Geschichte der Frauen in der IG Metall 1871 bis 2005

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Frauen- und Gleichstellungspolitik
Geschichte der Frauen in der IG Metall
1871 bis 2005
Versammlung eines Dienstmädchenvereins um 1848
WIR STREITEN FÜR
BESSERE ZEITEN
Die Geschichte der
Frauen in der
IG Metall
1871-2005
Titelbild: 13. IG Metall-Frauenkonferenz 1988
Vorwort
„Ziel ist das Menschenrecht als Frauenrecht weltweit“
( Clara Zetkin, 1911)
„Aus der Vergangenheit lernen,
die Zukunft zu gestalten“, so
lautete einst das Motto einer
Frauenkonferenz.
Frauen können heutzutage
ihr Leben erheblich eigenständiger gestalten, als dies ihre
Urgroßmütter, Großmütter und
Mütter konnten. Die Voraussetzungen dafür haben engagierte
Frauen in den letzten zweihundert Jahren hart erkämpft.
Seit den Anfängen der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung im 19. Jahrhundert hat
es Schwierigkeiten beim Aufbau
gemeinsamer Organisationen
von Männern und Frauen gegeben.
Die Gründe sind vielfältig.
Einen großen Einfluss hatte und
hat wohl auch heute noch die
herkömmliche Rollenverteilung
zwischen den Geschlechtern.
Männer galten als rational und
waren für die materielle Versorgung der Familie verantwortlich,
während Frauen vor allem die
emotionale Familienarbeit zugeordnet wurde. Die Abhängigkeit
der Frauen von den Männern
wurde durch eine entsprechende Gesetzgebung, durch
unterschiedliche Zugänge zu
Ausbildung und Weiterbildung,
durch geringe eigene Einkommensmöglichkeiten und vieles
mehr gefestigt. Für die kapitalistische Produktionsweise war
und ist diese Rollenteilung sehr
profitabel.
In diesem Buch haben wir
versucht wichtige Stationen der
Entwicklung von Frauenpositionen innerhalb und außerhalb
unserer Gewerkschaften nachzuzeichnen. Arbeitsbedingungen des letzten Jahrhunderts im
Metall, Textil- und Holzbereich,
die ersten Streiks, Kämpfe für
gerechten Lohn und bessere
Lebensbedingungen, Frauenförderung und Quotierung. Wer
sich für das eine oder andere
Ereignis oder Thema stärker
interessiert, findet in der Literaturliste weiteren Lesestoff.
Wir wünschen viel Spass
beim Lesen und neue Erkenntnisse für die »alte« Auseinandersetzung um die Geschlechtergerechtigkeit.
Kirsten Rölke
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Herausgeber: IG Metall-Vorstand, Funktionsbereich Frauen- und Gleichstellungspolitik
Redaktionsteam: Christiane Wilke, Gabriele Ulbrich, Astrid Knüttel
Bildredaktion, Recherche und Gestaltung: Five-for-You-Multimedia, www.54u.de.
Druck: Raiffeisen Druckei, Neuwied
Vorwort ............................................................................................................................................... 5
Die Arbeiterinnen im Kaiserreich: 1871 – 1918 ................................................................................... 9
Von der Landarbeiterin oder Dienstmagd zur Hilfsarbeiterin ............................................................. 11
Die allgemeinen Merkmale der industriellen Frauenarbeit ............................................................... 17
„Uns geht es ums Ganze“ - die proletarische Frauenbewegung ........................................................ 23
Die »bürgerliche« Frauenbewegung .................................................................................................. 29
„Die Arbeiterinnen zu höheren Lebensansprüchen erziehen“ ............................................................33
Hauptsache, die Männer sind organisiert ...........................................................................................37
Der Arbeitskampf als Festakt .............................................................................................................. 41
„ … bis zur Erschöpfung in den Dienst des Vaterlandes“ .................................................................. 43
Berufsausbildung .............................................................................................................................. 46
Frauenarbeit und Gewerkschaften in der Weimarer Republik 1918 – 1933 ...................................... 49
Die Errungenschaften der Novemberrevolution 1918 ......................................................................... 50
Aufschwung der Gewerkschaftsbewegung (1918 – 1923) ................................................................... 51
Die Zurückdrängung der Frauenarbeit während der wirtschaftlichen Demobilmachung (1918 – 1923) ..52
Der Umfang der industriellen Frauenarbeit ....................................................................................... 54
Die Frauenarbeit des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes (DMV).................................................... 56
Die Frauenarbeit des Deutschen Textilarbeiter-Verbandes (DTAV)..................................................... 58
„Mein Arbeitstag, mein Wochenende“............................................................................................... 60
Ohne Arbeit und Unterstützung ......................................................................................................... 63
Die Frauen in der Defensive ............................................................................................................... 64
Die Frauen in den Arbeitskämpfen ..................................................................................................... 65
Die Faschistische Diktatur 1933 – 1945 ..............................................................................................67
Die Frauen und die IG Metall 1945 – 2005 ..........................................................................................73
Der Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg ......................................................................................74
Gewerkschaftliche Frauenpolitik in der DDR ......................................................................................75
Gewerkschaftliche Frauenpolitik in der Bundesrepublik ................................................................... 82
Die Neue Frauenbewegung ............................................................................................................... 109
Auch in Zukunft: starke Frauen für eine starke IG Metall .................................................................. 112
Weiterführende Literatur .................................................................................................................. 114
Bildnachweise .................................................................................................................................. 116
7
Reisigsammlerinnen bei Berlin um 1900 (Foto Heinrich Zille)
DIE ARBEITERINNEN
IM KAISERREICH
1871-1918
8
Von der Landarbeiterin oder Dienstmagd zur Hilfsarbeiterin
Der Arbeitstag der weiblichen
Landbevölkerung war lang und
enorm mühsam. 18 Stunden
Arbeit galten als normal. So war
es auch nicht verwunderlich,
dass im 19. Jahrhundert mit
Beginn der Fabrikarbeit viele
Bauernmädchen in die Stadt
strömten und beinahe jede Erwerbstätigkeit annahmen, um
der Mühsal der Landarbeit zu
entgehen.
Um die Jahrhundertwende
galten Ehe und Familie als verbindliche Lebensformen. Allerdings waren etwa 40 Prozent
der erwachsenen Frauen nicht
verheiratet bzw. verwitwet oder
geschieden. Ganzen Berufsgruppen wurde das Heiraten verboten oder erschwert. So mussten
beispielsweise Lehrerinnen, Beamtinnen, Dienstbotinnen ihre
berufliche Tätigkeit beenden,
sobald sie heirateten. In der
Brettschneidemühle um 1870 ( Foto Carl Friedrich August Kotzsch )
10
11
Unterschicht wurden meist freie
Liebesverhältnisse gelebt, weil
der Lohn zur Gründung eines
Hausstandes nicht ausreichte.
Die Aufgaben zwischen
Mann und Frau waren strikt
getrennt. Sie war zuständig für
die häuslichen Belange und die
Kindererziehung, er sicherte die
materielle Existenz »draußen«.
In den Arbeiterfamilien
reichte der Lohn des Mannes
selten für die ganze Familie.
Die Frauen mussten, gerade
wenn sie mehrere Kinder hatten, zusätzlich Geld verdienen,
entweder in Heimarbeit oder als
Fabrikarbeiterin. Oft wurden in
den ohnehin schon überfüllten
kleinen Wohnungen noch Betten an »Schlafburschen« oder
»Schlafmädchen« vermietet.
Unverheiratete Frauen aus
der Arbeiterschicht hatten ein
Leben als Dienstmädchen oder
als ungelernte Arbeiterin in der
Fabrik vor sich.
Frauen fanden vor allem
in den Industrien Arbeit, die
die Männer wegen der miserablen Arbeitsbedingungen
und der geringen Einkommen
verlassen hatten. Es handelte
sich um Fabriken, in denen die
Massenanfertigung eine starke
Arbeitsteilung und damit die
Zerstückelung eines Arbeitsprozesses erlaubte. Für diese Arbeit waren keine qualifizierten
Ausbildungen nötig, sondern
sie konnte von Un- und Angelernten verrichtet werden. So
waren in der Textil- und der Bekleidungsindustrie, aber auch
in der Tabakfabrikation Arbeiterinnen in der Mehrzahl. Mit der
Entwicklung weiterer Technik
und damit auch der Vereinfachung der Arbeitsweise, wurden
auch in der Metallindustrie, vor
18 Stunden Arbeit
galten auf dem
Land als normal.
allem in der Elektrotechnik, in
der Feinmechanik und -optik,
sowie in der Herstellung von
Eisen-, Stahl- und Metallwaren
immer mehr Frauen eingestellt.
Auch in der Bleistiftbranche
waren in den 80er Jahren des
vorletzten Jahrhunderts bereits
ein Drittel aller Beschäftigten
Frauen. Zum gleichen Zeitpunkt
lag beispielsweise der Frauenanteil der Nürnberger und
Fürther Spielwarenindustrie um
40 Prozent.
Noch erheblich schlechtere
Arbeitsbedingungen fanden die
Frauen vor, die ihre Arbeit zu
Hause, in sogenannter Heimarbeit verrichteten. Zunächst bot
Nähen von Arbeiter-Hosen in Heimarbeit um 1890 (Foto Jacob A. Riis)
12
13
die Heimarbeit oder die Hausindustrie den arbeitssuchenden
Frauen durchaus Vorteile. Es
gab keine Schranken, wie im
zünftlerischen Handwerk, in
dem Frauen, wenn sie nicht
gerade mit dem Meister verheiratet waren, nicht arbeiten
durften. Die Arbeit kam sozusagen zu ihnen aufs Land, in
ihre Stube, und sie brauchten
nur einen Webstuhl oder später
eine Nähmaschine. So konnten sie ihre kargen Einkünfte
aus der landwirtschaftlichen
Arbeit aufbessern. Doch mit
zunehmender Industrialisierung
gerieten bald alle Heimarbeiterinnen in Wettlauf mit der Zeit
und unter Konkurrenzdruck der
maschinellen Massenproduktion. Sie versuchten die Einbußen
durch noch billigere Löhne,
durch Mehrarbeit, endlose Arbeitstage und die Einbeziehung
aller Familienmitglieder von
den Kindern bis zu den Greisen
auszugleichen; aber ihr Elend
war dennoch nicht aufzuhalten.
Bereits in den vierziger Jahren
des 19. Jahrhunderts hat Louise
Otto auf das Los der Klöpplerinnen, Strickerinnen und Näherinnen aufmerksam gemacht
und sich zur Linderung der Nöte
in ihrer »Frauenzeitung« für die
Assoziation der Arbeiterinnen
eingesetzt.
Das Elend der
Arbeiterinnen in
Land-, Fabrik- und
Heimarbeit
Frauen in der Metallindustrie 1882-2003
Anstieg der
Frauenbeschäftigung
Mit der Ausbreitung der
Industrialisierung wurden also
immer zahlreicher auch weibliche Arbeitskräfte als lohnabhängige Arbeiterinnen in die
kapitalistische Produktion eingegliedert. Besondere Dynamik
entfaltete dieser Prozess seit
dem Ende des 19. Jahrhunderts:
1882 waren in Deutschland
5,5 Millionen Frauen erwerbstätig, 1885 schon 6,5 Millionen,
1907 sogar 9,5 Millionen. Der
Erwerbstätigenanteil der Frauen in Deutschland stabilisierte
sich längerfristig auf der Skala
zwischen 30 und 40 Prozent, um
dann in unseren Tagen kräftig
über die 40 Prozent-Marge zu
steigen.
Der enorme Anstieg von
Frauenbeschäftigung in der Metallindustrie wurde auch durch
die Integration einer enorm
steigenden Zahl weiblicher Angestellter erreicht.
Während sich der Frauenanteil bei den Angestellten
von 1,4 Prozent im Jahre 1895
über 9,8 Prozent im Jahre 1907
auf 28,5 Prozent im Jahre 1925
erhöhte, veränderte er sich
bei den Arbeitern und Arbeiterinnen nur unwesentlich von
1 Prozent über 1,1 Prozent bis
4,1 Prozent.
14
Jahr
Zahl der beschäftigten Frauen
Anteil an der Gesamtzahl der Beschäftigten
1882
18.430
3,3 %
1907
78.060
4,6 %
1925
291.925
11,1 %
1950
356.607
15,1 %
1960
924.356
20,5 %
1980
1 124.828
22,4 %
2003
848.577
20,9 %
15
Die allgemeinen Merkmale der industriellen Frauenarbeit
Die Proletarierinnen, die von der
verbreiteten Not getrieben die
Lohnarbeit ergriffen, gelangten
ohne Vorbildung und Schulung
aus ihrem häuslichen Arbeitsbereich in die Fabriken. Die
Arbeiten, die sie auszuführen
hatten, waren vorwiegend ungelernteTätigkeiten. Die Zahl der
ungelernten Arbeiterinnen war
noch 1907 doppelt so hoch wie
die ihrer männlichen Arbeitskollegen.
Die Berufsausbildung der
männlichen Jugendlichen war
gesetzlich geregelt. Weibliche
Jugendliche hatten kaum die
Möglichkeit, eine qualifizierte
Ausbildung zu machen. 1907
gab es unter den Arbeiterinnen
Frauenarbeit bei Kraus Maffei
16
17
5,8 Prozent Gelernte. Oft bestand die »Ausbildung« aber nur
in einer Anlernzeit von 6 bis 8
Monaten.
An einer Qualifizierung der
Frauen war niemand interessiert. Für die Industrie stand
mit den un- und angelernten
Frauen – mangels anderer Alternativen – ein billiges Arbeitsheer zur Verfügung.
Mit ihrer unzureichenden Qualifikation konnte das
niedrige Lohnniveau scheinbar schlüssig und objektiv
begründet werden. Ergänzt
wurde diese Begründung mit
Argumenten von einer naturbedingten »Minderwertigkeit des
Weibes«.
„Die Schwäche und Rückständigkeit der Frau ward im
Laufe der Jahrhunderte zu einem
gesellschaftlichen Dogma, zu
einer unumstößlichen Grundanschauung erhoben, auf der sich
ein ganzes System der körperlichen, geistigen und moralischen
Unterdrückung aufbaute“ bemerkte 1889 dazu Clara Zetkin.
Frauen sollten sich auf die
Ehegattinnen- und Mutterrolle
beschränken oder zumindest
konzentrieren. Diese Argumentation hatte auch den Vorteil, dass
die Arbeiterinnen als flexible Manövriermasse, als »Reservearmee«, je nach Konjunkturlage
und nach Belieben angeworben
oder gefeuert werden konnte.
Die Not trieb
Frauen in die
Lohnarbeit
Frauen als
industrielle
»Reservearmee«
Frauenarbeit – Männerarbeit*
Unqualifizierte
Arbeit für Frauen
Wenn von Frauenarbeit in der
Industrie gesprochen wird, sind
die sogenannten un- und angelernten Arbeiterinnen gemeint.
Zumindest in der Metall-, Holzund Kunststoffbranche. In der
Textil- und Bekleidungsindustrie
gab es zwar vermehrt Facharbeiterinnen, aber auch dort waren
die meisten Arbeiterinnen eher
in un- und angelernten Bereichen.
Doch sowohl in der Heimarbeit als auch in der Fabrikarbeit
gab es eine klare geschlechtsbezogene Zuordnung einzelner
Tätigkeiten. Das Metalldrücken,
Löten und die Mechanikerarbeiten galten als Männerarbeit;
die Bedienung von kleineren
Stanzen und Pressen, das Lackieren, das Säubern der Waren, das Galvanisieren u. ä. galt
als Frauenarbeit. Kraftaufwand
war ein wichtiges Merkmal,
das einer Tätigkeit eine höhere
Wertigkeit verlieh; Geschick-
lichkeit dagegen zählte wenig.
War eine Arbeit offensichtlich
körperlich nicht zu schwer für
Frauen, so wurden oft andere
Argumente ins Feld geführt, um
sie dennoch für Frauen ungeeignet erscheinen zu lassen. Das
Schneiden von Schrauben rief
aufgrund des „fortdauernden
Stehens“, das „für den weiblichen Organismus“ nicht zuträglich sei, Kritik hervor, während
andererseits Schleif- und Polierarbeit „wegen der notwendig gebückten und sitzenden
Haltung und des entstehenden
Staubes“ für Frauen nicht gern
gesehen war.
Die Einwände, die sich auf
„Anforderungen bedenklicher
Art für die Gesundheit“, was vor
allem hieß: für die Gebärfähigkeit der Frau, bezogen, wurden
ergänzt durch die Sorge der
Gewerbeaufsichtsbeamten um
Moral und Sittlichkeit der Arbeiterinnen.
Allein die Schutzkleidung,
die an bestimmten Arbeitsplätzen angezogen werden musste,
führte zu einer eindeutigen
Geschlechtertrennung. Als
beispielsweise während des
Ersten Weltkrieges aus Gründen des Unfallschutzes auch
für Frauen die Hosenkleidung
vorgeschrieben wurde, stieß
diese Vorschrift auf eine breite öffentliche Missbilligung.
So stellte beispielsweise ein
Kölner Gewerberat fest, dass
die Hosenkleidung, die bei den
meisten Arbeiten angelegt werden müsse, oft anstößig wirke,
besonders da eine Trennung der
Geschlechter nicht durchführbar sei. Dieser Umstand deutet
schon darauf hin, dass Arbeiten,
die eine der physischen Natur
der Frau nicht angemessene
Bekleidung verlangen, für diese
ungeeignet sind.
Die Aufmerksamkeit der
Gewerbeaufsichtsbeamten galt
aber nicht nur dem äußeren
Erscheinungsbild der weiblichen Arbeitskräfte, auch das
Erscheinungsbild des herzustellenden Produkts und der dazu
erforderlichen Maschinen wurde
zum Kriterium für die Angemessenheit einer Tätigkeit. Für
das sogenannte »schwache Geschlecht« erscheinen vor allem
kleine Produkte angemessen.
Zum Beispiel das Drehen kleiner
Metallschrauben oder das Bohren und Nieten von Blechstückchen. Der Einsatz von Frauen bei
der Herstellung von Blechdosen
und Fahrradlaternen erschien einem Beamten 1901 dagegen weniger angemessen, „weil sie die
Bedienung größerer, maschinell
betriebener Stanzen und Pressen
erfordert, die nicht nur körperliche Anstrengung, sondern auch
angespannte Aufmerksamkeit
zur Vermeidung ernster Unfallgefahren nötig macht“.
Eine weitere Trennung von
* Zitate aus: Kassel, Brigitte: Frauen in einer Männerwelt. Frauenerwerbsarbeit in der Metallindustrie und ihre Interessenvertretung durch den Deutschen Metallarbeiter-Verband (1891–1933), Köln 1997
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»Frauenarbeit« und »Männerarbeit« schien sich aufgrund
sog. geschlechtstypischen Fähigkeiten nahezu naturgegeben
anzubieten.
Arbeiterinnen hatten vorzugsweise Aufgaben zu erfüllen,
bei denen ihre vorgebliche naturhaft weibliche Fähigkeit, wie
die vielzitierte Fingerfertigkeit
und Handgeschicklichkeit, produktiv genutzt werden konnten.
Metallarbeiterinnen wurden
eher in der Fabrikation von Massenware, z. B. Schrauben und
Muttern, eingesetzt, als mit qualifizierter Arbeit bei der Herstellung von Unikaten beschäftigt.
In der Bleistiftindustrie polierten und banden sie Bleistifte,
während die Herstellung der
Rohbleistifte von Männern erledigt wurde. In der Textilindustrie
sah es ähnlich aus.
Darüber hinaus waren
die Arbeitsplätze in vertikaler
Richtung geschlechtsspezifisch
verteilt. Männer hatten als
sogenannte Einrichter und vor
allem als Meister auch in reinen
Arbeiterinnenabteilungen die
Aufsicht über Frauen. Im Ergebnis waren die beruflichen Tätigkeiten streng nach Geschlecht
hierarchisch geteilt.
Mit der Zeit verschob sich
die Relation zwischen der ungelernten und der angelernten
Arbeit in der weiblichen Industriearbeit etwas mehr zugunsten
der angelernten Tätigkeiten.
Dies galt vor allem in der Textilund der Bekleidungsproduktion.
Eine ähnliche Tendenz zeigte
sich bei dem hohen Fraueneinsatz im ersten Weltkrieg in der
Metallindustrie und ebenfalls
als Folge des Rationalisierungsdrucks im Metallbereich während der zwanziger Jahre des
20. Jahrhunderts. Der Anteil der
Facharbeiterinnen blieb aber
kontinuierlich bis in den zweiten
Weltkrieg hinein unter 5 Prozent.
Das »schwache
Geschlecht«
Einkommen
Einheitslohn für
Frauen – auf unterstem Niveau
»Frauenakkorde«
deulich niedriger
Das Frauenlohnniveau erreichte
vor dem ersten Weltkrieg nur
die Hälfte bis zwei Drittel des
Lohnes männlicher Hilfsarbeiter.
Außerdem bekamen die Frauen
einen Einheitslohn, während die
Löhne der Arbeiter nach Alter
gestaffelt wurden. Mit zunehmendem Alter erhöhte sich auch
das Einkommen.
Metallarbeiterinnen verdienten im allgemeinen immer weniger als Metallarbeiter auf der
niedrigsten Qualifikationsstufe.
