4a. FUNKTIONELLE GRUPPEN ACHTUNG: Der Stoff in diesem Text ist nicht prüfungsrelevant! Er dient ausschließlich der Illustration der Lerninhalte im Kapitel 4 (Funktionelle Gruppen) Halogenide Durch Einführung einer/s elektronegativen Gruppe/Atoms ändert sich die Oxidationsstufe des Kohlenstoffs, weil sie/es einen elektropoositiven Wasserstoff ersetzt; es wird oxidiert. H/R/Ar: +1 ; Hal: -1 Befinden sich Heteroatome am Kohlenstoffgerüst, nennt man diese Verbindungen Derivate oder Substitutionsprodukte. Wird z.B. ein Wasserstoffatom in einem Kohlenwasserstoff durch ein Halogen ersetzt, entsteht ein Halogenid (oder Halogenalkan): δδ+ CH4 CH3 - X Hierbei handelt es sich natürlich nur um eine formale Reaktion. X kann sein: F, Cl, Br, I. Die C-X-Bindung ist wie angegeben polarisiert, wobei das Ausmaß von der Elektronegativität von X abhängt. Wie die meisten Derivate sind Halogenide reaktionsfreudiger als die entsprechenden Alkane. Aufgrund der polaren Kohlenstoff-Halogen-Bindungen sind die intermolekularen Wechselwirkungen deutlich stärker ausgeprägt als bei den entsprechenden Alkanen; die Dipole ziehen sich an. Dies wirkt sich – neben dem Molekulargewicht – auf die physikalischen Konstanten aus: CH4 CH3-F CH3-Cl CH3-Br CH3-I Siedepunkt -161 0C -78 0C -24 0C +3 0C +43 0C Schmelzpunkt -183 0C -142 0C -100 0C -94 0C -64 0C Die Nomenklatur der Halogenide schließt sich an die der Kohlenwasserstoffe an: CH3Cl ist Methylchlorid oder Chlormethan. Bei C3H7Br gibt es zwei Isomere: 1 2 3 Br – CH2 – CH2 – CH3 CH3 – CHBr – CH3 1-Brompropan 2-Brompropan Wichtige Halogenide sind (fl: flüssig; f: fest): CH2Cl2 CHCl3 CCl4 CHI3 Methylenchlorid (fl) Chloroform (fl) Tetrachlorkohlenstoff (fl) Iodoform (f) Methylenchlorid, Chloroform und Tetrachlorkohlenstoff sind wichtige Lösungsmittel, Chloroform wurde früher als Narkosemittel und Tetrachlorkohlenstoff (Tetra) als Löschmittel (weil nicht brennbar) verwendet. Iodoform (gelber Feststoff) wurde früher trotz seines unangenehmen Geruchs als Desinfektionsmittel verwendet. Eine wichtige Klasse von Halogeniden sind die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), die vielfältige Anwendungen (Kühlmittel, Treibgas usw.) fanden. Ihre Vorteile sind die chemische Inertheit, Nichtbrennbarkeit und ihre Ungiftigkeit. Der Nachteile jedoch, die erst Jahre nach ihrer weiten Verbreitung erkannt wurden, sind die Nichtabbaubarkeit in der Biosphäre sowie ihre Reaktion mit dem Ozon der oberen Atmosphäre, das dabei zu O2 umgesetzt wird. Dadurch wurde 1 die Ozonschicht, die die schädliche UV-Strahlung der Sonne zum großen Teil absorbiert, nachhaltig geschädigt. Bekannte Halogenide sind auch DDT (mittlerweile verbotenes Pflanzenschutzmittel; hat beinahe die Malaria in Afrika besiegt, aber: wurde in den Eierschalen frei lebender Vögel in der Arktis gefunden. Andere Vertreter sind die Chlorcycloalkane Lindan und Aldrin (verboten; früher wichtige Holzschutzmittel), Dioxine (z.B. TCDD: 2,3,7,8-Tetrachlorbenzodioxin, Nebenprodukt einer Herbizid-Synthese; Agent Orange, Seveso-Gift, entsteht bei der Verbrennung von Chloraromaten/Chlorphenolen), teratogen, Chlorakne, Müllverbrennung, Zigarettenrauch) und Hexachlorophen (siehe bei Phenolen): CCl3 C Cl O Cl Cl O Cl H Cl Cl DDT TCDD Polytetrafluorethen [-CF2–CF2-]x ist ein Kunststoff (Teflon) mit geringem Haftvermögen gegenüber anderen Materialien (die berühmte Bratpfanne!). Alkohole, Enole, Phenole und Thiole R–O–H