durchflusszytometer (Becton-Dickinson, Heidelberg) unter Verwendung der Software CELLQUEST
(BD) analysiert. Für die Messung wurde ein Minimum
von 10.000 Durchläufen verwendet.
Zytotoxizitätsprüfung
Die zytolytische Aktivität der NK-Zellaktivität wurde in einem 2-stündigen BATDA [bis (Acetoxymethyl)
2,2’:6’,2’’- Terpyridin-6,6’’-Dicarboxylat] Europium-Release-Assay getestet, wie an anderer Stelle beschrieben.
K562 (Erythroleukämie-Zelllinie), SK-N-BE (Neuroblastom-Zelllinie) oder leukämische Blasten von unseren Patienten (nach Möglichkeit autolog-Blasten) wurden als
Zielzellen verwendet. Für die Prüfung der antikörperabhängigen zellulären Zytotoxizität wurden die Zielzellen
für 30 Minuten vorinkubiert, entweder mit humanisiertem anti-GD2-mAb (zur Verfügung gestellt von Dr. Barfield, St. Jude Children’s Research Hospital, Memphis,
Tennessee, USA), wenn SK-N-BE als Ziele verwendet
wurden, oder mit einem humanisierten anti-CD19-mAb
(Lexigen, Massachusetts, USA), wenn leukämische Blasten verwendet wurden. Vier verschiedene Effektor-Zielzellverhältnisse wurden getestet. Spezifische Lyse wurde
wie folgt kalkuliert: % spezifische Lyse = (experimentelle
Freisetzung – spontane Freisetzung) / (maximale Freisetzung – spontane Freisetzung) x 100.
TOP-THEMA
A
Schaubild 1
Wiederherstellung von NK-Zellen und KIRs. (A) Absolute CD56+/CD3- -Zellzahlen/μl Blut von Patienten in verschiedenen Phasen nach Stammzelltransplantation mit CD3/19-depletierten oder CD34-angereicherten Transplantaten verglichen mit gesunden Spendern (h.d., n=34). Die Balken zeigen
Mittelwerte + mittlere Fehler (SEM). Patientenzahlen zu unterschiedlichen
Zeitpunkten waren 18 (CD3/19) und 1 (CD34) am Tag +7,54 und 11 am
Tag +14,57 und 27 am Tag +21,56 und 33 am Tag +30,54 und 31 am Tag
+60,49 und 32 am Tag +90. Wir fanden eine schnellere Wiederherstellung
von NK-Zellen nach CD3/19-Depletion, die einen signifikanten Unterschied
am Tag +14 (t-Test, P=0,0002) aufwies, wohingegen keine signifikanten Unterschiede zu anderen Zeitpunkten gefunden wurden. (B) Wiederherstellung
von KIR-negativen und CD158a-, CD158b- und CD158e-positiven NK-Zellen
in verschiedenen Perioden nach Stammzelltransplantation. P-Werte aus
Student-t-Tests zum Vergleich von CD158b+ - und CD158a+ -Zellen sind
für jede Periode angezeigt. Patientenzahlen in den verschiedenen Zeiträumen waren 21 (Tag 0-50), 20 (Tag 50-100) 19 (Tag 100-200) und 17 (Tag
>200). (C) Wiederherstellung von CD158a/h und CD158b/j-einfach-positiven
NK-Zellen in den ersten 100 Tagen nach Transplantation entsprechend KIRLigand-Expression der Empfänger. Anzahl der Messungen war 11 (C1/C1Empänger), 20 (C1/C2-Empfänger) und 8 (C2/C2-Empfänger).
Statistische Analyse
Student-t-Tests, Überlebensanalyse (nach der KaplanMeyer Methode) und kumulative Rückfallinzidenz wurden
durchgeführt unter Verwendung von GraphPad Prism Version 4.01 für Windows GraphPad Prism, GraphPad Software, San Diego California, USA (www.graphpad.com).