Im Schnitt lag der Frauenlohnanteil bei ca. 60 Prozent. Im Einzelfall oder je nach Vergleichsgröße war das Verhältnis von
Frauen- zu Männerlöhnen etwas
günstiger. Dies galt aber nur für
die untersten Qualifikationsgruppen, z. B. Hilfsarbeiterinnen
und Hilfsarbeiter. In der Holzbranche war das Einkommen
der meist ungelernten Frauen
noch nicht einmal halb so hoch
Arbeitszeit
wie das der am schlechtesten
bezahlten Männer.
Durch die technologische
Entwicklung und die damit
verbundene Rationalisierung
drangen Frauen gerade in der
Metallindustrie zwar in Arbeitsbereiche vor, die früher den
Aufgabenkreis von Facharbeitern bildeten, bekamen jedoch
keineswegs den den höheren
Anforderungen entsprechenden
Lohn. Die Akkordarbeit war
unter den Metallarbeiterinnen Ende der zwanziger Jahre
stärker verbreitet als bei den
Männern. Die Akkordpreise
dieser »Frauenakkorde« fielen
größtenteils 26 bis 40 Prozent
niedriger aus als die der vergleichbaren Männerakkorde.
Die leistungsfähigste Arbeiterin verdiente auch im Akkord
erheblich weniger als der
männliche Hilfsarbeiter. Die
Minderbezahlung hatte also
mit Minderleistung nichts zu
tun. Immerhin verringerte sich
die Lohnspanne in der Zeit der
Weimarer Republik im Vergleich
zum Kaiserreich auf »nur« 20
bis 40 Prozent.
Die Lohndifferenz blieb
auch während der Jahre der
Nazidiktatur, von 1933 bis 1945,
mit durchschnittlich 30 Prozent
im wesentlichen konstant. Wie
schon vor 1933 wurden die Arbeiterinnen ohne Rücksicht auf
ihre Qualifikation entlohnt, gelernte und ungelernte Arbeiterinnen verdienten also weniger
als ihre ungelernten männlichen
Kollegen.
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Um die Jahrhundertwende
arbeiteten die Menschen
(Frauen und Männer) in der
Fabrik durchschnittlich 12 bis
14 Stunden an sechs Tagen in
der Woche. Mit der Novelle
der Gewerbeordnung von 1891
wurde 1892 unter anderem
das Nachtarbeitsverbot für
Fabrikarbeiterinnen sowie der
elfstündige Maximalarbeitstag
für Arbeiterinnen und 1895 die
gewerbliche Sonntagsruhe
eingeführt. An Vortagen von
Sonn- und Feiertagen war die
Arbeitszeit auf zehn Stunden
beschränkt. Die Arbeitszeit
musste zwischen 5:30 Uhr und
20:30 Uhr liegen; an Samstagen
und Vorfeiertagen durfte sie bis
17:30 Uhr reichen. Bei großem
Arbeitsanfall war mit Genehmigung der Gewerbeaufsicht eine
Ausdehnung bis 22 Uhr möglich.
Darüber hinaus wurde eine einstündige Pause angeordnet.
21
Eine reichsweite Erhebung
der Gewerbeaufsicht über die
Arbeitszeit von Fabrikarbeiterinnen im Jahre 1902, die über
800.000 Arbeiterinnen – vorrangig aus der Textilindustrie
– erfasste, bestätigt, dass in
etwa zwei Drittel der erfassten
Betriebe insgesamt mehr als die
Hälfte der Frauen bis maximal
zehn Stunden täglich arbeiteten.
Die durchschnittliche tägliche
Arbeitszeit lag unter elf Stunden.
Mit einer weiteren Novelle
der Gewerbeordnung von 1908
wird die Höchstarbeitszeit für
Fabrikarbeiterinnen und Jugendliche ab 1910 auf zehn Stunden
festgelegt. An den Tagen vor
Sonn- und Feiertagen wird die
Arbeitszeit auf 8 Stunden begrenzt.
Dienstmädchen hatten dagegen nur jeden zweiten Sonntag frei, ansonsten mussten sie
nahezu unbegrenzt zur Verfügung stehen. Ein Arbeitstag von
16 Stunden war keine Seltenheit. Insofern war die Fabrikarbeit für viele Frauen die bessere
Alternative.
Nachdem in der Weimarer
Republik Ende 1923 der 1918
eingeführte 8-Stunden-Tag
aufgehoben wurde, hatten vor
allem wieder Arbeiterinnen der
sogenannten Frauenindustrien
täglich bis zu 10 Stunden und
darüber liegende Arbeitszeiten.
„Uns geht es ums Ganze“ - die proletarische Frauenbewegung
Nach der Reichsgründung 1871
bekamen nur die deutschen
Männer über 25 Jahre das gleiche, geheime, direkte und allgemeine Wahlrecht zum Reichstag.
Die Frauen blieben in diesem
und in vielen anderen wirtschafts- und privatrechtlichen
Belangen Staatsbürger zweiter
Klasse. Die reaktionären Vereinsgesetze mehrerer deutscher
Staaten nahmen ihnen bis 1908
die Möglichkeit einer direkten
politischen Betätigung.
Die meisten frühen gewerkschaftlichen Organisationen
der jungen Arbeiterbewegung
betrachteten die Vermehrung
der Frauenarbeit in der Industrie
mit Misstrauen und Konkurrenzangst, die Mitgliedschaft
von Arbeiterinnen hielten sie
für unerwünscht. Vor allem die
Berufsverbände, die dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein des Ferdinand Lassalle nahe
standen, lehnten industrielle
Frauenarbeit ab.
22
23
Höhere Akzeptanz fanden
Arbeiterinnen dagegen bei den
Gewerksgenossenschaften der
sogenannten Eisenacher Richtung, die von August Bebel und
Wilhelm Liebknecht maßgeblich
beeinflusst wurden.
Immer wieder forderte ein
Teil der Arbeiter die Abschaffung
der Fabrikarbeit für Frauen in
der Hoffnung, durch ein geringeres Arbeitskräfteangebot die
eigenen Löhne aufbessern zu
können. Immerhin wurde beispielsweise auf dem »allgemeinen deutschen sozialdemokratischen Arbeiterkongreß« 1869
in Eisenach ein Antrag zur Abschaffung der Frauenarbeit abgelehnt. In der Begründung wurde argumentiert, dass dadurch
die notleidenden, auf Erwerb
angewiesenen Frauen nur zur
Prostitution getrieben würden.
Die weibliche Konkurrenz könnte nur durch die gemeinsame
Organisation mit den Männern
abgeschafft werden.
Eine besondere Rolle spielte
die im Februar 1869 in Crimmitschau gegründete »Gewerksgenossenschaft der Manufaktur-,
Fabrik und Handarbeiter«, die
sich vorrangig als Textilarbeitergewerkschaft verstand und
von Beginn an gleichermaßen
Männer und Frauen organisierte. Bereits ein Jahr nach der
Gründung hatte diese Gewerkschaft bereits weit über 6000
Mitglieder und davon waren
ein Sechstel Frauen, wie Clara
Zetkin in ihrer Geschichte der
proletarischen Frauenbewegung
schreibt (S. 130). Besonders
bemerkenswert ist, dass in das
Organisationskomitee, das für
die Gewerksgenossenschaft
ein Statut ausarbeitete, auch
zwei Frauen (Wilhelmine Weber
und Christiane Peuschel ) aufgenommen wurden. In diesem
Statut wurde geregelt, dass
Frauen nicht nur Mitglied werden konnten, sondern sogar das
aktive und passive Wahlrecht
Artikel 15. Die Dienstherrschaft ist insbesondere
berechtigt, die Dienstboten ohne Aufkündigung
sofort zu entlassen:
...
7) wenn
sie länger als vierzehn Tage durch Krankheit,
Freiheitsstrafe oder Abwesenheit an ihren
Dienstleistungen verhindert sind;
8) wenn sie schwanger sind;
(Auszug aus der Gesindeordnung vom 28 April
1877, Darmstadt)
Die ersten Frauen
in den Gewerkschaften
zugesprochen bekamen. Für
die damalige Zeit eine absolute
Sensation.
Konnte diese frauenpolitisch
fortschrittliche Haltung bei der
Gewerksgenossenschaft der
Manufaktur-, Fabrik- und Handarbeiter noch mit einem besonders hohen Anteil weiblicher
Arbeitskräfte begründet werden,
war es jedoch überraschend,
dass die Gewerksgenossenschaft der Metallarbeiter bereits
wenige Monate später ähnliche
Regelungen verabschiedete. Es
spricht vieles dafür, dass die
Kollegen sich bei der Verfassung
ihrer Satzung nach den von
Bebel vorgelegten »Musterstatuten für Deutsche Gewerks-
genossenschaften« richteten.
Arbeiterinnen waren in ihrer
Branche eher selten. Sogenannte frauenpolitische Forderungen,
z. B. die Einführung einer Wöchnerinnen-Unterstützung, fanden
auch kaum Unterstüzung.
In den 70er Jahren kämpften
engagierte Frauen wie Clara
Zetkin und Emma Ihrer für eine
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Änderung im Bewusstsein der
Arbeiter und ihrer Funktionäre.
1878 erschien das Buch »Die
Frau und der Sozialismus«
von August Bebel. Die Inhalte
dieses Buches beeinflussten
das Bewusstsein vieler Männer
und Frauen. Zum ersten Mal
forderten nun auch Arbeiterorganisationen die Durchsetzung
von Rechten, die ausschließlich Frauen betrafen, z. B. die
Forderung nach gleichem Lohn
für gleiche Arbeit, einem Arbeiterinnen- und Mutterschutz,
einem Wahlrecht für Frauen,
gleichen Bildungschancen,
privatrechtlicher Gleichstellung
und Beseitigung der Gesindeordnung zur Befreiung der
Dienstboten.
Die proletarische Frauenbewegung war fester Bestandteil
der sozialistischen Arbeiterbewegung und verfolgte revolutionäre Ziele. Es ging um den
Kampf gegen die Klassengesellschaft. Diesen Kampf bestritten
GewerkschafterInnen und SozialistInnen gemeinsam.
Gerade im Jahrzehnt des
25
»Sozialistengesetzes«, in den
80er Jahren des 19. Jahrhunderts, als das deutsche Reich
zur Vernichtung der jungen
Arbeiterbewegung angesetzt
hatte, entstanden überall Frauenvereine, teils als Bildungsvereine, teils mit gewerkschaftlichem Einschlag. 1883 wurde in
Berlin die erste Frauengewerkschaft ins Leben gerufen, der
»Verein der Mantelnäherinnen«.
Obwohl diesen Frauenvereinen
wegen polizeilicher Auflösung
meist keine lange Lebensdauer
beschieden war, bestand die
proletarische Frauenbewegung
mit diesen Organisationen ihre
erste Feuertaufe.
Seit 1890 erschien eine eigene Frauenzeitschrift, zuerst »Die
Arbeiterin«, geleitet von Emma
Ihrer, seit 1891 »Die Gleichheit«,
herausgegeben von Clara Zetkin.
Der Parteitag der SPD 1892 in
Berlin griff erneut die Frage der
Organisationsmöglichkeiten von
Frauen und ihre Einbeziehung in
die Partei auf. Das System der
Vertrauensmänner wurde auf
die Frauen übertragen.
1889 bekräftigte der Sozialistenkongress in Paris,
der Gründungskongress der
II. Internationale, das Recht
der Arbeiterinnen auf gleichberechtigte Mitgliedschaft in
den Arbeiterorganisationen und
forderte gleiche Löhne für gleiche Arbeit für die Arbeit beider
Geschlechter. Die deutschen
Revolutionäre
Ziele
Titelblatt und Textauszüge aus dem kommunistischen Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels ( 1848 ).
... Die Bourgeoisie hat dem
Familienverhältnis seinen rührend-sentimentalen Schleier
abgerissen und es auf ein reines
Geldverhältnis zurückgeführt.
...
Die Bourgeoisie kann nicht
existieren, ohne die Produktionsinstrumente, also die Produktionsverhältnisse, also sämtliche
gesellschaftlichen Verhältnisse
fortwährend zu revolutionieren.
Unveränderte Beibehaltung der
alten Produktionsweise war
dagegen die erste Existenzbedingung aller früheren industriellen Klassen. Die fortwährende
Umwälzung der Produktion, die
ununterbrochene Erschütterung
aller gesellschaftlichen Zustände, die ewige Unsicherheit und
Bewegung zeichnet die Bourgeoisepoche vor allen anderen
aus. Alle festen eingerosteten
Verhältnisse mit ihrem Gefolge
von altehrwürdigen Vorstellungen und Anschauungen werden
aufgelöst, alle neugebildeten
veralten, ehe sie verknöchern
können. Alles Ständische und
Stehende verdampft, alles
Heilige wird entweiht, und die
Menschen sind endlich gezwungen, ihre Lebensstellung, ihre
gegenseitigen Beziehungen mit
nüchternen Augen anzusehen.
...
Die Bourgeoisie hat durch
ihre Exploitation des Weltmarkts
die Produktion und Konsumption aller Länder kosmopolitisch
gestaltet. Sie hat zum großen
Bedauern der Reaktionäre den
nationalen Boden der Industrie
unter den Füßen weggezogen.
Die uralten nationalen Industrien sind vernichtet worden und
werden noch täglich vernichtet.
Sie werden verdrängt durch
neue Industrien, deren Einführung eine Lebensfrage für alle
zivilisierten Nationen wird,
durch Industrien, die nicht mehr
einheimische Rohstoffe, sondern
den entlegensten Zonen angehörige Rohstoffe verarbeiten und
deren Fabrikate nicht nur im
Lande selbst, sondern in allen
Weltteilen zugleich verbraucht
werden. ...
26
Arbeiterinnen waren auf dem
Kongress durch die Delegierten
Emma Ihrer und Clara Zetkin
vertreten.
Nach dem Fall des Sozialistengesetzes gab sich die Partei
der deutschen Sozialdemokratie – inzwischen SPD genannt
– 1891 in Erfurt ein neues
revolutionäres Programm, in
dem sie sich das erste Mal zur
Befreiung und Emanzipation
der Frau bekannte. Führende
Sozialdemokratinnen und Gewerkschafterinnen wie Clara
Zetkin, Emma Ihrer, Ottilie
Bader, Luise Zietz nahmen in
den 90er Jahren die politische
Organisation der Frauen in die
27
Hand und Clara Zetkin erarbeitete die theoretische Position
der Sozialdemokratie zur Frauenfrage, die »Frauenemanzipationstheorie«. Diese Theorie
begriff die Frauenfrage als Teil
der allgemeinen Arbeiterfrage,
der allgemeinen sozialen Frage.
Nach ihrer Theorie führt der
Weg der Frau gerade durch die
Einbindung in den Produktionsprozess, durch die außerhäusliche Arbeit zur Befreiung.
Die formale Gleichstellung der
Geschlechter bildet auf diesem
Weg nur eine Etappe, das Ziel
ist das Aufheben der wirtschaftlichen Ausbeutung beider
Geschlechter, die gesellschaft-
liche Umwälzung. Dieses Ziel
kann nur durch den gemeinsamen Kampf der Arbeiter und
der Arbeiterinnen, durch den
proletarischen Klassenkampf
ausgefochten werden.
Mit der Gründung der
»Gleichheit«, »Zeitschrift für die
Interessen der Arbeiterinnen«
im Jahre 1892 stand unter der
Leitung von Clara Zetkin der
proletarischen Frauenbewegung
viele Jahre hindurch ein eigenes
Presseorgan hilfreich zur Seite.
Mit dem internationalen Frauentag, 1911 das erste Mal begangen, wurde auch ein Kampftag
für die sozialistischen Frauenforderungen ins Leben gerufen.
Frauenfrage und
soziale Frage
Erster internationaler Frauentag
am 8. März 1911
Die »bürgerliche« Frauenbewegung
Zugleich kämpfte die bürgerliche Frauenbewegung vor allem
für die Selbständigkeit und
Mündigkeit von Frauen, die
sie vor allem durch ein Recht
auf Bildung und ein Recht
auf Arbeit erreichen wollten.
So gründete beispielsweise
Louise Otto-Peters bereits 1849
eine eigene politische FrauenZeitung. Die Vorreiterinnen der
bürgerlichen Frauenbewegung
entstammten meist der bürgerlichen Mittel- und Oberschicht.
Für sie galt die Heirat als unhinterfragte Pflicht. Sie mussten
sich zwar nicht um das tägliche
Überleben sorgen, weil ihre
Herkunftsfamilie oder ihr Ehemann für ihre materielle Sicherheit sorgte, aber ihre sonstigen
Entwicklungsmöglichkeiten
waren sehr begrenzt. Beruflich
Arbeitszimmer im Atelier der Fotografin ( Foto Emilie Bieber )
28
29
standen ihnen z. B. nur die Berufe als Gouvernante, Lehrerin
oder Gesellschafterin offen.
Ansonsten konnten sie nur über
heimliche »standesgemäße«
Näh-, Stick-, Häkel- und andere
Handarbeiten eigenes Geld verdienen.
So schlossen sich 1865 erstmals in der deutschen Geschichte Frauen zusammen und gründeten während ihrer Frauenkonferenz den »Allgemeinen Deutschen Frauenverein« dessen
Ziel es war „die erhöhte Bildung
des weiblichen Geschlechts und
die Befreiung der weiblichen
Arbeit von allen Hindernissen
zu erkämpfen“. Es wurden Industrie- und Handelsschulen für
Mädchen, Arbeiterinnenschutz,
Mutterschutz, Chancengleichheit im Beruf, gleicher Lohn für
gleiche Arbeit, gleiche Gewerbefreiheit für Frauen und das
Frauenwahlrecht gefordert.
Doch der Kampf um Gleichberechtigung war in dieser Zeit
enorm schwer, weil Frauen politisch völlig rechtlos waren. Da
sie vom öffentlichen Bildungssystem ausgeschlossen waren,
mussten sie notwendiges Wissen autodidaktisch erwerben.
Über eventuelles Vermögen oder
gar den Verdienst einer Ehefrau
bestimmte nach dem damaligen
deutschen Rechtssystem der
Mann. Um Änderungen durchzusetzen, waren sie auf das Wohlwollen der Männer angewiesen.
Erst 1872 wurden den – vorwiegend bürgerlichen – Frauen
weitere Berufsmöglichkeiten
eröffnet. Es gab die ersten Kindergärtnerinnenseminare und
es erfolgte die Zulassung zum
Bahn-, Post- und Telegraphendienst. In dieser Zeit entstanden
auch private Handelslehrinstitute zur Vorbereitung auf eine gehobene kaufmännische Tätigkeit
für Frauen und Gewerbe-, Telgraphen- und Sekretärinnen- sowie
Koch- und Haushaltungsschulen.
Insgesamt fanden in der
sog. bürgerlichen Frauenbewegung unterschiedliche Strömungen ihre Heimat. Es gab Frauen,
die eine Politik der Gleichheit
der Menschen beiderlei Geschlechts betonten und es gab
Frauen, die eher die Differenz
der Geschlechter und ihre Unterschiede deutlich machen
wollten. Es gab innerhalb der
bürgerlichen Frauenbewegung
sozusagen einen gemäßigten
und einen radikalen Flügel.
Samariterinnen, 1870 – 1871 ( Foto Carl Friedrich Mylius )
30
31
Im Vergleich bleibt festzustellen, dass die bürgerliche
und die proletarische Frauenbewegung bei ihrem Kampf
von gegensätzlichen Grundauffassungen ausgingen und
durchaus auch unterschiedliche
Ziele verfolgten. Während es
den proletarischen Frauen eher
um Schutz vor zu viel Arbeit
ging, ging es der bürgerlichen
Frau um die »standesgemäße«
Zulassung zu Berufen. Für die
proletarische Frau war eine
Veränderung der Produktionsverhältnisse ( Revolution ) Voraussetzung für Emanzipation,
während für die bürgerliche
Frau die Veränderung der Geschlechterrollen innerhalb der
bestehenden gesellschaftlichen
Bedingungen im Vordergrund
stand.
Gemäßigte und
Radikale
„Die Arbeiterinnen zu höheren Lebensansprüchen erziehen“
Der steinige Weg der gewerkschaftlichen
Frauenorganisation vor dem 1. Weltkrieg
Das deutsche Reich stand an
der Schwelle seiner Entwicklung
zu einer imperialistischen Wirtschaftsmacht, als Anfang der
90er Jahre des 19. Jahrhunderts
die großen gewerkschaftlichen
Zentralverbände entstanden,
darunter 1891 der Deutsche
Metallarbeiter Verband ( DMV )
und der Zentralverband deutscher Textilarbeiter ( DTAV ). 1893
wurde der Holzarbeiter-Verband
gegründet. In der Wirtschaftskrise jener Jahre waren sie
genötigt, ihre Mitgliederzahl zu
erweitern und so öffneten sie,
mehr oder weniger überzeugt,
auch für Frauen ihre Tore. Den
größten Zuwachs an weiblichen
Mitgliedern verzeichnete der
Textilarbeiterverband, schon
1912 mit einem fast 39-prozentigen Frauenanteil. Im Jahr 1913
standen 54.846 organisierte
Textilarbeiterinnen 27.971 Frauen in dem Deutschen Metallarbeiter-Verband ( DMV ) gegenüber; im Verhältnis zu der Frauenmitgliedschaft der übrigen
Gewerkschaftsverbände immer
noch eine ansehnliche Zahl. Sie
32
33
machte jedoch nur 5 Prozent der
Mitgliedschaft des auch schon
in der damaligen Zeit größten
Einzelverbandes aus.