Alkohole sind Verbindungen, bei denen formal ein O-Atom in eine C-H-Bindung eingeschoben wurde. Sie sind also Oxidationsprodukte der Kohlenwasserstoffe. Oxidationszahlen bei Sauerstoff O: -2 ; OH/OR: -1 Für das C-Atom in diesen Derivaten ergibt die Oxidationszahl -2 (siehe oben). Man kann Alkohole auch so entstanden sehen, dass im Wassermolekül ein H durch einen Alkylrest R (CnH2n+1) ersetzt wurde. Die OH-Gruppe ist stark polarisiert (wie in Wasser), sodass Wasserstoffbrückenbindungen (Kapitel 1.3) ausgebildet werden können. Dies ist der Grund, warum Alkohole vergleichswiese hohe Siede- und Schmelzpunkte haben. Außerdem sind Alkohole schwache Säuren. Das Dissoziationsgleichgewicht ist: R-O-H R - O + H+ Starke Basen, z.B. Na-Metall, reagieren glatt bis heftig mit Alkoholen unter Wasserstoffentwicklung (Explosionsgefahr!) zu den Alkoholaten: Na + R - OH R - O- Na+ + 1/2 H2 Wichtige Alkohole sind: CH3OH Methylalkohol, Methanol, Brennspiritus; giftig → führt zu Blindheit CH3CH2OH Ethylalkohol, Ethanol, Trinkalkohol; entsteht aus Zucker bei der alkoholischen Gärung mit Hefe; primärer Alkohol CH3-CHOH-CH3 Isopropylalkohol, Isopropanol, 2-Propanol; Lösungsmittel (Haarwasser, Gefrierschutzmittel in Scheibenwaschanlagen); sekundärer Alkohol 2 Butanole: OH OH OH OH iso n sec tert Haben Verbindungen zwei oder drei OH-Gruppen, nennt man sie zwei- bzw. dreiwertige Alkohole; allgemein: Polyole. Die prominentesten Vertreter sind Glykol und Glycerin: HO-CH2-CH2-OH HO-CH2-CH(OH)-CH2-OH Glykol schmeckt süß (daher der Name), ist aber giftig. Es findet Anwendung als Frostschutzmittel und (gelegentlich unerlaubt) als Süßmittel (Weinskandal). Glycerin ist Bestandteil der Fette und Lipide und damit einer der in der Natur am häufigsten vorkommenden Verbindungen. Eine der wichtigsten Substanzklassen in der Natur sind die Zucker (Kohlenhydrate, Saccharide), bei denen es sich um Polyalkohole mit einer Carbonylfunktion (siee unten) handelt. Verbindungen mit zwei OH-Gruppen an einem Kohlenstoffatom: H2O + R2C=O HO CR2 OH sind keine Alkohole, sondern Hydrate von Carbonylverbindungen (Oxidationsstufe 0, siehe unten). Befindet sich die OH-Gruppe an einer Doppelbindung, handelt es sich um ein sog. Enol, das jedoch i.a. nicht stabil ist, sondern sich in eine Carbonylgruppe umwandelt: R1 C R2 R1 C R3 R2 C C R3 H OH O Hierbei wandert das OH-Proton und es bildet sich eine C=O-Doppelbindung aus (Carbonylgruppe). Diese Art Isomerisierung nennt man Tautomerie. I.a. liegt das Gleichgewicht weitgehend auf der rechten Seite. Befindet sich die OH-Gruppe an einem aromatischen Ring, spricht man von Phenolen: O OH + Na+ + H2O + Na+ OH- Phenole sind saurer als Alkohole; schwache Säuren. Phenolate bilden sich bereits mit schwächeren Säuren als Metallen, z.B. mit NaOH. Der Grund dafür liegt in der Möglichkeit des Phenolatanions, die negative Ladung über den gesamten Ring zu delokalisieren (Mesomerie): O - O O - Beachte: Die unterschiedllichen Doppelpfeile für Tautomerie und Mesomerie. Phenol hat früher unter dem Namen Carbol als Desinfektionsmittel Anwendung gefunden. 