Ergebnisse
Wiederherstellung von CD56+/CD3 - Zellen und
Killer-Immunoglobulin-artigen Rezeptoren (KIRs)
Die CD3/CD19-depletierten Transplantate enthielten
eine durchschnittliche NK-Zellzahl von 106x106/kg Körpergewicht, aber transplantierte NK-Zellen waren durch
FACS-Analyse nur in geringem Ausmaß und wenige Tage
nach der Infusion im peripheren Blut nachweisbar. Patienten mit CD3/CD19-depletierten Transplantaten zeigten
eine sehr schnelle Wiederherstellung von NK-Zellen (definiert als CD56+/CD3-), die bereits am Tag +14 (t-Test,
P=0,91 verglichen mit gesunden Spendern) ein normales
Niveau erreichten. Zu diesem Zeitpunkt fanden wir signifikant größere Zahlen von NK-Zellen als bei Patienten
mit CD34-angereicherten Transplantaten, wohingegen zu
späteren Zeitpunkten keine signifikanten Unterschiede
mehr gefunden wurden (Schaubild 1A).
Eine Analyse der KIR-Rezeptoren wurde nur in der
Gruppe der CD3/CD19-depletierten Patienten vorgenom-
ONKOLOGIE
B
C
men. Wir fanden höhere Levels für CD158b/j positive
NK-Zellen im Vergleich zu CD158a/h und CD158e positiven Zellen (Schaubild 1B). Diese Beobachtungen waren
unabhängig vom Vorhandensein oder Fehlen von HLACw3-Allelen bei Spendern oder Empfängern. In einem
zweiten Schritt konzentrierten wir uns auf KIR-einfachpositive Zellen. Diese sind eine interessante Population
für das Studium möglicher alloreaktiver Zellantworten,
weil diese nur von einer bestimmten Gruppe von HLAAllelen gehemmt werden. Eine Analyse von NK-Zellsubpopulationen mit ausschließlicher Expression eines KIR
zeigte auch ein Überwiegen von CD158b/j+ 158a/h- 158eNK-Zellen. Interessanterweise wurde dieses Überwiegen
in unserer Patientengruppe nicht durch die KIR-LigandExpression des Spenders oder des Empfängers beeinflusst (Schaubild 1C). Stattdessen zeigten C2-homozygote Patienten eine Tendenz zu niedrigerer Expression
sowohl von CD158b/j als auch CD158a, was signifikant
für CD158a-einfach-positive NK-Zellen im Vergleich zu
C1-homozygoten Patienten (t-Test, P=0,02) war, aber nicht
für CD158b-einfach-positive Zellen (P=0,16).
Wiederherstellung anderer hemmender und
aktivierender natürlicher Killer-Rezeptoren
Zusätzlich zu den KIR-Rezeptoren analysierten wir
die Expression anderer hemmender und aktivierender
Rezeptoren sowie verschiedene Adhäsionsmoleküle auf
TOP-THEMA: ONKOLOGIE DZKF 11/12-2011
41
ONKOLOGIE
TOP-THEMA
A
Schaubild 2.
Auswirkung von KIR-Ligand-Expression auf die ereignisfreie Überlebensrate
(EFS) und die Rückfallwahrscheinlichkeit. Die ersten drei Diagramme zeigen
die Auswirkung von KIR-Ligand-Expression auf das ereignisfreie Überleben.
(A) Ereignisfreie Überlebensrate (EFS) von Patienten mit bösartigen Erkrankungen, die CD3/CD19-depletierte haploidente Transplantate zwischen
12/2003 und 12/2007 erhielten (n=50; n=15 für die „C1/C1“-Gruppe und
n=35 für die „nicht-C1/C1“-Gruppe). (B) EFS von Patienten mit akuten Leukämien und fortgeschrittenen myelodysplastischen Syndromen (MDS), unabhängig vom Remissionsstatus (CR und NR, n=32; n=9 für die „C1/C1“Gruppe und n=23 für die „nicht-C1/C1“-Gruppe).
(C) EFS von Patienten mit akuten Leukämien/MDS in irgendeiner Komplettremission vor der Stammzelltransplantation (n=19; n=3 für die „C1/C1“Gruppe und n=16 für die „nicht-C1/C1“-Gruppe).
Für C1-Allele homozygote Patienten (gepunktete Linie) zeigten signifikant
schlechtere Überlebensraten im Vergleich zu für C1-Allele nicht-homozygoten Patienten (durchgehende Linie).
