Erdatmosphäre und Klima D. Hebert TU Bergakademie Freiberg 2004 Prof. (apl.) Dr. habil. Detlef Hebert, TU Bergakademie Freiberg, Institut für Angewandte Physik, Leipziger Str. 23, 09596 Freiberg, [email protected] Vorwort Dieses Heft strebt weder monographische Vollständigkeit noch Lehrbuchcharakter an. Es ist auf der Grundlage von Tabellen- und Bildmaterial einer 30-stündigen Vorlesung „Physik und Chemie der Atmosphäre“ entstanden, die ich für Studierende der Studiengänge Angewandte Naturwissenschaft sowie Geoökologie an der TU Bergakademie Freiberg zu halten habe. Das Material soll den Hörern - aber auch interessierten Lesern - helfen, sich in Grundlagen der Klimaphysik einzuarbeiten. Es soll gesichertes Grundwissen zum Problemkreis Atmosphäre und Klima vermitteln und auch über z.T. kontrovers diskutierte Meinungsunterschiede etwa zum rezenten Temperaturanstieg und seinen möglichen Ursachen informieren. Das Heft soll künftigen Naturwissenschaftlern helfen, sich im Dschungel politisierter öffentlicher Darstellungen eine sachlich begründete Meinung zu bilden. Trotz vergleichsweise gewaltiger Forschungsaufwendungen und mehrerer öffentlichkeitswirksamer internationaler Klimakongresse stehen Antworten aus auf grundsätzliche Fragen, wie: Verändern anthropogen freigesetzte infrarotaktivierbare Gase (die sog. Treibhausgase) das Klima der Erde merklich? Welchen Einfluss hat die „variable“ Sonne und der unsere Erde umgebende Kosmos? Sind die unter dem Begriff „Global Change“ zusammengefassten rezenten Veränderungen im Klimasystem der Erde anthropogen oder natürlich, sind es vielleicht Phänomene, die mit dem Ausklang der jüngsten Eiszeit zu tun haben? Kann (und muss) man das Klimasystem der Erde schützen? Helfen internationale Konferenzen, Klimarechenzentren und Ökoabgaben? Dem an tiefgründiger Information einschließlich mathematisch-physikalischer Ableitung interessierten Lesern empfehle ich, im Lehrbuch „Physik unserer Umwelt - Die Atmosphäre“ von W. ROEDEL nachzuschlagen. Wer Argumente für die zwischen politisch und ökonomisch sehr ungleichgewichtigen Gruppierungen geführte Auseinandersetzung über das Treibhausproblem sucht, sollte das Buch „Der Treibhaus-Schwindel“ von W. THÜNE lesen. Abschließend bedanke ich mich bei Frau R. Kiehne für die zuverlässige Anfertigung des Manuskriptes. Freiberg/Sa., im Dezember 2004 D. Hebert 1. Der Planet Erde 1.1. Die Bewegung der Erde im Sonnensystem 1.2. Die solare Energiezustrahlung 1.3. Klimaänderungen infolge Schwankung der Erdbahnelemente 1.3.1. Vorbemerkung 1.3.2. Die Milankovitch-Theorie 1.3.3. Meßbefunde 1.3.3.1. Methodische Grundlagen 1.3.3.2. Ausgewählte Beispiele 2. Veränderungen im Klimasystem 2.1. Die Begriffe Wetter, Witterung und Klima 2.2. Das Klimasystem der Erde 2.3. Beobachtungen („Global Change“) 3. Die Beschaffenheit der Erdatmosphäre 3.1. Entwicklungsgeschichte 3.2. Physikalischer Zustand der Atmosphäre 3.2.1. Die vertikale Druckänderung 3.2.2. Der trockenadiabatische Temperaturgradient 3.2.3. Wolkenbildung und latente Wärme 3.2.4. Das generelle Temperaturprofil der Atmosphäre 4. Die Dynamik der Atmosphäre 4.1. Physikalische Grundlagen 4.1.1. Kräfte auf Luft-„Körper“ 4.1.2. Geostrophischer Wind 4.1.3. Thermischer Wind 4.2. Globale Zirkulationsmuster 4.2.1. Meridionaler Luftmassentransport 4.2.2. Mittlere Druckverteilung und globale Windsysteme 4.3. Ausgewählte Phänomene der globalen Zirkulation 4.3.1. Fronten und Zyklone 4.3.2. Vorticity und Wellen 5. Der Energiehaushalt der Atmosphäre 5.1. Wirkungen der solaren Einstrahlung 5.2. Die terrestrische Ausstrahlung 5.3. Energiebilanz im System Atmosphäre - Erdoberfläche 5.3.1. Strahlungsbilanz und Treibhauseffekt 5.3.2. Weiterführende Überlegungen 5.3.3. Praktikable Ansätze 5.4. Zum anthropogenen Treibhauseffekt 5.5. Das Ozon-Problem 6. Der Einfluss der „variablen“ Sonne auf das Klima der Erde 6.1. Stabilität und Schwankung der Insolation 6.2. Sonnenzyklen, Sonnenflecke und Flares 6.3. Sonnenaktivität und gegenwärtiger Temperaturanstieg auf der Erde 6.4. Zum Einfluss der Wolken 7. Anthropogene Klimaänderung Literatur Internetseiten (Auswahl) Häufig benutzte Symbole 1 1 2 4 4 4 5 5 6 9 9 10 11 14 14 16 16 17 18 19 21 21 21 24 26 28 28 29 31 31 33 36 36 39 41 41 42 44 45 47 51 51 53 54 56 57 61 66 67 1. Der Planet Erde 1.1. Die Bewegung der Erde im Sonnensystem Die Erde gehört zu den sonnennahen Planeten. Sie umwandert die Sonne in einer mittleren Entfernung von RES = 149,6⋅106 km, das sind etwa 215 Sonnenradien. Die Bahngeschwindigkeit beträgt 29,787 kms-1, woraus sich die Dauer eines Umlaufes (das Jahr) zu 365,2 Tagen ergibt. Geometrisch ist die Erdbahn eine ganz schwach exzentrische Ellipse (ε = 0,02). Die größte Entfernung der Erde von der Sonne (152 ⋅ 106 km) wird im Nordsommer, die geringste Entfernung (147⋅106 km) im Nordwinter erreicht. Die Jahreszeiten - und somit die Klimazonen der Erde resultieren aus der Neigung der Erdachse gegen die Bahnebene, die man Ekliptik nennt. Der Neigungswinkel α beträgt 23,5° und muss infolge der Drehimpulserhaltung während des Laufes der Erde um die Sonne konstant bleiben (Abb. 1.1). Abb. 1.1: Bahn der Erde um die Sonne - nicht maßstäblich, aus (ROEDEL, 2000) Man erkennt, dass die Erde im sonnenfernen Teil ihrer Bahn der Sonne die Nordhalbkugel zuneigt. Somit wird die Nordhemisphäre intensiver beleuchtet; es kommt zum Nordsommer. Analog tritt der Südsommer im sonnennächsten Bahnteil ein. Entsprechen dem quadratischen Abstandsgesetz schwankt die Leistungsdichte der Solarstrahlung am Ort der Erdbahn dadurch um 6,9 %. Der Nordwinter fällt folglich etwas milder aus als der Südwinter. Die Intensität der am Erdboden auftreffenden Sonnenstrahlung gehorcht dem Lambert’schen Gesetz I (ß) = I (90°) ⋅ sin β, (1.1) wobei β der Winkel zwischen Sonnenstrahl und Erdoberfläche ist. Dieser Winkel hängt von der geographischen Breite ϕ und der Jahreszeit ab. Aus Abb. 1.2 ist für die Sommerhemisphäre abzulesen βSo (1.2) Max = (90° − ϕ) + α und für die Winterhemisphäre gilt β Wi (1.3) Max = (90° − ϕ) − α . Aus den Gleichungen 1.2 und 1.3 ist ableitbar: βSo Max = 90º für φ = α. Dadurch sind die Wendekreise bei 23,5° N und 23,5° S definiert. Es sind also die äquatorfernsten Breitenkreise, über denen die Sonne einmal pro Jahr - am Sommeranfang - senkrecht steht. Über dem Äquator 1 steht die Sonne folglich zweimal im Jahr senkrecht: am Frühlingsanfang und am Herbstanfang. Die Polarkreise ergeben sich aus der Bedingung β Wi Max =0° zu φP = 90º – α. ω E N α βW βS ϕS ϕW βS Sonne βW S Abb. 1.2: Zur Ableitung des Einstrahlungswinkels β für die Sommer- und Winterhemisphäre An den Polarkreisen herrscht zu Winteranfang „streifender“ Einfall des Sonnenlichtes gefolgt von der Polarnacht. In dieser Zeit gelangt kein Sonnenlicht in die polare Atmosphäre, auch nicht in die Stratosphäre! Auf Konsequenzen für die Ozonchemie und die Windrichtung der Stratosphäre sei hier schon hingewiesen. Die Rotation der Erde um die Erdachse bestimmt den Tag-Nacht-Rhythmus und wegen der gegen die Ekliptik geneigten Erdachse auch die Tagdauer, deren jahreszeitliche Variationsbreite mit der geographischen Breite zunimmt. In den Polargebieten schwankt die Tagdauer zwischen 0 Stunden im Polarwinter und 24 Stunden im Polarsommer. Für Mitteldeutschland (ϕ ~ 50° N) variiert sie analog zwischen etwa 8 und 16 Stunden (ROEDEL, 2000). Die Eigenrotation der Erde mit ωE = 2π/1Tag = 7,27⋅10-5 s-1 bewirkt neben einer schwachen Deformation der Erdkugel zu einem Rotationsellipsoid (DÄq = 1,003⋅DNS) die für Beschreibungen von Windphänomenen überaus wichtige Corioliskraft. 1.2. Die solare Energiezustrahlung Das von der Sonne emittierte Spektrum elektromagnetischer Wellen reicht vom harten Ultraviolett (λ ~ 100 ... 400 nm) über den sichtbaren Bereich (λ = 400 ... 800 nm) bis ins Infrarot (λ ~ µm) hinein. Die spektrale Verteilung der „Farb“-Anteile gehorcht näherungsweise dem für sog. „schwarze“ Strahler (Emissionsvermögen ε für alle Wellenlängen = 1) gültigen Planck’schen Strahlungsgesetz (Abb. 1.3). Abb. 1.3: Sonnenspektrum außerhalb der Erdatmosphäre (BECK, 2003) 2 Wie spektroskopische Messungen zeigen, wird grünes Licht ( ~ 480 nm) am intensivsten emittiert. Das durch Extremwertbestimmungen aus dem Planck’schen Gesetz ableitbare Wien’sche Verschiebungsgesetz (pinkfarbene Linie in Abb. 1.3) (1.4) λ (Max) ⋅ T = 0,2898 cm ⋅ K ermöglicht die Berechnung der Oberflächentemperatur der Sonne. Sie beträgt ca. 6000 K. Durch Integration des Planck’schen Gesetzes kommt man zur Beziehung von Stefan und Boltzmann I (ε, T) = ε⋅σ⋅T4, (1.5) -8 2 4 worin σ = 5,66 ⋅ 10 W/m ⋅K zu setzen ist. Damit ist die Leistungsdichte der Sonne bestimmbar. Mit T = 5800 K erhält man die Leistungsdichte der Strahlung an der Sonnenoberfläche zu IS = 64000 kW/m2. Daraus ist auf die Leistungsdichte am Ort der Erdbahn zu schließen, denn die abgestrahlte Leistung wird auf eine Kugeloberfläche mit dem Radius RES verteilt. Mit RS = 6,964⋅105 km und RES = 149,6⋅106 km erhält man die Solarkonstante S0 = (RS/RES)2⋅IS ≅ 1,39 kW/m2. Nach ROEDEL (2000) gilt gegenwärtig als bester (gemessener) Wert dieser Größe: S0 = 1368 W/m2. Das Emissionsvermögen der Sonne beträgt folglich 0,98. Die von einer senkrecht zum Strahlungseinfall postierten Scheibe mit dem Radius der Erde (RE = 6368 km) auffangbare Strahlungsleistung betrüge folglich 1,7⋅1014 kW. Das ist - nebenbei gesagt - etwa das 12000-fache des derzeitigen Primärenergieumsatzes der Menschheit (PELTE, 2002). Wegen der Rotation der Erde verteilt sich diese Strahlung auf die Erdoberfläche, die viermal so groß wie die einbeschriebene Kreisfläche ist. Damit ergibt sich (ohne Atmosphäreneinfluss) SE = ¼⋅S0 = 342 W/m2E. Geht man von einem Strahlungsgleichgewicht des „nackten“ Planeten Erde aus, dessen Albedo dann bei 10 % (ROEDEL, 2000) läge, ergäbe sich nach StefanBoltzmann entsprechend 1 4 ⋅ (1 - A )⋅ S 0 = ε ⋅ σ ⋅ TSG (1.6) 4 mit ε = 0,95 eine Gleichgewichtstemperatur von TSG = 275 K = +2°C. Wir kommen im Kapitel 5 auf dieses Problem zurück. Die Breitenabhängigkeit und der innerjährliche Gang der Insolation sind für 3 Breitenbereiche in Abb. 1.4 graphisch dargestellt. Die beiden Maxima am Äquator sind leicht zu verstehen: Abb. 1.4: Innerjährlicher Gang der solaren Einstrahlung (ohne Atmosphäre) für den Äquator, 50 °N und den Nordpol (aus ROEDEL, 2000) 3 Die Sonne steht zu Frühjahrs- und Herbstbeginn über dem Äquator senkrecht. Das am Nordpol zu Beginn des Sommers auftretende absolute Einstrahlungsmaximum ist eine Folge des 24 Stunden andauernden Polartages. 1.3. Klimaänderungen infolge Schwankung der Erdbahnelemente 1.3.1. Vorbemerkung Im frühen 20. Jahrhundert beschäftigte sich der serbische Mathematiker M. Milankovitch mit dem Einfluss der anderen Planeten auf die Bahn der Erde um die Sonne und der daraus resultierenden Veränderlichkeit der solaren Einstrahlung in die hohen Breiten der Erde. Damit war die Idee astronomisch begründeter Klimaänderungen geboren. Die Geowissenschaftler Köppen und Wegener unterstützten den Gedanken einer astronomischen Eiszeittheorie. Dennoch geriet Milankovitchs Veröffentlichung aus dem Jahre 1930 über Jahrzehnte in Vergessenheit. Erst 1976 wurde Milankovitchs Theorie begründet und nachgewiesen (HAYS et al., 1976, IMBRIE et IMBRIE, 1979). 1.3.2. Die Milankovitch-Theorie Die von Milankovitch formulierte Theorie zyklischer Vereisungen der Erde beruht auf astronomischen Messbefunden. Es handelt sich um die (geringfügigen) zyklischen Schwankungen der Erdbahnelemente: - Der Neigungswinkel der Erdachse gegen die Senkrechte zur Ekliptik variiert mit einer Periode von 41000 Jahren zwischen 21,5° und 24,5° (heute 23,5°). - Die Lage des Perihels im Jahr schwankt infolge der Präzession des Erdrotationsellipsoids im Kraftfeld der Sonne mit der Periode 23000 Jahre. - Die Exzentrizität der Erdbahn variiert zwischen 0 und 0,06 (heute 0,02) mit einem Zyklus von 100000 Jahren. Im Ergebnis der Überlagerung dieser periodischen Vorgänge ergibt sich eine schwebungsartige Zeitfunktion der solaren Einstrahlung (Abb. 1.5, linke Seite), deren Schwankungen sich auf die Strahlungsbilanz der Polarregionen auswirken (Abb. 5.4 und 5.9) und dort zu zyklischen Änderungen des Volumens der Eiskappen führen (Abb. 1.5, rechte Seite). Abb. 1.5: Schwankung der sommerlichen solaren Einstrahlung (in Mio. J/m2⋅Tag) in die Polargebiete und Änderung des Volumens der Eiskappen (BROECKER and DENTON, 1990) 4 Aus Abb. 1.5 ist zu erkennen, dass Eiszeiten, gekennzeichnet durch große Eisvolumina in den Polargebieten, zyklisch auftreten können, wobei die Periodendauer der Schwankung der Exzentrizität der Erdbahn anscheinend dominiert. Zu einer Periode von T = 100000 Jahren gelangt man allerdings auch durch Überlagerung periodischer Vorgänge mit T1 = 23000 Jahre und T2 = 41000 Jahre (SNIEDER, 1985). Es ist also auch möglich, dass der Eiszeit-Rhythmus allein aus der Überlagerung der Schwankungen der Achsneigung und der Präzession der Erdachse resultiert. Die Eisakkumulation auf der festen Erde ist am Absinken des Meeresspiegels innerhalb der Kaltzeit beobachtbar (Abb. 1.6). Abb. 1.6: Lage des Meeresspiegels während der jüngsten Eiszeit-Warmzeit-Periode (nach Daten in HOUGHTON, 2001) Neben einer Zyklusdauer von etwa 120000 Jahren und der maximalen Meeresspiegelschwankung von ca. 130 Metern ist ein unsymmetrischer Verlauf ablesbar: Der Übergang von der Warmzeit zur Hochphase der Eiszeit beansprucht etwa 85 % der Dauer des Gesamtzyklus. Das Eiszeitende findet vergleichsweise abrupt statt, was man als Folge der geringer werdenden Albedo staubbedeckter Schnee- und Eisflächen in der trocken-kalten Hocheiszeit verstehen kann. PAUL und BERGER postulieren zur Erklärung des „schiefen“ Sägezahnverlaufes der Klimaänderung einen nichtlinear reagierenden, harmonisch angeregten Oszillator (PAUL und BERGER, 1997). Offen scheint die Frage, wodurch die Tiefpass-Filterung des Zeittaktes hervorgerufen wird - oder aber, welcher mit einer Zeitkonstante von wenigen Tausend Jahren ablaufende Vorgang das kurzzeitige Kippen in eine Warmphase bewirkt. Abschließend sei nur genannt, dass notwendige geologische Voraussetzungen für zyklische Eiszeiten die Ankunft des Kontinentes Antarktika am Südpol der Erde und seine vor 25 Mio. Jahren beginnende Vereisung (SCHÖNWIESE, 1995) und die Schließung des Isthmus von Panama vor 2,7 Mio. Jahren (HAUG and TIEDEMANN, 1998) waren. 1.3.3. Meßbefunde 1.3.3.1. Methodische Grundlagen Besondere Bedeutung für die quantitative Aufklärung des Paläoklimas haben isotopenphysikalische Meßmethoden erlangt (OESCHGER, 1980). Es handelt sich einerseits um die radiometrischen Datierungsverfahren (GEYH and SCHLEICHER, 1990), insbesondere die C-14-Datierungs-methode (GEYH, 1983), und andererseits um die Messung der stabilen Isotope Deuterium und Sauerstoff18 an Wasser- und Eisproben sowie Kohlenstoff-13 an kohlenstoffhaltigen Proben (CO2, Karbonat, organisches Material), in denen Klimainformationen gespeichert sind (MOSER und RAUERT, 1980, CLARK and FRITZ, 1997). 