3 Zweiwertige Phenole sind O OH OH OH OH Oxidation OH Brenzcatechin Resorcin + 2 H+ + 2 e- OH O Hydrochinon Chinon Die Fähigkeit der Phenole, oxidiert zu werden, d.h. selbst als Reduktionsmittel zu wirken, wird z.B. bei der photographischen Entwicklung ausgenutzt. Diese Reaktion kommt auch in der Atmungskette vor. Ein chloriertes Bis-phenol ist das schon erwähnte Hexachlorophen. Ein natürlich vorkommendes Phenol mit zweifelhaftem Ruf ist das Halluzinogen (-)-∆9-Tetrahydrocannabinol (THC). Diese und strukturell verwandte Derivate werden aus dem indischen Hanf gewonnen und kommen als Haschisch oder Marihuana in Umlauf. OH Cl H OH CH2 Cl Cl H Cl OH H H O Cl Cl Hexachlorophen (Desinfektionsmittel) (-)-D9-THC Thiole (R–S–H) sind die Schwefelanaloga der Alkohole; entsprechend Ar–S–H Thiophenole. Sie werden auch Mercaptane genannt, weil sie mit Quecksilber (Mercurium) unter Bildung unlöslicher Sulfide reagieren (captans = lat.: ergreifend). –SH nennt man auch eine Sulfhydilgruppe. Thiole sind übelriechende Stoffe, die einen deutlich niedrigeren Siedepunkt als die entsprechenden Alkohole haben; Methylthiol ist ein Gas. Dies liegt an der geringeren Tendenz, H-Brücken zu bilden (S ist weniger elektronegativ). Aber: Thiole sind stärkere Säuren. SH-Gruppen lassen sich relativ leicht zu Disulfiden oxidieren: R- SH + HS - R R - S - S - R + 2 H+ + 2 e- Diese Reaktion spielt bei Proteinen eine wichtige Rolle (Cystein → Cystin). Ether und Thioether Wird im Wassermolekül auch noch der zweite Wasserstoff durch einen Alkylrest ersetzt, gelangt man zu den Ethern: H-O-H R-O-R R-O-H Wasser Alkohol Ether Der einfachste Ether ist der gasförmige Dimethylether, der bekannteste ist der als Anästhetikum bekannte, angenehm riechende Diethylether (C2H5–O–C2H5; Ether). Ether ist eine niedrig siedende (hoher Dampfdruck; Sdp. 360C), leicht entflammbare Flüssigkeit, die zu heftigen Explosionen neigt. Sie stellt damit im chemischen Laboratorium eine der gefährlichsten Substanzen 4 dar. Besonders gefährlich ist seine Neigung, durch Oxidation an der Luft Hydroperoxide zu bilden: R R O2 C O C O H O O H zu bilden, die sich beim Abdestillieren des Ethers in der Vorlage anreichern und dann spontan sehr heftig explodieren können. Als Gegenmittel empfiehlt sich die Zugabe eine Reduktionsmittels oder von KOH. Ersteres reduziert gebildete Peroxide sofort wieder, letzteres bildet aus den Peroxiden unlösliche Salze, die weniger gefährlich sind. Trotz dieser unangenehmen Eigenschaften ist Diethylether bei einigen Reaktionen ein unentbehrliches Lösungsmittel. Wichtige cyclische Ether sind Oxiran, Oxetan, Tetrahydrofuran, Tetrahydropyran (THF, Oxan) und Dioxan: O O O Dioxine! O O O Oxirane, auch Epoxide genannt, entstehen bei der Oxidation von Olefinen O + [O] und sind wichtige Grundbausteine in der Polymer- und Klebstoffindustrie (Epoxidharze). Peroxide (R–O–O–R) sind im Gegensatz zu den Disulfiden sehr instabil und stellen Oxidationsmittel dar. Thioether sind die Schwefelanaloga der Ether; R–S–R. Sie sind ebenfalls übelriechende, leicht flüchtige Verbindungen. Besonders bekannt (und berüchtigt) sind Diallylpolysulfane, die Geruchsträger des Knoblauchs (n = 1: Alliin): Sn n=1-4 Amine ≡N: -3; =N-H/R: -2; -NH/R2: -1 Oxidationszahlen bei Stickstoff: Amine sind organische Abkömmlinge des Ammoniaks, so wie Alkohole und Ether Abkömmlinge des Wassers sind: R R + R- N - R NH3 R- NH2 R- NH - R R- N - R primär sekundär A m i n e tertiär R quartär Ammoniumsalz Je nach Zahl der Alkylreste werden primäre, sekundäre und tertiäre Amine unterschieden. Niedere Amine sind unangenehm, oft fischig riechende Flüssigkeiten. Wegen des freien Elektronenpaars am N sind Amine basisch, können also mit Säuren Kationen, quartäre Ammoniumionen, bilden: 5 N + N H + H+ Aliphatische Amine können starke