Funktionalanalysis Anton Deitmar Inhaltsverzeichnis 1 2 3 4 Allgemeine Topologie 1.1 Erzeuger und Abzählbarkeit . 1.2 Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . 1.3 Initial- und Final-Topologien . 1.4 Hausdorff Räume . . . . . . . . 1.5 Kompakte Räume . . . . . . . 1.6 Das Zornsche Lemma . . . . . 1.7 Der Satz von Tychonov . . . . 1.8 Das Lemma von Urysohn . . . 1.9 Der Satz von Stone-Weierstraß 1.10 Der Satz von Baire . . . . . . . 1.11 Netze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 3 5 7 9 10 12 15 16 18 26 28 Normierte Räume 2.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Stetige lineare Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Hilbert-Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Vervollständigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Äquivalenz der Normen im endlich-dimensionalen 2.6 Nichtstetige lineare Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 34 36 38 46 48 51 Grundprinzipien der Funktionalanalysis 3.1 Fortsetzung von linearen Funktionalen . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Von der offenen Abbildung und vom abgeschlossenen Graphen 3.3 Prinzip der gleichmässigen Beschränktheit . . . . . . . . . . . . 3.4 Dualität bei Banach-Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Schwache Topologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 53 59 61 62 68 Stetige Operatoren auf Hilbert-Räumen 4.1 Adjungierte Operatoren . . . . . . 4.2 Isometrien . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Projektionen . . . . . . . . . . . . . 4.4 Normale Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 74 77 79 83 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Funktionalkalkül 86 5.1 Spektrum und Resolvente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 5.2 Funktionalkalkül . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 5.3 Polarzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 6 Kompakte Operatoren 6.1 Jordan Normalform fuer kompakte Operatoren . 6.2 Spektralsatz fuer kompakte normale Operatoren 6.3 Hilbert-Schmidt-Operatoren . . . . . . . . . . . . 6.4 Spurklasse-Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 105 110 114 119 Der Spektralsatz 127 7.1 Spektralmaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 7.2 Der Spektralsatz fuer normale Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 1 Kapitel 1 Allgemeine Topologie Wir erinnern an die Definition einer Topologie. Eine Topologie auf einer Menge X ist ein System von Teilmengen O ⊂ P(X), das unter endlichen Schnitten und beliebigen Vereinigungen abgeschlossen ist. Ein topologischer Raum ist ein Paar (X, O) bestehend aus einer Menge X und einer Topologie O auf X. Die Mengen A ∈ O heissen offene Mengen und ihre Komplemente abgeschlossene Mengen. Zu jeder Menge A ⊂ X gibt es eine kleinste abgeschlossene Menge A, die A enthält, genauer ist \ A= C. C⊃A C⊂X abgeschlossen Beispiele 1.0.1. • Auf jeder Menge X gibt es die triviale Topologie O = {∅, X}, sowie die diskrete Topologie O = P(X). • Ist (X, d) ein metrischer Raum, so ist O = {U ⊂ X : x ∈ U ⇒ Uε (x) ⊂ U für ein ε > 0} eine Topologie. • Sei X eine unendliche Menge, die co-endlich Topologie ist die Topologie bestehend aus allen Mengen U ⊂ X die endliches Komplement haben, zusammen mit der leeren Menge. 2 FUNKTIONALANALYSIS 3 Sei x ∈ X ein Punkt. Eine offene Umgebung von x ist eine offene Menge U, die x enthält. Eine Umgebung von x ist eine Menge V ⊂ X, die eine offene Umgebung von x enthält. Lemma 1.0.2. Sei A eine Teilmenge des topologischen Raums X. Ein Punkt x ∈ X gehört genau dann zum Abschluss A von A, wenn A ∩ U , ∅ für jede Umgebung U von x gilt. Beweis. Die Behauptung ist äquivalent dazu, dass x genau dann nicht in A liegt, wenn es eine Umgebung U von x gibt mit U ∩ A = ∅. Wir können in diesem Fall U als offen voraussetzen. Is also U eine offene Umgebung von x mit A ∩ U = ∅, dann ist A eine Teilmenge der abgeschlossenen Menge X r U, also x < Ā. Umgekehrt, nimm an x < Ā. Dann ist U = X r Ā eine offene Umgebung von x mit A ∩ U = ∅. 1.1 Erzeuger und Abzählbarkeit Für ein gegebenes System von Teilmengen E ⊂ P(X) existiert eine kleinste Topologie, die E enthält, nämlich \ OE = O. O⊃E O Topologie Man nennt OE die von E erzeugte Topologie. Lemma 1.1.1. Sei E ⊂ P(X) beliebig. Sei dann S ⊂ P(X) das System aller Mengen der Form A1 ∩ · · · ∩ An , wobei A1 , . . . , An ∈ E. Als nächstes sei T 0 das System aller Mengen der Form [ i∈I Si , FUNKTIONALANALYSIS 4 mit Si ∈ S für jedes i ∈ I. Schliesslich setze T = T 0 ∪ {∅, X}. Dann gilt OE = T . Beweis. Jede Topologie, die E enthält, enthält auch S und T , also T ⊂ OE . Andererseits werden wir sehen, dass T selbst eine Topologie ist, da T den Erzeuger E enthält, folgt auch T ⊃ OE . Es bleibt also zu zeigen, dass T eine Topologie ist. • ∅, X ∈ T gilt nach Definition. • Beliebige Vereinigungen von Elementen von T sind wieder Elemente von T. • Wir zeigen A, B ∈ T ⇒ A ∩ B ∈ T . Ist eine der Beiden Mengen gleich ∅ oder X, so ist die Behauptung klar. Seien also A= [ Si , B= [ Tj j∈J i∈I mit Si , T j ∈ S. Dann ist A∩B= [ Si ∩ T j . I∈I j∈J Mit Si , T j ∈ S folgt aber Si ∩ T j ∈ S, also ist A ∩ B ∈ T . Definition 1.1.2. Eine Umgebungsbasis eines Punktes x ∈ X ist eine Familie (Ui )i∈I von Umgebungen von x so dass jede Umgebung U eines der Ui enthält. Ist jedes Ui offen, so sprechen wir von einer offenen Umgebungsbasis. Ein topologischer Raum X genügt dem ersten Abzählbarkeitsaxiom, wenn jeder Punkt x eine abzählbare Umgebungsbasis besitzt. Beispiele 1.1.3. • Sei (X, d) einmetrischer Raum. Für jedes x ∈ X ist die Familie der Bälle (B1/n (x))n∈N eine Umgebungsbasis von x. also genügt jeder metrische Raum dem ersten Abzählbarkeitsaxiom. FUNKTIONALANALYSIS 5 • Die Co-endlich Topologie auf einer überabzählbaren Menge X genügt nicht dem ersten Abzählbarkeitsaxiom. Definition 1.1.4. Eine Basis der Topologie ist eine Familie (Ui )i∈I von offenen Mengen so dass jede offene Menge als Vereinigung von Mitgliedern Ui der Familie geschrieben werden kann. Die Familie der offenen Intervalle (a, b), wobei a und b rationale Zahlen sind, ist eine Topologie-Basis von R. Definition 1.1.5. Ein topologischer Raum genügt dem zweiten Abzählbarkeitsaxiom, wenn er eine abzählbare Topologie-Basis besitzt. Es ist eine Konsequenz des Lemmas 1.1.1, dass ein Raum genau dann dem zweiten Abzählbarkeitsaxiom genügt, wenn die Topologie einen abzählbaren Erzeuger besitzt. Beispiel 1.1.6. Ein Beispiel für einen Raum, der keine abzählbare Topologiebasis besitzt, ist schnell gegeben: Sei X eine überabzählbare Menge und O = P(X) die diskrete Topologie. Dann ist die Menge aller Singletons {x} mit x ∈ X die kleinste Topologiebasis die es gibt. Diese widersetzt sich einer Abzählung. 1.2 Stetigkeit Eine Abbildung f : X → Y zwischen topologischen Räumen heisst stetig, wenn für jede offene Menge U ⊂ Y das Urbild f −1 (U) ⊂ X offen ist. Äquivalent kann man sagen, dass eine Abbildung genau dann stetig ist, wenn für jede abgeschlossenen Menge C ⊂ Y das Urbild f −1 (C) ⊂ X abgeschlossen ist. Sind f, g komponierbare stetige Abbildungen, so ist f ◦ g stetig. Definition 1.2.1. Eine Abbildung f : X → Y zwischen topologischen Räumen heisst stetig im Punkt x ∈ X, wenn es zu jeder offenen Umgebung V von y = f (x) eine offene Umgebung U von x gibt mit f (U) ⊂ V. FUNKTIONALANALYSIS 6 Proposition 1.2.2. Eine Abbildung f : X → Y ist genau dann stetig, wenn sie in jedem Punkte stetig ist. Beweis. Sei f stetig und sei x ∈ X. Sei eine offene Umgebung V von y = f (x) gegeben. Dann ist U = f −1 (V) offen und enthält x, ist also eine offene Umgebung von x mit f (U) ⊂ V. Damit ist f stetig im Punkt x. Sei umgekehrt f in jedem Punkt stetig und sei V ⊂ Y offen. Wir zeigen, dass f −1 (V) offen ist. Sei dazu x ∈ f −1 (V), dann ist V eine offene Umgebung von y = f (x) und daher existiert eine offene Umgebung U von x mit f (U) ⊂ V, d.h., U ⊂ f −1 (V). Damit enthält f −1 (V) zu gegebenem x ∈ f −1 (V) ach eine offene Umgebung U von x, also ist V offen. Definition 1.2.3. Eine Abbildung f : X → Y zwischen topologischen Räumen heisst offene Abbildung, falls f (U) ⊂ Y offen ist für jede offene Menge U ⊂ X und f heisst abgeschlossene Abbildung, falls f (C) abgeschlossen ist für jedes abgeschlossene C ⊂ X. Eine bijektive Abbildung f : X → Y heisst ein Homöomorphismus, falls f stetig und offen ist. Dies ist genau dann der Fall, wenn sowohl f als auch ihre Umkehrabbildung stetig sind. Beispiele 1.2.4. • Jedes nichtleere offene Intervall (a, b) ⊂ R ist homöomorph zur reellen Geraden R, denn die Abbildung x 7→ 1 1 + a−x b−x ist ein Homöomorphismus von (a, b) nach R. • Ein Rechteck [a, b] × [c, d] ⊂ R2 mit a < b, c < d ist homöomorph zur abgeschlossenen Kreisscheibe B1 (0) = {(x, y) ∈ R2 : x2 + y2 ≤ 1}. Wir überlassen dem Leser die Konstruktion eines Homöomorphismus. FUNKTIONALANALYSIS 1.3 7 Initial- und Final-Topologien Sei X eine Menge und fi : X → Yi eine Familie von Abbildungen, wobei die Yi topologische Räume sind. Die Initialtopologie auf X induziert durch die Familie ( fi )i∈I ist die kleinste Topologie auf X, so dass alle fi stetig sind. Also ist es die Topologie, die durch alle Urbilder fi−1 (U) offener Mengen U ⊂ Yi erzeugt wird. Sei X eine Menge und sei gi : Wi → X, i ∈ I eine Familie von Abbildungen von topologischen Räumen Wi . Die Final-Topologie auf X induziert durch die Familie (gi )i∈I ist die grösste Topologie auf X, bezüglich der alle gi stetig sind. Eine Teilmenge U ⊂ X ist genau dann offen, wenn jedes Urbild g−1 (U) ⊂ Wi offen i ist. Ein Spezialfall der Finaltopologie ist die Quotiententopologie auf Z/ ∼, wobei Z ein topologischer Raum ist und ∼ eine Äquivalenzrelation. Die Quotiententopologie ist dann die Finaltopologie gegeben durch eine einzige Abbildung, nämlich der Projektion Z → Z/ ∼. Beispiele 1.3.1. • Sei A ⊂ X eine Teilmenge des topologischen Raums X. Die Topologie auf A induziert durch die Inklusionsabbildung i : A ,→ X heisst die Teilraumtopologie von A. Die offenen Mengen in A sind genau die Mengen der Form A ∩ U, wobei U ⊂ X offen ist. • Sei (Xi )i∈I eine Familie topologischer Räume. Sei X = Q i∈I Xi das kartesische Produkt der Räume Xi . Die Produkttopologie auf X ist die Initial-Topologie der Koordinaten-Projektionen pi : X → Xi . Sie wird also erzeugt von allen Mengen der Form Ui × Y X j, i,j wobei Ui ⊂ Xi eine offene Menge ist. Nach Lemma 1.1.1 ist jede offene Menge in X eine Vereinigung von Mengen der Gestalt Y Y Ui × Xi , i∈E i<E FUNKTIONALANALYSIS 8 wobei E ⊂ I eine endliche Teilmenge der Indexmenge I ist. Als Spezialfall sehen wir, dass die Topologie auf Rn genau die Produkttopologie von R ist. Proposition 1.3.2 (Sehr nützlich). (a) Sei X eine Menge versehen mit der Initial-Topologie induziert durch die Abbildungen fi : X → Yi , i ∈ I. Eine Abbildung α : W → X von einem topologischen Raum W ist genau dann stetig, wenn alle Abbildungen fi ◦ α : W → Yi stetig sind. (b) Ebenso, sei X versehen mit der Final-Topologie induziert durch Abbildungen gi : Wi → X. Eine Abbildung β : X → Y ist genau dann stetig, wenn alle Abbildungen β ◦ gi : Wi → Y stetig sind. Beweis. (a) Sei α stetig, dann ist fi ◦ α als Komposition stetiger Abbildungen selbst auch stetig. Andersherum, nimm an, dass alle fi ◦ α stetig sind. Sei E das System von Teilmengen von X der Form fi−1 (U) wobei U eine offene Teilmenge von Yi ist. Dann erzeugt E die Topologie O von X. Sei Oα die grösste Topologie auf X, die α stetig sein lässt, dann, da fi ◦ α stetig ist, folgt E ⊂ Oα ; deshalb O ⊂ Oα , also ist α stetig. Teil (b) geht ähnlich. Beispiel 1.3.3. Sei X = Q i∈I Xi das Produkt der topologischen Räumen Xi mit der Produkttopologie. Sei pi : X → Xi die i-te Projektion. Eine Abbildung f : W → X von einem topologischen Raum W ist genau dann stetig, wenn alle Abbildungen pi ◦ f : W → Xi stetig sind. Dies bedeutet zum Beispiel, dass für zwei topologische Räume X, Y und y0 ∈ Y die Abbildung X → X × Y, die x auf (x, y0 ) wirft, stetig ist. FUNKTIONALANALYSIS 1.4 9 Hausdorff Räume Ein topologischer Raum X heisst Hausdorff-Raum, falls je zwei Punkte durch disjunkte Umgebungen getrennt werden können, also wenn es zu je x , y in X offene Mengen U, V ⊂ X gibt mit x ∈ U, y ∈ V und U ∩ V = ∅. Beispiele 1.4.1. • Jeder metrische Raum ist hausdorffsch. • Die diskrete Topologie P(X) ist hausdorffsch, aber die triviale Topologie {∅, X} ist nicht hausdorffsch, falls X mehr als nur ein Element hat. • Die co-endlich-Topologie auf einer unendlichen Menge ist nicht hausdorffsch. Lemma 1.4.2. Ein topologischer Raum X ist genau dann hausdorffsch, wenn die Diagonale ∆ = {(x, x) : x ∈ X} eine abgeschlossene Teilmenge von X × X ist. Beweis. Der Raum X × X trägt die Produkttopologie, das heisst die Familie aller offenen Rechtecke: U × V, wobei U, V ⊂ X offene Mengen sind, ist eine Topologiebasis. Nimm nun an, X ist hausdorffsch und sei (x, y) in ∆c = X × X r ∆, mit anderen Worten x , y. Es existieren dann offene Mengen U 3 x und V 3 y mit U ∩ V = ∅. Dies bedeutet, dass U × V ∩ ∆ = ∅, also ist U × V eine offene Umgebung von (x, y), die ganz in ∆c enthalten ist, damit ist diese Menge offen, also ist ∆ abgeschlossen. Sei umgekehrt die Diagonale abgeschlossen und x , y in X, dann ist (x, y) in der offenen Menge ∆c . Diese offene Menge ist ein Produkt von offenen Rechtecken, also existiert ein offenes Rechteck U × V mit (x, y) ∈ U × V ⊂ ∆c . Dies bedeutet gerade x ∈ U, y ∈ V und U ∩ V = ∅. FUNKTIONALANALYSIS 10 Man nennt einen Hausdorff-Raum auch T2 -Raum, oder einen separierten Topologischen Raum. 1.5 Kompakte Räume Ein topologischer Raum heisst kompakt, falls jede offene Überdeckung eine endliche Teilüberdeckung besitzt. In dem man zu den Komplementen übergeht erhält man Lemma 1.5.1 (Endliche Schnitteigenschaft). Ein topologischer Raum X ist genau dann kompakt, wenn für jede Familie (Ai )i∈I abgeschlossener Mengen in X mit T i∈F Ai , ∅ für jede endliche Teilmenge F ⊂ I, gilt \ Ai , ∅. i∈I Beweis. Die Mengen Ui = X r Ai bilden eine offene Überdeckung von X. Zu dieser gibt es eine endliche Teilüberdeckung. Lemma 1.5.2. Eine Teilmenge K ⊂ X eines topologischen Raums ist genau dann kompakt (in der Teilraumtopologie), wenn es zu jeder offenen Überdeckung von K in X eine endliche Teilüberdeckung gibt, wenn also zu jeder Familie (Ui )i∈I offener Mengen in X mit K⊂ [ Ui i∈I eine endliche Teilmenge E ⊂ I existiert, so dass K⊂ [ Ui . i∈E Beweis. Dies folgt direkt aus der Anwendung der Definitionen. Lemma 1.5.3. Sei X ein topologischer Raum, dann gilt FUNKTIONALANALYSIS 11 (a) Ist X kompakt und ist C ⊂ X eine abgeschlossene Teilmenge, dann ist C kompakt. (b) Ist X ein Hausdorff-Raum und ist C ⊂ X kompakt, dann ist C abgeschlossen. (c) Stetige Bilder kompakter Mengen sind kompakt. Das heisst, ist f : X → Y stetig und ist C ⊂ X kompakt, dann ist f (C) ⊂ Y kompakt. Beweis. (a) Sei (Ui )i∈I eine Überdeckung von C, wobei jedes Ui eine offene Teilmenge von X ist. Dann ist (Ui )i∈I ∪ {X r C} eine offene Überdeckung von X. S Da X kompakt ist, existieren Indizes i1 , . . . , il so dass X ⊂ (X r C) ∪ lj=1 Ui j , also S C ⊂ lj=1 Ui j . (b) Sei x ∈ X r C. Wir müssen zeigen, dass es eine offene Umgebung U von x gibt mit U ∩ C = ∅. Da X ein Hausdorff-Raum ist, gibt es zu jedem y ∈ C offene Umgebungen V y von y und U y von x mit V y ∩ U y = ∅. Dann ist (V y ) y∈C eine S offene Überdeckung von C, also gibt es y1 , . . . , yl ∈ C mit C ⊆ lj=1 V y j . Dann ist T U = lj=1 U y j eine offene Umgebung von x mit U ∩ C = ∅. Die Aussage (c) wurde in Analysis 2 für metrische Räume bewiesen. Derselbe Beweis geht allerdings für beliebige topologische Räume durch. Ein topologischer Raum X heisst lokalkompakt, falls jeder Punkt x ∈ X eine kompakte Umgebung besitzt. Beispiele 1.5.4. • Die Menge Rn ist lokalkompakt, da jeder Punkt x eine kompakte Umgebung, etwa [x1 − 1, x1 + 1] × · · · × [xn − 1, xn + 1] besitzt. • Sei K ⊂ Rn kompakt. Der Raum C(K) aller stetigen Funktionen von K nach R mit der Supremumsnorm ist nur dann lokalkompakt, wenn K endlich ist. Beweis. Ist K endlich, so ist C(K) Rn , also lokalkompakt. Ist K nicht endlich, so sei (k j ) j∈N eine Folge in K mit k j , ki für i , j. Jedes k j hat dann einen positiven Abstand zu {k1 , . . . , k j−1 }, also existiert ein f j ∈ C(K) mit FUNKTIONALANALYSIS 12 f (k1 ) = · · · = f (k j−1 ) = 0 und f (k j ) = 1. Für i , j gilt dann fi − f j K ≥ 1, also hat die Folge ( f j ) j keine konvergente Teilfolge, damit ist Cc (K) nach dem Satz von Bolzano-Weierstrass nicht kompakt. 1.6 Das Zornsche Lemma Sei (S, ≤) eine partiell geordnete Menge. Eine Teilmenge L ⊂ S, in der alle Elemente vergleichbar sind, für die also gilt: x, y ∈ L ⇒ x ≤ y oder y ≤ x, heisst linear geordnet. Sei L ⊂ S eine linear geordnete Teilmenge. Ein Element z ∈ S heisst obere Schranke zu L, wenn gilt x∈L ⇒ x ≤ z. Wir schreiben in diesem Fall auch L ≤ z. Ein Element m ∈ S heisst maximales Element, falls gilt m≤y ⇒ y = m. Das heisst also, m ist maximal, wenn es keine grösseren Elemente gibt. Lemma 1.6.1 (Lemma von Zorn). Sei S eine partiell geordnete Menge, in der jede linear geordnete Teilmenge eine obere Schranke besitzt. Dann hat S ein maximales Element. Beweis. Das Lemma von Zorn ist, auf Grundlage der anderen Axiome der Mengenlehre, äquivalent zum Auswahlaxiom, welches man am sinnfälligsten FUNKTIONALANALYSIS 13 wie folgt ausdrückt: Auswahlaxiom: (AC) Ist I eine nichtleere Indexmenge und ist für jedes i ∈ I eine Q nichtleere Menge Mi gegeben, dann ist i∈I Mi eine nichtleere Menge. Der Beweis des AC aus dem Zornschen Lemma ist einfach, die Rückrichtung kompliziert. Zu kompliziert für diese Vorlesung. Satz 1.6.2. Jeder Vektorraum hat eine Basis. Beweis. Dieser Satz wird mit dem Lemma von Zorn bewiesen. Wir klären erstmal die Notation: Eine Teilmenge L ⊂ V eines Vektorraums heisst linear unabhängig, wenn für alle paarweise verschiedenen Elemente l1 , . . . , ln von L gilt n X λ jl j = 0 λ1 = · · · = λn = 0. ⇒ j=1 Mit anderen Worten, L heisst linear unabhängig, wenn jede endliche Teilmenge linear unabhängig ist. Eine Basis eines Vektorraums V ist eine linear unabhängige Teilmenge L so dass es zu jedem v ∈ V Elemente l1 , . . . , ln von L und Koeffizienten λ1 , . . . , λn gibt so dass n X λ j l j = v. j=1 Lemma 1.6.3. Eine maximale linear unabhängige Teilmenge L ⊂ V ist eine Basis. Beweis. Sei L eine maximale linear unabhängige Teilmenge von V, d.h., es gelte für jede linear unabhängige Teilmenge L0 ⊂ V, dass L0 ⊃ L ⇒ L0 = L. FUNKTIONALANALYSIS 14 Wir zeigen, dass L eine Basis ist. Sei dazu v ∈ V. Angenommen, v lässt sich nicht als Linearkombination von Elementen von L darstellen. Sei L0 = L ∪ {v}. Wir behaupten, dass L0 linear unabhängig ist. Es seien dazu l1 , . . . , ln ∈ L und λ, λ1 , . . . , λn Koeffizienten mit λv + λ1 l1 + · · · + λn ln = 0. Erster Fall: λ = 0, dann folgt λ1 l1 + · · · + λn ln = 0 und da L linear unabhängig ist, ist λ1 = · · · = λn = 0. Zweiter Fall: λ , 0, dann ist v = (−λ1 /λ)l1 + · · · + (−λn /λ)ln , was im Widerspruch zur Annahme steht. Damit lässt sich v also doch als Linearkombination von Elementen aus L darstellen und L ist eine Basis. Nun beweisen wir den Satz unter Zuhilfenahme des Zornschen Lemmas. Nach Lemma 1.6.3 brauchen wir nur zu zeigen, dass es eine maximale linear unabhängige Menge in V gibt. Sei also S die Menge deren Elemente die linear unabhängigen Teilmengen L von V sind. Sei K ⊂ S eine linear geordnete Teilmenge und sei Z= [ L L∈K Dann ist sicherlich Z ≥ L für jedes L ∈ K, es bleibt also zu zeigen, dass Z ∈ S gilt, also mit anderen Worten, wir müssen zeigen, dass Z linear unabhängig ist. Seien dazu v1 , . . . vn ∈ Z und λ1 , . . . , λn Koeffizienten so dass λ1 v1 + · · · + λn vn = 0 Da K eine linear geordnete Teilmenge ist, gibt es ein L ∈ K so dass v1 , . . . , vn ∈ L. Da L linear unabhängig ist, folgt λ1 = · · · = λn = 0. FUNKTIONALANALYSIS 1.7 15 Der Satz von Tychonov Sei I eine Indexmenge und für jedes i ∈ I sei ein topologischer Raum Xi , ∅ Q gegeben. Die Produkttopologie auf X = i∈I Xi ist die Initialtopologie der Projektionen pi : X → Xi . Sie wird erzeugt von allen Mengen der Form p−1 i (Ui ) = Ui × Y X j, j,i wobei Ui eine offene Teilmenge von Xi ist. Damit ist jede offene Menge eine Vereinigung von Mengen der Form Ui1 × · · · × Uin × Y Xi , i,i1 ,...,in die ja endliche Schnitte von den oben genannten sind. Satz 1.7.1 (Tychonov). X = Q i∈I ist genau dann kompakt ist, wenn alle Faktoren Xi kompakt sind. Beweis. Da die Projektion pi : X → Xi stetig ist, so ist jedes Xi kompakt, falls X kompakt ist. Die schwierige Richtung ist die Umkehrung. Seien also alle Xi kompakt. Sei F = (Fν )ν∈N eine Familie abgeschlossener Mengen mit der endlichen Schnitteigenschaft (jeweils endlich viele haben nichtleeren Schnitt). Es gibt dann eine maximale Familie F ∗ = (Fν )ν∈N∗ mit F ∗ ⊃ F , die die endliche Schnitteigenschaft hat. Dies folgt leicht aus dem Lemma von Zorn, da man aus einer linear geordnete Mengen von Familien mit endlicher Schnitteigenschaft durch Vereinigung eine obere Schranke gewinnt, die wieder die endliche Schnitteigenschaft hat. (A) Sind F1 , . . . , Fn ∈ F ∗ , so ist auch F1 ∩ · · · ∩ Fn in F ∗ wie aus der Maximalität von F ∗ folgt. FUNKTIONALANALYSIS 16 (B) Ist S ⊂ X irgendeine Teilmenge mit der Eigenschaft S ∩ Fν , ∅ für jedes Fν ∈ F ∗ , dann ist S ∈ F ∗ , wie aus der Maximalität folgt. Sei i ∈ I. Die Familie abgeschlossener Mengen (pi (Fν ))ν∈N∗ hat die endliche Schnitteigenschaft, also gibt es ein zi in deren Schnitt. Sei U = Ui1 × · · · × Uin × Y Xi i,i1 ,...,in eine offene Umgebung von z = (zi )i∈I . Sei k ∈ {1, . . . , n}. So gibt es zu jedem Fν ∈ F ∗ ein f ∈ Fν mit pik ( f ) ∈ Uik , also gilt mit Sk = p−1 (Uik ), dass Sk ∩ Fν , ∅ ist. ik Nach (B) ist Sk ∈ F ∗ . Nach (A) ist dann U = S1 ∩ · · · ∩ Sn ∈ F ∗ . Insbesondere hat U also nichtleeren Schnitt mit jedem F ∈ F ∗ , also auch mit jedem F ∈ F . Da die Umgebungen U dieser Form eine Umgebungsbasis bilden, liegt z im Abschluss T von Fν also in Fν für jedes ν ∈ N. Damit ist n∈N Fn nichtleer und X ist kompakt. 