5 Während bei der Datierung mit Radionukliden deren Halbwertzeit (C-14: 5730 a) den erfassbaren Datierungszeitraum bestimmt, sind es bei den stabilen Isotopen die u.a. von der Klimageschichte der Probe abhängigen Isotopieeffekte. Diese Effekte sind temperaturabhängig und treten z.B. bei Phasenübergängen (Verdunsten, Kondensieren), bei Transportprozessen (Diffusion von CO2 bei der Assimilation) sowie bei physikochemischen Prozessen (Lösen, Ausfällen, chemischen Reaktion) auf. Die bei natürlichen Vorgängen eintretenden Verschiebungen der isotopischen Zusammensetzung sind relativ geringfügig (im Promille-Bereich) aber mit modernen Massenspektrometern zuverlässig bestimmbar. Als Messwert gibt man nicht das Atomzahlverhältnis der Probe (RP, z.B. 2H/1H, 18O/16O, 13C/12C) an, sondern dessen relative Abweichung vom Atomzahlverhältnis einer Standardsubstanz (RS, z.B. Standard Mean Ocean Water („SMOW“) und Meereskalk (Belemniten)). Dieser so eingeführte Delta-Wert ergibt sich also zu R −R δ Probe = Probe Stand. ⋅1000 0 / 00 . (1.7) R Stand. Ein negativer δ-Wert bedeutet folglich, dass die Probe isotopisch „leichter“ ist als die Standardsubstanz; sie ist hinsichtlich ihres Deuterium- oder Sauerstoff-18-Gehaltes abgereichert. Das bedeutet für C-13: Kohlenstoff in der Pflanze ist isotopisch leichter und im Wasser gelöster Kohlenstoff (CO2, HCO3, Kalk) ist isotopisch schwerer als der Kohlenstoff im Kohlendioxid der Atmosphäre. Für die im Wassermolekül gebundenen Isotope 2H und 18O gilt: Wasserdampf ist isotopisch leichter und das Wasser des eindunstenden Reservoirs (z.B. der Ozean während der Kaltzeit) wird folglich isotopisch schwerer. Für unsere Klimaanwendungen ist wesentlich, dass es eine (begründete) Beziehung zwischen der Temperatur, bei der ein Prozess abläuft, und dem eintretenden Isotopieeffekt gibt. Die für die Polargebiete gültige Regressionsgerade zwischen δ18O und der Jahresdurchschnittstemperatur T (in °C) ist nach DAANSGARD (1964) δ 18O = (0,7 ⋅ T – 13,6) 0/00. (1.8) Man nennt diese Methode zur Bestimmung von Paläotemperaturen gelegentlich „O-18Thermometer“. 1.3.3.2. Ausgewählte Beispiele Viele Teilreservoire der Umwelt sind isotopisch markiert und enthalten prinzipiell auch Klimainformationen. Für Untersuchungen des Paläoklimas sind aber nur solche „Informationsspeicher“ geeignet, deren Isotopensignatur sich seit der Markierung (bis heute) nicht mehr geändert hat (Abb. 1.7). Als geeignet haben sich Tiefseesedimente, die polaren Eiskappen, Stalagmiten, Baumringe, Torfmoore aber auch sehr tief liegende, alte Grundwässer erwiesen. 6 Abb. 1.7: Isotopisch markierte Speicher (OESCHGER, 1980) Im ersten Beispiel sind Deuterium-Meßwerte dargestellt (Abb. 1.8). Man erkennt zunächst den sog. Kontinentaleffekt an den europäischen Niederschlägen: Isotopisch schweres Wasser kondensiert bevorzugt. Abb. 1.8: Deuteriumgehalte rezenter Niederschläge Europas und fossiler Grundwässer Nordafrikas (SONNTAG et al. 1978) Und man sieht, dass die Grundwässer der Sahara eine ähnliche Signatur haben. Sie sind folglich unter klimatischen Bedingungen gebildet worden, wie sie jetzt in Mitteleuropa herrschen. Die 7 C-14-Alter dieser nordafrikanischen Grundwässer (15...30⋅103 Jahre) zeigen an, dass es sich um fossile Grundwässer handelt. Als nächstes Fallbeispiel ist das O-18-Profil eines Eisbohrkerns der Station Camp Century (Grönland), das einen vollständigen Kaltzeit-Warmzeit-Zyklus erfasst, dargestellt (Abb. 1.9). Abb. 1.9: Sauerstoff-18-Profil für einen Eisbohrkern der Station Camp Century in Grönland (nach JOHNSEN et al. 1972) Die Länge des Zyklus beträgt etwa 100000 Jahre und der Temperaturunterschied zwischen Warmzeit und Hocheiszeit wurde aus den O-18-Werten zu etwa 10 K ermittelt. Weiterhin ist deutlich zu sehen, dass die Abkühlungsphase den Hauptteil der Zeit beansprucht und ausgesprochen unruhig verläuft. Der Übergang zur Warmzeit erfolgt sehr schnell. Vier Eiszeiten umfassende Profile sind unterdessen auch für Eiskerne aus Antarktika (Station Vostok) publiziert worden (z.B. PETIT et al., 1999) und zeigen einen ähnlichen Temperaturverlauf. Abschließend soll das derzeit am weitesten in die Vergangenheit zurück reichende O-18Profil diskutiert werden (Abb. 1.10). Abb. 1.10: Sauerstoff-18-Profil, gemessen an Foraminiferen eines Sediment-Bohrkerns aus dem tropischen Ostpazifik (SHACKLETON et al. 1990) Dieser Kern umfasst 1 Mio. Jahre und enthält etwa 9 Eiszeiten, die aber nicht vollkommen analog verlaufen. Der 100000-Jahres-Takt ist aber dominant. Die absolute O-18-Schwankung ist viel geringer als bei Eisbohrkernen, weil die Änderung des O-18-Gehaltes des gesamten Ozeanes abgebildet wird. Das eindunstende Ozeanwasser wird in den Kälteperioden isotopisch schwerer als es das warmzeitliche Ozean-Vergleichswasser ist. 8 2. Veränderungen im Klimasystem 2.1. Die Begriffe Wetter, Witterung und Klima Unter Wetter verstehen wir den Zustand der Troposphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt (Tag) an einem bestimmten Ort. Es ist gekennzeichnet durch Phänomene wie Temperatur, Luftdruck, Luftfeuchte, Wolken, Niederschlag und Wind. Eine Wetterlage bezeichnet den Zustand der Troposphäre einer geographischen Region (Europa, Spanien, Kanaren) zu einem Beobachtungszeitpunkt (Tag). Beispiele für Europa sind die im Winter mit trockener Kälte verbundene Ost-Lage oder die im Sommer mit schwül-warmer Luft und Gewitter einher gehende Süd-West-Lage. Die Witterung kennzeichnet den mittleren Wetterverlauf an einem bestimmten Ort (Insel Rügen, Erzgebirge, Rheinland, Alpen) in einem Zeitraum von wenigen Monaten einschließlich natürlicher Schwankungen. Hierzu gehören beispielsweise die Jahreszeiten mit ihren typischen Wetterabläufen, aber auch solche Ausnahmefälle wie z.B. milde Winter oder feucht-kalte Sommer. Man kann auch an das in charakteristischer zeitlicher Abfolge wiederkehrende Auftreten von Regenzeiten, Wirbelstürmen und ENSOPhänomenen denken. Unter dem Klima eines Ortes (bzw. einer Region) verstehen wir den aus langzeitigen Beobachtungen abgeleiteten mittleren Zustand der Atmosphäre einschließlich statistisch begründeter Schwankungen einzelner Parameter (z.B. Jahresdurchschnittstemperatur, mittlerer Jahresniederschlag, Hauptwindrichtung). Die unterschiedlichen Klimate der Erde ergeben sich aus der jahreszeitlich bedingten Schwankung der solaren Einstrahlung (Klimazonen) und den Einflüssen von atmosphärischer und ozeanischer Zirkulation. Will man eine zeitliche Veränderung von klimarelevanten Parametern feststellen, müssen der Mittelwertbildung hinreichend lange Zeitintervalle zu Grunde gelegt werden: Einerseits sollen kurzzeitige Schwankungen (das „Rauschen“) und singuläre Einflüsse (z.B. starke Vulkaneruptionen) durch Glättung eliminiert werden. Andererseits müssen Klimatrends und -schwankungen sichtbar bleiben. Nach MALBERG (1985) hat sich zur Beurteilung eines Trends eine Beobachtungsdauer von 30 Jahren bewährt (Abb. 2.1). Abb. 2.1: Temperaturverlauf seit 1731 in Berlin - Mittelung von 30-Jahres-Perioden (MALBERG, 1985) Grundsätzlich hängt die zum Nachweis einer Klimaänderung notwendige Gesamtbeobachtungsdauer eng mit der Zeitkonstante des die Klimaänderung bewirkenden Naturvorganges zusammen: Periodische Vorgänge werden erst erkennbar, wenn man über mehrere Periodendauern „beobachtet“ (z.B. die Eiszeitperiode von ca. 100000 a Dauer) und ein Trend wird sichtbar, wenn man überlagerte Schwankungen eliminieren kann (z.B. rezenter Temperaturanstieg und Gleisberg-Zyklus der Sonne). 9 2.2. Das Klimasystem der Erde Das Klima, der von der Jahreszeit abhängige physikalische Gesamtzustand der Atmosphäre, bildet den Output des Klimasystems der Erde, zu dem neben der Atmosphäre (dem kleinsten beteiligten Reservoir) der Ozean und das Festland einschließlich der jeweils enthaltenen Biosphären sowie die polaren Eiskappen mit allen ihren Wechselwirkungen gehören (Abb. 2.2). Abb. 2.2: Blockdiagramm des Klimasystems Die Randbedingungen entstehen infolge der Plattentektonik: Die Verteilung von Land und Wasser auf dem Globus, die Gebirgsbildung und der Vulkanismus. Den Energie-Input leistet die Insolation einerseits und die natürliche Radioaktivität von Kruste und Mantel andererseits. Abb. 2.3 zeigt Details des Klimasystems, nämlich die Mächtigkeit der Reservoire, ihre Austauschzeitkonstanten sowie die Art und Stärke der wichtigsten Wechselwirkungen. Die Schwierigkeit der Modellierung des dreidimensionalen Systems ergibt sich aus der Vielzahl zeitabhän- Abb. 2.3: Klimasystem mit Wechselwirkungen und Austauschzeitkonstanten (FLOHN, 1980 und 1981) giger Wechselwirkungen, die z.T. nichtlinear sind, aus dem weiten Spektrum von Zeitkonstanten aber auch infolge starker singulärer Ereignisse wie Sonneneruptionen, Vulkanexplosionen und 10 Meteoriteneinschlägen. H. FLOHN, der die Komplexität des Klimasystems schon in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts erkannte und darstellte, hat damals schon auf mögliche Auswirkungen einer „neuartigen Störgröße“, nämlich anthropogener Eingriffe, hingewiesen (FLOHN, 1981). 2.3. Beobachtungen („Global Change“) Der Begriff „Klima“ entstammt dem Lateinischen und bedeutet „Gegend“. In diesem Sinne ist das Wort Klima bis ins 20. Jahrhundert hinein zur Bezeichnung geographisch geprägter, beständiger Witterungsabläufe benutzt worden: Tropenklima, Polarklima, Wüstenklima, Hochgebirgsklima usw. Das Klima wurde als etwas Unveränderliches angesehen, obwohl aus der Geschichte auch Abweichungen vom „Normalen“ bekannt waren, z.B. die „kleine Eiszeit“ um 1550 bis 1700 in Mitteleuropa mit ca. 2° tieferen Temperaturen als heute oder die „mittelalterliche Warmzeit“ (1° bis 2° wärmer als heute), in der die Wikinger Island und Grönland besiedelten. Schließlich sei noch das nacheiszeitliche Klimaoptimum um 6000 bis 2500 v. Chr. genannt, in dessen Verlauf sich die Hochkulturen in Ägypten und Mesopotamien entwickelten. Klima war etwas Natürliches und galt als vom Menschen nicht veränderbar. In den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts ergaben sich zunehmend Hinweise auf nicht vernachlässigbare Eingriffe der Menschen in das Klimasystem der Erde: Man stellte ein schwaches Ansteigen der mittleren Temperatur der bodennahen Luft fest (Abb. 2.4) Abb. 2.4: Temperaturänderung seit 1860 (aus CUBASCH und KASANG, 2000) und man erkannte, dass der durch Messung und Rekonstruktion für die Zeit nach 1750 nachgewiesene Anstieg des Kohlendioxidgehaltes der Atmosphäre (Abb. 2.5) 11 Abb. 2.5: Anstieg des CO2-Gehaltes der Atmosphäre (SCHÖNWIESE, 1995) eine Folge des anwachsenden Energieumsatzes (Abb. 2.6) der rasant zunehmenden Weltbevölkerung (Abb. 2.7) ist. 700 (?) Weltenergieumsatz / EJ 600 500 400 300 200 100 0 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 2020 2040 Jahr Abb. 2.6: Entwicklung des Weltenergieumsatzes (nach PELTE, 2002 und STEINKOHLE, 2003) 12 Weltbevölkerung / Mrd. 8 7 2013 (?) 6 1999 5 1987 4 1974 3 1960 2 1927 1 1804 1650 0 0 0 500 1000 1500 2000 2500 Jahr n. Chr. Abb. 2.7: Entwicklung der Weltbevölkerung (PELTE, 2002 und BIRG, 2004) Nachdem KONDRATYEV u.a. den Treibhauseffekt - das ist die der Wirkung der Atmosphäre zuzuschreibende Temperaturdifferenz zwischen der mittleren Temperatur der bodennahen Luft der Erdatmosphäre (+ 15°C) und der Strahlungsgleichgewichtstemperatur (-18°C bei 30% Albedo) als Ergebnis der Umwandlung von Infrarotenergie in kinetische Energie durch mehratomige Gase der Atmosphäre (H2O-Dampf, CO2, NOx, CH4 u.a.) erklärt hatten (z.B. KONDRATYEV, 1969), musste ein Ansteigen des CO2-Gehaltes der Atmosphäre Befürchtungen über einen zusätzlichen „anthropogenen“ Treibhauseffekt auslösen (FLOHN, 1981; SCHÖNWIESE, 1986; WIGLEY, 1987). Dieses Unbehagen ist insbesondere dadurch erheblich verstärkt worden, dass etwa zeitgleich CO2-Meßbefunde von Eis-Bohrkernen aus Grönland und Antarktika veröffentlicht wurden (JOHNSEN et al. 1972), die zeigten, dass die CO2-Gehalte in der während der Eiszeit eingeschlossenen Luft auf ca. 200 ppm, also zwei Drittel des nacheiszeitlichen Wertes abgesunken waren. Hieraus wurden zwei möglicherweise falsche Schlüsse gezogen: Der abgesenkte CO2-Gehalt der Atmosphäre wurde als Eiszeitursache identifiziert und die o.g. Befürchtungen hinsichtlich eines vom anthropogenen CO2 ausgelösten weltweiten Temperaturanstieges wurden anscheinend praktisch bestätigt. Unterdessen wurde durch O-18- und CO2-Messungen an weiteren Eiskernen aus Antarktika festgestellt, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre bei vier erfassten Eiszeitperioden jeweils von 300 ppm in der Warmphase auf 180 ppm am Ende der Kaltphase absank und im Zuge der Erwärmung wieder auf seinen alten Wert anstieg und dass die Temperaturänderung immer vor der generellen CO2-Änderung erfolgte (Abb. 2.8). Abb. 2.8: CO2- und Temperaturprofil an einem Eiskern aus Antarktika (Petit et al. 1999) Die Verzögerung der CO2-Änderung relativ zur Temperaturänderung wurde auf 400...1000 Jahre eingeschränkt (FISCHER et al. 1999). 13 3. Die Beschaffenheit der Erdatmosphäre 3.1. Entwicklungsgeschichte Die Erde ist als fester Planet vor 4,6 Mrd. Jahren entstanden. Folgt man dem Akkretionsmodell, so bildete sich zunächst der (heiße) Erdkern, der im Laufe von Jahrmillionen kosmische Teilchen (Staub, Meteoriten) aufsammelte. So entstanden der Erdmantel und die Kruste. Durch Ausgasung ist eine Uratmosphäre entstanden, die neben Stickstoff und Kohlendioxid hauptsächlich Wasserdampf enthielt (SCHIDLOWSKI, 1988). Bei einer Temperatur von 260 °C herrschte ein Druck von 60 bar = 6 MPa. Dem Phasendiagramm des Wassers (Abb. 3.1) entnimmt man, dass Abb. 3.1: Phasendiagramm für Wasser, Mrd. a (BECKMANN u. KLOPRIES, 1994) - Druck und Temperatur vor 4,5 Mrd. a bzw. vor 2 zu Beginn der Entwicklung ein Phasengleichgewicht zwischen dem Ur-Ozean und der Atmosphäre bestand; etwa ein Viertel des Ozeanwassers war damals als heißer Wasserdampf in der Atmosphäre enthalten. Etwa 2 Mrd. Jahre später, nach Abkühlung der Erdoberfläche auf ca. 30 °C, war der Wasserdampf nach Kondensation größtenteils ausgeregnet und der Druck war auf 200 kPa abgesunken (BECKMANN und KLOPRIES, 1994). Die Hauptkomponenten der Atmosphäre waren zu dieser Zeit Kohlendioxid (45 %) und Stickstoff (40 %). Der Ur-Ozean wurde infolge von Niederschlag, Verwitterung von Gestein und Lösen von Salzen mineralisiert und er löste außerdem Kohlendioxid. Als erste Sedimentschicht des Ozeans konnte Kalk gebildet werden: H2O + CO2 → 2 H+ + CO3־ ־, (3.1) ++ ־־ (3.2) Ca + CO3 → CaCO3 ↓ Im Zeitraum zwischen 3 Mrd. a B.P. und 500 Mio. a B.P. setzten die Cyanobakterien durch ihren Stoffwechsel unter Aufnahme von Sonnenenergie CO2 zu (CH2O)n um, wobei pro Molekül CO2 ein Sauerstoffmolekül frei wird (Abb. 3.2). Abb. 3.2: Stickstoff-, Kohlendioxid- und Sauerstoff-Anteil der Atmosphäre während der jüngsten 1000 Mio. Jahre (BECKMANN und KLOPRIES, 1994) Man kann prinzipiell schreiben: 14 E CO2 + 2 H2O ⎯ ⎯→ H2CO + H2O + 2 O*, E ⎯→ C6 H12 O6 + 6 H2O + 6 O2. 