physiologische Aktivität aufweisen (z.B. Alkaloide). Cholin O CH3 HO + N CH 3 CH3 OH- CH3 + N CH 3 CH3 O H3C OH- ist ein Aminoalkohol, liegt als quartäres Ammoniumsalz vor und kommt in Serin-Stoffwechsel und auch bei den Phospholipiden vor. Einige primäre und sekundäre Propylamine haben gefäßverengende und auf das Zentralnervensystem wirkenden Eigenschaften: NH2 NH2 HN CH3 HN CH3 CH2 CH2 HC CH3 HC CH3 HC OH HC OH HC OH CH2 Ephedrin Pervitin HN CH3 CH2 CH2 OH OH OH OH OH Dopamin Adrenalin OH Noradrenalin Bei aromatischen Aminen ist die Basizität vermindert, weil das freie Elektronenpaar mit dem πSystem in Wechselwirkung treten kann; z.B. Anilin: + + NH NH NH2 - - N H H Das unangenehm riechende Anilin war einer der wichtigsten Grundstoffe bei der Entwicklung der chemischen Industrie. Aus ihm wurden zahlreiche Farbstoffe synthetisiert (Anilinfarben; BASF = Badische Anilin und Soda Fabrik). 6 Einige cyclische Amine: aliphatische O H N H N Aziridin Azetidin N H N H Pyrrolidin Piperidin N H Morpholin und aromatische N N H Pyrrol N N H 1,3-Diazol N N Pyridin Pyrimidin Die beiden aromatischen Amine Pyrrol und Pyridin unterscheiden sich erheblich. Im Pyrrol ist das freie Elektronenpaar des N an der π-Elektronenwolke beteiligt, also delokalisiert. (Die Hückelregel ist hier gültig, weil 6 Elektronen (4 von den C's und 2 vom N) beteiligt sind. In Pyridin dagegen liegt das freie Elektronenpaar in der σ-Ebene und damit nicht lokalisiert. Demzufolge ist Pyridin deutlich stärker basisch als Pyrrol. n N H N n Amine sind in vielfältiger Weise am Aufbau sehr vieler Naturstoffe und ganzer Naturstoffklassen beteiligt. Dazu gehören Aminosäuren, Alkaloide und Nukleinsäuren. Wichtige mehrkernige N-Aromaten sind: N N N N Chinolin N H Indol Isochinolin N N H Purin Atrazin (Herbizid): Cl N N H N N NH Diese Grundkörper sind wichtige Bausteine zahlreicher physiologisch stark wirksamer Verbindungen und Naturstoffe wie Nukleinbasen und Alkaloiden (s.a. Barbitursäure): 7 Cytosin O NH2 H3C N N N H N H3C Adenin OH N N N N N O Guanin CH3 N OH HO Harnsäure Coffein OH N HN N H O N H O N N O Tautomerie: N H N Thymin Uracil N HN H2N N H O N H O N H O CH3 HN HN N O O O NH2 Uracil Auf den Wasserstoffbrücken beruht z.B. die Struktur der DNS, bei denen DNS-Basen paarweise über solche Wasserstoffbrücken aneinander gebunden werden (Adenin ... Thymin oder Guanin ... Cytosin): H H O N N N N N H N N N O H H Guanin Cytosin Einige besonders bekannte Alkaloide: H5C2 R1O HO N N N C2H5 N CH3 H O CH3O N CH3 (-)-Nicotin O H N H N Chinin (Chinolinalkaloid) R2O R1 = R2 = H R1 = R2 = Ac R1 = CH3; R2 = H CH3 N H : Morphin : Heroin Lysergsäurediethylamid (LSD) : Codein Nicotin und Chinin sind sowohl tertiäre aromatische als auch tertiäre aliphatische Amine. Weitere Beispiele; die Liste könnte beliebig verlängert werden: 8 H3C N COOCH3 H3C N OH O C Atropin Belladonna-Alkaloid O (-)-Cocain O O C O CH3 C O CH2 CH2 N H2N CH3 Novocain Aldehyde und Ketone (Carbonyl-Verbindungen) Aldehyde (alcoholus dehydrogenatus) und Ketone sind Verbindungen mit einer Carbonylgruppe: R O O C C R H δ+ C O R' δ− Die einfachsten Vertreter der Aldehyde sind: H O O C C H3C H Formaldehyd O Ethanal Acetaldehyd Hinweis: CH3CO- : Acetylgruppe C H C H H3C C H H2 H2 Propanal Benzaldehyd / Butanal Propionaldehyd Butyraldehyd Bittermandelgeruch H3C H H2 C O O C C H-CO-: Formylgruppe Die Namen enden mit "-al" und orientieren sich an den entsprechenden Carbonsäuren. Einige Ketone: H3C C O O O CH3 Propanon Aceton H3C C H2 C C CH3 Butanon Methylethylketon CH3 Acetophenon Die Namen enden mit "-on". 