i. aufbruch und krise in der frühen neuzeit

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I. AUFBRUCH UND KRISE IN DER FRÜHEN NEUZEIT
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(15. Jh. bis Mitte 17. Jh.)
Warum gibt es Ebbe und Flut („Gezeiten“)? Ganz einfach: Die Flut entsteht, wenn Engel ihre Füße ins Wasser halten … So
jedenfalls sahen das die Menschen im Mittelalter. Zwischen 1450 und 1550 aber geriet vieles in Bewegung. Die Wiederentdeckung der Antike bedeutete einen kulturellen Neubeginn. Sichtweisen, die Jahrhunderte lang gegolten hatten,
wurden plötzlich in Frage gestellt. In diesen 100 Jahren wurden viele Grundlagen für die heutige moderne Welt geschaffen.
1. NEUES DENKEN – NEUE MÖGLICHKEITEN
1.1. EINE NEUE ZEIT BRICHT AN – HUMANISMUS UND RENAISSANCE
Der Humanismus
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Der Frühkapitalismus – Hintergründe und Folgen
Seit dem Beginn der Neuzeit durften auch Christen Geld
verleihen (bisher war das weitgehend Nichtchristen vorbehalten). Kaufmannsfamilien steckten ihr Geld in die
Wirtschaft und wurden zu Unternehmern – mit dem Ziel
noch mehr Geld zu verdienen („Frühkapitalismus“).
Die Wiederkehr des modernen Denkens
Erfolg/Misserfolg, Gesundheit/Krankheit wurden im
Mittelalter auf die Gnade oder Ungnade Gottes zurückgeführt. Im 15. Jh. allerdings begann sich von Italien aus eine
neue Denkweise durchzusetzen, in der – wie in der Antike
– kritisch nach beweisbaren Zusammenhängen geforscht
wurde. Diese Geisteshaltung nennt man Humanismus*
(von lateinisch „humanitas“= Menschlichkeit). Seine Anhänger – die Humanisten – wollten das Idealbild des allseitig gebildeten Menschen verwirklichen. Wissen,
Tugend, vernünftiges Handeln – diese Schlagwörter prägten das Leben der Humanisten. Letztlich erfasste der Humanismus alle europäischen Länder.
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Das Verlagswesen
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Welche Bereiche kontrollierte der Unternehmer? Welche Vorteile
brachte ihm das?
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Forscher bei der Arbeit (Rekonstruktion)
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Die Wiedergeburt der antiken Kultur („Renaissance“)
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Der neue Bildungsbegriff
Kultur
Im Humanismus kam es zu einer kulturellen Bewegung,
die die Wiederbelebung der antiken Kunst zum Ziel hatte.
Ein neuer Lebensstil entstand. Im Mittelalter stand die
Lehre von Gott („Theologie“) im Mittelpunkt, nun gewannen Geistes- und Naturwissenschaften an Bedeutung. Ein
großer Teil der antiken Schriftsteller wurde wieder entdeckt. Auch in der bildenden Kunst orientierte man sich
an der Antike. Adelige, Unternehmer und hohe Geistliche
(Päpste…) fanden Gefallen an den antiken Formen und
gaben Kunstwerke in Auftrag. Künstler errichteten großartige Paläste und Kirchen. Der neue Kunststil – die Renaissance – erfasste von Italien aus weite Gebiete Europas.
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Die Herausgabe, Übersetzung und Bearbeitung antiker Literatur,
die Begründung der klassischen Geisteswissenschaften, die
Gründung privater Schulen und Universitäten war nun modern.
Die Kinder Wohlhabender lernten Griechisch und Latein.
Reste aus der Antike wurden nun zum Mittelpunkt der Forschung.
Womit sind diese Menschen beschäftigt?
*Humanismus – die rot gedruckten Begriffe werden im
„Kleinen Lexikon zum Buch“ erläutert.
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Renaissancekünstler am Werk
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In der Renaissance löste sich die Bildhauerkunst von der Baukunst und wurde eine selbstständige Kunstform. In der
Malerei wurde das Porträt wieder entdeckt und die Darstellung der Raumtiefe entwickelt. Auch die Rolle der Künstler
wurde eine andere. Sie hatten nun hohes Ansehen und wurden als „Stars“ verehrt, ihre Werke bildeten den Mittelpunkt
von Gesprächen und Diskussionen. Im 15. Jh. wurde mit dem Aufschwung der Naturwissenschaften die naturgetreue
Nachbildung der Natur bzw. des Menschen (auf der Grundlage medizinischer Forschungen!) ein wichtiges Ziel. Oft
waren Renaissancekünstler äußerst vielseitig. Michelangelo Buonarroti (1475-1564) etwa malte Deckengemälde,
schrieb Gedichte und war auch ein bedeutender Architekt.