Die folgenden Diagramme zeigen die Auswirkung von KIR-Ligand-Expression
auf die kumulative Inzidenz eines Rückfalls. (D) Patienten mit akuten Leukämien unabhängig vom Remissionsstatus [CR und NR, Fallzahlen siehe (B)].
(E) Patienten mit akuten Leukämien in irgendeiner Komplettremission vor
Stammzelltransplantation [Fallzahlen siehe (C)]. Alle Untergruppen zeigten
eine geringere Rückfallwahrscheinlichkeit für nicht C1-Allele homozygote
Patienten.
NK-Zellen bei den Patienten mit CD3/CD19-depletierten
Transplantaten. Nach einer Transplantation zeigten Patienten einen höheren Anteil von NKG2A und CD62Lpositiven NK-Zellen, welche nach Tag +200 wieder auf
normale Werte absanken. CD244 und CD85j wurden in
einem leicht geringeren Verhältnis exprimiert. Die Prozentanteile von NKp30, NKp46 und CD226-positiven
NK-Zellen erreichten frühzeitig einen normalen Bereich.
Die Patienten zeigten signifikant verminderte Anteile an
NKG2D-positiven Zellen während der ersten 100 Tage
nach der Transplantation. Hingegen waren die Anteile
an NKp44 und CD69-positiven NK-Zellen leicht erhöht.
Adhäsionsmoleküle wurden entweder in demselben Maß
(CD11a, CD2) exprimiert oder sogar mit einem leicht erhöhten Prozentanteil (CD54) im Vergleich zu gesunden
Spendern (Daten nicht aufgeführt).
Die Wiederherstellung von CD56dim und CD56bright
Subpopulationen wird im Original-Studienbericht eingehend beschrieben – hier (aus Platzgründen) im Diskus­
sions­teil behandelt.
Zytolytische Aktivität rekonstituierender
natürlicher Killerzellen
Für eine Funktionsanalyse rekonstituierender NKZellen maßen wir die zytotoxische Aktivität gegen K562.
Bei ausgewählten Patienten wurde die zytotoxische Aktivität auch gegen primäre leukämische Blasten oder
gegen eine Neuroblastom-Zelllinie untersucht. Die zytotoxische Aktivität sowohl von ruhenden als auch von
IL-2-aktivierten NK-Zellen gegen K562 erreichte bereits
in den ersten 50 Tagen nach der Transplantation hohe Ni-
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DZKF 11/12-2011 TOP-THEMA: ONKOLOGIE
B
D
C
E
veaus, was auf ein frühzeitiges zytolytisches Potential in
der Phase nach der Transplantation hindeutete. Die Aktivität der ruhenden NK-Zellen gegen Neuroblastom und
leukämische Blasten war eher niedrig, konnte aber gegen
Neuroblastom durch Über-Nacht-Inkubation mit IL2 erhöht werden. Eine Möglichkeit, die NK-Aktivität zu erhöhen, besteht darin, mithilfe geeigneter Antikörper die
antikörperabhängige zelluläre Zytotoxizität auszunutzen.
Deshalb verwendeten wir bei Neuroblastomen spezielle,
für die Induktion antiköperabhängiger zellulärer Zytotoxizität von NK-Zellen optimierte Antikörper sowie CD19
bei kindlichen leukämischen Blasten.
Die Lyse des jeweiligen Zieles wurde mit beiden Antikörpern signifikant erhöht. Da wir eine schnelle Wiederherstellung von CD16+-NK-Zellen bei unseren Patienten mit CD3/CD19-depletierten Transplantaten bemerkt
hatten, testeten wir die Induktion antikörperabhängiger
zellulärer Zytotoxizität zu sehr frühen Zeitpunkten nach
der Transplantation. Bei beiden Antikörpern beobachteten wir eine signifikante Zunahme an spezifischer Lyse
bereits an Tag 14 nach der Transplantation. Bei sechs Patienten konnte die NK-Aktivität gegen autologe kryokonservierte primäre Blasten geprüft werden. Alle sechs Pa­
tienten zeigten eine schwache, aber signifikante (>10 %
bei einer E:T-Ratio von 20:1) spezifische Lyse gegen autologe Blasten und eine leichte Erhöhung nach Stimulierung mit IL-2. Bei der Anwendung des CD19-Antikörpers
wurde eine auffallende antikörperabhängige zelluläre Zytotoxizität auch gegen diese Ziele erreicht.