1.8 Das Lemma von Urysohn Ein Hausdorff-Raum heisst lokalkompakt, falls jeder Punkt eine kompakte Umgebung besitzt. Beispiel: Rn . Eine Teilmenge A ⊂ X eines topologischen Raums heisst relativ kompakt, falls der Abschluss A ⊂ X kompakt ist. Lemma 1.8.1 (Lemma von Urysohn). Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum. Sei K ⊂ X kompakt und A ⊂ X abgeschlossen mit K ∩ A = ∅. (i) Es existiert eine relativ kompakte offene Umgebung U von K so dass K ⊂ U ⊂ U ⊂ X r A. (ii) Es gibt eine stetige Abbildung mit kompaktem Träger f : X → [0, 1] mit f ≡ 1 auf K und f ≡ 0 auf A. Beweis. (a) Sei a ∈ A. Für jedes k ∈ K gibt es eine offene, relativ kompakte FUNKTIONALANALYSIS 17 Umgebung Uk von k und eine Umgebung Uk,a von a mit Uk ∩ Uk,a = ∅. Die Familie (Uk )k∈K ist eine offene Überdeckung von K. Da K kompakt ist, reichen endlich viele. Sei V die Vereinigung dieser endlich vielen offenen Mengen und sei W der Schnitt der entsprechenden endlich vielen Uk,a . Dann sind V und W offene Umgebungen von K und a und V ist relativ kompakt. A V W K • a Wir wiederholen dieses Argument mit K in Rolle von a und V ∩ A in der Rolle von K und erhalten disjunkte offene Umgebungen U0 von K und W 0 von V̄ ∩ A. Die Menge U = U0 ∩ V erfüllt Teil (a) des Lemmas. (b) Wähle ein U das (a) erfüllt und ersetze A durch X r U. Hierdurch sieht man, dass es reicht, (b) zu beweisen ohne die Forderung nach kompaktem Träger. Wähle also wieder ein U, das Teil (a) erfüllt und benenne diese U mit U 1 . 2 Wiederrum nach (a) existiert eine relativ kompakte offene Umgebung U 1 von U 1 4 c so dass U 1 ⊂ U 1 ⊂ U 1 ⊂ A . Sei R die Menge aller Zahlen der Gestalt 2 2 2 k 2n im Intervall [0, 1). Formal setze U0 = Ac . Durch Iteration der obigen Konstruktion erhalten wir offene Mengen Ur , r ∈ R, mit K ⊂ Ur ⊂ Ur ⊂ Us ⊂ Ac für alle r > s in R. Wir definieren nun f . Für x ∈ A sei f (x) = 0 und sonst setze 2 FUNKTIONALANALYSIS 18 f (x) = sup{r ∈ R : x ∈ Ur }. Dann gilt f ≡ 1 auf K. Für r > s in R gilt f (s, r) = −1 [ Us0 r Us00 , s<s0 <s00 <r dies ist eine offene Menge. Ähnlich sieht man, dass f −1 ([0, s)) und f −1 ((r, 1]) offen sind. Da die Intervalle der Form (r, s), [0, s) und (r, 1] die Topologie auf [0, 1] erzeugen, ist f stetig. 1.9 Der Satz von Stone-Weierstraß Definition 1.9.1. Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum. Eine stetige Funktion f : X → C verschwindet im Unendlichen, falls es zu jedem ε > 0 ein Kompaktum K ⊂ X gibt so dass | f (x)| < ε für jedes x ∈ X r K. Wir bezeichnen mit C(X) die Menge aller stetigen Funktion von X nach C und mit C0 (X) die Menge aller stetigen Funktionen, die im Unendlichen verschwinden. Sie enthält die Menge Cc (X) aller stetigen Funktionen mit kompakten Trägern. Lemma 1.9.2. Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum. Jedes f ∈ C0 (X) ist beschränkt und die Supremumsnorm f = sup{| f (x)| : x ∈ X} X macht C0 (X) zu einem Banach-Raum, also einem vollständigen normierten Vektorraum. Beweis. Sei f ∈ C0 (X). Zu ε = 1 gibt es dann ein Kompaktum K ⊂ X mit | f (x)| < ε für x ∈ X r K, also ist f ausserhalb eines Kompaktums K beschränkt. Da f stetig ist, ist f (K) ⊂ C kompakt, also beschränkt, damit ist f überall beschränkt. Daher ist die Sup-Norm auf C0 (X) wohldefiniert. Für die Vollständigkeit sei ( f j ) j∈N eine FUNKTIONALANALYSIS 19 Cauchy-Folge. Sei x ∈ X. Wegen | fi (x) − f j (x)| ≤ f j − fi X ist f j (x) eine Cauchy-Folge in C, also konvergent gegen eine komplexe Zahl, die wir f (x) nennen. Dann ist f : X → C eine Funktion und die Folge f j konvergiert punktweise gegen f . Wir zeigen, dass sie gleichmässig konvergiert. Sei ε > 0, dann existiert ein j0 so dass f j − fi < ε für alle i, j ≥ j0 gilt. Für j ≥ j0 und x ∈ X X gilt dann also | f j (x) − f (x)| = lim | f j (x) − fi (x)| ≤ ε. i Nehmen wir das Supremum über alle x ∈ X, so sehen wir f j − f ≤ ε X für jedes j ≥ j0 , also konvergiert die Folge in der Norm gegen f . Wir zeigen, dass f stetig ist. Sei hierzu U ⊂ C eine offene Menge. Wir wollen zeigen, dass f −1 (U) offen ist. Sei also x0 ∈ f −1 (U). Dann ist f (x0 ) ∈ U und es existiert ein ε > 0 so dass Uε ( f (x0 )) ⊂ U. Es gibt nun ein j mit | f (x) − f j (x)| < ε/3 für jedes x ∈ X. Dann ist V = f j−1 (Uε/3 ( f (x0 ))) offen in X. Wir behaupten x0 ∈ V ⊂ f −1 (U). Hieraus folgt die Offenheit von f −1 (U). Zunächst ist | f j (x0 ) − f (x0 )| < ε/3, also f j (x0 ) ∈ Uε/3 ( f (x0 )) was nichts anderes heisst als x0 ∈ V. Weiter sei x ∈ V, dann ist | f j (x) − f (x0 )| < ε/3, also | f (x) − f (x0 )| ≤ | f (x) − f j (x)| + | f j (x) − f j (x0 )| ≤ | f (x) − f j (x)| + | f j (x) − f (x0 )| + | f (x0 ) − f j (x0 )| < ε ε ε + + = ε. 3 3 3 Das heisst f −1 (x) ∈ f −1 (Uε (x0 )) ⊂ f −1 (U). Daher ist f −1 (U) offen und also ist f stetig. FUNKTIONALANALYSIS 20 Der Beweis, dass f im Unendlichen verschwindet sei dem Leser zur Übung gelassen. Definition 1.9.3. Sei X ein topologischer Raum. Eine Kompaktifizierung ist eine Abbildung c : X → Z, wobei Z ein kompakter Raum ist, c hat dichtes Bild und c ist ein Homöomorphismus aufs Bild, das heisst c ist injektiv und stetig und die Umkehrabbildung ist stetig auf dem Bild von c. Lemma 1.9.4. Zu jedem nichtkompakten Hausdorff-Raum X gibt es eine Kompaktifizierung X̄ die durch Hinzunahme eines einzigen Punktes entsteht, die sogenannte Einpunktkompaktifizierung. Beweis. Sei X ein nichtkompakter topologischer Raum und ∞ sei ein neuer Punkt. Wir setzen X̄ = X ∪ {∞}. Auf X̄ definieren wir eine Topologie wie folgt: Eine Teilmenge U ⊂ X̄ ist offen falls • U ⊂ X und U ist offen in der Topologie von X, oder • ∞ ∈ U und X r U ist kompakt in X. Man macht sich leicht klar, dass X̄ kompakt ist. Dass die Inklusion c : X ,→ X̄ ein Homöomorphismus aufs Bild ist, ist nach Definition klar. Wir zeigen nun, dass X dicht in X̄ ist. Hierzu reicht es zu zeigen, dass jede Umgebung des Punktes ∞ schon Punkte aus X enthält. Dies ist aber klar, da X selbst nicht kompakt ist. Schliesslich ist zu zeigen, dass X̄ auch wirklich kompakt ist. Sei hierzu S X̄ = i∈I Ui eine offene Überdeckung. Dann existiert ein i0 mit ∞ ∈ Ui0 . Die Menge K = X r Ui0 muss nach definition kompakt sein und die Ui mit i , i0 bilden eine offene Überdeckung von K (hier wird die Hausdorff-Eigenschaft gebraucht, warum?), daher reichen endlich viele. Lemma 1.9.5. Sei X ein Hausdorff-Raum. • Ist X kompakt, so ist C0 (X) = C(X). FUNKTIONALANALYSIS 21 • Ist X nichtkompakt, so ist C0 (X) die Menge der stetigen Funktionen f , die durch f (∞) = 0 zu einer stetigen Funktion auf der Einpunktkompaktifizierung X̄ = X ∪ {∞} fortgesetzt werden können. Beweis. Klar nach Konstruktion. Die Menge C0 (X) ist ein komplexer Vektorraum. Mit f, g ∈ C0 (X) ist aber auch das punktweise Produkt f g : X → C; x 7→ f (x)g(x) in C0 (X). Dieses Produkt ist • bilinear: ( f, g) 7→ f g ist linear in jedem Argument, also (λ f + µ f 0 )g = λ f g + µ f 0 g, sowie f (λg + µg0 ) = λ f g + µ f g0 für alle f, f 0 , g, g0 ∈ C0 (X) und λ, µ ∈ C, sowie • assoziativ: f (gh) = ( f g)h für alle f, g, h ∈ C0 (X). Ein Vektorraum A zusammen mit einem bilinearen assoziativen Produkt A × A → A nennt man eine Algebra. Eine Unteralgebra ist ein Unterraum B ⊂ A, der unter dem Produkt abgeschlossen ist, d.h., der B · B ⊂ B erfüllt. Auch über R definiert man Algebren in analoger Weise. Beispiele 1.9.6. • Mn (C) ist eine C-Algebra und die Menge der oberen Dreiecksmatrizen ist eine Unteralgebra. • Ist X ein nichtkompakter Hausdorff-Raum, so ist C0 (X) eine Algebra und Cc (X) ist eine Unteralgebra. Satz 1.9.7 (Satz von Stone-Weierstraß). Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum und sei A ⊂ C0 (X) eine Unteralgebra so dass (a) A trennt Punkte, d.h. für je zwei x , y in X gibt es f ∈ A mit f (x) , f (y), FUNKTIONALANALYSIS 22 (b) für jedes x ∈ X gibt es ein f ∈ A so dass f (x) , 0, und (c) A ist abgeschlossen unter komplexer Konjugation, das heisst f ∈ A ⇒ f ∈ A. Dann ist A dicht in C0 (X). Diese komplexe Version des Satzes ist eine Konsequenz der folgenden reellen Version in welcher wir CR (X) für den reellen Vektorraum der reellwertigen 0 stetigen Funktion aus C0 (X) schreiben. Satz 1.9.8 (Satz von Stone-Weierstraß über R). Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum und A ⊂ CR (X) eine reelle Unteralgebra 0 (X) so dass von CR 0 (a) A trennt Punkte und (b) für jedes x ∈ X gibt es ein f ∈ A so dass f (x) , 0. (X). Dann ist A dicht in CR 0 Wir zeigen zunächst wie die komplexe Version aus der reellen folgt. Nimm also an, dass A ⊂ C0 (X) eine Unteralgebra wie im komplexen Stone-Weierstraß ist. Dann gilt A = AR + iAR , wobei AR = A ∩ CR (X). Dies folgt aus der Zerlegung 0 f = Re( f ) + i Im( f ) mit Re( f ) = 1 ( f + f¯) und Im( f ) = 1 ( f − f¯) in AR . Da A die 2 2i R Bedingungen des komplexen Satzes erfüllt, erfüllt A die des reellen. Die Anwendung des reellen Stone-Weierstraß liefert dann für den topologischen Abschluss: AR = CR (X) und A = AR + iAR = C0 (X). 0 Wir brauchen also nur die reelle Version zu zeigen. Lemma 1.9.9 (Satz von Dini). FUNKTIONALANALYSIS 23 Sei X ein kompakter topologischer Raum und sei ( fn )n∈N eine monoton wachsende Folge stetiger Funktionen fn : X → R, die punktweise gegen eine stetige Funktion f : X → R konvergiert. Dann konvergiert die Folge ( fn ) gleichmässig gegen f . Beweis. Sei ε > 0 gegeben. Für jedes x ∈ X existiert ein nx ∈ N mit f (x) − ε < fn (x) ≤ f (x) für jedes n ≥ nx . Sei Ux := {y ∈ K : f (y) − ε < fnx (y)}. Dann ist {Ux : x ∈ X} eine offene Überdeckung von X. Da X kompakt ist, gibt es S x1 , . . . , xl ∈ X mit X = lj=1 Ux j . Dann gilt k f − fn kX < ε für jedes n ≥ N = max{nt1 , . . . , ntl }. Lemma 1.9.10. Sei A eine Unteralgebra von CR (X). Liegt f im topologischen 0 Abschluss A von A, dann liegt auch | f | in A. Sind f, g ∈ A, dann folgt max( f, g), min( f, g) ∈ A. Beweis. Zunächst machen wir uns klar, dass es reicht, f ∈ A zu betrachten, denn ist f ∈ A, so existiert eine Folge fn in A mit f = limn fn . Also auch | f | = | lim fn | = lim | fn |, n n da die Betragsfunktion stetig ist. Sind also alle | fn | in A, so auch | f |. Es bleibt also der Fall 0 , f ∈ A. Indem wir zu 1 k f kX f übergehen, können wir annehmen, dass f (X) ⊂ [−1, 1], also f (x)2 ∈ [0, 1] für jedes x ∈ X. Induktiv definieren wir eine Folge (pn ) von Polynomen auf [0, 1] so dass p1 ≡ 0 und 1 pn+1 (t) = pn (t) − (pn (t)2 − t), 2 t ∈ [0, 1]. √ Wir behaupten dass die Folge (pn (t)) monoton gegen die Wurzelfunktion t √ wächst. Hierzu zeigen wir per Induktion, dass 0 ≤ pn (t) ≤ t und pn (0) = 0 für FUNKTIONALANALYSIS 24 jedes n ∈ N. Dies ist klar für n = 1 und für n + 1 folgt es aus √ √ √ √ 1 t = (pn (t) − t) − (pn (t) − t)(pn (t) + t) 2 √ √ 1 = (pn (t) − t) 1 − (pn (t) + t) ≤ 0, 2 √ √ √ da pn (t) − t ≤ 0 und pn (t) + t ≤ 2 t ≤ 2. Also, da pn+1 (t) − pn+1 (t) − pn (t) = 12 (t − pn (t)2 ) ≥ 0, ist die Folge (pn (t)) monoton wachsend und √ √ beschränkt durch t. Sie konvergiert also gegen eine Funktion 0 ≤ g(t) ≤ t. Dann haben wir 1 1 0 = g(t) − g(t) = lim(pn+1 (t) − pn (t)) = lim (t − pn (t)2 ) = (t − g(t)2 ), n n 2 2 √ mit anderen Worten g(t) = t. Da g stetig ist, konvergiert die Folge (pn ) nach Dinis Satz gleichmässig auf [0, 1] gegen g. Sei fn (x) = pn ( f (x)2 ) für x ∈ X. Dann konvergiert ( fn ) gleichmässig gegen p f 2 = | f | auf X. Da aber fn eine Linearkombination von Potenzen von f ist, liegt es in A für jedes n ∈ N. Damit also | f | ∈ A. Die letzte Aussage folgt, da A ebenfalls eine reelle Algebra ist und 1 max f, g = ( f + g + | f − g|) 2 sowie 1 min( f, g) = ( f + g − | f − g|). 2 Beweis des Satzes von Stone-Weierstraß. Wir zeigen zunächst, dass es zu jedem Paar x, y ∈ X mit x , y ein g ∈ A gibt mit g(x) , g(y) und g(x), g(y) , 0. Wähle g1 ∈ A mit g1 (x) , g1 (y). Ist g1 (x)g1 (y) , 0, so setze g = g1 und fertig. Andernfalls nimm an, dass etwa g1 (y) , 0. Dann ist g1 (x) = 0. Wähle g2 ∈ A mit g2 (x) , 0. Dann ist g2 (x) = g2 (y) oder g2 (y) = 0. Im Falle dass g2 (x) = g2 (y) definiere g = g1 + g2 und falls g2 (y) = 0 setze g = g1 + µg2 mit µ ∈ R so dass g1 (y) , µg2 (x) , 0. In beiden Fällen sieht man, dass 0 , g(x) , g(y) , 0. Im nächsten Schritt zeigen wir, dass es zu jedem Paar x, y ∈ X mit x , y und je FUNKTIONALANALYSIS 25 zwei α, β ∈ R eine Funktion f ∈ A gibt mit f (x) = α und f (y) = β. Zu diesem Zweck wähle ein g wie oben. Wir machen den Ansatz f = λg + µg2 mit λ, µ ∈ R. Dann ist f (x) = α, f (y) = β äquivalent zu g(x) g(x)2 λ α = . 2 g(y) g(y) µ β g(x) g(x)2 = g(x)g(y) g(y) − g(x) , 0 Aber wegen 0 , g(x) , g(y) , 0 gilt det g(y) g(y)2 und daher hat das Gleichungssystem eine eindeutige Lösung. Schliesslich sei h ∈ CR (X) gegeben und sei ε > 0. Wir müssen zeigen, dass es ein 0 f ∈ A gibt mit kh − f kX < ε. Für jedes Paar x, y ∈ X mit x , y wählen wir gx,y ∈ A mit h(x) = gx,y (x) und h(y) = gx,y (y). Für ein festes y definieren wir Ux := {z ∈ X : h(z) < gx,y (z) + ε}. Dann ist Ux eine offene Umgebung von x und X r Ux = {z ∈ X : (h − gx,y )(z) ≥ ε} ist kompakt, da h − gx,y im Unendlichen verschwindet. Also, wenn wir x1 ∈ X S S festhalten, gibt es x2 , . . . , xl ∈ X r Ux1 mit X r Ux1 ⊂ lj=2 Ux j , so dass X ⊂ lj=1 Ux j . Setze f y = max(gx1 ,y , . . . , gxl ,y ). Nach Lemma 1.9.10 liegt f y in A und nach Konstruktion ist h(z) − f y (z) < ε für jedes z ∈ X, denn für z ∈ Ux j gilt h(z) < gx j ,y (z) + ε ≤ f y (z) + ε. Für y ∈ X sei V y = {z ∈ X : f y (z) < h(z) + ε}. Da f y (y) = h(y), ist dies eine offene Umgebung von y, und wie oben zeigen wir, S dass es y1 , . . . , yk ∈ X gibt mit X ⊂ kj=1 V y j . Sei f = min( f y1 , . . . , f yk ). FUNKTIONALANALYSIS 26 Dann ist f ∈ A und man sieht leicht, dass f (z) − ε < h(z) < f (z) + ε für jedes z ∈ X. Beispiel 1.9.11. Der komplexe Vektorraum der Laurent-Polynome, also aller Funktionen der Form f (z) = n X c jz j j=−n liegt dicht im Raum aller stetigen Funktionen auf T = {z ∈ C : |z| = 1}. Wohlgemerkt, die gleichmässige Konvergenz der Fourier-Reihe haben wir nur für stückweise glatte Funktionen. 1.10 Der Satz von Baire Eine Teilmenge D eines topologischen Raums X heisst dicht in X, falls X der Abschluss D von D ist. Dies ist genau dann der Fall, wenn U ∩ D , ∅ für jede offene Teilmenge U ⊂ X gilt. Definition 1.10.1. Ein topologischer Raum X heisst Baire-Raum oder von zweiter Kategorie, falls für jede abzählbare Familie (Un )n∈N offener dichter Teilmengen von X der Schnitt D = ∩n∈N Un wieder eine dichte Teilmenge ist. Proposition 1.10.2. (a) Ist X ein Baire-Raum, so ist jede offene Teilmenge U wieder ein Baire-Raum. (b) Ist X ein Baire-Raum, so existiert für jede abzählbare Familie (An )n∈N abgeschlossener Mengen mit X = ∪n∈N An schon ein Index n0 , so dass An0 eine nichtleere offene Menge enthält. Beweis. (a) ist klar indem wir alles mit U schneiden. Wir beweisen (b). Sei X ein Baire-Raum und X = ∪n∈N An wie in der Proposition. Angenommen, keine der Mengen An enthält eine nicht-leere offene Menge. Sei Un = Acn das Komplement. FUNKTIONALANALYSIS 27 Es folgt U ∩ Un , ∅ für jede offene Menge U, also ist Un dicht in X. Da X ein T Baire-Raum ist, ist D = n Un dicht in X. Es folgt X,D = c [ n Unc = [ An = X. n Dies ist ein Widerspruch! Satz 1.10.3 (Baire). Jeder lokalkompakte Hausdorff-Raum und jeder vollständige metrische Raum ist ein Baire-Raum. Beweis. Sei X ein lokalkompakter Hausdorffraum oder ein vollständiger metrischer Raum. Seien V1 , V2 , . . . dichte offene Teilmengen von X. Wir definieren eine Folge B0 ⊃ B1 ⊃ . . . offener Mengen wie folgt: Sei B0 eine beliebige offene Menge in X. Sei n ≥ 1 und eine offene Menge Bn−1 gegeben. Da Vn dicht ist, existiert eine offene Menge Bn , ∅ mit Bn ⊂ Vn ∩ Bn−1 . Ist X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum, kann man Bn als kompakt voraussetzen. Ist X ein vollständiger metrischer Raum, kann man Bn als einen T Ball vom Radius < 1/n wählen. Sei K = ∞ n=1 Bn . Ist X ein lokalkompakter HDR, folgt K , ∅ nach der endlichen Schnitteigenschaft. Ist X ein vollständiger metrischer Raum, dann bilden die Mittelpunkte der Bälle Bn eine Cauchy-Folge, die konvergiert gegen einen Punkt von K, also gilt K , ∅ in jedem Fall. Es ist T K ⊂ B0 und K ⊂ Vn für jedes n, damit B0 ∩ n Vn , ∅. Korollar 1.10.4. Ein Banach-Raum, der eine abzählbare Basis besitzt, ist endlich-dimensional. Beweis. Sei V ein Banach-Raum der von v1 , v2 , . . . aufgespannt wird. Sei An der von v1 , . . . vn aufgespannte Unterraum. Dieser ist als endlich-dimensionaler FUNKTIONALANALYSIS 28 normierter Raum selbst vollständig, also abgeschlossen in V. Ferner gilt S V = n An , also enthält ein An eine offene Teilmenge von V. Jede offene Teilmenge von V enthält allerdings eine Basis, also ist V = An . 