Kultur
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Leonardo da Vinci (1452-1519) – das Genie der Renaissance
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Er schuf mit dem Bildnis der Mona Lisa eines der bedeutendsten Kunstwerke. Und das „nebenbei“, weil Leonardo da
Vinci Bildhauer, Maler, Forscher, Techniker … war. Er wollte wissen, wie ein Mensch aussieht, wenn er lacht, wenn er
weint, wie er innen aussieht, wie der Körper aufgebaut ist. Daher hat Leonardo die Körper von Toten untersucht. Er wollte
auch wissen, wie ein Vogel fliegt … und er
wollte einen künstlichen Vogel bauen („Flugmaschine“). Bei seinem Tod hinterließ Leonardo an die 13 000 Seiten mit Notizen,
Plänen und wissenschaftlichen Abhandlungen. Darunter Skizzen von Fahrzeugen,
Fahrrädern, Kugellagern, Bohrmaschinen, ja
sogar von Fallschirmen, Raketen und Maschinengewehren. Vieles aber behielt Leonardo für sich. So etwa schrieb er: „Ich weiß,
wie man sich unter Wasser aufhalten kann.
Aber ich erkläre es niemandem, denn die
Menschen würden die Kunst dazu verwenden, einander am Meeresgrund umzubringen.“
Du durftest Leonardo besuchen. Was hat er dir
gezeigt? Wie beurteilst du das Vorgehen
und die Sichtweise Leonardos?
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weißt du noch
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1 – Was bezeichnet man als Frühkapitalismus?
2 – Welche Merkmale hat die neue Denkweise am Beginn
der Neuzeit? 3 – Was bewunderten die Menschen an der
Antike? 4 – Womit befassten sich Renaissancekünstler?
Humanismus – Humanisten –
Frühkapitalismus – Renaissance –
Michelangelo – Leonardo da Vinci
Versuche, die Antworten zu „Weißt du noch?“ in klar gegliederten Sätzen zu sprechen. Noch besser wäre es, wenn du Zeit fändest, sie
niederzuschreiben.
Unterstreiche alle Begriffe, die du im Geschichtsunterricht gehört
hast. Deren Bedeutung solltest du in klar gegliederten Sätzen erklären
bzw. beschreiben können.
G E S C H I C H T S L A B O R
b Das mittelalterliche Weltbild
a Der Beginn der Darstellung der Raumtiefe
(„Perspektive“)
Feuerhimmel
Himmelsozean
Tonnengewölbe
Linien
treffen
einander in
einem
Punkt
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Säulen des Himmels
Urozean
Säulen des Himmels
Erde
Unterwelt
Säulen der Erde
Urozean
Die Erde wird als flache Scheibe dargestellt und gilt als Mittelpunkt der
Schöpfung . Die Urozeane stehen mit dem „oberen Wasser“ in Verbindung.
Durch „Schleusen“ regnet es auf die Erde. Unter der Erde befindet sich das
Totenreich, die Unterwelt.
Stelle dieses Weltbid richtig. Nimm deinen Geografieatlas zu Hilfe,
fertige eine kleine Zeichnung an und erkläre mit eigenen Worten,
was du anders siehst.
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(S. 150)
Fluchtpunkt
„Trinität“ („Heilige Dreifaltigkeit“),
Kirche Santa Maria Novella in Florenz, 1427 vom Florentiner Maler
Masaccio (1401-1428) gemalt
Beschreibt, wie der Maler bei der Gestaltung dieses Bildes vorging.
Sprecht mit eurer Zeichenlehrkraft. Was erzählt sie euch über Perspektive? Versucht dann, ein Bild auf diese Art selbst zu gestalten. Viele Bilder
wurden „al fresco“ gemalt („Fresken“). Was das bedeutet? Informiert
euch und stellt eure Ergebnisse vor.
a Die Peterskirche in Rom (erbaut 1506-1626)
Kuppel (132,5 m hoch)
von Michelangelo entworfen
Nebenkuppel
Auf dem Sockel der
Säulen befindet sich
das Wappen Papst
Urbans VIII.