Die Wechselbeziehung zwischen verschiedenen Modellen
zur NK-Alloreaktivität und Resultate nach der Transplan-
TOP-THEMA
tation wird an dieser Stelle aus Platzgründen nicht eigens
dargestellt, wie in der Originalstudie, sondern im Diskussionsteil aufgegriffen.
Diskussion
In der vorliegenden Studie analysierten wir erstmals
die Regeneration und Funktion von NK-Zellen und ihrer
Rezeptoren nach einer haploidenten Stammzelltransplantation mit CD3/CD19-depletierten Transplantaten.
Die CD3/CD19-Depletion von Stammzelltransplantaten führt zu einer Co-Transfusion großer Zahlen von
NK-Zellen und myeloischen Zellen am Tag Null der
Transplantation mit dem Ziel eines besseren Transplantat-gegen-Leukämie-Effektes nach der Transplantation
und einem erleichterten Engraftment. NK-Zellen vermitteln erwiesenermaßen antileukämische Wirkungen
nach einer ha­
ploidenten Transplantation. Die Bildung
sowohl hemmender als auch aktivierender Rezeptoren
auf entstehenden NK-Zellen ist ein wichtiger Schritt in
ihrer funktionalen Reifung nach der Transplantation.
Die NK-Zellwiederherstellung nach einer haploidenten
Transplantation mit CD34-angereicherten hämatopoetischen Stammzellen ist hinreichend beschrieben worden.
Entscheidende Unterschiede werden beim Vergleich der
ONKOLOGIE
Transplantationsverfahren mit entweder CD3/CD19-depletierten oder mit CD34-angereicherten Zellen offenbar.
Unsere Patienten erhielten hauptsächlich eine in der Intensität reduzierte Konditionierung und große Zahlen von
NK- und myeloischen Zellen im Transplantat. Im Mausmodell tragen Spender-NK-Zellen zu einem besseren Anwachsen bei und könnten dadurch die de-novo-Regeneration von NK-Zellen aus hämatopoetischen Stammzellen
beschleunigen. Wir fanden eine sehr schnelle Erholung
von CD56+/CD3--Zellen, die bei CD3/CD19-Transplantaten antileukämische Effekte hervorbringen könnten. Verglichen mit gesunden Spendern erreichten die absoluten
NK-Zellzahlen bereits am Tag 14 ein normales Niveau.
Zu diesem Zeitpunkt war die Erholung der NK-Zellen
bei CD3/CD19-depletierten Transplantaten signifikant
schneller als bei CD34-angereicherten Transplantaten,
wohingegen kein signifikanter Unterschied zu späteren
Zeitpunkten gefunden werden konnte. Dies kann an cotransfundierten NK-Zellen liegen, wobei auch der Einfluss intensitätsreduzierter Konditionierung und die
Verwendung von OKT3 anstelle von Anti-ThymozytenGlobulin bei Patienten mit CD3/CD19-depletierten Transplantaten berücksichtigt werden muss.
Die Verwendung von Mycophenolat Mofetil als Prophylaxe gegen Graft-versus-Host-Erkrankung, die nach
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TOP-THEMA: ONKOLOGIE DZKF 11/12-2011
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ONKOLOGIE
TOP-THEMA
im Vergleich zu den CD56dim-NK-Zellen gesunder Spender. Deshalb vermuten wir, dass die CD56dim-NK-Zellen
eher aus CD56bright-NK-Zellen differenzierten, als dass
sie aus transplantierten CD56dim-NK-Zellen expandierten.
Eine höhere Expression von CD62L und NKG2A auf CD56dim-NK-Zellen ist auch nach Transplantation mit CD34angereicherten Transplantaten erwiesen. Bekanntermaßen führt hohe NKG2A-Expression auf regenerierenden
NK-Zellen zu schwacher Lyse bei akuten myeloischen
Leukämieblasten und, durch Blockierung der NKG2AHLA-E-Interaktion, zu schwacher Zytokin-Produktion.