1.11 Netze In der Topologie metrischer Räume spielt Konvergenz von Folgen eine wichtige Rolle. In allgemeinen topologischen Räumen reichen Folgen nicht mehr aus, man verallgemeinert den Folgenbegriff zum Begriff des Netzes. Definition 1.11.1. Sei I eine Menge. Eine partielle Ordnung auf I ist eine Relation, die als “≤” geschrieben wird, so dass für alle x, y, z ∈ I gilt • x ≤ x, • x ≤ y und y ≤ x ⇒ x = y, • x ≤ y und y ≤ z ⇒ x ≤ z. (≤ ist reflexiv) (≤ ist anti-symmetrisch) (≤ ist transitiv) Bemerkung. Ist “≤” eine partielle Ordnung, so ist die umgekehrte Relation x4y ⇔ y≤x ebenfalls eine partielle Ordnung. Beispiele 1.11.2. • Die natürliche “kleiner-gleich”-Relation ≤ auf R ist eine partielle Ordnung. • Sei X eine Menge. Auf der Menge P(X) aller Teilmengen von X gibt es eine natürliche Ordnung durch Inklusion, also für A, B ⊂ X, A ≤ B ⇔ A ⊂ B. FUNKTIONALANALYSIS 29 • Sei X ein topologischer Raum und sei x ∈ X ein Punkt. Die Menge aller offenen Umgebungen von x ist partiell geordnet durch Inklusion, aber auch durch die umgekehrte Inklusion, also durch U≥V ⇔ U ⊂ V. Definition 1.11.3. Eine partiell geordnete Menge (I, ≤) heisst gerichtet, falls je zwei Elemente eine obere Schranke haben, falls es also zu je zwei x, y ∈ I ein z ∈ I gibt, so dass x ≤ z und y ≤ z gilt. Ist I gerichtet, so hat jede endliche Teilmenge eine obere Schranke, was man leicht durch eine Induktion einsieht. Beispiele 1.11.4. • Die natürlichen Zahlen sind mit der “kleiner-gleich”-Relation gerichtet. • Ist X eine Menge, so ist die Menge M aller endlichen Teilmengen mit der Inklusion gerichtet, denn für zwei endliche Mengen E, F ⊂ X ist E ∪ F eine obere Schranke in M. • Sei X ein topologischer Raum und sei x ∈ X ein Punkt. Die Menge Ux aller Umgebungen von x ist mit der umgekehrten Inklusion gerichtet, denn für U, V ∈ Ux ist U ∩ V eine obere Schranke. Definition 1.11.5. Ein Netz in einem topologischen Raum X ist eine Abbildung α : I → X, wobei I eine gerichtete Menge ist. Man schreibt die Bilder als αi , i ∈ I. Beispiel 1.11.6. Jede Folge ist ein Netz, wobei man N mit der natürlichen “kleiner-gleich”-Relation versieht. Definition 1.11.7. Ein Netz α konvergiert gegen einen Punkt x ∈ X, falls es zu jeder Umgebung U von x einen Index i0 ∈ I gibt so dass i ≥ i0 ⇒ αi ∈ U. FUNKTIONALANALYSIS 30 In dem Fall einer Folge, also I = N, stimmt dies mit der Definition der Konvergenz einer Folge überein. A priori kann ein Netz gegen mehrere Punkte konvergieren. Den Extremfall stellt die triviale Topologie dar, in der jedes Netz gegen jeden Punkt konvergiert. Die Eindeutigkeit der Limiten ist äquivalent zur Hausdorff-Eigenschaft. Satz 1.11.8. Ein topologischer Raum X ist genau dann ein Hausdorff-Raum, wenn Limiten eindeutig sind, d.h., wenn jedes Netz höchstens einen Grenzwert hat. Beweis. Sei X ein Hausdorff-Raum und sei (xi ) ein Netz in X, das sowohl gegen x ∈ X als auch gegen y ∈ X konvergiert. Es ist zu zeigen, dass x = y ist. Angenommen, sie sind verschieden. Wegen der Hausdorff-Eigenschaft gibt es offene Mengen U 3 x und V 3 y so dass U ∩ V = ∅. Da (xi ) gegen x und y konvergiert, gibt es einen Index i so dass xi ∈ U und xi ∈ V, ein Widerspruch! Also ist der Limes eines Netzes in der Tat eindeutig bestimmt. Für die Rückrichtung sei ein topologischer Raum X gegeben, in dem alle Limiten eindeutig sind. Es ist zu zeigen, dass X ein Hausdorff-Raum ist. Seien also x, y in X mit der Eigenschaft, dass je zwei Umgebungen U von x und V von y einen nichtleeren Schnitt haben. Es ist zu zeigen, dass x = y gilt. Sei S die Menge aller Paare (U, V) so dass U eine offene Umgebung von x ist und V eine von y. Die Menge S wird partiell geordnet durch umgekehrte Inklusion, d.h., (U, V) ≤ (U0 , V 0 ) ⇔ U ⊃ U0 und V ⊃ V 0 . Die Menge S ist gerichtet, da der Schnitt zweier Umgebungen wieder eine Umgebung ist. Für jedes (U, V) ∈ S wähle ein Element zUV in U ∩ V. Dann ist zUV ein Netz mit Indexmenge S. Da zUV sowohl in U als auch in V liegt, konvergiert dieses Netz gegen x und gegen y. Wegen der Eindeutigkeit der Limiten ist x = y. FUNKTIONALANALYSIS 31 Definition 1.11.9. Eine Abbildung φ : J → I zwischen zwei gerichteten Mengen heisst streng cofinal, falls es zu jedem i0 ∈ I ein j0 ∈ J gibt, so dass für jedes j ≥ j0 gilt φ( j) ≥ i0 . Das bedeutet, dass die Abbildung φ nicht monoton zu sein braucht, sie kann vor und zurückspringen, aber sie soll ”im Wesentlichen” monoton sein. Definition 1.11.10. Sei α : I → X ein Netz. Ein Teilnetz ist ein Netz β : J → X zusammen mit einer Faktorisierung J φ β /I α X so dass die Abbildung φ streng cofinal ist. Mit anderen Worten, Teilnetze werden gegeben durch streng cofinale Abbildungen in die Indexmenge I. Konvergiert α gegen x ∈ X, dann konvergiert jedes Teilnetz ebenfalls gegen x ∈ X. Satz 1.11.11. Sei X ein topologischer Raum und sei A ⊂ X. Der Abschluss A ist gleich der Menge aller Limiten von Netzen in A. Mit anderen Worten, ein Punkt x ∈ X liegt genau dann in A , wenn es ein Netz (αi )i∈I gibt mit αi ∈ A, für alle i ∈ I, welches in X gegen x konvergiert. Beweis. Der Abschluss A ist die Menge aller x ∈ X so dass A ∩ U , ∅ für jede Umgebung von x gilt. Sei also x ∈ A und U eine Umgebung von x. Dann ist A ∩ U nichtleer. Wähle ein Element αU in A ∩ U. Sei I die Menge aller Umgebungen U von x. Die Menge I sei versehen mit der partiellen Ordnung der umgekehrten Inklusion U ≤ U0 ⇔ U ⊃ U0 . FUNKTIONALANALYSIS 32 Dann ist der Schnitt zweier Umgebungen eine obere Schranke für beide, also ist die Menge I gerichtet. Das Netz (αU )U∈I konvergiert nach Konstruktion gegen x. Für die andere Richtung sei x ∈ X und αi ∈ A, i ∈ I ein Netz, das gegen x konvergiert. Sei U eine Umgebung von x. Dann existiert ein i ∈ I mit αi ∈ U, also ist U ∩ A , ∅. Da U beliebig ist, folgt x ∈ A. Satz 1.11.12. Eine Abbildung f : X → Y zwischen topologischen Räumen ist genau dann stetig, wenn für jedes Netz (x j ) in X, das konvergiert, das Bildnetz f (x j ) ebenfalls konvergiert. In diesem Falle gilt: konvergiert x j gegen x, so konvergiert f (x j ) gegen f (x). Beweis. Der folgende Beweis ist fast wörtlich derselbe wie für Folgen in R. Sei f stetig und sei (xi )i∈I ein gegen x ∈ X konvergentes Netz. Es ist zu zeigen, dass f (xi ) → f (x). Sei hierzu U eine offene Umgebung von f (x), dann ist V = f −1 (U) eine offene Umgebung von x. Daher existiert ein i0 so dass xi ∈ V für jedes i ≥ i0 , also f (xi ) ∈ U für jedes i ≥ i0 , also konvergiert f (xi ) gegen f (x). Für die umgekehrte Richtung nimm an, dass f die Limes-Bedingung erfüllt. Sei A ⊂ Y abgeschlossen und sei B ⊂ X das Urbild zu A. Es ist zu zeigen, dass B abgeschlossen ist. Sei hierzu bi ein Netz in B, konvergent gegen x ∈ X. Dann konvergiert das Netz f (xi ) ∈ A gegen f (x). Da A abgeschlossen ist, folgt f (x) ∈ A, also x ∈ f −1 (A) = B, damit ist B abgeschlossen. Satz 1.11.13. Ein topologischer Raum X ist genau dann kompakt, wenn jedes Netz in X ein konvergentes Teilnetz hat. Beweis. Sei X kompakt und sei (xi )i∈I ein Netz in X. Für jedes i ∈ I sei Ai der Abschluss der Menge {x j : j ≥ i}. Jeder endliche Schnitt von Mengen der Form Ai , FUNKTIONALANALYSIS 33 i ∈ I ist nichtleer, also ist nach der endlichen Schnitteigenschaft \ Ai , ∅. i∈I Sei x ein Element dieses Schnittes. Das bedeutet, dass man zu jeder Umgebung U von x und jedem Index i ∈ I einen Index φ(U, i) = i0 ≥ i findet, so dass xi0 = xφ(U,i) ∈ U. Sei J die Menge aller Paare (U, i), wobei U eine Umgebung von x ist und i ∈ I. Auf J ist (U, i) ≤ (U0 , i0 ) ⇔ U ⊃ U0 und i ≤ i0 eine partielle Ordnung. Es wird nun gezeigt, dass die Abbildung φ : J → I streng cofinal ist. Hierzu sei i ∈ I und j = (U, i) ∈ J ein Element mit i als zweitem Argument. Nach Konstruktion ist φ(j0 ) ≥ i für jedes j0 ≥ j, also ist φ streng cofinal. Um einzusehen, dass das konstruierte Teilnetz φ : J → X konvergiert, wählt man eine Umgebung U von x und ein Element j0 = (U, i) ∈ J. Für jedes j ≥ j0 gilt dann φ( j) ∈ U, also hat (xi ) ein konvergentes Teilnetz. Für die Rückrichtung sei angenommen, dass jedes Netz ein konvergentes Teilnetz hat. Sei A ein System abgeschlossener Teilmengen so dass jeder endliche Schnitt nichtleer ist. Es ist zu zeigen, dass der Schnitt aller Elemente von A nichtleer ist. Hierzu sei B die Menge aller endlichen Schnitte von Elementen von A. Mit der Ordnung B1 ≥ B2 ⇔ B1 ⊂ B2 ist die Menge B gerichtet. Für jedes B ∈ B sei ein xB ∈ B ausgewählt. Dann ist (xB )B∈B ein Netz in X und nach der Annahme existiert ein Teilnetz (xB j ) j∈J das gegen ein x ∈ X konvergiert. Aber dann gilt x ∈ B für jedes B ∈ B, denn für festes B kann man j0 so wählen, dass B j ⊂ B für jedes j ≥ j0 gilt. Hieraus folgt xB j ∈ B für alle j ≥ j0 . Da B abgeschlossen ist, liegt der Limes x von (xB j ) ebenfalls in B. Kapitel 2 Normierte Räume 2.1 Definition In dieser Vorlesung werden nur Vektorräume über R oder C betrachtet. Wir schreiben daher K für den Grundkörper, also K = R oder C. Lemma 2.1.1. (a) Ist V ein R-Vektorraum, so ist VC = V ⊗R C = V + iV ein komplexer Vektorraum, der die Komplexifizierung von V genannt wird. (b) Ist V ein C-Vektorraum und ist f : V → R eine R-lineare Abbildung, dann existiert genau eine C-lineare Abbildung g : V → C so dass f = Re(g). Beweis. (a) ist klar. Für (b) Setze g(v) = f (v) − i f (iv). Wir wollen zeigen, dass g komplex-linear ist. Da g schon reell-linear ist, reicht es zu zeigen, dass 34 FUNKTIONALANALYSIS 35 g(iv) = ig(v) für jedes v ∈ V gilt. Hierzu rechnen wir g(iv) = f (iv) − i f (iiv) = f (iv) + i f (v) = i( f (v) − i f (iv)) = ig(v) Nun zur Eindeutigkeit von g: Sei h eine weitere komplex-lineare Abbildung mit Re(h) = f . Sei τ = g − h, dann folgt Re(τ) = 0. Ist v ∈ V, so folgt dann Re(τ(v)) = 0 und da dies auch für iv gilt, folgt 0 = Re(τ(iv)) = Re(iτ(v)) = − Im(τ(v)), also ist τ(v) = 0. Ein normierter Vektorraum ist ein K-Vektorraum V mit einer Abbildung ||·|| : V → [0, ∞) so dass für v, w ∈ V und α ∈ K gilt: • ||v|| = 0 ⇔ v = 0 (Definitheit) • ||αv|| = |α| ||v|| (Multiplikativität) • ||v + w|| ≤ ||v|| + ||w|| (Dreiecksungleichung). Mit der Metrik d(v, w) = ||v − w|| wird V dann ein metrischer Raum. Ein normierter Raum, der vollständig ist, in dem also jede Cauchy-Folge konvergiert, heisst Banach-Raum. Beispiele 2.1.2. • Ist X ein metrischer Raum, dann ist der Vektorraum Cb (X) aller beschränkten stetigen Funktionen f : X → K ein Banach-Raum mit der Norm f = sup | f (x)|. X x∈X FUNKTIONALANALYSIS 36 Beweis. Die Normeigenschaften sind trivial. Es ist Vollständigkeit zu zeigen. Sei also ( f j ) eine Cauchy-Folge. Dann gilt für jedes x ∈ X, | f j (x) − fk (x)| ≤ sup | f j (y) − fk (y)| = f j − fk X . y∈X Also ist ( f j (x)) j∈N eine Cauchy-Folge in K, konvergiert also. Nennen wir den Limes f (x). Sei ε > 0, dann gibt es j0 so dass für alle j, k ≥ n0 und alle x ∈ X gilt | f j (x) − fk (x)| < ε. Mit k → ∞ folgt, dass für jedes j ≥ j0 und jedes x ∈ X gilt | f j (x) − f (x)| ≤ ε. Das bedeutet aber, dass f j gleichmässig gegen f konvergiert. Damit ist f stetig. Es ist leicht einzusehen, dass f auch beschränkt ist, also f ∈ Cb (X), womit die Vollständigkeit gezeigt wäre. • Für jedes 1 ≤ p ≤ ∞ und jeden Maßraum (X, µ) ist Lp (µ) ein Banach-Raum. Dies wurde in Analysis 3 gezeigt. 2.2 Stetige lineare Abbildungen Definition 2.2.1. Für lineare Abbildung T : V → W zwischen normierten Räumen sei ||T||op = sup ||T(v)|| = sup ||v||=1 v,0 ||T(v)|| ∈ [0, ∞] ||v|| die Operatornorm. Die Abbildung T heisst beschränkte lineare Abbildung, falls ||T||op < ∞. Man spricht statt von einer linearen Abbildung auch von einem linearen Operator. Ist der Zielraum W gleich K, so nennt man T ein lineares Funktional. FUNKTIONALANALYSIS 37 Satz 2.2.2. (a) Die Operatornorm ist eine solche, d.h., es gilt • ||T|| = 0 ⇔ T = 0 (Definitheit) • ||λT|| = |λ| ||T|| (Multiplikativität) • ||S + T|| ≤ ||S|| + ||T|| (Dreiecksungleichung). (b) Sind S, T komponierbar, so gilt ||S ◦ T|| ≤ ||S|| ||T|| . (c) Für jeden linearen Operator T : V → W zwischen normierten Räumen und jedes v ∈ V gilt ||T(v)|| ≤ ||T||op ||v|| . Ein linearer Operator T ist genau dann stetig, wenn er beschränkt ist. Beweis. Für die Dreiecksungleichung rechnen wir ||S + T|| = sup ||(S + T)(v)|| = sup ||S(v) + T(v)|| ||v||=1 ||v||=1 ≤ sup ||S(v)|| + ||T(v)|| ≤ sup ||S(v)|| + sup ||T(v)|| = ||S|| + ||T|| . ||v||=1 ||v||=1 ||v||=1 (b) Es sei ohne Einschränkung T , 0. Es gilt ||S ◦ T|| = sup v,0 ||S(T(v))|| ||S(T(v))|| = sup ||v|| ||v|| T(v),0 ||S(T(v))|| ||T(v)|| ||S(w)|| ||Tv|| ≤ sup sup = ||S|| ||T|| . ||v|| w,0 ||w|| v,0 ||v|| T(v),0 ||T(v)|| = sup (c) Die Ungleichung ist klar. Wir zeigen zunächst, dass eine lineare Abbildung T : V → W zwischen normierten Räumen genau dann stetig ist, wenn sie im FUNKTIONALANALYSIS 38 Nullpunkt stetig ist. Ist T stetig, dann ist T stetig in Null. Sei umgekehrt T linear und stetig in Null. Sei v j → v eine in V konvergente Folge, dann konvergiert v j − v gegen Null, also konvergiert auch T(v j ) − T(v) = T(v j − v) gegen Null, d.h. T(v j ) geht gegen T(v), somit ist T in v stetig und da v beliebig ist, ist T schlechthin stetig. Wir zeigen, dass ein stetiger Operator beschränkt ist. Sei also T stetig und nimm an, er ist nicht beschränkt. Dann existiert eine Folge v j von Vektoren mit v j = 1 und T(v j ) → ∞. Nehmen wir an, dass T(v j ) , 0 für alle j, dann geht die Folge 1 ||T(v j )|| v j gegen Null, also folgt 1 1 T(v j ) = T v j → 0. T(v j ) T(v j ) Diese Vektoren haben aber Norm 1, Widerspruch! Sei umgekehrt T beschränkt und v j eine Nullfolge, das heisst, dass v j gegen Null geht. Dann gilt T(v j ) ≤ ||T||op v j → 0. Also geht T(v j ) gegen Null, T ist also stetig in Null, also stetig. 2.3 Hilbert-Räume Erinnerung: Ein Skalarprodukt auf einem komplexen Vektorraum V ist eine Abbildung h·, ·i : V × V → C mit folgenden Eigenschaften: • Für w ∈ V ist die Abbildung V → K; v 7→ hv, wi linear. • Es gilt hw, vi = hv, wi für alle v, w ∈ V. • Für v ∈ V ist hv, vi ≥ 0 und hv, vi = 0 ⇔ v = 0. Definition 2.3.1. Ein Vektorraum V mit einem Skalarprodukt h., .i heisst FUNKTIONALANALYSIS 39 Prä-Hilbert-Raum. Beispiele 2.3.2. • Das einfachste Beispiel nach dem Nullraum ist V = K mit α, β = αβ̄. Oder allgemeiner V = Ck mit k ∈ N und hv, wi = vt w̄, • Sei I eine Menge und sei `2 (I) der L2 -Raum, wenn man I mit dem Zählmaß ausstattet. Dann ist `2 (I) die Menge aller Funktionen f : I → C mit X | f (i)|2 < ∞. i∈I Insbesondere ist für jedes f ∈ `2 (I) die Menge {i ∈ I : f (i) , 0} abzählbar. Das Skalarprodukt ist gegeben durch X f, g = f (i)g(i). i∈I Die Norm auf einem Prä-Hilbert-Raum V ist definiert durch ||v|| = p hv, vi, v ∈ V. In der linearen Algebra wird bewiesen, dass dies in der Tat eine Norm ist. Ausserdem wird dort die Cauchy-Schwarz-Ungleichung | hv, wi | ≤ ||v|| ||w|| für v, w ∈ V bewiesen. Lemma 2.3.3. Ist V ein normierter Raum, dann ist die Norm ||.|| : V → R eine stetige Abbildung. Ist V ein Prä-Hilbert-Raum, dann ist das Skalarprodukt V × V → C eine stetige Abbildung. FUNKTIONALANALYSIS 40 Beweis. Es sei v j → v eine konvergente Folge, dann ist gilt | v j − ||v|| | ≤ v j − v eine Nullfolge. Ist V ein Hilbert-Raum und sind v j → v und w j → w konvergent in V, so gilt nach der Cauchy-Schwarz-Ungleichung, D E D E D E D E | v j , w j − hv, wi | ≤ | v j , w j − v j , w | + | v j , w − hv, wi | D E D E = | v j , w j − w | + | v j − v, w | ≤ v j w j − w + v j − v ||w|| Da v j konvergent ist, ist diese Folge beschränkt, also geht die rechte Seite (und damit die linke) gegen Null. Definition 2.3.4. Ein Hilbert-Raum ist ein Prä-Hilbert-Raum, der vollständig bzgl der induzierten Norm ist. Proposition 2.3.5. Jeder endlich-dimensionale Prä-Hilbert-Raum ist vollständig. Beweis. In der Linearen Algebra wird gezeigt, dass jeder endlich-dimensionale Prä-Hilbert-Raum zu Kn isomorph ist, wobei n die Dimension ist. Dieser Raum ist vollständig. Satz 2.3.6 (Polarisierung). Sei h., .i ein Skalarprodukt mit Norm ||.||. Im Fall K = R gilt: hv, wi = 1 ||v + w||2 − ||v||2 − ||w||2 . 2 Im Fall K = C ist 1 2 2 2 2 hv, wi = ||v + w|| − ||v − w|| + i ||v + iw|| − i ||v − iw|| . 4 Insbesondere ist also das Skalarprodukt durch die Norm eindeutig festgelegt. FUNKTIONALANALYSIS 41 Beweis. Man setzt rechts für die Norm ||u||2 jeweils hu, ui ein und nutzt die Sesquilinearität aus. In der Tat, diese Polarisierungsidentitäten nutzen nur die Sesquilinearität aus und nicht die Symmetrie, bzw Antisymmetrie. Wir formulieren das folgende Korollar nur für C. Korollar 2.3.7. Seien V, Z Vektorräume über C und sei b:V×V →Z eine sesquilineare Abbildung. Sei D(v) = b(v, v) die Diagonale. dann gilt für alle v, w ∈ V, b(v, w) = 1 [D(v + w) − D(v − w) + iD(v + iw) − iD(v − iw)] , 4 also ist b durch D eindeutig festgelegt. Beweis. Wie im Satz. Definition 2.3.8. Eine lineare Isometrie zwischen zwei normierten Räumen V, W ist eine lineare Abbildung T : V → W mit ||Tv|| = ||v|| für jeden Vektor v ∈ V. Eine lineare Isometrie ist injektiv und ist sie zusätzlich surjektiv, so ist ihre Umkehrabbildung ebenfalls eine lineare Isometrie. In dem Fall heisst sie isometrischer Isomorphismus Sind V und W Hilbert-Räume und ist T : V → W eine Isometrie, so folgt hTv, Twi = hv, wi für alle w, w ∈ V. Dies folgt aus den Polarisierungsidentitäten (Satz 2.3.6). FUNKTIONALANALYSIS 42 Definition 2.3.9. Ein Orthonormalsystem oder ONS in einem Hilbert-Raum H ist eine Familie von Vektoren (ei )i∈I für die gilt D E 1 falls i = j, ei , e j = 0 sonst. Ein Orthonormalsystem (ei )i∈I heisst vollständiges ONS, oder Orthonormalbasis ONB, falls der Orthogonalraum der ei aufgespannte Untervektorraum dicht liegt in H. Satz 2.3.10. Jeder Hilbert-Raum H hat eine Orthonormalbasis. Für jede ONB (ei )i∈I und Vektoren v, w ∈ H gilt: Ist ci (v) = hv, ei i , so sind nur abzählbar viele dieser Koeffizienten ungleich Null und es gilt v= X ci (v)ei , i∈I wobei die Reihe in jeder Reihenfolge konvergiert. Es gilt X |ci (v)| = ||v|| 2 2 oder, allgemeiner, hv, wi = i∈I Ist umgekehrt v = X ci (v)ci (w) i∈I P i∈I ci ei eine konvergente Reihe, dann folgt ci = ci (v), d.h., die Koeffizienten sind eindeutig. Sind ferner beliebige komplexe Koeffizienten (ci )i∈I gegeben, so dass nur abzählbar P P viele ungleich Null sind und i∈I |ci |2 < ∞ gilt, dann konvergiert die Reihe i∈I ci ei in H in jeder Reihenfolge mit demselben Grenzwert. Korollar 2.3.11. Man kann die Aussagen des Satzes auch so ausdrücken: Die Abbildung v 7→ (i 7→ ci (v)) ist ein isometrischer Isomorphismus von Hilbert-Räumen H −→ `2 (I). Beweis des Satzes. Mit dem Lemma von Zorn beschafft man sich ein maximales FUNKTIONALANALYSIS 43 ONS (ei )i∈I . Dessen Orthogonalraum (ei )⊥ i∈I = {v ∈ H : hv, ei i = 0 ∀i∈I } muss Null sein, denn ist w , 0 im Orthogonalraum, dann ist f = w/ ||w|| ein neuer Vektor, um den man das ONS erweitern kann, was der Maximalität widerspricht. Sei also (ei )i∈I ein ONS mit trivialem Orthogonalraum und sei v ∈ H. Für eine endliche Teilmenge E ⊂ I setze vE = X ci (v)ei . i∈E Dann gilt hvE , vi = hvE , vE i = P 2 i∈E |ci (v)| , wie man leicht sieht. Also ist ||v − vE ||2 = hv − vE , v − vE i = ||v|| − hv, vE i − hvE , vi + hvE , vE i = ||v|| − 2 2 X |ci (v)|2 . i∈E Da dies ≥ 0 ist, folgt P 2 2 i∈E |ci (v)| ≤ ||v|| . Also P i∈I |ci (v)|2 ≤ ||v||2 . Damit folgt, dass nur abzählbar viele ci (v) ungleich Null sind und dass die Reihe der |ci (v)|2 P konvergiert. Wir wollen zeigen, dass die Reihe i∈I ci (v)ei in jeder Reihenfolge konvergiert. Sei also c1 , c2 , . . . eine Nummerierung der Koeffizienten , 0, so gilt für n ≤ m in N, woraus folgt, dass 2 m m X X ci (v)ei = |ci (v)|2 , n=n i=n Pn i=1 ci (v)ei eine Cauchy-Folge in H ist, also konvergiert. Wir zeigen, dass der Limes gleich v ist. Für j ∈ I rechne + * X D E ci (v)ei = e j , v − c j (v) = 0. e j, v − i∈I Also ist der Vektor v − P i∈I ci (v)ei im Orthogonalraum des ONS, also gleich Null, die Summe konvergiert also in der Tat gegen v. Insbesondere ist der von (ei ) FUNKTIONALANALYSIS 44 aufgespannte Unterraum dicht. Es folgt *X + XX X D E X ci (v)ei , ci (w)ei = ci (v)c j (w) ei , e j = ci (v)c j (w). hv, wi = i∈I Ist umgekehrt v = i∈I P j∈I c j e j i∈I i∈I j∈I konvergent, so gilt wegen der Linearität und Stetigkeit des Skalarproduktes, ci (v) = hv, ei i = *X + ci ei , e j X D E = ci e i , e j = ci . j∈I j∈I P Ist schliesslich (ci )i∈I eine Familie von Koeffizienten mit i∈I |ci |2 < ∞, so folgt die P Konvergenz von i ci ei genau wie die oben gezeigte Konvergenz von P i ci (v)ei . Beispiel 2.3.12. In Analysis 1 wurde in dem Abschnitt über Fourier-Reihen gezeigt, dass die Funktionen ek (x) = e2πikx für k ∈ Z eine Orthonormalbasis von L2 ([0, 1]) L2 ([0, 1)) L2 (R/Z) ist. Satz 2.3.13. Je zwei ONB eines Hilbert-Raumes haben die gleiche Mächtigkeit. Zwei Hilbert-Räume sind isometrisch-isomorph, falls sie ONBs der gleichen Mächtigkeit haben. Beweis. Sei H ein Hilbert-Raum mit zwei ONBs (ei )i∈I und ( f j ) j∈J . Ist H endlich-dimensional, so folgt |I| = |J| nach LinA. Sei also H D E unendlich-dimensional. Für i ∈ I sei S(i) die Menge aller j ∈ J mit ei , f j , 0. Da E P D ei = j∈J ei , f j f j , ist S(i) stets abzählbar. Da andererseits auch jedes f j sich in die ei entwickeln lässt, folgt [ S(i) = J. i∈I Damit gibt es eine surjektive Abbildung I × N → J. Da I und J beide unendliche Mengen sind, folgt hieraus |J| ≤ |I|. Aus Symmetriegründen folgt |I| = |J|. FUNKTIONALANALYSIS 45 Sind H1 , H2 Hilbert-Räume mit ONBs (ei )i∈I und ( fi )i∈I , so definiert die Vorschrift T(ei ) = fi einen isometrische Isomorphismus von H1 nach H2 . Satz 2.3.14. (a) Sei H ein Hilbert-Raum und U ein abgeschlossener Unterraum. Dann gilt H = U ⊕ U⊥ , wobei U⊥ = {v ∈ H : hv, Ui = 0} der Orthogonalraum zu U ist. (b) Sei H ein Hilbert-Raum und sei α : H → K ein stetiges lineares Funktional. Dann existiert ein eindeutig bestimmter Vektor w ∈ H mit α(v) = hv, wi für jeden Vektor v ∈ H. Beweis. (a) Wie in der Linearen Algebra sieht man U ∩ U⊥ = 0. Da U ein abgeschlossener Unterraum ist, ist U selbst wieder ein Hilbert-Raum. Sei (ei ) eine ONB von U und setze für v ∈ H: P(v) = X hv, ei i ei . i∈I Dann ist P : H → U eine lineare Abbildung mit P(v) = v falls v ∈ U, also P2 = P, d.h., P ist eine Projektion. Der Kern von P ist U⊥ . Sei v ∈ H, dann ist v − P(v) ∈ Ker P = U⊥ , also folgt H = U ⊕ U⊥ . (b) Sei α : H → K ein stetiges lineares Funktional. Ist α = 0, so wähle w = 0. Ist α , 0, dann ist U = Ker(α) ein abgeschlossener Unterraum von V. Daher ist H = U ⊕ U⊥ und da U , H, ist U⊥ , 0. Sei also w0 ∈ U⊥ mit ||w0 || = 1. Dann ist α(w0 ) = c , 0. Setze w = cw0 . Dann ist α(w0 ) = c = hw0 , wi . FUNKTIONALANALYSIS 46 Da α einen Isomorphismus U⊥ → K induziert, ist U⊥ = Kw0 , also insbesondere ist jedes v ∈ H von der Form v = λw0 + u mit u ∈ U. Daher ist α(v) = α(λw0 + u) = λc = α hw0 , wi = hv, wi . Dies zeigt die Existenz. Für die Eindeutigkeit nimm an, es gebe einen weiteren Vektor w0 mit α(v) = hv, w0 i. Dann gilt für jedes v ∈ H, dass 0 = hv, w − w0 i. Insbesondere für v = w − w0 folgt w − w0 = 0. 