Der Eintritt der Frauen in
Gewerkschaften war zum damaligen Zeitpunkt nur möglich,
wenn letztere als politisch, d. h.
parteipolitisch als »neutral« galten. Schon eine Gewerkschaftsversammlung, auf der nach Meinung des überwachenden Polizisten politische Themen erörtert wurden, konnte wegen Frauenbeteiligung aufgelöst werden.
Die Gewerkschaftsverbände, um
die es hier geht, standen zwar
der SPD nahe, nannten sich
aber, um ihre Selbstständigkeit
zu demonstrieren und um sich
auch gegenüber der 1899 gegründeten christlichen Gewerkschaftsbewegung abzugrenzen
»frei«.
Die führenden Gewerkschafterinnen wie Emma Ihrer,
Paula Thiede, Wilhelmine Kähler,
Ida Altmann, Martha Tietz, die
offensiv die Auffassung der proletarischen Frauenemanzipation
vertraten und die Solidarität der
männlichen Arbeiter einforderten, mussten gegen große Widerstände ankämpfen. Verbündete hatten sie nur in wenigen
Kollegen, so in der Person des
Vorsitzenden des Dachverbandes der Gewerkschaften, der
Generalkommission, Karl Legien.
Mit seiner Unterstützung wurden 1904 eine Frauenagitationskommission und 1905 das
Arbeiterinnensekretariat bei der
Generalkommission gerade zur
Förderung der Werbung weiblicher Mitglieder eingerichtet.
Erklärungen für den immer
wieder beklagten unzureichenden Agitationserfolg wurden in
der weiblichen Natur gesucht.
Gängig war die Ansicht, Frauen
seien zu emotional, würden die
gewerkschaftliche Organisation
zu gefühlsmäßig betrachten, ließen sich leicht vom politischen
Gegner beeinflussen.
Gewerkschaftliche Frauenarbeit bedeutete damals nicht nur
die Vermittlung von Organisationskenntnissen, sondern auch
die Vermittlung von ökonomischen Zusammenhängen sowie
Erste Organisationsformen
Frauen gehen in
die Offensive
Demonstration zum ersten Internationalen Frauentag in Berlin 1911
„Die Arbeiterinnen zu höheren
Lebensansprüchen
erziehen“
das Infragestellen anerzogener
Denkweisen über die Rollenverteilung der Geschlechter und
die Stärkung weiblicher Selbstwertschätzung. GewerkschaftsfunktionärInnen führten den
geringen gewerkschaftlichen
Organisationsgrad bei den Arbeiterinnen u. a. auf ihre geringe
Berufsidentifikation zurück. Die
Arbeiten, die ihnen zugemutet
wurden, waren so stumpfsinnig
und belastend, dass die große
Mehrheit der Arbeiterinnen einen Ausweg in der Ehe sahen.
Mit der Heirat erhofften sie ihren
miserablen Arbeitsbedingungen
zu entfliehen. Diese Hoffnung
auf eheliche Versorgung hinderte viele von ihnen daran, sich
für bessere Arbeitsbedingungen
einzusetzen.
Berufsidentifikation, Interessen an der Verbesserung der Arbeiterverhältnisse und Interesse
an der gewerkschaftlichen Organisation sind – wie Ida Altmann
und Karl Legien verschiedentlich
ausführten – miteinander eng
verknüpft.
„Wir müssen die Organisierung der Arbeiterinnen unter
dem Gesichtswinkel betrachten,
dass wir verpflichtet sind, die
Arbeiterinnen zu höheren Lebensansprüchen zu erziehen“
charakterisierte Martha Hoppe
vom Textilarbeiterverband
1911 die Aufgabe. Die Doppelbelastung durch Lohnerwerb
und Haushalt, ebenfalls ein
entscheidendes Hindernis von
gewerkschaftlichen Frauenaktivitäten, kam hier gar nicht zur
Sprache.
1907 und 1908 wurden im
Textilarbeiterverband mit Unterstützung der »Gleichheit« im
ganzen Verbandsgebiet Hausagitationskampagnen durchgeführt. In dieser Gewerkschaft
34
sind vor dem 1. Weltkrieg auf der
Ebene der Landesverbände auch
schon Arbeiterinnenkonferenzen
abgehalten worden.
Mit der Erfahrung, dass
die Frauenagitation besonders
durch den Einsatz von Kolleginnen Erfolg verspricht, tat
man sich im DMV besonders
schwer. 1905 wurde ein Antrag
der Verwaltungsstelle Solingen
zur Ernennung von weiblichen
Vertrauenspersonen als Beschwerdestellen für die Fabrikund Heimarbeiterinnen nur als
Material an den Vorstand überwiesen.
1909 gab es schließlich
beim DMV in der Berliner Ortsverwaltung den ersten Versuch
einer institutionalisierten gewerkschaftlichen Frauenarbeit.
Durch die Initiative von Berliner
Vertrauensfrauen wurde mit
Zustimmung der Ortsverwaltung
eine Arbeiterinnenkommission
gegründet, die aus drei Männern und vier Frauen bestand.
Die Zahl der weiblichen Mitglieder ist von 3.564 Ende 1908 auf
4.222 Ende 1909 und sogar auf
35
8000 im Jahre 1911 gestiegen.
Das war etwa ein Viertel der
damals in Berlin beschäftigten
Metallarbeiterinnen. Unterstützt
wurde die Arbeit der Kommission von 250 weiblichen »Werkstattvertrauenspersonen«.
Aufgrund ihrer erfolgreichen
Arbeit wurde die Arbeiterinnenkommission gegen Ende des
Krieges innerhalb der Verwaltungsstelle aufgewertet. Es
wurde eine »Beratungsstelle für
Arbeiterinnenfragen« eingerichtet und im Oktober beschloss
die Arbeiterinnenkommission
allgemeine Leitsätze, in denen
die Tätigkeit und Aufgabenbereiche der Kommission näher
beschrieben wurden. Zu den
selbständig zu bearbeitenden
Aufgabengebieten gehörten der
Arbeiterinnenschutz, der Ausbau hygienischer Einrichtungen
in den Betrieben, die mündliche
und schriftliche Agitationsarbeit
unter Arbeiterinnen, die Veranstaltung von Vorträgen und
Informationsveranstaltungen
für Arbeiterinnen. In Fragen
der Lohn- und Arbeitsbedin-
gungen war die Zusammenarbeit mit den Branchen- und
Bezirksleitungen vorgesehen.
Bei Lohnbewegungen sollte
die Arbeiterinnenkommission
konsultiert werden. Darüber
hinaus wurde eine Wahlordnung
für die Kommission beschlossen, die die jährliche Wahl der
Kommissionsmitglieder durch
die weiblichen Mitglieder auf
Vorschlag der weiblichen Vertrauenspersonen festschrieb.
Die Interessenvertretung der
Arbeiterinnen wurde weiter
dadurch aufgewertet, dass im
Herbst 1918 erstmals die Stelle
einer Gewerkschaftssekretärin
für Frauenfragen in der Berliner
Ortsverwaltung ausgeschrieben wurde. Damit erhielten die
Arbeiterinnen endlich Sitz und
Stimme in der Geschäftsführung der Ortsverwaltung. Die
Stelle der Arbeiterinnensekretärin wurde allerdings erst am
15.6.1919 mit Frieda Gladosch
besetzt.
Erst Ende der 20er Jahr folgten andere Verwaltungsstellen
dem Berliner Beispiel. Eine
Beratungssstelle
für Arbeiterinnenfragen
Sitz und Stimme
für Arbeiterinnen
Hauptsache, die Männer sind organisiert
wichtige Rolle spielte in diesem
Zusammenhang ein von aktiven
Frauen initiierter parteiübergreifender Antrag zum Gewerkschaftstag 1921, in welchem
ausdrücklich die Gründung von
Frauenagitationskommissionen in Verwaltungsstellen mit
Metallarbeiterinnen verlangt
wurde.
Die Forderungen „gleicher
Lohn für gleiche Leistung“, und
„gleiches Recht der Frauen auf
Arbeit“ gehörten zwar prinzipiell zum Grundforderungskatalog der SPD und der freien
Gewerkschaften, wurden aber in
den gewerkschaftlichen Auseinandersetzungen in der Praxis
kaum thematisiert.
Die gewerkschaftlichen
Bemühungen um den Frauenarbeitsschutz schienen nicht nur
einem wirklich notwendigem
Schutz der Frauen zu dienen,
sondern verfolgten u.a. wohl
auch das Ziel, Frauenarbeit
möglichst einzuschränken. Gewerkschaftliche Frauenarbeit
wurde – nicht nur im DMV – als
Randproblem angesehen.
Als Delegierte an den
Verbandstagen und an den
zentralen Gewerkschaftskongressen waren nur wenige Frauen
vertreten. In dieser Hinsicht
war die Situation auch im Textilarbeiterverband nicht besser.
Hier waren weibliche Delegierte
an den Verbandskongressen,
außer dem Gründungskongress
1891, überhaupt nicht anwesend. Nach 1899 war bis zum 1.
Weltkrieg auch in der Generalkommission keine Frau mehr
vertreten. Auch im Holzarbeiterverband hatten Funktionärinnen
eher Seltenheitswert. Trotzdem
war es bis 1913 gelungen, jede
fünfte Holzarbeiterin zu organisieren, wobei es erschwerend
hinzukam, dass ein Viertel von
ihnen, nämlich 40.000, Heimarbeit leisteten.
36
Die Problematik der Frauenarbeit zwang die Organisationen
über das berufliche Feld hinaus
gesellschaftliche Zusammenhänge in Augenschein zu nehmen, und Verhaltensweisen, die
genau diese Zusammenhänge
verschleierten, in Frage zu stellen. Die Mehrheit der männlichen Gewerkschaftsmitglieder
war allerdings – aus Überzeugung oder aus Bequemlichkeit
– der Ansicht, dass »die Frau ins
Haus« gehöre. Es gelang der
sozialistischen Theorie der Frauenbefreiung nicht, den Arbeitern
bewusst zu machen, dass sie
die Geschäfte der Unternehmer
besorgten, wenn sie den vom
Kapitalisten ausgespielten Gegensatz von Männer- und Frauenarbeit auch in die Arbeiterbewegung hineintrugen.
Bezeichnendes Licht auf
das Verhalten vieler Gewerkschafter wirft eine Resolution,
die zwischen 1905 und 1926
auf verschiedenen Gewerkschaftskongressen immer wieder auftauchte. Darin sollten
Männer verpflichtet werden,
37
ihre erwerbstätigen Frauen und
weiblichen Angehörigen gewerkschaftlich zu organisieren.
Engagement und Kreativität
bei der Werbung weiblicher Mitglieder setzte indes zunächst
einmal voraus, dass die männliche Mehrheit die Arbeiterinnen
wirklich integrieren wollte.
Zweifellos wurde die gewerkschaftliche Verhandlungsmacht
gegenüber den Unternehmern
gestärkt, wenn möglichst viele
Arbeitskräfte, also auch Arbeiterinnen organisiert waren.
Die Beseitigung der von den
Männern immer wieder beklagten »Schmutzkonkurrenz« der
billigeren weiblichen Arbeitskräfte war einfacher, wenn die
Arbeiterinnen sich aktiv für die
Verbesserung ihrer Lohnbedingungen einsetzten und mit der
Gewerkschaft an einem Strang
zogen. Problematisch war aber,
dass viele Männer nicht nur
die Konkurrenz der billigeren
Frauenarbeit, sondern generell die Konkurrenz weiblicher
Arbeit in ihrem Erwerbssektor
fürchteten, und diese daher am
liebsten abgeschafft gesehen
hätten.
Durch die Statutenberatungen (neudeutsch: Beratung der
Satzung) auf den Verbandstagen
(neudeutsch: Gewerkschaftstagen) des DMV zog sich jahrelang
immer wieder die gleiche Diskussion über das Pro und Contra
einer Staffelung der Beiträge.
Grundsätzlich wären Staffelungen nach vielen Kriterien, z. B.
Verdienst, Qualifikation, Alter
oder Ausbildungsstand, denkbar
gewesen. Doch bei der letztlich
verabschiedeten Staffelung
setzte sich vor allem das Kriterium Geschlecht durch. Den
Frauen waren nur bestimmte
Beitragsklassen zugänglich.
Die Klasse 1 blieb ihnen grundsätzlich versperrt. Die Kollegen
befürchteten zu hohe Unterstützungszahlungen an Frauen. Doch
die Regelung hatte nicht nur
Konsequenzen im Hinblick auf
die Unterstützungsleistungen, da
diese an die Höhe des Beitrages
gekoppelt waren, es sorgte auch
eindeutig für Gewerkschaftsmitglieder erster und zweiter Klasse.
Frauen als
»Schmutzkonkurrenz«
Im Vorfeld des Verbandstages 1907 kritisierte die
Berlinerin Auguste Kadeit in
einem langen Artikel in der
Metallarbeiter-Zeitung die diskriminierende Beitragspraxis
ihrer Organisation: „Wenn die
Staffelung entlang der Geschlechterlinie auch sehr einfach und bequem ist, so ist sie
keineswegs gerecht und entspricht auch nicht der Stellung,
die die Frau im wirtschaftlichen
Leben einnimmt. Die Annahme,
daß eine Arbeiterin immer nur
halb soviel gilt als ein Arbeiter,
ist rein willkürlich und findet in
dem heutigen kapitalistischen
Beitragsregelungen in den Statuten des Deutschen
Metallarbeiter
Verbandes
38
39
Wirtschaftssystem keine Begründung ... Das Heer der Metallarbeiter und -arbeiterinnen
besteht aus wirtschaftlich Stärkeren und Schwächeren, doch
auch hier sind es keineswegs
die Frauen allein, die der letzten
Klasse zugeteilt werden können, im Gegenteil: In einzelnen
Branchen und in verschiedenen
Gegenden Deutschlands werden
an Kollegen, auch an gelernte, so niedrige Löhne bezahlt,
daß sie mit den ihren Berliner
Kolleginnen gewährten Löhnen
tauschen könnten, ohne ein
schlechtes Geschäft dabei zu
machen.“ ... „Der Organisation
als solcher soll das Geschlecht
der Mitglieder genau so gleichgültig sein, wie dem Kapitalismus das Geschlecht der Arbeitenden gleichgültig ist. Wie
dieser nur mit der Billigkeit der
Ware Arbeitskraft rechnet, so
hat die Organisation nur mit der
wirtschaftlichen Lage derer zu
rechnen, die sie in ihren Bannkreis einbeziehen will. Bedingt
die wirtschaftliche Lage der zu
organisierenden Arbeitermasse
eine Staffelung der Verbandsbeitrage und Gegenleistungen,
so darf diese nicht nach dem
Geschlecht vorgenommen werden.“
„Eine Arbeiterin
gilt immer nur
halb so viel wie
ein Arbeiter“
Der Arbeitskampf als Festakt
Obwohl viele Gewerkschafter in
den Arbeiterinnen Streikbrecher
witterten, zeigte sich, dass die
weiblichen Gewerkschaftsmitglieder die Auseinandersetzung
mit den Arbeitgebern ebenso
wenig scheuten wie ihre männlichen Kollegen, und beispielsweise zwischen 1904 und 1910
an Streiks in fast gleichem Maße
wie die Männer teilgenommen
haben. Besonders groß war der
Frauenanteil bei Arbeitseinstellungen in der Bekleidungs- und
Textilbranche. 1896 in dem großen Konfektionsarbeiterstreik
erkämpften Heimnäherinnen
das erste Mal Lohnerhöhung
und gewisse Verbesserung der
Arbeitsbedingungen. Manche
Streiks führten die Arbeiterinnen mit Erfolg alleine, wie die
Isenburger Wäscherinnen 1897,
die nach 7 Wochen Ausstand
eine Lohnerhöhung und Arbeitszeitverkürzung erreichten und
Streik für den 10-Stundentag in Crimmitschau 1903 – 1904
40
41
mit ihrem Beispiel sogar viele
Frauen zum Organisationseintritt bewegten. Im Nürnberger
Feingoldschlägergewerbe führte
1899 ein 13 Wochen dauernder
Streik ebenfalls dazu, dass ca.
400 Arbeiterinnen Mitglied
wurden. 1903 im großen Streik
der Crimmitschauer Textilarbeiter für den 10-Stunden-Tag,
in dem die Streikenden trotz
Aussperrung, Polizeischikanen,
Belagerungszustand 23 Wochen
lang durchgehalten haben,
waren mehr als die Hälfte der
Beteiligten Frauen. Am 17. Januar 1904 wurde der Arbeitskampf
wegen fehlender Mittel der
Verbandsführung ohne Erfolg
abgebrochen. Am folgenden
Tag ließ eine Gruppe der Streikteilnehmerinnen als feierliche
Bekräftigung ihres solidarischen
Zusammenhalts in vollem Sonntagsstaat ein Erinnerungsfoto
anfertigen.
Im Mai 1907 wurden 60
Prozent der Metallarbeiter im
Rhein-Main-Gebiet ausgesperrt.
Die nicht Ausgesperrten erklärten sich massenhaft solidarisch.
In den Frankfurter LahmeyerWerken verlangte die Direktion,
zwecks Einschüchterung, von
den Beschäftigten die persönliche Kündigung, die sie mit Einmütigkeit auch vollzogen haben.
Am 29. Mai um 16 Uhr begann der
Ausmarsch der Arbeiter durch
das Fabriktor. „Den schönsten
Eindruck machten“ – nach einem
Bericht der »Volksstimme« – „die
etwa 80 Arbeiterinnen, die sich
ebenfalls mit ihren Kollegen solidarisch erklärten. Sie hatten sich,
wie es schien, zu Ehren des Tages
besonders geputzt. Die meisten
trugen weiße Blusen und rote
Krawatten. Um 6 Uhr hatten die
etwa 2.400 Arbeiter und Arbeiterinnen die gewaltigen Fabrikräume vollständig geräumt.“
„ … bis zur Erschöpfung in den Dienst des Vaterlandes“
– Frauenarbeit im Ersten Weltkrieg
Nach dem Ausbruch des Ersten
Weltkrieges am 2. August 1914
brachen die Führer der deutschen Arbeiterbewegung mit der
internationalistischen Tradition
des Antimilitarismus. Die reformistischen, den kapitalistischen
Staat bejahenden Kräfte gewannen Oberhand. Die Gewerkschaftsführung hatte alle Streiks
abgesagt, die SPD-Fraktion
des Reichstages stimmte den
Kriegskrediten für das Deutschland des Kaiser Wilhelms zu. Der
»Burgfrieden« war an die Stelle
des Klassenkampfes getreten.
Zur gleichen Zeit, am 4. August
1914, wurde durch das »Notgesetz« der bis dahin geltende
Arbeiterinnenschutz praktisch
aufgehoben. Nachtarbeit und
Sonntagsarbeit wurden wieder
möglich. Mit der Einberufung
Hunderttausenden von Männern
an die Front wurde die Berufsarbeit der Frauen plötzlich zu einer
»segensreichen« Tätigkeit.
Die Frauen wurden mit indirekten Zwangsmitteln in die
Kriegsproduktion verpflichtet;
unter ihnen viele wegen des
Frauenarbeit im I. Weltkrieg: Herstellung von Granaten
42
43
Krieges arbeitslos gewordene
Arbeiterinnen der Textil- und
Bekleidungsindustrie. Während
der Kriegsjahre erreichte der
Beschäftigungsanteil der Frauen
in der Industrie fast 50 Prozent.
In besonders hohem Maße stieg
der weibliche Arbeitseinsatz in
der Maschinen-, Metall- und
Elektroindustrie. Es gab kaum
noch Berufe, in denen Frauen,
durch verschiedene Anlernprogramme befähigt, nicht an die
Stelle der Männer getreten wären. Im Januar 1918 arbeiteten
über 4 Millionen Frauen in der
Kriegswirtschaft.
Die lange Arbeitszeit ( 11
bis 12 Stunden ), der fehlende
Arbeitsschutz und die mangelhafte Ernährung bewirkten am
physischen und psychischen
Zustand der Arbeiterinnen einen
beispiellosen Raubbau. Schwere
und schwerste Betriebsunfälle
waren an der Tagesordnung.
Die Gewerkschaften, darunter
der DMV, haben zwar zahlreiche
Petitionen und Eingaben, die
Arbeitsbedienungen der Frauenarbeit betreffend, verfasst,
insgesamt behandelten sie diese Probleme aber defensiv. Eine
1917 vom DMV über die Frauenarbeit in der Metallindustrie veröffentlichte Erhebung beschuldigte hauptsächlich gerade die
Metallarbeiterinnen, dass sie
infolge ihrer Organisationsferne
die katastrophalen Zustände
selbst heraufbeschworen.
In der Wirklichkeit war die
Zahl der dem DMV angeschlossenen Arbeiterinnen seit 1916 im
Wachsen begriffen, während die
Zahl der organisierten Metallarbeiter infolge des Kriegsdienstes in den Kriegsjahren auf den
Stand von Anfang des Jahrhunderts gesunken war.
Besondere Fürsorge wandte
der DMV-Verbandstag 1915 auf
die Schaffung einer gewerkschaftlichen Frauenzeitung, die
das erste Mal am 1. Januar 1916
erschienen ist. Die Spitze dieses
Manövers richtete sich jedoch
gegen die von Klara Zetkin redigierte „Gleichheit“, welche die
kriegsstützenden Maßnahmen
der SPD und der Gewerkschaftsvorstände unablässig kritisierte.