6 CO2 + 12 H2O ⎯ (3.3) (3.4) Nur 4 % des so erzeugten Sauerstoffs gelangen in die Atmosphäre; etwa 57 % werden durch Oxidation von Eisenionen zu Fe2O3 verbraucht (eisenhaltige Schlammschicht im Ozean) und 38 % des Sauerstoffs werden bei der Oxidation von Schwefel zu Sulfat umgesetzt (SCHIDLOWSKI, 1988). Mit Ansteigen des Sauerstoffgehaltes der Atmosphäre beginnt zugleich die Ozonproduktion, wobei die UV-Komponente der Sonnenstrahlung zunächst Sauerstoff-Radikale erzeugt, die sich unter geringem Energiegewinn mit Sauerstoffmolekülen zu Ozon zusammenlagern: O2 ⎯UV ⎯→ O + O + EKin O2 + O → O3. (3.5) (3.6) Die abgegebene kinetische Energie bewirkt eine Heizung in der Atmosphäre. Da Ozon durch Sonnenlicht leicht spaltbar ist, erfolgt ständig auch ein Ozonabbau. Im natürlichen Gleichgewicht ergibt sich in der unteren Stratosphäre eine Ozonsäulenhöhe von ca. 3 mm (= 300 DobsonEinheiten). Dieser Zustand war etwa 350 Mio. Jahre vor heute erreicht (SCHIDLOWSKI, 1988). Damit war die Vorraussetzung für die Entwicklung von Landpflanzen und -tieren gegeben. In dieser Zeit (Karbon) riss die Wolkendecke auf und die Atmosphäre wurde durchsichtig. Der Kohlendioxidgehalt betrug nur noch 1 %. Seit 150 Mio. Jahren beträgt der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre 21 %; der Kohlendioxidgehalt ist auf etwa 300 ppm abgesunken, was man als Folge der Lebenstätigkeit der Pflanzen (Assimilation) verstehen kann. Der verbliebene CO2--Rest bildet die Lebensvoraussetzung für die Pflanzenwelt. Seit Einsetzen der zyklischen Eiszeiten wird ein Oszillieren des CO2-Gehaltes zwischen 200 ppm (Kaltzeit) und 300 ppm (Warmphase) beobachtet (Abb. 3.3) Abb. 3.3: Sauerstoff- und Kohlendioxidanteil der Atmosphäre im Quartär (BARNERT, 1993) Die Hauptbestandteile der Erdatmosphäre sind heute: N2 - 78 %, O2 - 21 %, Ar - 0,9 %, CO2 0,035 % und H2O-Dampf - 1 0/00 (breitenabhängig). Der für meteorologische Abläufe bedeutsame Wassergehalt der Luft hängt von der geographischen Breite (HEBERT, 1997) und stark von der Höhe ab (Abb. 3.4). 15 Abb. 3.4: Wasserdampf-Mischungsverhältnis in Abhängigkeit von der Höhe (aus ROEDEL, 2000) Hinweis: Umfangreiche Informationen zur Chemie der Atmosphäre findet man im gleichnamigen Buch von GRAEDEL und CRUTZEN, (1994). 3.2. Physikalischer Zustand der Atmosphäre 3.2.1. Die vertikale Druckänderung Flüssigkeiten sind nahezu inkompressibel; ihre Dichte ρ hängt nicht vom Druck p ab, unter dem sie stehen. Der hydrostatische Druck (Kraft pro Fläche) am Boden einer Flüssigkeitssäule der Tiefe z ist deshalb p(z) = ρ ⋅ g ⋅ z, (3.7) wobei g die Gravitationsbeschleunigung an der Erdoberfläche ist. Die Dichte eines Gases ergibt sich als Quotient aus Molmasse (M) und Molvolumen (VM = 22,4 l) zu M ρ= , (3.8) VM Normalbedingungen (p0 = 101 kPa, T0 = 273 K) vorausgesetzt. In einer ruhenden Atmosphäre ergäbe sich eine dichtebedingte Schichtung der Gase (für Stickstoff mit M = 28 g errechnet man ρ = 1,25 kg/m3, für CO2 findet man mit M = 44 g ρ = 2 kg/m3). Meteorologisch bedingte Transportvorgänge sorgen in der Erdatmosphäre für eine intensive Vermischung aller beteiligten Gase bis in die Stratosphäre. Zur Höhenabhängigkeit des Luftdruckes kommt man mit Hilfe der Zustandsgleichung für ideale Gase. Für 1 Mol gilt p⋅VM = R⋅T (3.9) und mit (3.8) ergibt sich M ⋅ p(z) ρ(z) = . (3.10) R ⋅ T(z) Druck und Dichte sind einander proportional. Gl. 3.7 muss differentiell geschrieben werden: dp = – ρ (z) ⋅ g ⋅ dz Aus (3.10) und (3.11) folgt die Differentialgleichung 16 (3.11) dp M ⋅ g dz ⋅ =− p R T(z) (3.12) ⎛ M⋅g ⎞ ⎛ 1 ⎞ p = p 0 ⋅ exp⎜ − ⎟ ⋅ ⎜ ⎟ ⋅ z. R ⎠ ⎝T⎠ ⎝ (3.13) mit der Lösung Anstelle einer Integration über den tatsächlichen Temperaturverlauf (Kap. 3.2.4.) wurde eine „mittlere“ Temperatur, das sog. harmonische Mittel von T, eingeführt. Die mittlere Temperatur der Troposphäre beträgt etwa –15 °C bzw. 258 K. Die relativen Abweichungen der Temperaturen am Erdboden (+ 15 °C) bzw. im Tropopausenniveau (–50 °C) von diesem Mittelwert liegen also bei etwa 10 %. Die Vorfaktoren im Exponenten von Gl. (3.13) lassen sich zur Skalenhöhe z0 zusammenfassen: z0 = R ⋅T . ML ⋅g (3.14) Mit der Molmasse für Luft (ML) = 0,029 kg/mol und T0 = 273 K errechnet man z0 = 7,99 km. Die Größe z0 gibt die Höhe einer Atmosphäre gleicher Masse aber konstanter Dichte ρ0 = 1,3 kg/m3 an. Pro m2 der Erdoberfläche beträgt die Masse der Erdatmosphäre folglich rund 8 t. Als Säulenhöhe eines Gases bezeichnet man das Produkt aus Skalenhöhe und Volumenanteil dieses Gases an der Atmosphäre (z.B. N2 - 6250 m, CO2 - 2,5 m, Ozon - 3,5 mm). Abschließend ist auf eine praktisch bedeutsame Konsequenz der Temperaturabhängigkeit der Skalenhöhe (Gl. 3.14) hinzuweisen: In kälterer Luft nimmt der Druck mit anwachsender Höhe stärker ab als in vergleichsweise wärmerer Luft. Es entwickelt sich also ein mit der Höhe zunehmendes Druckgefälle von der warmen zur kalten Luftmasse hin, wodurch der thermische Wind (Kap. 4.1.) hervorgerufen wird. 3.2.2. Der trockenadiabatische Temperaturgradient Luft wird im Rahmen der in der Troposphäre und Stratosphäre auftretenden Temperaturen als ideales Gas behandelt. Wir gehen davon aus, dass ein „Luftpaket“, ein Luftkörper am Erdboden, erwärmt werde und infolge des Auftriebs aufwärts steigt. Dieser Vorgang soll adiabatisch (dQ = 0) (also schnell, ohne Wärmeaustausch mit der diesen Körper umgebenden Luft) ablaufen. Aus dem I. Hauptsatz der Thermodynamik folgt dann dU = CV ⋅ dT = dW = – p dV, (3.15) wenn man sich auf 1 Mol Gas bezieht. Mit Hilfe der Gleichung (3.9) in differentieller Form und der Beziehung CV + R = CP erhält man dp CP ⋅ dT = V dp ≡ R ⋅ T ⋅ . (3.16) p Unter Benutzung der differentiellen Form der barometrischen Höhenformel (Gl. 3.12) bekommt man schließlich (3.17) CP ⋅ dT = – M ⋅ g ⋅ dz bzw. den Temperaturgradienten dT M ⋅g g ≡− =− . (3.18) dz C c p p Der Zahlenwert beträgt rund –1 K/100 m. Ein Luftpaket, das vom Erdboden bis zu einer Höhe von 3 km aufsteigt, kühlt sich - falls keine Wasserdampfkondensation eintritt - dabei folglich um 30 K ab. 17 Der hier berechnete Gradient verringert sich wegen des in der Luft enthaltenen Wasserdampfes (ρw = 5 g/m3 ... 25 g/m3) um etwa 1 % (ROEDEL, 2000). 3.2.3. Wolkenbildung und latente Wärme Ein Luftkörper, der Wasserdampf enthält, stellt einen Energiespeicher dar. Neben der fühlbaren Wärme (QF), die durch QF = m ⋅ c ⋅ T (3.19) mit der messbaren Lufttemperatur zusammen hängt, enthält der Wasserdampf zusätzlich die sog. latente Wärme (QL). Sie entspricht der zum Verdampfen des Wassers notwendig gewesenen Energie: (3.20) QL = q ⋅ m, wobei die Verdampfungswärme für Wasser den Wert q = 2256 kJ/kg bzw. qM = 40,6 kJ/mol hat. Diese Wärmemenge wird wieder frei, wenn Kondensation (sichtbar an einer Wolkenbildung) und Ausregnen von Luftfeuchte eintritt. Kondensierender Wasserdampf stellt also eine Wärmequelle in der Atmosphäre dar. Die Kondensation setzt ein, wenn der von der Temperatur abhängende Sättigungsdampfdruck (pS) bzw. der maximale Feuchtegehalt (fmax) überschritten werden. Mit f = mW/VM ergibt sich der Wasserdampfdruck zu R PD = f ⋅ ⋅T . (3.21) MW Die Feuchte wird in kg/m 3L eingesetzt und MW beträgt 0,018 kg Wasser/mol. Häufig gibt man die relative Luftfeuchte (3.22) frel = f / fmax ⋅ 100 % an. Die Dampfdruck-Temperaturkurve und damit auch Temperaturabhängigkeit der Feuchte leiten sich aus der Beziehung von Clausius und Clapeyron ab, die lautet dp D qM . = dT (VM,D − VM,Fl ) ⋅ T (3.23) In guter Näherung ist das Molvolumen des Wassers (VM,Fl ≅ 18 ml) sehr klein gegenüber dem Molvolumen des Wasserdampfes (VM,D = 22,4 l) und man erhält unter Verwendung der auf ein Mol bezogenen Gasgleichung (3.24) P D ⋅ VM = R ⋅ T die Differentialgleichung dp 0 q M dT = ⋅ . (3.25) pD R T2 Die Integration führt zum Anstieg der Dampfdruckkurve ⎛ q ⎞ (3.26) p D ~ exp. ⎜⎜ − M ⎟⎟ . ⎝ R ⋅T ⎠ Sättigungsdampfdruck und maximaler Feuchtegehalt sind in Abb. 3.5 in Abhängigkeit von der Lufttemperatur graphisch dargestellt. 18 80 120 70 100 60 80 50 fM 40 60 pS 30 40 20 20 10 0 -3 90 fM - maximale Luftfeuchte / g⋅m pS - Sättigungsdampfdruck / hPa 140 0 0 10 20 30 40 o Temperatur / C 50 60 Abb. 3.5: Sättigungsdampfdruck und maximaler Feuchtegehalt der Luft in Abhängigkeit von der Temperatur Der Vergleich mit dem Luftdruck (p0 = 101 kPa) lehrt, dass die Luftfeuchte im allg. nur wenige Prozente des Luftdrucks ausmacht. Nun zurück zum Temperaturgradienten beim Aufsteigen einer feucht-warmen Luftmasse unter Einschluss von Wolkenbildung und Ausregnen. Die mathematische Behandlung ist im Prinzip ähnlich wie im trockenadiabatischen Fall. Nunmehr muss aber die pro Volumen durch Kondensation freigesetzte latente Wärme berücksichtigt werden. Statt dQ = 0 ist zu setzen dQ = q ⋅ dfM. (3.27) Die Änderung der Sättigungsfeuchte ist abhängig von der Temperaturabsenkung und aus Abb. 3.5 ablesbar. Der Temperaturgradient wird kleiner als im trockenadiabatischen Fall. Man kann grob mit einem ⎛ dT ⎞ mittleren Wert von ⎜ ⎟ ≅ – 0,5 K/100m ⎝ dz ⎠ f rechnen (ROEDEL, 2000). Bei ROEDEL ist auch die Ableitung einer entsprechenden Gleichung zu finden. Prinzipiell beginnt das Ausregnen an der Wolkenuntergrenze (frel = 100 %) bei hohem Feuchteinhalt der Luft mit starker Niederschlagsbildung und kleinem Temperaturgradienten (–0,3 K/100 m). Mit zunehmendem Aufstieg des Luftkörpers wird dieser „trockener“, die Niederschlagsbildung nimmt ab und der Temperaturgradient strebt dem für trockenen Aufstieg gültigen Wert zu. Ein lehrreiches Beispiel bildet die Behandlung des Alpenföns: Feucht-adiabatischer Aufstieg der Luft an der Südseite der Alpen (Niederschlag) und trockenadiabatisches Absinken an der Nordseite (Erwärmung) oder auch das Aufquellen einer Gewitterwolke (SCHÜTT, 1950). 3.2.4. Das generelle Temperaturprofil der Atmosphäre Die Heizung der Troposphäre erfolgt im wesentlichen von der Erdoberfläche aus, die entsprechend ihrer Temperatur im Infraroten strahlt (Gl. 1.4). Der Temperaturgradient der bodennahen Luft überschreitet den trockenadiabatischen Wert tagsüber und außerhalb des Winters um 1 bis 2 Größenordnungen (ROEDEL, 2000). Aufsteigende Luft transportiert Wärme bis in die praktisch wasserdampffreie obere Schicht der Troposphäre (Abb. 3.4). Dort und darüber ist die Atmosphäre im infraroten Spektralbereich durchsichtig. Deshalb kann sie Wärme abstrahlen (Strahlungskühlung). Das zweite Heizstockwerk befindet sich in der Stratosphäre (Abb. 3.6). Die Heizung beruht - wie bereits besprochen - auf der Wechselwirkung der UV-Komponente der Sonnenstrah19 Abb. 3.6: Stockwerksaufbau der Erdatmosphäre lung mit Sauerstoff- und Ozonmolekülen. Photonenenergie, die nicht zur Spaltung von Sauerstoff- bzw. Ozonmolekülen notwendig war, wird den Bruchstücken (Radikalen) als kinetische Energie übertragen. Dadurch erhöht sich die innere Energie der bereits stark verdünnten (ein Hundertstel bis ein Tausendstel der Dichte am Erdboden) Atmosphäre. Als drittes Heizstockwerk ist die obere Atmosphäre (oberhalb von 100 km Höhe) zu nennen. Die Dichte der Luft ist bis auf ein Millionstel des Wertes an der Erdoberfläche abgesunken. Durch Stoßprozesse der härtesten UV-Komponente (λ ≅ 100 nm) mit Luftmolekülen (N2, O2) kommt es zu deren Ionisation. Die bei der Ionisation nicht verbrauchte UV-Energie erhöht die kinetische Energie der Gasatome, so dass die nach der Grundgleichung der kinetischen Gastheorie (Gl. 3.28) 1 3 E kin = m v 2 = k ⋅ T 2 2 (3.28) berechenbare Temperatur über 1000 °C betragen kann. Abb. 3.7 zeigt einen meridionalen Schnitt durch Troposphäre und untere Stratosphäre der Nordhalbkugel. 20 Abb. 3.7: Meridionalschnitt durch die untere Atmosphäre der Nordhalbkugel (ROEDEL, 2000) Einige typische Sachverhalte sind ablesbar: - Im tropischen und subtropischen Breitenbereich ist die Troposphäre etwa 15 km hoch, was als Folge der starken Heizung an der Erdoberfläche verstanden werden kann. Der Temperaturgradient liegt bei 0,7 K/100 m. - Im Polargebiet beträgt die Höhe der Troposphäre nur 8 km. Der Temperaturgradient (0,3...0,5 K/100 m) deutet auf feuchtadiabatische Verhältnisse hin. - Interessant ist das Verhalten der Stratosphäre: Während man im Sommer die bereits erläuterte Temperaturzunahme beobachtet, fällt die UV-bedingte Heizung im polaren Winter vollkommen aus. Die Temperaturinversion im Tropopausenniveau tritt nicht ein. Als Folge davon kann im Winter sehr kalte Luft aus der Stratosphäre in die Troposphäre absinken, wodurch eine Ausdünnung der Ozonschicht eintreten muss. Tatsächlich wurde in den Jahren 1992 und 1993 an der Station „G. v. Neumayer“ (Antarktika) ein signifikanter (Faktor 3) Anstieg der bodennahen Ozonkonzentration gemessen (WESSEL u.a. 1998). Dieser Effekt trägt sicher zur Erklärung des Zeitverhaltens des polaren Ozon-Lochs bei. 4. Die Dynamik der Atmosphäre 4.1. Physikalische Grundlagen 4.1.1. Kräfte auf Luft-„Körper“ Die Axiome und Erhaltungssätze der Mechanik gelten auch für die Bewegungen der Luft in der Atmosphäre, wobei einzelne Luftmassen (Luft-„Körper“) jedoch weder eine definierte Geometrie noch ein zeitlich konstantes Volumen haben. Deshalb werden Kräfte im allgemeinen auf die Volumeneinheit bezogen angegeben. Eine weitere Besonderheit bei der Behandlung von atmosphärischen Transportphänomenen ergibt sich aus den geometrischen Verhältnissen des Strömungsraumes: Die Höhe von Troposphäre und Stratosphäre zusammen genommen - das sind ca. 50 km - ist sehr klein im Vergleich mit der horizontalen Erstreckung globaler Druck- und Windfelder (Größenordnung 1000 km). Ausnahmen bilden z.B. lokale Aufwinde in Gewitterzellen oder Fallwinde im Gebirge oder in Kaltfronten. Es ist deswegen gerechtfertigt, sich auf eine zweidimensionale Behandlung zu beschränken. Wir werden die x-Koordinate breitenkreisparallel wählen und ostwärts positiv zählen; die y-Koordinate zeigt meridional zum Nordpol. Wo erforderlich, zeigt die z-Koordinate senkrecht nach oben (radial). Die Auftriebskraft resultiert aus dem Dichteunterschied zwischen lokaler Warmluft in einer kühleren Luftmasse: → → FA = (ρ w − ρ k ) ⋅ g . 