Hingegen wurde durch diese NK-Zellen eine starke Lyse
von HLA-Klasse-1 negativen Zielen beobachtet.
CD3/19-Depletion erfolgte, aber nicht bei Patienten mit
CD34-depletierten Transplantaten, hat diesen Effekt
nicht kompensiert. Wir fanden auch eine im Vergleich
zu bisher veröffentlichten Ergebnissen nach haploidenter
Transplantation mit CD34-angereicherten Transplantaten
schnellere Erholung von CD56dim /CD16+-NK-Zellen. In
diesen Studien repräsentierten CD56bright/CD16 --NK-Zellen die hauptsächliche NK-Subpopulation während mehrerer Monate nach der Stammzelltransplantation. Eine
schnellere Wiederherstellung der CD56dim /CD16+-Subpopulation könnte hinsichtlich Transplantat-gegen-Leukämie- oder antiviraler Aktivität von Vorteil sein, da dies
die reifere und zytotoxischere NK-Subpopulation im Vergleich zur CD56bright/CD16 --Subpopulation ist.
Es ist unklar, ob die schnellere Wiederherstellung von
CD56dim+CD16+-NK-Zellen ein Effekt der CD3/CD19Depletion ist oder ob es hier auch einen generellen Unterschied zwischen Erwachsenen und Kindern gibt. Leider
sind von unserer historischen Gruppe mit CD34-angereicherten Transplantaten keine Daten über CD16-Expression verfügbar. In jüngster Zeit wurde nachgewiesen, dass
trans-präsentiertes IL-15 in vivo die NK-Zelldifferenzierung von CD56high/CD16 - /KIR- nach CD56dim /CD16+/
KIR- und schließlich CD56dim /CD16+/KIR+ fördert und
es wird postuliert, dass Trans-Präsentation durch myeloische Zellen bewirkt wird. Da unsere Patienten große
Zahlen myeloischer Zellen mit den CD3/CD19-depletierten Transplantaten erhielten, könnten diese transplantierten myeloischen Zellen zur schnelleren Wiederherstellung
von CD56dim //CD16+-Zellen durch Trans-Präsentation von
IL-15 beigetragen haben.
Die NK-Zellen, die mit den CD3/CD19-depletierten
Transplantaten infundiert wurden, haben während der
ersten auf die Transplantation folgenden Tage in keinem
größeren Ausmaß im peripheren Blut unserer Patienten
expandiert, und die rekonstituierenden CD56dim-NK-Zellen zeigten höhere Expression von CD62L und NKG2A
44
DZKF 11/12-2011 TOP-THEMA: ONKOLOGIE
Wir fanden dasselbe Muster in unserer Studie mit guter Lyse von K562, die durch Stimulation mit IL-2 weiter verstärkt werden konnte, und eine schwächere, aber
immer noch signifikante Lyse akuter lymphoblastischer
Leukämieblasten durch ruhende oder IL-2-stimulierte
NK-Zellen. Die niedrige Lyse der Neuroblastom-Zelllinie SK-N-BE, die nur geringe Mengen von HLA-Klasse-1
durch ruhende NK-Zellen exprimiert, deutet darauf hin,
dass es zusätzliche Mechanismen gibt, die für die funktionale Unreife der rekonstituierenden NK-Zellen verantwortlich sind. Darüber hinaus ist es erwiesen, dass viele akute lymphoblastische Leukämieblasten bei Kindern
eine verminderte Expression von HLA-Klasse-1 und
HLA-E im Vergleich zu gesunden B-Zellen zeigten. Für
NKG2A positive und für CD158a, b und e negative NKKlone zeigten eine starke Lyse pädiatrischer Blasten mit
verminderter HLA-Expression, was darauf hindeutet,
dass die NKG2A-HLA-E-Interaktion nicht das bestimmende hemmende Signal in diesen Zielzellen sein könnte.