2.4 Vervollständigung Seien X, Y metrische Räume. Eine Isometrie von X nach Y ist eine Abbildung f : X → Y mit d( f (x), f (x0 )) = d(x, x0 ) für je zwei Elemente x, x0 ∈ X. Eine Isometrie ist stetig und injektiv. Ist eine Isometrie surjektiv, so ist ihre Umkehrabbildung ebenfalls eine Isometrie. Eine bijektive Isometrie heisst isometrischer Isomorphismus. Ein metrischer Raum X heisst vollständig, wenn jede Cauchy-Folge konvergiert. Satz 2.4.1 (Vervollständigung). Sei X ein metrischer Raum. Dann existiert eine Isometrie ϕ : X → X̂ in einen vollständigen metrischen Raum X̂, so dass das Bild ϕ(X) dicht in X̂ liegt. Das Paar (X̂, ϕ) nennt man eine Vervollständigung von X. Die Vervollständigung ist eindeutig bestimmt in folgendem Sinne: Ist ψ : X → Y eine weitere Isometrie auf einen dichten Teilraum eines vollständige Raumes Y, dann existiert genau ein isometrischer Isomorphismus α : X̂ → Y so dass ψ = α ◦ ϕ, d.h., das Diagramm X ϕ ψ / X̂ α Y FUNKTIONALANALYSIS 47 kommutiert. Beweis. Sei (X, d) ein metrischer Raum. Wir konstruieren X̂. Sei CF(X) die Menge aller Cauchy-Folgen in X. Wir haben eine natürliche Abbildung ϕ̃ : X → CF(X), die jedes x ∈ X auf die konstante Folge xn = x wirft. Auf CF(X) betrachten wir folgende Äquivalenzrelation: Zwei Cauchy-Folgen (xn ) und (yn ) heissen äquivalent, (xn ) ∼ (yn ), falls die Folge d(xn , yn ) gegen Null geht. Ist (xn ) eine Cauchy-Folge und ist (yn ) eine Teilfolge, so folgt (xn ) ∼ (yn ). Sei def X̂ = CF(X)/ ∼ . Die Abbildung ϕ ist gegeben durch ϕ̃ gefolgt von der Projektion CF(X) → CF(X)/ ∼. Die Metrik auf X̂ ist gegeben durch d([xn ], [yn ]) = limn d(xn , yn ), wobei zu zeigen ist, dass dieser Limes existiert und nicht von der Wahl der Vertreter abhängt. Dies und den Rest des Beweises überlassen wir dem Leser zur Übung. Satz 2.4.2. Ist (V, ||·||) ein normierter Raum, so kann man die Norm auf die Vervollständigung V̂ fortsetzen. Dasselbe gilt für die Vektorraumstruktur, so dass V̂ wieder ein normierter Raum ist und ϕ : V → V̂ ist eine lineare Isometrie. Beweis. Man definiert ||v|| = d(0, v) für v ∈ V̂. Es folgt ||v|| = lim j v j für jede Folge (v j ) in V, die gegen v konvergiert. Aus dieser Tatsache schliesst man leicht die Normeigenschaft. Die Vektorraumstruktur definiert man durch v + w = lim(v j + w j ), j FUNKTIONALANALYSIS 48 wobei v j → v und w j → w Folgen in V sind. Wir zeigen hier beispielhaft die Wohldefiniertheit. Es ist zu zeigen, dass die Folge (v j + w j ) konvergiert und dass der Grenzwert nicht von der Wahl der Folgen abhängt. Für j, k ∈ N ist (v j + w j ) − (vk + wk ) ≤ v j − vk + w j − wk , also ist (v j + w j ) eine Cauchy-Folge, damit konvergent. Sind ṽ j und w̃ j weitere Cauchy-Folgen, die gegen v und w in V̂ konvergieren, dann ist (v j + w j ) − (ṽ j + w̃ j ) eine Nullfolge, also ist der Grenzwert wohldefiniert. Der Rest geht ähnlich. 2.5 Äquivalenz der Normen im endlich-dimensionalen Satz 2.5.1. Seien ||·||a und ||·||b zwei Normen auf demselben K-Vektorraum V. Dann sind äquivalent: (a) Die beiden Normen definieren dieselbe Topologie auf V. (b) Eine Folge konvergiert genau dann in ||·||a , wenn sie in ||·||b konvergiert. In diesem Fall sind die Limiten gleich. (c) Es gibt Zahlen C, c > 0 so dass gilt: c ||·||a ≤ ||·||b ≤ C ||·||a Beweis. (a)⇒(b): Sei v j in ||·||a gegen v konvergent. Das bedeutet, dass für jede ||·||a -Umgebung U von v ein j0 existiert mit j ≥ j0 ⇒ v j ∈ U. Da jede ||·||b -Umgebung auch eine ||·||a -Umgebung ist, folgt, dass v j auch in der ||·||b -Norm gegen v konvergiert. FUNKTIONALANALYSIS 49 (b)⇒(c): Wir zeigen die Existenz von c, die von C folgt dann analog. Angenommen, es gäbe solches c nicht. Dann existiert zu jedem j ∈ N ein v j ∈ V mit 1 v j > v j . a b j Da dieselbe Abschätzung für tv j mit t > 0 gilt, können wir v j so skalieren, dass v j = 1 gilt. Dann ist v j < 1j , also geht v j in der b-Norm gegen Null, also auch a b in der a-Norm, was aber der Normierung v j a = 1 widerspricht! (c)⇒(a): Die Abschätzung c ||·||a ≤ ||·||b hat zur Folge, dass jeder a-Ball um v ∈ V vom Radius r > 0 schon einen b-Ball vom Radius cr und gleichen Mittelpunkt enthält, also, dass gilt Bbcr (v) ⊂ Bar (v). Sei U eine in der a-Norm offene Menge. Wir zeigen, dass sie auch in der b-Norm offen ist. Die Umkehrung geht analog. Sei also v ∈ U. Da U offen ist bzgl ||·||a , so gibt es ein r > 0 mit Bar (v) ⊂ U. Daher ist dann Bbcr (v) ⊂ U, also ist U auch b-offen. Definition 2.5.2. Wir nennen zwei Normen auf V äquivalent, wenn sie den Bedingungen dieses Satzes genügen. In der Tat definiert dies eine Äquivalenzrelation, wie man aus Punkt (a) des Satzes sieht. Beispiel 2.5.3. Auf dem Raum Cc (R) definieren wir zwei Normen, die L1 -Norm Z f = | f (x)| dx 1 R und die Supremumsnorm f = sup | f (x)|. R x∈R Diese beiden Normen sind nicht äquivalent, man bastelt leicht eine Folge f j so dass f j = 1 aber f j → 0 oder auch eine Folge, die das Umgekehrte tut. 1 R FUNKTIONALANALYSIS 50 Satz 2.5.4. Ist der K-Vektorraum endlich-dimensional, so sind alle Normen äquivalent. Beweis. Jeder endlich-dimensionale K-Vektorraum ist isomorph zu Kn , wobei n die Dimension ist. Es reicht also, die Behauptung für V = Kn zu zeigen. Sei ||·|| eine beliebige Norm auf Kn . Wir zeigen dass sie äquivalent ist zur euklidischen Norm. Seien e1 , . . . , en die Standard-Basisvektoren von Kn . Es folgt ! ! m n X X v j e j ≤ |v j | e j ≤ n max |v j | max e j ≤ nM ||v||eukl . ||v|| = j j j=1 j=1 | {z } | {z } =||v||max =M Das ist ja schon die halbe Miete. Aus der Dreiecksungleichung von ||·|| folgt ||x|| − y ≤ x − y ≤ nM x − y , eukl das heisst, die Abbildung ||·|| : Kn → R ist bezüglich der euklidischen Norm stetig. Also ist das Bild der Menge S = {v ∈ Kn : ||v||eukl = 1} kompakt. Da 0 < S, folgt, dass dieses Bild in (0, ∞) liegt. Sei c > 0 das Minimum von Bild(S). dann gilt Für v , 0 ist w = v ||v||eukl ||w||eukl = 1 ⇒ ||w|| ≥ c. v ∈ S, also folgt ||v||eukl ≥ c, oder ||v|| ≥ c ||v||eukl und die Behauptung ist bewiesen. FUNKTIONALANALYSIS 2.6 51 Nichtstetige lineare Abbildungen Nichtstetige lineare Abbildungen sind für diese Vorlesung nicht von Interesse. Der Vollständigkeit halber wollen wir aber die Frage ihrer Existenz klären. Ja, es gibt sie, und zwar viele davon. Um dies zu beweisen betrachtet man Hamel-Basen. Definition 2.6.1. Eine Teilmenge B ⊂ V eines K-Vektorraums V heisst Hamel-Basis, wenn jeder Vektor v ∈ V sich in eindeutiger weise als Linearkombination von Vektoren aus B schreiben lässt. Eine Teilmenge B ist also genau dann eine Hamel-Basis, wenn es zu jedem Vektor v ∈ V eindeutig bestimmte Koeffizienten cb ∈ K für b ∈ B gibt, so dass fast P alle cb gleich Null sind und v = b∈B cb b gilt. Definition 2.6.2. Eine Teilmenge L ⊂ V eines Vektorraums heisst linear unabhängig, wenn für jede endliche Teilmenge E ⊂ L und jede Wahl von Koeffizienten λv ∈ K, v ∈ E gilt X λv v = 0 ⇒ λv = 0 ∀v∈E . v∈E Eine Teilmenge E ⊂ V heisst Erzeugendensystem, wenn jeder Vektor von V sich als Linearkombination von Elementen aus E schreiben lässt. Satz 2.6.3. (a) Jeder Vektorraum hat eine Hamel-Basis. (b) Eine maximale linear unabhängige Teilmenge ist eine Hamel-Basis. (c) Ein minimales Erzeugendensystem ist eine Hamel-Basis. (d) Jede linear unabhängige Teilmenge von V lässt sich zu einer Hamel-Basis vergrössern. FUNKTIONALANALYSIS 52 (e) Jedes Erzeugendensystem enthält eine Hamel-Basis. Beweis. Das ist im Wesentlichen Lineare Algebra. Um zu zeigen dass es eine Hamel-Basis, oder eine maximale linear unabhängige Teilmenge gibt, benutzt man das Lemma von Zorn. Nun zeigen wir, dass es viele nichtstetige lineare Abbildungen von einem unendlich-dimensionalen Hilbert-Raum H nach K gibt. Sei hierzu (e j ) j∈J eine Orthonormalbasis. Schreibe E = {e j : j ∈ J}. Diese ist dann zwar linear unabhängig, aber keine Hamel-Basis, denn sei F = { f1 , f2 , . . . } ⊂ E eine abzählbare Teilmenge, wobei wir fi , f j für i , j annehmen. Nach Satz 2.3.10 ist die Reihe P 1 v= ∞ j=1 j f j konvergent in H, aber nicht als endliche Summe von Elementen von E darstellbar. Wir vergrössern E zu einer Hamel-Basis B ⊃ E, B , E. Wir können ein lineares Funktional φ : H → K definieren, indem wir φ auf der Hamel-Basis vorgeben. Wir setzen also φ(e) = 0 für jedes e ∈ E und φ(b) für b ∈ B r E beliebig, nicht alle Null. Dann ist φ ein lineares Funktional, das nicht stetig ist, denn jedes stetige lineare Funktional, dass die e j auf Null wirft, ist schon Null. Kapitel 3 Grundprinzipien der Funktionalanalysis 3.1 Fortsetzung von linearen Funktionalen In diesem Abschnitt geht es um folgendes Prinzip: Ein stetiges lineares Funktional kann von einem beliebigen Teilraum auf den ganzen Raum stetig und linear fortgesetzt werden. Satz 3.1.1. Ist V ein Banach-Raum und ist die Menge B̄ = B̄1 (0) = {v ∈ V : ||v|| ≤ 1} kompakt, dann ist V endlich-dimensional. Beweis. Sei (V, ||.||) ein normierter Raum. Für eine Teilmenge U ⊂ V und v ∈ V definiere d(v, U) = inf ||v − u|| . u∈U Lemma 3.1.2. Ist U , V ein abgeschlossener linearer Unterraum, dann existiert ein v ∈ V, so dass ||v|| = 1 und d(v, U) ≥ 12 . Beweis. Zu w ∈ V r U wähle ein u0 ∈ U, so dass ||w − u0 || ≤ 2d(w, U). Setze 53 FUNKTIONALANALYSIS v= w−u0 . ||w−u0 || 54 Dann gilt ||v|| = 1 und w − u0 w 1 1 d(v, U) = d ,U = d ,U = d(w, U) ≥ . 2 ||w − u0 || ||w − u0 || ||w − u0 || Zum Beweis des Satzes: Ist V unendlich-dimensional, so gibt es eine Folge von Unterräumen V1 ⊂ V2 ⊂ . . . mit dim Vn = n. Nach dem Lemma gibt es vn ∈ Vn r Vn−1 mit vn ∈ B̄ und ||vn − u|| ≥ ||vn − vm || ≥ 1 2 1 2 für jedes u ∈ Vn−1 . Insbesondere folgt falls n , m. Also enthält die Folge vn ∈ B̄ keine konvergente Teilfolge, also ist B̄ nicht kompakt. Satz 3.1.3 (Hahn-Banach). Sei U ein Unterraum eines reellen Vektorraums V und sei p : V → [0, ∞) eine Abbildung mit p(v + w) ≤ p(v) + p(w) und p(λv) = λp(v) für alle v, w ∈ V, λ ≥ 0. Sei α : U → R linear mit α(u) ≤ p(u) für jedes u ∈ U. Dann existiert eine lineare Abbildung α̃ : V → R mit • α̃(u) = α(u), u ∈ U und • −p(−v) ≤ α̃(v) ≤ p(v), v ∈ V. Insbesondere folgt: Jedes stetige lineare Funktional auf einem Unterraum eines normierten Raums kann stetig auf den ganzen Raum fortgesetzt werden. Beweis. Nimm an U , V. Sei v1 ∈ V r U und setze W = U ⊕ Rv1 . Dann ist W ein Untervektorraum von V. Seien u, u0 ∈ U. Wegen α(u) + α(u0 ) = α(u + u0 ) ≤ p(u + u0 ) ≤ p(u − v1 ) + p(v1 + u0 ) FUNKTIONALANALYSIS 55 folgt α(u) − p(u − v1 ) ≤ p(u0 + v1 ) − α(u0 ). Sei M das Supremum über die linke Seite, wobei u in U läuft. Es folgt also α(u) − p(u − v1 ) ≤ M ≤ p(u0 + v1 ) − α(u0 ) für alle u, u0 ∈ U. Setze α̃(u + tv1 ) = α(u) + tM. Dann ist α̃ linear auf W, es setzt α fort und für t > 0 gilt mit y = u/t, α̃(u + tv1 ) = α(u) + tM ≤ α(u) + tp(y + v1 ) − tα(y) = p(u + tv1 ). und ebenso α̃(u − tv1 ) = α(u) − tM ≤ α(u) − t(α(y) − p(y − v1 )) = tp(y − v1 ) = p(u − tv1 ). Zusammen folgt α̃(w) ≤ p(w) für alle w ∈ W. Indem man w durch −w ersetzt, folgt auch −p(w) ≤ α(w), also ist α̃ die gewünschte Fortsetzung nach W. Wir haben damit gezeigt, dass im Fall U , V das Funktional α stets eine Fortsetzung auf einen Unterraum W , U besitzt. Nach dem Lemma von Zorn existiert ein maximaler Unterraum Ũ ⊂ V, auf den sich α mit −p(−u) ≤ α(u) ≤ p(u) fortsetzen lässt. Ist Ũ , V, so lässt sich aber α noch weiter fortsetzen, was der Maximalität widerspricht! Es folgt Ũ = V und die Hauptaussage des Satzes ist bewiesen. Für die Zusatzaussage sei (V, ||.||) ein normierter Raum, U ⊂ V ein Unterraum und α : U → K ein stetiges lineares Funktional. Dann existiert nach Satz 2.2.2 ein C > 0 so dass |α(u)| ≤ C ||u|| für jedes u ∈ U. Setze p(v) = C ||v|| und für K = R folgt die Aussage aus dem ersten Teil des Satzes. Nun sei K = C. Das R-lineare Funktional Re(α) besitzt eine R-lineare Fortsetzung α̃R nach V mit |α̃R (v)| ≤ p(v). Sei α̃ das komplex-lineare Funktional mit Re(α̃) = α̃R . Ist v ∈ V, so existiert ein FUNKTIONALANALYSIS 56 θ ∈ R, so dass eiθ α̃(v) = α̃(eiθ v) ∈ R gilt. Es folgt |α̃(v)| = |eiθ α̃(v)| = |α̃R (eiθ v)| ≤ p(eiθ v) = p(v). Definition 3.1.4. Sei V ein normierter Vektorraum. Wir bezeichnen mit V 0 die Menge aller stetigen linearen Funktionale V → K. Wir nennen V 0 den stetigen Dualraum. Er ist in der Regel ein echter Teilraum des algebraischen Dualraums V∗. Lemma 3.1.5. Ein lineares Funktional α , 0 auf einem normierten Raum ist eine offene Abbildung. Es braucht in der Tat noch nicht einmal stetig zu sein. Beweis. Sei 0 , α : V → K eine lineare Abbildung und sei U ⊂ V eine offene Teilmenge. Wir wollen zeigen, dass das Bild α(U) offen ist. Sei also z ∈ α(U), also etwa z = α(u). Sei v ∈ V mit α(v) , 0. Dann ist die Menge M = {λ ∈ K : λv + u ∈ U} offen in K. Das Bild von α enthält die Menge aller α(λv + u) = λα(v) + z, wobei λ ∈ M ist. Dies ist gerade das Bild von M unter der affinen Abbildung m 7→ α(v)m + α(u), also offen. Damit enthält das Bild von α eine offene Umgebung des Punktes z. Da z beliebig war, ist das Bild offen. Erinnerung: eine Teilmenge A ⊂ V eines reellen Vektorraums V heisst konvex, falls A mit zwei Punkten auch deren Verbindungsstrecke enthält, also wenn für alle v, w ∈ V und t ∈ [0, 1] gilt v, w ∈ A ⇒ (1 − t)v + tw ∈ A. Satz 3.1.6. Konvexe Teilmengen lassen sich durch stetige lineare Funktionale trennen. FUNKTIONALANALYSIS 57 Genauer seien A, B nichtleere, konvexe Teilmengen eines normierten Raumes V mit A ∩ B = ∅. (a) Ist A offen, dann existiert ein α ∈ V 0 und ein T ∈ R mit Re(α(a)) < T ≤ Re(α(b)) für alle a ∈ A, b ∈ B. (b) Ist A kompakt und B abgeschlossen, so existieren α ∈ V 0 und S, T ∈ R mit Re(α(a)) < S < T < Re(α(b)) für alle a ∈ A, b ∈ B. Beweis. Nach Lemma 2.1.1 reicht es, K = R anzunehmen. Sei also V ein reeller normierter Raum. Wähle Fußpunkte a0 ∈ A und b0 ∈ B und setze v0 = b0 − a0 . Sei U = A − B + v0 = { a − b + v0 : a ∈ A, b ∈ B } [ = A − b + v0 . | {z } b∈B offen Dann ist U eine konvexe offene Nullumgebung in V. Sei 1 p(v) = inf t > 0 : v ∈ U . t def Es folgt p(λv) = λp(v) für λ > 0. Die Funktion p nimmt endliche Werte an und da U konvex ist, erfüllt p die Dreiecksungleichung, also es gilt p(v + w) ≤ p(v) + p(w) FUNKTIONALANALYSIS 58 für alle v, w ∈ V. Da v0 < U, folgt p(v0 ) ≥ 1. Auf dem eindimensionalen Raum Rv0 definiere ein Funktional α(tv0 ) = t. Nach Satz 3.1.3 setzt α zu einem Funktional auf V fort mit −p(−v) ≤ α(v) ≤ p(v). Wir zeigen, dass α stetig ist. Da U offen ist und die Null enthält, existiert ein r > 0 mit Br (0) ⊂ U. Das bedeutet: ||v|| < r ⇒ v ∈ U ⇒ p(v) < 1. Ersetzt man v durch rv, so heisst das ||v|| < 1 ⇒ p(v) < ||v|| = 1 ⇒ p(v) ≤ 1 r und im 1 r . Damit Grenzwert ||v|| ≤ 1 ⇒ p(v) ≤ 1 r also insbesondere 1 sup |α(v)| ≤ sup p(v) ≤ . r ||v||=1 ||v||=1 Also ist α beschränkt, ergo stetig. Sind nun a ∈ A und b ∈ B, so folgt α(a) − α(b) + 1 = α(a − b + v0 ) ≤ p(a − b + v0 ) < 1, also α(a) < α(b) Die Bilder α(A) und α(B) sind konvexe Teilmengen von R, also Intervalle. Da A offen ist, ist α(A) nach Lemma 3.1.5 ein offenes Intervall, damit folgt (a). (b) Beh.:Es gibt eine konvexe offene Nullumgebung U, so dass (A + U) ∩ B = ∅ gilt. Beweis: Angenommen nicht. Sei Bn der offene Ball B1/n (0). Es gilt dann (A + Bn ) ∩ B , ∅, also gibt es xn ∈ A + Bn , etwa xn = an + bn mit an ∈ A und ||bn || < 1/n. Da A kompakt ist, hat die Folge (an ) eine konvergente Teilfolge, wir ersetzen sie durch diese und nehmen an, dass (an ) gegen ein a0 in A konvergiert. Da bn → 0, folgt xn → a. Nun ist aber xn ∈ B und B ist abgeschlossen, also a0 ∈ A ∩ B, diese Menge war aber als leer angenommen worden. Widerspruch! Die Mengen A + U und B können nach Teil (a) durch ein stetiges Funktional α getrennt werden, dann ist α(A + U) ein offenes Intervall disjunkt zum Intervall α(B). Ferner ist α(A) ein kompaktes Intervall, das im offenen Intervall α(A + U) enthalten ist. FUNKTIONALANALYSIS 3.2 59 Von der offenen Abbildung und vom abgeschlossenen Graphen Satz 3.2.1 (Satz von der offenen Abbildung). Sei T : V → W eine stetige lineare Abbildung zwischen Banach-Räumen. T sei surjektiv. Dann ist T eine offene Abbildung. Insbesondere gilt: Ist T bijektiv und stetig, so ist die Umkehrabbildung T−1 ebenfalls stetig. Beweis. Sei B ⊂ V offen. Es ist zu zeigen, dass T(B) offen ist. Da T linear ist, reicht es zu zeigen, dass für jedes ε > 0 ein δ > 0 existiert, so dass T(Bε (0)) die Kugel Bδ (0) enthält. 1. Schritt. T(Bε (0)) enthält eine Kugel Bδ (0). S S S Sei B = Bε/2 (0). Aus V = n nB folgt W = T(V) = n nT(B) = n nT(B). Da der Banach-Raum W ein Baire-Raum ist, gibt es m ∈ N, w ∈ W und α > 0 mit mT(B) ⊃ Bα (w). Aus Bε (0) ⊃ B − B folgt T(Bε (0)) ⊃ T(B) − T(B), also T(Bε (0)) ⊃ T(B) − T(B) ⊃ T(B) − T(B) 1 1 ⊃ Bα (w) − Bα (w) m m = Bα/m (w/m) − Bα/m (w/m) ⊃ Bα/m (0). 2. Schritt. T(Bε (0)) enthält eine Kugel Bδ (0). P ε Wähle Zahlen rn > 0 mit ∞ n=0 rn < 2 . Sei Vα = Bα (0) und Wα = Bα (0) in W. Nach dem 1. Schritt gibt es δn > 0 mit Wδn ⊂ T(Vrn ). Wir können annehmen, dass δn eine Nullfolge ist. Sei w ∈ Wδ0 , also w ∈ T(Vr0 ). Zu dem gegebenen δ1 existiert FUNKTIONALANALYSIS 60 dann ein v0 ∈ Vr0 mit ||w − T(v0 )|| < δ1 , das heisst, w − T(v0 ) ∈ Wδ1 ⊂ T(Vr1 ). Dann existiert ein v1 ∈ Vr1 mit ||w − T(v0 ) − T(v1 )|| < δ2 . Durch Iteration erhalten wir eine Folge vn ∈ Vrn mit ||w − T(v0 ) − · · · − T(vn )|| < δn+1 . Also konvergiert die Reihe P∞ j=0 T(v j ) gegen w. Wegen ∞ ∞ X X ε vj ≤ rj < , 2 j=0 konvergiert auch die Reihe v = j=0 P∞ j=0 v j und es gilt ||v|| < 2ε , also v ∈ V 2ε . Es folgt T(v) = w und somit Wδ0 ⊂ T(B 2ε (0)). Sei T : V → W eine Abbildung, so ist der Graph von T die Menge G(T) = {(v, T(v)) : v ∈ V} ⊂ V × W. Satz 3.2.2 (Satz vom abgeschlossenen Graphen). Sei T : V → W eine lineare Abbildung zwischen Banach-Räumen. Der Graph G(T) ist genau dann abgeschlossen im Produkt V × W, wenn T stetig ist. Beweis. Sei T stetig und sei (v j , T(v j )) eine Folge im Graphen, die in V × W gegen (v, w) konvergiert. Das bedeutet v j → v und T(v j ) → w. Da T stetig ist, konvergiert T(v j ) gegen T(v), also folgt w = T(v), somit liegt (v, w) im Graphen, dieser ist also abgeschlossen. Sei umgekehrt der Graph abgeschlossen. Die Abgeschlossenheit des Graphen bedeutet, dass für jede konvergente Folge v j → v in V gilt: konvergiert T(v j ) gegen w ∈ W, so gilt T(v) = w. Der Graph ist als abgeschlossener linearer Unterraum des Produktes selbst ein Banach-Raum. Die Abbildung P : G(T) → V, FUNKTIONALANALYSIS 61 gegeben durch P(v, T(v)) = v ist stetig, surjektiv und injektiv, also auch offen. Damit ist die Umkehrabbildung v 7→ (v, T(v)) stetig, also auch deren Komposition mit der zweiten Projektion v 7→ T(v). Beispiel 3.2.3. Wir geben eine Abbildung f : X → Y zwischen metrischen Räumen, die einen abgeschlossenen Graphen hat, aber nicht stetig ist. Sei X = { n1 : n ∈ N} ∪ {0} mit der Metrik von R. Sei Y = R und f ( n1 ) = n, sowie f (0) = 0. 3.3 Prinzip der gleichmässigen Beschränktheit Satz 3.3.1 (Banach-Steinhaus). V sei ein Banach-Raum und W ein normierter Raum. (Ti )i∈I sei eine Familie stetiger linearer Abbildungen V → W. Die Familie sei punktweise beschränkt, d.h. zu jedem v ∈ V existiert ein cv > 0 so dass ||Ti (v)|| ≤ cv ||v|| für jedes i ∈ I gilt. Dann ist die Familie Ti gleichmässig beschränkt, d.h. es gilt sup ||Ti ||op < ∞. i∈I Beweis. Sei An = {v ∈ V : ||Ti (v)|| ≤ n ∀i∈I }. Dann ist An abgeschlossen und es gilt S V = n An . Also gibt es nach dem Satz von Baire ein n0 ∈ N, ein v0 ∈ V und ein ε > 0 mit An0 ⊃ B̄ε (v0 ). FUNKTIONALANALYSIS 62 Sei w ∈ V mit ||w|| = 1. Dann ist v = v0 + εw ∈ B̄ε (v0 ) ⊂ An0 , also folgt 1 2n0 v − v0 1 (||T (v) − T (v )|| ≤ , = (v)|| + (v )||) ≤ ||Ti (w)|| = Ti ||T ||T i i 0 i i 0 ε ε ε ε also ist ||Ti ||op ≤ 2n0 ε . Korollar 3.3.2. Punktweise Limiten stetiger linearer Operatoren sind stetig. Genauer sei V ein Banach-Raum, W ein normierter Raum. Eine Folge T j stetiger linearer Operatoren V → W, die punktweise konvergiert. Sei T(v) = lim j T j (v) für v ∈ V. Dann ist T ein stetiger linearer Operator von V nach W. Beweis. Die Linearität von T ist klar. Da die Folge T j punktweise konvergiert, ist sie punktweise beschränkt. Damit sind die Operatornormen beschränkt nach dem Satz von Banach-Steinhaus. Sei also etwa T j ≤ C für jedes j. Dann folgt op für ||v|| = 1, ||T(v)|| = lim ||Tn (v)|| ≤ C, j also ||T||op ≤ C und T ist stetig. 