21 (4.1) Sie zeigt nach oben (z-Richtung). Für tw = 30 °C (ρw = 1,16 kg⋅m-3) und tk = 10 °C (ρK = 1,25 kg⋅m-3) findet man FA = 1,88 N⋅m-3 und eine Beschleunigung von aA,Z = 0,08 g0. Diese starke Kraft wird sichtbar beim Aufquellen lokaler Wärmegewitter und insbesondere an den bis zur Stratosphäre reichenden Gewittertürmen im Bereich der ITC (Innertropical Convergence). Die Druckgradientkraft hat ihre Ursache in lateralen Druckunterschieden. Diese entstehen am Boden infolge aufsteigender Warmluft (Tiefdruck) bzw. absinkender Kaltluft (Hochdruck). In der Höhe kommt es zu einem Druckgefälle von einem Warmluft- zu einem benachbarten Kaltluftkörper, weil der Druck in warmer Luft mit zunehmender Höhe schwächer abnimmt als in kälterer Luft (barometrische Höhenformel). Nehmen wir an, dass der Luftdruck p in x-Richtung abnimmt, und betrachten wir einen Luft-Quader der Dicke ∆x mit den seitlichen Begrenzungsflächen A. Dann gilt für die Druckkraft FP: FP = FP(x) – FP(x + ∆x) = A (p(x) – p(x + ∆x)). dp dp ⋅ ∆x folgt daraus FP = − ⋅ A ⋅ ∆x und pro Volumenelement Mit p(x + ∆x) ≅ p(x) + dx dx FP dp =. (4.2) dx V Bei einem Druckgradienten von 30 hPa/1000 km ergäbe sich somit eine Druckkraft von nur 0,003 N/m3, die eine Beschleunigung entsprechend 1 dp aP = ⋅ (4.3) ρ dx von 0,002 ms-2 bzw. 0,0002 · g0 bewirkt. Die Corioliskraft (FC) ist eine Trägheitskraft, die man einführen muss, wenn man Bewegungen in der Atmosphäre aus einem erdgebunden - also mit der Erde rotierenden - Bezugssystem be→ schreiben will. Fliegt ein Körper mit der Bahngeschwindigkeit v , so wird er - von der rotierenden Erde aus beobachtet - durch die Kraft → → → FC = − 2 m ωE x v (4.4) → → abgelenkt. Diese Kraft steht auf den Vektoren ωE ( ωE = 2π/T = 7,29 ⋅ 10- 5 ⋅ s −1 ) und v senkrecht. Da wir nur horizontale Luftbewegungen beschreiben wollen, können wir nur die Geschwindigkeitskomponenten vx und vy beschränken und benötigen zur Berechnung von FC nach Gl. 4.4 → lediglich die senkrecht zur Erdoberfläche stehende Komponente von ω E . Für diese lesen wir aus Abb. 4.1 ab: ω┴ = ωE ⋅ sin ϕ, (4.5) Wobei ϕ die geographische Breite ist. ω E ω ω II E ϕ ω T Ä ϕ RE → Abb. 4.1: Zur Komponentenzerlegung von ω E Der Betrag der volumenbezogenen Corioliskraft lautet somit FC/V = 2 ⋅ ρ ⋅ v ⋅ ωE ⋅ sin ϕ. 22 (4.6) Die Größe f = 2 ⋅ ωE ⋅ sin ϕ wird als Coriolisparameter bezeichnet (ROEDEL, 2000). Für 50 °N und vW = 10 ms-1 ergibt sich FC/V = 0,0015 N ⋅ m-3 und eine Rechtsablenkung mit der Beschleunigung 0,001 ms-2 (10-4 ⋅ g0). Unmittelbare Auswirkung der Corioliskraft ist die Umwirbelung von Tief- und Hochdruckgebieten (Abb. 4.2): Zyklonal, d.h. entgegen dem Uhrzeigersinn, für Tiefdruckkerne und antizyklonal (im Uhrzeigersinn) für Hochdruckkerne in der Nordhemisphäre. Abb. 4.2: Zur Umwirbelung von Tief- und Hochdruckkernen (Nordhemisphäre) Die Corioliskraft ist also eine schwache, die Windrichtung ändernde Kraft, die sich in weiträumigen Windfeldern und Starkwindbereichen (Wirbelstürmen) spürbar auswirkt. Reibungskräfte treten in strömenden Gasen und Flüssigkeiten als Folge der Viskosität des Materials auf, wenn Materialschichten relativ zueinander verschoben werden müssen. Die notwendige Schubspannung ergibt sich nach dem Newton’schen Ansatz zu dv τx = − η x , (4.7) dz wobei η die dynamische Viskosität (für Luft von 20 °C: 1,8⋅10-5 Pa⋅s) ist. In Gl. 4.7 ist x die Richtung der Strömung (in der Atmosphäre die Windrichtung) und z die Höhe über einer ortsfesten Fläche (der Erdoberfläche in unserem Falle). In der Atmosphäre ist die Bodenreibung, die stark von der Rauhigkeit der Erdoberfläche (ebene Wiesenfläche, Buschwerk, Wald, Hochhäuser) abhängt, die Hauptursache der Reibung. Die Folge ist, dass die Luft an der Erdoberfläche quasi fixiert ist und die Windgeschwindigkeit mit zunehmender Höhe ansteigt (Abb. 4.3). Abb. 4.3: Mittleres vertikales Windprofil über Mitteleuropa (MALBERG, 1985) 23 Die Luftschicht, in der die Windgeschwindigkeit von dem für die freie Atmosphäre geltenden, von der Druckgradientkraft abhängenden Wert bis zum Erdboden auf Null abnimmt, nennt man planetare Grenzschicht. Sie erstreckt sich bis etwa 1000 m Höhe. In dieser Luftsäule erfolgt ein abwärts gerichteter, diffusionsartiger Transport von Impuls. Man stellt sich vor, dass an einer oben und unten durch die Fläche A begrenzten Luftschicht der Dicke ∆z Scherkräfte angreifen, deren Summe dτ (4.8) FR = τx(z + ∆z) ⋅ A + τx (z) ⋅ A = - x ⋅ A ⋅ ∆z dz ist. Die volumenbezogene Reibungskraft ergibt sich also zu dτ (4.9) FR/V = – x . dz Der Ansatz für die Schubspannung (Gl. 4.7) muss um den Koeffizienten K erweitert werden, der den Einfluss turbulenter Prozesse berücksichtigt (ROEDEL, 2000) und im Gegensatz zu η höhenund richtungsabhängig sein kann. Damit folgt schließlich: dv ⎞ d ⎛ (4.10) FR/V = ⎜ (K ⋅ρ + η) ⋅ x ⎟ . dz ⎝ dz ⎠ Diese Reibungskraft bewirkt also eine Abnahme der Windgeschwindigkeit mit Annäherung an die Erdoberfläche. Dies führt außerdem zu einer Verringerung der Corioliskraft (vgl. Gl. 4.6), woraus eine Änderung der Windrichtung resultiert (Kap. 4.1.2). → Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der Vektor der Gravitationsfeldstärke g infolge der Abplattung der Erde und der Breitenabhängigkeit der Zentrifugalkraft (FZ/V = ρ⋅v2/r) nicht überall zum Erdmittelpunkt zeigt. Für die Breiten- und Höhenabhängigkeit von g gilt: g (ϕ, z) = g0 (1 – 0,0026 ⋅ cos (2 ϕ)) (1 – 3,1 ⋅ 10-7 ⋅ z). (4.11) 4.1.2. Geostrophischer Wind Wind, der dem Druckgradienten folgend vom Hochdruck- zum Tiefdruckgebiet weht (Gradientwind), kann nur im äquatornahen Breitenbereich beobachtet werden, weil dort die Corioliskraft praktisch nicht wirkt. In den anderen (höheren) Breitenbereichen führt diese Kraft - wie unter 4.1.1. behandelt - zu einer Ablenkung der Windrichtung, in deren Endzustand ein isobarenparalleler Wind, der sog. geostrophische Wind, entsteht. Dieser Vorgang soll anhand der Abb. 4.4 in der die Verhältnisse für die Nordhemisphäre dargestellt sind, erläutert werden. Abb. 4.4: Zusammenspiel von Druck- und Corioliskraft (nach MALBERG, 1985) Der Ausgangszustand (a) zeigt die aus dem Isobarenfeld resultierende Druckkraft (nordwärts, yRichtung), einen in gleiche Richtung wehenden Wind und dazu senkrecht (in x-Richtung oder ostwärts) die Corioliskraft. Aus deren Existenz resultiert eine Beschleunigung (in x-Richtung), 24 die den Windvektor ostwärts dreht (b). Dieses Eindrehen der Windrichtung setzt sich fort, bis zwischen Druckkraft und Corioliskraft Gleichgewicht besteht (c). Dann ist der Zustand des geostrophischen Windes (isobarenparallel, in x-Richtung) erreicht. Abb. 4.5: Isobarenfeld am 21.09.04 für Europa (DWD) Abb. 4.5 zeigt das Isobarenfeld am 21.09.04 für Europa. Zwischen einem starken Hochdruckgebiet (1030 hPa) westlich der Biscaya und einem ausgedehnten Tiefdruckgebiet (980 hPa) über Südnorwegen ist ein vom Nordatlantik über etwa 2500 km bis nach Mitteleuropa reichender Windkanal paralleler Isobaren zu sehen. Der (geostrophische) Nordwestwind war mit einer deutlichen Abkühlung und Niederschlägen verbunden. Die Windgeschwindigkeit vg kann leicht berechnet werden. Es muss gelten → → FP + FC = 0. (4.12) Mit den Beziehungen (4.2) und (4.6) folgt vg = − ∆p 1 . ⋅ ∆x 2 ⋅ ρ ⋅ ωE ⋅ sin ϕ (4.13) Für das o.g. Beispiel sind einzusetzen: ∆p = 50 hPa, ∆x ≅ 2200 km, ωE= 7,29 ⋅ 10-5s-1, ρ = 1,3 kg ⋅ m-3 und ϕ ∼ 60o und man erhält vg = 13,8 m ⋅ s-1 = 50 km/h. Trifft ein geostrophisches Windfeld auf ein Gebiet mit erhöhter Bodenreibung, so wird es zwischen planetarer Grenzschicht und Erdoberfläche zunehmend abgebremst. Das führt höhenabhängig zugleich zur Abnahme der Corioliskraft, wodurch die Windrichtung zur Druckgradientrichtung hin dreht. Der Winkel zwischen geostrophischer und reibungsbeeinflusster Windrichtung nimmt von der freien Atmosphäre zum Boden hin in Abhängigkeit von der Rauhigkeit der Erdoberfläche zu. Dieser mit abnehmender Höhe anwachsende Winkel erreicht - über dem Ozean 15 bis 30°, - über ebenem Festland 25 bis 40° und - über Wald und bebautem Land 35 bis 50° (ROEDEL, 2000). Dieser Sachverhalt erlaubt es Ballonfahrern, ihre Bewegungsrichtung durch Wahl einer geeigneten Flughöhe ein wenig zu beeinflussen. Im Kap. 4.2.2. werden wir die Westwindgürtel der Erde als globale geostrophische Windfelder behandeln. 25 4.1.3. Thermischer Wind Zum thermischen Wind kommt es, wenn kalte Luft neben Warmluft liegt. Wie im Kap. 3 erläutert, nimmt der Luftdruck in kalter Luft mit zunehmender Höhe schneller ab als in der warmen Luft. Dieser Sachverhalt ist aus der Beziehung ML ⋅g dz , (4.14) dp = − p ⋅ R ⋅T die wir zur Ableitung der barometrischen Höhenformel benutzt haben, direkt ablesbar und an einem Beispiel in Abb. 4.6 graphisch dargestellt. Man erkennt, Abb. 4.6: Luftdruckabnahme bei zunehmender Höhe in „kalter“ und „warmer“ Luft dass sich ein mit zunehmender Höhe anwachsender Druckgradient ergibt, der in der Frontalzone (das ist eine Luftsäule zwischen der kalten und der warmen Luft) zu geneigten Isobaren führt. Der Druckgradient enthält also eine mit steigender Höhe stärker werdende Horizontalkomponente. Die Folge ist ein thermisch ausgelöster Gradientwind, dessen Geschwindigkeit mit der Höhe zunimmt - der thermische Wind. Regional, d.h. ohne Einwirkung der Corioliskraft, kann dies zu einer direkten thermischen Zirkulation (Abb. 4.7) führen. Ein Beispiel dafür ist die in einer Gewitterwolke bis in große Höhe aufquellende Warmluft, die dort von Kaltluft umgeben ist. Abb. 4.7: Direkte thermische Zirkulation ohne initialen Druckgradienten am Erdboden 26 In der Höhe wird eine Luftbewegung zur kalten Luft hin einsetzen, wodurch das Aufsteigen warmer Luft gefolgt von Luftdruckfall am Boden aufrecht erhalten und ein Absinken kalter Luft mit Druckanstieg am Boden ausgelöst wird. Vom Boden-Hoch unter der kalten Luft wird ein Gradientwind zum Tiefdruckgebiet unter der Warmluft ausgelöst werden. Ein an weiträumigen Luftmassengrenzen entstehender thermischer Wind unterliegt dem Einfluss der Corioliskraft, wodurch es zu einer geostrophischen Luftströmung kommt. z lt ka Frontalzone z) p( rm wa z z) p( y p0 x vx p0 Abb. 4.8: Thermischer geostrophischer Wind (Nordhemisphäre) Beispiele hierfür sind die Polarfront (Grenze zwischen Polarluft und mäßig warmer Luft der mittleren Breiten) und die Westwinddrift (Breitenbereich zwischen Subtropen und Polarregion). Zur Berechnung der Höhenabhängigkeit der Windgeschwindigkeit vom horizontalen Temperaturgradienten geht man von den Gleichungen (4.13) und (4.14) aus, wobei die Dichte ρ mit Hilfe der allgemeinen Gasgleichung ersetzt wird: ML ⋅ p = ρ ⋅ R ⋅ T . Man bekommt so die partiellen Ableitungen M⋅g⋅p ∂p =− R ⋅T ∂z (4.15) M ⋅f ⋅ p⋅ vx ∂p =− , ∂y R ⋅T (4.16) und wobei f der Coriolisparameter ist. Nach (ROEDEL, 2000) schreibt man zunächst für 1 ∂p ∂lnp ⋅ = p ∂z, y ∂z, y (4.17) und differenziert dann (4.15) nach y und (4.16) nach z. Weil dann links des Gleichheitszeichens gleiche Differentialquotienten stehen, müssen auch die rechten Seiten gleich sein. Man bekommt ∂ (v x /T) g ∂T =− ∂z f ⋅ T 2 ∂y (4.18) und setzt nun für T die mittlere Temperatur der Luftsäule Tm ein. Die so entstehende Differentialgleichung kann integriert werden: v x (z) = v x (0) − g ∂Tm ⋅ z. f ⋅ Tm ∂y (4.19) Da der Temperaturgradient ein negatives Vorzeichen hat, bekommt man eine (linear) mit der Höhe z ansteigende Windgeschwindigkeit. 27 4.2. Globale Zirkulationsmuster 4.2.1. Meridionaler Luftmassentransport Die Leistungsdichte der Insolation S hängt stark von der geographischen Breite und der Jahreszeit ab (Kap. 1.2., Abb. 1.4). Während die tropischen Regionen ganzjährig eine überdurchschnittliche Energiezustrahlung erfahren, fällt während des Winters die Sonneneinstrahlung in die Polargebiete vollkommen aus. Daraus abgeleitet ergibt sich für das System AtmosphäreErdoberfläche eine Strahlungsbilanz, die signifikant von der geographischen Breite abhängt (Abb. 4.9). Durch diese Strahlungsbilanz werden die Klimazonen der Erde (Tropen/Subtropen, gemäßigte Zone, Subpolar- u. Polarzone) geprägt. Abb. 4.9: Jahresmittel des Energiehaushaltes der Atmosphäre und seiner Komponenten in Abhängigkeit von der geographischen Breite (HÄCKEL, 1990) In den Tropen und Subtropen stellt sich eine positive Strahlungsbilanz mit einem Energieüberschuss von ca. 40 W/m2 ein, während die Energiebilanz der polaren Regionen stark negativ ausfällt. Die Folge davon sind meridional polwärts gerichtete Energieflüsse: Warme Meeresströmungen (z.B. Golfstrom), Warmluft und latente Wärme (Luftfeuchte). Der Energiehaushalt wird im Kapitel 5.3 näher untersucht. Diese Energieströme treiben eine meridionale Luftzirkulation an, deren breitenabhängiger Verlauf in einem Vertikalprofil der Troposphäre in Abb. 4.10 dargestellt ist. Abb. 4.10: Meridionale Zirkulation in der Troposphäre (nach PLEIß, 1977) S - Subtropenstrahlenstrom, H-Z – Hadley-Zelle, ITC - Innertropische Konvergenz Die wichtigsten Strömungsphänomene sind: - Aufsteigende feucht-warme Luft und Ausregnen in den Wolkentürmen der ITC 28 - Hadley-Zelle mit Subtropenstrahlstrom und - Polarfront mit Mittelbreitenzyklonen. Als Druckphänomene ergeben sich am Boden: - Tropische Tiefdruckgebiete in der ITC, - Hochdruckgebiete am Rand der Subtropen im Bereich absinkender trockener Luft der Hadley-Zirkulation, - Tiefdruckgebiete der mittleren Breiten, die an den Polarfronten generiert werden, und - Hochdruckgebiete in der absinkenden Kaltluft der Polargebiete. Wir wollen hier nur anmerken, dass die innertropische Konvergenzzone, die durch den äquatorwärts gerichteten Rückstrom der Hadley-Zelle (die Passatwinde) gebildet wird, in Abhängigkeit von der Jahreszeit vom Äquator abweicht; sie schwingt - über den Kontinenten besonders weitin die Sommerhemisphäre hinein. Die Geschwindigkeit im Zentrum der Subtropenstrahlströme kann näherungsweise durch Anwendung des Drehimpuls-Erhaltungssatzes berechnet werden (ROEDEL, 2000): Ein Luftpaket der Masse m, das am Äquator die Bahngeschwindigkeit der Erdoberfläche vÄ = ωE ⋅ RE = 450 ms-1 hat, werde durch die Hadley-Zirkulation nord (bzw. süd) -wärts versetzt. Dabei verringert sich sein Massenträgheitsmoment von m ⋅ RE2 auf m ⋅ r2(ϕ) mit r(ϕ) = RE ⋅ cos ϕ und seine Winkelgeschwindigkeit erhöht sich um v/r(ϕ). Die Drehimpulsbilanz lautet somit: ⎞ ⎛ v ⎟. L Äqu = m ⋅ R E 2 ⋅ ω E = L(ϕ) = m ⋅ R E 2 ⋅ cos2 ϕ ⋅ ⎜⎜ ω E + R E ⋅ cosϕ ⎟⎠ ⎝ (4.20) Daraus erhält man durch Auflösen v = ωE ⋅ R E ⋅ 1 − cos 2 ϕ . cos ϕ (4.21) Da die Hadley-Zirkulation bei etwa 30°N bzw. S infolge abnehmender Strahlungsenergie (Abb. 4.9) versiegt, ist in Gl. 4.21 für ϕ maximal 30° einzusetzen und man findet vmax = 130 ms-1. Die Geschwindigkeit der Subtropenstrahlströme, bei denen es sich um Starkwindfelder in etwa 10...15 km Höhe handelt, erreicht diesen berechneten Höchstwert i. allg. nicht. Wegen der Drehrichtung der Erde handelt es sich um Westwindfelder. Aus dem starken Absinken der Strahlungsbilanz im Bereich der mittleren Breiten (vgl. Abb. 4.9) ergibt sich eine deutliche Abnahme des Jahresmittels der Lufttemperatur, nämlich um etwa 18...21 K zwischen 30° und 60° geographischer Breite, also über eine Entfernung von ca. 3300 km. Das ergibt in unserer Koordinatenvereinbarung einen Temperaturgradienten von dT ≅ – 6 K/1000 km. Für diesen Breitenbereich resultiert ein globaler thermischer Wind, die dy mittlere Westwinddrift. Mit Hilfe von Gl. 4.19 berechnet man für einen mittleren Troposphärenbereich ( z = 5 km, TM = 238 K = – 25 °C) eine Windgeschwindigkeit von v = 12 ms-1. Auf diese Weise können die Westwindgürtel der Erde als thermische Windfelder verstanden werden. 4.2.2. Mittlere Druckverteilung und globale Windsysteme Die im vorigen Abschnitt besprochene meridionale Zirkulation der Troposphäre, die sich aus der Breitenabhängigkeit der Einstrahlung von Sonnenenergie ergibt, führt in der bodennahen Atmosphäre zu sich beständig reproduzierenden Druckgebilden und Windfeldern. Abb. 4.11 zeigt eine stark schematisierte Darstellung, aus der aber prinzipielle Erscheinungen ablesbar sind. Eine realistische Darstellung der mittleren Druck- und Windverhältnisse, die jahreszeitliche Einflüsse sowie die Land-Meer-Verteilung berücksichtigt, findet sich z.B. bei ROEDEL (ROEDEL, 2000, Abb. 4.13 und 4.14). 