Die wachsende Antikriegsbewegung hat auch die Gewerkschaften nicht ausgespart.
Neben dem Schuh- und dem
Textilarbeiterverband regte sich
gerade im DMV eine starke Opposition. Auf dem politischen
Gebiet wurde die 1917 aus der
SPD ausgeschiedene linke
sozialistische Partei, die Unabhängige Sozialdemokratische
Partei Deutschlands ( USPD )
I. Weltkrieg: Frauen in Arbeitskleidung in einer Kokerei in Essen
44
45
Träger der Protestbewegung.
Die Unzufriedenheit der ausgepressten Arbeiterschaft entlud
sich im April 1917 und im Januar
1918 schließlich in den viele
Hunderttausende umfassenden politischen Massenstreiks
der Rüstungsarbeiter für Brot
und Frieden. Ein großer Teil
der Streikenden rekrutierte
sich aus Frauen, die durch
die kriegsbedingte Berufser-
fahrung selbstbewusster und
politischer geworden sind.
Ein ausgesprochener »Frauenstreik« war die Erhebung von
rund 1700 Arbeiterinnen der
Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik in Berlin-Wittenau,
die vom 17. bis zum 22. August
1918 dauerte. Vom DMV wurden
diese Streiks als politische Ausstände weder anerkannt noch
unterstützt.
Frauen gegen den
Krieg
Berufsausbildung
Keine Lehre für
junge Frauen
Bis um die Jahrhundertwende
bezogen die wachsenden industriellen Großbetriebe zu einem
großen Teil ihre qualifizierten
Arbeitskräfte aus dem Handwerk. Facharbeiter war derjenige, der in einem kleingewerblichen Handwerksbetrieb in einer
mehrjährigen Lehrzeit zum Gesellen ausgebildet worden war.
Hierzu gehörten beispielsweise
Schlosser, Schmiede, Former,
Dreher oder Mechaniker. Die
Lehre folgte keinem systematischen Plan, sondern war
eher gleichzusetzen mit einem
allmählichen Hineinwachsen in
den Beruf durch die praktische
Tätigkeit unter Anleitung des
Meisters.
Bis in das 20. Jahrhundert
hinein war eine fest strukturierte Lehrlingsausbildung nur
in relativ wenigen Betrieben
entwickelt. Dort, wo sich In-
dustriebetriebe selbst um die
Ausbildung eigener Lehrlinge
kümmerten, folgte diese Ausbildung dem bekanntem handwerklichen Muster. Da diese
handwerkliche Ausbildung der
industriellen Fertigung nicht
gerecht wurde, mussten die so
ausgebildeten Facharbeiter im
Betrieb zunächst einmal erneut
»angelernt« werden. Diese Art
der Ausbildung war für die Betriebe nicht wirklich rentabel,
so dass bereits 1892 die ersten
industriellen Lehrwerkstätten
gegründet wurden. 1926 gab es
bereits 67 industrielle Lehrwerkstätten, davon gehörten 60 zur
Metallindustrie.
Frauen wurde im allgemeinen der Zugang zu einer Lehre
im Metallsektor – sei es im
Handwerk oder in der Industrie
– verwehrt. Ihre Qualifikationsmöglichkeiten lagen vor allem
im Bereich der sogenannten angelernten Arbeit in der Industrie.
Erst der erste Weltkrieg und
der damit verbundene Facharbeitermangel zwang die Unternehmen, stärker auch auf Frauen zurückzugreifen. Die Ausbildung weiblicher Arbeitskräfte in
der Metallindustrie nahm höchst
unterschiedliche Formen an.
Auf jeden Fall war sie, wenn die
Ausbildungsdauer zum Maßstab
gemacht wird, nicht mit einer regelrechten Lehrlingsausbildung
gleichzusetzen. Schon eine
zweijährige Lehrzeit, wie sie in
der Maschinenfabrik AugsburgNürnberg im Sommer 1917 für
Werkzeugschlosserinnen eingeführt wurde, war eher selten.
Häufig umfassten die Ausbildungszeiten nur einige Wochen
bis Monate. Die Arbeiterinnen
sollten möglichst schnell produktiv arbeiten können. Das
46
bedeutete, dass sie nicht für ein
vollständiges Berufsgebiet ausgebildet wurden, sondern nur
für ein Teilgebiet. Zum Beispiel
erlernten die Frauen bei MAN
lediglich die „Herstellung feinerer Werkzeuge“ als Teilgebiet
des Werkzeugbaus, während die
männlichen Lehrlinge in vierjähriger Lehrzeit für den gesamten
Werkzeugbau ausgebildet wurden. Die Erfahrungsberichte mit
den ausgebildeten Frauen waren
durchweg positiv. So stellte
beispielsweise die Firma Bosch
1917 fest: „ Ist ... die gelernte
Arbeiterin einmal angeleitet,
so arbeitet sie sehr zufriedenstellend, und der Ausschuss ist
nicht größer als früher.“ (VDIZeitschrift 1917 )
Mit der massenhaften Entlassung von Metallarbeiterinnen
nach dem ersten Weltkrieg wurde auch die Aus- und Weiterbil-
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dung von Frauen im Metallsektor eingestellt. Die personelle
Demobilmachung führte so
schließlich zu einer Verdrängung
der Arbeiterinnen und zu einer
weitgehenden Wiederherstellung der Vorkriegsarbeitsmarktverhältnisse im Metallsektor.
Mitgliederentwicklung und Frauenanteil in den Jahren 1891 bis 1929
„... der Ausschuss
ist nicht größer als
früher“
Originalbildunterschrift: „Viele der Frauen, die in den Werken ihren Unterhalt finden, sind Mütter und Ernährer zugleich.“
FRAUENARBEIT
UND
GEWERKSCHAFTEN
IN DER WEIMARER
REPUBLIK
1918-1933
48
49
Die Errungenschaften der Novemberrevolution 1918
Aufschwung der Gewerkschaftsbewegung ( 1918 – 1923 )
Die Novemberrevolution 1918
bewirkte den Sturz der kaiserlichen Monarchie und erfüllte
einige grundlegende Forderungen der Arbeiterbewegung: der
8-Stunden-Tag wurde eingeführt, das allgemeine, direkte,
gleiche, geheime Wahlrecht
auch auf die Frauen ausgedehnt
und für alle Parlamente geltend
gemacht. Das Zentralarbeitsgemeinschaftsabkommen ( ZAG )
Nach der Novemberrevolution ist die Mitgliedschaft der
Gewerkschaften sprunghaft
angestiegen. Die arbeitenden
Menschen setzten in ihre Organisationen große Hoffnungen.
Die Steigerungsrate der weiblichen Gewerkschaftsmitglieder
betrug zwischen 1918 und 1919
182 Prozent. Im DMV erreichte
1919 mit 222.309 Mitgliedern
die Zahl der organisierten Ar-
zwischen Gewerkschaften und
Unternehmern garantierte die
Einführung von paritätischen
Arbeitsnachweisen, kollektiven
Arbeitsverträgen und paritätischen Schlichtungsausschüssen. Der DMV schloss sich der
Arbeitsgemeinschaft allerdings
nicht an, vielmehr kritisierte
er das Abkommen als eine
grundsätzliche Anerkennung
der bestehenden Machtverhält-
nisse. Das 1920 verabschiedete
Betriebsrätegesetz sicherte den
Arbeitnehmern ein, wenn auch
begrenztes, Mitspracherecht.
Die Verfassung der Weimarer
Republik verkündete für Männer
und Frauen grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte
und Pflichten, im bürgerlichrechtlichen Bereich blieb jedoch
die Vormachtstellung des Mannes fest verankert.
50
51
beiterinnen die Spitze, was aber anteil aus, sie sind im wesentlianteilsmäßig über 13,8 Prozent chen zu Frauengewerkschaften
immer noch nicht hinaus ging.
geworden.
Im deutschen Bekleidungsarbeiterverband bedeutete der Höhepunkt 1922 106.000 organisierte
Arbeiterinnen, im Textilarbeiterverband in eben diesem Jahr
rund 738.000 Frauen. In diesen
zwei Verbänden drückten diese
Zahlen einen 66- bzw. 67-prozentigen weiblichen Mitglieder-
Die Zurückdrängung der Frauenarbeit während der
wirtschaftlichen Demobilmachung ( 1918-1923 )
Der hohen Frauenbeschäftigung
im Ersten Weltkrieg setzte die
schon im Herbst 1918 einsetzende wirtschaftliche Demobilmachung ein rasches Ende. Das
Ziel war die Wiedereinsetzung
der zurückkehrenden männlichen Kriegsteilnehmer in ihre
alten Arbeitsplätze, politisch
gesehen die Verhinderung
männlicher Arbeitslosigkeit und
daraus resultierender Arbeiterunruhen. Die Frau gehörte
nun wieder »ins Haus«. Der
DMV, wie auch andere Gewerkschaften, unterstützten dieses
Vorgehen, das bald eine Eigendynamik entwickelte. Das führte
zur Entlassung zahlloser, bereits
vor Kriegsausbruch erwerbstätig
gewesener Frauen, meist ohne
Berücksichtigung der sozialen
und familiären Situation. Auf der
Stuttgarter Generalversammlung des DMV im Oktober 1919,
wo die Opposition die große
Abrechnung mit der Kriegspolitik der Verbandsleitung führte,
wurden mehrere Anträge zu
mehr oder weniger durchgreifender Beseitigung der industriellen Frauenarbeit gestellt. Da
der Vorstand befürchtete, dass
deren Annahme den Eindruck
erwecken könnte, der Verband
erkenne das Recht der Frauen
auf Arbeit nicht an, wurden sie
an den Vorstand als Material
überwiesen. Die gewerkschaftlich organisierten Betriebsratsmitglieder gehörten zu den
eifrigsten Verfechtern des Ab-
baus der Frauenerwerbsarbeit.
Noch 1923, dem letzten Jahr
der Geltung der Demobilmachungsverordnungen, setzten
sie die Ausschaltung weiblicher
Kolleginnen durch. In einem
Textilbetrieb in Oberschlesien,
in dem 14.000 Arbeiterinnen
beschäftigt waren, forderte
der Betriebsrat die Entlassung
sämtlicher verheirateter Frauen,
deren Männer nicht arbeitslos
waren. Die Folge davon war,
dass dieser Betrieb überhaupt
keine verheirateten Frauen mehr
einstellte.
Eine Ende 1918 getroffene
Vereinbarung zwischen dem
Bund der Metall-Arbeitgeber in
Lübeck und der DMV Verwaltungsstelle Lübeck bestimmte
52
beispielsweise: „Arbeiten, die
vor dem Kriege in einem Betrieb von Männern ausgeführt
worden sind und in der Zwischenzeit von Frauen geleistet
wurden, sollen in Zukunft in der
Regel wieder von Männern ausgeführt werden.“ Eine Konferenz
der Betriebsräte der Werften
im 6. DMV-Bezirk ( Hamburg )
forderte im April 1919: „Frauen
dürfen auf den Werften nicht
beschäftigt werden. Ausgenommen sind hiervon Reinmachund Scheuerfrauen sowie Speisehallenpersonal, jedoch dürften hier nur Witwen und ledige
Frauen beschäftigt werden.“
Die breite gewerkschaftliche
Ablehnung der Frauenerwerbsarbeit beschränkte sich nicht
53
auf die Phase der Demobilmachung. So sagte beispielsweise
Vorstandsmitglied Heinrich
Schliestedt während einer Sitzung des Reichbeirats der Betriebsräte und Konzernvertreter
aus der Metallindustrie 1931:
„Solange die Frau auch dem
Haushalt vorsteht, also doppelt
belastet ist, halte ich uns nicht
für verpflichtet, diesen Frauen
den Weg in die Industrie noch
besonders zu ebnen. Die Frage
der Doppelerwerbstätigkeit wird
von uns gleichfalls von diesem
Standpunkt aus betrachtet. Niemand von uns will die Frau verdrängen, aber für die Erwerbsarbeit der verheirateten Frau
können wir uns nicht begeistert
einsetzen. Wenn der Frau auch
noch die Hausarbeit als Frau
und Mutter zugemutet wird, so
ist es eine Übersteigerung ihrer
Arbeitslast; vielmehr sind die
Arbeitslöhne der Männer so zu
steigern, dass die Erwerbsarbeit
der verheirateten Frau nicht
nötig ist.“
Die Ablehnung der Erwerbsarbeit besonders bei verheirateten Frauen trat unter einem
fürsorgerischen Deckmantel
auf. Die Mehrfachbelastung
durch Erwerbsarbeit und Familienarbeit überfordere die Frauen.
Eine Erhöhung der Männerlöhne
schien der einzig denkbare Weg,
diesem Problem zu begegnen.
Eine veränderte Arbeitsteilung
innerhalb der Familie lag außerhalb der Vorstellungswelt.
„... für die Erwerbsarbeit der
verheirateten Frau
können wir uns
nicht begeistert
einsetzen.“
Der Umfang der industriellen Frauenarbeit
Nach der Betriebszählung von
1925 ging der Frauenanteil an
der Industriearbeiterschaft
von fast 50 Prozent während
des Krieges auf 21 Prozent
zurück, aber im Vergleich zur
Vorkriegszeit war insgesamt
eine Zunahme der Frauenarbeit
zu verzeichnen. Vor allem hatte
sich der Anteil der Frauen an
der Angestelltenschaft merklich
erhöht. In der Metallindustrie
erreichte 1925 der Frauenanteil
mit rund 292.000 Beschäftigten
11 Prozent. In der Textilindustrie
waren im gleichen Jahr rund
576.000 Arbeiterinnen und rund
21.000 Angestellte beschäftigt;
der Frauenanteil an der Textilarbeiterschaft betrug 59 Prozent.
Damit nahm die Textilindustrie
hinsichtlich der Arbeiterinnenbeschäftigung den ersten Rang
unter den Industriezweigen ein.
Grundsätzlich gab es aber auch
in anderen Branchen besondere
54
Bereiche, in denen vorrangig
Frauen arbeiteten. So waren
beispielsweise 1928 in den Polier- und Beizabteilungen der
Bleistiftfabriken – sie wurden
als besonders gesundheitsgefährdend eingestuft – 83,9 Prozent Frauen beschäftigt.
Metallindustrie« fest: „Somit
waren wir keinen Schritt weiter
in der Regelung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit für Arbeiterinnen als vor dem Kriege, wo
bereits die 58-stündige Woche
als Höchstarbeitszeit in Deutschland… gesetzlich festgesetzt
war.“
Frauenfabrikarbeitszeit
In den ersten Jahren der Weimarer Republik galt in der Textilindustrie ebenso wie in der süddeutschen Metallindustrie die
46-Stunden-Woche. Nach 1923,
nach der Aufhebung der 8-Stundentag-Regelung arbeitete die
Mehrheit der Beschäftigten in
den sogenannten »Frauenindustrien« bald länger als 8 Stunden
täglich: es war sogar möglich,
die Arbeitszeit bis zu 10 Stunden
täglich auszudehnen. Im Jahre
1930 stellte der DMV in einer
Broschüre »Frauenarbeit in der
55
Auszug aus den Gewerkschaften ( 1924 – 1932 )
Nach 1923, am Ende der Hyperinflation, die zu einem
finanziellen Zusammenbruch
der Gewerkschaften geführt
hatte, liefen den Verbänden die
Mitglieder davon, die Frauen in
größerem Maße noch als die
Männer. 1928 stellten die Frauen
in den freien Gewerkschaften
anteilsmäßig 15 Prozent der
Mitglieder, gerade so viel wie
1915. In der Weltwirtschaftskrise
verstärkte sich der Trend noch
nach unten, sowohl in der Zahl
der weiblichen Organisierten
wie auch bezogen auf den Organisationsgrad. Besonders
stark manifestierte sich diese
Entwicklung im DMV, wo 1924
nur noch knapp 60.000 Frauen
eingeschrieben waren, etwa 50
Prozent weniger als 1923. Der
Frauenanteil in der Mitgliedschaft pendelte sich wieder, wie
noch vor dem Krieg, zwischen 7
und 8,4 Prozent ein. Der Organisationsgrad der Metallarbeiterinnen lag also wie schon immer
seit Bestehen des DMV unter
dem Anteil der Frauenbeschäftigung in der Metallindustrie.
Die Frauenarbeit des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes (DMV)
Diese Tatsachen haben sich
auf die Frauenarbeit innerhalb
des DMV ausgewirkt. Im Herbst
1926 wurde zwar eine Werbeaktion unter den Metallarbeiterinnen durchgeführt mit dem
Motto »gleicher Lohn für gleiche
Leistung« und am 17. Verbandstag sogar ein diesbezüglicher
Antrag angenommen. Praktisch
geschah auf dem Gebiet wenig,
da kaum wirkungsvolle Maßnahmen eingeleitet wurden.
Anträge von Kolleginnen, so
1921 der Antrag der weiblichen
Delegierten des Jenaer Verbandstages zur Bildung von
Frauenagitationskommissionen
und zur Einrichtung einer zentralen Frauenabteilung, wurden
als Material an den Vorstand
verwiesen. Eine Diskussion konkret, die Rationalisierung der
Frauenarbeit betreffend, kam
nur schwer in Gang, ein Antrag
der Frauengruppe der Verwal-
tungsstelle Stuttgart mit der
Forderung von Arbeitsschutzmaßnahmen bei Rationalisierung auf dem 19. Verbandstag
1930 landete als Material beim
Vorstand. Über Rationalisierung
wurde ernsthaft nur dann diskutiert, wenn Männerarbeitsplätze
in Gefahr gerieten.
Es fehlte auch an einer systematischen Funktionärinnenausbildung. Kurse für Frauen in
der DMV-Schule in Bad Dürrenberg wurden nur gelegentlich
angeboten. Unter den Angestellten des DMV arbeiteten nur
wenige Frauen als »politische
Sekretärinnen«, unter den
Vorstandsmitgliedern befand
sich nie eine Frau. An den 7 Generalversammlungen während
der Zeit der Weimarer Republik
waren unter den 2.559 Delegierten nur 32, also 1,25 Prozent
Frauen. Der Anteil der weiblichen Betriebsräte betrug 1930
nur knapp 8 Prozent; und Frauen
waren erst in 33,7 Prozent der
Betriebe, in denen überhaupt
Betriebsvertretungen der Arbeiterschaft bestanden, im
Betriebsrat vertreten. Im Gegensatz zur Vorkriegszeit wurde in
die Tarifverträge des DMV in den
20er Jahren schon der größere
Teil der Metallarbeiterinnen
einbezogen, 1925 immerhin
70 Prozent.
Generell war es für Frauen
sehr viel schwieriger als für
Männer, einen mehrwöchigen
Kurs zu besuchen, da diese
nicht nur von der Arbeit freigestellt werden mussten, sondern
auch ihre Familie und damit
ihre häuslichen Pflichten vernachlässigen mussten. Eine
Beschwerde an den ständigen
Ausschuss des DMV zeigt,
dass für Frauen der Lohnausfall bzw. die unzureichende
Ersatzleistung ein weiteres gra-
56
vierendes Hemmnis darstellte.
Zwei weibliche Mitglieder aus
Aachen hatten an einem Kurs
für Funktionärinnen an der
Wirtschaftsschule Dürrenberg
teilgenommen. Dabei waren sie
in dem Glauben gewesen, der
Vorstand werde ihnen gemäß
einem Rundschreiben den entgangenen Verdienst zu 85 Prozent ersetzen. Sie erhielten
folgendes Anschreiben:
„Wenn auch in der erwähnten gedruckten Mitteilung von
uns für verheiratete Kursteilnehmer eine Entschädigung von
85 vH vorgesehen ist, so muß
dabei berücksichtigt werden,
daß solche Mitglieder des Verbandes gemeint sind, die als
Hausvorstand in Betracht kommen, also für die Ernährung ihrer
Familie allein zu sorgen haben.
Da Sie jedoch verheiratet sind,
so ist mit Sicherheit anzunehmen, daß auch Ihr Mann zu den
57
Haushaltungskosten beiträgt
und Sie demnach nicht allein für
den Familienunterhalt zu sorgen
haben.“
Der Vorstand war lediglich
zu einer Zahlung von 40 Prozent
des entgangenen Lohnes bereit.
Allein die Tatsache, dass die
Frauen verheiratet waren, reichte
aus, um sie als teilversorgt anzusehen und die Lohnersatzleistung entsprechend zu kürzen.
Widerstände gegen Frauenarbeit
im DMV
Die Frauenarbeit des Deutschen Textilarbeiter-Verbandes (DTAV)
Der Textilarbeiterverband verlor
im Vergleich zu 1922 Mitte der
20er Jahre ebenfalls etwa die
Hälfte seiner Mitglieder. Sehr
hoch blieb jedoch, mit einigen
Schwankungen nahe unter der
60 Prozent-Grenze, der Anteil
der weiblichen Gewerkschaftsmitglieder. Der entsprach wiederum etwa dem weiblichen
Anteil in der Textilarbeiterschaft.
Im Vergleich zum DMV gab
es hier bessere Voraussetzungen für eine intensive Frauenarbeit. Auch im Textilarbeiterverband gab es jedoch nur wenige
Frauen in gewerkschaftlichen
Wahlfunktionen und nur einer
einzigen Frau, nämlich Elsa Niviera, gelang es Ende der 20er
Jahre, in den Hauptvorstand zu
kommen.