3.4 Dualität bei Banach-Räumen Seien V und W Banach-Räume. Auf dem Raum Hom(V, W) aller stetigen linearen Operatoren T : V → W installieren wir die Operatornorm. Lemma 3.4.1. Mit der Operatornorm ist Hom(V, W) wieder ein Banach-Raum. Beweis. Wir müssen Vollständigkeit zeigen. Sei T j eine Cauchy-Folge in Hom(V, W). Für v ∈ V ist T j (v) − Tk (v) = (T j − Tk )(v) ≤ ||v|| T j − Tk . op FUNKTIONALANALYSIS 63 Damit ist T j (v) eine Cauchy-Folge in W, also konvergent. Sei T(v) der Limes. Dann ist T wieder in Hom(V, W) nach Korollar 3.3.2. Wir müssen uns nur noch überzeugen, dass die Folge (T j ) auch in der Norm gegen T konvergiert. Hierbei hilft uns die Cauchy-Eigenschaft. Sei also ε > 0. Dann existiert ein j0 so dass für alle j, k ≥ j0 gilt T j − Tk ≤ ε. Für jedes v ∈ V mit ||v|| = 1 gilt dann T j (v) − Tk (v) ≤ ε und im Limes k → ∞ also T j (v) − T(v) ≤ ε. Da dies wie gesagt für jedes ||v|| = 1 gilt, folgt T j − Top ≤ ε und dies gilt für jedes j ≥ j0 , was die verlangte Konvergenz bedeutet. Insbesondere ist also der stetige Dualraum V 0 wieder ein Banach-Raum. Proposition 3.4.2. Sei V ein Banach-Raum. Die Abbildung δ : V → V 00 gegeben durch δv (α) = α(v) ist eine lineare Isometrie V ,→ V 00 . Beweis. Linearität ist klar. Isometrie zu sein heisst für δ, dass ||δv || = ||v|| gilt. Wir zeigen zunächst “≤”. Für v ∈ V ist ||δv || = sup |δv (α)| = sup |α(v)| ≤ ||v|| . ||α||=1 ||α||=1 |{z} ≤||α||||v|| Für die andere Abschätzung brauchen wir den Hahn-Banach Satz. Auf dem Raum Kv betrachte das Funktional β(tv) = t ||v|| und setze es linear fort zu einem FUNKTIONALANALYSIS 64 Funktional β mit |β(w)| ≤ ||w||. Da |β(v)| = ||v||, gilt dann β = 1. Also folgt ||δv || = sup |α(v)| ≥ |β(v)| = ||v|| . ||α||=1 Definition 3.4.3. Ein Banach-Raum V heisst reflexiv, falls die obige Abbildung δ : V → V 00 auch surjektiv ist. Eine Paarung zwischen zwei Vektorräumen V und W ist eine bilineare Abbildung b : V × W → K. Man kann eine Paarung h., .i auch beschreiben durch die induzierte lineare Abbildung φ : V → W ∗ ; φ(v)(w) = hv, wi oder auch durch die entstehende Abbildung W → V ∗ . Eine Paarung zwischen zwei Banach-Räumen heisst perfekte Paarung, falls die entstehenden Abbildungen jeweils in die stetigen Duale abbilden und isometrische Isomorphismen V −→ W 0 , W −→ V 0 induzieren. Lemma 3.4.4. Ein Banach-Raum V ist genau dann reflexiv, wenn die natürliche Paarung auf V × V 0 perfekt ist. Insbesondere ist V 0 dann auch reflexiv. Eine perfekte Paarung ist stetig. Beweis. Ist die Paarung perfekt, so ist V reflexiv. Ist umgekehrt V reflexiv, dann ist ja V → V 00 definitionsgemäss ein isometrischer Isomorphismus. Es bleibt zu zeigen, dass auch die induzierte Abbildung V 0 → V 0 ein isometrischer Isomorphismus ist. Diese Abbildung ist aber die Identität. Sei h., .i : V × W → K eine perfekte Paarung. Wir wollen zeigen, dass sie als Abbildung von V × W nach K stetig ist. Aus der Tatsache, dass V → W 0 isometrisch ist, folgt | hv, wi | ≤ ||v|| ||w|| ∀v∈E, w∈F . Sei also (v j , w j ) eine gegen (v, w) konvergente Folge in V × W, d.h. v j → v und FUNKTIONALANALYSIS 65 w j → w. Dann gilt D E D E D E D E | v j , w j − hv, wi | ≤ | v j , w j − v, w j | + | v, w j − hv, wi | D E D E = | v j − v, wn | + | v, w j − w | ≤ v j − v w j + ||v|| w j − w → 0. Beispiele 3.4.5. • Jeder endlich-dimensionale Banach-Raum ist reflexiv. • Jeder Hilbert-Raum ist reflexiv. Beweis. Sei H ein Hilbert-Raum. Wir müssen zeigen, dass δ : H → H00 surjektiv ist. Nach dem Satz von Riesz ist jedes α ∈ H0 von der Form α = αw für ein w ∈ H, wobei αw (v) = hv, wi ist. Die Abbildung Φ : w 7→ αw ist ein R-linearer isometrischer Isomorphismus H −→ H0 . Durch hαv , αw i = hv, wi wird ein Skalarprodukt auf H0 installiert, so dass H0 wieder ein Hilbert-Raum ist. Daher gibt es auch für H0 den kanonischen R-linearen Isomorphismus Φ0 : H0 → H00 . Wir zeigen Φ0 ◦ Φ = δ. Hierzu rechne für v, w ∈ H: Φ0 ◦ Φ(v)(αw ) = Φ0 (αv )(αw ) = ααv (αw ) = hαw , αv i = hv, wi = αw (v) = δv (αw ). • Für 1 < p < ∞ sei `p der Banach-Raum aller komplexen Folgen z = (z1 , z2 , . . . ) mit 1p ∞ X |z j |p < ∞. ||z||p = j=1 FUNKTIONALANALYSIS 66 Seien 1 < p, q < ∞ mit 1p + 1 q = 1. Wir behaupten, dass die Paarung h., .i : `p × `q → C ∞ X (z, w) 7→ z jw j j=1 perfekt ist. Die Konvergenz der Reihe folgt aus der Hoelder-Ungleichung, die besagt | hz, wi | ≤ ||z||p ||w||q . Für w ∈ `q sei αw : `p → C gegeben durch αw (z) = hz, wi. Dann sagt die Hoelder-Ungleichung ausserdem, dass αw ∈ (`p )0 und dass ||αw ||op ≤ ||w||q gilt. Wir wollen nun zeigen, dass hier Gleichheit gilt. Sei dazu w ∈ `q mit ||w||q = 1. Wir müssen zeigen, dass αw die Operatornorm 1 hat. Definiere z = (z1 , . . . ) durch q z j = θ j |w j | p , wobei θ j ∈ C mit |θ j | = 1 so gewählt ist, dass w j z j ≥ 0 ist. Dann ist z ∈ `p und es gilt p q ||z||p = hz, wi = ||w||q = 1. Wir haben also ein z ∈ `p gefunden mit ||z||p = 1 und αw (z) = 1, woraus ||αw ||op = 1 folgt, so dass w 7→ αw eine Isometrie ist. Wir müssen zeigen, dass diese Isometrie surjektiv ist. Sei dazu α ∈ (`p )0 . Für n ∈ N sei en = (0, . . . , 0, 1, 0 . . . ) mit der Eins an der n-ten Stelle. Setze wn = α(en ). Wir behaupten, dass die so entstehende Folge w in `q liegt. Sei zn = (z1 , . . . , zn , 0, . . . ) die bei n abgeschnittene Folge. Wir wollen zeigen, dass P∞ q j=1 |w j | < ∞ ist. Betrachte hierzu n X j=1 |w j | = q n X j=1 q−1 |w j | |w j | = n X j=1 q p |w j | |w j | = n X j=1 z j w j = hzn , wi = |α(zn )| ≤ C ||zn ||p , FUNKTIONALANALYSIS 67 q wobei z j = θ j |w j | p gewählt wird mit |θ j | = 1 und C = ||α||op ist. Nun ist wieder p q hzn , wi = hzn , wn i = ||zn ||p = ||wn ||q und daher q C≥ ||wn ||q ||zn ||p q = ||wn ||q q p q = q− ||wn ||q p = ||wn ||q . ||wn ||q Die Folge ||wn ||p ist monoton wachsend, also konvergent und daher ||w||q < ∞. Schliesslich gilt für beliebiges z ∈ `p , hz, wi = ∞ X z j w j = lim n j=1 n X z j w j = lim α(zn ) = α(z). n j=1 Aus Symmetriegründen folgt dasselbe für vertauschte p und q. Insbesondere ist `p reflexiv. • Wir liefern nun ein Beispiel eines nicht reflexiven Raums. Sei `∞ der Banach-Raum aller beschränkten Folgen z = (z1 , z2 , . . . ) in C mit der Norm ||z||∞ = sup |z j |. j∈N Ferner sei `1 der Banach-Raum der Folgen mit ||z||1 = P∞ j=1 |z j | < ∞. Wir zeigen zunächst, dass (`1 )0 = `∞ gilt via der Paarung h., .i : `1 × `∞ → C ∞ X (z, w) 7→ z jw j. j=1 Die Isometrie ist klar. Für die Surjektivität sei α ∈ (`1 )0 . Setze wn = α(en ). Da α beschränkt ist, liegt w ∈ `∞ und es gilt α(z) = hz, wi. Wäre nun der Raum `1 reflexiv, so müsste die Paarung perfekt sein. ist sie aber nicht, denn die entstehende Abbildung `1 → (`∞ )0 ist nicht surjektiv. Sei hierzu U ⊂ `∞ der abgeschlossene Unterraum der konvergenten Folgen. Sei α : U → C FUNKTIONALANALYSIS 68 gegeben durch α(z) = lim z j . j→∞ Dann ist α ein stetigen lineares Funktional, also gibt es nach Hahn-Banach eine stetige lineare Fortsetzung, die wir auch als α schreiben. Nun kann aber dieses α nicht von `1 kommen. 3.5 Schwache Topologien Definition 3.5.1. Die schwache Topologie auf einem Banach-Raum V ist definiert als die Initialtopologie aller α ∈ V 0 . Es handelt sich also um die Topologie, die erzeugt wird von allen Mengen der Form α−1 (U), wobei α ∈ V 0 und U ⊂ K offen ist. da all diese Mengen in der Normtopologie offen sind, ist die schwache Topologie gröber als die Normtopologie, hat also a priori weniger offene Mengen. Beispiele 3.5.2. • Ist V endlich-dimensional, dann ist die schwache Topologie gleich der Normtopologie. Hierzu reicht es, V = Cn anzunehmen. Die Koordinatenabbildungen v 7→ v j für j = 1, . . . , n sind stetige lineare Funktionale, also sind alle Mengen der Gestalt U1 × · · · × Un schwach offen, wenn U1 , . . . , Un ⊂ C offene Mengen sind. Diese Mengen erzeugen allerdings die Topologie von Cn , die auch die Normtopologie ist. • Wir werden später sehen, dass die schwache Topologie bei jedem unendlich-dimensionalen reflexiven Banach-Raum echt verschieden ist von der Normtopologie. Hier schon mal ein Beispiel. Sei V = `2 (N) und sei en = (0, . . . , 0, 1, 0, . . . ) ∈ V mit der 1 an der n-ten Stelle. Dann gilt ||en || = 1 für jedes n ∈ N, aber wir zeigen, dass die Folge (en ) schwach gegen 0 geht. FUNKTIONALANALYSIS 69 Damit ist die schwache Topologie echt verschieden von der Normtopologie. Um zu zeigen, dass en → 0 gilt, müssen wir zeigen, dass α(en ) → 0 gilt für jedes α ∈ V 0 . Sei also α ∈ V 0 . Dann gibt es nach dem Satz von Riesz genau ein w ∈ V mit α(v) = hv, wi für jedes v ∈ V. Insbesondere also α(en ) = wn . P 2 2 Nun gilt aber ∞ j=1 |w j | = ||w|| < ∞, also geht die Folge w j gegen Null, also geht α(en ) gegen Null. Erinnerung: Eine Abbildung f : X → V von einem topologischen Raum X nach V ist genau dann stetig bezüglich der schwachen Topologie, wenn α ◦ f : X → K für jedes α ∈ V 0 stetig ist. Jede schwach offene Menge ist auch offen in der Norm-Topologie, aber nicht umgekehrt, die Norm-Topologie hat also mehr offene Mengen. Ist A ⊂ V, so bezeichnet wie bisher A den Abschluss in der Norm-Topologie. w Den Abschluss in der schwachen Topologie bezeichnen wir mit A . Da die schwache Topologie weniger offene Mengen hat als die Norm-Topologie, hat sie auch weniger abgeschlossenen Mengen, also gilt immer w A ⊃ A. Satz 3.5.3. Sei K ⊂ V eine konvexe Teilmenge des Banach-Raums V. Dann ist der schwache Abschluss gleich dem Norm-Abschluss, also w K = K. w Beweis. Die Inklusion K ⊂ K gilt sowieso. Für die umgekehrte Inklusion sei w v ∈ V r K, wir zeigen v < K . Nach Satz 3.1.6 gibt es ein α ∈ V 0 und S, T ∈ R mit Re(α(v)) < S < T < Re(α(w)) FUNKTIONALANALYSIS 70 für jedes w ∈ K. Daher ist die Menge {u ∈ V : Re(α(u)) < S eine schwache Umgebung von v, die K nicht trifft. Also liegt v nicht im schwachen Abschluss w von K und also auch nicht in K . Satz 3.5.4. Sei V ein Banach-Raum. Sei (vn ) eine Folge in V, die schwach gegen v ∈ V konvergiert. Dann existiert eine Folge (w j ) in V so dass • jedes w j ist eine Konvexkombination von endlich vielen vn und • w j → v in der Norm. Genauer heisst das, dass es für jedes j ∈ N Zahlen an, j ≥ 0 gibt, so dass für jedes j nur endlich viele an, j , 0 sind und so dass gilt ∞ X an, j = 1, n=1 ∞ X an, j vi = w j . n=1 Beweis. Sei K die konvexe Hülle aller vn und sei W der schwache Abschluss von K. Dann liegt v in W. Da K konvex ist, gilt W = K, also gibt es eine Folge in K, die gegen v konvergiert. Beispiel 3.5.5. Wir wenden dies auf die Folge en in V = `2 (N) an. Es gibt demnach eine Konvexkombination vn der ek so dass ||vn || → 0. In der Tat, sei vn = so gilt ||vn ||2 = n n2 = 1 n 1 (e1 + · · · + en ), n → 0. Lemma 3.5.6. Jede schwach konvergente Folge ist normbeschränkt. Sei also v j eine schwach konvergente Folge in einem Banach-Raum V. Dann existiert ein C > 0 so dass v j ≤ C für jedes j ∈ N. FUNKTIONALANALYSIS 71 Beweis. Sei v j schwach konvergent. Dann ist die Folge linearer Funktionale δv j : V 0 → K punktweise konvergent, also punktweise beschränkt, somit nach dem Satz von Banach-Steinhaus normbeschränkt, also existiert ein C > 0 mit C ≥ δv j = v j (siehe Proposition 3.4.2). Definition 3.5.7. Sei V ein Banach-Raum und V 0 sein stetiger Dualraum. Die schwach-*-Topologie auf V 0 ist die Topologie erzeugt von allen Abbildungen δv : V 0 → K, v ∈ V. Satz 3.5.8 (Banach-Alaoglu). Der abgeschlossene Einheitsball ist schwach-*-kompakt. Genauer sei V ein Banach-Raum und V 0 sein stetiger Dual. Sei ||·|| die Norm auf V 0 und sei B0 = {α ∈ V 0 : ||α|| ≤ 1} . Dann ist B0 kompakt in der schwach-*-Topologie. Beweis. Sei E die Menge aller α ∈ K mit |α| ≤ 1. Betrachte die Abbildung Y def 0 φ:B →X = ||v|| E gegeben durch v∈V α 7→ (αv )v∈V , αv = α(v). Der Raum X ist nach dem Satz von Tychonov kompakt. Die schwach-*-Topologie ist die Initialtopologie der Abbildung φ, welche injektiv ist, also B0 mit einer Teilmenge von X identifiziert. Wir müssen nur zeigen, dass diese Teilmenge abgeschlossen ist. Sei F ⊂ X die Teilmenge aller α ∈ X so dass für alle v, w ∈ V und alle λ, µ ∈ K gilt αλv+µw = λαv + µαw . FUNKTIONALANALYSIS 72 Dann ist F abgeschlossen in der Produkttopologie. Nun ist F ⊂ X aber gerade das Bild von φ, welches damit abgeschlossen ist. Korollar 3.5.9. Ist V ein reflexiver Banach-Raum, dann ist die Einheitskugel B = B1 (0) in V schwach kompakt. Beweis. Sei W = V 0 , dann ist B die Einheitskugel in W 0 , also schwach-*-kompakt. Die schwach-*-Topologie auf W 0 ist aber die Topologie erzeugt von W = V 0 , also gleich der schwachen Topologie. Beachte, dass bei nicht-reflexiven Banach-Räumen W die schwache Topologie auf W 0 nicht mit der schwach-*-Topologie übereinstimmen muss. Korollar 3.5.10. Ist V ein unendlich-dimensionaler reflexiver Banach-Raum, dann ist die Norm-Topologie verschieden von der schwachen. Beweis. In der Norm-Topologie ist die abgeschlossene Einheitskugel nicht kompakt. Satz 3.5.11. Ist (v j ) eine Folge paarweise orthogonaler Vektoren in einem Hilbert-Raum H, so sind äquivalent: (a) ∞ X v j konvergiert in der Normtopologie, j=1 (b) ∞ X v j konvergiert schwach, j=1 ∞ X 2 (c) v j < ∞. j=1 FUNKTIONALANALYSIS 73 Beweis. (a)→(b) ist klar. (b)→(c): Da die v j paarweise orthogonal sind, gilt ||v1 + · · · + vn ||2 = ||v1 ||2 + · · · + ||vn ||2 . Da die Folge v1 + · · · + vn schwach konvergiert, ist sie normbeschränkt, damit folgt (c). (c)→(a): Wieder wegen ||v1 + · · · + vn ||2 = ||v1 ||2 + · · · + ||vn ||2 ist Cauchy-Folge, also konvergent. Pn j=1 v j eine Kapitel 4 Stetige Operatoren auf Hilbert-Räumen Ab jetzt arbeiten wir nur noch über K = C. 4.1 Adjungierte Operatoren Für einen Hilbert-Raum H schreiben wir B(H) für den Banach-Raum aller stetigen Operatoren T : H → H. Satz 4.1.1. Sei H ein Hilbert-Raum und T ∈ B(H). (a) Es gibt genau einen linearen Operator T∗ auf H so dass für alle v, w ∈ H gilt hTv, wi = hv, T∗ wi . Dieser heisst der adjungierte Operator zu T. Ein Operator T heisst selbstadjungiert, falls T∗ = T gilt. √ (b) Es gilt ||T∗ || = ||T|| = ||T∗ T||. (c) Für S, T ∈ B(H) und λ, µ ∈ C gilt (λS + µT)∗ = λS∗ + µT∗ , 74 (ST)∗ = T∗ S∗ , (T∗ )∗ = T. FUNKTIONALANALYSIS 75 Beweis. (a) Sei w ∈ H fest. Das lineare Funktional α(v) = hTv, wi ist als Komposition stetiger Abbildungen stetig, also existiert genau ein Vektor u = T∗ w so dass für jedes v ∈ H gilt hTv, wi = hv, T∗ wi . Die so definierte Abbildung w 7→ T∗ w ist schnell als linear erkennt, etwa gilt hv, T∗ (w + w0 )i = hTv, w + w0 i = hTv, wi+hTv, w0 i = hv, T∗ wi+hv, T∗ w0 i = hv, T∗ w + T∗ w0 i , so dass die Eindeutigkeit im Rieszschen Satz die Gleichung T∗ (w + w0 ) = T∗ w + T∗ w0 impliziert. Die Skalarmultiplikation T∗ (αw) = αT∗ w für α ∈ C geht ebenso. (b) Wir zeigen zuerst: T∗ ist beschränkt und T∗∗ = T. Sei hierzu für w ∈ H das Funktional αw definiert als αw (v) = hv, wi. Wir stellen nun fest, dass für die Norm dieses Funktionals gilt ||αw || = ||w|| . Dies folgt einerseits aus der Cauchy-Schwarz-Ungleichung, die besagt |αw (v)| = | hv, wi | ≤ ||v|| ||w|| und andererseits aus αw (w) = ||w||2 . Beachte nun αT∗ w (v) = hv, T∗ wi = hTv, wi = αw ◦ T(v). Daher folgt ||T∗ w|| = ||αT∗ w || = ||αw ◦ T|| ≤ ||w|| ||T|| . Also gilt ||T∗ || ≤ ||T||. Weiter ist hv, Twi = hT∗ v, wi = hv, (T∗ )∗ wi , also T∗∗ = T und damit folgt aus ||T|| ≥ ||T∗ || ≥ ||(T∗ )∗ || = ||T|| schon ||T|| = ||T∗ ||. Es gilt ||Tv||2 = hTv, Tvi = hT∗ Tv, vi = ||T∗ Tv|| ||v|| ≤ ||T∗ T|| ||v||2 ≤ ||T∗ || ||T|| ||v||2 = (||T|| ||v||)2 . FUNKTIONALANALYSIS 76 √ ||T∗ T||. Teil (c) ist leicht Also ||T||2 ≤ ||T∗ T|| ≤ ||T||2 , was bedeutet ||T|| = nachzurechnen. • Sei H = Cn mit dem üblichen Skalarprodukt. Dann ist jeder Beispiele 4.1.2. t lineare Operator auf H durch eine Matrix A gegeben und es gilt A∗ = A wie man in der Linearen Algebra sieht. • Sei H = `2 (N) und sei k : N × N → C mit C = P i, j∈N |k(i, j)|2 < ∞. Dann definiert k einen linearen Operator Tk durch Tk ϕ(i) = ∞ X k(i, j)ϕ( j), j=1 wobei wir jetzt Elemente von `2 (N) als Abbildungen ϕ : N → C mit P 2 j |ϕ( j)| < ∞ auffassen. Nach der Hoelder-Ungleichung gilt dann 2 Tk ϕ = ∞ X ∞ X i=1 j=1 2 ∞ X ∞ ∞ X X 2 2 k(i, j)ϕ(j) ≤ |k(i, j)| |ϕ(ν)|2 = C ϕ . ν=1 i=1 j=1 Damit ist Tk wohldefiniert und stetig. Wir behaupten, dass sein adjungierter Operator Tk∗ gegeben ist durch den Kern k∗ (i, j) = k( j, i). Zum Beweis rechnen wir für ϕ, ψ ∈ `2 (N), ϕ, Tk∗ ψ = = = ∞ X i=1 ∞ X i=1 ∞ X j=1 ϕ(i)Tk∗ ψ(i) = ∞ X ϕ(i) i=1 ϕ(i) ∞ X j=1 k( j, i)ψ( j) = ∞ X k∗ (i, j)ψ( j) j=1 ∞ ∞ XX j=1 i=1 Tk ϕ( j)ψ( j) = Tk ϕ, ψ . k(j, i)ϕ(i)ψ( j) FUNKTIONALANALYSIS 4.2 77 Isometrien Definition 4.2.1. Der Operator T auf einem Hilbert-Raum heisst unitär, falls TT∗ = T∗ T = Id gilt. Satz 4.2.2. Der Operator T : H → H ist genau dann unitär, wenn er ein isometrischer Isomorphismus ist. Beweis. Ist T unitär, dann ist er isometrisch, denn es gilt dann hTv, Twi = hT∗ Tv, wi = hv, wi . Er ist ferner surjektiv, da invertierbar. Sei nun T isometrisch und surjektiv. Da T isometrisch ist, ist T injektiv, also zusammen bijektiv. Für v, w ∈ H gilt hv, wi = hTv, Twi = hT∗ Tv, wi . Also folgt T∗ T = Id, damit ist T∗ eine Linksinverse zu T. Da T invertierbar ist, ist T∗ auch eine Rechtsinverse, T also unitär. Beispiele 4.2.3. • Auf `2 (N) sei T definiert durch T(x1 , x2 , . . . ) = (0, x1 , x2 , . . . ). Dann folgt ||Tx||2 = ||x||2 , also ist T eine Isometrie, aber da e1 < Bild(T), ist T nicht surjektiv, also nicht unitär. Der Operator T wird der Shiftoperator FUNKTIONALANALYSIS 78 genannt. Man sieht leicht, dass T∗ (x1 , x2 , . . . ) = (x2 , x3 , . . . ) und damit folgt T∗ T = Id. Man sieht also, dass die Identität T∗ T = Id allein nicht zur Unitarität ausreicht! • Auf `2 (Z) ist der Shiftoperator T(. . . , x−1 , x0 , x1 , . . . ) = (. . . , x−2 , x−1 , x0 , . . . ), also (Tx)k = xk−1 unitär. • Ist f ∈ L1 (R), so ist die Fourier-Transformierte Z fˆ(x) = f (y)e2πixy dy R definiert. Ist f ∈ L1 ∩ L2 , so besagt der Satz von Plancherel: f = fˆ , 2 2 2 R wobei f 2 = R | f (x)|2 dx die L2 -Norm ist. Der Raum L1 ∩ L2 liegt dicht in L2 und daher setzt die Fourier-Transformation zu einer Isometrie auf dem Hilbert-Raum L2 (R) aus. Man zeigt, dass die Fourier-Transformierte in der Tat unitär ist mit fˆˆ(x) = f (−x). • Eine n × n Matrix A ∈ Mn (C) ist als Operator auf Cn genau dann unitär, t wenn A∗ = A−1 , wobei A∗ = A . FUNKTIONALANALYSIS 4.3 79 Projektionen Erinnerung: Ein stetiger Operator P auf einem Hilbert-Raum H ist eine Projektion oder ein Projektionsoperator, falls gilt P2 = P. Satz 4.3.1. Sei P ein stetiger Projektionsoperator auf einem Hilbert-Raum H. Dann ist das Bild Bild(P) abgeschlossen und es gilt H = Ker(P) ⊕ Bild(P). Stehen Kern und Bild senkrecht aufeinander, so nennen wir P eine Orthogonalprojektion. Eine Projektion P ist genau dann eine Orthogonalprojektion, wenn sie selbstadjungiert ist, also wenn P = P∗ . Beweis. Sei zunächst v ∈ Ker(P) ∩ Bild(P), dann gibt es w mit v = Pw. Es folgt v = Pw = P2 w = P(Pw) = P(v) = 0. Damit ist die Summe direkt. Sei nun v ∈ H, dann ist v = (v − P(v)) + P(v) und v − P(v) ∈ Ker(P), denn P(v − P(v)) = P(v) − P2 (v) = P(v) − P(v) = 0. Damit ist die Summenzerlegung gezeigt. Das Bild ist abgeschlossen, denn für v ∈ H gilt v ∈ Bild(P) ⇔ v = P(v) ⇔ (P − 1)v = 0, also gilt Bild(P) = Ker(P − 1) und damit ist Bild(P) abgeschlossen. Sei nun P eine Orthogonalprojektion, die Summe also orthogonal. Jedes v ∈ H FUNKTIONALANALYSIS 80 zerlegt sich dann eindeutig als v = v0 + P(v) mit v0 ∈ Ker(P). Für v, w ∈ H gilt hPv, wi = hPv, w0 + Pwi = hPv, w0 i + hPv, Pwi | {z } =0 = hPv, Pwi + hv0 , Pwi = hv, Pwi . Daher ist P selbstadjungiert. Für die Umkehrung sei P eine selbstadjungierte Projektion. Sei v ∈ Bild(P) und w ∈ Ker(P). Dann gilt hv, wi = hPv, wi = hv, Pwi = 0. Also ist P eine Orthogonalprojektion. Beispiele 4.3.2. • Ist v0 ∈ H mit ||v0 || = 1, dann ist die Abbildung P(v) = hv, v0 i v0 die Orthogonalprojektion auf den eindimensionalen Unterraum U = Cv0 . • Sei H = L2 ([0, 1]) und sei A ⊂ [0, 1] eine messbare Teilmenge. Die Abbildung PA : H → H definiert durch PA ϕ(x) = 11A (x)ϕ(x) ist eine Orthogonalprojektion. mit Bild isomorph zu L2 (A). • Sei (X, A , µ) ein Wahrscheinlichkeitsraum, also ein Maßraum mit µ(X) = 1 und sei B ⊂ A eine Unter-σ-Algebra. Der Raum L2 (µ|B ) aller B -messbaren L2 -Funktionen ist ein abgeschlossener Teilraum von L2 (µ). Sei PB die Orthogonalprojektion mit Bild L2 (µ|B ). In der Wahrscheinlichkeitstheorie ist PB als bedingter Erwartungswert bekannt. Als Beispiel betrachten wir den Fall B = {∅, X}. Dann ist L2 (µ|B ) der Raum der konstanten Funktionen und FUNKTIONALANALYSIS 81 daher ist Z PB (ϕ) = ϕ, 1 · 1 = ϕ(x) dµ(x) · 1. X Lemma 4.3.3. Für eine Orthogonalprojektion P gilt ||P(v)|| ≤ ||v|| und ||Pv|| = ||v|| ⇔ Pv = v. Beweis. klar. Satz 4.3.4. Seien P1 , P2 Orthogonalprojektionen auf einem Hilbert-Raum H. Seien V1 und V2 die Bildräume, also Pi (H) = Vi . Dann sind äquivalent: (a) V1 ⊥ V2 , (b) P1 P2 = 0, (c) P1 + P2 ist eine Projektion. Ist dies erfüllt, dann ist P1 + P2 eine Orthogonalprojektion mit Bild V1 ⊕ V2 . Beweis. (c)→(b): Es gilt P1 + P2 = (P1 + P2 )2 = P21 + P22 + P1 P2 + P2 P1 = P1 + P2 + P1 P2 + P2 P1 , also ist P1 P2 + P2 P1 = 0. Wir multiplizieren einmal von links und einmal von rechts mit P1 und erhalten P1 P2 + P1 P2 P1 = 0 = P2 P1 + P1 P2 P1 , also P1 P2 = P2 P1 = 0. (b)→(a): Die Gleichung P1 P2 = 0 bedeutet, dass V2 , das Bild von P2 , im Kern von P1 , also in V1⊥ liegt. Daher folgt V1 ⊥ V2 . (a)→(c): Es gilt (V1 ⊕ V2 )⊥ = V1⊥ ∩ V2⊥ und also H = V1 ⊥ V2 ⊥ (V1⊥ ∩ V2⊥ ). FUNKTIONALANALYSIS 82 Sei v = v1 + v2 + w ∈ H in dieser Zerlegung geschrieben. Sei Q die Orthogonalprojektion mit Bild V1 ⊕ V2 , so gilt Q(v) = v1 + v2 . Andererseits ist auch (P1 + P2 )(v) = v1 + v2 . Satz 4.3.5. Seien Pi , Vi wie im letzten Satz. Dann sind äquivalent: (a) V1 ⊂ V2 , (b) P1 P2 = P2 P1 = P1 , (c) P2 − P1 ist eine Projektion. Ist dies erfüllt, dann ist P2 − P1 eine Orthogonalprojektion mit Bild V2 ∩ V1⊥ . Beweis. (a)→(b): Sei V3 = V2 ∩ V1⊥ . Dann ist V2 = V1 ⊥ V3 und H = V1 ⊥ V3 ⊥ V2⊥ . Zerlege ein gegebenes v ∈ H entsprechend v = v1 + v3 + v2 . Dann ist P1 P2 (v) = P1 (v1 + v3 ) = v1 = P1 (v) = P2 P1 (v). (b)→(c): Es ist (P2 − P1 )2 = P22 + P21 − P1 P2 − P2 P1 = P2 + P1 − P1 − P − 1 = P2 − P1 . (c)→(a): Sei v ∈ E1 . Dann ist P2 (v) − v = (P2 − P1 )(v) = (P2 − P1 )2 (v) = P2 (v) + v − P2 (v) − P1 P2 (v) = v − P1 P2 (v), also (1 + P1 )P2 (v) = 2v. Wenden wir hierauf P1 an, erhalten wir P1 P2 (v) = v, woraus nach Lemma 4.3.3 folgt P2 (v) = v. Satz 4.3.6. Sein Pi , Vi wie im letzten Satz. Dann sind äquivalent: (a) P1 P2 ist Projektion, (b) P1 P2 = P2 P1 , FUNKTIONALANALYSIS 83 (c) Es gibt paarweise senkrechte Unterräume W1 , W2 , V mit V1 = V ⊥ W 1 , V2 = V ⊥ W 2 . In diesem Fall ist P1 P2 eine Orthogonalprojektion mit Bild V. Beweis. Übungsaufgabe. 