9 O O H3C C C H2 C CH3 Pentan-2,4-dion Acetylaceton Die Oxidationszahl des Kohlenstoffs in einer Carbonylgruppe ergibt sich wie folgt: Z.B. Fomaldehyd (H2C=O): 2 x +1 für die beiden H und 1 x -2 für O ergibt die Oxidationszahl 0 für C. Durch die Polarisierung der Bindungselektronen in der Carbonylgruppe haben Aldehyde und Ketone eine hohe Reaktivität. Wasserstoffatome an α-Kohlenstoffatomen sind als Protonen ablösbar, sodass Aldehyde und Ketone zu den meist instabilen Enolen tautomerisieren können (siehe oben): R1 R2 C R1 C R3 R2 OH C H C R3 O Die Enolform kann aber durch Konjugation und Wassersstoffbrückenbildung stabilisiert werden, wie z.B. in Acetylaceton: H O H3C C O O C H2 C H3C CH3 C O C H C CH3 Enolform Ketoform Carbonylverbindungen können mit Wasser und Alkoholen zu Hydraten, Halbacetalen und Acetalen reagieren: HO O R C + H2O C R R' Hydrat R' RO O R C R' OH RO OH + ROH C R R' Halbacetal + ROH OR C R R' Acetal Paraldehyd ist das Trimere des Acetaldehyds und wird gelegentlich noch als Beruhigungsmittel für Geisteskranke verwendet: CH3 O H3C O O Paraldehyd CH3 Auch andere Moleküle mit freien Elektronenpaaren können entsprechend an einer Carbonylgruppe reagieren (Kapitel 5.8). So können Ketone z.B. mit Aminen analog wie mit Alkoholen reagieren und dabei die Halbaminale und Aminale bilden. Cl3C C OH HO O + H2O Cl3C H C H Chloralhydrat Hydrate und Halbacetale sind normalerweise labil und zerfallen leicht wieder in die Carbonylund OH-Verbindungen, d.h. das Gleichgewicht liegt weitgehend auf der linken Seite. Eine Ausnahme ist Chloralhydrat (Trichloracetaldehyd, Beruhigungsmittel), das wegen der stark elektronenziehenden CCl3-Gruppe in wässriger Lösung als Hydrat vorliegt. 10 Halbacetale und Acetale sind in der Natur von großer Bedeutung. Die meisten Zucker, bei denen es sich um Verbindungen mit Aldehyd bzw. Ketogruppen sowie mehreren OH-Gruppen handelt, liegen in der Halbacetalform vor; hier eine Hexo-Aldose: O 1 H C 2 CHOH H OH 1 C HO 2 CHOH H 3CHOH 3CHOH 4 CHOH 4 CHOH O HO H HO 5 CHOH 5 HC 6 CH2OH 6 CH2OH Aldehydform Halbacetalform (Pyranose) 6 6 CH2 O 5 1 4 3 2 H OH HO H H H OH 5 O 4 1 OH H 3 H 2 H OH Furanose Pyranose Halbacetalform Es gibt neben den o.g. Aldosen auch Ketosen, bei denen nicht C-1 die Carbonylfunktion trägt, sondern ein C-Atom innerhalb der Kette, z.B: Vitamin C oder Fructose. Es gibt auch Zucker, bei denen die Kohlenstoffkette nur 4 oder 5 C's lang ist. Die Unterschiede der Tetrosen, Pentosen, Hexosen untereinander ergeben sich aus der Stereochemie. Einige der wichtigsten Monosaccharide (offenkettige Form): O 1 H C 2 H OH 3 HO H 4 H OH O 1 H C 2 H OH 3 H OH H 4 OH 5 C OH H2 H 5 OH 6CH OH 2 Glucose (Hexose) Ribose (Pentose) Carbonsäuren und Sulfonsäuren Carbonsäuren (Carboxylgruppe) stellen eine noch höhere Oxidationsstufe dar. Hier trägt der Carbonylkohlenstoff noch eine zusätzliche OH-Gruppe. Bei Ameisensäure errechnet sich die Oxidationszahl: zweimal +1 und zweimal –2, sodass sich für den Kohlenstoff +2 ergibt. Einige wichtige aliphatische Carbonsäuren: H C O O O OH Ameisensäure (formic acid) H3C C OH Essigsäure H3C C CH2 OH Propionsäure Formiat 11 H3C H2 C O C CH2 OH Buttersäure CH3(CH2)16COOH CH3(CH2)14COOH Stearinsäure Palmitinsäure (gesättigt) cis CH3(CH2)7CH=CH(CH2)7COOH cis cis CH3-(CH2)4-CH=CH-CH2 -CH=CH(CH2)7COOH Linolsäure (ungesättigt) Ölsäure (ungesättigt) cis cis cis CH3-CH2-CH=CH-CH2-CH=CH-CH2 -CH=CH(CH2)7COOH Linolensäure (ungesättigt) Weitere wichtige Carbonsäuren: H C COOH COOH H OH Benzoesäure COOH C C H H HOOC COOH HOOC Malonsäure Oxalsäure COOH Fumarsäure Maleinsäure HOOC COOH Nicotinsäure H HOOC C C H N Zimtsäure Salicylsäure HOOC COOH COOH C COOH Bernsteinsäure Die Namen leiten sich historisch aus den Materialien ab, in denen die Carbonsäuren gefunden wurden. Carbonsäuren sind schwache Säuren, die aber deutlich stärker sind als Alkohole und Phenole. Sie neigen zur Dimerenbildung in Lösung: O O H C R R C O R - COOH H O R - COO- + H+ OR C R C O O O O- R C O Die erhöhte Acidität ergibt sich aus der (günstigen) Möglichkeit der Delokalisation der negativen ladung im Carboxylatanion. Bei stark elektronegativem R können die Carbonsäuren beachtliche Acidität erhalten; z.B. hat die Trifluoressigsäure (R = CF3), die stärkste Carbonsäure, bereits die Säurestärke von verdünnter Salzsäure. 12 Es gibt eine Reihe von Verbindungsklassen, die sich aus Carbonsäuren ableiten: O O O R C R C R C O OR' X O R C N R C R C NR'2 O Säurehalogenide X = Cl, Br Anhydride Ester Amide Nitrile Ester sind angenehm riechende Flüssigkeiten, die oft Fruchtaroma haben. Carbonsäuren sind wichtige Naturstoffe und Bestandteile von Fetten, Ölen, Wachsen (Glyceride, Phospholipide). Fette: CH2 O CO R gesättigt: Palmitinsäure, Stearinsäure CH O CO R ungesättigt: Ölsäure, Linolsäure, Linolensäure CH2 O CO R CH2 O CO R Lecithin: CH O CO R 2 Fettsäuren Phosphat, Cholin O + CH2 O P O-CH2-CH2-N(CH3)3 O- Phospholipide bilden Doppelschichten und sind Grundbausteine der Membranen: Verbindungen, die ein lipophiles (Alkylrest) und ein hydrophiles Ende (Carboxylat) besitzen, sind sie oberflächenaktiv und können Micellen bilden. Lichtbrechung, Opaleszenz. Die Alkalisalze der höheren Carbonsäuren sind solche Verbindungen, die Seifen; Na-Salze snd Kernseife, K-Salze Schmierseife. Ca-Salze fallen aus und verlieren die emulgierende Eigenschaft. O O Verseifung: + R C NaOH R C O R' + R' OH O Na+ Sulfonsäuren sind saure Verbindungen, bei denen das Zentralatom in der funktionellen Gruppe nicht ein Kohlenstoff, sondern ein Schwefelatom ist: 13 O O R S OH H3C S OH O O Wegen der noch besseren Delokalisation der negativen Ladung in den Sulfonat-Anionen sind Sulfonsäuren noch saurer als Carbonsäuren und können die Acidität von Mineralsäuren erreichen. Wichtige Vertreter sind die Methansulfonsäure (R = CH3), die Benzolsulfonsäure (R = Ph) und Toluolsulfonsäure (R = C6H4-CH3). Wichtige Derivate der Sulfonsäure sind ihre Amide, die häufig genutzte Antibiotika sind, z.B.: H2N O O S NH2 H2N S N H O O Sulfanilamid Prontalbin(R) CH3 N H2N O COOH para-Aminobenzoesäure Vitamin H' Sulfamethoxazol Die Wirksamkeit der Sulfonamide beruht darauf, dass die krankheitserregenden Bakterien diese Substanzen der para-Aminobenzoesäure beim Aufbau ihre Zellwände vorziehen. Die Zellwände sind dann aber nicht mehr funktionsfähig. Sulfonamide können also bereits existierende Bakterien nicht abtöten, aber ihre Vermehrung verhindern. Hydroxycarbonsäuren, Aminosäuren und andere polyfunktionelle Carbonsäuren Viele organische Verbindungen enthalten mehr als eine funktionelle Gruppe. Häufig beeinflussen sich diese so, dass die Verbindungen nicht mehr die Eigenschaften haben, die den funktionellen Gruppen entsprechen; oft können neue Eigenschaften