Unter der Leitung von
Martha Hoppe, die an der Spitze
des 1921 beim Vorstand eingerichteten Arbeiterinnensekretariats stand, wurde in den Filialen
ein Netz von Arbeiterinnenkom-
58
missionen ausgebaut. Ende
1924 existierten bereits 143
Arbeiterinnenkommissionen.
1922 startete der Verband
eine Kampagne zur Untersuchung der sozialen Lage der in
der Textilindustrie beschäftigten
verheirateten Frauen. Dabei
wurde nicht nur die Zeitbelastung der Frauen untersucht,
sondern auch die Probleme und
Gefahren, denen die schwangeren Frauen ausgesetzt waren.
Die Untersuchung erbrachte,
dass bei 1537 Arbeiterinnen nur
321 Geburten normal verliefen.
Die Ergebnisse wurden 1925 in
der Broschüre »Erwerbsarbeit,
Schwangerschaft, Frauenleid«
veröffentlicht.
Im Oktober 1926 veranstaltete der Verband in Gera den
ersten Textilarbeiterinnenkongress. 280 Delegierte waren zur
Beratung über den Arbeits- und
Mutterschutz angereist. Der
Kongress wurde am 11. Oktober
1926 mit der Kundgebung von
59
10.000 Textilarbeiterinnen eröffnet. Sie forderten einen besseren Arbeits- und Mutterschutz,
gleichen Lohn bei gleicher
Arbeit und die Abschaffung des
Abtreibungsparagraphen 218.
Die Aktivitäten des Textilarbeiterverbandes fanden in der
Öffentlichkeit große Resonanz
und gaben den Anstoß zum 1927
verabschiedeten Mutterschutzgesetz.
1928 rief das Arbeiterinnensekretariat die Textilarbeiterinnen im Rahmen eines Preisausschreibens zur Schilderung ihres
Arbeitstages und eines Wochenendes aus ihrem Leben auf. 150
eingesendete Berichte wurden
1930 unter dem Titel »Mein Arbeitstag, mein Wochenende« in
einer Broschüre veröffentlicht
( Ein Beispiel auf der nächsten
Doppelseite ). Der Hauptvorstand errechnete, dass nach den
Angaben der Frauen eine Arbeiterin durchschnittlich in der
Woche im Betrieb und Haushalt
ungefähr 90 Stunden zu arbeiten
hatte. Aufgrund der Berichte
wurde ein Forderungskatalog
aufgestellt, der sich nicht nur
gegen die Minderbezahlung der
Frauenarbeit richtete, sondern
von der staatlichen Sozialpolitik
die Verbesserung der Lebensbedingungen der erwerbstätigen
Frauen einforderte.
1932 bescheinigte die »Gewerkschaftliche Frauenzeitung«
dem Textilarbeiterverband unter
den Verbänden die intensivste
„Werbungs- und Schulungsarbeit von weiblichen Mitgliedern
für die weibliche Kollegenschaft“.
»Erwerbsarbeit,
Schwangerschaft,
Frauenleid«
Wer tauscht mit mir?
sind sie schlaftrunken. Erst wenn
alle ihre Suppe löffeln, wirds
Es ist 1⁄25 Uhr. Müde und noch
wieder still. Ich muß die Betten
garnicht ausgeruht, erhebe ich
machen, die Stube aufräumen,
mich von meinem Bett, welches die Kinder fertig anziehen, das
ich mit den beiden Kindern teiEssen einpacken und endlich
le. Die Familie besteht aus vier
kann ich auch einen Schluck
Kindern und zwei Erwachsenen. Suppe essen. Um 1⁄27 Uhr muß
Still, damit ich die Kinder nicht
ich fortgehen, die Kinder müssen
störe, kleide ich mich an und
zum Hort gebracht werden und
mache Feuer, stelle die Suppe
so schnell können sie nicht lauauf und wecke meinen Mann. Es fen. Fünf Minuten vor 7 Uhr bin
ist 5 Uhr geworden. Mein Mann
ich dann in der Fabrik, müde, als
macht das Brot zurecht zum Mit- ob ich schon acht Arbeitsstunden
nehmen. Wenn ich jene Arbeit
hinter mir hätte. Mittags setze ich
auch noch besorgen müßte, wäre mich hin esse schnell und mache
um 4 Uhr die Nacht für mich
fünf Minuten die Augen zu. Was
vorbei. Ich koche nun die Suppe, koche ich morgen und wie komstelle die Teller hin und lege den me ich am billigsten dazu, läßt
Kindern die Sachen zurecht. We- mich nicht ruhen und schnell ist
cke die Aelteste, was nicht immer die Pause um. Abends hole ich
leicht ist, denn mit 11 Jahren ist
die Kinder; freudig begrüßen sie
ein Kind um 6 Uhr noch müde,
mich und freuen sich, daß Mutter
ziehe sie an und raus müssen die wieder da ist. Auf dem Nachhauanderen nun der Reihe nach. Das seweg kaufe ich, was ich brauche
ist nun ein Geweine, denn alle
und trotzdem es so wenig wie
60
möglich ist, ist mein Geld bald
alle. Zu Hause hat mein Mann
Feuer angemacht und nun werden
die Kinder gesättigt. es wird gekocht, abgewaschen, die Kinder
ins Bett gebracht, damit ich in
Ruhe meine Arbeit machen kann.
Else hat ein Loch im Aermel,
Fritz hat eins in der Hose, Frieda
keine saubere Schürze und die
Strümpfe sind auch zerrissen.
Was nun zuerst anfangen ? Wenn
ich nun mit allem fertig bin, ist es
9 Uhr. Die Strümpfe muß ich aber
noch stopfen. Ich setzte mich also
hin; ein Paar ist noch nicht fertig
und ich bin so müde. Na, denke
ich, du wirst schnell ein Weilchen nicken. Erschreckt springe
ich auf, aus dem Weilchen sind
30 Minuten geworden und unnötig habe ich Licht verbrannt.
Morgen früh mußt du eine halbe
Stunde früher aufstehen, so sage
ich mir, und gehe schlafen, froh,
daß ein Arbeitstag beendet ist.
61
Wochenende. Sonnabend um
4 Uhr aufstehen und das Geschrei
der Kinder ist noch schlimmer,
denn sie müssen noch eher raus.
Wieder die Hetzjagd, aber heut
habe ich doch den Nachmittag
frei. Wenn die Arbeit beendet
ist, schnell die Kinder holen.
Mittags gibt es Kartoffelsuppe,
das dauert nicht so lange. Immer
muß ich schnell laufen, damit ich
beizeiten fertig werde. Dann ist
es 6 Uhr geworden. die Kinder
bekommen zu Essen. Ich weiche
Wäsche ein, denn Sonntag muß
ich waschen. Dann lege ich die
Kinder schlafen, räume noch auf
und flicke bis um 9 Uhr. Dann
gehe ich schlafen. Sonntag um
5 Uhr stehe ich auf und wasche.
Die Kinder können heute ausschlafen. Dann trinken wir alle
zusammen Kaffee und mein
Mann muß die Kinder besorgen,
das Zimmer aufräumen und nach
dem Essen sehen. Nachmittags
geht mein Mann aufs Dorf Musik
machen, inzwischen muß ich mit
der Wäsche fertig sein. Nun ist
es 1 Uhr, da wird gegessen, den
Abwasch lasse ich stehen bis ich
in der Waschküche fertig bin,
was um 3 Uhr ist. Dann setze
ich mich aber erst eine Weile
hin. Die Unordnung aber, die
jetzt in der Stube herrscht, läßt
mich nicht sitzen. Weiter also,
wozu braucht eine Arbeiterfrau
zu sitzen ? Arbeite weiter, stopfe
Strümpfe, mache das Essen für
Montag zurecht, lege die Kinder
schlafen und beim Versuch, die
Zeitung zu lesen, schlafe ich auch
ein. Das ist halt so, solange ich
beim Herumlaufen bin, merke
ich nicht, wie müde ich bin, aber
beim Sitzen schlafe ich sofort ein
und so endet dann mein Arbeitsund Wochenende.
Wer tauscht mit mir ?
H. B., S. 37 Jahre.
Ohne Arbeit und Unterstützung
– Die Weltwirtschaftskrise ( 1929 – 1933 )
Eine fast ständige und immer
belastendere Sorge für die
Arbeitnehmer in der Weimarer
Republik bedeutete die drohende Arbeitslosigkeit. Die Zahl der
Arbeitslosen, die schon vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise
ein relativ hohes Niveau erreicht
hatte, stieg von 1,9 Millionen im
Jahre 1929 auf über 6 Millionen
bis 1932.
Für Arbeiterinnen war die
Arbeitslosigkeit noch weitaus
stärker mit Nachteilen verbunden als für die Arbeiter. Der
Unterstützungssatz für Frauen
war niedriger als für Männer,
Frauen unter 18 Jahren bekamen
keine Unterstützung. Durch die
Notverordnungen, am Anfang
der 30er Jahre, wurde Frauen,
besonders wenn sie verheiratet
waren, der Unterstützungsanspruch trotz Beitragszahlung
vielfach gänzlich verweigert.
Ebenso den geringfügig Be-
62
63
schäftigten, überwiegend
Frauen, deren Kreis durch die
Bestimmungen in diesen Jahren
stark erweitert wurde.
So wurde der Begriff der
»geringfügigen Beschäftigung«
neu definiert und von der Versicherungspflicht befreit. Dies betraf alle Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer, die bis zu 30 Stunden wöchentlich beschäftigt
waren bzw. einen Verdienst von
weniger als 10 Mark wöchentlich
hatten. 1931 wurde der Versicherungscharakter für Ehefrauen
durchbrochen, sie erhielten nur
noch bei Bedürftigkeit Unterstützungsleistungen. Der Anteil
der Frauen an den Unterstützungsberechtigten reduzierte
sich durch die Notverordnungen
erheblich von 46,2 Prozent im
Oktober 1930 auf 13,9 Prozent im
Oktober 1931.
Viele Frauen meldeten sich
unter diesen Umständen, wenn
sie ihre Arbeit verloren, gar nicht
mehr arbeitslos. Infolge dieser
»stillen Reserve« fielen die
Arbeitslosenzahlen für Frauen
wesentlich niedriger aus als bei
den Männern.
Erwerbstätige verheiratete
Frauen, deren Erwerbsarbeit
meistens für die Erhaltung
der Familie unentbehrlich war,
sollten ihre Arbeitsplätze für
männliche Arbeitslose freimachen. Der Allgemeine Deutsche
Gewerkschaftsbund ( ADGB ),
die damalige gewerkschaftliche
Dachorganisation, und auch der
DMV versäumten es, der Unsinnigkeit der Doppelverdienerdemagogie hinsichtlich der
Lösung des Arbeitslosensproblems mit einer klaren Argumentation entgegen zu treten,
und leisteten dadurch zu deren
Vordringen in der Arbeiterschaft
Vorschub.
»geringfügig
Beschäftigte«
auch damals
meist Frauen
Die Frauen in der Defensive
Während der Weimarer Republik
zeigte sowohl die Teilnahme
der Frauen an den Wahlen wie
auch der Frauenanteil in den
parlamentarischen Vertretungen eine sinkende Tendenz.
Diese Vorgänge signalisierten,
ebenso wie der Rückzug der
Frauen aus den gewerkschaftlichen Organisationen, dass sich
in ihren Reihen Enttäuschung
und Resignation ausbreitete. In
der ersten deutschen Republik
fehlten der Leitgedanke und
die Strategie einer offensiven
Frauenemanzipation. Die sozialdemokratischen Frauen, die im
Reichstag unter allen Fraktionen
stets über die meisten Vertreterinnen verfügten, konzentrierten
sich auf sozialpolitische Themen
Die Frauen in den Arbeitskämpfen
und blieben so im wesentlichen
in der »Frauenecke«. Die KPD,
der 1919 Klara Zetkin beigetreten war, hielt zwar die Ideale
der proletarischen Emanzipationstheorie weiterhin hoch, ihr
Einfluss in den Betrieben und
in der Gewerkschaftsbewegung
blieb jedoch begrenzt. Die Benachteiligung der Frauen und
besonders der erwerbstätigen
Frauen geschah vor dem Hintergrund, dass »Mann« von ihrer
Seite kaum Widerstand erwartet
hatte. Das Fehlen eines starken,
kämpferischen Frauenflügels
schwächte die Arbeiterbewegung im Angesicht der wachsenden faschistischen Gefahr nicht
weniger als die politische Spaltung in zwei Arbeiterparteien.
Wollsortiererinnen bei Nordwolle in Delmenhorst, 1920er Jahre
Das kämpferische Potential, das
in den Arbeiterinnen schlummerte, zeigte sich auch an ihrer
regen Teilnahme an den Arbeitseinstellungen. In etlichen Jahren
der Weimarer Republik stellten
64
65
sie in den vom DMV geführten
Streiks ein Fünftel bis knapp ein
Drittel der Streikenden. Noch
größer war der Anteil der Textilarbeiterinnen an den großen
Lohnkämpfen ihrer Branche
1928 /29. In dem achtwöchigen
Streik in den Betrieben des
Norddeutschen Wollkonzerns
im Frühjahr 1928 befanden sich
unter den 24.000 Streikenden
nicht weniger als 13.000 Frauen.
DIE FASCHISTISCHE
DIKTATUR
1933 -1945
Weibliche Häftlinge im KZ Ravensbrück müssen für die SS Uniformen nähen
66
67
Schon die ersten Maßnahmen
der Nazimachthaber nach der
Machtergreifung am 30. Januar
1933 zielten – neben der drastischen Einschränkung demokratischer Freiheiten – auf die
Zerschlagung der organisierten
Arbeiterbewegung. Tausende
FunktionärInnen und Mitglieder
der KPD, der SPD und der Gewerkschaften wurden verhaftet,
misshandelt und kamen später
in KZ-Lager. Nach einer längeren
Hinhaltetaktik wurden am 2. Mai
1933 die Gewerkschaftshäuser
68
69
besetzt und die Gewerkschaften
aufgelöst.
Viele Aktive der Arbeiterbewegung kämpften unter Einsatz
ihres Lebens gegen das Naziregime. Unter ihnen auch viele
Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen, wie Elsa Niviera,
Vorstandsmitglied des Deutschen Textilarbeiterverbandes,
oder Margeraethe Traeder, Lisy
Alphart, Dina Berner. Die letzten
drei waren nach dem Krieg maßgeblich am Aufbau der Frauenarbeit in der IG Metall beteiligt.
71
DIE FRAUEN UND
DIE IG METALL
1945 - 2005
Teilnehmerinnen auf der IG Metall Frauenkonferenz
1988
72
73
Gewerkschaftliche Frauenpolitik in der DDR
Der Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg
Die bedingungslose Kapitulation von Nazi-Deutschland am
8. Mai 1945 beendete den Zweiten Weltkrieg. 5,25 Millionen
Tote waren allein auf deutscher
Seite zu beklagen. In breiten
Schichten der Bevölkerung
herrschte die Überzeugung,
dass die Gesellschaft auf der
Grundlage wirtschaftlicher und
politischer Demokratisierung
errichtet werden sollte.
74
Die DDR wurde am 7. Oktober
1949 gegründet. Zugleich setzte
die Provisorische Volkskammer
eine Verfassung in Kraft, die
nach öffentlicher Diskussion im
Mai 1949 vom Dritten Deutschen
Volkskongress bestätigt worden
war. Darin waren u. a. folgende
Grundsätze verankert:
■ die Gleichberechtigung von
Mann und Frau
■ das Recht auf Arbeit
■ gleicher Lohn für gleiche
Arbeit
■ der besondere Schutz der
Frauen im Arbeitsprozess
■ das gleiche Recht auf Bildung
■ die gemeinsame Verantwortung von Mann und Frau für
die Erziehung der Kinder und
■ der staatliche Schutz der
Mutterschaft.
Die »Lösung der Frauenfrage«
gehörte seit langem zum politischen Programm zur Befreiung
der Arbeiterklasse von kapitalistischer Ausbeutung und
Unterdrückung. Friedrich Engels’
Schrift »Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des
75
Staates«, vor allem aber August
Bebels Schrift »Die Frau und der
Sozialismus« lieferten das Fundament für die Theorie, wonach
die Befreiung der Arbeiterklasse
durch die Beseitigung des Privateigentums, die Herstellung
sozialer Gleichheit und die »Lösung der Frauenfrage« untrennbar miteinander verbunden ist.
Man ging davon aus,
■ dass Benachteiligung, Unterdrückung und Rechtlosigkeit
der Frau im Privateigentum
begründet sind und mit dessen Abschaffung auch die
Frau befreit werden würde,
■ dass der Kern der Emanzipation der Frau darin liege, sie
in die Produktion einzubeziehen und
■ dass sie zu diesem Zwecke
von ihren Pflichten für Hausarbeit und Kindererziehung
entlastet und diese Bereiche
vergesellschaftet werden
müssten.
Anders als in der Bundesrepublik gab es bei der Gleichberechtigung der Geschlechter
in der DDR keine verfassungs-
Original Bildunterschrift (Tribüne, wöchentliches Organ des
Bundesvorstandes des Freien Deutschen Gewerkschaftsbunds, 1963 ): „Zum Weltkongreß der Frauen in Moskau wird
die Zwirnerin Rosa Peter aus der Tuchfabrik Cottbus als einzige Delegierte aus dem Bezirk Cottbus fahren. Mit ihrer Delegierung wird ihre gleichermaßen vorbildliche Arbeit als ZweiStuhl-Zwirnerin in der Produktion und als aktivstes Mitglied
des Betriebs-Frauenausschusses gewürdigt.“
rechtlichen Auslegungs- und
Umsetzungsstreitigkeiten. Vielmehr folgten bald sozial- und
familienpolitische Schritte wie
das »Gesetz über den Mutterund Kinderschutz und die Rechte der Frau« und Regelungen zur
Frauenförderung, die 1968 sogar
verfassungsrechtlich festgeschrieben wurden. Die Chancengleichheit der Frau sollte in der
DDR durch besondere Förderung
bei der beruflichen Qualifizierung gewährleistet werden.
1945 bis 1960
Leben hieß in der sowjetischen
Besatzungszone wie auch in
den westlichen Zonen zunächst
Überleben. Hier wie dort waren
die Frauen die ersten, die beim
Neuaufbau des verwüsteten
Deutschlands als Trümmerfrauen anpacken mußten.
Anders als im Westen räumten Frauen in der sowjetisch
besetzen Zone jedoch nicht ihre
Arbeitsplätze für heimkehrende
Soldaten. Sie wurden für den
Aufbau der Wirtschaft dringend
76
gebraucht. Mit Kampagnen wurde für ihre Eingliederung in die
Betriebe geworben. Insbesondere nicht erwerbstätige Frauen
wurden zeitweise zu Arbeitseinsätzen in verschiedenen Bereichen verpflichtet. Die »Hausfrauenbrigaden« entstanden.
Der Demokratische Frauenbund Deutschlands ( DFD ) sah
in seiner Gründungszeit seine
Hauptaufgabe darin, „Frauen aus
allen Schichten der Bevölkerung
für die Arbeit in der Produktion
zu gewinnen“. Engagierte Frauen
leisteten intensive Aufklärungsarbeit. Sie warben für Ausbildungslehrgänge für unterschiedliche Berufe und Branchen.
Die Frauenbewegung wurde zu
diesem Zeitpunkt hauptsächlich von humanistischen Zielen
getragen: „Nie wieder Krieg“,
eine glückliche Zukunft für die
Kinder, gerechte Verteilung der
Güter, keine Ausbeutung, Gleichberechtigung von Mann und
Frau in allen gesellschaftlichen
Bereichen. „Wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben“,
lautete das Motto.
77
Diese Ziele der Frauenbewegung stimmten mit den
klassischen Werten des Kommunismus und dem Parteiprogramm der SED überein. Doch
der Einfluss der Partei auf die
Frauenbewegung war zunächst
gering. Mit Gründung der DDR,
dem Anspruch der SED auf die
führende Rolle im Staat und
ihrer Vorrangstellung in der »Kaderpolitik« veränderte sich dieses Verhältnis langsam. Der DFD
wurde mehr und mehr zum Anhängsel der Partei. Andererseits
förderte die SED mit konkreten
Aktivitäten die Erwerbstätigkeit
der Frau. Laut Parteiprogramm
waren Betriebe verpflichtet, zur
Entlastung der Frauen von häuslichen Pflichten zum Beispiel
Angebote für Fertiggerichte
aufzulegen, Bestellsysteme
einzuführen, wie auch die Volksbildung und die ganztägige Betreuung der Kinder in der Schule
zu sichern.
Trotz dieser gesetzlichen
Grundlagen für die Gleichberechtigung ließ die Praxis einiges zu wünschen übrig. Frauen
waren sowohl in der Industrie
als auch in der Politik kaum in
leitenden Funktionen zu finden.
Die Mehrzahl fand sich in beruflichen Tätigkeiten wieder, die
relativ gering bezahlt wurden.
An den altbekannten Rollenzuschreibungen wurde nicht
gerüttelt. Trotz aller partnerschaftlichen Parolen waren auch
in der DDR die Frauen die Hauptverantwortlichen für Hausarbeit
und Kindererziehung. Allerdings
wurden bessere Voraussetzungen zur Bewältigung der Doppelbelastung geschaffen als in
der Bundesrepublik.
Die Gewerkschaften bemühten sich in den Betrieben, die
Gleichberechtigung von Männern und Frauen zu verankern.