29 Abb. 4.11: Druckverteilungsmuster und laterale Windverhältnisse der bodennahen Troposphäre (FORKEL, 2004) Die wesentlichen Druck- und Windphänomene sind: - Absinkende (schwere) Kaltluft führt zu den polaren Hochdruckgebieten. Unter dem Einfluss der Corioliskraft entwickelt sich als geostrophischer Wind ein schwacher Ostwind. - Im Grenzbereich zwischen Polarluft und mäßig warmer Luft der mittleren Breiten befindet sich die Polarfront. Sie folgt der zungenartig ausfließenden Kaltluft. Entlang der Polarfront entwickeln sich fortwährend Zyklone. Sie bilden die subpolare Tiefdruckrinne. In der Höhe folgt der Polarfrontstrahlstrom der Polarfront als ein thermischer Wind (Westwind). - Die Frontensysteme der Tiefdruckgebiete driften eingebettet in die Westwindgürtel ostwärts. - Im Absinkbereich der Hadley-Zirkulation bilden sich am Boden Hochdruckzellen (subtropischer Hochdruckgürtel). In diesem Breitenbereich fällt kaum Niederschlag. Hier entstanden die ausgedehnten Wüstengebiete der Erde. - Der Rückstrom der Hadley-Zirkulation weht als schwacher Wind aus dem Breitenbereich der Subtropen-Hochs äquatorwärts. Unter dem Einfluss der Corioliskraft entstehen aus diesem Wind in der Nordhemisphäre die Nordost-Passate und in der Südhemisphäre die SüdostPassate. Wenn die ITC über Kontinenten in die Sommerhemisphäre hineindriftet, können Passatwinde den Äquator überschreiten. Weil dabei die Corioliskraft ihre Richtung ändert, muss folglich aus einem Südost-Passat der Südhalbkugel ein Südwest-Passat nördlich des Äquators werden (Beispiel: Sommermonsun in Indien). - Im Breitenbereich des Zusammenfließens der Passatwinde besteht entlang des Äquators die äquatoriale Tiefdruckrinne, in der ein schwacher Ostwind weht. Für die mit den Ostwinden der Subtropen/Tropen und der Polargebiete und dem Westwind der mittleren Breiten verbundenen Drehimpulse muss sich aus Gründen der Drehimpulserhaltung die Summe Null ergeben. Abschließend sollen die regelmäßig wiederkehrenden und stark ausgeprägten Druckgebilde genannt werden. Es sind dies in der Nordhemisphäre - das Azoren- und das Hawai-Hoch im subtropischen Hochdruckgürtel - das Island- und das Alëuten-Tief in der subpolaren Tiefdruckrinne sowie - das sibirische Kälte-Hoch im Winter im Wechsel mit dem südost-asiatischen Hitze-Tief über Tibet im Sommer. In der Südhemisphäre erzwingt der die Zirkulation in der Troposphäre steuernde Kontinent Antarktika sehr übersichtliche Verhältnisse. Man findet immer - das Kälte-Hoch über Antarktika - die zirkumantarktische Tiefdruckrinne und - den subtropischen Hochdruckgürtel. 30 4.3. Ausgewählte Phänomene der globalen Zirkulation 4.3.1. Fronten und Zyklone Zwischen polarer Kaltluft und mäßig warmer Luft der mittleren Breiten existiert erdumspannend eine Frontalzone (vgl. Abschnitt 4.1.3.), die mit dem zungenartigen Ausstoß von kalter Polarluft in den Westwindgürtel hinein driften kann. Entlang der Luftmassengrenze bildet sich die Polarfront (Abb. 4.12), in der sich ein mit steigender Höhe zunehmender thermischer Wind von der warmen zur kalten Luftmasse hin einstellt. Unter dem Einfluss der Corioliskraft entsteht Abb. 4.12: Frontalzonen einer Orkanwetterlage am 12.11.1972, links Polarfront und rechts Warmfront einer Zyklone (MALBERG, 1985) daraus ein geostrophischer thermischer Wind mit einem Starkwindfeld (St in Abb. 4.12) in der Höhe entlang der Frontalzone (Polarfront-Strahlstrom). Abb. 4.13 zeigt die mittlere geographische Lage von Subtropen- und Polarfront-Strahlstrom. Man erkennt, dass der Subtropenstrahlstrom, der aus der Hadley-Zirkulation resultiert, Abb. 4.13: Mittlere geographische Lage von Subtropen- und Polarfrontstrahlstrom (schraffiert) und dessen Geschwindigkeitsfeld (aus MALBERG, 1985) ein zonaler Starkwind bei etwa 30° geografischer Breite ist. Der Polarfrontstrahlstrom folgt polaren Kaltluftausstößen bis weit in die mittleren Breiten hinein und kann somit eine signifikante meridionale Komponente haben. 31 Zurück zu Abb. 4.12: Die Darstellung ist stark überhöht und suggeriert steil stehende Fronten. Tatsächlich ist die Frontalzone eine einige 10 km mächtige Grenzschicht, die sehr flach einfällt: Aus dem in Abb. 4.12 dargestellten Beispiel ist ein mittlerer Neigungswinkel von 0,5° entnehmbar. Zur Berechnung des Neigungswinkels sei auf (MALBERG, 1985, Kap. 6.3) verwiesen. Das Ausströmen kalter Luft aus den Polargebieten kann man als ein Abgleiten schwerer Kaltluft von den polaren Eiskappen verstehen. Küstenregionen Antarktikas, Grönlands, Alaskas und Ostsibiriens, an denen solche Kaltluftausstöße häufig stattfinden, bilden die sog. frontogenetischen Punkte. Das sind Gebiete, in denen immer wieder zyklonale Wirbel (Tiefdruckgebiete) generiert werden. Die Entstehung einer Zyklone beginnt mit dem Ausfließen kalter Luft aus der polaren Ostwindzone und dem polwärts gerichteten Rückfluss wärmerer Luft aus der Westwindzone (Abb. 4.14). Dadurch wird der Strömungsraum im West- bzw. Ostwindgebiet lokal eingeengt, was zur Zunahme der Windgeschwindigkeit in diesen Gebieten führt. Abb. 4.14: Zur Entstehung einer Zyklone (fP –frontogenetischer Punkt) Aus der Bernoulligleichung ergibt sich, dass deshalb der statische Druck unmittelbar vor der Kaltluftzunge absinken muss, wodurch sich die zyklonale Umströmung des frontogenetischen Gebietes verstärkt. Die Zyklone beginnt ihren Lebenslauf (Abb. 4.15). Er ist gekennzeichnet Abb. 4.15: Lebenslauf einer Zyklone durch einen zyklonalen Wirbel, der an seiner Westseite Kaltluft süd- und südostwärts lenkt, während die Warmfront Luft aus den mittleren Breiten nordostwärts (jeweils in der Nordhemisphäre) transportiert. Die Zyklone bewegt sich mit der Westwinddrift der mittleren Breiten ostwärts. An der Warmfront bilden sich ausgedehnte Niederschlagsgebiete aus, weil die warme (und feuchte) Luft auf kalte Luft aufgleiten muss, wobei sie sich einerseits abkühlt, was zur Wolkenbildung mit Ausregnen führt, und andererseits an kinetischer Energie verliert. Diese Front läuft langsamer als die Kaltfront, an der sich kalte Luft unter Warmluft schiebt. Die Windgeschwindigkeit nimmt in der Kaltluft mit der Höhe zu. Das führt zu starker Labilität im Frontbereich. Schnell strömende Kaltluft stürzt aus der Höhe in die warme Luft hinein, wodurch die Wanderungsgeschwindigkeit der Kaltfront am Boden ansteigt. Daneben löst das Aufquellen feuchtwarmer Luft im Frontbereich hochreichende Wolken (Cumulonimbus) mit Starkniederschlägen und Gewittern aus. Letztlich erreicht die Kaltfront die langsamere Warmfront, es kommt zur Okklusion und die Zyklone erlischt. Abb. 4.16 stellt typische Wettererscheinungen dar, die man beim Durchzug einer Warmfront und der nachfolgenden Kaltfront beobachten kann. 32 Abb. 4.16: Wettererscheinungen beim Durchzug von Warm- und Kaltfront (aus HAECKEL, 1990) Diese an der Polarfront generierten Zyklone bilden die rund um Antarktika besonders signifikant ausgebildete subpolare Tiefdruckrinne und bestimmen den Wetterablauf bis in die mittleren Breiten hinein. 4.3.2. Vorticity und Wellen Im Abschnitt 4.1 haben wir gesehen, dass es bei der in horizontale Windfelder eingebetteten Umströmung von Hoch- und Tiefdruckkernen unter dem Einfluss der Horizontalkomponente der Corioliskraft zur Bildung weiträumiger Wirbelfelder kommt, deren eindrucksvollste Ausprägung man beim tropischen Wirbelsturm beobachten kann. Zur Wirbelbildung kann es auch kommen, wenn es beim Vordringen von Höhenkaltluft über Warmluft zu starken horizontalen Scherungen der Windgeschwindigkeit kommt (Bildung von Tornados). Beschränkt man sich auf Wirbel mit vertikaler Achse (z-Richtung), so ist die Wirbelstärke (engl. Vorticity) gleich der z-Komponente des Rotors der Geschwindigkeit: → ζ = rotz v bzw. ζ= ∂v y ∂x − (4.22) ∂v x . ∂y (4.23) Sie ergibt sich aus der Zirkulation (Z) → → Z = ∫ v ⋅ ds (4.24) und der vom geschlossenen Weg in dieser Beziehung umgrenzten Fläche (ROEDEL, 2000). Für einen starr rotierenden, vertikalen Zylinder erhält man Z mit v = ω ⋅ R zu 2π Z = ∫ v ⋅ ds = ∫ v ⋅ r ⋅ dϕ = 2πω ⋅ r 2 . (4.25) 0 Diese Größe ist dem Drehimpuls (Lz = 1/2⋅ m ⋅ r2 ⋅ω) verwandt und seine Vorticity ergibt sich aus ζ = Z/πr2 zu ζ = 2 ⋅ ω. Im Unterschied zur Rotation eines starren Zylinders nimmt die Windgeschwindigkeit von der Achse des Luftwirbels bis zum Rand des Wirbelkerns zu und außerhalb des Kerns allmählich auf Null ab (Abb. 4.17). 33 Abb. 4.17: Geschwindigkeitsverteilung in einem Wirbel Ähnlich der Drehimpulserhaltung gibt es den Satz von der Erhaltung der Vorticity. Er besagt, dass die Summe aus der auf die Erdoberfläche bezogenen Wirbelstärke einer Luftströmung und dem durch die Erddrehung verursachten Rotationsanteil 2 · ω⊥(ϕ) = 2 ωE ⋅ sinϕ = f (Coriolisparameter) konstant bleiben muss (Gesamtwirbelstärke η): η = ζ + f = const. (4.26) Hieraus resultiert die Entstehung parallel zur Erdoberfläche laufender, nord- und südwärts ausschwingender Wellen (Rossby-Wellen). Dazu betrachten wir eine in die Westwinddrift eingebettete Abfolge von Zyklonen und Antizyklonen (Abb. 4.18). Zwischen den Druckgebilden entsteht geostrophischer Wind, der alternierend nord- bzw. südwärts weht. Die Front (Doppelband in Abb. 4.18) erhält dadurch einen wellenartigen Verlauf. Die Addition des Westwindfeldes bewirkt eine Beschleunigung der Kaltfront und Abb. 4.18: Umströmung von Hoch- und Tiefdruckkernen und Wellenfront (oben) und deren Einbettung in die Westwinddrift (unten), aus (ROEDEL 2000) der für Zyklone typische Frontenverlauf stellt sich ein. Zur Berechnung der Welle wählen wir (für die Nordhemisphäre) ein Koordinatensystem, in dem die x-Achse zonal nach Osten und die y-Koordinate meridional nach Norden zeigt (Abb. 4.19). 34 Eine initiale Westwindströmung möge durch ein großes Hindernis (Ural, Kamtschatka, Rocky Mountains, Grönland, Island) südwärts abgelenkt werden. y N vy W ϕ 4 S 1 3 1 O 2 vy vy x λ Abb. 4.19: Entstehung einer Rossbywelle (Erläuterung im Text) Aus der Forderung nach Konstanz der Gesamtvorticity (Gl. 4.26) ergibt sich, wenn man beachtet, dass der Coriolisparameter nur von der Breite ϕ (also von y) abhängt: df ! dy dζ df dζ df dy dζ = + = + ⋅ = + v ⋅ =0 y dy dt dt dt dt dy dt dt (4.27) Mit f = 2 ⋅ ωE ⋅ sinϕ und tanϕ = y/RE ≈ ϕ folgt 1 df df dϕ = ⋅ = 2 ⋅ ω E cosϕ ⋅ RE dy dϕ dy und somit muss gelten: (4.28) 2 ⋅ ω E cos ϕ dζ =− ⋅vy . dt RE (4.29) Dieses Resultat soll anhand der Abbildung 4.19 diskutiert werden: Im Punkt 1 besteht eine südostwärts gerichtete Strömung, vy hat ein negatives Vorzeichen und aus Gl. 4.29 ergibt sich eine Zunahme der Vorticity. Die Strömung dreht zyklonal (entgegen dem Uhrzeigersinn), wobei die Vorticity bis zum Punkt 2 zunimmt. Hier wechselt das Vorzeichen von vy, denn die Strömung schwenkt nordostwärts. Die Vorticity nimmt ab und erreicht im Punkt 3 einen negativen Wert. Die Strömung beginnt im Uhrzeigersinn (antizyklonal) zu drehen, bis im Punkt 1 der Ausgangszustand wieder erreicht ist und der gesamte Zyklus sich wiederholt. Für eine quasistationäre, in die Grundströmung (v0 = vx) eingelagerte Welle kann man schreiben x⎞ ⎛ v y = v y,M ⋅ sin ⎜ - 2π ⋅ ⎟ . λ⎠ ⎝ (4.30) Die Berechnung der Wellenlänge λ (siehe ROEDEL, 2000, Abschnitt 4.2.) ergibt λ =2π⋅ v0 ⋅ R E 2 ⋅ ω E ⋅ cos ϕ . (4.31) Mit RE ≅ 6300 km, v0 = 10 ms-1, ωE =7,2 ⋅ 10-5 s-1 und ϕ = 60° errechnet man λ ≅ 5900 km. Auf dem Breitenkreis 60°, dessen Länge knapp 20000 km beträgt, können sich also nur 3 derartige Wellen ausbilden. 35 5. Der Energiehaushalt der Atmosphäre 5.1. Wirkungen der solaren Einstrahlung Das Spektrum der Sonnenstrahlung entspricht etwa der Emission eines schwarzen Strahlers bei einer Temperatur von ca. 6000 K (Abb. 4.1, Kurve 1). Die Energieflussdichte beträgt am Ort der Erdbahn 1370 W/m2. Das Wellenlängenspektrum reicht von UV-Strahlung (100 nm...390 nm, Anteil 8 %) über das sichtbare Licht (390 nm...770 nm, Anteil 56 %) bis zu Wärmestrahlung (Anteil 36%). Abb. 5.1: Veränderungen im Sonnenspektrum infolge Wechselwirkung mit der Atmosphäre (MALBERG, 1985) Kurve 2 zeigt die Schwächung der solaren Einstrahlung im kurzwelligen Bereich (UVC, 100...280 nm), die infolge der Wechselwirkung mit Sauerstoffmolekülen eintritt. Diese können durch hochenergetische UV-Quanten (λ < 242 nm) zu Sauerstoffradikalen aufgespalten werden: O2 + UVC → O + O + Ekin (5.1) Die überschüssige Photoenergie wird zunächst als kinetische Energie auf die Radikale übertragen und führt über Stoßprozesse schließlich zur Erhöhung der mittleren Geschwindigkeit der Luftmoleküle, was einer Temperaturzunahme entspricht. So entsteht das Heizstockwerk in der unteren Stratosphäre. Die Sauerstoffradikale können sich u.a. mit Sauerstoff-Molekülen zu Ozon verbinden: O2 + O → O3 + Ekin (5.2) Auch bei dieser Reaktion wird Energie an die Moleküle der Stratosphäre abgegeben. Ozon ist weniger stabil als das O2-Molekül; seine Absorptionsbanden liegen bei 220...290 nm, 300...350 nm und 550...650 nm. Es kann folglich Sonnenenergie im Wellenlängenbereich des UVC und des UVB (280...320 nm) und im Bereich des sichtbaren Lichtes um 600 nm aufnehmen, wobei es zur Ozonspaltung kommt: O3 → O2 + O + Ekin.. (5.3) In Abhängigkeit vom UV-Photonenstrom und vom Sauerstoffgehalt der Atmosphäre ergibt sich in der unteren Stratosphäre eine Ozon-Gleichgewichtskonzentration. Sie beträgt etwa 300 Dobson-Einheiten (D.E.) und entspricht einer Säulenhöhe von 3 mm. Infolge der Absorption von UV-Energie steigt die Temperatur der Stratosphäre von etwa –70 °C im Tropopausenniveau auf etwa 0 °C in 50 km Höhe (Stratopause) an. Gegenwärtig wird über den Polarregionen während des Winters ein Absinken des Ozongehaltes („Ozonloch“) beobachtet (Abb. 5.2). Das bedeutet ein Nachlassen der Schutzfunktion der Atmosphäre insbesondere 36 Ozongehalt (Dobson Einheiten) 450 350 250 150 50 1950 1970 Jahr 1990 2010 Abb. 5 .2: Abnahme des Ozongehaltes über der Halley Bay, Antarktika, jeweils im Oktober (nach SHANKLIN, 2001) gegenüber der UVB-Komponente. Wir kommen später darauf zurück. Kurve 3 weicht im sichtbaren Bereich deutlich von den Kurven 1 und 2 ab. Ursache ist die Rayleigh-Streuung des Lichtes an den Luftmolekülen. Sonnenstrahlen werden dabei in alle Raumrichtungen gestreut und regen Moleküle an, die ihrerseits in alle Raumrichtungen strahlen können. Der Effekt hängt in der vierten Potenz von der Frequenz ab. Sichtbare Folge ist das blaue Himmelslicht. In Gebieten mit besonders sauberer Luft beobachtet man einen tiefblauen Himmel (z.B. in den Polargebieten). Für die Energiebilanz ist bedeutsam, dass ein Teil des gestreuten Lichtes die Erde wieder verlässt und so zur Albedo der Erde beiträgt. In der Troposphäre tritt ein weiterer Streueffekt ein: Die Mie-Streuung an Wassermolekülen und feinen Staubteilchen. Sie betrifft den gesamten sichtbaren und infraroten Teil des Lichtspektrums (Kurve 4) und trägt wie die Rayleigh-Streuung zur Albedo bei. Sichtbare Folge ist das Verblassen des Himmelsblaus in Gebieten mit feuchter und verunreinigter Luft. Kurve 5 zeigt die Auswirkung der Infrarotabsorption an Wasserdampf, wodurch Sonnenenergie in die Troposphäre eingespeist wird. Aus Abb. 5.1 ist die Auswirkung der Bewölkung des Himmels auf die Insolation an der Erdoberfläche nicht zu entnehmen. Dieser Effekt ist aber für die Energiebilanz und Temperatur an der Erdoberfläche bedeutsam. Abhängig von ihrer lateralen Ausdehnung und Mächtigkeit reflektieren Wolken 50...80 % des auftreffenden Lichtes (MALBERG, 1985). Das ist sehr viel im Vergleich zum mittleren Reflexionsvermögen der Erdoberfläche (ca. 4 %). Beide Einflüsse verstärken die planetare Albedo. 