4.4 Normale Operatoren Definition 4.4.1. Ein Operator T ∈ B(H) heisst normal, falls TT∗ = T∗ T. Beispiele 4.4.2. • Jeder selbstadjungierte Operator ist normal. • Eine Matrix A ∈ Mn (C) ist genau dann normal, wenn es ein k ∈ U(n) und eine Diagonalmatrix D gibt, so dass A = kDk−1 gilt. Satz 4.4.3. Ein Operator T ∈ B(H) ist genau dann normal, wenn ||Tv|| = ||T∗ v|| für jedes v ∈ H gilt. Für einen normalen Operator T gilt (a) Ker(T) = Ker(T∗ ), (b) Bild(T) ist genau dann dicht in H, wenn T injektiv ist, (c) T ist genau dann invertierbar, wenn es ein δ > 0 gibt so dass ||Tv|| ≥ δ ||v|| für jedes v ∈ H, (d) gilt Tv = λv für ein v ∈ H und λ ∈ C, dann folgt T∗ v = λv, FUNKTIONALANALYSIS 84 (e) sind λ und µ verschiedene Eigenwerte von T, dann stehen die zugehörigen Eigenräume senkrecht aufeinander. Beweis. Ist T normal, so gilt ||Tv||2 = hTv, Tvi = hv, T∗ Tvi = hv, TT∗ vi = hT∗ v, T∗ vi = ||T∗ v||2 . Ist umgekehrt ||Tv|| = ||T∗ v||, so folgt aus der Polarisierungsidentität, dass für alle v, w ∈ H die Gleichung hTv, Twi = hT∗ v, T∗ wi gilt. Also folgt hT∗ Tv, wi = hTv, Twi = hT∗ v, T∗ wi = hTT∗ v, wi , so dass T∗ T = TT∗ folgt. (a) Sei v ∈ Ker(T), so folgt 0 = ||Tv|| = ||T∗ v||, also v ∈ Ker(T∗ ). Die Rückrichtung folgt aus Symmetrie. (b) Sei das Bild dicht, so ist wegen hTv, wi = hv, T∗ wi der Operator T∗ injektiv. Wegen ||Tv|| = ||T∗ v|| ist dann T injektiv. Sei umgekehrt T (und also T∗ ) injektiv und sei u ∈ Bild(T)⊥ . Für jedes w ∈ H folgt 0 = hu, Twi = hT∗ u, wi, also u ∈ Ker(T∗ ), somit u = 0. (c) Es existiere solch ein δ. Ist dann (Tv j ) eine Cauchy-Folge im Bild, dann ist (v j ) eine Cauchy-Folge, also konvergent gegen ein u ∈ H. Dann ist Tu der Limes der Folge (Tv j ), also ist das Bild abgeschlossen. Da T injektiv ist, folgt nach (b), dass T surjektiv, also bijektiv ist. Sei umgekehrt T invertierbar, dann folgt ||v|| = T−1 Tv ≤ T−1 ||Tv||, man kann also δ = 1/ T−1 nehmen. (d) Es gelte Tv = λv und es sei v , 0, so folgt T(T∗ v) = T∗ Tv = λT∗ v, also liegt T∗ v wieder im T-Eigenraum zum Eigenwert λ. Sei w ein weiterer Vektor in diesem D E Eigenraum, so gilt hT∗ v, wi = hv, Twi = hv, λwi = λ hv, wi = λv, w . Da dies für FUNKTIONALANALYSIS 85 jedes w aus dem Eigenraum gilt, folgt T∗ v = λv. (e) Sind λ und µ zwei verschiedene Eigenwerte. Seien v und w zugehörige Eigenvektoren, so gilt λ hv, wi = hλv, wi = hTv, wi = hv, T∗ wi = v, µw = µ hv, wi , also hv, wi = 0. Beispiele 4.4.4. • In der Linearen Algebra lernt man, dass jeder normale Operator auf dem Cn diagonalisierbar ist, dass also Cn eine Basis von Eigenvektoren besitzt. • Jeder Operator T ∈ B(H) kann als Linearkombination von selbstadjungierten Operatoren geschrieben werden: T = Re(T) + i Im(T), wobei Re(T) = 21 (T + T∗ ) und Im(T) = 2i1 (T − T∗ ). Es ist dann T∗ = Re(T) − i Im(T) und T ist genau dann normal, wenn je zwei der drei Operatoren T, Re(T), Im(T) miteinander kommutieren. Kapitel 5 Funktionalkalkül 5.1 Spektrum und Resolvente Definition 5.1.1. Sei T ein stetiger linearer Operator auf einem Hilbert-Raum H. Die Resolventenmenge Res(T) von T ist die Menge aller λ ∈ C, für die der Operator T − λ = T − λId bijektiv ist. Nach dem Satz der offenen Abbildung ist dann die Umkehrabbildung (T − λ)−1 wieder ein stetiger Operator, der die Resolvente genannt wird. Der Name kommt daher, dass die Resolvente es erlaubt, die Gleichung (T − λ)x = a zu lösen, es ist dann nämlich x = (T − λ)−1 a. Definition 5.1.2. Die Menge σ(T) = C r Res(T) heisst das Spektrum von T. Beispiel 5.1.3. Ist H endlich-dimensional, dann besteht σ(T) genau aus den Nullstellen des charakteristischen Polynoms, es ist dann also σ(T) = Menge der Eigenwerte von T. 86 FUNKTIONALANALYSIS 87 Definition 5.1.4. Sei T ein stetiger Operator auf einem Hilbert-Raum H. Ist Ker(T − λ) , 0, so heisst λ Eigenwert von T. Es gibt auch Spektralwerte, die keine Eigenwerte sind. In diesem Fall ist t − λ zwar injektiv, nicht aber surjektiv. Beispiel 5.1.5. Multiplikationsoperator Sei H = L2 (0, 1) und sei T : H → H gegeben durch T( f )(t) = t f (t). Wir behaupten, dass T keine Eigenwerte hat, das Spektrum aber aus dem ganzen Intervall [0, 1] besteht. Beweis. Zum ersten sei λ ∈ C und f ∈ H mit (T − λ) f = 0. Das heisst, dass 0 = (T − λ) f (t) = t f (t) − λ f (t) = (t − λ) f (t) fast überall in t ∈ T gilt. Für t , λ heisst das aber f (t) = 0, also f = 0 fast überall. Zum zweiten sei λ ∈ C r [0, 1], dann ist T invertierbar, der Inverse Operator ist S mit 1 f (t). t−λ Schliesslich sei λ ∈ [0, 1]. Angenommen, T − λ wäre surjektiv. Dann gäbe es S( f )(t) = f ∈ L2 (0, 1) mit (T − λ)( f ) = 1 (konstante Funktion). Es wäre also (t − λ) f (t) = 1 fast überall, also 1 t−λ fast überall. Diese Funktion liegt aber nicht in L2 . Widerspruch! f (t) = Lemma 5.1.6. Für einen stetigen Operator T auf einem Hilbert-Raum H gilt σ(T∗ ) = σ(T). Beweis. Ein Operator S ist genau dann invertierbar, wenn S∗ invertierbar ist. Wegen (T∗ − λ) = (T − λ)∗ folgt, dass λ genau dann in der Resolventenmenge von FUNKTIONALANALYSIS 88 T∗ liegt, wenn λ in der Resolventenmenge von T ist. Die Einheitengruppe von B(H) ist die Gruppe B(H)× aller invertierbaren Operatoren in B(H). Satz 5.1.7. (a) Die Einheitengruppe B(H)× ist eine offene Teilmenge von B(H). Die Inversion T 7→ T−1 ist eine stetige Abbildung B(H)× → B(H)× . (b) Die Abbildung φT : C → B(H) mit φT (λ) = T − λ ist stetig. Die Resolventenmenge Res(T) ist eine offene und das Spektrum eine abgeschlossene Teilmenge von C. (c) Das Spektrum von T ∈ B(H) ist eine abgeschlossene Teilmenge der abgeschlossenen Kreisscheibe B||T|| (0) ⊂ C. Beweis. (a) Wir zeigen zunächst, dass B(H)× eine offene Umgebung der Identität enthält. Genauer zeigen wir B1 (Id) ⊂ B(H)× . Der Einfachheit halber schreiben wir Id = 1. Es ist B1 (1) = {T : ||T − 1|| < 1} = {1 − R : ||R|| < 1}. Sei also R ∈ B(H) mit ||R|| < 1. Wir müssen zeigen, dass 1 − R invertierbar ist. Die P n Reihe ∞ n=0 ||R|| konvergiert in C. Also konvergiert die geometrische Reihe S= ∞ X n=0 Rn FUNKTIONALANALYSIS 89 absolut in B(H). Es ist (1 − R)S = S(1 − R) = (1 − R) ∞ X Rn = n=0 ∞ X Rn − n=0 ∞ X Rn+1 = 1. n=0 Ist nun U ∈ B(H)× beliebig, dann ist UB1 (1) eine offene Umgebung von U, die ganz in B(H)× liegt, denn es ist 1 } = B1/||U−1 || (U). UB1 (1) = {U − UR : ||R|| < 1} ⊃ {U − Z : ||Z|| < −1 U Also ist B(H)× offen. Nun zur Stetigkeit der Inversion: Wir zeigen, dass die Inversion die Menge B1 (1) in sich wirft und dort stetig ist. Hieraus folgt die Behauptung, denn auf der offenen Menge B1 (1)T0 ist die Inversion eine Komposition stetiger Abbildungen: T 7→ TT01 7→ T0 T−1 7→ T−1 . Es reicht also zu zeigen, dass die Inversion auf B1 (1) stetig ist. Seien hierzu S, T ∈ B(H) mit ||S|| ||T|| < c < 1. Dann folgt für n ∈ N, n−1 n−1 X X n n k n−1−k ≤ ||S − T|| ST ||S − T || = (S − T) ||S||k ||T||n−1−k k=0 k=0 ≤ ||S − T|| n−1 X cn−1 = ||S − T|| ncn−1 k=0 und damit ∞ ∞ X X ||S − T|| n n −1 −1 (1 − S) − (1 − T) = ncn−1 = S − T ≤ ||S − T|| . 2 (1 − c) n=0 n=0 Die ist die verlangte Stetigkeit der Inversion. FUNKTIONALANALYSIS 90 (b) Für λ, µ ∈ C gilt φT (λ) − φT (µ) = µ − λ = |λ − µ|, also ist φT stetig. Die Resolventenmenge ist das Urbild der offenen Menge B(H)× , also offen in C. Das Spektrum ist das Komplement der offenen Resolventenmenge, also abgeschlossen. (c) Sei λ ∈ C mit |λ| > ||T||. Wir müssen zeigen, dass λ < σ(T), also dass T − λ invertierbar ist. Es ist T − λ = λ( λ1 T − 1) und für den Operator R = λ1 T gilt ||R|| = 1 |λ| ||T|| < 1, also ist R − 1, und damit auch T − λ, invertierbar. Sei D ⊂ C offen und sei f : D → V eine Abbildung, wobei V ein Banach-Raum ist. Wir sagen, f ist holomorph, wenn für jedes z ∈ D der Grenzwert 1 f 0 (z) = lim ( f (z + h) − f (z)) h→0 h in V existiert. Ist f holomorph und ist α : V → C ein stetiges lineares Funktional, dann ist die Funktion z 7→ α( f (z)) eine holomorphe Funktion von D nach C. Lemma 5.1.8. Sei H ein Hilbert-Raum und sei T ∈ B(H). Dann ist die Abbildung f : λ 7→ (T − λ)−1 holomorph auf der Resolventenmenge Res(T). Beweis. Nach dem Satz ist f stetig. Sei λ ∈ Res(T) und sei h eine kleine komplexe Zahl. Dann ist h1 ( f (λ + h) − f (λ)) gleich 1 1 (T − λ − h)−1 − (T − λ)−1 = ((T − λ) − (T − λ − h)) (λ + h − T)−1 (λ − T)−1 h h = −(T − λ − h)−1 (T − λ)−1 . Diese Abbildung ist stetig in h = 0. Definition 5.1.9. Sei H ein Hilbert-Raum. Für T ∈ B(H) sei der Spektralradius FUNKTIONALANALYSIS 91 r(T) definiert als r(T) = sup |λ|. λ∈σ(T) Satz 5.1.10 (Spektralradiusformel). Sei H ein Hilbert-Raum und T ∈ B(H). (a) Das Spektrum σ(T) ist nicht-leer. (b) Es gilt r(T) ≤ ||T|| und 1 r(T) = lim ||Tn || n . n (c) Ist T normal, so gilt r(T) = ||T|| . Beweis. (a) Angenommen, σ(T) = ∅. Dann ist T − λ stets invertierbar, also die λ 7→ (T − λ)−1 auf ganz C holomorph. Für |λ| > 2 ||T|| ist Abbildung n n 1 T ≤ ||T||n ≤ 1n und daher konvergiert die Reihe λ |λ| 2 ∞ X 1 −1 1 n T = 1− T . λ λ n=0 Es ist dann ∞ 2 1 1 −1 1 X −n −1 (T − λ) = (1 − T) ≤ 2 = . |λ| λ |λ| n=0 |λ| Also folgt für v, w ∈ H und |λ| > 2 ||T||, D E 2 ||v|| ||w|| | (T − λ)−1 v, w ≤ . |λ| D E −1 Die holomorphe Abbildung λ 7→ (T − λ) v, w ist auf {|λ| ≤ ||T||} beschränkt, nach obigem also insgesamt beschränkt, damit konstant, aber nach der obigen FUNKTIONALANALYSIS 92 Abschätzung kann diese Konstante nur die Null sein. Wir erhalten also (T − λ)−1 = 0, ein Widerspruch! Damit ist die Annahme falsch, also folgt σ(T) , ∅. (b) r(T) ≤ ||T|| folgt aus Satz 5.1.7. Wir beweisen die Ungleichungen 1 1 r(T) ≤ lim inf kTn k n ≤ lim sup kTn k n ≤ r(T), aus denen der Satz folgt. Für λ ∈ σ(T), gilt λ − T = (λ − T) n n n−1 X λ j Tn−1−j . j=0 1 Also λn ∈ σ(Tn ) und damit |λ|n ≤ kTn k für jedes n ∈ N. Also r(T) ≤ kTn k n für jedes n ∈ N, so dass die erste Ungleichung folgt. 1 Um lim sup kTn k n ≤ r(T) zu zeigen, betrachte ∞ (λ − T) −1 T −1 X n 1 T n+1 = λ (1 − ) = λ λ n=0 −1 für |λ| > kTk. Da diese Funktion holomorph ist, konvergiert die Reihe schwach 1 für jedes |λ| > r(T). Für gegebenes |λ| > r(T) folgt, dass die Folge Tn λn+1 schwach konvergent, nach Lemma 3.5.6 also normbeschränkt ist. Also existiert ein C ≥ 0 so dass kTn k ≤ C|λ|n+1 für jedes n ∈ N. Nimmt man auf beiden Seiten n-te 1 Wurzeln und wendet lim sup an, erhält man lim sup kTn k n ≤ |λ|. Da dies für jedes 1 |λ| > r(T) gilt, folgt lim sup kTn k n ≤ r(T). (c) Sei T normal, so gilt E D E 2 D T2 v = T2 v, T2 v = Tv, T∗ T2 v = hT∗ Tv, T∗ Tvi = ||T∗ Tv||2 . Also folgt T2 = ||T∗ T|| = ||T||2 , siehe Satz 4.1.1 (b). Dies gilt ebenso für Tk anstelle FUNKTIONALANALYSIS 93 n n von T, also folgt induktiv, dass T2 = ||T||2 ist. Daher n 2−n r(T) = limn T2 = ||T|| . Beispiele 5.1.11. • Der Nulloperator, Tv = 0 für alle v, hat Spektrum {0}. • Ein Beispiel, dass der Spektralradius nicht mit der Operatornorm übereinstimmen muss, ist leicht gefunden. Betrachte die Matrix A = 1 2 als Operator auf C2 . Wegen A = , folgt ||A||op > 1 = r(A). 1 1 1 1 0 1 Satz 5.1.12. (a) Ist T ein unitärer Operator und ist λ ∈ σ(T), dann ist |λ| = 1. (b) Ist S ein selbstadjungierter stetiger Operator und ist λ ∈ σ(S), dann ist λ eine reelle Zahl. Beweis. (a) Da ||T|| = 1, folgt |λ| ≤ 1. Gilt |λ| < 1, so ist ||λT∗ || < 1 und also ist T − λ = T(1 − λT∗ ) invertierbar, was bedeutet λ < σ(T). (b) Sei S selbstadjungiert und sei λ = σ + it. Setze Sλ = S − λ. Dann folgt ||Sλ v||2 = ||Sv − σv − itv||2 = hSv − σv − itv, Sv − σv − itvi = hSv − σv, Sv − σvi + i hSv − σv, tvi − i htv, Sv − tvi + htv, tvi | {z } =0 = ||Sv − σv||2 + t2 ||v||2 . Damit ist ||Sλ v|| ≥ |t| ||v||. Ist t , 0, so ist Sλ invertierbar nach Satz 4.4.3 (c), also λ < σ(S). Definition 5.1.13. Ein selbstadjungierter Operator T ∈ B(H) heisst positiver FUNKTIONALANALYSIS 94 Operator, falls hTv, vi ≥ 0 ∀v ∈ H. Proposition 5.1.14. Ist T ein positiver Operator, dann liegt das Spektrum σ(T) im Intervall [0, ∞). Wir werden später sehen, dass auch die Umkehrung richtig ist, d.h.: ist das Spektrum eines selbstadjungierten Operators T in [0, ∞), dann ist T positiv. Beweis. Wir können annehmen, dass kTk = 1. Dann σ(T) ⊆ [−1, 1] da T def selbstadjungiert ist. Wir zeigen dass Tµ = T + µ1 invertierbar ist für jedes µ > 0. Nach Annahme haben wir D E kTµ vkkvk ≥ Tµ v, v = hTv, vi + µ hv, vi ≥ µkvk2 , also kTµ vk ≥ µkvk für jedes v ∈ H. Daher ist Tµ invertierbar nach Satz 4.4.3. Definition 5.1.15. Sind A, B ⊂ C nicht-leere, kompakte Teilmengen, so definieren wir ˜ B) = sup inf |a − b| d(A, a∈A b∈B und die Hausdorff-Metrik durch ˜ ˜ d(A, B) = max d(A, B), d(B, A) . Es ist dann d(A, B) ∈ [0, ∞). Lemma 5.1.16. Für nicht-leere, kompakte Teilmengen A, B, C ⊂ C gilt • d(A, B) = 0 ⇔ A = B Definitheit • d(A, B) = d(B, A) Symmetrie • d(A, B) ≤ d(A, C) + d(C, B) Dreiecksungleichung FUNKTIONALANALYSIS 95 Damit ist d in der Tat eine Metrik auf der Menge aller nicht-leeren, kompakten Teilmengen von C. Beweis. Die Symmetrie ist klar. Ist A = B, so folgt d(A, B) = 0. Für die Umkehrung sei d(A, B) = 0. Ist a ∈ A, so muss infb∈B |a − b| = 0 sein, es gibt also eine Folge b j ∈ B mit |a − b j | → 0, also a = lim j b j . Da B abgeschlossen ist, folgt a ∈ B, also A ⊂ B. Aus Symmetriegründen folgt B ⊂ A, also A = B. Nun zur Dreiecksungleichung. Sei ε > 0 und sei a ∈ A. Für jedes c ∈ C gilt inf |a − b| ≤ inf |a − c| + |c − b|. b∈B b∈B Also können wir rechts noch das Infimum über c ∈ C nehmen und erhalten inf |a − b| ≤ inf |a − c| + inf inf |c − b| ≤ inf |a − c| + sup inf |c − b|. b∈B c∈C c∈C b∈B c∈C c∈C b∈B Nehmen wir nun noch das Supremum über A, so folgt ˜ B) ≤ d(A, ˜ C) + d(C, ˜ B) d(A, As Symmetriegründen folgt ˜ A) ≤ d(B, ˜ C) + d(C, ˜ A) d(B, und damit auch d(A, B) ≤ d(A, C) + d(C, B) Lemma 5.1.17. Sind A j , j ∈ N und A nicht-leere, kompakte Teilmengen von C, so konvergiert die Folge A j genau dann gegen A, wenn • zu jedem a ∈ A gibt es eine Folge a j ∈ A j mit a j → a und FUNKTIONALANALYSIS 96 • Ist (a j ) eine Folge mit a j ∈ A j , dann hat jede Teilfolge einen Häufungspunkt in A. Beweis. Übungsaufgabe. Lemma 5.1.18. Ist X ein nicht-leerer kompakter metrischer Raum und ist f j ∈ C(X) eine Folge stetiger Funktionen, die in der Supremumsnorm ||h|| = sup |h(x)| x∈X gegen ein f ∈ C(X) konvergiert. Dann konvergiert die Folge der Bilder A j = f j (X) in der Hausdorff-Metrik gegen A = f (X). Beweis. Sei a ∈ A, etwa a = f (x), dann konvergiert a j = f j (x) ∈ A j gegen a. Ist andersherum a j ∈ A j eine in C konvergente Folge mit Limes z ∈ C. Wir wollen zeigen, dass z ∈ A gilt. Sei etwa a j = f (x j ). Die Folge x j in X hat eine konvergente Teilfolge, wir ersetzen sie durch diese Teilfolge und nehmen an, dass x j → x gilt. Wir behaupten, dass f (x) = z gilt. Sei ε > 0. Dann gibt es j ∈ N mit f j − f < ε/3 und |a j − z| < ε/3, sowie | f (x) − f (x j )| < ε/3. Es folgt | f (x) − z| = | f (x) − f (x j ) + f (x j ) − f j (x j ) + f j (x j ) − z| ≤ | f (x) − f (x j )| + | f (x j ) − f j (x j )| + | f j (x j ) −z| |{z} =a j < ε/3 + ε/3 + ε/3 = ε. Da ε beliebig war, folgt f (x) = z. Satz 5.1.19. Sind T j , j ∈ N und T normale Operatoren auf dem Hilbert-Raum H und gilt T j − T → 0, dann konvergiert σ(T j ) gegen σ(T) in der Hausdorff-Metrik. FUNKTIONALANALYSIS 97 Beweis. Sei λ ∈ σ(T) und nimm an, λ wäre kein Limespunkt einer Folge λ j ∈ σ(T j ). Dann gibt es ein ε > 0 so dass der offene Kreis Bε (λ) für jedes j ganz in der Resolventenmenge Res(T j ) liegt. Das bedeutet aber r (T j − λ)−1 < 1ε , denn ist |µ| > 1ε , so ist 1 (T j − λ)−1 − µ = µ(T j − λ)−1 ( − T j + λ) µ invertierbar. Da T j normal ist, ist auch (T j − λ)−1 normal und daher nach Satz 5.1.10, 1 (T j − λ)−1 < . ε Es folgt für i, j ∈ N, 1 −1 −1 −1 −1 (Ti − λ) − (T j − λ) ≤ (Ti − λ) (T j − λ) Ti − T j < 2 Ti − T j , ε so dass (T j − λ)−1 eine Cauchy-Folge ist und daher konvergent gegen ein S(λ) ∈ B(H). Es folgt (T − λ)S(λ) = lim(T j − λ)(T j − λ)−1 = 1 j und ebenso S(λ)(T − λ) = 1, so dass λ in der Resolventenmenge von T liegt, im Widerspruch zur Annahme! Also muss λ ein Limespunkt einer Folge λ j ∈ σ(T j ) sein. Andererseits sei λ Limespunkt einer Folge λ j ∈ σ(T j ). Es gilt dann also (T j − λ j ) → (T − λ). Wäre nun λ ∈ Res(T), also (T − λ) ∈ B(H)× , so gäbe es ein j0 so dass für j ≥ j0 schon (T j − λ j ) ∈ B(H)× , da die Einheitengruppe B(H)× offen ist. Dies ist aber nicht der Fall, also folgt λ ∈ σ(T). FUNKTIONALANALYSIS 5.2 98 Funktionalkalkül Erinnerung: eine Algebra über C ist ein komplexer Vektorraum A mit einem bilinearen und assoziativen Produkt A × A → A, geschrieben (a, b) 7→ ab. Das heisst also, es gilt a(b + c) = ab + ac (b + c)a = ba + ca λ(ab) = (λa)b = a(λb) (ab)c = a(bc) für alle a, b, c ∈ A und jedes λ ∈ C. Beispiele 5.2.1. • Man kann jeden Vektorraum V zu einer Algebra machen, indem man ab = 0 setzt. Dies ist allerdings nicht das interessanteste Beispiel. • Mn (C) mit der Matrixmultiplikation. • B(H) für einen Hilbert-Raum H, das Produkt ist hier die Hintereinanderausführung. • C0 (X) für einen lokalkompakten Hausdorffraum. Eine Algebra A heisst unital, wenn es ein Einselement gibt, das ist ein Element 1 = 1A so dass für jedes a ∈ A gilt 1a = a1 = a. Wenn es ein solches gibt, ist es eindeutig bestimmt, denn sei 10 ein zweites, dann gilt 1 = 110 = 10 . Definition 5.2.2. Eine lineare Abbildung φ : A → B zwischen zwei Algebren heisst Algebrenhomomorphismus, falls φ(ab) = φ(a)φ(b) für alle a, b ∈ A gilt. Ist A unital, so verlangt man ausserdem, dass B auch unital ist und dass φ(1) = 1 ist. Ein Algebrenhomomorphismus φ heiss Algebrenisomorphismus, wenn φ bijektiv ist. Dann ist die Umkehrabbildung ebenfalls ein Algebrenhomomorphismus. FUNKTIONALANALYSIS 99 Beispiel 5.2.3. Ist Y ⊂ X eine abgeschlossene Teilmenge des lokalkompakten Hausdorffraums Raums X, dann ist die Restriktion C0 (X) → C0 (Y); f 7→ f |Y ein Algebrenhomomorhismus. Sei C[X] die Algebra der Polynome. Für T ∈ B(H) betrachte den Algebrenhomomorphismus P : C[X] → B(H) gegeben durch P( f (X)) = f (T). Lemma 5.2.4 (Spektraler Abbildungssatz für Polynome). Sei T ein stetiger normaler Operator auf einem Hilbert-Raum H. Für ein Polynom f ∈ C[X] ist f (T) ein stetiger Operator mit σ( f (T)) = f (σ(T)), wobei f (σ(T)) = { f (λ) : λ ∈ σ(T)}. Beweis. Sei der Grad von f grösser Null. Wir schreiben f (X) − λ = a(X − λ1 ) · · · (X − λn ). Dann ist f (T) − λ = a(T − λ1 ) · · · (T − λn ). ”⊂” Sei λ ∈ σ( f (T)). Dann ist f (T) − λ nicht invertierbar und daher muss ein λi im Spektrum von T liegen. Es ist dann λ = f (λi ) ∈ f (σ(T)). ”⊃“ Sei λ ∈ f (σ(T)), also λ = f (µ) mit µ ∈ σ(T). Dann ist µ = λi für ein i. Daher ist f (T) − λ nicht invertierbar, also λ ∈ σ( f (T)). Satz 5.2.5 (Stetiger Funktionalkalkül). Sei T ein selbstadjungierter Operator auf dem Hilbert-Raum H. Es gibt genau einen isometrischen Algebrenhomomorphismus φ : C(σ(T)) → B(H) mit φ(Id) = T. Hierbei bezeichnet Id die Abbildung σ(T) → C FUNKTIONALANALYSIS 100 gegeben durch z 7→ z. Dieser Homomorphismus hat die zusätzliche Eigenschaft φ( f ∗ ) = φ( f )∗ , wobei wir für f ∈ C(σ(T)) definieren: f ∗ (t) = f (t). Wir schreiben φ( f ) suggestiv als f (T). Es gilt σ( f (T)) = f (σ(T)). Insbesondere ist f (T) selbstadjungiert, falls f reellwertig ist. Beweis. Jedes Polynom p liefert eine stetige Abbildung σ(T) → C. Wir erhalten also einen Algebrenhomomorphismus ψ : C[X] → C(σ(T)). Andererseits haben wir einen Algebrenhomomorphismus P : C[X] → B(H) gegeben durch P( f (X)) = f (T). Wir wollen den gepunkteten Homomorphismus konstruieren: ψ C[X] / C(σ(T)) P % ∃! B(H) 1. Schritt: Das Bild von ψ ist dicht in C(σ(T)). Dies folgt aus dem Satz von Stone-Weierstraß. 