Beispielsweise entwickelte die
Hauptabteilung Frauen der IG
Holz ein System von Schulungsmaßnahmen und Kontrollen in
den Betrieben, um Verstöße
gegen den Gleichheitsgrundsatz
aufzudecken und gleiches Recht
für alle durchzusetzen. Sehr oft
sahen sich Frauen dabei nicht
nur mit den Vorurteilen der
»Hausfrauenbrigaden« und
Gleichberechtigung
Betriebsleiter oder Eigentümer,
sondern auch mit denen ihrer
männlichen Kollegen konfrontiert.
1960 bis 1972
Ehrungen im Wandel: Von der »Besten Näherbrigade« zum »Besten Qualitätsarbeiter«
1960 beschloss das Zentralkomitee der SED, in allen Betrieben und gesellschaftlichen
Institutionen Frauenkommissionen zu bilden und Frauen
verstärkt in leitende Funktionen
zu bringen. Einerseits drängten
diese Kommissionen den DFD
völlig an den Rand, andererseits
stärkten sie die Stellung der
Frau. Die Frauenkommissionen
nahmen sich engagiert der
Probleme der Frauen und ihrer
Belastungen an. Sie führten die
Auseinandersetzung mit Betriebsleitern, der betrieblichen
gewerkschaftlichen Leitung
( BGL) und Parteisekretären und
sorgten für einige Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von
Beruf und Familie, zum Beispiel
durch Kinderstuben, Nähstuben
und Waschmöglichkeiten in den
Betrieben.
78
Gesetze flankierten die Aktivitäten in folgenden Bereichen:
■ Die Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen wurden
verbessert. Frauensonderklassen zur Ausbildung von
Facharbeiterinnen, Meisterinnen, Fachschulkadern,
Hochschulkadern usw. wurden gebildet.
■ Mütter konnten bei Geburt
eines Kindes ein Jahr zu
Hause bleiben, ohne ihren
Arbeitsplatz zu verlieren.
■ Ein Hausarbeitstag wurde
eingeführt. Jede Frau hatte
pro Monat einen Tag frei, um
ihre Hausarbeit zu erledigen.
■ Jedes Kind hatte ein Recht
auf einen Krippen- und einen
Kindergartenplatz.
■ Frauenentwicklungsverträge
erleichterten Frauen den Zugang zu Leitungsfunktionen.
In der Folge drangen Frauen
vor allem in Funktionen auf der
mittleren Ebene vor. Nur sehr
wenige – wenn auch mehr als in
der Bundesrepublik – erreichten
berufliche Spitzenpositionen.
Der Anteil von Frauen in typi79
schen Männerberufen stieg.
Frauen wurden nahezu vollständig ins Erwerbsleben integriert.
Dennoch blieben Hausarbeit
und Kindererziehung weiterhin
an ihnen hängen. Ihre Rolle als
berufstätige Hausfrau und Mutter wurde am 8. März sogar noch
auf »sozialistische Art« geehrt.
Anfang der 70er Jahre stellte die
SED fest, dass die Gleichberechtigung der Frau in der Gesellschaft, im Arbeitsleben und in
der Familie erreicht sei.
1972 wurde das »Gesetz
über die Unterbrechung der
Schwangerschaft« verabschiedet. Frauen konnten innerhalb
einer Frist von zwölf Wochen
selbst über einen Abbruch entscheiden.
In den 80er Jahren nahmen
jedoch die Kritikerinnen, vor
allem unter den jüngeren Frauen, stetig zu und es wuchs die
Unzufriedenheit mit der Verkürzung der Frauenpolitik auf eine
»Muttipolitik«. Die Rahmenbedingungen waren zwar besser
1972 bis 1989
als im Westen, aber tatsächliche
Gleichberechtigung gab es auch
Ab diesem Zeitpunkt folgten
in der DDR nicht. Anfang der
nur noch alltagspraktische Ak80er Jahre entstanden infortivitäten, um vor allem jungen
melle Frauengruppen, vor allem
Müttern die Vereinbarkeit von
im kirchlichen Raum und in der
Beruf und Familie zu erleichtern. neuen Friedens- und AlternaSchichtarbeit für Frauen mit
tivbewegung. 1982 schlossen
Kleinkindern wurde verboten.
sich »Frauen für den Frieden«
Das »Mütterjahr« wurde durch
zusammen und protestierten geeine Lohnersatzleistung finangen das neue Wehrdienstgesetz,
ziert. Die bezahlte Freistellung
das vorsah, im Verteidigungsfall
bei Erkrankung des Kindes wur- auch Frauen zum Dienst an der
de verlängert und die Arbeitszeit Waffe zu verpflichten. Im Somfür Mütter mit mindestens zwei mer 1989 spitzte sich die politiKindern verkürzt.
sche Krise in der DDR durch die
Integration der
Frauen ins Erwerbsleben
Ausreisebewegung zu. Die Opposition begann sich zu formieren. Bereits zu diesem Zeitpunkt
existierten an verschiedenen
Orten politische Frauen-, Selbsthilfe-, Selbsterfahrungs- und
Diskussionsgruppen. In Berlin
zählten die »lila Offensive«
( LILO ) und die »Erster Weiblicher Aufbruch« ( EWA ) zu den
Gruppen der »ersten Stunde«. In
Thüringen schlossen sich Frauen
unter dem Namen »Frauen für
Veränderung« zusammen.
Doch anders als erhofft, verbesserte die Wiedervereinigung
die Lage der Frauen nicht. Im
Gegenteil: Vorschuleinrichtungen wurden geschlossen, Kinderbetreuungsangebote eingeschränkt bzw. verteuert. Unzählige Frauen wurden erwerbslos
und verloren ihre ökonomische
Unabhängigkeit.
Zunächst unterstützte die
westdeutsche Frauenbewegung
Praktikantinnen im VEB
Kaltwalzwerk Oranienburg
1990. Der Betrieb wurde 1991
von Krupp übernommen und
alsbald geschlossen
80
ihre ostdeutschen Schwestern
engagiert. Doch nach einer
Phase der »euphorischen
Schwesterlichkeit« traten die
Unterschiede immer klarer hervor. Die westdeutschen Frauen
erkannten zwar die bessere
Stellung der Frauen im Osten
im Beruf an, sahen diese jedoch
auf der »Bewusstseinsebene«
um dreißig Jahre »hinterher
hinken«. Ihrer Ansicht nach
fehlte den ostdeutschen Frauen die Sensibilität für subtile
Unterdrückungsmechanismen
– eine der Hauptleistungen der
Neuen Frauenbewegung im
Lauf ihrer 25jährigen Geschichte. Einige Frauen glaubten sogar eine absolute Polarisierung
zwischen der west- und der
ostdeutschen Frauenbewegung
zu sehen, die durch den Spruch
„West-Emanzen gegen OstMuttis“ zugespitzt ausgedrückt
wurde.
Tag der Arbeitsloseninitiative Ost
Mitglieder der IG Metall
vor ihrem Stand »Neue
Arbeit Sachsen e. V.«
81
Gewerkschaftliche Frauenpolitik in der Bundesrepublik
Die 50er Jahre
In der öffentlichen Wahrnehmung tauchen Frauen im zerstörten Deutschland der Nachkriegszeit zumeist als Trümmerfrauen auf. Diese Sicht blendet
wichtige Bereiche aus. Frauen
arbeiteten unmittelbar nach
Kriegsende auch in Betrieben
und in Verwaltungen. Im Dezember 1945 betrug der Anteil der
Frauen an den Erwerbstätigen
im Bundesgebiet 30,5 Prozent.
In der Bevölkerung waren die
Frauen in der Mehrheit. Nach
Kriegsende lebten in den westlichen Zonen 7,3 Millionen mehr
Frauen als Männer. Dennoch
bekamen Männer eher einen
Arbeitsplatz als Frauen. Verheiratete Frauen wurden gezielt
aus dem Erwerbsleben verdrängt. Einige Arbeitsverträge
sahen sogar eine so genannte
Zölibatsklausel vor.
Auch moralisch wurden erwerbstätige Frauen unter Druck
gesetzt, ihren Arbeitsplatz für
die heimkehrenden Männer
freizumachen. Bundeskanzler
Konrad Adenauer ( CDU ) und die
katholische Kirche propagierten
82
83
Die Zölibatsklausel
Eine aus heutiger sicht kaum nachvollziehbare Regelung gegen berufstätige Frauen war die sogenannte „Zölibatsklausel im
Deutschen Beamtengesetz § 63“. Darin heist es laut Bundesgesetzblatt Nr. 30 vom 11. Juli 195o:
1. Ein weiblicher Beamter kann, wenn er sich verehelicht,
entlassen werden. Er ist zu entlassen, wenn er es beantragt.
Er darf ohne Antrag nur entlassen werden, wenn seine
wirtschaftliche Versorgung nach der Höhe des Familieneinkommens dauerhaft gesichert erscheint; die wirtschaftliche
Versorgung gilt als dauernd gesichert, wenn der Ehemann in
einem Bemtenverhältnis steht, mit dem Anspruch auf Ruhegeld verbunden ist.
2. Die oberste Dienstbehörde entscheidet darüber, ob die wirtschaftliche Versorgung dauernd gesichert (ist oder) erscheint.
3. Im Einzelfalle kann die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Inneren Ausnahmen von
Abs. 1, Satz 3, Halbsatz 2 zulassen.
4. Die Entlassung tritt mit Ende des Monats ein, der auf den
Monat folgt, in welchem dem Beamten die Entalssungsverfügung mitgeteilt worden ist.
§ 64 DBG:
1. Die aufgrund des § 63 ausscheidenden weiblichen Beamten
erhalten eine Abfindung nach Abs. 2, auch wenn sie Beamte
auf Widerruf sind. Durch die Abfindung werden alle Versorgungsbezüge abgegolten. (...)
Aus einer Betriebsordnung ...
ARBEITSZEIT: 45-STUNDENWOCHE
MONTAG BIS FREITAG: (5 Tage á 8 Stunden)
Vormittags 07.50 - 09.50 Uhr Nachmittags 12.50 - 16.00 Uhr
10.00 - 12.00 Uhr
16.10 - 18.00 Uhr
10 Min. Pause
10 Min. Pause
SAMSTAG: (5 Stunden)
Vormittags 07.50 - 09.50 Uhr
10.00 - 13.00 Uhr
10 Min. Pause
Während der 10 Minuten Pause wird das mitgebrachte Vesper
vom Gang geholt und am Platz eingenommen. Lautes Sprechen
ist zu vermeiden. Das Handtuch auf dem Schoß zu behalten, damit die Hände sauber bleiben.
Das Verlassen der Werkstatt während der Pause ist auch den
Lehrmädchen nicht erlaubt. Die Fenster können geöffnet werden
und nachher wieder geschlossen. Unsere Hausordnung verlangt
von uns ruhiges Benehmen.
Auf dem Treppenhaus darf nicht gesprochen werden. Um den
Lehrmädchen die Bodenpflege der Werkstätte zu erleichtern, ziehen alle die schweren Straßenschuhe aus.
Für die Zeiteintragung auf der Karte ist gewissenhaft und
pünktlich jede Mitarbeitende verantwortlich.
Der Werkstattmeisterin ist (in Abwesenheit der Inhaberin) der
zur Förderung des Geschäfts nötigen Anordnungen zu folgen.
Jeder arbeite an seinem Werk mit freudigem Eifer zum schönen Gelingen !
Lore und Anne kommen um 8 Uhr, dafür räumen sie gründlich in der Mittagszeit auf. Legen ihre Handtücher auf den abgeräumten Zuschneidetisch, um dort zu essen.
das Bild der Hausfrau und Mutter, die sich um die drei K – Küche, Kinder, Kirche zu kümmern
hatte. Öffentlich wurde darüber
diskutiert, dass eine Vernachlässigung dieser Aufgaben die
Entwicklung der Kinder gravierend beeinträchtige. »Schlüsselkinder« wurden Kinder genannt,
deren Mütter erwerbstätig
waren. Diese Ideologie fiel bei
vielen Frauen auf fruchtbaren
Boden. Mit Familienarbeit und
Erwerbstätigkeit enorm belastet, gaben viele freiwillig ihren
Arbeitsplatz auf. Die Folge: 1950
waren fast 70 Prozent der allein
stehenden Frauen erwerbstätig,
aber nur 26,4 Prozent der verheirateten.
Am 10. Mai 1957 erklärte
das Bundesarbeitsgericht Zölibatsklauseln im Arbeitsvertrag
endlich für unwirksam. Bis zu
diesem Zeitpunkt hatten im
Familienrecht immer noch die
Bestimmungen des 19. Jahrhunderts gegolten: Die Ehefrau
durfte eigenständig keine Verträge schließen, ohne Einwilligung des Ehemannes konnte
84
sie keiner Erwerbstätigkeit
nachgehen. Er hingegen konnte
mit der Einwilligung des Vormundschaftsgerichts das Arbeitsverhältnis seiner Frau ohne
deren Einverständnis kündigen.
Er konnte über ihr Einkommen
verfügen und Entscheidungen,
die die gemeinsamen Kinder
betrafen, alleine treffen. Das
»Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf
dem Gebiet des bürgerlichen
Rechts« von 1957 beendete zwar
diese Hierarchie im bürgerlichen
Recht. Die grundsätzliche Vorstellung einer geschlechtsspezifischen Rollenverteilung in der
Ehe blieb jedoch unangetastet.
So durften Frauen weiterhin nur
dann berufstätig sein, wenn dies
mit ihren Familienpflichten vereinbar war.
Gewerkschaftliche Frauenarbeit konzentrierte sich in den
Anfangsjahren der Bundesrepublik auf den Aufbau organisatorischer Strukturen und die Werbung weiblicher Mitglieder. Die
Hoffnung vieler Gewerkschafterinnen, dass frauenspezifische
85
Fragen gleichwertig in die gewerkschaftliche Arbeit integriert
würden, erfüllte sich nicht.
Zumeist blieb es engagierten
Frauen vorbehalten, Probleme
anzusprechen und Veränderungen einzufordern. Dabei ging es
vor allem um die Betreuung der
Kinder berufstätiger Frauen, die
Doppelbelastung, um den Mutterschutz, berufliche Förderung
sowie Lohn- und Gehaltsdiskriminierung.
Bei Gründung der Bundesrepublik sahen fast alle Tarifverträge Abschlagsklauseln für Frauenlöhne vor. Je nach Tarifvertrag
mussten Frauen bei gleicher Arbeit einen Abschlag von zehn bis
25 Prozent auf den Männerlohn
hinnehmen. Mit dieser Praxis
räumte ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 1955
auf. Der Gleichberechtigungsgrundsatz des Grundgesetzes
umfasse auch den Grundsatz
der Lohngleichheit von Mann
und Frau und gelte mithin auch
für Tarifverträge, beschieden die
Richter. Damit waren Lohnabschlagsklauseln gesetzwidrig.
Zugleich regte das Gericht an,
genauere Lohnkategorien zu
bilden und Tätigkeiten nach
ihren körperlichen Belastungen zu unterscheiden. Geklagt
hatte eine Hilfsarbeiterin einer
Stuhlfabrik in Bakede, einem
kleinen Ort in Niedersachsen in
der Nähe von Hameln. Nach dem
Tarifvertrag für die holzverarbeitende Industrie Niedersachsens
erhielten die Männer damals den
Hilfsarbeiterlohn von 1,17 DM je
Stunde. Frauen zahlte die Firma jedoch nur 94 Pfennig. Dies
schien durch den Tarifvertrag,
Absatz »Frauenarbeit«, gedeckt.
Dort hieß es:
„Weibliche Arbeitskräfte
erhalten für die Spulenindustrie
75 Prozent, für die übrige unter
diese Tarifvereinbarung fallende
holzverarbeitende Industrie 80
Prozent der betreffenden Männerlöhne.“
Nach dem historischen
Urteil machten sich die Arbeitgeber Gedanken darüber, wie
sie sich möglichst billig aus
der Affäre ziehen könnten. Die
Bezahlung der Frauen nach den
Gleichberechtigungsgrundsatz
des Grundgesetzes und
Tarifverträge
Die 60er Jahre
Tarifen für männliche Hilfsarbeiter hätte eine Lohnerhöhung
von 25 bis 35 Prozent bedeutet.
Um das zu vermeiden, wurden
die bisherigen Lohngruppen um
weitere ergänzt. 1956 einigte
sich zum Beispiel der Vorstand
der IG Metall mit dem Gesamtverband der metallindustriellen Arbeitgeberverbände auf
Lohngruppentexte mit dem
Merkmal „Ohne besondere Anforderungen an die körperliche
Leistungsfähigkeit“. Unter der
bisher niedrigsten Lohngruppe
( zumeist 80 Prozent unterhalb
des Facharbeiterlohns, der so
genannten Ecklohngruppe )
wurden weitere Gruppen geschaffen. Deren Niveau lag in
der Regel bei 72 bis 75 Prozent
des Ecklohns. Damit schien
zwar formalrechtlich die Diskriminierung der Frauen bei der
Entlohnung beseitigt, es gab
keine Lohnabschlagsklauseln
mehr, stattdessen waren die
Leichtlohngruppen geboren, in
die vor allem Frauen eingruppiert wurden.
Zweites wichtiges Arbeitsfeld für die IG Metall-Frauen war
schon früh das Engagement
gegen Militarismus und Krieg
und für den Frieden. In den 50er
Jahren protestierten sie gegen
die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland und
warnten vor den Gefahren atomarer Waffen für die gesamte
Welt. ( Aufruf an die Frauen der
Welt IN: Int. Frauentag S. 75 )
86
Die 60er Jahre gelten als die Jahre des »Wirtschaftswunders«.
Mehr ArbeitnehmerInnen als
je zuvor konnten sich – häufig
auf Raten – bei einer 40- bis
45-Stunden-Woche größere
Anschaffungen leisten ( einen
Fernseher, eine Waschmaschine,
ein Auto ) und in Urlaub fahren.
In dieser Zeit des Aufschwungs warben die Betriebe
um Frauen als Arbeitskräfte
und boten unterschiedlichste
Arbeitszeitmodelle an, um den
Einstieg ins Berufsleben zu
erleichtern. Frauenerwerbstätigkeit wurde mit Hilfe des »DreiPhasen-Modells« legitimiert.
Dieses Modell wies familiäre
Aufgaben und Erwerbstätigkeit
verschiedenen Lebensphasen zu
und versuchte auf diese Weise,
individuelle, natürliche Lebensprozesse mit wirtschaftlichen
Anforderungen zu synchronisieren. Die Frau unterbreche ihre
Erwerbstätigkeit nach der Heirat
oder Geburt des ersten Kindes
und nehme sie nach Beendigung
87
der Schulzeit der Kinder wieder
auf. Vera Klein, die diese Theorie
gemeinsam mit Alva Myrdal entwickelt hatte, referierte darüber
bei der 6. Frauenkonferenz der
IG Metall 1967.
Zunehmend wurden auch
verheiratete Frauen wieder erwerbstätig. Müttern wurde Teilzeitarbeit angeboten. Arbeitszeitmodelle mit Abendschichten
und Saisonarbeit kamen auf.
Vorreiter war der Dienstleistungsbereich, aber es gab auch
so genannte Hausfrauenschichten in der Produktion, in denen
in der Regel an- und ungelernte
Arbeiterinnen arbeiteten. Sie
verrichteten oft Tätigkeiten, die
große Fingerfertigkeit erforderten, eng getaktet und sehr
monoton waren. Diese Arbeiten
stellten angeblich keine großen
Anforderungen und wurden gering bezahlt.
In der Bekleidungsindustrie
wuchs der Frauenanteil unter
den Beschäftigten auf 83,8 Prozent an, in der Metallindustrie
Die 70er Jahre
Verringerung der
Doppelbelastung
»Notstandsgesetze«
verharrte er bei unter 20 Prozent.
Vorrangiges Ziel der Frauenpolitik war auch in dieser Zeit,
die Doppelbelastung der Frauen
zu verringern. Männer beteiligten sich kaum an der Familienarbeit. Hausarbeit musste
in dieser Zeit noch vielfach
ohne technische Unterstützung
bewältigt werden. Da die wenigsten über eine ( halb- ) automatische Waschmaschine
verfügten, mussten sie einen
Waschtag einplanen. In vier
Bundesländern ( Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ) gab es daher
den gesetzlichen Anspruch auf
einen bezahlten Hausarbeitstag.
Dieser wurde jedoch aufgrund
der Beschwerde eines allein
stehenden Mannes vor dem
Bundesverfassungsgericht als
exklusives Frauenrecht 1979 für
verfassungswidrig erklärt.
Sozialpolitische Forderungen prägten die gewerkschaftliche Frauenpolitik: Die Freistellung eines Elternteils bei Krankheit der Kinder, ausreichende
Angebote zur Kinderbetreuung,
angemessenes Kindergeld und
angemessene Altersrenten. Die
meisten dieser Forderungen
mündeten erst in den 70er Jahren in staatliche Reformen.
Im Verlauf der 60er Jahre
verschärfte sich in den Betrieben die Auseinandersetzung um
bessere Arbeitsbedingungen.
Thema war auch eine vorsorgende Gesundheitspolitik. Bis
Ende der 60er Jahre bezog zum
Beispiel die Arbeitswissenschaft ihre Erkenntnisse aus der
Beobachtung junger Männer
zwischen 20 bis 25 Jahren. Eine
geschlechter- oder altersgerechte Betrachtungsweise war nicht
üblich.
