- 1/70 - Elektrische Messtechnik 1 (MT 1) Prof. Dr.-Ing. Th. Reck Stand WS 2011/12 Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 2/70 - Inhaltsverzeichnis 1 2 3 Literatur Begriffe Maßeinheiten 3.1 SI-Einheiten 4 Messfehler 4.1 Fehlerarten 4.2 Systematische Fehler 4.3 Zufällige Fehler 4.3.1 Mittelwert 4.3.2 Standardabweichung 4.3.3 Vertrauensbereich 4.4 Fehlergrenzen 4.5 Fehlerfortpflanzung der Fehlergrenzen 5 Messverfahren 5.1 Einfluss von Messgeräten auf den Messkreis 6 Kenngrößen und Mittelwerte periodischer Signale 6.1 Kenngrößen 6.2 Linearer Mittelwert (Arithmetischer Mittelwert) 6.3 Gleichrichtwert (Gleichrichtmittelwert) 6.4 Effektivwert (Quadratischer Mittelwert) 6.5 Scheitelfaktor 6.6 Formfaktor 7 Analoge Messgeräte 7.1 Drehspulinstrument 7.1.1 Messbereichserweiterung mit Neben- und Vorwiderstand 7.2 Dreheisenmessinstrument 7.2.1 Spannungsbereichserweiterung 8 Digitalmultimeter (DMM) 8.1 Auflösung 8.2 Fehlerangaben 8.3 Aufbau und Funktionsweise 8.4 Messschaltungen 9 Oszilloskop 9.1 Analogoszilloskop 9.2 Aufbau und Funktion des Oszilloskops 9.3 Messschaltungen 10 Messbrücken 10.1 Abgleichverfahren 10.1.1 Gleichstrommessbrücken 10.1.2 Wechselstrommessbrücken 10.2 Ausschlagverfahren 11 Anhang 11.1 Komplexe Rechnung 11.2 Zeigerdarstellung harmonischer Größen 11.3 Ortskurve 11.4 Bodediagramm 11.4.1 Übertragungsverhalten von Vierpolen 11.4.2 Komplexer Frequenzgang 11.4.3 Frequenzgänge von Vierpolen 11.4.4 Grundglieder Elektrische Messtechnik 1 MT1 3 5 6 6 8 8 9 10 10 10 10 11 11 14 14 17 17 21 21 22 23 23 24 25 25 27 28 29 29 29 30 31 32 32 32 43 45 45 45 47 51 52 52 55 57 62 63 64 67 68 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 3/70 - 1 Literatur Grundlagen der Elektrotechnik Hagmann, Gert AULA-Verlag Wiesbaden Aufgabensammlung zu den Grundlagen der Elektrotechnik Hagmann, Gert AULA-Verlag Wiesbaden Grundlagen der Elektrotechnik Moeller, Fricke, Frohne, Vaske B.G. Teubner Stuttgart Beispiele zu Grundlagen der Elektrotechnik Fricke, Moeller, Ptassek, Schuchardt, Vaske B.G. Teubner Stuttgart Elektrotechnik Paul, R. Band I: Elektrische Erscheinungen und Felder Band II: Netzwerke Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo Theoretische Elektrotechnik und Elektronik Küpfmüller, Kohn Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo Halbleiter-Schaltungstechnik Tietze, Schenk Springer Verlag Berlin Analoge Schaltungen Seifert Verlag Technik GmbH Elektrische Messtechnik Patzelt, Schweinzer Springer Verlag Wien PC-Messtechnik Schwetlick Vieweg Verlag Braunschweig Elektrische Messtechnik Stöckl, Winterling Teubner Verlag Stuttgart Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 4/70 - Grundlagen der elektrischen Messtechnik Frohne, Ueckert Teubner Verlag Stuttgart Elektrische Messtechnik Schrüfer Hanser Verlag München Taschenbuch der elektrischen Messtechnik Tränkler Oldenbourg Verlag München Elektrische und elektronische Messtechnik Felderhoff Hanser Verlag München Elektrische Messtechnik Bergmann Vieweg Verlag Braunschweig Handbuch der industriellen Messtechnik Profos, Pfeifer Oldenbourg Verlag München Signalübertragung Lüke Springer Verlag Berlin Elektronische Messtechnik Schmusch Vogel Buchverlag Elektrische Messtechnik Pfeiffer VDE Verlag Übungen zur Elektrischen Messtechnik Schoen, Pfeiffer VDE Verlag Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 5/70 - 2 Begriffe Messen heißt vergleichen. Es wird dabei eine Größe quantitativ erfasst und festgestellt, wie oft eine Maßeinheit in der zu messenden Größe enthalten ist. Die zum Messen eingesetzten Messgeräte erweitern dabei den unseren Sinnen zugänglichen Wahrnehmungsraum. So sieht z.B. das Auge nur diejenigen elektromagnetischen Schwingungen, die sich im Wellenlängenbereich von 0,38 bis 0,78 µm bewegen, während entsprechenden Messgeräten ein Messbereich über 18 Zehnerpotenzen zugänglich ist. Die hier behandelte elektrische Messtechnik befasst sich mit der Messung elektrischer Größen und aller anderen Größen, die sich in elektrische Größen umformen lassen. Mit Hilfe von Sensoren oder Aufnehmern werden nichtelektrische Größen in elektrische umgeformt und damit der elektrischen Messung zugänglich. Die Grundbegriffe der Messtechnik sind in DIN 1319 Teil 1 Allgemeine Grundbegriffe Teil 2 Begriffe für die Anwendung von Messgeräten Teil 3 Begriffe für die Messunsicherheit und die Beurteilung von Messgeräten und Messeinrichtungen festgelegt. Wichtige Begriffe sind: Die Messgröße ist die zu messende physikalische, chemische oder sonstige Größe. Der Messwert ist der mit Hilfe einer Messeinrichtung ermittelte Wert der Messgröße. Es wird das Produkt aus Zahlenwert und Einheit der Messgröße angegeben (z.B. U = 2,1 V). Messgröße = Zahlenwert Einheit Das Messverfahren nutzt bestimmte Eigenschaften oder Wirkungen des Messobjektes aus, um in einer geeigneten Messeinrichtung die untersuchte Messgröße mit einer definierten Maßeinheit in Beziehung zu setzen. Die Messeinrichtung (auch Messanordnung oder Messanlage genannt) ist die Gesamtheit aller Teile, mit denen ein auf einem bestimmten Messprinzip beruhendes Messverfahren verwirklicht wird. Besteht die Messeinrichtung aus einem einzigen Teil, so spricht man von einem Messgerät. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 6/70 - 3 Maßeinheiten Damit man messen kann, sind vorher Einheiten zu definieren. Zunächst haben sich die Einheiten an den Menschen (z.B. Fuß, Elle) bzw. an seiner Umgebung (Erdumfang, mittlerer Sonnentag) orientiert. Dabei gab es jedoch Schwierigkeiten mit der Anwendung dieser Einheiten. Schon Maxwell (18311879) hat empfohlen, auf Quantenmaße überzugehen, die überall und jederzeit durch Experimente nachvollziehbar sind. 3.1 SI-Einheiten 1960 wurde von der Generalkonferenz für Maß und Ge wi c htda s“ Sy s t e meI nt e r na t i ona l d’ Uni t e s ”e mpf ohl e n, da si nz wi s c he n we l t we i te i ng e f ühr t und i n de r Bunde s r e publ i k Deutschland gesetzlich vorgeschrieben ist. Diese Basiseinheiten sind nach DIN 1301 oder ISO 1000: Gebiet Mechanik Elektrotechnik Thermodynamik Optik Chemie Basisgröße Länge Masse Zeit Stromstärke Temperatur Lichtstärke Stoffmenge Elektrische Messtechnik 1 Formelzeichen l m t I T IL MT1 Basiseinheiten Einheitenzeichen Meter m Kilogramm kg Sekunde s Ampere A Kelvin K Candela cd Mol mol Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 7/70 - 1 Meter ist die Länge der Strecke, die Licht im Vakuum während des Intervalls von (1/299 792 458) Sekunden durchläuft (1983). 1 Kilogramm ist die Masse des Internationalen Kilogrammprototyps (1889). 1 Sekunde ist das 9 192 631 770-fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustands von Atomen des Nuklids 133Cs entsprechenden Strahlung (1967). 1 Ampere ist die Stärke eines zeitlich unveränderlichen elektrischen Stromes, der durch zwei im Vakuum parallel im Abstand l m voneinander angeordnete, geradlinige, unendlich lange Leiter von vernachlässigbar kleinem, kreisförmigen Querschnitt fließend, zwischen diesen Leitern je 1m Leiterlänge elektrodynamisch die Kraft 0,2 10-6 N hervorrufen würde (1948). 1 Kelvin ist der 273,16te Teil der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes des Wassers (1967). 1 Candela ist die Lichtstärke in einer bestimmten Richtung einer Strahlungsquelle, die monochromatische Strahlung der Frequenz 540 1012 Herz aussendet und deren Strahlstärke in dieser Richtung (1/683) Watt durch Steradiant beträgt. 1 Mol ist die Stoffmenge eines Systems bestimmter Zusammensetzung, das aus ebenso vielen Teilchen besteht, wie Atome in (12/1000) kg des Nuklids 12C enthalten sind. Bei Benutzung des Mol müssen die Teilchen spezifiziert werden. Es können Atome, Moleküle, Ionen, Elektronen usw. oder eine Gruppe solcher Teilchen genau angegebener Zusammensetzung sein (1971). Diese Einheiten bilden ein kohärentes System, d.h. aus diesen Grundeinheiten abgeleitete Einheiten lassen sich mit dem Zahlenfaktor 1 umrechnen, z.B. [v] = [s/t] = 1 m/s In der Elektrotechnik beschränkt man sich oft auf das aus m, kg, s, A bestehende Teilsystem (MKSA). Nachstehend sind einige abgeleitete SI-Einheiten angegeben, die einen besonderen Namen haben. Physikalische Größe 3.1.1.1 Frequenz Kraft Druck Energie, Arbeit, Wärmemenge Leistung el. Ladung el. Spannung el. Kapazität el. Widerstand el. Leitwert mag. Fluss mag. Flussdichte, Induktion Induktivität Hertz Newton Pascal Joule Hz N Pa J Watt Coulomb Volt Farad Ohm Siemens Weber Tesla W C V F S Wb T J s-1 W A-1 C V-1 V A-1 A V-1 V s Wb m2 m2 kg s-3 A s m2 kg s-3 A-1 -2 -1 m kg s 4 A2 m2 kg s-3 A-2 -2 -1 m kg s3 A2 m2 kg s-2 A-1 kg s-2 A-1 Henry H Wb A-1 m2 kg s-2 A-2 Elektrische Messtechnik 1 SI-EinheitSymbol für Einheit durch SIEinheiten ausgedrückt N m-2 N m MT1 durch SIBasiseinheit ausgedrückt s-1 m kg s-2 m-1 kg s-2 m2 kg s-2 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 8/70 - 4 Messfehler Fehlerfreies Messen ist nicht möglich. Messobjekt und Messgerät stehen stets in Wechselwirkung und beeinflussen sich gegenseitig. Fehler lassen sich aufgrund ihrer Ursachen in systematische Fehler und zufällige Fehler unterteilen. 4.1 Fehlerarten Der absolute Fehler Fabs ist definiert zu: Fabs = XA - XW mit XA = angezeigter Wert und XW = wahrer Wert Der relative Fehler Frel ist definiert zu: F X X W Frel abs A XW XW Bei analog anzeigenden Messgeräten ist es üblich, als relativen Anzeigefehler FArel den absoluten Fehler der Anzeige Fabs auf den Messbereichsendwert XM zu beziehen. F X X W FArel abs A XM XM Re l a t i veFe hl e rha be ndi eEi nhe i t„ 1“( „ di me ns i o ns l os “ ) ; sie können auch in Prozent angegeben werden. Bei diesen Definitionen ist zu beachten, dass der wahre Wert Xw unbekannt ist! Beispiel: Ein Strom hat den wahren Wert IW=1,50A. Ein analog anzeigendes Messgerät mit dem Skalenendwert IM=2,5A zeigt IA=1,47A. Wie groß sind absoluter Fehler Fabs, relativer Fehler Frel und relativer Anzeigefehler FArel? Systematische Fehler: Betrag und Vorzeichen des Fehlers sind bekannt. Messwert kann/muss korrigiert werden. Entstehung durch Belastung des Messobjektes mit dem Messgerät, Fehler der Messmethode und Fehler in der Messwertumformung. Zufällige Fehler: Betrag und Vorzeichen des Fehlers sind unbekannt. Messwert kann nicht korrigiert werden. Mi ts t a t i s t i s c he n Me t hode n ka nn e i n„ z uve r l ä s s i g e r “ Me s s we r t gewonnen werden. Ursachen sind z.B. Störeinflüsse, Kontaktprobleme oder falsches Ablesen der Messinstrumente. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 9/70 - 4.2 Systematische Fehler Ein systematischer Fehler entsteht z.B. durch den Innenwiderstand Ri eines Amperemeters, der eine Änderung des Stromes I während der Messung verursacht (Abb.4.2.1). Abb.4.2.1: Systematischer Fehler bei einer Strommessung Ohne Amperemeter fließt der Strom I: U I 0 R0 R Mit Amperemeter fließt infolge des Messgeräteinnenwiderstandes ein kleinerer Strom Ii: U0 Ii R0 R Ri Daraus folgt der Zusammenhang zwischen dem Strom I und dem angezeigten Strom Ii: R R Ri I 0 Ii R0 R Der angezeigte Messwert Ii muss noch mit einem Korrekturfaktor multipliziert werden, um den systematischen Fehler zu korrigieren. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 10/70 - 4.3 Zufällige Fehler Zufällige Fehler lassen sich mit Methoden der Statistik behandeln. Durch mehrfaches Messen der gleichen Größe mit gleichen oder mit verschiedenen Verfahren erhält man infolge der zufälligen Fehler unterschiedliche Messergebnisse. Die Auswertung dieser Ergebnisse mit Hilfe der Statistik ermöglicht Schlüsse auf die Größe des wahren Wertes und die Messunsicherheit. 4.3.1 Mittelwert Wiederholt ein Beobachter die gleiche Messung mit denselben Mitteln unter gleichen Bedingungen, so haben alle Einzelwerte gleiches statistisches Gewicht. Der Mittelwert X berechnet sich dann aus den n Einzelwerten X1 bis Xn nach 1 n X X i n i 1 Dieser Wert ist der optimale Wert in dem Sinne, dass die Summe aller Abweichungsquadrate von diesem optimalen Wert zu einem Minimum wird. 4.3.2 Standardabweichung Man kennzeichnet die statistische Schwankung der Einzelwerte um den Mittelwert durch die mittlere quadratische Abweichung, die sog. Standardabweichung s n 1 X i X n 1 i 1 2 Die relative Standardabweichung sr = s / X ist der Quotiert aus der Standardabweichung und dem Mittelwert. 4.3.3 Vertrauensbereich Der Mittelwert wird häufig als das Messergebnis einer Messreihe angeben. Dieser Wert entspricht nicht dem wahren Wert der Messgröße. Mit den Methoden der Statistik lassen sich zwei Grenzwerte (Vertrauensgrenzen ) angeben, innerhalb derer der wahre Wert mit einer gewissen statistischen Sicherheit P zu erwarten ist. Der Vertrauensbereich liegt zwischen t X - und X + mit s n Der Vertrauensfaktor t als Funktion von P und der Anzahl der Messungen n ist nachfolgender Tabelle zu entnehmen. DIN 1319 empfiehlt, der Angabe des Vertrauensbereichs die statistische Sicherheit P = 95% zugrunde zu legen. n 3 6 10 20 100 t / n für P = 68,3% 0,76 0,45 0,34 0,23 0,10 Elektrische Messtechnik 1 t / n für P = 95% 2,5 1,05 0,72 0,47 0,20 MT1 t / n für P = 99% 5,7 1,6 1,03 0,64 0,26 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 11/70 - Beispiel: Bei wiederholten Messungen desselben Widerstandes werden folgende Werte abgelesen: R1=783,9; R2=784,3; R3=785,2; R4=784,8; R5=784,1; R6=785,2 Bestimme den Vertrauensbereich für eine statistische Sicherheit von P = 95% und gebe das Messergebnis an. 4.4 Fehlergrenzen Fehlergrenzen sind die bei Nennbedingungen zulässigen äußersten Abweichungen des Messwertes vom richtigen Wert. Hersteller von Messgeräten geben Garantiefehlergrenzen an und garantieren damit, dass der Fehler des Gerätes innerhalb der Fehlergrenzen liegt. Bei anzeigenden Messgeräten werden die Fehlergrenzen auf den Messbereichsendwert bezogen und ergeben so die Klassenzahl, die in Prozent angegeben wird. Geräteart Feinmessgeräte Betriebsmessgeräte 4.5 Klassenzahl 0,1 0,02 1,5 2,5 0,02 1 0,5 5 Fehlerfortpflanzung der Fehlergrenzen Wird ein Messergebnis aus mehreren Messwerten gebildet, so gehen die einzelnen Fehler, mit denen die Messwerte behaftet sind, in das Messergebnis ein. Oft sind nur die maximal möglichen Fehler ohne Angabe des Vorzeichens durch die sog. Fehlergrenzen der einzelnen Messwerte gegeben. In diesem Fall kann die Fehlerfortpflanzung mit Hilfe des totalen Differentials abgeschätzt werden. Sind n Messgrößen X1, X2, ..., Xn mit dem zu ermittelnden Ergebnis über die Funktion Y = f(X1, X2, ..., Xn) verknüpft, so kann mit Hilfe des totalen Differentials der maximale Fehler Y bestimmt werden. Y Y Y Y X 1 X 2 ... X n X1 X2 Xn Beispiel: Berechnung der Scheinleistung S S = U I S entspricht Y U entspricht X1 I entspricht X2 S S S U I U I S = | I U| + |U I| Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 12/70 - Voltmeter: Amperemeter: Spannungsmessbereich: Strommessbereich: Spannungsmesswert: Strommesswert: Klasse 0,5 Klasse 1,0 UMB = 100V IMB = 5A UM = 80V IM = 3A Daraus ergibt sich: 0,5 U 100V 0,5V 100 1,0 I 5 A 0,05 A 100 S = | 3A 0,5V| + |80V 0,05A|= 5,5VA S/S = 5,5VA / 240VA = 0,023 = 2,3% Multiplikation Y X 1 X2 X 1 X 2 Y X X Y 2 1 Es addieren sich die relativen Einzelfehler. Division X Y 1 X2 X 1 X 2 Y X X Y 2 1 Es addieren sich die relativen Einzelfehler. Addition Y X 1 X 2 1 Y Y X 1 X 2 X 1 X 2 X X 1 2 X X2 1 Der relative Fehler des größeren Summanden geht stärker in das Ergebnis ein. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 13/70 - Subtraktion Y X 1 X 2 1 Y Y X 1 X 2 X 1 X 2 X X 1 2 X X2 1 Der relative Fehler des größeren Summanden geht stärker in das Ergebnis ein. Wenn die Messwerte nahezu gleich sind, wird der Gesamtfehler sehr groß. Da es in der Praxis unwahrscheinlich ist, dass alle Fehler der einzelnen Geräte an der gleichen (positiven oder negativen) Fehlergrenze liegen, wird zusätzlich die sog. wahrscheinliche Fehlergrenze XW definiert. 2 Y X i Xi i 1 n XW Bei dieser wahrscheinlichen Fehlergrenze wird aber nicht mehr garantiert, dass der Messwert innerhalb dieser Grenzen liegt. Eine Wahrscheinlichkeit für das Einhalten dieser Grenzen kann nicht angegeben werden. Aufgabe: Es soll die Leistung an einem ohmschen Widerstand R gemessen werden Der Widerstand sei genau bekannt und habe den Wert R = 1. Der Spannungsabfall beträgt U = 12V und die Spannung wurde mit einem Spannungsmesser der Klasse 1 im 30V-Bereich gemessen. Bestimmen Sie die Leistung und die maximale Unsicherheit. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 14/70 - 5 5.1 Messverfahren Einfluss von Messgeräten auf den Messkreis In Messschaltungen werden die Aufteilung von Strömen und Spannungen durch die Messgeräte, z.B. den Spannungsabfall an Strommessgeräten oder den Strombedarf der Spannungsmessgeräte, verändert. Die auftretenden Messfehler können korrigiert werden. Stromrichtige Schaltung Es wird gleichzeitig Spannung und Strom am bzw. im Widerstand gemessen, wobei das Voltmeter einen falschen Messwert anzeigt. Der Spannungsmesswert Uv ist: Uv = U + RA I Der Spannungsabfall am Innenwiderstand RA des Amperemeters wird mitgemessen! Mit dem Innenwiderstand RA des Amperemeters kann der korrigierte Spannungswert am Widerstand nach U = Uv - RA I ermittelt werden. Spannungsrichtige Schaltung Die Spannung wird direkt am Widerstand R gemessen, aber der Strom Iv durch das Voltmeter ist ein Fehlerstrom, der vom Amperemeter mitgemessen wird! IA = I + IV Mit dem Innenwiderstand Rv des Voltmeters ergibt sich der korrigierte Stromwert durch den Widerstand R nach I = IA - U/Rv Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 15/70 - Es stellt sich die Frage, wann Schaltung a) bzw. Schaltung b) verwendet wird. Allgemein wird bei einem großen Widerstandswert R die stromrichtige Schaltung bei einem kleinen Widerstandswerte R die spannungsrichtige Schaltung verwendet. Es gilt: R RV RA stromrichtige Schaltung R RV RA spannungsrichtige Schaltung Beispiel Bei der spannungsrichtigen Schaltung wird die 2-Draht oder 4-Drahtschaltung verwendet. Mit der 4-Drahtschaltung wird der Einfluss der Leitungswiderstände eliminiert und die Spannung Ux direkt am Widerstand Rx gemessen. Dies ist besonders bei niederohmigen Rx wichtig. Rx sei ca. 80 Strommesser: Messbereichsendwert 1A Spannungsmesser: Messbereichsendwert 40V Beide Geräte haben die Klasse 0,5 Innenwiderstand RA = 2 Innenwiderstand Rv = 5k Welche Messschaltung? R RV R A 10k2 100 spannungsrichtige Schaltung Angezeigte Messwerte mit spannungsrichtiger Schaltung: IA = 0,42A UX = 35,5V Berechnung des Widerstands Rxo ohne Korrektur: U 35,5V RX 0 X 84,52 IA 0,42 A Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 16/70 - Korrektur des systematischen Fehlers infolge des Messgeräteinnenwiderstands Rv: UX 35,5V RX 85,98 I A U X / RV 0,42 A 35,5V / 5k Der absolute (systematische) Fehler ist Fabs = 84,52Ω–85, 98Ω=-1, 46Ω Der relative (systematische) Fehler ist Frel = Fabs /85, 98Ω= -0,0169 = -1,69% Garantierte (relativen) Fehlergrenzen: U RX X IA U X R X I A U RX IA X 0,2V 0,005 A 0,0175 1,75% 35,5V 0 , 42 A Garantierte (absolute) Fehlergrenzen: ΔRx=±0, 0175·85, 98Ω=±1, 50Ω Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 17/70 - 6 Kenngrößen und Mittelwerte periodischer Signale 6.1 Kenngrößen Für elektrische Vorgänge unterscheidet man die in der Abb.6.1.1 dargestellten Stromarten (gilt auch für Spannungen). i i I i i i t a) i i~ t b) I t c) t d) Abb.6.1.1: Stromarten a) Gleichstrom I b) Sinusförmiger Wechselstrom i mit Scheitelwert î c) Nicht sinusförmiger, periodischer Wechselstrom i d) Mischstrom i = I + i~ Beim Wechselstrom i nach der Abb.6.1.2 ändern sich Größe und Richtung periodisch mit der Zeit t, d.h. nach Ablauf der Periodendauer T wiederholt sich der Verlauf von i. i T t1 t1+T t i(t1) i(t1+T) T Abb.6.1.2: Zeitlicher Verlauf einer periodischen Wechselgröße i Mit der ganzen Zahl n gilt für eine periodische Wechselgröße: f(t) = f(t + nT) Der lineare Mittelwert einer reinen Wechselgröße ist während einer Periode Null. Wechselstrom lässt sich leicht transformieren, d.h. bei der Energieverteilung den jeweiligen Erfordernissen, z.B. hohe Spannung bei der Übertragung und kleine Spannung bei der Anwendung, anpassen. Da er in Mehrphasensystemen die Erregung von Drehfeldern und somit den einfachsten Motor- und Generatorausbau bei größten Leistungen ermöglicht, werden über 90% der elektrischen Energie als Wechselstrom erzeugt und verteilt. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 18/70 - Erzeugung einer Wechselspannung In der Energietechnik werden Wechselspannungen in den Generatoren der Kraftwerke erzeugt. Außerdem werden Wechselrichter verwendet, die Gleichstrom in Wechselstrom umformen. Die Erzeugung von Wechselspannungen in den Generatoren wird grundsätzlich durch das Induktionsgesetz beschrieben. Durch Bewegung elektrischer Leiter im Magnetfeld, i.a. Rotation, wird mechanische Energie in elektrische umgeformt. Rotiert eine Leiterschleife oder eine Spule mit N Windungen (ergibt eine höhere Spannung) mit der Winkelgeschwindigkeit (=d/dt) im magnetischen Feld B, so ändert sich der mit der Spule verkettete Fluss ( t ) B A B A sin ( t ) B A sin t sin t zeitlich nach Betrag und Richtung. Entsprechend ist auch die in der rotierenden Spule induzierte Quellenspannung d( t ) u0 N N B A cos t u cos t 0 dt nicht konstant, sondern eine Wechselspannung. Für ihren Scheitelwert gilt: u N B A N 0 Bei Wechselstromgeneratoren wird die erzeugte Spannung unmittelbar entnommen. Auch bei Gleichstrommaschinen wird bei der Drehung des Ankers in der Spule zunächst eine Wechselspannung erzeugt; mit Hilfe des Kommutators (Stromwender) wird die Wechselspannung in eine "Gleichspannung" umgerichtet. Die Verläufe für den Fluss (t) und die Spannung u0 sind in der Abb.6.1.3 dargestellt. Bei sinusförmigem Flussverlauf erhält man einen cosinusförmigen Spannungsverlauf. Der Fluss (t) und die Spannung u0 zeigen zu verschiedenen Zeiten t ihre Scheitelwerte und Nulldurchgänge. Man sagt, diese beiden Größen haben eine unterschiedliche Phasenlage; sie sind gegeneinander phasenverschoben. Für die Wechselspannung gilt: u0 u cos(t ) u sin( t 0 0 2) Allgemein wird eine sinusförmige Wechselgröße folgendermaßen angegeben: x x sin( t ) t) u0 t Abb.6.1.3: Erzeugung einer Wechselspannung Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 19/70 - Diese Funktion besitzt zum Zeitpunkt t = 0 den Wert x ( t 0) x sin und geht um den Nullphasenwinkel früher als die Sinusfunktion sin(t) durch Null. Es ist dabei auf das Vorzeichen des Winkels zu achten. In der Abb.6.1.4 ist z.B. der Nullphasenwinkel der Spannung u = 60° und der des Flusses = -30°. Der Phasenwinkel ist eine gerichtete Größe, die positive und negative Werte annehmen kann und daher mit einem Zählpfeil gekennzeichnet werden muss. Er wird positiv angegeben, wenn seine Pfeilspitze in die positive Winkel-Zählrichtung weist, d.h. man muss den Zählpfeil vom positiven Nulldurchgang aus zur Ordinatenachse richten. t T u0 t u u=u - u=-u Abb.6.1.4: Nullphasenwinkel und Phasenverschiebung Die Phasenverschiebung zwischen zwei Sinusfunktionen f1(t) und f2(t) mit den Phasenwinkeln 1 und 2 wird ebenfalls mit einem Zählpfeil gekennzeichnet. Dabei muss stets angegeben werden, welche der beiden Größen als Bezugsgröße gelten soll. In der Abbildung gilt: Die Spannung u0 eilt gegenüber dem Fluss (t) um den Phasenwinkel u = u - = 60° - (-30°) = 90° = /2 vor (Richtungspfeil u weist von u0 nach (t)); u0 geht um /2 früher durch Null als (t). Eine Sinusschwingung wiederholt sich nach Ablauf des Winkels 2= 360° = T. Mit der Kreisfrequenz (Winkelgeschwindigkeit) gilt für die Periodendauer: T = 2/ Der Kehrwert der Periodendauer heißt Frequenz f: f = 1 / T Einheit: [f] = 1 / s = Hz = Hertz Wichtige Frequenzen bzw. Frequenzbereiche sind z.B. 50/3 Hz = 16 2/3 Hz für Fernbahnen, 50Hz für elektrische Energieversorgungsnetze (60Hz in USA), ferner 0,3kHz bis 3,4kHz pro Sprachkanal in der Fernsprechtechnik, 16Hz bis 20kHz in der Elektroakustik, 100kHz bis 10GHz in der Nachrichtentechnik. Die Kreisfrequenz = 2f = 2/ T unterscheidet sich nur durch den Faktor 2von der Frequenz f und besitzt die Einheit [] = 1 / s (nicht Hz!). Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 20/70 - Beispiel: ˆ In einer Spule mit N = 30 ändert sich der Fluss nach der Funktion (t ) sin(t 2). Es gilt: 0, 7Vs und f = 50 Hz. Es sind die Periodendauer T und die Zeitfunktion u0 der induzierten Quellenspannung zu bestimmen. T = 1 / f = 1 / 50 Hz = 0,02 s = 20 ms Mit der Kreisfrequenz = 2f = 314 s 1 erhält man: d(t ) ˆ u 0 N N cos(t sin(314 s 1 t) 2 ) 6,6 kV dt Beispiel: Eine Spule (z.B. Rahmenantenne) hat die Fläche A 900cm2 und die Windungszahl N=50. Sie wird von einer elektromagnetischen Welle mit dem Scheitelwert der magnetischen Feldstärke H0,1A / cm und der Frequenz f = 5 MHz senkrecht und homogen durchsetzt. Wie groß ist der Scheitelwert u 0 der in dieser Antenne induzierten Spannung? Mit der Permeabilität der Luft 0 1, 256 10 8 H / cm ergibt sich der Scheitelwert der Induktion: B0 H12, 56 1012 T Die Feldgrößen von elektromagnetischen Wellen sind verglichen mit den entsprechenden Größen elektrischer Maschinen extrem klein! Der Scheitelwert des Flusses ergibt sich nach: B A 1, 13 10 12 Vs Daher wird mit der Kreisfrequenz 2 f 31, 4 106 s 1 der Scheitelwert der induzierten Spannung: 1, 77mV u 0 N Diese Spannung kann in Empfängern der Nachrichtentechnik nach entsprechender Verstärkung ausgenutzt werden. Bei UKW-Antennen tritt nur eine Spannung von wenigen µV auf. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 21/70 - Da eine Wechselgröße ihren Zeitwert fortlaufend zwischen Null und positivem bzw. negativem Scheitelwert ändert, und die Angabe der Zeitfunktion i.a. kompliziert ist, möchte man die Zeitfunktion durch einen einzigen kennzeichnenden Wert beschreiben. Man könnte z.B. den Scheitelwert der Spannung benutzen, der die größte elektrische Feldstärke und somit elektrische Beanspruchung bestimmt. Der Scheitelwert des Stromes bestimmt ebenfalls die mechanische Beanspruchung, da die magnetischen Kräfte auf stromdurchflossene Leiter linear (Leiter im Magnetfeld) oder quadratisch (Kraft zwischen zwei Leitern) vom Strom abhängt. Bei nichtsinusförmigen Verläufen sagt der Scheitelwert nichts über den Verlauf der Funktion aus. Da der Verlauf aber allein maßgebend ist für die summarischen Wirkungen, z.B. der Energie (Erwärmung), werden Kenngrößen definiert, die die mittleren Wirkungen unabhängig von der Kurvenform wiedergeben. Man unterscheidet allg. für zeitabhängige periodische (auch nichtsinusförmige) Wechselgrößen folgende Kenngrößen (gelten entsprechend für Spannungen). 6.2 Linearer Mittelwert (Arithmetischer Mittelwert) T 1 i i dt T 0 Bei einem reinen Wechselstrom, z.B. i iˆ sin(t ) , ergibt die Integration über eine Periode T den Wert Null, da die Flächen der positiven und negativen Halbschwingung gleich groß sind. Der lineare Mittelwert ist für Gleich- und Mischgrößen von Null verschieden. Beispiel: t T 1 ˆ iˆ 1 iˆ cos(T ) cos(0)0 i i sin( t ) dt cos( t ) T T T t 0 0 T 6.3 Gleichrichtwert (Gleichrichtmittelwert) T 1 i i dt T 0 Einen einseitig gerichteten Ladungstransport erhält man, wenn der Wechselstrom z.B. mit Dioden (Ventilen) gleichgerichtet wird. Weisen z.B. bei einem sinusförmigen Strom beide Halbschwingungen dieselbe Stromrichtung auf (Zweiweg-Gleichrichtung), so wird der Mittelwert über den Betrag des Stromes |i| Gleichrichtwert genannt. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 22/70 - Beispiel: Gleichrichter-Brückenschaltung In Gleichrichter-Schaltungen ist die Ladungsmenge Q vom Gleichrichtwert des Stromes abhängig. Aufgabe: Bestimmen Sie für einen sinusförmigen Wechselstrom das Verhältnis von Gleichricht- zu Scheitelwert. i 2 Ergebnis: 0,637 iˆ Beispiel: Ein Wechselstrom mit dem Scheitelwert î = 10A fließt durch die Gleichrichter-Brückenschaltung. Welche Ladungsmenge Q wird während der Zeit t = 2h befördert? Es gilt: i 0,637 iˆ6,37 A Q i t 6,37 A 2h 12,74 Ah 6.4 Effektivwert (Quadratischer Mittelwert) T 1 I i2 dt T 0 Für die meisten Wirkungen des elektrischen Stroms ist die zu dem Verbraucher übertragene elektrische Energie W = U·I·t und daher die Leistung P = U·I = I·R·I maßgebend. Somit ist die Wärmewirkung dem Quadrat des Stroms proportional. Der Effektivwert eines Wechselstroms verursacht die gleiche Wärmewirkung in einem ohmschen Verbraucher wie ein Gleichstrom gleichen Betrags. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 23/70 - Abb.6.4.1: Effektivwert Aufgabe: Berechnen Sie den Effektivwert eines sinusförmigen Stroms. Ergebnis: I iˆ 2 0,707 iˆ Das Ergebnis gilt allg. für sinusförmige Wechselgrößen. 6.5 Scheitelfaktor iˆ FS I Als Scheitelfaktor bezeichnet man das Verhältnis von Scheitelwert zu Effektivwert. Für sinusförmige Größen gilt: FS 2 1,414 6.6 Formfaktor I FF i Als Formfaktor bezeichnet man das Verhältnis von Effektivwert zu Gleichrichtwert. Er wird u.a. zur Beurteilung der Kurvenform bei nichtsinusförmigen Wechselgrößen herangezogen. Für sinusförmige Größen gilt: FF 1,11 2 2 Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 24/70 - 7 Analoge Messgeräte Diese Geräte werden hier nur kurz behandelt. In der Praxis werden diese Geräte nur noch selten eingesetzt. Beschriftung von Messwerken Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 25/70 - 7.1 Drehspulinstrument Drehspule (eine Windung) W = Windungszahl Das elektrische Moment ist im homogenen Magnetfeld (B ist konstant über den gesamten Winkelbereich) unabhängig vom Ausschlagwinkel. Kraft : F = I·W·l·B Drehmoment: MI = 2·F·d/2 = I·W·A·B mit A= Spulenfläche Damit das Moment MI nicht wie beim Gleichstrommotor zu einer dauernden Drehung der Spule führt, wird diese durch eine Feder festgehalten. Das von der Feder ausgeübte Moment nimmt mit dem Ausschlagwinkel zu. Es gilt für das Direktionsmoment der Feder MD = ·D, wobei D die Drehfederkonstante ist. Der Zeiger stellt sich im stationären Fall so ein, dass MI = MD gilt. Der Dauerausschlag wird daher = I·W·A·B/D Die Stromempfindlichkeit S ist daher S = /I = W·A·B/D 7.1.1 Messbereichserweiterung mit Neben- und Vorwiderstand Mit dem Messwerk können nur Ströme und Spannungen in einem engen Bereich gemessen werden (z.B. 100µA bzw. 50mV). Durch Vor- und Nebenwiderstände lassen sich die Messbereiche erweitern. Nebenwiderstand Soll ein Strommesser mit dem Messbereich-Endwert IM und dem inneren Widerstand RM zur Messung des größeren Stromes I = n IM verwendet werden, so schaltet man einen Nebenwiderstand RN parallel, der den Teilstrom IN = I - IM aufnimmt. Es gilt: RN / RM = IM / IN Hiermit und mit IN = I - IM = n IM - IM = IM (n-1) wird der notwendige Nebenwiderstand: RN = (IM / IN) RM = (IM RM) / (IM (n-1)) = RM / (n-1) Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 26/70 - Bei der Ablesung ergibt sich der insgesamt fließende Strom I dann durch Multiplikation der abgelesenen Stromstärke IM mit dem Faktor n. I IN RN I URN IM A RM Strommesser mit Nebenwiderstand Aufgabe: Ein Strommesser mit dem Messbereich IM = 10mA und dem inneren Widerstand RM = 10soll für die Messung von Strömen bis I = 3A verwendet werden. Wie groß muss der Nebenwiderstand sein? Vorwiderstand Ähnlich wird der Messbereich-Endwert UM eines Spannungsmessers mit dem inneren Widerstand RM zur Messung der höheren Spannung U = n UM durch einen Vorwiderstand RV vergrößert, der die Teilspannung UV = U - UM aufnimmt. Es gilt: RV / RM = UV / UM I RV UV UM RM U V Spannungsmesser mit Vorwiderstand Hiermit und mit der Spannung UV = U - UM = n UM - UM = UM (n-1) wird der notwendige Vorwiderstand: RV = [(UM (n-1)) / UM] RM = (n-1) RM Mit diesem Vorwiderstand ergibt die Ablesung nach Multiplikation mit n die anliegende Spannung. Aufgabe: Mit einem Spannungsmesser mit dem Messbereich UM = 3V und dem inneren Widerstand RM = 1000sollen Spannungen bis U = 150V gemessen werden. Welcher Vorwiderstand RV ist erforderlich? Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 27/70 - 7.2 Dreheisenmessinstrument Man erkennt die Spule, die vom Messstrom durchflossen wird. Im Zentrum der Spule befinden sich zwei Weicheisenplättchen. Eines davon ist am Spulenkörper befestigt, das andere an der Zeigerwelle. Der Messstrom erzeugt ein Magnetfeld welches beide Eisenplättchen gleichsinnig magnetisiert. Dadurch wird das drehbar angeordnete Plättchen abgestoßen - der Zeiger bewegt sich. Aufbau und Wirkungsweise Die Kraft Fa der sich abstoßenden Eisenplättchen ist proportional dem Quadrat der magnetischen Flussdichte B Fa ~ B 2 Damit wird das Ablenkmoment bei einem Radius r zu Ma ~ r· B 2 Da der magnetische Kreis zum größten Teil aus Luft besteht, sind Flussdichte und Strom durch das Messwerk zueinander proportional B ~ ii. Wie beim Drehspulinstrument ist das von der Rückstellfeder ausgeübte Moment proportional dem Ausschlagwinkel , so dass gilt ~ ii2 Ist die Frequenz des Messstromes hoch genug (f > 15Hz), so bildet die Massenträgheit des beweglichen Organs den Mittelwert und es verbleibt das Effektivwertquadrat des Stromes ~ T 1 2 2 dt I i i i T 0 Durch entsprechende Formgebung der Bleche wird ~ Ii erreicht. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 28/70 - Der Effektivwert des Stromes wird auch bei nicht sinusförmigem Stromverlauf angezeigt, sofern die Oberschwingungen des Messstromes den Frequenzbereich des Instruments nicht überschreiten (zulässig z.B. 1 kHz) 7.2.1 Spannungsbereichserweiterung Sind Spannungen zu messen, so muss die Impedanz der Feldspule ZS = RS + jL beachtet werden, da sich bei Messbereichserweiterungen mit Widerständen ein komplexer Spannungsteiler ergibt. Die Erweiterung kann mit einem RC-Glied vorgenommen werden. Es wird dabei versucht, den Spannungsteiler frequenzunabhängig zu machen. Der eingekreiste Teil stellt die Spule des Messwerks dar. Es gilt für den komplexen Widerstand an den Eingangsklemmen: R Z RS jL R C RS jL 1 jRC Die Aufteilung in Real- und Imaginärteil ergibt: R R 2C Z RS j L 2 2 1 1 RC RC Durch konstruktive Maßnahmen kann erreicht werden, dass RC 1 wird. 2 Das vorgeschaltete RC-Glied ist so zu bemessen, dass L = R2·C ist. Damit verschwindet der Imaginärteil und der Realteil ist unabhängig von der Frequenz. Z ist nicht mehr komplex und wird Z = Rs + R Der Nachteil dieses Messgerätes ist sein hoher Eigenverbrauch, der zwischen 0,1 und 1 W liegen kann (zum Vergleich Drehspulinstrument: 10-5 W). Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 29/70 - 8 8.1 Digitalmultimeter (DMM) Auflösung Digitalmultimeter (DMM) werden heute für Spannungs-, Strom- und Widerstandsmessungen mit Auflösungen bis zu 8 ½ Stellen angeboten. Hierbei werden folgende Begriffe verwendet: Auflösung = Messbereich /Anzeigeumfang Hätte beispielsweise ein DMM einen Spannungsbereich von ±10V und 2000 unterscheidbare Stufen (Anzeigeumfang = 2000), so wäre die Auflösung (d.h. die Bedeutung der letzten Stelle) 20V / 2000 = 10mV. Jede Stelle, die nicht von 0 bis 9 variieren kann, wird üblicherweise als "halbe" Stelle bezeichnet. Beispiele für DMMs Anzeigeumfang 1 999 6 000 240 000 190 000 000 8.2 Stellenzahl 3½ 3½ 5½ 8½ Fehlerangaben Verschiedene Angaben sind gebräuchlich: Fehlergrenze = ± (X% vom Messwert + Y% vom Endwert) Fehlergrenze = ± (X% vom Messwert + N·Digits) Fehlergrenze = ± (X% vom Messwert + Y% vom Endwert + N·Digits) Beispiel: Ein DMM hat eine Fehlergrenze im Spannungsmessbereich von ± (0,1% vom Messwert + 6·Digits). Der Anzeigeumfang ist 5000. Es wird die Spannung 4V im 5V-Bereich und im 50VBereich gemessen. Bestimmen Sie die jeweiligen Messfehler. Lösung: Die Auflösung beträgt im 5V-Bereich 5V/5000 = 1mV (= 1·Digit = Bedeutung der kleinsten Stelle) und im 50V-Bereich 50V/5000 = 10mV. Damit ergeben sich die Fehlergrenzen zu FG = ±(0,1 4V / 100 + 6 1 mV) = ±10 mV FG = ±(0,1 4V / 100 + 6 10 mV) = ±64 mV Man erkennt, dass die Angabe der Digits ihre Entsprechung bei der Klassenangabe bei analog anzeigenden Messgeräten hat. Auch bei DMMs muss der Bereich möglichst gut ausgenutzt werden, damit die Messunsicherheit möglichst klein bleibt. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 30/70 - 8.3 Aufbau und Funktionsweise Blockschaltbild Verstärker/Teiler Meistens haben die DMMs im Spannungsmessbereich einen konstanten Eingangswiderstand von 10M. Die Abbildung zeigt den Eingangsspannungsteiler eines DMMs. Der Eingangsstrom in den Verstärker kann vernachlässigt werden. Effektivwertformer Die Bildung des Effektivwertes erfolgt entsprechend der Definitionsgleichung für den Effektivwert T 1 U u 2 (t ) dt T 0 Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 31/70 - Beispiel: Gegeben sei die nachfolgende Schaltung zur Bestimmung des Effektivwertes. Leiten Sie den Zusammenhang zwischen Ua und ue(t) her. 8.4 Messschaltungen DMMs enthalten zur Widerstandsmessung eine Konstantstromquelle. Es wird bei bekanntem Strom der Spannungsabfall über dem Prüfobjekt ermittelt und daraus der Widerstandswert ermittelt. Zweidrahtmessung RL seien die unvermeidlichen Zuleitungswiderstände. Der Konstantstrom IG fließt sowohl durch das Prüfobjekt Rx als auch durch die Zuleitungswiderstände RL. Die Messspannung UM wird um den Spannungsabfall an den Zuleitungswiderständen zu groß gemessen. Es gilt UM = IG (Rx + 2 RL) Der Widerstand wird um 2 RL zu groß gemessen. Sind relativ kleine Widerstände (m-Bereich) zu messen, so ist die Vierdrahtmethode vorzuziehen. Nicht alle DMMs verfügen über diese Möglichkeit. Vierdrahtmessung Der Konstantstrom IG fließt weiterhin durch Rx und 2 RL. Es ist UM = URx,dadi e„ ä uße r e n“ Spannungsanschlussleitungen stromlos sind und daher an ihnen keine Spannungen abfallen können. Es gilt UM = IG Rx Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 32/70 - 9 9.1 Oszilloskop Analogoszilloskop Da sOs z i l l os kopi s te i nuni ve r s e l l e s„ Spa nnung s me s s g e r ä t “z urAna l y s edy na mi s c he rSi g na l e . Alle Oszilloskope sind in Aufbau und Bedienung vergleichbar. Einsatzmöglichkeiten des Oszilloskops: 9.2 Gleichspannungsmessung Wechselspannungsmessung, Zeit-, Phasenmessung, Darstellung von Einzelsignalen X-Y Darstellungen (Lissajous) Aufbau und Funktion des Oszilloskops Was kann man mit einem Oszilloskop messen? Da sOs z i l l os kop( g r i e c h. :Sc hwi ng un g s s e he r )i s te i n„ Spa nnung s me s s g e r ä t “ .Mit seiner Hilfe können Gleichspannungen und zeitabhängige Spannungssignale graphisch dargestellt und ausgewertet werden. Im Einzelnen bietet das Oszilloskop folgende Möglichkeiten: bildliche Darstellung von Signalformen Spannungsmessung Zeitmessung Frequenzmessung Phasenmessung Die Darstellung und Auswertung der zu messenden Signale erfolgt auf einem Bildschirm von 10x8 Skalenteilen. Üblich ist die Darstellung des zeitlichen Spannungsverlaufes u(t), d. h. die Spannung u(t) wird vertikal (y - Achse) und die Zeit t horizontal (x - Achse) dargestellt. Das Standardoszilloskop kann zwei Signale u1(t) und u2(t) gleichzeitig abbilden. Dies erlaubt den direkten Vergleich zweier Signale bezüglich ihrer Signalform, Amplitude und Phasenlage. Selten kommt die Möglichkeit zum Einsatz, zwei Signale voneinander abhängig darzustellen. In diesem Fall, dem sog. XY-Betrieb ist u1 = f(u2). Vorteil des Oszilloskops gegenüber anderen Messgeräten: Die zu messende Signalform wird bildlich dargestellt. Störungsursachen, wie z.B. Überlagerungen von Störfrequenzen oder anderen Unregelmäßigkeiten des Signals, sind auf dem Bildschirm für das Auge des Betrachters unmittelbar erkennbar. Nachteil des Oszilloskops gegenüber anderen Messgeräten: Die zur richtigen Handhabung notwendigen Kenntnisse des Bedieners sind erheblich. Sollen Beträge ermittelt werden, erweist sich das Oszilloskop als umständlich, da das Bild erst ausgewertet werden muss. Wie funktioniert ein Oszilloskop? Der Bildschirm des Oszilloskop besteht aus einer Mattscheibe, deren beschichtete Rückseite durch einen Elektronenstrahl zum Leuchten angeregt wird. Der Elektronenstrahl wird in der Braunschen Röhre erzeugt und durch zwei Paare von Ablenkplatten in X- und Y-Richtung ausgelenkt. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 33/70 - 16 17 S A Y X W 10 4 Eingang 34 27 Verstärker 2 30 23 Eingang Verstärker 1 24 Vereinfachtes Prinzipschema des Oszilloskops An eine Kathode, den sog. Wehnelt-Zylinder (W) wird eine Gleichspannung von ca. 2000 V angelegt. Die Anode (A) und die Beschichtung des Leuchtschirmes (S) liegen auf Erd-potential. Es kommt zur Elektronenemission vom Wehnelt-Zylinder, über die gelochte Anode zum Schirm. Beim Auftreffen des Elektronenstrahles auf die Beschichtung des Schirmes, setzt sich die kinetische Energie der Elektronen in Licht und Wärme um: auf dem Schirm erscheint ein Lichtfleck. Die Intensität des Strahles und damit des Leuchtfleckes ist von der Spannung am Wehnelt-Zylinder abhängig. Sie kann vom Bediener variiert werden [16]. Zur besseren Fokussierung des Strahles und damit zur Erzeugung eines möglichst scharfen Leuchtfleckes, dient die elektrostatische Linse. Auch deren Spannung kann vom Bediener variiert werden um eine scharfe Abbildung zu erhalten [17]. Das zu messende Signal wird an eine Eingangsbuchse [23 oder 34] angeschlossen und über den zugehörigen Verstärker [24 oder 30] an die Y Ablenkplatten (YP) angelegt. Im Bereich der Platten entsteht dadurch ein elektrostatisches Feld, das den Strahl vertikal auslenkt. Ohne weitere Maßnahmen würde eine darzustellende Sinus-Spannung jetzt als Punkt sichtbar, der sich auf und ab bewegt. (Bei einer Frequenz über 30 Hz würden wir eine senkrechte Linie sehen.) Um den zeitlichen Verlauf der Spannung sehen zu können, muss der Elektronenstrahl zusätzlich (zeitabhängig) in x-Richtung bewegt werden. Dazu wird eine geeignete, im Gerät erzeugte Sägezahnspannung [10] an die X-Ablenkplatten angelegt, die den Elektronenstrahl periodisch vom linken zum rechten Bildrand führt. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 34/70 - Die horizontale Ablenkung (X-Achse) des Elektronenstrahles Der Sägezahngenerator Üblicherweise soll eine Spannung als Funktion der Zeit dargestellt werden, d.h. der Leuchtfleck wird gleichförmig in x- Richtung abgelenkt. Diese Anforderung wird erfüllt, indem eine sägezahnförmige Spannung an die X-Ablenkplatten angelegt wird. Bei der Spannung -ÛS zu Beginn der Rampe befindet sich der Leuchtfleck am linken Rand des Bildschirmes. Mit steigender Spannung bewegt er sich zum rechten Bildschirmrand, den er erreicht, wenn die Spannung des Sägezahnes gleich +ÛS ist. Mit dem folgenden, sehr schnellen Spannungsabfall erreicht der Leuchtfleck wieder den Ausgangsort. Damit der zurückschnellende Lichtfleck die Darstellung nicht stört, wird der Elektronenstrahl während der Rücklaufzeit deaktiviert. Der Sägezahn allein liefert aber noch keine befriedigende Abbildung: Wenn die Frequenz der Sägezahnspannung nicht auf die Frequenz des Eingangssignals abgestimmt ist, dann wird bei jedem Durchlauf der Rampe ein anderer Abschnitt der Funktion dargestellt: Darstellung einer periodischen Funktion bei willkürlichem Betrieb des Sägezahngenerators Es ist also zu fordern, dass die Sägezahn-Funktion stets in demselben Punkt der darzustellenden Funktion beginnt. Nur dann werden immer die gleichen Abschnitte aufeinander abgebildet und es entsteht ein stehendes Bild des Eingangssignals. Um dieses zu erreichen, wird der Sägezahngenerator durch den sog. Trigger gestartet. Der Trigger Der Trigger hat die Aufgabe, den Durchlauf des Sägezahngenerators in dem Augenblick zu s t a r t e n,i nde m da sMe s s s i g na le i ne nde f i ni e r t e nWe r tha t .Da z u“ unt e r s uc ht “de rTr i gg e rda s Messsignal auf die gewünschten Eigenschaften des Punktes, mit dem die Darstellung am linken Bildschirmrand beginnen soll. Die erforderlichen Kriterien werden vom Benutzer eingestellt. Es sind: 1. ein bestimmter Wert der Spannung des Messsignals (Triggerlevel) 2. die steigende oder fallenden Flanke des Messsignals Erfüllt die Spannung am Eingang des Oszilloskops beide Kriterien, dann startet der Trigger den Sägezahngenerator. (Dies geschieht für den Bediener unsichtbar mittels eines Rechteckimpulses) Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 35/70 - UE Messsignal: Das darzustellende Signal wird über die Eingangsbuchse [23 oder 34] angeschlossen. Der gewünschte Triggerlevel UTr und die gewünschte Flanke (hier: steigende Flanke) werden eingestellt. Der hinterlegte Bereich der Kurve soll dargestellt werden. UTr UT Triggerausgang: Der Trigger erkennt die Werte des Eingangssignals, die die eingestellten Kriterien (hier: Triggerlevel Utr und Flanke steigend) erfüllen und gibt jeweils einen Rechteckimpuls an den Sägezahngenerator weiter. Sägezahngenerator: Der Sägezahn wird durch den Rechteckimpuls des Triggers ausgelöst. Er startet am Fußpunkt der Rampe, d. h. die Darstellung beginnt am linken Bildschirmrand. US Sägezahnspannung: eingestellt [10] auf hohe Ablenkgeschwindigkeit (steile Rampe) US Sägezahnspannung: eingestellt auf geringe Ablenkgeschwindigkeit (flache Darstellung eines Signals bei verschiedenen Ablenkgeschwindigkeiten. Liegt kein Signal am Oszilloskop an oder findet der Trigger nicht die gesuchten Parameter zum Start des Sägezahngenerators, dann bleibt der Bildschirm dunkel. (Beispiel: Es wird eine Gleichspannung von 1 V angelegt. Der eingestellte Triggerlevel ist 1,5 V. Da das Eingangssignal niemals den Triggerlevel erreicht wird der Sägezahngenerator nicht gestartet.) Um dennoch eine Darstellung zu erhalten, gibt es eine Automatikfunktion des Triggers: In der Betriebsart Auto wird der Triggerlevel automatisch eingestellt und der Sägezahngenerator gestartet, wenn der Trigger kein verwertbares Signal erkennt. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 36/70 - Die vertikale Ablenkung (Y-Achse) des Elektronenstrahles Die Ankopplung des Messsignals Viele Spannungen bestehen aus miteinander überlagerten Gleich- und Wechselspannungen. Das Oszilloskop bietet die Möglichkeit einen evtl. störenden Gleichanteil aus der Darstellung herauszufiltern. Man spricht von der Art der Ankopplung. Die Ankopplungsarten (komplettes Signal, Signal ohne Gleichanteil, kein Signal) kann durch Einstellung des Schalters [22/35] gewählt werden: Kopplungsschalter AC Meßsignal DC Eingangsbuchs e GND DC GND AC Ein Messsignal wird an den Eingang des Oszilloskops angelegt. Je nach Stellung des Ankopplungsschalters auf Position GND, DC, AC erhält man die entsprechende Abbildung auf dem Schirm. Die Betriebsart GND legt den Eingang des Oszilloskop auf Masse. Das Eingangssignal ist vom Gerät abgekoppelt. Auf diese Weise kann die Position der Nulllinie festgestellt werden. In der Betriebsart DC wird das Signal direkt an den Y-Verstärker angelegt. Es werden Gleichund Wechselspannungsanteile der Eingangsspannung auf dem Bildschirm dargestellt. In der Betriebsart AC wird das Signal mit einem Hochpass gefiltert. Es werden nur die Wechselspannungsanteile der Eingangsspannung sichtbar. Gleichspannungsanteile werden unterdrückt. Dies kann notwendig sein, wenn einer hohen Gleichspannung ein geringer Wechselanteil überlagert ist. Soll nur der Wechselanteil untersucht werden, dann würde bereits eine geringe Verstärkung dazu führen, dass das Signal nicht mehr auf den Bildschirm passt. Durch die Betriebsart AC wird der (uninteressante) Gleichspannungsanteil unterdrückt und es bleiben die Wechselanteile übrig. Diese oszillieren jetzt um die Nulllinie und können entsprechend verstärkt werden. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 37/70 - Die Verstärkung des Messsignals: Die Größe der Abbildung auf dem Bildschirm wird durch die Einstellung der Verstärkung [24 und 30] bestimmt. Diese wird vom Benutzer in Stufen eingestellt. Die Einheit der Verstärkerskala ist Volt/DIV. DIV ist die Abkürzung von Division = Teilung, die die Einteilung des Bildschirmes durch Rasterlinien meint. Beispiel: In Bild 1 ist eine sinusförmige Spannung dargestellt. Am Verstärker ist die Verstärkung 0,5 V/DIV eingestellt. Welche Spannungsamplitude Umax hat die Spannung? Antwort: Am Bildschirm wird abgezählt: Die Amplitude hat einen Scheitelwert von drei Rasterlinien also 3 DIV. Durch Multiplikation mit der eingestellten Verstärkung erhält man: Umax = 3 DIV · 0,5 V/DIV = 1,5 V. In seltenen Fällen kann eine stufenlose Verstärkung erforderlich sein (Vergleich von Signalformen). Für diese Anwendung kann ein stufenloses Potentiometer [25 und 31] entriegelt werden. Vorsicht: Die Verstärkung ist jetzt nicht mehr kalibriert! Wie werden mit einem Elektronenstrahl zwei Spannungen gleichzeitig dargestellt? a) Zweikanaldarstellung: Das Standard-Oszilloskop kann zwei Signale gleichzeitig darstellen. Aus diesem Grund gibt es zwei Eingangsbuchsen [23] und [34] und zwei Y-Verstärker, [25] und [30]. Es handelt sich also um ein Zweikanaloszilloskop. Allerdings gibt es nur einen Elektronenstrahl und nur ein Ablenkplattenpaar für die Y-Darstellung. Um trotzdem zwei Signale abbilden zu können, wird der Elektronenstrahl abwechselnd von beiden Kanälen benutzt. Die Umschaltung geschieht elektronisch. Dafür sind zwei Betriebsarten vorgesehen: Alternate-Betrieb: Die Umschaltung erfolgt immer nach einem vollständigen Durchlauf des Sägezahngenerators. D. h. mit jedem Durchlauf der Rampe des Sägezahngenerators wird nacheinander einmal Kanal 1 und beim folgenden Durchlauf Kanal 2 abgebildet. Bei sehr niedrigen Ablenkgeschwindigkeiten führt diese Betriebsart zu einem sehr unruhigen Bild, da für das menschliche Auge erkennbar wird, dass die Funktionen abwechselnd erscheinen (Abbildungsfrequenz < 25 Hz). Chop-Betrieb: (chop: engl.: zerhacken) Die Darstellung wird sehr schnell (200 kHz) zwischen den beiden Kanälen hin und her geschaltet um bei niedrigen Frequenzen des Eingangssignals ein flackerfreies Bild zu erhalten. Bei sehr hohen Frequenzen führt die Umschaltung zu sichtbaren Störungen der Bildqualität. b) X-Y Darstellung: Neben der Zeitsignaldarstellung kann mit dem Standard-Oszilloskop auch eine X-Y Wiedergabe realisiert werden. Zu diesem Zweck wird die Funktion XY-Ablenkung am Oszilloskop aktiviert. Der Sägezahngenerator ist nun ausgeschaltet und Kanal 2 des Oszilloskops ist an die XAblenkplatten angelegt. Werden keine Messsignale an die Eingangsbuchsen angelegt, dann ist in der Mitte des Schirmes ein Leuchtfleck zu sehen. An den Eingang von Kanal 1 und 2 können nun die Messsignale angelegt werden. Stehen die Frequenzen zweier Schwingungen der gleichen Signalform in einem ganzzahligen Verhältnis zueinander, dann entstehen sog. Lissajous-Figuren. Sie dienen der Frequenz und Phasenanalyse. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 38/70 - Darstellung einer Lissajous-Figur (horizontal : U1 = sin(t), vertikal : U2 = sin(3 t)) c) Speicherfunktion Moderne Oszilloskope besitzen eine digitale Speicherfunktion. Mit der Store-Taste wird der Speicher eingeschaltet [36]. Bei der Verwendung der Speicherfunktion sollte folgendes beachtet werden: Die Speicherfunktion verwendet einen Analog-Digital-Umsetzer. Im digitalen Betrieb wird das Eingangssignal daher nicht kontinuierlich sondern in festgelegten Zeitabständen gemessen (abgetastet). Dabei wird dem Messsignal ein diskreter Wert zugeordnet: allen Eingangsspannungen, die innerhalb eines festgelegten Bereiches liegen, wird jeweils ein diskreter Wert (Quantisierungsstufe) zugeordnet. Das stetige, analoge Signal wird als treppenartige Näherung abgebildet. Benutzerhinweise zur Vermeidung von Bedienungsfehlern bei Oszilloskopen Ein zu hell eingestellter Elektronenstrahl beschädigt die empfindliche Beschichtung des Bildschirmes. Besonders im X/Y-Betrieb besteht die Gefahr, dass der Strahl einen dauerhaften Leuchtfleck auf dem beschichteten Schirm hinterlässt, wenn für längere Zeit eine konstante Ablenkspannung anliegt, so dass der Strahl nicht abgelenkt wird. Die Elektronenstrahlröhe eines Oszilloskops benötigt eine Vorwärmphase bis sie auf Betriebstemperatur ist. In dieser Zeit verschiebt sich die vertikale Strahllage, so dass diese häufiger nachjustiert werden muss [21/36]. Bei Benutzung eines Tastkopfes muss dieser kompensiert werden. D.h. mit Hilfe einer Kalibrierspannung am Anschluss CAL. [19] wird eine korrekte Rechteckwiedergabe eingestellt. Beim Ablesen von Spannungen oder Zeiten mit Hilfe des Rasters muss darauf geachtet werden, dass die stufenlosen Einsteller [11/25/31] in der kalibrierten Position stehen. Sind Achsen gedehnt [18/26/32] oder wird ein Tastkopf mit Teiler verwendet, so ist der Faktor zu berücksichtigen. Das Gehäuse und die Masseanschlüsse der Eingangskanäle liegen alle gemeinsam auf Schutzleiterpotential. Daher können nur Spannungen gemessen werden, die galvanisch vom Netz getrennt sind. Andernfalls kommt es zu gefährlichen Kurzschlüssen. Bei der Benutzung beider Kanäle sollte nur der Masseanschluss eines Kanals verwendet werden, um ungewollte Kurzschlüsse oder Masseschleifen zu vermeiden. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 39/70 - Vorbereitung und Inbetriebnahme Vor Inbetriebnahme des Oszilloskops sollte folgende Checkliste abgearbeitet werden: - Messsignale abkoppeln (Ankopplungsschalter auf GND stellen); - Prüfen, ob alle Feinabstimmungs-Potentiometer [ 25, 31 und 11] funktionslos (eingerastet) sind; - Prüfen, ob die Ankopplungs-Verstärker [26, 32] ausgeschaltet sind; - Die Messverstärker [24, 30] auf einen unempfindlichen Wert einstellen (z.B. 5 V/DIV); - Stellen Sie die Ablenkgeschwindigkeit auf einen mittleren Wert ein [10]; - Trigger in Stellung „ a ut o“br i nge n[ 13] ; Ist nach dem Einschalten des Oszilloskops kein Strahl sichtbar kann dies daran liegen, dass: - die automatische Triggerung [13] abgeschaltet ist; - der Strahl [21/36] nach oben oder unten aus dem sichtbaren Bereich verschoben ist; - die Intensität [16] des Strahles zu gering ist; - das am Eingang [23/34] anliegende Signal einen zu hohen Pegel hat, bzw. die Verstärkung [24/30] zu hoch eingestellt ist; Die Vielseitigkeit des Oszilloskops bringt es mit sich, dass eine große Anzahl von Bedienelementen vorhanden ist. Die Beschriftung der Frontplatten erfolgt durchweg in Englisch und ist leider teilweise uneinheitlich. Grundsätzlich lassen sich die Bedienelemente eines Oszilloskops in zwei Gruppen einteilen, was bei der Aufteilung der Frontplatten meistens berücksichtigt wird. Schalter und Anschlüsse für die vertikale Strahlablenkung durch das Eingangssignal [21-36], wie z.B. der Schalter VOLTS/DIV für die Eingangsempfindlichkeit. Bei zweikanaligen Oszilloskopen sind diese Elemente in doppelter Ausführung vorhanden. Schalter und Anschlüsse für die horizontale Strahlablenkung durch die Zeitbasis [2-15], wie z.B. der Einsteller X-Pos für die horizontale Verschiebung des Bildes. Außerdem finden sich je nach Typ noch Elemente für zusätzliche Funktionen wie Speicherbetrieb [36-40], Komponententester [20] usw.. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 40/70 - Ref.Nr. Bezeichnung Alternative HM205-3 Bezeichnung Allgemeine Bedienelemente 1 POWER on/off 4 X-Y 16 INTENS. 17 FOCUS INTENSITY BRIGHTNESS Funktion Der Netzschalter des Gerätes. Einschalten der XY-Darstellung, um Kanal 1 (Y-Kanal; vertikale Ablenkspannung) als Funktion von Kanal 2 (X-Kanal; horizontale Ablenkspannung) darzustellen. Einstellung der Helligkeit des Elektronenstrahls. Einstellung der Schärfe des Bildes (Strahles). Bedienelemente für die Horizontaleinheit (Zeitachse) 2 X-SHIFT; Horizontale Verschiebung der Lage des X-Pos HORIZONTAL Elektronenstrahles (nach links oder rechts). POSITION 3 TR 10 TIME/DIV. 11 CAL. 18 X-MAG.x10 Trace Rotation Schlitzpotentiometer zum Drehen der Strahllage parallel zu den horizontalen Rasterlinien. (Wartungsarbeit!!). SEC/DIV Einstellung der horizontalen Ablenkgeschwindigkeit des Elektronenstrahls in Zeit pro Teiler (z.B. 5ms/Div.). Beachte! Die Zeitangaben stimmen nur, wenn der stufenlose Einsteller CAL[11] in Kalibrierstellung eingerastet ist. Stufenlose Einstellung der horizontalen Ablenkgeschwindigkeit mit rastender Grundstellung (calibrated) am Rechtsanschlag. X-MAGNIFIER Dehnung der horizontalen Zeitachse um den Faktor 10. HORIZONTAL Mit dem X-Pos[2] Regler kann der dargestellte - EXPANSION Signalausschnitt verschoben werden. Bedienelemente für die Vertikaleinheit (Y-Achse) 24 / 30 VOLTS/DIV. Einstellung der Eingangsempfindlichkeit für Kanal I und II in Spannung pro Teiler (z.B. 2V/Div.). Beachte! Die Spannungsangaben stimmen nur, wenn der stufenlose Einsteller VAR.GAIN[25/31] in Kalibrierstellung eingerastet ist. 25 / 31 VAR.GAIN CAL Stufenlose Einstellung der Eingangsempfindlichkeit mit rastender Grundstellung (calibrated) am Rechtsanschlag. 26 / 32 Y-MAG.x5 Erhöhen der Eingangsempfindlichkeit um den Faktor 5 (z.B. von 1V/Div. auf 200mV/Div.). 21 / 36 Y-Pos.I / Y-SHIFT; Vertikale Verschiebung der Lage des VERTICALElektronenstrahles (nach oben oder unten). Y-Pos.II POSITION 27 Auswahl des Eingangskanals, welcher dargestellt und CH I/II auf welchen getriggert wird. TRIG. I/II Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 41/70 - Ref.Nr. 28 29 33 28+29 Bezeichnung Alternative HM205-3 Bezeichnung BOTH DUAL ADD INV.CH II CHOP 22 / 35 DC-AC-GD AC-0-DC AC-DC-GND Funktion Einschalten des Zweikanalbetriebes. Darstellung der algebraischen Summe beider Kanäle. Invertieren der Darstellung des Signals an Kanal II. Die Darstellung schaltet mit einer Frequenz von ca. 200kHz zwischen den Eingangskanälen hin und her, um bei kleinen Signalfrequenzen ein flimmerfreies Bild darzustellen. Wahl der Ankopplungsart der Eingangssignale für Kanal I und Kanal II. DC: direkte Gleichspannungskopplung bis max. 400V. AC: Wechselspannungskopplung über Kondensator. GD: keine Signalankopplung (zum Positionieren der Nulllinie) Bedienelemente für die Signaltriggerung 5 Verlängerung der Wartezeit zwischen zwei HOLD OFF Triggervorgängen, z.B. um Fehltriggerungen bei Signalgemischen zu vermeiden. 13 Umschalten zwischen automatischer Triggerung für AT/NORM. AUTO; TRIGGEREingangssignale von 10Hz bis 40MHz und manueller MODE Triggerung mit einstellbarem Pegel. 7 Optische Anzeige des Triggerimpulses der TRIG. Zeitablenkung. 8 TRIGGERWahl der Kopplung des Triggersignales. TRIG. AC: 10Hz-10MHz; DC: 0-10MHz; LF: 0-1kHz; AC-DC-LF- COUPLING HF: 1,5kHz-40MHz; ~: Triggerung mit 50Hz HF-~ Netzfrequenz 14 Einstellung des Triggerpegels für Normaltriggerung. LEVEL 9 ALT SLOPE Alternierende Triggerung von K. I und II im ALT. Zweikanalbetrieb. Auslösen der Triggerung mit +/steigender oder fallender Flanke. 12 EXTERN Umschalten von interner Triggerung durch das EXT. abgebildete Signal auf externe Triggerung durch ein Signal an der BNC-Buchse TRIG.INP.[15]. Ein- und Ausgangsbuchsen 15 Eingangsbuchse für ein externes Triggersignal. TRIG.INP. EXT.TRIG. 23 / 34 InputCH.I / Y-INPUT; Eingangsbuchsen der Eingangssignale für Kanal I und VERTICAL II. CH II INPUT 19 CAL VOLTS Ausgangsbuchse mit Rechtecksignalen der CAL. angegebenen Spitze-Spitze-Spannung zur 0.2V / 2V Kompensation von Tastköpfen. Bedienelemente für den Speicherbetrieb 36 Aktivieren des Speicherbetriebs mit einer maximalen STOR.ON Abtastrate von 20MHz pro Kanal. 37 Einfrieren der Daten von Kanal I und/oder II. HOLD I/II 38 Speicherung eines Einzelereignisses ab Triggerimpuls. SINGLE 39 Zurücksetzen der Speicherzeitbasis und warten auf RESET einen Triggerimpuls bei aktivierter SINGLE-Taste[38] 40 Die einzelnen Punkte werden durch Linien verbunden. DOT J. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 42/70 - Frontbild des Oszilloskops HM 205 Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 43/70 - 9.3 Messschaltungen Beim Anschluss von Messsignalen an Oszilloskope werden meist passive Tastköpfe benutzt. Die Eingangskapazität des Oszilloskops hat einen für hohe Signalfrequenzen nicht zu vernachlässigende Eingangskapazität. Daher müssen Tastköpfe, mit denen auch der Eingangsspannungsbereich erweitert oder ein hochohmiger Signalanschluss realisiert werden kann, als frequenzkompensierter Spannungsteiler realisiert werden. Oszilloskop mit Tastkopf (10:1 Teiler) Für das Übertragungsverhältnis der komplexen Eingangsspannungen U1 und der am Oszilloskop anliegenden Spannung U2 ergibt sich folgender Ausdruck: 1 jRS C S U1 RP 1 U2 1 jRP C comp RS Hierbei soll in CS sowohl die Eingangskapazität des Oszilloskops als auch die Kapazität der Zuleitung enthalten sein. Für den Fall, dass RS·CS = RP·Ccomp gilt, ist der Spannungsteiler frequenzunabhängig und es wird U1 R 1 P U2 RS Nachstehendes Bild zeigt einen 10:1 Tastteiler, bei dem die Einstellung des Plattenkondensators Ccomp durch Drehung erfolgen kann. Messanordnung mit Tastteiler Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 44/70 - Die Einstellung selbst erfolgt mit Hilfe eines eingebauten Rechteckgenerators im Oszilloskop. Der Tastteiler wird so lange verstellt, bis ein optimales Übertragungsverhalten für das Rechtecksignal erreicht wird. Da das periodische Rechtecksignal aus vielen Sinusschwingungen aufgebaut gedacht werden kann, ist bei gutem Rechteckübertragungsverhalten von Frequenzunabhängigkeit auszugehen. Lissajous - Figuren Messung erfolgt in XY –Darstellung x - Auslenkung x(t ) u1 (t ) uˆ sin(t ) 1 y - Auslenkung y (t ) u 2 (t ) uˆ sin(t ) 2 Für t = 0 oder für t = n (n = 0, 1, 2, ...) ist x(t) = 0, d.h. diese Punkte liegen auf der y-Achse. y t 0 uˆ ) 2 sin( und d am i t ergi bt s i ch der W i nkel Elektrische Messtechnik 1 MT1 y arcsin t 0 uˆ 2 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 45/70 - 10 Messbrücken 10.1 Abgleichverfahren Man unterscheidet Gleichstrommessbrücken zur Widerstandsmessung und Wechselstrommessbrücken zur Impedanz-, Frequenz- und Klirrfaktormessung. 