2. Schritt: Für jedes f ∈ C[X] gilt ψ( f ) = P( f ). Da T normal, ist f (T) normal, also ist r( f (T)) = f (T) nach Satz 5.1.10. Daher ψ( f ) = sup | f (x)| x∈σ(T) = sup |z| = sup |z| z∈ f (σ(T)) z∈σ( f (T)) = r( f (T)) = f (T) = P( f ) . 3. Schritt: Finale. FUNKTIONALANALYSIS 101 Aus dem 2.Schritt folgt, dass der Kern J von ψ gleich dem Kern von P ist, das Bild Bild(ψ) ist also isomorph C[X]/J und dies ist isomorph zum Bild Bild(P). Ferner ist die Abbildung Bild(ψ) → Bild(P) → B(H) isometrisch, setzt also zu genau einer isometrischen Abbildung φ : C(σ(T)) → B(H) fort. Auf der dichten Unteralgebra Bild(ψ) ist ψ ein Algebrenhomomorphismus, also ist φ insgesamt ein Algebrenhomomorphismus. Die Eindeutigkeit ist klar wegen der Dichtheit der Polynome. Die Eigenschaften φ( f ∗ ) = φ( f )∗ und σ( f (T)) = f (σ(T)) sind klar, wenn f ein Polynom ist. Die erste folgt sofort allgemein und die zweite wie folgt: Sei f j eine Folge von Polynomen die in C(σ(T)) gegen f konvergiert. Es gilt f j (σ(T)) = σ( f j (T)) nach Lemma 5.2.4. Die Folge f j (σ(T)) konvergiert nach Lemma 5.1.18 in der Hausdorff-Metrik gegen f (σ(T)). Die Folge σ( f j (T)) konvergiert nach Satz 5.1.19 in der Hausdorff-Metrik gegen σ( f (T)), so dass insgesamt die Gleichheit folgt. Proposition 5.2.6. Ein selbstadjungierter Operator ist genau dann positiv, wenn sein Spektrum positiv ist. Beweis. Ist T ≥ 0, so ist nach Proposition 5.1.14 σ(T) ≥ 0. Sei umgekehrt σ(T) ≥ 0. Dann existiert nach dem Funktionalkalkül ein √ selbstadjungierter Operator S = T so dass T = S2 . Es folgt für v ∈ H, D E hTv, vi = S v, v = hSv, Svi ≥ 0. 2 Korollar 5.2.7. Sei T ein selbstadjungierter Operator auf dem Hilbert-Raum H. Es gelte σ(T) = A ∪ B mit zwei disjunkten abgeschlossenen Teilmengen A, B. Dann existieren eindeutig bestimmte selbstadjungierte Operatoren TA , TB so dass FUNKTIONALANALYSIS 102 • T = TA + TB , • σ(TA ) = A, σ(TB ) = B, • die drei Operatoren T, TA , TB kommutieren miteinander. Ferner gibt eine Orthogonalzerlegung H = HA ⊕ HB , so dass gilt TA = PA T = TPA , TB = PB T = TPB , wobei PA und PB die entsprechenden Orthogonalprojektionen sind. Man kann diesen letzten Tatbestand etwas lax so ausdrücken, dass in der Zerlegung H = HA ⊕ HB gilt TA 0 . T = 0 TB Beweis. Da A ∪ B = ∅ und beide abgeschlossen sind, liegen die Funktionen 11A und 11B in C(σ(T). Setze fA (t) = t11A und fB (t) = t11B und TA = fA (T) sowie TB = fB (T). Wegen fA + fB = Idσ(T) folgt T = TA + TB , ferner ist σ(TA ) = fA (σ(T)) = A und ebenso für B. Da alle Operatoren eines Funktionalkalküls miteinander kommutieren sind die ersten drei Punkte bewiesen. Für den Rest setze PA = 11A (T), dann ist PA eine selbstadjungierte Projektion, also eine Orthogonalprojektion, sei HA das Bild. Wir machen dasselbe für B und stellen fest. dass PA PB = 11A 11B (T) = 0 ist, sowie PA + PB = 11(T) = IdH . Proposition 5.2.8. Sei T = T∗ ∈ B(H) und f ∈ C(σ(T)) reellwertig. Sei S = f (T), dann ist S selbstadjungiert. Sei g ∈ C(σ(S)), dann gilt (g ◦ f )(T) = g( f (T)). Schreiben wir den Funktionalkalkül alternativ als φ( f, T) = f (T), so heisst das φ(g ◦ f, T) = φ(g, φ( f, T)). FUNKTIONALANALYSIS 103 Beweis. Ist g(x) = xn , dann ist g ◦ f (x) = f (x)n und da h 7→ h(T) ein Algebrenhomomorphismus ist, folgt g ◦ f (T) = f (T)n = g( f (T)). Wegen Linearität beider Seiten folgt die Behauptung für den Fall, dass g ein Polynom ist. Ist allgemein g j → g eine Folge von Polynomen, die g auf σ(S) approximiert, dann geht g j ◦ f gleichmässig auf σ(T) gegen g ◦ f , es folgt also g ◦ f (T) = lim g j ◦ f (T) = lim g j ( f (T)) = g( f (T)). j 5.3 j Polarzerlegung Sei T ein stetiger Operator auf H. Dann ist T∗ T selbstadjungiert und positiv. Deshalb ist das Spektrum σ(T∗ T) eine Teilmenge von [0, ∞), siehe Proposition √ 5.1.14. Deshalb ist die Wurzelfunktion x 7→ x eine stetige Funktion auf σ(T∗ T). √ Mit Hilfe des Funktionalkalküls definieren wir |T| = T∗ T ∈ B(H). Dies ist ein selbstadjungierter Operator mit positivem Spektrum und der Eigenschaft |T|2 = T∗ T. Satz 5.3.1. Sei T ein stetiger Operator auf dem Hilbert-Raum H. Für v ∈ H ist die Norm von |T|v gleich ||Tv||. Es existiert ein isometrischer Isomorphismus U vom Abschluss von Bild(|T|) zum Abschluss von Bild(T) so dass T = U|T|. Diese Zerlegung von T heisst Polarzerlegung. Sie ist eindeutig in folgendem Sinne. Ist T = U0 P, wobei P selbst-adjungiert und positiv ist und U0 : Bild(P) → H ist isometrisch, dann folgt U0 = U und P = |T|. Beweis. Für v ∈ H ist das Quadrat der Norm ||Tv||2 gleich D E hTv, Tvi = hT∗ Tv, vi = |T|2 v, v = h|T|v, |T|vi = |||T|v||2 Für v ∈ H definieren wir U(|T|v) = Tv, dann ist U eine wohldefinierte Isometrie FUNKTIONALANALYSIS 104 von Bild(|T|) nach Bild(T), die auf den Abschluss ausdehnt und die Behauptung erfüllt. Ferner ist U surjektiv, da es nach Definition schon surjektiv von Bild(|T|) → Bild(T) ist und da es eine Isometrie ist, ist das Bild U(Bild(|T|)) ⊂ Bild(T) vollständig und enthält Bild(T), also ist U surjektiv. Für die Eindeutigkeit sei T = U|T| = U0 P. Erweitere U zu einem beschränkten Operator auf H durch U ≡ 0 auf Bild(|T|)⊥ mach dasselbe für U0 . Dann ist U∗ U die Orthogonalprojektion auf Bild(|T|) und (U0 )∗ U0 ist die Orthogonalprojektion auf Bild(P), so dass (U0 )∗ U0 P = P. Es gilt |T| = √ p p √ √ T∗ T = (U0 P)∗ U0 P = P∗ (U0 )∗ U0 P = P∗ P = P2 = P. Hieraus folgt auch U = U0 . Beispiel 5.3.2. Sei H = L2 ([0, 1]) und f : [0, 1] → C× eine stetige Funktion. Betrachte den Operator T f : H → H gegeben durch T f ϕ(x) = f (x)ϕ(x). Wir schreiben die Funktion f als f = u| f |, wobei u : [0, 1] → T stetig ist, genauer ist u(x) = f (x)/| f (x)|. Es gilt dann T f = T| f | Tu und dies ist genau die Polarzerlegung. Kapitel 6 Kompakte Operatoren 6.1 Jordan Normalform fuer kompakte Operatoren Definition 6.1.1. Ein Operator T auf einem Hilbert-Raum H heisst kompakter Operator, falls T beschränkte Mengen auf relativ kompakte Mengen abbildet. Ist T kompakt und S beschränkt, dann sind ST und TS kompakt. Definition 6.1.2. Eine lineare Abbildung F : H → H auf einem Hilbert-Raum H heisst von endlichem Rang, falls das Bild F(H) endlich-dimensional ist. Lemma 6.1.3. Fuer einen stetigen Operator T auf einem Hilbert-Raum H sind aequivalent: (a) T ist kompakt. (b) Ist B der abgeschlossene Einheitsball in H, dann ist T(B) kompakt. (c) Ist (v j ) eine beschraenkte Folge in H, dann hat die Folge (Tv j ) eine konvergente Teilfolge. Beweis. (a)⇒(b) ist klar. (b)⇒(a): Ist X ⊂ H eine beschraenkte Teilmenge, etwa ||x|| < C fuer C > 0, dann ist 1 1 1 C X ⊂ B, also ist T C X = C T(X) relativ kompakt, also ist T(X) relativ kompakt. 105 FUNKTIONALANALYSIS 106 (a)⇒(c): Sei X die Menge aller Folgenglieder v j , dann ist X beschraenkt und T(X) ist kompakt. damit hat die Folge T(v j ) ∈ T(X) eine konvergente Teilfolge. (c)⇒(a): Ist X beschraenkt, dann hat nach (c) jede Folge in T(X) eine konvergente Teilfolge, damit ist T(X) relativ kompakt. Beispiele 6.1.4. • Jeder Operator von endlichem Rang ist kompakt. • Der Operator T = IdH ist genau dann kompakt, wenn H endlich-dimensional ist. • Sei (cn ) eine beschraenkte Folge in C. Der Operator ist stetig. Er ist genau dann kompakt, wenn (cn ) eine Nullfolge ist. T : H → H, (x1 , x2 , . . . ) 7→ (c1 x1 , c2 x2 , . . . ) Beweis. Sei T kompakt und nimm an, (cn ) ist keine Nullfolge. Dann gibt es ε > 0 so dass fuer unendlich viele j ∈ N gilt |c j | ≥ ε. Sei { j1 , j2 , . . . } die Menge dieser Indizes. Sei dann vk = e jk = (0, . . . , 0, 1, 0, . . . ) mit der Eins an der jk -ten Stelle. Fuer k , l gilt ||T(vk ) − T(vl )||2 = |c jk |2 + |c jl |2 ≥ 2ε2 . Daher kann T(v j ) keine konvergente Teilfolge haben, Widerspruch! Due Rueckrichtung folgt leicht aus dem spaeter zu beweisenden Satz 6.2.4. • Sei k ∈ `2 (N × N) und definiere den Operator T : H → H = `2 (N) durch Tϕ(i) = X k(i, j)ϕ( j). j∈N Wir zeigen, dass T kompakt ist. Sei hierzu ϕn eine beschränkte Folge in H, FUNKTIONALANALYSIS 107 also etwa ϕ ≤ C < ∞. Es gilt dann nach der Hoelder-Ungleichung: 12 X X 2 |k(i, j)| ϕn ≤ ci C. |Tϕn (i)| = k(i, j)ϕn (j) ≤ j j | {z } =ci Insbesondere ist für jedes i die Folge Tϕn (i) beschränkt, hat also eine konvergente Teilfolge. Es gibt daher eine Teilfolge ϕ1n von ϕn so dass Tϕ1n (1) konvergiert. Diese hat dann wieder eine Teilfolge ϕ2n so dass auch Tϕ2n (2) j konvergiert. Iterativ finden wir zu jedem j eine Teilfolge ϕn so dass die j j Folgen Tϕn (1), . . . , Tϕn (j) alle konvergieren. Die Folge Tϕnn konvergiert dann punktweise gegen eine Funktion ψ. Es ist |ψ(i)| = lim |Tϕnn (i)| ≤ ci C. n Wegen X |ci | = 2 X |k(i, j)|2 < ∞. i, j∈N i∈N ist dann ψ ∈ `2 (N). Es bleibt zu zeigen, dass Tϕnn − ψ gegen Null geht. Sei P hierzu ε > 0. dann existiert ein i0 so dass i≥i0 |ci |2 ≤ ε/8. Es existiert ein n0 so dass für n ≥ n0 gilt i0 −1 X |Tϕnn (i) − ψ(i)|2 < ε/2. i=1 Es folgt für n ≥ n0 , i0 −1 ∞ X 2 X n 2 n Tϕn − ψ = |Tϕnn (i) − ψ(i)|2 |Tϕn (i) − ψ(i)| + i=1 ε X 4|ci |2 < ε. < + 2 i≥i0 Lemma 6.1.5. Ist T kompakt, dann auch |T| und T∗ . i=i0 FUNKTIONALANALYSIS 108 Beweis. Wir schreiben T = U|T|, wobei U : Bild(|T|) → Bild(T) eine Isometrie ist. Als solche hat sie eine Umkehrabbildung V, die ebenfalls eine Isometrie ist, also gilt |T| = VT und V kann durch Null auf Bild(T)⊥ fortgesetzt werden zu einem stetigen Operator auf H. Daher ist |T| kompakt. Wir setzten auch U durch Null fort und erhalten T∗ = (U|T|)∗ = |T|U∗ . damit ist auch T∗ kompakt. Lemma 6.1.6. Ist T : H → H kompakt, dann ist das Bild von T − I abgeschlossen. Beweis. Sei (T − I)xn → y konvergent in H. Wir muessen zeigen, dass y im Bild von (T − I) liegt. Wir zeigen xunaechst, dass der Abstand d(xn , ker(T − I)) beschraenkt sein muss. Wir gehen zu H/ ker(T − I) ueber und muessen zeigen, dass unter der Voraussetzung ker(T − I) = 0 die Folge xn beschraenkt sein muss. Nimm das Gegenteil an und sei xnk eine Teilfolge mit xnk ≥ k und sei zk = x1 xnk . Nach || nk || Uebergang zu einer Teilfolge koennen wir annehmen, dass Tzk konvergiert. Dann ist (T − I)zk = 1 (T − I)xnk → 0. Damit konvergiert auch ||xnk || zk = Tzk − (T − I)zk , sei z der Limes, so folgt (T − I)z = 0, also, nach unserer Voraussetzung, z = 0. Andererseits ist aber ||z|| = limk ||zk || = 1, ein Widerspruch! Da nun der Abstand d(xn , ker(T − I)) beschraenkt ist, koennen wir xn durch xn − zn mit zn ∈ ker(T − I) ersetzen und annehmen, dass xn beschraenkt ist. Dann hat Txn eine konvergente Teilfolge, damit hat xn = Txn − (T − I)xn eine konvergente Teilfolge xnk → x, dann folgt (T − I)x = limk (T − I)xnk = y, also liegt y im Bild. Satz 6.1.7 (Jordan-Normalform-Satz). Sei T ein kompakter Operator. (a) Jedes 0 , λ ∈ σ(T) ist ein Eigenwert. (b) Fuer jedes 0 , λ ∈ σ(T) gibt es ein m ∈ N so dass ker(T − λ)m = ker(T − λ)m+1 und dieser Raum wird der Hauptraum H(λ) zum Eigenwert λ genannt. Er ist endlich-dimensional. FUNKTIONALANALYSIS 109 (c) Die Eigenwerte koennen sich nur bei Null haeufen. Ist dim H = ∞, so ist 0 ∈ σ(T). (d) σ(T) ist abzaehlbar. Beweis. (a) Nach Skalierung koennen wir λ = 1 annehmen. Angenommen, λ = 1 ∈ σ(T) ist kein Eigenwert, so heisst das, dass (I − T) injektiv, aber nicht surjektiv ist. Damit ist H1 = Bild(I − T) ein echter abgeschlossener Unterraum von H. Da (I − T) injektiv ist, ist dann H2 = (I − T)(H1 ) ein echter abgeschlossener Unterraum von H1 . Setze Hn = (I − T)n (H). Wir erhalten eine absteigende Folge abgeschlossener Teilraeume H = H0 ⊃ H1 ⊃ H2 ⊃ . . . wobei alle Inklusionen echt sind, also niemals Gleichheit herrscht. Sei nun xn ∈ Hn mit ||xn || = 1 und xn ⊥ Hn+1 . Damit gilt also d(xn , Hn+1 ) = 1. Da T kompakt ist, hat Txn eine konvergente Teilfolge. Es ist aber fuer m < n. ||Txn − Txm || = (I − T)xm − (I − T)xn + xn −xm ≥ 1. | {z } ∈Hm+1 Widerspruch! (b) Wieder koennen wir λ = 1 annehmen. Die Folge En = ker(T − I)n ist eine aufsteigende Folge abgeschlossener Unterraeume. Beachte zunaechst, dass aus En = En+1 schon folgt En = En+k fuer jedes k ∈ N, denn ist v ∈ ker(T − I)n+k+1 , dann ist (T − I)v ∈ ker(T − I)n+k = ker(T − I)n , also ist v ∈ ker(T − I)n+1 = ker(T − I)n . Die Behauptung sagt also, dass diese Folge stationaer wird. Angenommen, dies ist nicht der Fall, dann gibt es yn ∈ En mit yn = 1 und yn ⊥ En−1 . Wieder muss Tyn FUNKTIONALANALYSIS 110 eine konvergente Teilfolge haben, es ist aber fuer m < n Tyn − Tym = (T − I)yn − (T − I)ym + ym −yn ≥ 1. | {z } ∈En−1 Widerspruch! Zur Endlich-Dimensionalitaet: Sei S die Einssphaere in ker(T − I), dann ist S = ker(T − I) ∩ T(S) und damit ist S kompakt, also ist ker(T − I) endlich-dimensional. Durch Uebergang zu H/ ker(T − I) erhalten wir, dass auch ker(T − I)2 endlich-dimensional ist und so fort. (c) Angenommen, die Eigenwerte haeufen sich woanders, dann gibt es ein ε > 0 und Vektoren x j mit x j = 1 und Tx j = λ j x j mit paarweise verschiedenen λ j mit |λ j | ≥ ε. Sei Hn = Spann(x1 , . . . , xn ). Sei dann yn ∈ Hn mit yn = 1 und yn ⊥ Hn−1 . Fuer m < n ist dann λ Tym − Tyn = λm ym − λn yn = |λn | m ym − yn ≥ |λn | ≥ ε. λn Andererseits muss Tyn eine konvergente Teilfolge enthalten, Widerspruch! Ist schliesslich die Dimension unendlich, so gibt es unendlich viele Eigenwerte, da das Spektrum abgeschlossen ist, muss Null im Spektrum sein. Teil (d) ist klar. Beispiel 6.1.8. Sei T : `2 (N) → `2 (N) gegeben durch T(x1 , x2 , . . . ) = (0, x1 , 12 x2 , 31 x3 , . . . ). Dann hat T keinen Eigenwert, also folgt σ(T) = 0. 6.2 Spektralsatz fuer kompakte normale Operatoren Satz 6.2.1 (Spektralsatz für kompakte normale Operatoren). Sei T ein kompakter normaler Operator auf dem Hilbert-Raum H. Es existiert eine FUNKTIONALANALYSIS 111 Folge λ j ∈ C× , die entweder endlich ist oder gegen Null geht, so dass der Raum H sich orthogonal zerlegt: M H = Ker(T) ⊕ Eig(T, λ j ). j Jeder Eigenraum Eig(T, λ j ) = {v ∈ H : Tv = λ j v} ist endlich-dimensional und die Eigenräume sind paarweise orthogonal. Beweis. Aus dem Jordan-Normalform-Satz folgt, dass jeder kompakte normale Operator T , 0 einen Eigenwert λ , 0 hat. Sei U ⊂ V der Abschluss der Summe aller Eigenräume von T, die Eigenwerte , 0 haben. Nach Satz 4.4.3 ist jeder Eigenvektor von T auch ein Eigenvektor von T∗ . also ist U stabil unter T und T∗ . Das orthogonale Komplement U⊥ ist dann ebenfalls stabil unter T und T∗ . Der Operator T induziert einen kompakten normalen Operator auf U⊥ . Dieser kann keinen Eigenwert , 0 haben, muss also der Nulloperator sein. Also ist U⊥ der Kern von T. Wir haben damit gezeigt, dass H die direkte Summe von T-Eigenräumen ist. Ferner ist nach dem JNF-Satz jeder Eigenraum Eig(T, λ) mit λ , 0 endlich-dimensional ist und die Eigenwerte koennen sich nicht in C× häufen. Der Satz ist bewiesen. Korollar 6.2.2 (Umformulierung des Spektralsatzes). Sei T ein kompakter Operator auf einem Hilbert-Raum H. Seien λ j die Eigenwerte wie im Satz und sei P j die Orthogonalprojektion auf den Eigenraum Eig(T, λ j ), dann gilt T= X λ jP j, j wobei die Reihe in der Operatornorm konvergiert. Ist umgekehrt λ j eine beliebige Nullfolge in C× und ist (P j ) eine beliebige Folge von paarweise orthogonalen P Orthoprojektionen mit endlich-dimensionalen Bildern, dann ist die Reihe j α j P j FUNKTIONALANALYSIS 112 normkonvergent gegen einen kompakten Operator. Beweis. Klar. Korollar 6.2.3 (Noch eine Umformulierung). Sei T : H → H ein normaler kompakter Operator. Dann hat H eine Orthonormalbasis (φ j ) j∈I bestehend aus Eigenvektoren von T, d.h. für jedes j existiert ein λ j ∈ C mit Tφ j = λ j φ j . Für jedes T > 0 ist die Menge aller j ∈ J mit |λ j | > T endlich. Beweis. Klar. Satz 6.2.4. Ein stetige Operator T auf einem Hilbert-Raum H ist genau dann kompakt, wenn es eine Folge Fn von stetigen Operatoren von endlichem Rang gibt, so dass ||T − Fn ||op gegen Null geht, wenn n → ∞. Beweis. Sei T kompakt. Wir schreiben T = S + iR mit selbstadjungierten Operatoren S = 21 (T + T∗ ) und R = 2i1 (T − T∗ ). Mit T ist auch T∗ kompakt und damit sind R und S kompakt. Wenn wir R und S durch Operatoren von endlichem Rang approximieren können, dann auch T. Es reicht also, T als selbstadjungiert anzunehmen. Dann saht aber der Spektralsatz, dass T= X λ jP j, j mit einer Nullfolge (λ j ) und Projektionen P j von endlichem Rang gilt. Sei P Fn = nj=1 λ j P j . dann folgt ||Fn − T|| = max{|λ j | : j > n} → 0. Damit ist T ein Limes von Operatoren von endlichem Rang. FUNKTIONALANALYSIS 113 Für die Umkehrung sei v j eine beschränkte Folge und sei T der Norm-Limes einer Folge Fn von stetigen Operatoren von endlichem Rang. Wir können v j , ||T|| ≤ 1 annehmen. Dann hat v j eine Teilfolge v1j so dass F1 (v1j ) konvergiert. j Dann hat v1j eine Teilfolge v2j so dass F2 (v2j ) konvergiert und so weiter. Sei w j = v j . Für jedes n ∈ N konvergiert die Folge (Fn (w j )) j∈N . Da T der Norm-Limes der Fn ist, konvergiert die Folge Tw j ebenfalls. Beispiel 6.2.5. (Spektralzerlegung eines Operatorkerns) Sei k ∈ `2 (N × N). Wir haben bereits festgestellt, dass der Operator Tk mit Kern k kompakt ist. Ferner wissen wir Tk∗ = Tk∗ , wobei k∗ (n, m) = k(m, n). Nehmen wir nun an, dass Tk selbstadjungiert ist. Dies ist genau dann der Fall wenn k = k∗ gilt. Nach dem Spektralsatz existiert dann eine ONB aus Eigenvektoren (φ j ) j∈J . Wir behaupten nun, dass gilt k(n, m) = X λ j φ j (n)φ j (m), j∈J wobei die Summe in `2 (N × N) (also insbesondere punktweise) konvergiert. Beweis. Wir zeigen zunächst dass (φi φ j )(i, j)∈J2 eine ONB von `2 (N × N) ist. Es gilt D E φi φ j , φµ φν = X φi (n)φ j (m)φµ (n)φν (m) n,m X X φ j (m)φν (m) = φi (n)φµ (n) D n ED E m = φi , φµ φν , φ j = δi,µ δν, j = δ(i, j),(µ,ν) . Damit ist es ein Orthonormalsystem. Um die Vollständigkeit zu zeigen sei h ∈ `2 (N × N) senkrecht auf allen (φi φ j ). Dann gilt bei absoluter Konvergenz der Reihe, D E 0 = h, φi φ j = X m,n X X h(m, n)φi (m)φ j (n) = h(m, n)φi (m) φ j (n). n m FUNKTIONALANALYSIS 114 Da (φ j ) eine ONB ist, folgt X h(m, n)φi (m) = 0 m für jedes n ∈ N, woraus mit derselben Begründung folgt h(m, n) = 0 für alle m, n. Wir entwickeln k in dieser ONB und erhalten k(n, m) = X ci,j φi (n)φ j (m), i, j wobei E X D k(m, n)φi (m)φ j (n) ci, j = k, φi φ j = m,n X X = k(m, n)φ j (n) φi (m) m X X n D E = Tk φ j (m) φi (m) = λ j φ j (m)φi (m) = λ j φ j , φi = λ j δi, j . m 6.3 m Hilbert-Schmidt-Operatoren Sei T ∈ B(H), und sei (e j ) eine Orthonormalbasis von H. Die Hilbert-Schmidt-Norm ||T||HS von T ist definiert als ||T||2HS XD E Te j , Te j . = def j Diese Zahl ist ≥ 0 und kann den Wert +∞ annehmen. Wir zeigen jetzt, dass diese Zahl nicht von der Wahl der ONB abhängt. Zunächst halten wir fest, dass für zwei Vektoren v, w ∈ H und eine beliebige FUNKTIONALANALYSIS 115 ONB (e j ) gilt hv, wi = XD ED E v, e j e j , w . j Sei nun(φα ) eine zweite ONB. Da wir die Unabhängigkeit noch nicht gezeigt haben, schreiben wir ||T||2HS (ei ) und ||T||2HS (φα ), für die entsprechenden HS-Normen. Wir rechnen ||T||2HS (e j ) = XXD ED E Te j , φα φα , Te j j α XXD ED E ∗ ∗ = e j , T φα T φα , e j j α XXD ED E ∗ ∗ e j , T φα T φα , e j = α j = ||T∗ ||2HS (φα ). Die Vertauschung ist gerechtfertigt, da alle Summanden positiv sind. Indem wir dies zunächst für (e j ) = (φα ) und dann für T∗ anstelle von T anwenden, erhalten wir ||T||2HS (e j ) = ||T∗ ||2HS (e j ) = ||T||2HS (φα ). Der Operator T heisst ein Hilbert-Schmidt-Operator, falls ||T||HS < ∞. Satz 6.3.1. (a) Die Menge HS aller Hilbert-Schmidt-Operatoren ist ein Untervektorraum von B(H). Die Vorschrift hS, TiHS XD E = Se j , Te j j definiert ein Skalarprodukt auf HS, das nicht von der Wahl der ONB (e j ) abhängt. FUNKTIONALANALYSIS 116 Die Abbildung ||.