37 Abb. 5.3: Verteilung der über den Tag gemittelten Insolation auf Atmosphäre, Erdoberfläche und Albedo Eine Bilanz der solaren Einstrahlung zeigt Abb. 5.3. ROEDEL (2000) diskutiert die Befunde neuerer Untersuchungen (CESS et al., 1995), wonach die Wolken deutlich mehr Energie (40 W/m2 statt 15 W/m2) absorbieren als bislang angenommen. Sollten sich diese Werte bestätigen, müsste die Wärmezufuhr zur Atmosphäre von 19 auf 26 % der solaren Einstrahlung korrigiert und der an der Erdoberfläche absorbierte Anteil von 51 auf 44 % (ca. 150 W/m2) abgesenkt werden. Das Spektrum der am Erdboden ankommenden Strahlung enthält 4 % ultraviolettes, 40 % sichtbares und 56 % infrarotes Licht (MALBERG, 1985). Die tatsächlich am Boden ankommende Strahlungsleistung SB hängt von der geographischen Breite ab und variiert zudem jahreszeitlich (Lambertsches Gesetz, Gl. 1.1), wie Abb. 5.4 zeigt. Abb. 5.4: Breitenabhängigkeit der am Erdboden im Tagesmittel absorbierten Strahlungsleistung für die Nordhemisphäre (ROEDEL, 2000) Hieraus resultiert der Antrieb für die meridionale Zirkulation der Troposphäre, die während des Frühjahrs und Sommers besonders stark ausgeprägt ist und Wärmeenergie (fühlbare und latente) aus den Tropen polwärts transportiert. 38 Die stärkste Variabilität der am Erdboden auftreffenden Strahlungsleistung ergibt sich freilich zwischen Tag und Nacht. In den subtropischen Wüstenregionen kann die mittägliche Insolation zu Sommerbeginn (senkrechter Strahlungseinfall) unter Beachtung einer zusätzlichen Wüstenalbedo (Aw) von ca. 25 % (ROEDEL, 2000) also durchaus (1 – A – Aw) ⋅ S0 = 0,45 ⋅ S0 = 615 W/m2E betragen. Die zugehörige Strahlungstemperatur ergibt sich aus Gl. 1.5 zu + 50 °C. 5.2. Die terrestrische Ausstrahlung Infolge ihrer mittleren Oberflächentemperatur von 288 K (= 15 °C) strahlt die Erde Wärme ab. Entsprechend dem Planck’schen Strahlungsgesetz ergibt sich die intensivste Abstrahlung bei 10 µm (Gl. 1.4): Die Erde ist also ein Infrarotstrahler mit der spektralen Verteilung eines „schwarzen“ Körpers. Der Hauptanteil der emittierten Infrarotenergie wird von der Erdatmosphäre zunächst gespeichert. Ursache sind die enthaltenen mehratomigen Spurengase, die durch Infrarotabsorption zu Molekülschwingungen angeregt werden. Die wichtigsten dieser Gase sind H2O-Dampf, CO2, N2O, CH4, CO und O3. Sie haben breite Absorptionsbanden im Wellenlängenbereich zwischen 2 µm und 20 µm (Abb. 5.5), so dass die Atmosphäre, genauer die wasserdampfhaltige untere Tro- Abb. 5.5: Spektren der solaren Einstrahlung und der terrestrischen Abstrahlung und Absorptionsbanden atmosphärischer Spurengase (nach BAKAN und RASCHKE, 2002) posphäre, im Infraroten undurchsichtig ist. Lediglich zwischen 7,5 µm und 13 µm existiert ein für infrarotes Licht durchlässiges „Fenster“; untergeordnete Lücken sind bei 4 µm und auch bei 18 µm erkennbar. Die vom Satelliten aus gemessene Infrarot-Strahlungsleistung der Atmosphäre und des Erdbodens ist abhängig von der geographischen Breite und der Wolkenbedeckung. Sie variiert nach Satellitenmessungen zwischen 150 W/m2 in den polaren Regionen und 300 W/m2 in den Tropen (MALBERG, 1995). Abb. 5.6 zeigt 3 vom Satelliten aus gemessene Emissionsspektren (Westsahara, Mittelmeer, Ostantarktis) sowie Planck‘sche Strahlungskurven für geeignet gewählte Temperaturen. Das über der Westsahara aufgenommene Spektrum (Kurve a) zeigt im IR-Fenster zwischen 8 und 13 µm 39 Abb. 5.6: IR-Emissionsspektren der Erde (nach HANEL et al., 1972) eine intensive Wärmestrahlung, die vom Erdboden (T = 310...320 K, ca. 40 °C) ausgeht. Die zugehörige Strahlungsleistung muss ca. 560 W/mE2 betragen. Daneben erkennt man eine vom Wasserdampf emittierte Strahlungsbande (20...25 µm). Die zugehörige Temperatur von 260...280 K liegt um etwa 45 K unter der Temperatur des Erdbodens. Die strahlende Wasserdampfschicht muss sich (trockenadiabatisch gerechnet) also mindestens in einer Höhe von 4500 m befinden. Die Strahlungsbande des CO2 bei 15 µm zeigt ein Temperaturniveau von 220 K an und entspricht einer Höhenlage des strahlenden CO2 von rund 10 Kilometern. Analog zeigt das über dem Mittelmeergebiet gemessene Spektrum eine Oberflächentemperatur von 280...290 K (ca. 15 °C) und eine Strahlungstemperatur des CO2 von 220 K an (Kurve b). Über Ost-Antarktika empfängt das IR-Spektrometer die Strahlung einer kalten (–80 °C) Schneeoberfläche (Kurve c), während im Bereich der CO2-Bande eine etwas höhere Temperatur (210 K entspr. – 60 °C) beobachtet wird, was auf eine Temperaturinversion in der antarktischen Troposphäre schließen lässt. Damit ist belegt, dass Wärme in trockener (und wolkenfreier) Luft vom Erdboden aus im IRFenster um 10 µm abgestrahlt werden kann. Sonst wird Wärmeenergie advektiv als fühlbare Wärme sowie als latente Wärme lateral und vertikal transportiert. Eine Energie-Abstrahlung ist erst unter den Druckverhältnissen der oberen Troposphäre möglich. Die Atmosphäre ist als Energiespeicher zu betrachten, in dem der Wasserdampf eine wichtige Rolle als Transportmedium spielt. Allein als latente Wärme sind im Wasserdampf der Troposphäre (mW = 1,3 ⋅ 1016 kg) etwa 3 ⋅ 1022 J gespeichert. Das entspricht der innerhalb von 3 Tagen in die Atmosphäre eingestrahlten Sonnenenergie oder aber dem 70-fachen der von der Menschheit gegenwärtig pro Jahr umgesetzten Energie (14 TW). Abschließend soll nochmals auf den starken Einfluss der Bewölkung auf den Strahlungshaushalt der Troposphäre hingewiesen werden. Tiefliegende und mächtige Schichtwolken (Stratus, Nim40 bostratus) können das IR-Fenster (um 10 µm) verschließen, denn ihre IR-Durchlässigkeit beträgt nur 1...4 % (ROEDEL, 2000). 5.3. Energiebilanz im System Atmosphäre - Erdoberfläche 5.3.1. Strahlungsbilanz und Treibhauseffekt Die mittlere Leistungsdichte der solaren Ausstrahlung lässt sich mit Hilfe der Beziehung von Stefan und Boltzmann (Gl. 1.5) aus der Oberflächentemperatur der Sonne (5800 K) ableiten (vgl. Kap. 1.2.). Auf einer Kugeloberfläche mit dem Radius der Erdbahn (ca. 150 Mio. km) ergibt sich eine eingestrahlte Leistungsdichte von 1368 W/m2. Für die Venus- bzw. die Marsbahn (Radien ca. 108 Mio. km bzw. 228 Mio. km) ergäben sich 2,63 kW/m2 und 0,6 kW/m2. Infolge der Eigenrotation der Planeten verdünnt sich die so berechnete Leistungsdichte auf jeweils ein Viertel. Man erhält für die Venus 658 W/m2, für die Erde 342 W/m2 und für den Mars 148 W/m2. Überträgt man modellhaft die Verhältnisse eines Hohlraumstrahlers, so kann man diesen Leistungsdichten Gleichgewichtstemperaturen zuordnen (Gl. 1.5). Ohne Berücksichtigung der Albedo ergäben sich Temperaturen von 328 K (Venus), 279 K (Erde) und 148 K (Mars). Für die Erde wird nun eine planetare Albedo von 31 % (BAKAN und RASCHKE, 2002) angesetzt und damit die Insolation auf 235 W/mE2 herabgerechnet. Dieser Wert mittelt über die gesamte Erdoberfläche, über den Tag-Nacht-Wechsel und über die jahreszeitliche Variation der Einstrahlung. Aus dieser Einstrahlungsdichte ergibt sich die Strahlungsgleichgewichts-Temperatur von TStr. ≅ 255 K (– 18 °C). Die Diskrepanz zur mittleren Temperatur der bodennahen Luft (der Erde), die + 15 °C (288 K) beträgt, wird durch Einführung des Treibhauseffektes behoben, welcher auf die Wirkung der infrarotaktivierbaren Gase der Atmosphäre, der sog. Treibhausgase, zurückgeführt wird. Dieser natürliche Treibhauseffekt von 33 K wird begründet mit einer von thermisch angeregten Gasmolekülen ausgelösten Gegenstrahlung aus der Troposphäre zur Erdoberfläche (Abb. 5.7). Die aus den Wärmeflüssen ableitbaren Bilanzen sind offenbar richtig: Abb. 5.7: Wärmeflüsse (in W/m2) im System Erdoberfläche - Troposphäre einschließlich Gegenstrahlung (⇓) nach (ROEDEL, 2000). In die Erdoberfläche gehen 66 W/m2 hinein und genau so hoch ist die Nettoabstrahlung; das gleiche gilt für die Troposphäre (plus untere Stratosphäre) mit jeweils 235 W/m2. Als Strahlungstemperatur der Troposphäre findet man (mit Gl. 1.5) 255 K, die oben gefundene Strahlungsgleichgewichtstemperatur am Ort der Erdbahn. Die zugehörige Wellenlänge (Gl. 1.4) von 11,4 µm kann durch das IR-Fenster der Atmosphäre abgestrahlt werden. Die Erdoberfläche strahlt bei (genau) 288 K mit einer Wellenlänge von 10 µm, für die es in der Atmosphäre keinen Absorber gibt. Diese Strahlung würde durch das IR-Fenster ebenso ins Weltall entweichen. Es ist nicht zu begründen, dass trotz des (angenommenen) permanenten Wärmeaustausches zwi41 schen Erdboden und Troposphäre das System nicht in ein Temperaturgleichgewicht einmündet. Dieses eindimensionale Atmosphäre-Erdoberfläche-Modell ist offenbar fehlerhaft. Es kann also auch nicht zum Nachweis eines weit verbreitet angenommenen anthropogenen Treibhauseffektes herangezogen werden. Die Vorstellung Kondratyevs (KONDRATYEV, 1969) und vieler anderer Wissenschaftler, wonach infrarotaktivierbare Gase thermische Energie im Bereich ihrer Absorptionsbanden aufnehmen können und diese Schwingungsenergie über Stöße an die umgebenden Luftmoleküle abgeben, ist sicher richtig. Kondratyev hat, um den Treibhauseffekt zu fundieren, eben diese 33 K auf die IR-aktivierbaren Gase entsprechend ihrer Absorptionsbanden und Konzentration „aufgeteilt“. Wolken sind in seiner Theorie überhaupt nicht enthalten. Zurück zum „Gegenstrahlungsmodell“ (Abb. 5.7): Würde man die Troposphäre als isolierte Box betrachten, die eine mittlere Temperatur von 255 K hat, so ergäbe sich ein Wärmefluss von 235 W/m2. Dieser Wärmestrom wird letztlich - im Höhenbereich sehr geringer Gasdichte - abgestrahlt. Da die Temperatur in feuchter Luft mit einem Gradienten von etwa 0,7 K/100 m mit zunehmender Höhe absinkt, ist dieser Wärmefluss von unten nach oben gerichtet: Die Heizung der Troposphäre erfolgt von der Erdoberfläche aus. Als Gegenbeispiel sei auf den in klaren und windstillen Nächten auftretenden sog. Strahlungsfrost am Boden verwiesen, der eintreten kann, obwohl die Lufttemperatur noch über 0 °C liegt. Schließlich enthält das Modell eine grobe Willkür: Man braucht nur Abstrahlung der Erdoberfläche und die Gegenstrahlung um jeweils gleiche Beträge zu ändern, um eine gewünschte Temperatur der Erdoberfläche und der bodennahen Luft (oberhalb von 185 K =ˆ 66 W/m2 Nettowärmeabgabe des Erdbodens) „einzustellen“. 5.3.2. Weiterführende Überlegungen Wir haben gesehen, dass das eindimensionale Energiefluss-Bilanzmodell des Systems Atmosphäre-Erdoberfläche die dreidimensional und in mehrfachen Zeitabhängigkeiten ablaufenden Vorgänge im Klimasystem der Erde nicht beschreiben kann. Man benötigt ein dreidimensionales Abbild des Klimasystems, das - die solare Einstrahlung als zeitabhängige Größe (Tag-Nacht-Ablauf, jahreszeitlicher Verlauf) in ihrer Breitenabhängigkeit, die Land-Meer-Verteilung (incl. Albedo), die Wolkenverteilung (incl. Zeitabhängigkeit) und das meridionale Transportverhalten der Troposphäre adäquat wiedergibt (Abb. 5.8). Abb. 5.8: Energieflüsse im System Atmosphäre (A) – Erdoberfläche (E) Entscheidend für die sich einstellende Temperaturverteilung wird - die Breitenabhängigkeit der Strahlungsbilanz (Abb. 5.9), 42 - das Wärmespeichervermögen beteiligter Teilreservoire (Abb. 5.10) und der zirkulationsbedingt polwärts gerichtete Wärmetransport (Abb. 5.11) sein. Abb. 5.9: Strahlungsbilanz des Systems Atmosphäre/Erdoberfläche; gestrichelt: Jahresmittelwert (ROEDEL, 2000) Abb. 5.10: Zusammenhang zwischen täglicher Ein- und Ausstrahlung und dem Temperaturgang (THÜNE, 1998) Abb. 5.11: Meridionale Energieflüsse in der Atmosphäre (ROEDEL, 2000) Grundvoraussetzung für die Herausbildung des Klimas der Erde ist die Existenz von Atmosphäre und Hydrosphäre, insbesondere das Wechselspiel zwischen Ozean und Troposphäre. Während sich die Strahlungsgleichgewichtstemperatur der Atmosphäre modellhaft aus Insolation und Al43 bedo der Atmosphäre nach Stefan und Boltzmann berechnen lässt, hängt die Temperatur der bodennahen Luft stark von der Masse der Atmosphäre (mAt = 5,25 ⋅ 1018 kg), der Größe der Erdoberfläche (OE = 5,08 ⋅ 1014 m2) und der Stärke des Gravitationsfeldes der Erde (g = 9,81 ms-2) ab. Die daraus abgeleiteten Parameter der Atmosphäre sind der Luftdruck an der Erdoberfläche (p0) und die Skalenhöhe (z0) der Atmosphäre, für die gilt: p0 = m At ⋅ g = 101 kPa = 1,01 bar . OE (5.4) z0 = m At = 7,99km, O E ρ0 (5.5) und wobei sich die Dichte der Luft am Erdboden aus der Molmasse von Luft (0,029 kg/mol) und dem Molvolumen idealer Gase (0,0224 m3/mol) zu 1,29 kg/m3 errechnet. So würde die Verdopplung der Masse der Atmosphäre zu einer Temperaturzunahme von ca. 35 K (THIEME, 2000) führen. Bedeutsam für weitere Überlegungen zur Temperatur der erdbodennahen Luft sind adiabatische Vorgänge, die infolge von Hebungen bzw. Senkungen von Luftpaketen im Schwerefeld der Erde neben Druckänderungen auch Abkühlungen bzw. Erwärmungen zur Folge haben. 