10.1.1 Gleichstrommessbrücken Wheatstone-Schaltung Der Abgleich ist gegeben, wenn das Nullinstrument Null anzeigt. Dann gilt: U2 = U4 Mit U2 R2 U R1 R2 R2 R4 R1 R2 R3 R4 und U4 R4 U R3 R4 bzw. R2 R3 R2 R4 R1 R4 R2 R4 folgt: R1 R3 R2 R4 Somit ergibt sich die Abgleichbedingung: R Ist ein Widerstand in der Brücke unbekannt (z.B. R1), so kann dieser aus R1 R2 3 berechnet R4 werden. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 46/70 - Beispiel: Schleifdrahtbrücke Es handelt sich bei dem Schleifdraht um einen homogenen Draht der Länge l = a + b. Der unbekannte Widerstand sei Rx. Schleifdrahtbrücke Die Abgleichbedingung lautet: R RX a a R2 Rb b bzw. a R X R2 l a Aufgabe: a) Bestimme den maximalen Fehler Rx und den relativen Fehler Rx / Rx, falls bei der Schleifdrahtbrücke nur die Länge a einen Fehler aufweist. b) Für welchen Wert von a ist der relative Fehler am kleinsten, falls l=100cm und a=1cm ist? Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 47/70 - 10.1.2 Wechselstrommessbrücken Bei Wechselstrommessbrücken ist eine Speisung mit einer Wechselspannung erforderlich. Üblicherweise wird eine sinusförmige Spannung mit einer Frequenz von 1 kHz benutzt. Wechselstrommessbrücke Die Brücke ist abgeglichen, wenn das Nullinstrument Null anzeigt. Dann gilt Z1 Z 3 Z2 Z4 Z1 Z 4 Z 2 Z3 Diese Gleichung lässt sich durch Real- und Imaginärteil oder durch Betrag und Phase darstellen. Real- und Imaginärteil: (R1 + jX1) · (R4 + jX4) = (R2 + jX2) · (R3 + jX3) Gleichheit ist dann gegeben, wenn sowohl Realteil wie auch Imaginärteil gleich sind: R1 · R4 –X1 · X4 = R2 · R3 –X2 · X3 X1 · R4 + R1 · X4 = X2 · R3 + R2 · X3 Betrag und Phase: Z1 Z4 e j (14 ) Z 2 Z3 e j (23) Gleichheit ist dann gegeben, wenn sowohl Betrag wie auch Phase gleich sind: Z1 ·Z4 = Z2 ·Z3 1 + 4 = 2 + 3 Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 48/70 - Kapazitätsmessbrücke nach Wien Gemessen werden R2 und C2. R2 und C2 stellen einen verlustbehafteten Kondensator dar. Kapazitätsmessbrücke nach Wien Im Abgleichfall gilt: Mit 1 R1 j C1 Z1 1 R1 j C1 Z2 · R3 = Z1 · R4 und 1 R2 j C2 Z2 1 R2 j C2 folgt: 1 1 R3 R2 R4 R1 j C2 j C1 1 1 R2 R1 j C2 j C1 R3 R2 C2 R4 R1 1 R1 j C1 C1 Aus dem Vergleich der Realteile folgt: 1 R2 j C2 R C 2 C1 3 R4 R Aus dem Vergleich der Imaginärteile folgt: R2 R1 4 R3 Der Abgleich kann durch Änderung von C1 und R1 erfolgen. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 49/70 - Induktivitätsmessbrücke nach Maxwell Verlustbehaftete Induktivitäten, z.B. Z2, lassen sich mit der abgebildeten Brücke messen. Induktivitätsmessbrücke nach Maxwell Im Abgleichfall gilt: (R2 + j L2) R3 = (R1 + j L1) R4 Realteilvergleich: R2 · R3 = R1 · R4 R2 = R1 · R4 / R3 Imaginärteilvergleich: L2 · R3 = L1 · R4 L2 = L1 · R4 / R3 Ein Problem bei dieser Brücke ist die Beschaffenheit der Referenzinduktivität L1. Der Verlustwinkel dieser Referenzinduktivität muss kleiner sein als der Verlustwinkel der zu messenden Induktivität Z2, damit die Brücke abgleichbar ist. Eine Verbesserung stellt die Induktivitätsmessbrücke nach Maxwell-Wien dar. Hier ist anstelle einer Normalinduktivität eine Normalkapazität erforderlich, die einfacher herstellbar ist. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 50/70 - Induktivitätsmessbrücke nach Maxwell-Wien Induktivitätsmessbrücke nach Maxwell-Wien 1 R3 j C3 Im Abgleichfall gilt: R2 j L2 R1 R4 1 R3 j C3 bzw. nach einer Umformung: L2 R3 R R R R 2 3 R1 R3 R4 1 4 C3 j C3 j C3 Realteilvergleich: L2 = C3 ·R1 ·R4 Imaginärteilvergleich: R2 = R1 ·R4 / R3 Aufgabe: Gegeben sei eine Wien-Robinson Brücke zur Frequenzmessung Die Brücke ist so dimensioniert, dass gilt: R1 = 2·R2 R3 = R4 = R C3 = C4 = C Leiten Sie unter Benutzung der Abgleichbedingung die Gleichung für die Frequenz her. Wien-Robinson Brücke Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 51/70 - 10.2 Ausschlagverfahren Zunächst wird kurz auf die Wheatstonsche Messbrücke eingegangen. Die Brücke soll mit der Spannung UB gespeist werden. Dann bilden die Widerstände R1, R2 bzw. R3, R4 jeweils nichtbelastete Spannungsteiler. Für die Messspannung UM ergibt sich: R1 R3 U M U 1 U 3 U B R R R R 2 3 4 1 Sind die Widerstände gleich, so ist die Brücke abgeglichen und es gilt UM = 0V. Dies gilt auch für den Fall R1/R2 = R3/R4. Ändert sich der Widerstand R1 um R1, so ergibt sich eine Änderung der Messspannung nach: R1 R1 R3 U M U B R R R R3 R4 1 2 1 Mit der Annahme R1/R2 = 1 und R3/R4 = 1 folgt: R1 R1 1 U M U B 2 U B R1 R1 2 2 R1 2 R1 2 R1 R1 4 R1 2 R1 Wegen 4 R1 >> 2 R1 ergibt sich: R1 U M U B 4 R1 Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 52/70 - 11 Anhang 11.1 Komplexe Rechnung In der komplexen Ebene werde ein Zeiger r als komplexe Zahl in Komponentenform eingetragen: r=a+jb Dies entspricht der Angabe von rechtwinkligen (kartesischen) Koordinaten a und b. Die positive reelle Achse wird nach rechts und die positive imaginäre Achse nach oben gezeichnet. In der Elektrotechnik wird die imaginäre Einheit mit dem Operator j 1 belegt. Die Komponentenform stellt die komplexe Summe von Realteil a = Re(r) und Imaginärteil b = Im(r) dar, wobei die Komponenten a und b jeweils positive und negative Zahlenwerte annehmen können. Komplexe Zahl Die Differenz r* = a –j b wird als konjugiert komplex bezeichnet. Die Unterstreichung des Formelzeichens wird zur Kennzeichnung einer komplexen Größe beibehalten. Neben den Komponenten a und b ist eine komplexe Zahl durch ihren Betrag r = |r| und ihren Winkel bestimmt. Dies entspricht der Angabe von Polarkoordinaten. Für die polare Form r = a + j b = r cos+ j r sin= r (cos+ j sin) Betrag: r r a 2 b 2 Winkel: b arctan a folgt: Mit der Euler-Gleichung e j cos j sin folgt die Exponentialform: r r e j r Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 53/70 - Der konjugiert komplexe Zeiger r r e j* r* hat auch den Betrag r, jedoch beim Phasenwinkel * = - das entgegen gesetzte Vorzeichen. Der Winkelfaktor für häufig vorkommende Winkel: * 0 e j0 1 2 2 e e e j 2 j 2 j j j 1 Der Vorsatz + j bedeutet eine Drehung um + /2 = + 90°, der Vorsatz –j die Drehung um - /2 = - 90° und das Minuszeichen eine Drehung um = 180°. Für die Addition und Subtraktion von Zeigern benutzt man die Komponentenform und bei den übrigen Rechenoperationen vorzugsweise die Exponentialform. Es gilt für: r1 = a1 + j b1 und r2 = a2 + j b2 Addition: r1 + r2 = (a1 + j b1) + (a2 + j b2) = (a1 + a2) + j (b1 + b2) Subtraktion: r1 - r2 = (a1 + j b1) - (a2 + j b2) = (a1 - a2) + j (b1 - b2) Es gilt für: r 1 r1 e j1 r1 1 Multiplikation: r1 r 2 r1 e j1 r2 e j2 r1 r2 e j (12) r1 r2 (1 2 ) Division: e j1 r r r 1 r1 j2 1 e j (12) 1 (1 2 ) r2 r2 r2 r2 e und r 2 r2 e j2 r2 2 Da das Produkt einer komplexen Zahl r3 = (c + j d) mit ihrem konjugiert komplexen Wert * r3* = (c –j d) stets eine reelle Zahl ergibt: r 3 r 3 (c jd ) (c jd ) (c 2 d 2 ) , kann man den Nenner eines Bruches durch Erweitern mit dem konjugiert komplexen Wert zu einer reellen Zahl ergänzen. Anwendung bei der Division in Komponentenform: a jb a jb c jd ac bd j bc ad r e j f 2 c jd c jd c jd c d 2 mit ac bd e 2 c d 2 bc ad f 2 c d 2 Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 54/70 - Es gilt für: r r e j r n-te Potenz: r r e j n-te Wurzel: n Beachte: n r n r e r n j n n e jn r n n n r n Es gibt nur eine Potenz aber n verschiedene Wurzeln! Es gilt für: r r e j r Differentiation: dr d r e j r j e j j r r 2 d d Integration: r d r e j 1 dr e j 1j r j r r 2 j Beachte: Differentiation entspricht einer Multiplikation des Zeigers mit j bzw. einer Drehung um + /2 Integration entspricht einer Multiplikation des Zeigers mit - j bzw. einer Drehung um - /2 Aufgabe: r1 = 6 + j 8 und r2 = 10 –j 15 Berechnen Sie: Reziprokwerte, Summe, Differenzen, Produkt, Quotienten, Quadratwurzel jeweils in Komponenten- und Exponentialform Ergebnisse: 1/r1 = 0,0602 –j 0,0799 1/r2 = 0,0307 + j 0,0461 r1 + r2 = 16 –j 7 r1 –r2 = - 4 + j 23 r2 –r1 = 4 –j 23 r1 r2 = 180 –j 10,4 r1/r2 = - 0,183 + j 0,522 r2/r1 = - 0,597 –j 1,700 r1 = 3,17 26,5° r2 = 4,25 -28,15° Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 55/70 - 11.2 Zeigerdarstellung harmonischer Größen Der Zeitverlauf einer harmonischen Größe kann durch die Gleichung (1) beschrieben werden. u (t ) uˆ cos( t u ) (1) Bei der Berechnung elektrischer Schaltungen führt diese trigonometrische Darstellung zu sehr aufwendigen Rechnungen. Eine einfache Methode der Berechnung elektrischer Schaltungen ergibt sich, wenn die harmonischen Größen durch komplexe Zahlen dargestellt werden. Voraussetzung dafür ist, dass die eingeprägten Spannungen und Ströme harmonische Größen einer Frequenz sind und dass das Netzwerk nur aus ohmschen Widerständen, idealen Spulen und idealen Kondensatoren besteht und sich im stationären Zustand befindet. 