Mittelschiff
(211,5 m
lang)
Bronzetür aus der
alten Peterskirche
Der Altarbaldachin
ruht auf 20 m hohen
gedrehten Säulen
Papstaltar
Welche Teile erinnern an die Antike? Vergleiche Renaissance – Gotik: Welche
Unterschiede fallen dir auf? Wirf einen Blick in die „Seiten für Spürnasen“. Welche Renaissancebauwerke gibt es in deinem Bundesland?
Wie wäre es damit? Sammelt Fotos und gestaltet Plakate zum Thema „Romanik, Gotik und Renaissance – ein Vergleich“ (Gruppenarbeit).
Eingänge
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1.2. DAS FORSCHEN DER HUMANISTEN BRINGT FORTSCHRITTE IN WISSENSCHAFT UND TECHNIK
Die Humanisten befassten sich mit Vorgängen in der Natur. Sie erforschten z.B. den freien Fall und die Ursachen von Gewittern. Und sie durchbrachen das Verbot der Kirche, Tote zu untersuchen. Mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden (genaue Beobachtung, Versuche und mathematische Berechnungen) und mit neuen Geräten gelang es ihnen, allgemein
gültige Regeln („Gesetzmäßigkeiten“) abzuleiten.
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Das Entstehen der Naturwissenschaften
Was ist der Mittelpunkt des Sonnensystems?
Bereits der griechische Astronom
Aristarch (3. Jh. v. Chr.) hatte behauptet, dass die Sonne im Mittelpunkt
unseres Sonnensystems („Universum“) stünde. Die Kirche hingegen
vertrat die Meinung, die Erde als
Schöpfung Gottes müsse auch den
Mittelpunkt des Universums bilden.
Der Astronom Nikolaus Kopernikus
(1473-1543) leitete aus der Berechnung der Planetengeschwindigkeit
ab, dass sich „die Erde und die Plane-
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Weltbilder im Vergleich
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Kultur
Johannes Kepler (1571-1630) erkannte, dass die Planeten auf elliptischen Bahnen um die Sonne kreisen.
Fixsternhimmel
Fixsternhimmel
Jupiter
Saturn
Mars
Venus
Mond
Saturn
Merkur
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Luft
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Sonne
Merkur
Mond
Venus
Sonne
Jupiter
Geozentrisches Weltbild (Erde = Mittelpunkt)
Heliozentrisches Weltbild (Sonne = Mittelpunkt)
von Kopernikus
Du bist HumanistIn: Wodurch unterscheiden sich die Weltbilder?
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Neues Denken und „schwarze Magie“
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Galileo Galilei
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Galileio Galilei
(1564-1642) „entdeckte“ die
Schwerkraft, leitete
das Hebelgesetz ab
und griff Kopernikus’ Weltbild auf.
Galilei verbesserte
das Fernrohr und
bestätigte Kopernikus’ Behauptungen,
ohne sie jedoch
beweisen zu können. Daraufhin verbot
ihm die Kirche, seine Meinung weiterhin
öffentlich zu vertreten. Als er dennoch
immer wieder vom „heliozentrischen
Weltbild“ sprach, wurde er von der Kirche
verfolgt.
1992 wurde Galileo Galilei von Papst Johannes Paul II. schließlich doch Recht gegeben.
Der „Stein der Weisen“ und die
Anfänge der (Al-)Chemie
Die Idee, dass verschiedene chemische Stoffe ineinander umwandelbar
seien, leiteten die Humanisten von
den antiken Griechen ab. Forscher
(„Alchimisten“) versuchten, den „Stein
der Weisen“ zu entdecken, mit dem
sie unedles Metall in Gold verwandeln wollten. Alchimisten begannen,
in geheimen Kellern seltsame Mischungen zu brauen. Bei ihren Forschungen stießen sie auf neue
chemische Verbindungen (Porzellan,
Alkohol …). Damit legten die Alchimisten den Grundstock für unsere
moderne Chemie.
Wirtschaft & Technik
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ten um die Sonne drehen!“ Die Diskussion wurde jahrzehntelang erbittert geführt. Auf der einen Seite ging
es um die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft, auf der anderen um die
Richtigkeit der kirchlichen Meinung.
Die Alchimisten lebten gefährlich, weil sie von vielen Menschen verdächtigt wurden, zaubern zu können. Welche Phantasien seiner Zeitgenossen stellte der Maler Frans Francke (15. Jh.) dar?
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