5.3.3. Praktikable Ansätze Die von der Strahlungs-Gleichgewichtstemperatur (TS) der Atmosphäre abweichende globale gemittelte Temperatur der bodennahen Luft (T0) ist eine Schlüsselgröße der Klimaforschung. Es soll nachfolgend gezeigt werden, wie man die Strahlungs- und Temperaturniveaus der Troposphäre auf der Grundlage satellitengemessener IR-Emissionsspektren der Erde und thermodynamischer Überlegungen verstehen kann. Den in Abb. 5.6 dargestellten Emissionsspektren ist im Wellenlängenbereich des Infrarotfensters das Temperaturstrahlungsniveau der bodennahen Luft bzw. des Erdbodens zu entnehmen. Für die Westsahara findet man 310...320 K (40...50 °C), über Antarktika erkennt man eine schwache Ausstrahlung bei ca. 190 K (– 80 °C) und über dem Mittelmeer wurde eine kräftige Ausstrahlung gemessen, die zu einer Planck-Temperatur von 280...290 K (um 15 °C) gehört (HANEL et al., 1972, THIEME, 2000). Man „sieht“ also im IR-Fenster um 10 µm die Strahlungstemperatur der Erdoberfläche. Daneben befindet sich jenseits von 15 µm ein vom Wasserdampf der Troposphäre emittiertes Spektrum, das über der Sahara zu einer Strahlungstemperatur von 280 K gehört. Dieser Wert liegt um 30...40 K unterhalb der Temperatur des Erdbodens. Folglich entstammt dieses Strahlungsniveau, mit 0,7 K/100 m Temperaturabnahme gerechnet, einer Luftschicht in ca. 5000 m Höhe. Über dem Mittelmeer ist dieses H2O-Dampfspektrum ebenfalls gemessen worden (THIEME, 2000). Seine Emissionstemperatur von 255 K liegt um 30 K unter der Strahlungstemperatur der Erdoberfläche, woraus ebenfalls auf eine Höhenlage der emittierenden Feuchtschicht um 4000 m zu schließen ist. Das schwache H2O-Dampf-Spektrum über Antarktika gehört zu einer Temperatur von etwa 200 K, die ein wenig über der Temperatur der Schneeoberfläche liegt. Daraus ist auf eine Temperaturinversion zu schließen. Interessant sind auch die Strahlungsgleichgewichtstemperaturen der CO2-Bande bei 15 µm. Sie liegt jeweils bei 220 K (Tropopausenniveau, ROEDEL, 2000, Abb. 2.7) und es bestätigt sich, dass infrarotaktivierbare Gase erst im Höhenbereich mit geringer Gasdichte zu strahlen beginnen. Die IR-Emissionsbefunde sind in Tabelle 5.1 zusammengestellt. Tabelle 5.1: Strahlungsniveau S der Troposphäre 44 Ebene Tropopause Wolken Erdoberfläche Strahler IR-Gase H2O-Dampf Gestein Höhenlage/m 10000 4500 0 λ(Max)/µm 12,9 11,3 10,0 Temp./ K 225 255 288 ( Anteil/% 30 50 20 ) Der für die Erdoberfläche angegebene Mittelwert T0 = 288 K soll nun begründet werden. Dazu werden thermodynamische Zusammenhänge benutzt, die in (THIEME, 2000) ausführlich erörtert werden: Man geht von einer Erdkugel aus, deren Atmosphäre (wasserfrei) durch eine strahlungsdurchlässige Folie in einer Höhe H begrenzt wird. Ohne Gravitation würde sich eine Luftschicht überall gleicher Dichte ergeben, deren Temperatur genau der Strahlungsgleichgewichtstemperatur (TS = 255 K) entspräche, wenn diese Modellerde incl. Atmosphäre rotiert. Nun möge die Gravitationskraft „eingeschaltet“ werden. Infolge der Schwerkraft, die eine Dichte- und Druckzunahme am unteren Rand der Atmosphäre (sowie eine Druckabnahme am oberen Rand, der „Folie“) bewirkt und der Diffusion, die Konzentrationsunterschiede abbaut, stellt sich das durch die barometrische Höhenformel beschriebene vertikale Druckgefälle ein. Der Vorgang entspricht einer adiabatischen Expansion (oben) bzw. einer adiabatischen Kompression im unteren Troposphärenbereich. Es kommt also „oben“ zur Abkühlung und „unten“ zu einer Erwärmung. Soweit das Gedankenexperiment. Die Strahlungsgleichgewichts-Temperatur TS ist in der Troposphäre in einem Höhenbereich von 4000...5000 m tatsächlich lokalisiert (Tab. 5.1). Der Druck in diesem Höhenbereich ergibt sich aus Gl. 3.13, die näherungsweise lautet p(z) = p0 ⋅ exp. (-z/z0). (5.6) Mit z = 4500 m und z0 = 7,99 km findet man einen (mittleren) Druck von pS = 0,6 bar. Wird nun ein Luftpaket von diesem Druckniveau aufwärts gehoben, so wird es sich adiabatisch abkühlen. Eine Abwärtsbewegung führt also zu einer adiabatischen Kompression, für die gilt: 1−κ p T0 = TS ⋅ ( S ) κ , (5.7) p0 wobei κ der Adiabatenexponent ist (für Luft: 1,4). Mit TS = 255 K, pS = 0,6 bar und p0 = 1 bar errechnet man T0 = 295 K. Dieser Temperaturwert kommt der mittleren Temperatur der Erdoberfläche (288 K) schon recht nahe. Wenn genügend viele IR-Emissionsspektren ausgewertet werden können, ist die Höhenlage der zu TS = 255 K gehörenden Feuchteschicht genau bestimmbar. Dann kann daraus die für die Erdoberfläche geltende Temperatur T0 zuverlässig bestimmt werden. 5.4. Zum anthropogenen Treibhauseffekt Das Treibhaus des Gärtners ist allen wohlbekannt. Es ist ein Glashaus, das Licht und Wärme hinein und feucht-warme Luft nicht hinaus lässt. Dieses Bild ist in verhängnisvoller Weise als Modell in die Klimaphysik eingefügt worden, um die im Vergleich zur Strahlungsgleichgewichts-Temperatur im globalen Mittel um etwa 33 K erhöhte Temperatur der erdbodennahen Luftschicht zu erklären: Die Atmosphäre „reflektiert“ von der Erdoberfläche ausgehende Wärmestrahlung; sie erzeugt die „Gegenstrahlung“, die zur Erwärmung der Erdoberfläche führt. Diese Lehre vom Treibhauseffekt ist weltweit verbreitet. Beispielsweise sei hier nur der Band „Climate Change 2001“ genannt. Eine Vielzahl von Autoren benutzt die Modellvorstellung 45 „Treibhaus“ weiterhin, z.B. GRAEDEL u. CRUTZEN (1994), SCHÖNWIESE (1995), ROEDEL (2000) und CUBASCH u. KASANG (2000). Ein starker Anschub für die intensive Erforschung des möglichen Einflusses von anthropogenen „Treibhausgasen“ auf das Klima ergab sich aus zwei Gründen: - Der im 20. Jahrhundert ermittelte Anstieg der Temperatur (Abb. 2.4) ähnelt der Kurve des ansteigenden CO2-Gehaltes der Atmosphäre (Abb. 2.5) und - in den 70er Jahren hatte man an Eisbohrkernen aus Grönland und Antarktika festgestellt, dass der CO2-Gehalt der Luft während der Eiszeit nur etwa 200 ppm (Abb. 2.8) betrug (OESCHGER, 1980). Da man die wichtigsten IR-aktivierbaren Gase vom natürlichen Treibhauseffekt her kannte (Tabelle 5.2), hat man mit großem Aufwand die Auswirkungen von deren anthropogener Emission auf das Klima untersucht (HOUGHTON et al. 2001). Tab. 5.2: Beitrag von Spurengasen der Atmosphäre zum natürlichen Treibhauseffekt (CUBASCH und KASANG, 2000) Treibhausgas Wasserdampf (H2O) Kohlendioxid (CO2) Ozon, bodennah (O3) Distickstoffoxid (NO2) Methan andere Konzentration 1994 1–4% 358 ppm 0,03 ppm 0,31 ppm 1,72 ppm Beitrag zum natürlichen Treibhauseffekt Temperaturerhöhung Prozentual o 20,6 C 62,0 % 7,2 oC 22,0 % o 2,4 C 7,0 % 1,4 oC 4,0 % o 0,8 C 2,5 % 0,6 oC 2,5 % Für den durch antropogene CO2-Emission verursachten Temperaturanstieg ∆T hatte FLOHN, (1981) die Beziehung ⎛ ∆ CO 2 ⎞ ⎟ ∆ T = (5...6 K) ⋅ ln ⎜⎜1 + (5.8) * ⎟ CO 2 ⎠ ⎝ mit CO*2 = 300 ppm angegeben. Man berechnete so, dass die global gemittelte Lufttemperatur bei einer Verdoppelung des CO2-Gehaltes der Atmosphäre um etwa 4 K steigen würde. In den 90er Jahren erwartete man bis 2050 einen Temperaturanstieg um 2 K und einen Meeresspiegelanstieg um 30 cm (HEINLOTH, 1993) - ausgelöst durch anthropogene Treibhausgase. Nach Auffassung des Deutschen Klima-Rechenzentrums könnte eine Verdoppelung des atmosphärischen CO2-Gehaltes um 2080 (CUBASCH und KASANG, 2000) eintreten. Die dadurch (ohne Rückwirkungen auf H2O-Dampf und Wolken) zu erwartende Temperaturzunahme gibt SCHÖNWIESE (1995) mit 1,2 K an (nach HOUGHTON el. al., 1992). Man erkennt, dass der Einfluss der Treibhausgase - falls überhaupt messbar - möglicherweise noch weiter nach unten korrigiert werden wird. Im Band „Climate Change 2001“ (HOUGHTON et al., 2001) wird den Treibhausgasen eine zusätzlich zur solaren Einstrahlung wirkende Heizleistung von 2,5 W/m2 (Abb. 5.12) zugeordnet, wobei interessanterweise das stärkste „Treibhausgas“, der Wasserdampf, in dieser Darstellung fehlt. 46 Abb. 5.12: Ursachen für die Störung der Strahlungsbilanz der Atmosphäre (HOUGHTON et al. 2001) Hier ist nur ein schmaler Ausschnitt der sog. anthropogenen Klimaänderungen vorgestellt worden. Klimaschützer glauben unterdessen, den anthropogenen Treibhauseffekt zur Erklärung sehr vieler mit dem Klima zusammenhängender Phänomene (Rückgang des Polareises, Häufung außergewöhnlicher Wettersituationen, El Niño, das Ozonproblem usw.) heranziehen zu können. Immerhin ist ja die seit 1900 erfasste Temperaturzunahme von 0,6...0,8 K durch Modellrechnungen gut anpassbar. Prinzipiell ist aber auch denkbar, dass dieser geringfügige Temperaturanstieg (1 K bei TS = 255 K entspricht etwa 4 0/00) und die CO2-Zunahme (50 ppm bei 300 ppm entsprechen 16 %) nur zufällig zeitgleich auftreten, denn die jährlich emittierte Masse der IR-Gase (30 Gt (CUBASCH und KASANG, 2000)) ändert die Masse der Atmosphäre (5 ⋅1015 t) praktisch nicht. Der durch diese Gase bewirkte Massezuwachs der Atmosphäre erscheint viel zu klein, um einen Temperaturanstieg zu erklären (vgl. 5.3.3). Sollte freilich der „natürliche Treibhauseffekt“ nicht wirklich zu beweisen sein (s.o.), dann müssten alle anthropogenen Effekte hinterfragt werden. Eine andere Begründung für Temperaturschwankungen auf der Erde könnten z.B. Oszillationen der Solarkonstante und des Magnetfeldes der Sonne sein (Kap. 6.). 5.5. Das Ozon-Problem Ozon (O3) wird auf natürliche Weise in der unteren Stratosphäre gebildet und auch wieder abgebaut (Gl. 5.1, 5.2 und 5.3), sodass eine Gleichgewichts-Säulenhöhe von 3,5 mm (entsprechend 350 Dobson-Einheiten) zu Stande kommt. Die Produktion verläuft in zwei Schritten: - Erzeugung von O-Radikalen durch UVC-induzierte Spaltung von O2-Molekülen (Konzentration cO2). Mit der Intensität des Photonenstroms IC und dem Wirkungsquerschnitt σO2 kann man schreiben q O = σ O2 ⋅ I C ⋅ c O2 - (5.9) Bildung von O3-Molekülen mit dem Einfangquerschnitt der O-Radikale σO: q O3 + = q O ⋅ σ O ⋅ c O 2 47 (5.10) Zusammengefasst ergibt sich q O3 + = σ O 2 ⋅ σ O ⋅ I C ⋅ c O 2 2 . (5.11) Zum Ozon-Abbau trägt neben der Gesamtintensivität des UV-Photonenstroms auch das sichtbare Licht bei. Wir schreiben: − q O = σ O ⋅ I ges ⋅ c O . 3 3 2 (5.12) Die natürliche Ozon-Gleichgewichtskonzentration ist entsprechend cO ~ 3 IC ⋅ cO I ges 2 2 (5.13) nur durch das Sonnenspektrum und den Sauerstoffgehalt der Atmosphäre bestimmt. Wegen der Abhängigkeit der Produktion von der solaren Einstrahlung erfolgt die Bildung des Ozons hauptsächlich in der tropischen und subtropischen Stratosphäre. Die meridionale Verfrachtung findet polwärts gerichtet in der Stratosphäre mit einem Gefälle zur Polarregion der Winterhemisphäre statt. Während der Polarnacht fällt die Ozonproduktion über dem jeweiligen Polargebiet vollkommen aus. Somit entfällt dort auch das stratosphärische Heizstockwerk. Die Folge davon ist, dass das Temperaturgefälle in der Stratosphäre in der Sommerhemisphäre vom Polargebiet zum Äquator und in der Winterhemisphäre umgekehrt vom Äquator zum Pol zeigt. Die Richtung der Luftbewegung wird durch die Corioliskraft modifiziert: In der Nordhalbkugel ergibt sich immer eine Rechtsablenkung, in der Südhalbkugel eine Linksablenkung. Während des Nord-Sommers wird also in der Stratosphäre der Nordhalbkugel ein Ostwind und über der Südhalbkugel ein Westwind wehen. Im Nord-Winter ergibt sich in der NordStratosphäre ein Westwind und in der Süd-Stratosphäre ein Ostwind. Diese zweimalige Umkehr der Windrichtung sorgt für eine intensive innerjährliche Durchmischung der Stratosphäre. Normalerweise zeigt die Ozon-Säulenhöhe eine schwache Breitenabhängigkeit und auch einen saisonalen Gang (Abb. 5.13). Abb. 5.13: Gesamtsäulenhöhe des Ozons in D.E. (aus ROEDEL, 2000) Die höchsten Ozon-Partialdrücke werden in 10...30 km Höhe beobachtet (Abb. 5.14). Das Ozonproblem wurde Mitte der 80er Jahre entdeckt: Das Ozon-„Loch“ über Antarktika (FARMAN et al., 1985; CONNOR et al., 1987; HOFMANN et al., 1987). Man stellte ein gravierendes Absinken des Ozonpartialdruckes in einer Höhe um 20 km gegen Winterende fest (Abb. 5.14). 48 Abb. 5.14: Höhenabhängigkeit des Ozonpartialdruckes über der Antarktisstation Halley Bay am 15.8. ------ und am 15.10.1987 ─── (FARMAN, 1990) Als Ursache wurde ein nichtnatürlicher, chemisch katalysierter Ozonabbau erkannt (FARMAN et al., 1985, GRAEDEL und CRUTZEN, 1994). Substanzen wie z.B. Stickoxide, Methan und halogenierte Kohlenwasserstoffe (FCKW) - als böse Treibhausgase verdächtigt - werden durch UVPhotonen gespalten und die entstehenden Radikale bieten sich dem reaktionsfreudigen Ozon als Partner an. Als besonders gefährlich haben sich Chlor- und Brom-Radikale erwiesen, weil sie den Ozonabbau-Zyklus vielfach (jahrelang) durchlaufen können (Abb. 5.15). Abb. 5.15: katalytischer Ozonabbau (STROH, 2004) Ein Reaktionsbeispiel ist: ClO + O → Cl + O2 Cl + O3 → ClO + O2 (5.14) (5.15) O + O3 → 2 O2 . (5.16) mit der Nettobilanz Ähnlich würde sich Brom verhalten. Der Katalysator, hier das Chlor-Radikal, wird praktisch nicht verbraucht. 49 Abb. 5.16: Rückgang des jährlichen Ozon-Minimums (in D.E.) über Antarktika und dem Nordpolgebiet (nach NASA-Daten aus LOHBECK, 2000) Seit etwa 25 Jahren wird während des Winters in der Stratosphäre der Polargebiete ein deutlicher Rückgang der Ozongehalte beobachtet (Abb. 5.16). Eine Abnahme der Ozon-Säulenhöhe um etwa 5 % pro Jahrzehnt wird auch in Deutschland gemessen (Abb. 5.17). Diese Trends sind immer an den jährlichen Minima, die gegen Winterende auftreten, festgestellt worden. Abb. 5.17: Ozonabnahme über der Station Hohenpeißenberg, jeweils Februar/März (DWDOzonbulletin) Abb. 5.18 belegt, dass sich selbst über Antarktika das Ozonloch gegen Ende Oktober wieder auffüllt. Der kalte polare Wirbel ist nämlich nur während des Winters eingeschlossen, so dass nur dann kein Ozon aus dem äquatorialen Bereich nachströmen kann. 50 Abb. 5.18: Ausdehnung des antarktischen Ozonlochs im Jahreslauf (VILLWOCK, 2004 und MPJ f. Meteorologie) Die Folgen des Ozonverlustes in der Stratosphäre werden i. allg. nur unter dem Aspekt der zunehmenden UVB-Belastung der Biosphäre diskutiert. Während für Antarktika im Frühling eine Zunahme der UVB-Komponente von 6,5 % pro Jahr geschätzt wird, beträgt dieser Wert für die mittleren Breiten der Nordhemisphäre nur 0,3 % pro Jahr (VAN DER LEUN et al., 1998). Beim Menschen werden insbesondere Schäden der Haut, der Augen und des Immunsystems befürchtet. In den mittleren Breiten der Nordhalbkugel beträgt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Hautkrebs gegenwärtig 2000 Fälle pro 1 Mio. Einwohner (USA) und man rechnet mit einer vom Ozonverlust verursachten Zunahme um etwa 50 pro 1 Mio. Einwohner im Jahre 2020 (VAN DER LEUN et al., 1998). Hier soll auf den Klima-Aspekt des Ozonrückgangs hingewiesen werden: Die Ozonabnahme in den mittleren Breiten der Erde beträgt etwa 0,3 % pro Jahr (VAN DER LEUN et al., 1998) und bedeutet ein entsprechendes Absinken der Heizleistung in der Stratosphäre. Die Auswirkungen auf die Zirkulation der Stratosphäre sind noch unklar. 6. Der Einfluss der „variablen“ Sonne auf das Klima der Erde 6.1. Stabilität und Schwankung der Insolation Unser Sonnensystem ist vor 4,57 Mrd. Jahren entstanden. Seither strahlt die Sonne Energie, die bei Kernfusions-Reaktionen frei wird, mit einer Leistung von 3,85 ⋅ 1026 W (z.B. SCHRIMPF, 2004) ins Weltall. Die für menschliches Vorstellungsvermögen kaum einzuordnende Leistungsdichte von 63 Mio. W/m2 ergibt am Ort der Erdbahn eine Insolation von 1366 W/m2 (BARRY and PHILLIPS, 2003), die Solarkonstante. Die der Erde einbeschriebene Kreisscheibe (π ⋅ RE2 = 1,25 ⋅ 1014 m2) empfängt folglich von der Sonne eine Leistung von ca. 1,7 ⋅ 1017 W - das ist das 10000fache des heutigen Energieumsatzes der Menschen (PELTE, 2002). Seit 1997 wird die solare Einstrahlung von Satelliten aus gemessen (Abb. 6.1). 