Aufgrund heftiger Proteste
gegen den Vietnam-Krieg und
angesichts der zunehmenden
Politisierung der Jugend verabschiedete der Bundestag 1968
auf Initiative der Großen Koalition in Bonn die »Notstandsgesetze«, die es ermöglichten,
einen Teil der verfassungsmäßigen Rechte im Fall eines »Notstands« außer Kraft zu setzen.
Dieser Beschluss löste eine
Welle des Widerstands im gesamten Land aus. Studierende,
Gewerkschaften, SPD-Mitglieder
und linke Gruppen beteiligten
sich an vorher undenkbaren gemeinsamen Aktionen. Vor allem
die Studierenden verknüpften
diesen Protest mit der Forderung nach Aufarbeitung der
Nazi-Vergangenheit und nach
einer Demokratisierung der
Hochschulen. Sie wollten den
„Muff von tausend Jahren“ aus
den Universitäten vertreiben.
Diese Bewegungen legten
den Grundstein dafür, dass nach
anderthalb Jahrzehnten CDUHerrschaft und nach dem Ende
einer drei Jahre lang regierenden großen Koalition von CDU/
CSU und SPD 1969 die erste
sozial-liberale Koalition von SPD
und FDP gebildet wurde. Willy
Brandt wurde zum Bundeskanzler gewählt. Das Motto seiner
Regierungserklärung: „Mehr
Demokratie wagen !“
88
Die sozialen Bewegungen vom
Ende der 60er Jahre wirkten
in den 70er Jahren fort. Viele
Menschen politisierten und engagierten sich. Vor allem auch
junge Leute und Frauen traten
an, das verknöcherte Gesellschaftssystem zu verändern. Es
entstand eine neue Frauenbewegung ( siehe unten ).
Die sozial-liberale Koalition setzte eine Reihe sozialer
Reformen ins Werk, in denen
sich auch die sozialpolitischen
Forderungen der Gewerkschafterinnen wiederfanden: die
Neugestaltung des Ehe- und
Familien- und des Nichtehelichenrechts, die Weiterentwicklung der Krankenversicherung
mit der Freistellung zur Pflege
erkrankter Familienangehöriger
und dem Anspruch auf Vorsorgeuntersuchungen, die Einführung des Mutterschaftsurlaubs
und des Mutterschaftsgeldes.
All diese Themen fanden sich
durchgängig in den Anträgen
der Frauenkonferenzen der
IG Metall in den 60er und 70er
Jahren wieder.
89
Mit dem Mutterschutzgesetz von 1965 wurde die
Schutzfrist nach der Entbindung
auf acht Wochen verlängert
und ein Anspruch auf Vorsorgeuntersuchungen während der
Schwangerschaft begründet.
1971 wurde der Mutterschaftsurlaub mit Mutterschaftsgeld
und Kündigungsschutz bis zwei
Monate nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubs eingeführt.
Das bedeutete Verbesserungen,
die die Gewerkschaften schon
seit vielen Jahren gefordert
hatten.
Mit der Reform des Namensrechts 1976 und der Reform des
Ehe- und Familienrechts 1977
wurde das tradierte Leitbild der
Hausfrauenehe im Bürgerlichen
Recht endlich weitgehend aufgegeben. Nun hatten beide EhepartnerInnen das gleiche Recht
erwerbstätig zu sein. Sie teilten
sich die Verantwortung für die
Haushaltsführung. Zerrüttungsprinzip und Versorgungsausgleich lösten das antiquierte
Schuldprinzip im Scheidungsrecht ab.
Auch in die Auseinandersetzungen und parlamentarischen
Initiativen zur Neuregelung des
Abtreibungs-Paragrafen 218
StGB mischten sich die Gewerkschaften ein. Bereits 1971 forderte der Gewerkschaftstag der
IG Metall die Straffreiheit des
Schwangerschaftsabbruchs. Die
Mitglieder wurden zu einer Unterschriftenaktion zur Unterstützung der Fristenregelung aufgerufen, die mehr als 125.000 Unterschriften einbrachte. Die vom
Bundestag im April 1974 verabschiedete »Fristenregelung« billigte der Frau in den ersten drei
Monaten der Schwangerschaft
zu, über einen Abbruch selbst zu
entscheiden. Jedoch verwarf das
Bundesverfassungsgericht diese
Reform ein Jahr später als nicht
verfassungsgemäß. Mit einem
neuen Gesetz wurde schließlich
die Indikationenregelung eingeführt, die einen Schwangerschaftsabbruch in bestimmten
eng umrissenen Fällen zuließ.
Zur Gleichstellung der Frau
gehören gleiche Bildungs- und
Ausbildungschancen für Mäd-
Reformen im Familienrecht und Neue
Frauenbewegung
chen wie für Jungen. Als Folge
der Bildungsreformen nahm ab
Anfang der 70er Jahre die Zahl
der Mädchen, die einen Beruf
erlernten, kontinuierlich zu.
Allerdings konzentrierte sich
die Mehrzahl auf relativ wenige,
meist schlecht bezahlte, frauentypische Berufe im Dienstleistungssektor, wie Arzthelferin,
Friseurin, Näherin, Kauffrau
oder Verkäuferin. Seit den 60er
Jahren gehörte es zu den Kernanliegen der Frauenarbeit in der
IG Metall, die Ausbildung der
Mädchen in gewerblich technischen Berufen zu fördern. Die
IG Metall plädierte für einheitliche Lehrpläne für Jungen und
Mädchen. Jungen sollten am
Hauswirtschaftsunterricht teilnehmen, Mädchen am Werkunterricht. Anlernberufe, in denen
Mädchen eine Kurzausbildung
absolvierten, sollten zu regu-
lären dreijährige Ausbildungen
aufgewertet werden. Anke
Fuchs, bis April 1977 Mitglied im
geschäftsführenden Vorstand
der IG Metall, pries Schweden
als Vorbild. Dort erhielten Betriebe Zuschüsse, wenn sie Frauen in typischen Männerberufen
und Männer in typischen Frauenberufen ausbildeten.
Mitte der 70er Jahre beendete eine schwere Wirtschaftskrise
die Jahre der Vollbeschäftigung
oder doch Beinahe-Vollbeschäftigung in der Bundesrepublik.
1975 waren über eine Million
Menschen arbeitslos, darunter
über 400.000 Frauen. Seit diesem Zeitpunkt ist es nie mehr
gelungen, den sich weiter vergrößernden Sockel an Arbeitslosigkeit zu beseitigen.
In der Wirtschaftskrise der
70er Jahre verschlechterten sich
auch die gesellschaftlichen Rah-
GTB-Broschüre, 1972
menbedingungen für gewerkschaftliche Frauenarbeit. In dieser Situation veröffentlichte der
Frauenausschuss der IG Metall
1978 »Zwölf Thesen«, eine Art
politisches Grundsatzprogramm.
Mit diesem Programm knüpften
die Gewerkschafterinnen an
die politischen Grundlagen der
proletarischen Frauenbewegung
der Jahrhundertwende an. Diese
hatte ihren Kampf um die Emanzipation der Frau mit einer präzisen Analyse der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse verbunden.
In der Wirtschaftskrise
zeigte sich recht schnell, dass
weibliche Erwerbsarbeit noch
immer nicht selbstverständlich
war, Frauen wurden weiterhin
als arbeitsmarktpolitische Verschiebemasse missbraucht,
Wirtschaft und Politik unternehmen einmal mehr den Versuch,
Frauen in »Männerberufen«
90
91
Die 80er Jahre
Ein wichtiges Ziel: Humanisierung der Arbeitswelt
das Problem der Massenarbeitslosigkeit zu ihren Lasten zu lösen. Die Frau als »Doppelverdienerin« saß plötzlich wieder auf
der Anklagebank.
Gleichzeitig geschah Mitte
der 70er Jahre einiges auf europäischer Ebene. Der Ministerrat
der damaligen Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft
beschloss einstimmig zwei
wichtige Richtlinien, eine zur
Lohngleichheit und eine zur
Gleichheit beim Zugang zu
Beschäftigung, Weiterbildung,
beruflichem Aufstieg sowie
Arbeitsbedingungen. Diese
Richtlinien sind seither wichtige
Grundlagen zur Durchsetzung
gleichstellungspolitischer Forderungen.
Die »Humanisierung der Arbeitswelt« war in den 70er Jahren ein wichtiges gewerkschaftliches Ziel. Auch die IG Metall
initiierte und begleitete viele
Projekte – betrieblich und überbetrieblich.
Einige Aspekte waren für
die Frauen an den Bändern und
Maschinen besonders wichtig.
Die »einfache« und »leichte«
Arbeit, die man ihnen zuwies,
war vielfach das letzte Stadium
vor der Automation. Die Arbeitsabläufe waren so zerhackt und
zergliedert, dass die Gefahr
bestand, diese Arbeitsplätze in
einer weiteren Welle der Mechanisierung wegzurationalisieren.
Bedeutsam war daher die Forderung nach Mindestarbeitsinhalten. Die Gewerkschaften sahen
sich durch ein 1975 im Auftrag
der Bundesregierung erstelltes arbeitswissenschaftliches
Gutachten in ihrer Auffassung
bestätigt. Es besagte Folgendes: Um auf Dauer erträglich zu
sein, müsse Arbeit aus einem
Mindestmaß an Handgriffen
bestehen, die zusammen mehr
als eine Minute Zeit erforderten.
Außerdem müsse jede Arbeit ein
Mindestmaß an Entscheidungsfreiheit und Kontrolle enthalten.
92
Das Jahr 1982 brachte einen
Regierungswechsel und damit
die 16 Jahre währende Ära Kohl.
Die Arbeitslosenzahlen stiegen
und die Beschäftigten in der
Metallindustrie streikten für die
35-Stundenwoche. Die 80er Jahre standen aber auch im Zeichen
des Frauenaufbruchs.
Die Kampagne der IG Metall
für die 35-Stunden-Woche
verfolgte schwerpunktmäßig
das Ziel, durch Arbeitszeitverkürzung die Arbeitslosigkeit zu
verringern. Neben den beschäftigungs- und humanisierungspolitischen Zielen, ging es den
Frauen der IG Metall auch darum, Lebenschancen gerechter
zu verteilen. Trotz steigender
Erwerbsbeteiligung der Frauen
hatte sich an der gesellschaftlichen Arbeitsteilung zwischen
den Geschlechtern kaum etwas
verändert. Die Doppelbelastung
der Frauen durch Erwerbstätigkeit einerseits, »Küche und
Kinder« andererseits bestand
93
Die 35 Stunden-Woche: für Frauen auch eine Möglichkeit zur gerechteren Verteilung von Lebenschancen
DGBFrauenkundgebung
Bonn 1983: Frauen
protestieren gegen
sozialen Abbau
noch immer. Viele Mütter kleiner
Kinder waren ( und sind weiterhin ) dazu gezwungen, nur
Teilzeit zu arbeiten, auch wenn
sie eigentlich eine Vollzeitstelle
haben wollen. Viele wurden in
ungesicherte – geringfügige
– Beschäftigungsverhältnisse
gedrängt. Mitte der 80er Jahre
war jede dritte erwerbstätige
Frau teilzeitbeschäftigt.
Darüber hinaus ging es in
der gewerkschaftlichen Frauenarbeit um die soziale Sicherung
der Frau, um Aus- und Weiterbildungsfragen, Altersversorgung
und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Gefordert wurden
auch Gleichstellungsstellen,
Frauenbeauftragte und gezielte
Frauenförderung. Seit Mitte der
80er Jahre initiierten Kolleginnen der IG Metall Frauenförderpläne sowohl in den Betrieben
als auch in den Gliederungen
der Gewerkschaft, um Diskriminierungen abzubauen und die
gleichberechtigte Teilhabe der
Frauen zu erreichen.
Gegen den Willen der DGBSpitze belebten Gewerkschafts94
frauen in den 80er Jahren den
Internationale Frauentag neu
und feierten ihn seither jedes
Jahr. Die IG Metall verband den
8. März mit aktuellen, frauenpolitisch wichtigen Themenschwerpunkten: Lohngleichheit ( 1981 ),
Sozialaufbau ( 1982 ), Mitbestimmung und Dienst von Frauen
in der Bundeswehr ( 1983 ), Arbeitszeitverkürzung ( 1984 ) und
Arbeitslosigkeit ( 1985 ).
1986 führte die Bundesregierung den Erziehungsurlaub
und das Erziehungsgeld für
Mütter und Väter ein, die ihr
neugeborenes Kind selbst betreuen. Erziehungsgeld gab es
zunächst zehn Monate lang, ab
1990 dann 18 Monate lang. Seit
1992 bestehen der Anspruch
auf Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub (seit 2001: Elternzeit) unabhängig voneinander.
Erziehungsgeld wurde ab diesem Zeitpunkt 24 Monate lang
gezahlt. Väter oder Mütter im
Erziehungsurlaub konnten bis
zu 19 Stunden pro Woche arbeiten. Die Reform des Erziehungsgeldgesetzes 2001 eröffnete
beiden Eltern die Möglichkeit,
gleichzeitig Elternzeit ( wie der
Erziehungsurlaub nun hieß ) zu
nehmen und bis zu 30 Stunden
pro Woche erwerbstätig zu sein.
An frauenspezifischen Fragen des Arbeitsschutzes arbei-
teten Metallerinnen auch in den
80er Jahren. Zu den traditionellen Problemen des Arbeitsschutzes gehörten unter anderem
Lärmbelästigung, Luftverschmutzung und die Raumtemperatur.
Eine wachsende Rolle spielten
auch ergonomische Gesichtspunkte, wie richtiges Sitzen und
richtiges Licht. Dass viele Betriebe die Vorschriften missachten,
zeigte 1980 eine Aktion mehrerer
IG Metall-Verwaltungsstellen in
Baden-Württemberg unter dem
Moto »Frauen sind nicht zweite
Klasse«. Häufig übertreten wurden zum Beispiel die Vorschriften für Frauen zum Heben und
Tragen.
„Widerstand jetzt“
DGB-Kundgebung
gegen sozialen
Abbau,
Frankfurt/M. 1982
95
In den 70er und 80er Jahren initiierten die IG Metall
und andere Gewerkschaften
Höhergruppierungsaktionen.
Sie wandten sich gegen die
Klassifizierung »körperlich
leichte Arbeit« an vielen Frauenarbeitsplätzen und forderten
die Abschaffung der Leichtlohngruppen als ungerechtfertigt
und diskriminierend. Beispielsweise erstritten 14 Arbeiterinnen
des Elektromotorenwerks
Groschopp in Viersen vor Gericht ihre Höhergruppierung aus
der Leichtlohngruppe 2 in die
Gruppe 4 des nordrhein-westfälischen Tarifvertrags. Das Arbeitsgericht Mönchengladbach
befand, dass das Drähtelöten,
mit dem die Frauen beschäftigt
waren, mehr als nur geringe
körperliche Belastung sei. 1988
verbot das Bundesarbeitsgericht
die Leichtlohngruppen endlich
als »mittelbar diskriminierend«.
Auch hier hatten Metallerinnen
geklagt, die in einer Wittener
Kabelfirma arbeiteten und eine
gerechtere Eingruppierung
einforderten. Seit diesem Urteil
Kroschu-Kolleginnen vor Beginn der Verhandlung vor dem Bochumer Arbeitsgericht, 1983
96
97
Solidartitätsdemonstration für die Thyssen-Koleginnen vor dem Landesarbeitsgericht in Frankfurt 1981
wird unter körperlich schwerer Arbeit auch solche Arbeit
verstanden, die stehende Tätigkeiten, eine taktgebundene,
repetitive Arbeit, nervliche Belastungen oder Lärmbelastung
beinhaltet oder zu einer bestimmten Körperhaltung zwingt
– Anforderungen an vielen
Arbeitsplätzen von Frauen in der
Metall- und Elektroindustrie.
Die 90er Jahre
Der Anfang der 90er Jahre brachte die deutsche Wiedervereinigung. In der Folge verloren in
den neuen Bundesländern Männer wie Frauen ihren Arbeitsplatz. Doch Männer fanden eher
eine neue Stelle. Die Erwerbslosigkeit der ostdeutschen Frauen
nahm dramatisches Ausmaß an.
Mit dem Zusammenbruch
der Wirtschaft und der damit
verbundenen anhaltenden
Massenarbeitslosigkeit ging
für die Frauen in den neuen
Bundesländern die Zeit hoher
Erwerbstätigkeit zu Ende. In
der ehemaligen DDR war es für
jede Frau selbstverständlich, für
den eigenen Lebensunterhalt zu
sorgen und auf eine öffentliche
Infrastruktur zur Vereinbarkeit
von Familie und Beruf zurückzugreifen. In der DDR waren
87 Prozent aller berufstätigen
Frauen Facharbeiterinnen oder
hatten eine höhere berufliche
Ausbildung. Die Massenarbeitslosigkeit traf die Frauen im Osten trotz gleicher Qualifikation
wie ihre männlichen Kollegen
doppelt. Sie wurden als erste
Internationaler
Frauentag 1994
98
99
entlassen und fanden als letzte
einen neuen Job oder ergatterten eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Während im Westen
die Frauenerwerbsquote von
1989 bis 1992 von 55,5 Prozent
auf 59,5 Prozent gestiegen ist,
sank sie im Osten Deutschlands
von 91 Prozent ( 1989 ) auf 47,8
Prozent.
Parallel zu dieser Entwicklung erlebte die Bundesrepublik
die schlimmste Wirtschaftskrise
der Nachkriegszeit. Mehr als
vier Millionen Menschen waren
auf dem Höhepunkt dieser Krise, im Februar 1994, arbeitslos
gemeldet. 1983 hatten über
eine Million Frauen keine Arbeit,
1999 schon fast zwei Millionen.
Ihre allgemeine Arbeitslosenquote lag immer über der der
Männer. In der Metallwirtschaft
war das jedoch etwas anders.
Dort lag der Anteil der Frauen an
den Arbeitslosen der Branche
mit 19 bis 20 Prozent unter der
allgemeinen Quote. Indes stieg
der branchenspezifische Anteil
der arbeitslosen Frauen in der
Textil- und Bekleidungswirt-
schaft auf nahezu 90 Prozent.
Die Arbeitslosigkeit ließ
auch bei der IG Metall die Mitgliederzahlen sinken. Die Gewerkschaft verlor bis 1994 über
120.000 weibliche Mitglieder,
rund 86.000 im Osten und rund
35.000 im Westen.
Im Verlaufe der Krise gewannen in der gewerkschaftlichen
Frauenarbeit Konzepte für eine
geschlechtergerechte Wirtschafts- und Strukturpolitik an
Bedeutung. Das Arbeits- und
Aktionsprogramm »Frauen für
die 35« flankierte die Tarifrunde
1990. Das Arbeitszeitforum der
IG Metall 1990 in Frankfurt mit
350 Teilnehmerinnen unter dem
Motto »Wir streiten für bessere
Zeiten« bildete einen Schwerpunkt der Aktionen. In den
meisten Tarifgebieten wurde
Teilzeitarbeit auf Arbeitszeiten
oberhalb der Sozialversicherungspflichtgrenze beschränkt.
In den 80er Jahren hatte sich die
IG Metall noch zum Ziel gesetzt,
Teilzeit einzuschränken. In den
90er Jahren traten unter dem
Druck der hohen Arbeitslosig-
Einbruch der
Frauenerwerbsquote in den
neuen Bundesländern
keit die Durchsetzung bedürfnisorientierter Teilzeitregelungen
und qualifizierter Teilzeit in den
Vordergrund. 1999 wie schon
1984 stand die Arbeitszeit für
die IG Metall-Frauen auch im
Mittelpunkt des internationalen
Frauentages.
Nach einem Beschluss des
18. Gewerkschaftstages 1995
wurde eine »Muss-Quote« im
Ortstatut der Verwaltungsstellen verankert. Frauen sollen dort
entsprechend ihrem Anteil an
der Mitgliedschaft in den Gremien mitarbeiten. In der Folge
wurden 16,9 Prozent der Frauen
in die Vertreterversammlungen
und in die Ortsverwaltungen
gewählt ( 1990: 10,4 Prozent ).
1999 wurde die Frauenquote
auch in der Organisationssatzung verankert. Bereits im Jahr
2000 wurde sie bei den Organisationswahlen erfüllt. Bei
den Betriebsratswahlen schlug
sich die mit der Reform des
Gudrun Hamacher
spricht auf dem
Arbeitszeitforum
der IG Metall 1990
in Frankfurt
Ursula Ibler (l.)
und Karin Roth (r.)
auf dem Arbeitszeitforum
100
101
Betriebsverfassungsgesetzes
neu eingeführte Mindestquote
für das Minderheitengeschlecht
ebenfalls positiv nieder. Davor
war der Frauenanteil in den
Beschäftigtenvertretungen von
Wahl zu Wahl nur um wenige
Zehntel Prozentpunkte gestiegen. Bei der ersten Wahl nach
neuem Recht 2002 stieg der
Frauenanteil in den Betriebsräten sprunghaft um über vier
Prozentpunkte.
1995 riefen Arbeitgeber,
der DGB, Wirtschaftsverbände
und das Bundesministerium für
Familie, Senioren, Frauen und
Jugend die Initiative »TOTAL
E-QUALITY Deutschland« ins
Leben. Die Initiative zeichnet
Unternehmen aus, die Chancengleichheit als Grundsatz ihrer
Personalpolitik praktizieren.
Qualität soll mit Chancengleichheit verbunden werden. Ziel ist
es, Firmen zu motivieren, ihre
Management-Konzepte gezielt
auch auf den weiblichen Teil
der Belegschaft auszurichten.