entstehen. Von den Hydroxy- und Ketocarbonsäuren sind folgende zu erwähnen: OH H3C C H COOH HOOC Milchsäure Lactate HO OH OH CH2 C COOH CH2 Äpfelsäure Malate OH Glycerinsäure H3C C CH CH HOOC COOH Brenztraubensäure Pyruvate C OH CH2 COOH C Citronensäure Citrate O H3C CH2 COOH OH Weinsäure Tartrate O COOH CH HOOC COOH O CH2 COOH C CH2 Acetessigsäure COOH Phenylbrenztraubensäure Viele dieser Verbindungen sind als Stoffwechselprodukte nachweisbar. Abbau der Zucker, Atmungskette, Citronensäurecyclus: Hierbei treten u.a. Citronensäure, Äpfelsäure, Bernsteinsäure und Fumarsäure auf. Bei kurzzeitiger Muskelanstrengung wird im Citronensäurecyclus aus Glucose Milchsäure erzeugt (Muskelkater). COOH COOH OH O-CO-CH3 Aspirin, ASS Salicylsäure 14 Aspirin ist das Acetat (Essigsäureester) der Salicylsäure. Aspirin ist eines der ältesten und auch heute noch wichtigsten Schmerzmittel, es fördert als Nebenwirkung jedoch Magenschleimhautreizungen und behindert die Blutgerinnung. Die intramolekularen Wechselwirkungen zwischen den funktionellen Gruppen sind bei den Aminosäuren (AS) besonders augenfällig. Bei den meisten natürlich vorkommenden AS handelt es sich um α-AS, d.h. die Aminogruppe befindet sich am zur Carboxylgruppe benachbarten C. AS liegen i.a. als Zwitterionen vor, woraus sich auch der hohe Schmelzpunkt dieser Verbindungen ergibt: R NH2 NH3+ C C H COOH R COOH COOH H2N H R H R C L-AS Zwitterion Betain-Struktur COO COOH COOH H H NH2 NH2 R R C H NH2 D-AS Aminosäuren haben Titrationskurven, die denen der zweiprotonigen Säuren entsprechen. Demzufolge können sie auch in zwei Bereichen als Puffer wirken. Beispiel: Glycin-Puffer (Glycin: R = H) , hier wird der basische Bereich häufiger genutzt. Die natürlichen AS sind fast immer sog. (L)-AS (R ≠ H). Dies bezeichnet ihre Stereochemie. Die unnatürlichen sind die entsprechenden Spiegelbilder [(D)-AS]. Nähere Einzelheiten zur Stereochemie dieser Verbindungen in späteren Lehrveranstaltungen. Unter essentiellen AS versteht man solche, die der menschliche Körper nicht zu bilden vermag, also mit der Nahrung aufnehmen muss. AS sind die Bausteine der Peptide und Proteine und stellen somit eine der wichtigsten Substanzklassen in der Natur dar. Ihre Verknüpfung erfolgt über die sog. Peptid-Bindung. H2N CH C OH + H2N CH C OH - H2O H2N CH C N CH H R1 O R1 R2 O R2 O C OH O Peptidbindung C-Terminus N-Terminus Einschränkung der Rotation um die C-N-Bindung durch Doppelbindungsanteil, siehe Mesomerie-Darstellung; der Stickstoff ist nicht mehr basisch: O C C O N C C H C + N H 15 C Die abkürzenden Benennung von Peptiden sieht folgendermaßen aus: O H2N C CH N CH2 CH2 COOH CH3 Alanin, Ala Glycin, Gly H . Ala . Gly . H H2 N NH2 O H CH3 C COOH OH Die Sequenz einer Peptidkette, also die Aufeinanderfolge der jeweils miteinander verknüpften AS nennt man Primärstruktur. Peptide und – bei größeren Molekülen – die Proteine sind als Ketten nicht so frei beweglich, wie man aufgrund der zahlreichen Einfachbindungen erwarten sollte. Dies liegt zum einen an dem schon erwähnten Doppelbindungsanteil der C-N-Bindungen, die nur einschränkte Drehbarkeit erlauben. Zusätzlich führt dies auch dazu, dass das Strukturelement um die Peptidbindung herum Planarität bervorzugt. Zwei solche Peptide-Ebenen stehen zueinander in einem Winkel, weil das α-C-Atom ein Tetraeder ist. Dadurch hat die Kette eine Tendenz zur Zick-Zack-Form. Kohlensäure-Derivate Die höchste Oxidationssstufe kann