51 Abb. 6.1: Schwankung der solaren Einstrahlung zwischen 1978 und 2003 (BARRY and PHILLIPS, 2003) Der Schwankungsbereich der von 4 Satelliten gewonnenen Meßdaten reicht von 1364 W/m2 bis 1368 W/m2. Die schwarz eingetragene, geglättete Kurve folgt offenbar dem 11-Jahres-Zyklus der relativen Sonnenflecken-Häufigkeit (Schwabe-Zyklus). Die Schwankungsbreite der Insolation beträgt etwa 0,1 % bzw. 1,4 W/m2. Der Vergleich mit dem in Abb. 6.2 dargestellten zeitlichen Verlauf der Sonnenfleckenrelativzahl zeigt, dass das Strahlungsmaximum mit dem Maximum der Sonnenaktivität zusammenfällt. Abb. 6.2: 11-Jahres-Zyklus der Sonnenaktivität (HAUPT, 2004) Aktivität bedeutet hier: Sonnenflecken-Relativzahl, die definiert ist durch R = 10 ⋅ g + f, (6.1) Wobei g die Anzahl der Fleck-Gruppen und f die Zahl der Einzelflecke ist. Da Sonnenflecke um 1000...2000 K „kälter“ sind als die Sonnenoberfläche und deshalb dunkel erscheinen, sollten sie weniger Energie abstrahlen. Aus dieser Erwartung und der o.g. Beobachtung ergibt sich zunächst ein Widerspruch, der zur Folge hat, dass die etablierte Klimaforschung den Einfluss der variablen Sonne auf Klimaschwankungen der Erde nicht recht akzeptiert (siehe z.B. „Climate Change 2001“). Zudem erscheint die Variabilität der Heizleistung zu schwach, um globale Temperaturänderungen auslösen zu können. Offenbar benötigen wir weiteres Wissen um die Energieabstrahlung der Sonne. Ein deutlicher Zusammenhang besteht zwischen der Gesamtfläche der Sonnenflecke und dem Ausmaß der Störungen durch Radiostrahlung im Funkverkehr (SCHRIMPF, 2004). Ein weiterer Hinweis auf den Magnetismus im Bereich von Sonnenflecken wurde gerade entdeckt: Stark 52 magnetisierte Gebiete bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von anfangs 300 m/s vom Rand eines Sonnenflecks nach außen von ihm weg (WIEHR, 2004). 6.2. Sonnenzyklen, Sonnenflecke und Flares Die Sonne emittiert neben Strahlung auch Teilchen. Dieser sog. Sonnenwind besteht überwiegend aus Protonen und Heliumkernen. Durch (p,n)-Reaktionen mit Atomen der Atmosphäre (PREUßE, 1993) wird die Protonenkomponente des Sonnenwinds zur Quelle der Neutronenkomponente der Höhenstrahlung in der Erdatmosphäre. Fast alle diese Neutronen werden durch die natürliche Kernreaktion 14 14 (6.2) 7 N (n, p) 6 C 14 verbraucht (GEYH and SCHLEICHER, 1990). Die Messung spezifischer C-Aktivitäten kohlenstoffhaltiger Proben bildet die Grundlage der 14C-Datierungsmethode. Die 14C-Anfangsaktivität im atmosphärischen CO2 und damit auch in assimilierenden Pflanzen ist folglich abhängig von zeitlichen Änderungen des Sonnenwinds und damit auch der Sonnenaktivität. In der 14C-Literatur finden sich vielfältige Untersuchungen zu Ursachen von Schwankungen der 14 C-Produktion. Dabei wurden Perioden mit 11 Jahren, 88 Jahren, 209 Jahren und 2300 Jahren nachgewiesen und auch der von RAHMSTORF (2003) gesuchte 1400-Jahreszyklus ist dabei. Der 11-Jahres-Zyklus wird erzeugt bei der Umpolung des Magnetfeldes der Sonne (SCHRIMPF, 2004), das etwa 10000-mal so stark wie das Magnetfeld der Erde ist. Und: Das Magnetfeld der Sonnenkorona hat seine Stärke in den vergangenen 100 Jahren verdoppelt (LOCKWOOD et al., 1999). Sein zeitliches Ansteigen ist wahrscheinlich mit der zeitgleichen Zunahme der Sonnenfleckenrelativzahl verknüpft. Es scheint klar, dass der Sonnenflecken-Zyklus mit dem Magnetfeldzyklus und die Sonnenaktivität mit der Stärke des Magnetfeldes der Sonne verbunden ist. Die Zeitdauer der Schwabe-Zyklen schwankt um den Mittelwert 10,5 Jahre (von 9,5 Jahre bis 11,5 Jahre), wobei die kürzeren Zyklen mit stärkerer Energie-Emission verbunden sind (FRIISCHRISTENSEN and LASSEN, 1991). Diese Periodizität ist überprägt durch einen 88-Jahres-Zyklus, benannt nach Gleissberg, der die Sonnenfleckenrelativzahlen quasi amplitudenmoduliert (Abb. 6.3). Die Minima im GleissbergZyklus sind mit kühlen Perioden verbunden. Abb. 6.3: Sonnenaktivität (R) zwischen 1500 und 2000, Schwabe- und Gleissberg-Zyklen (GRIESER et al., 2000) Die Ursachen der Zyklen mit längeren Perioden sind noch unklar (RAHMSTORF, 2003, CLAUS2003). Eine weitere starke Energiequelle stellen die Flares (Fackeln) dar, die kurzzeitig (wenige Minuten) bis zu 1025 J freisetzen können. Das entspricht bei 5 Minuten Dauer eine Leistung von 3 ⋅ 1022 W (0,10/00 der Sonnenleistung). SEN, 53 6.3. Sonnenaktivität und gegenwärtiger Temperaturanstieg auf der Erde In diesem Abschnitt sollen Mess- und Modellierergebnisse zusammengestellt werden, die belegen, dass zunehmende Sonnenaktivität den seit 100 Jahren beobachteten Temperaturanstieg auf der Erde auslöst. Befund 1: Der seit 1870 gemessene Temperaturverlauf der bodennahen Luft folgt in guter Übereinstimmung der abnehmenden Länge der Schwabe-Zyklen (Abb. 6.4). Abb. 5.4: Länge der Schwabe-Zyklen und Temperaturanstieg seit 1870 (FRIIS-CHRISTIANSEN and LASSEN, 1991) Der Temperaturanstieg kann als Folge kürzer (und damit intensiver) werdender Schwabe-Zyklen verstanden werden. Auffällig ist die gute Übereinstimmung auch im Zeitabschnitt von 1940 bis 1970, in dem die Zykluslänge zunahm und die Temperatur folglich zurückging (FRIISCHRISTIANSEN and LASSEN, 1991). Befund 2: Die Auswirkung von zeitlichen Schwankungen der 14C-Anfangskonzentration ergab Perioden von 11, 88 und 208 Jahren. Ordnet man diesen solar geprägten Zyklen die Heizleistung 0,1 W/m2, 0,5 W/m2 und 0,9 W/m2 zu, so ergibt die Addition den prinzipiellen Temperaturanstieg des zurückliegenden Jahrhunderts und prognostiziert für die Jahre nach 2030 wieder absinkende Temperaturen (Abb. 6.5), wie das auch von LANDSCHEIDT (2003) aus dem GleissbergZyklus abgeleitet worden ist. Abb. 6.5: Aus den Sonnenzyklen (11 a, 88 a, 208 a) und gewählten Heizleistungen modellierter Temperaturverlauf (DAMON and JIRIKOWIC, 1992) 54 Befund 3: MALBERG (2002) hat über jeweils 11 Jahre (einen Sonnenzyklus) gemittelte Temperaturen Mitteleuropas über den zugehörigen Zeitabschnitten aufgetragen (Abb. 6.6). Abb. 6.6: Über die Schwabe-Zyklen gemittelte Temperaturen Mitteleuropas seit 1849 (MALBERG, 2002) Es ergibt sich ein Temperaturtrend von + 0,08 K/11 a, also einen Anstieg von 1 Kelvin für 140 Jahre. Damit sind 69 % der Varianz der Sommertemperatur erklärbar. Befund 4: HOYT und SCHATTEN (1997) haben die Strahlungsintensität der Sonne für die zurückliegenden 250 Jahre modelliert. Das phänomenologische Regressionsmodell, in das nur die Amplituden des Schwabe- und des Gleissberg-Zyklus eingehen, gibt den tatsächlichen Temperaturverlauf bis auf Feinheiten korrekt wieder (Abb. 6.7). Das Ergebnis spricht für einen starken Einfluss der Sonnenaktivität auf das Klima der Erde. Abb. 6.7: Modell der Sonnenaktivität (nach HOYT und SCHATTEN, 1997) und Zeitreihe der global gemittelten Temperaturabweichung Befund 5: Aus isotopenphysikalischen Daten (Abweichung des 14C-Anfangsgehaltes vom heutigen Mittelwert als Maß für die Sonnenaktivität, 18O-Werte eines datierten Stalagmiten als Maß für die Temperatur), die an Baumringen bzw. an einem aus Oman stammenden Stalagmiten gemessen wurden, ergibt sich auch für einen länger zurückliegenden Zeitraum (ca. 8000 Jahre B.P.) ein synchrones Verhalten von Sonnenaktivität und Temperatur (Abb. 6.8). 55 Abb. 6.8: Korrelation zwischen der Änderung des 14C-Anfangsgehaltes (∆14C), die an Baumringen gemessen wurden, und 18O-Werten eines datierten Stalagmiten als Maß der Temperatur (NEFF, 2001) Jüngst veröffentlichte Untersuchungen von MANN und JONES (MANN and JONES, 2003) belegen einen synchronen Verlauf von Sonnenaktivität (Sonnenflecken-Relativzahl) und Temperaturabweichung vom heutigen Mittelwert. 6.4. Zum Einfluss der Wolken KONDRATYEV (1969) hatte dem Wasserdampf wegen dessen breiten Infrarot-Absorptionsbanden bei seinen Treibhaus-Modellrechnungen den Hauptanteil (ca. 2/3) des gesamten Effektes von 33 K zugeordnet. Wolken waren in seinem Modell allerdings nicht enthalten, obwohl deren wärmeisolierende Wirkung erheblich ist, wie man aus Erfahrung (z.B. sternklare Frostnacht) weiß. Das IR-Transmissionsvermögen mächtiger Schichtwolken beträgt nur 1...4 % (ROEDEL, 2000), wie weiter oben bereits erwähnt. CALDER (1998) gibt an, dass die Abnahme des Wolkenbedeckungsgrades um 3 % eine Zunahme der solaren Heizung um 1,7 W/m2 bewirkt. Das ist mehr als der dem CO2 zugewiesene anthropogene Treibhauseffekt von 1,5 W/m2 (HOUGHTON et al., 2001)! Dennoch enthält die in „Climate Change 2001“ ausgewiesene Aufteilung des Strahlungsantriebes der Treibhausgase weder den Wasserdampf noch die Wolken (vgl. Abb. 5.12 sowie CUBASCH und KASANG, 2000 (Abb. 4.8), oder HOUGHTON et al., 2001(Fig. 3)). Wolken bilden ein IR-Filter, das die an der Erdatmosphäre ankommende solare Einstrahlung (mit allen ihren Schwankungen) dämpft. Zwischen der Wolkenbedeckung und der Flussdichte der kosmischen Partikelstrahlung (85 % Protonen, 14 % Heliumkerne sowie schwere Kerne zwischen Lithium und Eisen) besteht ein strenger Zusammenhang (MARSH and SVENSMARK, 2000), wie Abb. 6.9 belegt. 56 Abb. 6.9: Schwankungen des Wolkenbedeckungsgrades (dicke Kurve, linke Skala) und der Intensität der kosmischen Strahlung (dünne Kurve, rechte Skala) (nach SVENSMARK and FRIISCHRISTENSEN, 1997) Offenbar wirken die kleinen kosmischen Partikel als Kondensationskeime. Der Strom dieser (geladenen) Teilchen unterliegt dem Einfluss des Magnetfeldes der Erde und (insbesondere während der Zeiten hoher Sonnenaktivität) der abschirmenden Wirkung des Magnetfeldes der Sonne. So ist folgende Logik zu verstehen: R groß ↓ Magnetfeld d. Sonne stark ↓ Kosm. Partikel abgelenkt ↓ Wolkenbildung geringer ↓ Erwärmung R klein ↓ Magnetfeld d. Sonne schwach ↓ Kosm. Partikel erreichen d. Erde ↓ Wolkenbildung stärker ↓ Abkühlung Das in Zeiten aktiver Sonne auch besonders starke Magnetfeld der Sonne bewirkt über eine Fortlenkung kosmischer Partikel eine Verringerung der Wolkenbildung in der Troposphäre der Erde und folglich eine Erwärmung. Dieser Gedankengang ist in der Überlegung von SHAVIV und VEIZER (2003) über eine kosmische Beeinflussung des Klimas der Erde (über geologische Zeiträume) enthalten. 7. Anthropogene Klimaänderung Menschen, die aus wissenschaftlichen bzw. kommerziellen Gründen an Wetterabläufen oder Witterungsänderungen interessiert sind, und solche die durch Wetterkapriolen und Witterungsunbilden betroffen sind, fragen nach dem Klima der Zukunft. Antropogene Veränderungen im Klimasystem möchte man, sofern man deren Auswirkungen nicht überblickt, vermeiden. Zunächst aber muss man sie erkennen, d.h. von natürlichen Klimaänderungen, die es (wie etwa die Eiszeit-Warmzeit-Zyklen) immer geben wird, unterscheiden können. Mit diesem Problem hat sich H. FLOHN, einer der bedeutenden deutschen Klimaforscher, immer wieder auseinandergesetzt (FLOHN, 1971, 1985, 1989). Obwohl uns der natürliche Klimaablauf für die zurückliegenden 500000 Jahre hinsichtlich Temperatur, CO2-Gehalt der Atmosphäre, Meeresspiegel, Vereisung und Meereszirkulation weitgehend bekannt ist, greifen wir zum Ver57 gleich häufig auf Klimazustände der vorindustriellen Zeit (also auf den Zeitraum 1850 - 1900) zurück. Damit wird unterstellt, dass seither beobachtete Veränderungen im Klimasystem anthropogen sein sollten. Man prüft dann mit Hilfe sehr aufwändiger Modellierungen (Abb. 7.1), ob sich die gemessenen Veränderungen von Klimaparametern aus anthropogenen Klimaantrieben ableiten lassen. Es handelt sich um 3-dimensionale, gekoppelte Atmosphäre-Ozean-Modelle, die die wesentlichen physikalischen und chemischen Wechselwirkungen beschreiben. Abb. 7.1: Modellierung anthropogener Klimaänderungen (GCM – Global Circulation Model) Wenn also beispielsweise der seit 100 Jahren beobachtete Temperaturanstieg der bodennahen Troposphäre aus dem Anstieg des Treibhausgas-Gehaltes der Atmosphäre und der Theorie des Treibhauseffektes ableitbar ist, dann glaubt man - die Richtigkeit der Treibhaustheorie und zugleich - die anthropogene Ursache des Temperaturanstieges bewiesen zu haben. Nach etwa diesem Prinzip ist der Band „Climate Change 2001 - The Scientific Basis“ (HOUGHTON et al., 2001), der ca. 800 Seiten umfasst und etwa 1500 Autoren hat, entstanden. Hat man die „Richtigkeit“ der Modellierung für die Vergangenheit bewiesen, riskiert man eine Prognose (bis zum Jahr 2100), freilich auf der Basis bestimmter Emissionsszenarien. Als Beispiel zeigt Abb. 7.2 den für die kommenden 100 Jahre prognostizierten Temperaturanstieg, aus dem sich viele weitere Konsequenzen ableiten. Abb. 7.2: GCM-berechneter Temperaturanstieg bis 2100 auf der Grundlage von 7 Emissionsszenarien (HOUGHTON et al. 2001, Fig. 9.14) Grob vereinfacht ergibt sich auf diese Weise bis 2100 über die Erdoberfläche gemittelt 58 - ein Temperaturanstieg von (3 ± 1) Kelvin, wenn sich der CO2-Gehalt etwa verdoppelt, und - ein Meeresspiegelanstieg von (0,4 ± 0,1) m. Interessanterweise bestätigt sich die Erwartung, wonach Temperaturänderungen in den Polarregionen während des jeweiligen Winters am stärksten ausfallen (Abb. 7.3). Abb. 7.3: Temperaturanstieg in Abhängigkeit von der geographischen Breite und der (N-) Jahreszeit für das Zeitintervall 2075... 2084 relativ zu 1985...1994 (aus SCHÖNWIESE, 1995, nach CUBASCH, 1992) Abschließend sollen Messbefunde gezeigt werden, die weder einen Temperaturanstieg (Abb. 7.4 und 7.5) noch einen Meeresspiegelanstieg (Abb. 7.6) erkennen lassen. Abb. 7.4: Temperaturabweichung vom Mittelwert im Zeitraum 1878 bis 2000, Monatsmittelwerte und über 12 Monate gleitend gemittelt (DALY and BRENNAN, 2004, ARNOLD, 2004) 59 Abb. 7.5: Temperatur-Zeitreihe für Berlin-Dahlem von 1700 bis 1999 (aus LABITZKE, 1999) Abb. 7.6: Meeresspiegelschwankung im Südwest-Pazifik, Tuvalu (National Tidal Facility, Australia, anonym 2002) Was bedeutet das für den Treibhauseffekt und alle daraus abgeleiteten Klimaänderungen? Und noch viele andere Fragen sind zu beantworten, z.B.: Warum ist die solare Energieausstrahlung proportional zur Sonnenflecken-Relativzahl? Ist die Temperatur an der Erdoberfläche nur durch den Abstand der Erde von der Sonne einerseits und die Masse der Erdatmosphäre sowie die Gravitationsfeldstärke der Erde andererseits bestimmt? Wird das ozeanische Transportband nur durch die Bildung kalter Tiefenwässer im Nordatlantik und an der Küste Antarktikas angetrieben? Hat der von RAHMSTORF im Grönlandeis entdeckte 1470-Jahres-Zyklus etwas mit der Zeitkonstanten des ozeanischen Transportbandes zu tun? Beeinflusst die kosmische Partikelstrahlung das Klima der Erde? Wodurch ist die Schwankungsbreite des CO2-Gehaltes der Erdatmosphäre von 200 ppm in der Eiszeit bis 300 ppm in der Warmzeit bestimmt? 60 Literatur ANONYM (2002): Sea level in Tuvalu: Its present state, National Tidal Centre, Bureau of Meteorologie, Australia, www.ntf.flinders.edu.au/ ANONYM (2003): Steinkohle 2003, Übersichten nach Internationale Energie Agentur, 2002 ARNOLD, J. A. 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Würzburg, Didaktik d. Physik http://www.didaktik.physik.uni-wuerzburg.de Universität Frankfurt, Institut f. Meteorologie u. Geophysik http://www.meteor.uni-frankfurt.de/ Universität Würzburg, Didaktik der Physik http://www.didaktik.physik.uni-wuerzburg.de USA, Global Change Research Programme http://globalchange.gov USA, Global change Research Programme http://globalchange.gov World Meteorological Organization (WMO) http://www.wmo.ch 66 Häufig benutzte Symbole A a c F f g0 k L m M p pD q Q R RE RES RS S0 T t v vg VM z Z Albedo Beschleunigung spezifische Wärmekapazität Kraft Luftfeuchte, Coriolisparameter Gravitationsbeschleunigung (z = 0) Boltzmannkonstante Drehimpuls Masse molare Masse Luftdruck Dampfdruck spezifische Verdampfungswärme, Produktionsrate Wärmemenge allgemeine Gaskonstante Erdradius Radius der Erdbahn Sonnenradius Solarkonstante absolute Temperatur Temperatur in oC Geschwindigkeit Geschwindigkeit des geostrophischen Windes Molvolumen Höhe über NN Zirkulation 67