1994 verabschiedete der
Bundestag das Zweite Gleichberechtigungsgesetz. Es galt
jedoch nur für den öffentlichen
Dienst, den in der privaten
Wirtschaft beschäftigten Frauen
brachte es gar nichts. Hier sind
die weiblichen Beschäftigten
weiterhin auf eigene Initiativen
angewiesen. Chancengleichheitsausschüsse der Betriebsräte setzen sich – vor allem in
größeren Betrieben – für Betriebsvereinbarungen zur Chancengleichheit ein. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor sind dabei
Netzwerke, die den direkten
Austausch der Akteurinnen über
Erfahrungen, Methoden, Strategien und gute Praxis fördern. Im
Organisationsbereich der IG Metall wurden zahlreiche Netzwerke
in größeren Betrieen brachte es
gar nichts. Hier sind die weiblichen Beschäftigten weiterhin auf
Quoten
für Frauen
Mitgliederstruktur der IG Metall, der GTB und der GHK vor ihrer Fusion
16,7
%
GHK *:
150.000 Mitglieder
davon 25.000 weiblich
17,1%
IGM:
2.639.594 Mitglieder
davon 450.182 weiblich
59,6 %
eigene Initiativen angewiesen.
Chancengleichheitsausschüsse
der Betriebsräte setzen sich – vor
allem in größeren Betrieben
– für Betriebsvereinbarungen zur
Chancengleichheit ein. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor sind dabei Netzwerke, die den direkten
Austausch der Akteurinnen über
Erfahrungen, Methoden, Strategien und gute Praxis fördern. Im
Organisationsbereich der IG Metall wurden zahlreiche Netzwerke
in größeren Betrieben, aber auch
überbetrieblich gegründet.
Ende der 90er Jahre schlossen sich zwei kleinere Gewerk-
GTB:
183.349 Mitglieder
davon 107.717 weiblich
* Hochrechnung. 1998 wurden keine Daten erhoben. Letzte Datenerhebung für den
Wirtschafts- und Tätigkeitsbericht der GHK 1996/ 1997.
102
103
schaften, die Gewerkschaft Textil
und Bekleidung ( 1998 ) sowie die
Gewerkschaft Holz und Kunststoff ( 1999 ) der IG Metall an.
Beide Gewerkschaften,
Anfang der 90er Jahre des
19. Jahrhunderts gegründet,
haben eine lange kämpferische
Tradition. Die Gewerkschaft
Textil Bekleidung verfügt mit
ihrem um die 60 Prozent liegenden Frauenanteil obendrein
über einen reichen Schatz an
Erfahrungen in der Frauenarbeit. Der Anteil der weiblichen
Mitglieder entsprach hier auch
über einen längeren Zeitraum im
Wesentlichen dem Frauenanteil
von 60 Prozent in der Textil- und
Bekleidungswirtschaft sowie im
textilen Reinigungsgewerbe. Der
Rückgang der Mitgliederzahl der
GTB von rund 431.000 im Jahr
1952 auf dem Höhepunkt ihrer
Nachkriegsentwicklung auf etwa
183.000 im Jahr 1997 spiegelt
das Schrumpfen der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie wieder.
Zusammenschluss
von GTB, GHK und
IG Metall
Die ersten Jahre des neuen Jahrhunderts
2001 zählte die IG Metall rund
509.000 weibliche Mitglieder.
Fast jedes fünfte Mitglied ist
eine Frau. Der gewerkschaftliche
Organisationsgrad der MetallFrauen liegt damit noch immer
unter ihrem Anteil an den Beschäftigten.
Das im Juli 2001 in Kraft
getretene novellierte Betriebsverfassungsgesetz hat die
Möglichkeiten für Initiativen der
Betriebsräte zur Chancengleichheit erheblich verbessert. Vorgaben zur Mindestvertretung der
Geschlechter im Betriebsrat wie
auch der Jugend- und Auszubildendenvertretung ( »Mindestquote« ), eine Soll-Vorschrift für
den Gesamt- und den Konzernbetriebsrat, Freizeitausgleich
für teilzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder und Teilfreistellungen erleichtern es Frauen,
im Betriebsrat mitzuarbeiten.
Zugleich erhält der Betriebsrat
mehr Rechte, um für Chancengleichheit aktiv zu werden.
Am 26. April 2001 fand erstmals bundesweit der Girls‘ Day,
der Mädchen-Zukunftstag,
Kirsten Rölke
spricht auf dem
Frauentag der
IG Metall 2004
104
105
statt. An diesem Tag erhielten
Mädchen im Alter von 10 bis 15
Jahren die Gelegenheit, in Betrieben und Forschungseinrichtungen technische und techniknahe Berufe kennen zu lernen.
Initiiert und getragen wurde die
Initiative von mehreren Bundesministerien, der Bundesanstalt
für Arbeit, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und vom DGB.
Die Arbeitszeitpolitik ist
neben der Entgeltpolitik weiterhin ein Dreh- und Angelpunkt
gewerkschaftlicher Gleichstellungspolitik. Im Jahr 2001 diskutierten Metallerinnen in einem
zweitägigen bundesweiten
Workshop die Themen kollektive
Arbeitszeitverkürzung, Teilzeitarbeit und Arbeitszeitkonten.
Die Ergebnisse wurden in einem
Positionspapier unter dem Titel:
»Zeit zum Arbeiten, Zeit zum
Leben – für Frauen und Männer«
veröffentlicht.
Mit den ersten abgeschlossenen Entgeltrahmentarifverträgen (»ERA« ) beginnt eine neue
Ära der Tarifpolitik. Veränderte
Arbeitsbedingungen erzwangen
veränderte Entgeltstrukturen
und neue Bewertungskriterien.
Die neuen Entgeltrahmenabkommen bieten Chancen für
eine gerechtere Eingruppierung
beider Geschlechter. Wie diese Chancen genutzt werden,
entscheidet sich auch bei der
betrieblichen Umsetzung der
neuen Rahmenregelungen.
Im Oktober 2003 wurde
beim Gewerkschaftstag der
IG Metall die Chancengleichheit
von Frauen und Männern als ein
„wichtiges Zukunftsthema – in
Gesellschaft, Arbeitswelt und
für die IG Metall ... mit dem Ziel
der wirklichen Gleichstellung der
Geschlechter“ beschlossen. In
Anlehnung an die Strategie der
EU betrachtet die IG Metall die
Doppelstrategie von Frauenpolitik und Gender Mainstreaming
als notwendiges Mittel, dieses
Ziel zu erreichen. Es geht nicht
darum, mit einem rein formal verordneten und absolvierten Gender Mainstreaming die bisherige
Frauenpolitik auszubremsen.
Beide Ansätze sollen einander
Frauen noch immer schwächer
organisiert als
Männer
Neue »ERA« in der
Tarifpolitik
Gender Mainstreaming
ergänzend und verstärkend eingesetzt werden. Die Doppelstrategie dient dem Ziel, Frauen und
Männern gleiche Chancen auf
eine selbstbestimmte Gestaltung
eigener Lebensentwürfe jenseits
klassischer Geschlechterrollen
zu ermöglichen. Mit diesem Beschluss bekennen sich die männlichen Metaller stärker als bisher
zu ihrer Verantwortung, Chancengleichheit auch im eigenen
Wirkungsbereich umzusetzen!
Sogenannte »Reformen«
des neuen Jahrhunderts machen
sozialpolitische Erfolge der Vergangenheit zunichte. Politische
Entscheidungen wie die Agenda
2010 und die Hartz-Gesetze verschärfen vor allem die Situation
von Frauen.
Entgegen allen Erklärungen
und entgegen den Leitlinien
europäischer Beschäftigungspolitik denkt die Bundesregierung
überhaupt nicht daran, ernsthaft
Gender Mainstreaming in die
deutsche Politik zu integrieren
und Chancengleichheit für Frauen und Männer durchzusetzen.
Die beschlossenen und geplanten Reformen verschlechtern
überwiegend die Situation von
Frauen. Gespart wird in vielen
Feldern zu Lasten der weiblichen Hälfte der Bevölkerung!
„Sozialer Kahlschlag schafft keine Arbeitsplätze - Reformen ja. Sozialabbau nein danke.“
DGB-Kundgebung 2004: Kornmarkt, Nürnberg
106
107
Die Neue Frauenbewegung
1968 - 1975
ben!“ Tausende von Frauen und
auch viele Männer solidarisierDie Neue Frauenbewegung
ten sich. Unter der Parole „Mein
entstand im Rahmen der StuBauch gehört mir!“ entstanden
dentenbewegung von 1967/68. überall Frauengruppen.
Bei einer Konferenz des SoziaDie Neue Frauenbewegung
listischen Deutschen Studenstand insofern in der Tradition
tenbundes ( SDS ) im September der bürgerlichen Frauenbewe1968 in Frankfurt kritisierten
gungen, als sie der Veränderung
einige Studentinnen, dass ihre
der Geschlechterverhältnisse im
Kommilitonen in ihrer angeblich Rahmen der bestehenden Geso radikalen Kritik der gesellsellschaftsordnung absolute Prischaftlichen Zustände, das
orität einräumte. Es entstanden
private Ausbeutungsverhältnis, Selbsterfahrungsgruppen, Fraudie Unterdrückung der Frauen,
encafes, Frauenliteratur, Frauvollkommen außer Acht ließen. enhäuser und Initiativen gegen
Der Konflikt eskalierte, als Stu- Vergewaltigung. Frauen suchten
dentinnen die Redner mit Toma- Stärke in ihrer Geschlechtszugeten bewarfen.
hörigkeit und schlossen Männer
Der sprunghafte Anstieg
aus ihren Aktivitäten bewusst
der Zahl von Frauengruppen ab aus. Dies zog den Vorwurf der
1968/69 lag auch am veränder- Männerfeindlichkeit nach sich.
ten politischen Bewusstsein von Vor allem Alice Schwarzer wurde
Frauen, an ihrer veränderten
als Emanze und Männerfeindin
Einstellung zur Sexualität, an der diffamiert. Ihr Buch »Der kleine
antiautoritären Bewegung und
Unterschied« schlug hohe Welan den Kampagnen gegen den
len.
Abtreibungs-Paragrafen 218.
In dieser Phase der Be374 zum Teil prominente Frauen wusstwerdung und Artikulation
bezichtigten sich in der Illustrier- besinnen sich Frauen auf sich
ten Stern: „Ich habe abgetrieselbst und ihre Stärke: Sie
108
109
versuchen zu einer eigenen
Weiblichkeit zu finden. Schwesterlichkeit, Zärtlichkeit unter
Frauen und Solidarität sind
wichtige Werte. Frauen wollen
sich untereinander helfen und
unterstützen – ohne Männer. In
Selbsterfahrungsgruppen reflektieren Frauen ihre persönliche
Entwicklung und Situation, ihre
Bedürfnisse und Ängste.
1975 - 1980
1975 begannen Frauengruppen
und ihre Netzwerke sich nach
Richtungen, Themen und Praxisfeldern zu differenzieren. Unterschiedliche feministische Projekte entstanden: Feministische
Gesundheitszentren, Frauenhäuser, Initiativen gegen Vergewaltigung ( auch in der Ehe ) sowie
gegen sexuellen Missbrauch von
Kindern. Frauenverlage, Frauenbuchhandlungen, Frauencafes
und feministische Zeitschriften
wurden gegründet. Frauenbands, Frauentheater und -filmgruppen, Frauen-Ferienhäuser
und Frauenbildungsstätten ent-
„ladies only!“
oder: Männer
müssen draußen
bleiben
Forderungen der
neuen Frauenbewegung
standen. An Hochschulen wurden zeitlich begrenzte Frauenuniversitäten angeboten. Besondere Bedeutung kam den beiden
überregionalen Zeitschriften
»Emma« und »Courage« zu.
Sie trugen den feministischen
Diskurs mit seinen unterschiedlichen Schwerpunkten in die
Öffentlichkeit. Wesentliche Themen waren autonome weibliche
Sexualität und Erotik, lesbische
Lebensformen, sexuelle Gewalt, aber auch die Erneuerung
des Arbeitsbegriffes. Die Beschränkung dieses Begriffes auf
Lohnarbeit ignoriere die überwiegend von Frauen geleistete
Reproduktionsarbeit. Aus dieser
Kritik entwickelten Teile der
Frauenbewegung die Forderung
nach Lohn für Hausarbeit, die
von anderen Gruppierungen, vor
allem von Gewerkschafterinnen,
nie geteilt wurde. Diese befürchteten eine Festschreibung der
traditionellen geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung und eine
noch größere Abhängigkeit vom
Ehemann.
Eine Mehrheit innerhalb der
Frauenbewegungen wies die
Festlegung der Frauen auf die
Mutterrolle zurück. Die Folge
waren Protestaktionen gegen
den Muttertag. Stattdessen
wuchs seit den 80er Jahren die
Bedeutung des Internationalen
Frauentags. Die proletarische
Frauenbewegung hatte diesen
Tag in Deutschland erstmalig
1911 mit Demonstrationen begangen. Wiederbelebt wurde der
8. März zunächst in der DDR und
in den 70er Jahren von einzelnen
gewerkschaftlich orientierten
Frauen in der Bundesrepublik.
Die Abteilung Frauenpolitik des
DGB rief 1980 zum Internationalen Frauentag auf, um frauenpolitische Forderungen in die
Öffentlichkeit zu tragen. Seither
ist er zu einem Aktionstag für
alle Frauen und deren Organisationen in Deutschland geworden, gleich welcher politischen
Richtung. Allerdings zeigen sich
an diesem Tag auch immer wieder unterschiedliche Akzente
und die damit verbundenen Konflikte. Gewerkschaftliche Frauengruppen legen Wert darauf,
dass am 8. März nicht nur Frauen, sondern auch Männer für
frauenpolitische Forderungen
eintreten. Vertreterinnen der
Autonomen Frauenbewegung
wollen den Tag ohne männliche
Beteiligung begehen.
110
Nach 1980
Mit der Konsolidierung der
Projekte ging eine gewisse Professionalisierung einher. Frauenpositionen werden in die Politik
und in die Entscheidungen
unterschiedlicher Institutionen
und Organisationen integriert.
Die Parteien öffneten sich mehrheitlich für Frauenpolitik. Bei
den Grünen war der Feminismus
beispielsweise ein wichtiger
inhaltlicher Stützpfeiler. Sie gingen Bündnisse mit autonomen
Frauen ein. Eine harte Quotierung, das »Feminat« eines rein
weiblichen Parteivorstands und
wegweisende frauenpolitische
Beschlüsse zum Beispiel zur
beruflichen Gleichheit setzten
Maßstäbe für die anderen Parteien. Die SPD beschloss 1988
111
eine Quotierung von mindestens
30 Prozent für jedes Geschlecht
und setzte sich für Gleichstellung und Frauenforschung in
den Bundesländern und Kommunen ein. Die CDU hielt sich
zwar mit der innerparteilichen
Gleichstellung der Frauen zurück. 1985 wurde in der Amtszeit
von Heiner Geißler als Familienminister zwar das Erziehungsgeldgesetz verabschiedet, sowie
ab 1986 Erziehungsgeld und
-urlaub eingeführt, doch wurde
damit auch die Frauen auf ihre
Mutterrolle festgelegt. Seine
Nachfolgerin und Parteikollegin
Rita Süßmuth erhielt erstmals
auch die explizite Zuständigkeit
»Frauenpolitik«.
1994 gelang es einem überparteilichen Bündnis »Frauen in
bester Verfassung«, in Artikel 3
des Grundgesetzes die Gleichstellung als staatliche Aufgabe
zu verankern. 1995 verabschiedete die IV. Weltfrauenkonferenz
der Vereinten Nationen in Peking eine Aktionsplattform mit
weit reichenden zukunftsorientierten Initiativen. Gender Mainstreaming wurde als Leitprinzip
der Gleichstellung beschlossen
und in die Amsterdamer Verträge 1997 übernommen wurde.
Frauenpolitik der
Parteien
Auch in Zukunft: starke Frauen für eine starke IG Metall
112
113
Weiterführende Literatur
Weiter wurden benutzt:
Achten, Udo:
Das ist das Licht der neuen Zeit.
Erinnerungen an den 22 wöchigen Streik der Crimmitschauer
Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter im Jahre 1903 /1904 für
den Zehnstundentag.
Essen 2004
Badia, Gilbert:
Clara Zetkin,
Berlin 1994
Tagungsordner auf der Frauenkonfernz 2004
Das wichtigste hier verwendete
und mehrfach zitierte Buch ist:
Kassel, Brigitte:
Frauen in einer Männerwelt.
Frauenerwerbsarbeit in der
Metallindustrie und ihre Interessenvertretung durch den Deutschen Metallarbeiter-Verband
( 1891 – 1933 ),
Köln 1997
Bajohr, Stefan:
Die Hälfte der Fabrik. Geschichte
der Frauenarbeit in Deutschland
1914 bis 1945,
Marburg 1979
Deutscher Gewerkschaftsbund:
„Da haben wir uns alle schrecklich geirrt ...“ Die Geschichte der
gewerkschaftlichen Frauenarbeit im DGB von 1945 bis 1960.
Pfaffenweiler 1993.
114
Archiv Frauenleben im
Main-Kinzig Kreis (Hrsg.):
Frauen in den Gewerkschaften
1945 – 1997 in Hessen und im
Main-Kinzig-Kreis.
Hanau 1998.
Klucsarits, Richard u. a.:
Arbeiterinnen kämpfen um
ihr Recht. Autobiographische
Texte rechtloser und entrechteter „Frauenpersonen“ in
Deutschland, Österreich und der
Schweiz des 19. und 20. Jahrhunderts,
Wuppertal [1975]
Hervé, Florence:
Frauenbewegung und revolutionäre Arbeiterbewegung.
Texte zur Frauenemanzipation in
Lenz, Ilse:
Deutschland und in der BRD von Wie verändern sich die neuen
1848 bis 1980,
Frauenbewegungen ? In: ZeitFrankfurt am Main 1981
schrift für Frauenforschung Geschlechterstudien.
IG Metall:
Bielefeld Heft 4/2002. S. 65–82
Frauen in der Metallgewerkschaft 1891 bis 1982. DokumenLosseff-Tillmanns, Gisela:
te, Materialien, Meinungen.
Frauenemanzipation und GeFrankfurt am Main 1983.
werkschaften ( 1800 – 1975 ).
IG Metall:
Dissertation,
Internationaler Frauentag. Tag
Bochum 1975
der Frauen seit 75 Jahren.
Frankfurt am Main 1985
Losseff-Tillmanns, Gisela:
Frau und Gewerkschaft,
Borris; Maria:
Frankfurt am Main 1982
25 Jahre Frauenarbeit in der
IG Metall. Zwischen Sozialpolitik
und Lohnkampf.
Frankfurt am Main 1977.
115
Niggemann, Heinz:
Emanzipation zwischen Sozialismus und Feminismus. Die
sozialdemokratische Frauenbewegung im Kaiserreich,
Wuppertal 1981
Pinl, Claudia:
Das Arbeitnehmerpatriarchat.
Die Frauenpolitik der Gewerkschaften.
Köln 1977
Richebächer, Sabine:
Uns fehlt nur eine Kleinigkeit.
Deutsche proletarische Frauenbewegung 1890 – 1914,
Frankfurt am Main 1982
Thoenessen, Werner:
Die Frauenemanzipation in Politik und Literatur der deutschen
Sozialdemokratie 1863-1933,
Frankfurt am Main 1969
Bildnachweise*
Achten, Udo - Bildarchiv
Bachmeier, Werner
Deutsches Historisches Museum, Berlin - Bildarchiv
digitale Bibliothek (The York Projekt GmbH)
Eisler, Christiane (transit Leipzig)
Fabrikmuseum Nordwolle, Delmenhorst
Friedrich-Ebert-Stiftung - Archiv der sozialen Demokratie
Gedenkstätte und Museum Auschwitz-Birkenau
Hessisches Staatsarchiv
Huber, Bianka (IGM)
IG Metall Bibliothek
IG Metall, FB Frauen- und Gleichstellungspolitk
IG Metall, Pressestelle
Kampfer, Angelika - Ewald Hentze
Knapp, W (Thema Pressbüro)
Planert, Jürgen (IGM)
Sammlungen der MGR/SBG. - Propagandaalbum der SS
Salzwedel, Horst (IGM)
Scherer, Peter
Schindlerphoto
Scholz, Manfred
W.&Tr. (Tritschler)
Werth, Inge
Vollmer, Manfred
16, 22, 25, 26, 32, 36, 38, 42, 44,
47, 51, 71, 74, 86, 87
Titelbild, 107, 113 or
75, 76, 78o, 78 u
8, 10, 12, 28, 30
81
65
2, 34, 40, 50, 62, 108
68
24
104, 113 ol, 113 ul, 113 ur, 114, 119
57
58, 83, 84, 90
5
80
91 u
112 ur
66
112 o
112 ul
82, 92
93
48, 54
72, 91 o, 95, 97
94, 96, 98, 100 beide
*
Falls uns bei der Bildrecherche Fehler unterlaufen sein sollten und Ihre Rechte ggf. nicht berücksichtigt wurden, wenden
Sie sich zur Klärung etwaiger Ansprüche bitte an: Five-For-You Multimedia-Agentur, Hamburger Alle 96, 60486 Frankfurt
116
Blick zurück auf Vergangenes
IG Metall Frauen besuchen das Ruhrlandmuseum Essen
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