Kohlenstoff in Kohlensäurederivaten RO-C(=O)-OR erreichen. Die Kohlensäure selbst ist nicht beständig, da das Gleichgewicht O HO C CO2 + H2O OH ganz auf der rechten Seite liegt. Die Oxidationszahl in CO2 ist +4. Es gibt zahlreiche wichtige Derivate der Kohlensäure: NH O H2 N C NH2 Harnstoff H2 N C O NH2 Guanidin Cl C H3C N C O Cl Methylisocyanat (MIC) (Union Carbide, Bhopal, 1982 2000 Tote) Phosgen Harnstoff war die erste organische Verbindung, die synthetisch aus Ammoniumisocyanat hergestellt wurde (Wöhler, 1840). Das beim Stoffwechsel produzierte giftige Ammoniak wird im Körper als Harnstoff im Urin ausgeschieden; der Stickstoff ist hier nicht mehr basisch! O HN O N H (Tautomerie) N O HO O OH HN N OH O Barbitursäure O C2H5 C2H5 N O H Veronal HN O C2H5 C6H5 N O H Luminal Barbitursäure ist keine Carbonsäure, sondern ein cyclisches Derivat der Kohlensäure, das als Kondensationsprodukt aus Harnstoff und Malonsäure verstanden werden kann. Sein Tautomer ist ein Triphenol, daher die sauren Eigenschaften. 16 Nitro-, Nitroso- und Azoverbindungen OH O2N +III NO2 CH3 O 2N NO2 O O 2N N C H2 O O 2N O NO2 O NO2 Glycerintrinitrat Nitroglycerin Trinitrotoluol, TNT O + +V CH O NO2 Pikrinsäure NO2 CH2 O NO2 O N + R N O O usw. NO2 N N NO2 O Wichtige Nitroverbindungen sind: Pikrinsäure, eine der am stärksten sauren organischen Verbindung, Trinitrotoluol TNT, ein Sprengstoff und Nitroglycerin, ebenfalls ein Sprengstoff, der aber auch als blutdrucksenkendes Mittel angewendet wird. Nitrosoverbindungen, insbesondere N-Nitrosoverbindungen (>N–NO), sind stark cancerogene Stoffe. Sie entstehen bei der Reaktion von Aminen und Aminosäuren mit Nitraten und nitrosen Gasen und treten u.a. auf im Tabakrauch (Tumoren der Lunge, Mundhöhle, Pankreas), aber auch in der Gummi-Industrie und der Ledergerberei. Azoverbindungen enthalten eine –N=N– Gruppe. Am bedeutendsten sind die aromatischen Azoverbindungen mit dem Grundkörper Azobenzol, die durch Diazotierung von Aromaten dargestellt werden können, z.B.: OH N2+ Cl- OH + - HCl N N + N N Diazobenzol wird aus Anilin erzeugt, das damit einer der wichtigsten chemischen Grundstoffe überhaupt war und ist (BASF). Azobenzole sind Bestandteil der Azofarbstoffe, ehemals eine wichtige Farbstoffklasse. Durch geeignete Substitution können vielerlei Farbabstufungen über das gesamte Farbspektrum erreicht werden. Phosphorverbindungen Phosphor ist das Element, das in der 5. Hauptgruppe dem N folgt. Da es nicht nur über s- und p-, sondern auch über d-Elektronen verfügt, kann P seine Valenzelektronenzahl über das Oktett ausdehnen. Eine der physiologisch wichtigsten Phosphorverbindung ist die Phosphorsäure. 17 NH2 N O - HO P OH OH O O O O P O P O P O OOO- N N N O ATP HO OH Ihre besondere Bedeutung liegt in der relativ hohen Energie der Pyrophosphate (Phosphorsäureanhydride), deren Hydrolyse mit der Freisetzung von etwa 40 kJ/Mol verbunden ist. Der wohl wichtigste Energielieferant für biochemische Reaktionen ist ATP (Adenosin-triphosphat). Nucleotide sind Monophosphate mit ähnlichem Aufbau, die in den Nukleinsäuren (RNS, DNS) kettenartige miteinander verknüpft sind. +III CH3 O P F O OC2H5 +V O P S O2N OC2H5 O O P N O O CN P P O F Soman Sarin E 605 CH3 O CH3 S N VX Tabun Manche Phosphorverbindungen sind stark giftig, z.B. das Pflanzenschutzmittel E 605. Interessanterweise tritt dessen Wirkung erst ein, wenn der an Phosphor gebundene Schwefel durch Sauerstoff ersetzt wird. 18