Jedenfalls konnte die durch rekonstituierende NKZellen vermittelte Lyse von Neuroblastomen und akuten lymphoblastischen Leukämieblasten bei Verwendung
passender Antikörper durch antikörperabhängige zelluläre Zytotoxizität eindeutig verbessert werden. Wir verwendeten optimierte chimärische Antikörper gegen CD19
für antikörperabhängige zelluläre Toxizität bei akuten
lymphoblastischen Leukämieblasten und gegen CD2 bei
Neuroblastomen und fanden eine signifikante Zunahme
von spezifischer Lyse bei ruhenden wie auch bei IL-2-aktivierten NK-Zellen. Da sich derartige Antikörper auch
als effektiv bei der Vermittlung von Anti-Tumor-Reaktionen in vivo erwiesen haben, erscheint der Ansatz vielversprechend, diese frühzeitig nach einer Transplantation
mit CD3/CD19-depletierten Transplantaten einzusetzen,
unter Ausnutzung der schnellen Wiederherstellung von
CD16+-NK-Zellen.
In mehreren retrospektiven Analysen haploidenter
Transplantationen wurden unterschiedliche Modelle für
die Voraussage der NK-Alloreaktivität und ihrer Auswirkung auf Rückfallrate und Gesamtüberlebenszeit entwickelt. Hingegen zeigten andere Studien keine positive
Auswirkung einer potentiellen NK-Alloreaktivität. Bei
Transplantation mit nicht-verwandten Spendern wurden
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ONKOLOGIE
auch unterschiedliche Ergebnisse von KIR-Ligand-Unverträglichkeit berichtet. Diese widersprüchlichen Ergebnisse könnten zum Teil an Unterschieden beim Konditionierungsregime, im Ausmaß der T-Zell-Depletion
oder zwischen verschiedenen Erkrankungen liegen. Die
Gruppierung unserer Patienten mit Leukämie und fortgeschrittenen myelodysplastischen Syndromen (ALL,
AML, MDS) – entweder entsprechend dem „KIR-LigandModell“, dem „KIR-Rezeptor-Ligand-Modell“ oder dem
„Missing-KIR-Ligand-Modell“ – bei univariater Analyse
zeigte keinerlei Vorteil für Patienten mit einem vermuteten NK-alloreaktiven Spender. Dennoch fanden wir eine
bessere Gesamtüberlebenszeit, eine bessere ereignisfreie
Überlebensrate und eine geringere Rückfallwahrscheinlichkeit bei Patienten, die für HLA-C2-Allele homozygot
oder sogar heterozygot waren, verglichen mit für HLA-C1
homozygoten Patienten. Dieser Effekt könnte durch die
schnellere und signifikant höhere Wiederherstellung von
CD158b-positiven NK-Zellen verursacht sein, die wohl
am effektivsten bei für HLA-C1-Allele homozygoten Patienten blockiert wird.
Gemäß dem „licensing model“ kann vermutet werden,
dass CD158b-einfach-positive NK-Zellen keine funktionale Kompetenz bei für HLA-C2-Allele homozygoten
Empfängern erlangen würden. Dennoch ist der hyporeaktive Zustand dieser „unlicensed“ NK-Zellen nicht dauerhaft, da sie als Antwort auf proinflammatorische Zytokine aktiviert werden können. Eine klinische Wirkung für
derartige „unlicensed“ NK-Zellen hat sich bei autologer
Stammzelltransplantation für solide Tumoren und Lymphome erwiesen, was darauf hindeutet, dass dieses Setting eine Umgebung schaffen kann, die die Aktivierung
von „unlicensed“ NK-Zellen begünstigt.