1 cos e j e j 2 1 sin e j e j 2j Bekanntlich gilt: (2) Damit lässt sich die Zeitabhängigkeit in der Gleichung (1) auch schreiben: uˆ j t u j t u U j t u j t u u (t ) e e e e 2 2 (3) Der Ausdruck U e j t u enthält einen zeitabhängigen und einen zeitunabhängigen Teil. Für den zeitunabhängigen Teil soll ein Zeiger eingeführt werden: U U e ju (4) Der Ausdruck U U e ju stellt den konjugiert komplexen Zeiger von U dar. * Damit lässt sich die harmonische Spannung der Gleichung (3) wie folgt darstellen: u (t ) Die Größe 1 2 U e jt jt U e * 12 2 U e jt 2 U e * jt (5) 2 U lässt sich durch einen ruhenden Zeiger in der komplexen Ebene darstellen: Ruhender Zeiger Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 56/70 - Der Ausdruck 2 U e jt stellt einen in der komplexen Ebene mit der Winkelgeschwindigkeit rotierenden Zeiger dar. Die Beziehung (5) lässt sich in der komplexen Ebene für den Zeitpunkt t = 0 wie folgt skizzieren: Rotierende Zeiger Für t 0 stellen die Summanden in Gleichung (5) gegensinnig rotierende Zeiger dar, deren Summe immer ein reeller Wert –die physikalische Größe u(t) –ist. Allgemein lässt sich die Summe zweier konjugiert komplexer Zahlen schreiben: A A 2 Re( A) * mit (6) Re(A): Realteil von A Mit der Zusammenfassung von (6) kann Gleichung (5) geschrieben werden: u (t ) Re 2 U e jt (7) Die Gleichung (7) stellt den Zusammenhang zwischen der physikalischen Größe u(t) und ihrer Abbildung in der komplexen Ebene 2 U e jt dar. Bei vielen Problemen der Elektrotechnik (stationärer Zustand bei harmonischen Erregergrößen, lineare Elemente) interessiert der zeitliche Augenblickswert nicht in erster Linie. Es genügt meist, Aussagen über den Effektivwert der Größen und über die Winkelbeziehungen zwischen ihnen zu machen. Diese Aussagen sind allein in den Zeigern enthalten. Zeigerdiagramme können nur Vorgänge einer bestimmten Frequenz wiedergeben, bei denen die Phasenbeziehungen zueinander erhalten bleiben. Sie stellen eine Momentaufnahme dar. Da bei sinusförmigen Größen das Verhältnis vom Scheitelwert zum Effektivwert durch den konstanten Scheitelfaktor bestimmt wird, und man in der Praxis i. Allg. mit Effektivwerten arbeitet, wird die Länge des Zeigers häufig nach dem Effektivwert festgelegt. Sinusförmige Wechselgrößen werden addiert oder subtrahiert, indem man ihre Zeiger nach Betrag und Phase geometrisch addiert oder subtrahiert. Bei Phasengleichheit ist die geometrische Summe gleich der algebraischen. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 57/70 - 11.3 Ortskurve Bei kontinuierlicher Änderung einzelner Wirk- bzw. Blindwiderstände oder der Frequenz beschreiben die Spitzen der Zeiger der Impedanz Z und des komplexen Stroms I (bei fester Spannung U) oder der komplexen Spannung U (bei festem Strom I) sog. Ortskurven. Widerstands- und Spannungsortskurven bei Reihenschaltung a) Konstanter Blindwiderstand X mit veränderbarem Wirkwiderstand a R mit a = 0 ... Impedanz: Z = a R+jX Ortskurve Z = f(a) verläuft parallel zur positiven reellen Achse b) Konstanter Wirkwiderstand R und konstante Induktivität L mit veränderbarer Kreisfrequenz Impedanz: Z = R + j L mit = 0 .. Ortskurve Z = f() verläuft parallel zur positiven imaginären Achse Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 58/70 - c) R = konstant; C = konstant; = variabel Impedanz: Z = R + 1/j C mit = 0 .. Ortskurve Z = f() verläuft parallel zur negativen imaginären Achse Auf g r undde s„ kompl e xe nOhms c he nGe s e t z e s “U = Z I unterscheidet sich die SpannungsOrtskurve U = f(a) bzw. U = f() nur um einen konstanten komplexen Faktor I von der zugehörigen Impedanz-Ortskurve Z = f(a) bzw. Z = f(). Strom-Ortskurven bei Reihenschaltung a) X = konstant; = konstant; a R = variabel „ Kompl e xe sOhms c he sGe s e t z “ : I = U / (a R + j X) Der Strom I verläuft für a = 0 ... auf einem Halbkreis durch den Koordinaten-Nullpunkt. Die Strom-Ortskurve I = f(a) stellt eine Inversion der Impedanz-Ortskurve Z = f(a) bzw. der Spannungs-Ortskurve U = f(a) dar. Für Ortskurven gilt allgemein: Inversion einer Geraden parallel zu einer Halbachse ergibt einen Halbkreis durch den Nullpunkt mit dem Mittelpunkt auf einer Achse. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 59/70 - b) R = konstant; C = konstant; = variabel U Es gilt: I R j1C Aufgabe: Eine Reihenschaltung von R = 20 und L = 0,5 H liegt an einer sinusförmigen Spannung mit U = 220 V. Es sollen die Ortskurven Z = f() und I = f() dargestellt werden. Lösungen: Z = f() I = f() Gerade parallel zur positiven imaginären Achse Halbkreis im 4.Quadranten Aufgabe: R = 1 k C = 1 F Zeichnen Sie die Ortskurve Ua/Ue. Stellen Sie das Verhältnis Ua/Ue im Bereich = 0 ... 10.000 1/s dar. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 60/70 - Ortskurven bei Parallelschaltung a) Änderung der Belastung Y = a G+jB I=U Y = U (a G + j B) Ortskurve I = f(a) ist eine Gerade parallel zur positiven reellen Achse. b) Änderung der Kreisfrequenz i) Parallelschaltung von G und C Y = G + j C I= Y U = G U + j C U Ortskurve I = f() ist eine Gerade parallel zur positiven imaginären Achse. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 61/70 - ii) Parallelschaltung von G und L Y = G + 1/jL I= U Y = U G + U/jL Ortskurve I = f() ist eine Gerade parallel zur positiven imaginären Achse. Aufgabe: Parallelschaltung von G = 0,1 S und L = 0,5 mH mit U = 20 V. Bestimmen Sie I = f(). Lösung: Ortskurve parallel zur negativen imaginären Achse Aufgabe: Parallelschaltung von G = 0,1 S und L = 0,5 mH mit I = 2 A. Bestimmen Sie U = f(). Lösung: Ortskurve Halbkreis im 1.Quadranten Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 62/70 - 11.4 Bodediagramm Frequenzgangdarstellung mit Ortskurve bei Netzwerken u. U. aufwendig und ungenau (nichtlineare Frequenzteilung) Ortskurven stellen aber als Frequenzgang Betrag und Phase in einem Diagramm dar Darstellung der Frequenzkennlinien getrennt für Betrag und Phase führt zum Bodediagramm Ersetzen der häufigen Multiplikation durch einfache Addition nach Transformation Beispiel: Hochpass-Filter Ua R jCR j 1 U e R jC 1 jCR 1 j Betrag: Ua Ue 1 ( ) 2 Phase: 1 arctan mit = R C : Zeitkonstante in s mit : Normierte Kreisfrequenz = 0 : Ua/Ue = 0 : Ua/Ue 1 gr = 1 : Ua/Ue = 1/2 0,707 gr : Normierte Grenz-Kreisfrequenz = 0 : = 90° : 0° gr = 1 : = 45° gr : Normierte Grenz-Kreisfrequenz Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 63/70 - 11.4.1 Übertragungsverhalten von Vierpolen Messung 1: U 12 P1 Rv Messung 2: U2 P2 2 Rv Das Verhältnis der Leistungen beschreibt das Übertragungsverhalten (Verstärkung, Dämpfung) des Vierpols: P2 U 22 P1 U 12 Man arbeitet meistens mit den Logarithmen der Quotienten und macht den Ansatz: P2 p lg P 1 U 22 lg U 12 U2 lg U Bel 2 1 Übliche Einheit: 1 dB (dezi Bel) = 0,1 Bel Daraus folgt: P2 U2 p 10 lg dB 20 lg dB P U 1 1 Leistungsverhältnis Spannungsverhältnis 20 dB 100 10 10 dB 10 3,16 (dimensionslos) 3 dB 2 2 1,41 0 dB 1 1 Beispiel: Vierpolkette p = 20 lg(Ua3/Ue1) dB = 20 lg(V1 V2 V3) dB = 20 lg(V1) dB + 20 lg(V2) dB + 20 lg(V3) dB = (P1 + P2 + P3) dB Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 64/70 - 11.4.2 Komplexer Frequenzgang U V a Ue Betragsfrequenzgang (Amplitudenfrequenzgang): U V a Ue Ua V 20 lg U e dB Phasenwinkelfrequenzgang (Phasenfrequenzgang): U Im a U arctan e Ua Re U e Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 65/70 - Beispiel: Hochpass-Filter Betragsfrequenzgang: V 20 lg 1 ( ) 2 dB 0 : V - dB : V 0 dB gr = 1 : V = - 3 dB << 1: V = 20 lg( ) dB Steigung = 20 dB/Dekade >> 1: V = 0 dB Darstellung der Asymptoten Phasenfrequenzgang: 1 arctan << 1 : = 90° >> 1 : = 0° gr = 1 : = 45° Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 66/70 - Beispiel: Tiefpass-Filter 1 U 1 1 jC V a 1 Ue 1 jRC 1 j R jC Betragsfrequenzgang: 1 V 20 lg 1 ( ) 2 dB gr = 1 gr = 1/ fgr = 1/(2 ) fgr : Grenzfrequenz f << fgr: V = 0 dB f >> fgr: V = 20 lg(1/2f ) dB = - 20 lg(2f ) dB Steigung = - 20 dB/Dek. f = fgr: V = - 3 dB Darstellung der Asymptoten Phasenfrequenzgang: Z N 0arctan arctan 2f f << fgr : = 0° f >> fgr : = - 90° f = fgr : = - 45° Es werden anstelle von Grenzfrequenz (fgr) auch die Begriffe Knickfrequenz (fK) oder Eckfrequenz (fE) benutzt. Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 67/70 - 11.4.3 Frequenzgänge von Vierpolen jD1 jD 2 ... 1 jZ 1 1 jZ 2 ... V k jI 1 jI 2 ... 1 jN 1 1 jN 2 ... Beträge: K k VDi Di VZi 1 (Zi ) 2 VIi Ii V Ni 1 (Ni ) 2 Phasen: k 0 Di 90 Zi arctan(Zi ) Ii 90 Ni arctan(Ni ) mit i = 1, 2, 3, ... V e jD1 ... VZ 1 e jZ 1 ... V ... VZ 1 ... j D1...Z 1... I 1...N 1... V K D1 jI 1 K D1 e jN 1 VI 1 ... VN 1 ... VI 1 e ... VN1 e ... Daraus folgt für den Betragsfrequenzgang: V = 20 lg (K) + (20 lg VD1 + ... + 20 lg VZ1 + ...) –(20 lg VI1 + ... + 20 lg VN1 + ...) Daraus folgt für den Phasenfrequenzgang: = (D1 + ... + Z1 + ...) –(I1 + ... + N1 + ...) Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 68/70 - 11.4.4 Grundglieder V=k V = j V = 1 / j V = 1 + j V = 1 / (1 + j ) Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 69/70 - Die Vierpol-Frequenzgänge lassen sich aus den folgenden fünf Grundgliedern entwickeln. Aus der Multiplikation wird durch die logarithmische Darstellung (Bodediagramm) eine Addition. Es gilt: V = V = V1 1 V2 2 = (V1 V2) (1+2) Die komplexe Multiplikation erfordert eine Multiplikation der Beträge und eine Addition der Phasenwinkel. Die Multiplikation wird auf eine niedrigere Rechenoperation (Addition) zurückgeführt, indem man die Größen logarithmiert (allg. transformiert). Die Beträge werden nach V = 20 lg(V) dB (für Spannungs-/Stromverhältnisse!) logarithmiert; die Phasenwinkel werden addiert, so dass ein linearer Maßstab beizubehalten ist. Um große Frequenzbereiche betrachten zu können, empfiehlt es sich, auch die Frequenz logarithmisch darzustellen, z.B. auf Logarithmenpapier. Die Zehnerpotenzen (Dekaden) haben dann einen konstanten Abstand. Beispiel: R1 = 9 k R2 = 1 k C = 17,684 nF U R2 V a R1 j1C Ue R1 j1C R2 R1 j1C R 1 jCR1 R2 1 jCR1 2 1 1 R R R1 jC R2 R1 jC R1 R2 jCR1 R2 R1 R2 1 jC 1 2 R2 R1 R2 1 j1 V k 1 j2 R2 k 0,1 20dB R1 R2 1 CR1 159,156 10 6 s R R 2 C 1 2 15,9156 10 6 s R1 R2 1 1 1 f E1 10 3 Hz 21 1 2 1 f E 2 10 4 Hz 221 Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck - 70/70 - Aufgabe: R1 = 9 M C1 = 1 pF ... 3 pF R2 = 1 M C2 = 18 pF a) b) c) d) Berechnen Sie allg. den komplexen Frequenzgang V. Zeichnen Sie den Betrags- und Phasenfrequenzgang für C1 = 1 pF und C1 = 3 pF. Für welchen Wert von C1 sind Betrags- und Phasenfrequenzgang frequenzunabhängig? Warum sollte man bei Messungen mit dem Oszilloskop einen Tastkopf verwenden? Lösung: U R2 1 jC1 R1 V a R R U e R1 R2 1 j C1 C 2 1 2 R1 R2 Elektrische Messtechnik 1 MT1 Prof. Dr.-Ing. Th. Reck