Darüber hinaus haben Yu et al. aufgezeigt, dass „unlicensed“ NK-Zellen kurz nach T-Zell-depletierter Stammzelltransplantation intrazelluläres IFN-γ und eine zytotoxische Antwort auf Zielzellen mit fehlenden artverwandten
Liganden aufweisen. Diese NK-Zellen unterlagen bis zum
Tag 100 nach Transplantation allmählich einer Toleranzentwicklung. Vor kurzem zeigten Pende et al. eine unterschiedlich ausgeprägte Hemmung von KIR2DL2/3-positiven NK-Klonen auch durch HLA-C2-Allele, obwohl die
Bindung von KIR2DL2/3 an HLA-C2-Allele schwächer
war als die an HLA-C1-Allele. Andererseits zeigten sie
auch einen Beitrag von KIR2DS1 zum alloreaktiven Potential von NK-Zellen, das eine Hemmung durch NKG2AAllele oder KIR2DL2/3 gegen für HLA-C2-Allele homozygote Ziele überwinden könnte. Leider haben wir über
KIR2DS1-Expression keine Daten, aber die Erkennung
von HLA-C2-positiven Zielzellen durch den aktivierenden
KIR2DS1 könnte mutmaßlich ebenfalls zu der bei unseren
für HLA-C2-Allele positiven Patienten beobachteten geringeren Rückfallrate beitragen.
tienten mit chronischer myeloischer Leukämie, akuter
myeloischer Leukämie, akuter lymphoblastischer Leukämie und myelodysplastischen Syndromen ein erhöhtes Rückfallrisiko. Dieser Unterschied wiederum könnte
durch Unterschiede im Transplantations-Setting hervorgerufen worden sein – einschließlich Aufbereitung des
Transplantats, haploidenten Spendern verglichen mit
HLA-identischen nicht-verwandten Spendern – sowie
durch Unterschiede zwischen den zugrunde liegenden Erkrankungen. Leider erlaubte die geringe Anzahl der Patienten in unserer Studie keine Analyse in homogeneren
Untergruppen. Deshalb sollten größere Kollektive untersucht werden, um unsere Beobachtung bei Kindern nach
haploidenter Transplantation zu validieren.
Unser klinischer Befund steht im Gegensatz zu Ergebnissen bei erwachsenen Patienten nach einer hämatopoetischen Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem
Spender. Hier hatten für HLA-C2-Allele homozygote Pa-
PROF. RUPERT HANDGRETINGER
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin,
Universitätsklinikum Tübingen
Hoppe-Seyler-Straße 1, D-72076 Tübingen
E-Mail: [email protected]
Zusammenfassend folgte die Wiederherstellung von
KIR-Rezeptoren einem bereits bekannten Muster mit höherer und schnellerer Wiederherstellung von CD158b, die
mit einem höheren Rückfallrisiko bei für HLA-C1-Allele
homozygoten Patienten einherging. Im Vergleich zu einem Kontrollkollektiv mit CD34-angereicherten Transplantaten war die NK-Wiederherstellung bei Patienten
nach einer CD3/CD19-Depletion in der ersten Phase nach
Transplantation schneller.
Zudem fanden wir eine schnelle Erholung von CD56dim /CD16+-NK-Zellen nach haploidenter Transplantation mit CD3/CD19-depletierten Transplantaten. Diese
Beobachtung steht im Gegensatz zu veröffentlichten Ergebnissen bei erwachsenen Patienten nach haploidenter
Transplantation mit CD34-angereicherten Transplantaten. Des Weiteren konnten wir zeigen, dass diese NK-Zellen trotz einer beschränkten „natürlichen Toxizität“ gegen
akute lymphoblastische Leukämieblasten bereits am Tag
14 nach Transplantation hervorragende antikörperabhängige zelluläre Zytotoxizitätsaktivität in vitro vermitteln.
Diese Ergebnisse ermutigen zu dem frühzeitig nach einer
haploidenten Transplantation mit CD3/CD19-depletierten
Transplantaten erfolgenden Einsatz von Zytokin-Stimulation und Antikörpern, die auf übrig gebliebene bösartige
Zellen abzielen, insbesondere bei für C1-Allele homozygoten Patienten.
LITERATUR
Originalarbeit: Matthias M. Pfeiffer, Tobias Feuchtinger, Heiko-Manuel
Teltschik, Michael Schumm, Ingo Müller, Rupert Handgretinger und Peter Lang
Abteilung für Kinder-Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinik für Kinderund Jugendmedizin, Eberhard-Karls-Universität, Tübingen
Reconstitution of natural killer cell receptors influences natural killer activity
and relapse rate after haploidentical transplantation of T- and B-cell depleted
grafts in children
Haematologica, 2010, 1381-1388
TOP-THEMA: ONKOLOGIE DZKF 11/12-2011
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