||HS ist eine Norm auf HS. (b) Für jeden beschränkten Operator T auf H gilt ||T|| ≤ ||T||HS . Für jeden unitären Operator U ist ||UT||HS = ||TU||HS = ||T||HS . Es gilt ||T||HS = |||T|||HS . (c) Jeder Hilbert-Schmidt-Operator ist kompakt. (d) Sei T ein normaler kompakter Operator und seien λ1 , λ2 , . . . die Eigenwerte, wobei jeder nach seiner Vielfachheit wiederholt wird. Dann ist X |λ j |2 = ||T||2HS . j Das heisst, ein normaler kompakter Operator ist genau dann Hilbert-Schmidt, wenn seine Eigenwerte eine `2 -Folge bilden. Beweis. (a) Nach der Cauchy-Schwarz-Ungleichung und der Hoelder-Ungleichung gilt 1 1 X D E X X 2 2 X 2 2 Se j , Te j ≤ Se j Te j ≤ Te j = ||S||HS ||T||HS < ∞, Se j j j j j also konvergiert die Reihe absolut. Für S, T ∈ HS folgt ∞ > | hS, SiHS + hT, TiHS + hS, TiHS + hT, SiHS | = ||S + T||HS . Damit ist auch S + T ∈ HS, die Menge HS also ein Vektorraum. Schließlich ist h., .iHS ein Skalarprodukt mit Norm ||.||HS und die Polarisierungsidentität aus Korollar 2.3.7 zeigt, dass h., .iHS nicht von der Wahl der ONB abhängt. FUNKTIONALANALYSIS 117 Insbesondere gilt die Cauchy-Schwarz-Ungleichung und aus dieser erhält man die Dreiecksungleichung ||S + T||HS ≤ ||S||HS + ||T||HS , so dass ||.||HS wirklich eine Norm ist. (b) Sei v ∈ H mit ||v|| = 1. Dann existiert eine ONB (e j ) mit e1 = v. Es folgt X 2 Te j = ||T||2HS . ||Tv|| = ||Te1 || ≤ 2 2 j Da mit (e j ) auch (Ue j ) eine ONB ist, folgt der Rest. Ist T = U|T| die Polarzerlegung nach Satz 5.3.1, dann folgt ||T||2HS X 2 X 2 X 2 = Te j = U|T|e j = |T|e j = |||T|||HS . j j j (c) Sei T ein HS-Operator und sei (e j ) j∈N eine orthonormale Folge. Dann P 2 konvergiert die Reihe ∞ j=1 Te j , also konvergiert die Folge Te j gegen Null. Damit ist T kompakt. (d) Es existiert eine ONB (e j ), die aus Eigenvektoren besteht, also Te j = λ j e j . Dann ist X XD E |λ j | = Te j , Te j . 2 j j Beispiel 6.3.2. Sei µ ein σ-endliches Maß auf einer σ-Algebra auf einer Menge X. Betrachte den Hilbert-Raum L2 (X). Sei k eine Funktion in L2 (X × X). Wir nennen k einen L2 -Kern. Sei k(x, y) ein L2 -Kern auf X. Für ϕ ∈ L2 (X) definiere def Kϕ(x) = Z k(x, y)ϕ(y) dµ(y). X FUNKTIONALANALYSIS 118 Dann existiert dieses Integral fast überall in x. Die Funktion Kϕ liegt in L2 (X) und K definiert einen Hilbert-Schmidt-Operator K : L2 (X) → L2 (X) mit Z Z 2 |k(x, y)|2 dµ(x) dµ(y). ||K||HS = X X Beweis. Um die Existenz des Integrals zu zeigen, sei ψ ein beliebiges Element von L2 (X). Dann liegt die Abbildung (x, y) 7→ ψ(x)ϕ(y) in L2 (X × X) und daher ist die Funktion (x, y) → k(x, y)ϕ(y)ψ(x) integrierbar über X × X. Nach dem Satz von Fubini folgt, dass Z Z ψ(x)k(x, y)ϕ(y) dy = ψ(x) X k(x, y)ϕ(y) dy X für fast alle x ∈ X existiert. Da ψ beliebig ist, folgt die behauptete Existenz des Integrals. Mit der Cauchy-Schwarz-Ungleichung schätzen wir ab Z Z 2 2 Z Kϕ = |Kϕ(x)|2 dx = k(x, y)ϕ(y) dy dx X ZX ZX Z ≤ |k(x, y)|2 dx dy |ϕ(y)|2 dy X ZX ZX 2 = |k(x, y)|2 dx dy ϕ . X X Also definiert K einen stetigen Operator auf L2 (X). Sei (e j ) eine ONB von L2 (X). FUNKTIONALANALYSIS 119 Dann gilt ||K||2HS XD E XZ = Ke j , Ke j = Ke j (x)Ke j (x) dx j = j XZ Z X j X Z k(x, y)e j (y) dy k(x, y)e j (y) dy dx X X XZ D ED E k(x, .), e j e j , k(x, .) dx = X j Z XD ED E k(x, .), e j e j , k(x, .) dx = X j Z = Z Z hk(x, .), k(x, .)i dx = X 6.4 |k(x, y)|2 dx dy. X X Spurklasse-Operatoren Definition 6.4.1. Sei T ein kompakter Operator. Nach Lemma 6.1.5 ist |T| = √ T∗ T ebenfalls kompakt. Sei s1 (T) ≥ s2 (T) ≥ . . . die (möglicherweise endliche) Folge der nichtverschwindenden Eigenwerte des positiven Operators |T|, wobei jeder Eigenwert nach Vielfachheit wiederholt auftritt. Die s j = s j (T) werden die singulären Werte von T genannt. Lemma 6.4.2. Sei T ein kompakter Operator auf H und seien (s j ) seine singulären Werte. Es gibt orthonormale Folgen ( f j ), (g j ) von H, so dass für jedes v ∈ H gilt Tv = X D E s j v, f j g j . j Ist umgekehrt ein Operator T durch diese Formel gegeben fuer zwei orthonormale Folgen ( f j ) und (g j ) mit s j ≥ 0, so sind die s j genau die singulaeren Werte von T. Insbesondere gilt s j (T) = s j (T∗ ). FUNKTIONALANALYSIS 120 Beweis. Da |T| selbstadjungiert ist, gibt es eine orthonormale Folge ( f j ) mit |T| f j = s j f j . Da die ( f j ) dann eine ONB von Bild(|T|) sind, gilt für jedes v ∈ H, dass E E P D P D |T|v = j |T|v, f j f j = j s j v, f j f j und damit X D E X D E s j v, f j U f j . Tv = U|T|v = U s j v, f j f j = j j Mit g j = U f j folgt die erste Aussage des Lemmas. Ist umgekehrt E P D Tv = j s j v, f j g j , so rechnet man nach, dass Tv= ∗ X D E s j v, g j f j . j Es folgt X D E ∗ ∗ s j v, f j g j T Tv = T j X D E EX D sk gk , g j fk s j v, f j = | {z } j k =δk, j = X D E s2j v, f j f j . j Damit sind die s2j die Eigenwerte von T∗ T, also die s j die singulaeren Werte. Aus dieser Aussage, angewendet auf T∗ folgt dann auch s j (T) = s j (T∗ ). Definition 6.4.3. Ein kompakter Operator heisst Spurklasse-Operator, wenn gilt def ||T||Spur = X s j (T) < ∞. j Die Zahl ||T||Spur ∈ [0, ∞] heisst Spur-Norm von T. Jeder Spurklasse-Operator ist auch ein Hilbert-Schmidt-Operator. Aus dem Lemma folgt ||T||Spur = ||T∗ ||Spur . FUNKTIONALANALYSIS 121 Satz 6.4.4. (a) Ist T von Spurklasse und S stetig, so sind die Normen ||ST||Spur , ||TS||Spur beide ≤ ||S|| ||T||Spur . Insebesondere bildet der Raum der Spurklasse-Operatoren ein Ideal in der Algebra B(H) der stetigen Operatoren auf H. (b) Für einen kompakten Operator T gilt ||T||Spur = sup (ei ),(hi ) X | hTei , hi i |, i wobei das Supremum über alle ONBs (ei ) und (hi ) läuft. (c) Die Menge der Spurklassen-Operatoren ist ein Untervektorraum von B(H) und ||.||Spur ist eine Norm. P (d) Für einen kompakten Operator T mit singulären werten (s j ) gilt j s2j = ||T||2HS P und daher ist T genau dann Hilbert-Schmidt, wenn j s2j < ∞ ist. Es folgt ||T||HS = ||T∗ ||HS . (e) T ist genau dann Spurklasse, wenn P j sj < ∞. (f) T ist genau dann Spurklasse, wenn es zwei Hilbert-Schmidt Operatoren S1 , S2 gibt so dass T = S1 S2 . (g) Für jeden Operator T auf H gilt ||T|| ≤ ||T||HS ≤ ||T||Spur . (h) Ist T ein Hilbert-Schmidt-Operator und S ein stetiger Operator auf H, dann gilt ||ST||HS , ||TS||HS ≤ ||S||op ||T||HS . Insbesondere ist HS ein Ideal in B(H). FUNKTIONALANALYSIS 122 Beweis. (a) Sei T ein kompakter Operator. Da die singulären werte s j die Eigenwerte des Operators |T| sind und da stets gilt ||Tv|| = |||T|v||, gilt s1 (T) = ||T|| und s j+1 (T) = inf v1 ,...,v j ∈H sup{||Tw|| : w ⊥ v1 , . . . , v j , ||w|| = 1}. Hieraus folgt sofort, dass für jeden beschränkten Operator S auf H gilt s j (ST) ≤ ||S|| s j (T) und damit folgt die Ungleichung ||ST||Spur ≤ ||S|| ||T||Spur Die Ungleichung ||TS||Spur ≤ ||S|| ||T||Spur aus ||T|| = ||T∗ || und ||T||Spur = ||T∗ ||Spur . (b): Nach der Cauchy-Schwarz-Ungleichung gilt für je zwei ONBs e, h, X X X D ED E | hTei , hi i | = s j ei , f j g j , hi i i j X X D ED E sj ≤ ei , f j g j , hi j i 1 1 E 2 E 2 X D X D | g j , hi |2 | ei , f j |2 ≤ s j i i j X X s j f j g j = = s j. X j j Damit folgt der ≥-Teil der Aussage. Die andere Richtung folgt, indem man für e eine ONB wählt, die die Folge f enthält und für h eine ONB, die die Folge g P P enthält, dann ist i | hTei , hi i | = j s j . (c) Der einzige kitzlige Teil ist die Dreiecksungleichung, die aber mit Teil (b) klar ist. (d) Für eine beliebige ONB gilt XD j E XD E XD E XD E Te j , Te j = T∗ Te j , e j = |T|2 e j , e j = |T|e j , |T|e j . j j j Benutzen wir nun eine ONB ( f j ) bestehend aus Eigenvektoren von |T|, so folgt FUNKTIONALANALYSIS 123 die Behauptung. (e) ist Definition und für (f) sei T Spurklasse und sei T = U|T| die Polarzerlegung √ von T. Nach dem Spektralsatz ist das Bild des Operators S2 = |T| gleich dem √ Bild von|T| und deshalb können wir den Operator S1 = U |T| definieren. Die Operatoren S1 und S2 sind Hilbert-Schmidt Operatoren und es gilt T = S1 S2 . Für die umgekehrte Richtung müssen wir zeigen, dass für je zwei Hilbert-Schmidt-Operatoren S und T der Operator TS von Spurklasse ist. Nun hat S∗ dieselben singulären Werte und es folgt, dass S∗ S ein Spurklasse Operator ist. Wir betrachten die sesquilineare Abbildung b : B(H) × B(H) → B(H) gegeben durch b(S, T) = T∗ S. Nach der Polarisierungsidentität aus Korollar 2.3.7 gilt b(S, T) = 1 [D(S + T) − D(S − T) + iD(S + iT) − iD(S − iT)] , 4 wobei D(S) = S∗ S ist. Die rechte Seite besteht nur aus Spurklasse-Operatoren, also ist die linke Seite, also T∗ S ebenfalls Spurklasse. Ersetze nun T durch T∗ , so folgt (f). (g) Die erste Abschätzung kommt schon in Satz 6.3.1 vor und die zweite ist die Abschätzung ||.||2 ≤ ||.||1 zwischen der `2 und der `1 -Norm. (h) Es ist ||ST||2HS X X 2 2 2 Te j = ||S||2op ||T||2HS . STe j ≤ ||S||op = j j Schliesslich ist ||TS||HS = ||S∗ T∗ ||HS ≤ ||S∗ ||op ||T∗ ||HS = ||S||op ||T||HS . Proposition 6.4.5. Ein kompakter Operator T auf einem komplexen Hilbert-Raum H FUNKTIONALANALYSIS 124 ist genau dann von Spurklasse, wenn sup (ei ) X | hTei , ei i | < ∞, i∈I wobei das Supremum ueber alle Orthonormalbasen des Hilbert-Raums erstreckt wird. Diese Aussage ist falsch fuer reelle Hilbert-Raeume. Beweis. Ist T von Spurklasse, so folgt die Abschaetzung nach Satz 6.4.4. Fuer die umgekehrte Richtung sei T kompakt und erfuelle die Ungleichung. Sei A = 21 (T + T∗ ) und B = 2i1 (T − T∗). Dann ist T + A + iB und A sowie B sind kompakt und selbstadjungiert. Beide erfuellen die Abschaetzung der Proposition. Wendet man diese Ungleichung fuer A auf eine Orthonormalbasis aus Eigenvektoren von A an, sieht man, dass A von Spurklasse ist. Ebenso verfaehrt man mit B, so dass schliesslich auch T = A + iB von Spurklasse ist. Fuer den reellen Fall sei H der reelle Hilbert-Raum `2 (N, R) und sei (e j ) j∈N die standard ONB. Definiere einen linearen Operator T auf H durch (−1) j+1 T(e j ) = e j+(−1) j+1 . j Es ist leicht zu sehen, dass T kompakt, aber nicht Spurklasse ist. Sei ( fn ) eine Orthonormalbasis von H und schreibe fn = ∞ X j=1 fn,j e j . FUNKTIONALANALYSIS 125 Dann gilt X X X X D E | T fn , fn | = fn,i fn, j Tei , e j n n i j X X i (−1) i = f f n,i n,i+(−1) i n i ! ∞ X X 1 1 − = fn,2 j−1 fn,2j 2j − 1 2j n j=1 ∞ XX 1 ≤ | fn,2j−1 fn,2 j | 2 j(2j − 1) n j=1 ∞ XX 1 2 j(2j − 1) j=1 n 12 21 ∞ X X X 1 2 2 | f | | f | ≤ n,2j−1 n,2 j 2 j(2j − 1) n n j=1 | {z } | {z } =||e2j−1 || =||e2j || ∞ X 1 = 2 j(2j − 1) = | fn,2j−1 fn,2 j | j=1 Satz 6.4.6. Sei T ein Spurklasse-Operator. Die Spur XD E Spur(T) = Te j , e j def j hängt nicht von der Wahl der ONB (e j ) ab. Ist T Spurklasse und normal, dann gilt Spur(T) = X λn dim Eig(T, λn ), n wobei die Summe über die nichtverschwindenden Eigenwerte λn läuft. FUNKTIONALANALYSIS 126 Beweis. Wir wählen zwei Hilbert-Schmidt Operatoren R und S mit T = RS. Dann ist X hTei , ei i = i X hRei , S∗ ei i . i Dies ist gerade das Hilbert-Schmidt Skalarprodukt hR, SiHS und hängt nach Proposition 6.3.1 nicht von der ONB ab. Für die zweite Aussage wähle eine ONB, die aus Eigenvektoren besteht. Sei T kompakt und sei s j die Folge seiner singulären Werte. Es gilt T ist Spurklasse KS (s j ) ∈ ` +3 T ist Hilbert-Schmidt KS +3 (s 1 j) ∈ `2 . Satz 6.4.7. Sei SP = SP(H) die Menge der Spurklasse-Operatoren auf einem gegebenen Hilbert-Raum H und K die Menge der kompakten Operatoren, dann sind K , HS, SP Ideale in der Algebra B(H). Es gilt 2 K ⊃ HS ⊃ HS = SP. Beweis. Dieser Satz fasst nur einige Ergebnisse dieses Abschnitts zusammen. Kapitel 7 Der Spektralsatz 7.1 Spektralmaße Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum und A die Borel-σ-Algebra auf X und sei H ein Hilbert-Raum. Ein Spektralmaß ist ein Abbildung µ : A → B(H) mit folgenden Eigenschaften: (a) µ(∅) = 0 und µ(X) = Id. (b) Jedes µ(A) ist eine Orthogonalprojektion. (c) µ(A ∩ B) = µ(A)µ(B). (d) Ist A ∩ B = ∅, dann gilt µ(A ∪ B) = µ(A) + µ(B). (e) Für all v, w ∈ H ist die Funktion µv,w (A) = µ(A)v, w ein C-wertiges Radon-Maß definiert auf der σ-Algebra A . Erste Eigenschaften 127 FUNKTIONALANALYSIS 128 • Für jedes v ∈ H gilt 2 µv,v (A) = µ(A)v, v = µ(A)v, µ(A)v = µ(A)v , so dass µv,v ein positives Radon-Maß ist mit µv,v (X) = ||v||2 . • |µv,w (A)| ≤ µ(A)v ||w|| ≤ ||v|| ||w||. Fuer eine messbare Funktion f auf X mit | f (x)| ≤ C fuer jedes x ∈ X gilt Z f (x) dµ (x) v,w ≤ C ||v|| ||w|| . X Beweis. Die erste Aussage ist klar nach Definition. Fuer die zweite reicht es, P anzunehmen, dass f (x) = nj=1 c j 11A j mit paarweise disjunkten messbaren Mengen A j ⊂ X und c j ∈ C. Indem wir eine weitere Menge A j mit c j = 0 hinzufuegen, koenne wir X = A1 ∪ · · · ∪ An annehmen. Dann ist D E D E µ(A j )v, w = θ j µ(A j )v, w fuer ein θ j ∈ T = {z ∈ C : |z| = 1}. Sei P Uv = nj=1 θ j µ(A j )v, dann ist U ein unitaerer Operator auf H. Es ist dann FUNKTIONALANALYSIS 129 |c j | ≤ C und Z X n f (x) dµv,w (x) = c j µv,w (A j ) X j=1 n X D E = c j µ(A j )v, w j=1 n D X E ≤ |c j | µ(A j )v, w j=1 n D X E ≤C µ(A j )v, w =C j=1 n X D E θ j µ(A j )v, w j=1 = C hUv, wi ≤ C ||v|| ||w|| . • Je zwei Projektionen µ(A) und µ(B) kommutieren miteinander. • Ist A ∩ B = ∅, so stehen die Bilder von µ(A) und µ(B) senkrecht aufeinander, d.h. es gilt µ(A)µ(B) = 0. Beispiele 7.1.1. • Sei T : H → H ein normaler Operator auf dem endlich-dimensionalen Hilbert-Raum H. Auf der Borel-σ-Algebra von C definieren wir µ(A) = X Prλ , λ∈A wobei Prλ die Orthogonalprojektion auf den Eigenraum Eig(T, λ) ist. Da verschiedene Eigenräume von T senkrecht aufeinander stehen, ist µ ein Spektralmaß. • Sei H = L2 (R) und für jede messbare Teilmenge A ⊂ R sei µ(A) : H → H FUNKTIONALANALYSIS 130 gegeben durch µ(A)(ϕ) = 11A ϕ. Dann ist µ ein Spektralmaß. Proposition 7.1.2. Ist µ ein Spektralmaß, dann ist für jedes v ∈ H die Abbildung A 7→ µ(A)v ein abzählbar additives, H-wertiges Maß auf X. Mit anderen Worten, µ : A → B(H) ist σ-additiv, wenn wir B(H) mit der starken Topologie versehen. Man beachte, dass µ als Abbildung von A nach B(H) im Allgemeinen nicht σ-Additiv ist, wenn B(H) die Normtopologie trägt! Beweis. Nur die σ-Additivität ist zu zeigen. Seien also A1 , A2 , . . . paarweise S disjunkte messbare Mengen und A = j A j . Nach Voraussetzung ist für jedes w ∈ H, ∞ D X E µ(A j )v, w = µ(A)v, w . j=1 Sei v j = µ(A j )v. Da die A j paarweise disjunkt sind, sind die v j paarweise orthogonal. Da X 2 X E 2 X D vj = µ(A j )v = µ(A j )v, µ(A j )v j j = XD j E X µv,v (A j ) = µv,v (A) ≤ µv,v (X) = ||v||2 < ∞ µ(A j )v, v = j konvergiert die Reihe j P j vj in der Norm gemäss Satz 3.5.11. Beispiel 7.1.3. Ein Beispiel, dass ein Spektralmass als Abbildung nach B(H) nicht σ-additiv ist: Sei H = L2 (R) und µ(A)(ϕ) = 11A ϕ. Sei A j = ( j, j + 1) für j ∈ N S P und sei A = j A j . Dann konvergiert die Summe j µ(A j ) stark gegen µ(A) wie wir in der Proposition gezeigt haben. Sie konvergiert allerdings nicht in der FUNKTIONALANALYSIS 131 Norm, denn µ(A) − N X j=1 [ µ(A j ) = µ A j j>N ist eine Projektion , 0, hat also stets Norm 1. Lemma 7.1.4. Sei µ ein Spektralmaß und seien A1 , A2 , · · · ∈ A mit µ(A j ) = 0 für jedes j. S Sei A = j A j . Dann ist µ(A) = 0. Beweis. Für v ∈ H gilt µv,v (A j ) = 0 und daher 0 = µv,v (A) = µ(A)v, v . Daher ist die Projektion µ(A) gleich Null. Lemma 7.1.5. Sei µ ein Spektralmaß auf X mit Werten in B(H). Sei f ∈ Cc (X). Es gibt dann genau einen stetigen linearen Operator T mit der Eigenschaft Z f (x) dµv,w (x) hTv, wi = X fuer v, w ∈ H. Wir schreiben diese Operator als Z T= f (x) dµ(x). X Beweis. Fuer v, w ∈ H gilt Z f (x) dµv,w (x) ≤ f X ||v|| ||w|| , X daher ist die lineare Abbildung w 7→ R X f (x) dµv,w (x) stetig und es gibt einen eindeutig bestimmten Vektor Tv mit Z hTv, wi = f (x) dµv,w (x). X Die so entstehende Abbildung v 7→ Tv ist linear und nach obiger Abschaetzung ist sie auch beschraenkt. FUNKTIONALANALYSIS 7.2 132 Der Spektralsatz fuer normale Operatoren Satz 7.2.1 (Spektralsatz). Sein T ein normaler stetiger Operator auf dem Hilbert-Raum H. Dann existiert ein eindeutig bestimmtes Spektralmaß µ auf der Borel-σ-Algebra von σ(T) ⊂ C so dass Z T= t dµ(t). σ(T) Jede Projektion µ(A) kommutiert mit jedem S ∈ B(H), welches mit T kommutiert. Die Abbildung f 7→ f (T), wobei Z f (T) = σ(T) f (t) dµ(t) definiert einen isometrischen Algebrenhomomorphismus φ : C(σ(T)) → B(H) mit φ(Id) = T. Hierbei bezeichnet Id die Abbildung σ(T) → C gegeben durch z 7→ z. Dieser Homomorphismus hat die zusätzliche Eigenschaft φ( f ∗ ) = φ( f )∗ , wobei wir für f ∈ C(σ(T)) definieren: f ∗ (t) = f (t). Wir schreiben φ( f ) suggestiv als f (T). Es gilt σ( f (T)) = f (σ(T)). Insbesondere ist f (T) selbstadjungiert, falls f reellwertig ist. Beweis. Zur Eindeutigkeit: Fuer eine beschraenkte messbare Funktion f : σ(T) → C definieren wir einen Operator formal durch Z f (T) = f (t) dµ(t). σ(T) FUNKTIONALANALYSIS 133 Genauer definieren wir fuer v, w ∈ H Z f (T)v, w = σ(T) f (t) dµv,w (t). Sind f, g messbar und beschraenkt auf σ(T), so wollen wir zeigen, dass Z f (t)g(t) dµ(t) f (T)g(T) = σ(T) gilt. Seien hierfuer zunaechst A, B ⊂ σ(T) messbar und f = 11A , g = 11B , dann ist Z f (t)g(t) dµ(t). f (T)g(T) = µ(A)µ(B) = µ(A ∩ B) = σ(T) Beliebige f und g approximiert man nun durch Linearkombinationen von charakteristischen Funktionen und erhaelt die Behauptung. Damit ist insbesondere f 7→ f (T) ein Algebrenhomomorphismus wie im Satz. Sei p ∈ C[X, Y] und f (z) = p(z, z). Setze dann f (T) = p(T, T∗ ), so folgt insbesondere Z f (T) = f (t) dµ(t). σ(T) Die Aussage bedeutet Z f (T)v, w = σ(T) f (t) dµv,w (t) für alle v, w ∈ H und alle f ∈ C(σ(T)) von dieser Gestalt. Da diese Integrale ein Spektralmaß eindeutig festlegen, folgt die Eindeutigkeit. Zur Existenz: Wir nehmen zunaechst an, dass T selbstadjungiert ist. Die Abbildung f 7→ f (T)v, v ist ein positives lineares Funktional, definiert nach dem Darstellungssatz von Riesz also ein Radon-Maß µv,v auf σ(T). Dieses Maß nimmt wegen µv,v (σ(T)) = ||v||2 < ∞ nur endliche Werte an. Aus den FUNKTIONALANALYSIS 134 Polarisierungsidentitäten erhält man dann komplexwertige Maße µv,w , durch µv,w = 1 µv+w − µv−w + iµv+iw − iµv−iw , 4 wobei wir abkürzend µv für µv,v geschrieben haben. Für die Totalvariation |µv,w | gilt 1 µv+w + µv−w + µv+iw + µv−iw . 4 R Auf Grund der Polarisierungsidentitäten folgt f (T)v, w = σ(T) f (t) dµv,w (t) für |µv,w | ≤ alle v, w ∈ H und jedes f ∈ C(σ(T)). Ist f reellwertig, so gilt f (T)v, w = f (T)w, v und daher folgt µw,v = µv,w . Ist f nur messbar und beschränkt, etwa | f | ≤ C macht die rechte Seite der Gleichung immer noch Sinn. Wir behaupten, dass die lineare Abbildung R w 7→ σ(T) f (t) dµv,w (t) stetig ist. Hierzu seien ||w|| = ||v|| = 1. Dann gilt Z Z f (t) dµv,w (t) ≤ | f (t)| d|µv,w |(t) σ(T) σ(T) Z 1 | f (t)| d µv+w + µv−w + µv+iw + µv−iw ≤ 4 σ(T) Z 1 ≤ C d µv+w + µv−w + µv+iw + µv−iw 4 σ(T) C = (hv + w, v + wi + hv − w, v − wi + hv + iw, v + iwi + hv − iw, v − iwi) 4 = C(||v||2 + ||w||2 ) = 2C. Also ist diese lineare Abbildung stetig. Daher existiert genau ein Vektor φ( f )v so dass D E Z φ( f )v, w = σ(T) f (t) dµv,w (t) für alle w gilt. Nach der obigen Rechnung ist für ||v|| = ||w|| = 1 schon FUNKTIONALANALYSIS 135 D E | φ( f )v, w | ≤ 2C, also gilt für beliebige v, w: D E | φ( f )v, w | ≤ 2C ||v|| ||w|| . Die Abbildung v 7→ φ( f )v ist schnell als linear erkannt. Sie ist auch stetig, denn für w = φ( f )v erhalten wir D E 2 φ( f )v = | φ( f )v, φ( f )v | ≤ 2C ||v|| φ( f )v , also φ( f )v ≤ 2C ||v||. Wir behaupten nun, dass φ( f g) = φ( f )φ(g) für alle beschränkten messbaren Funktionen f, g auf σ(T) gilt. Hierzu beachte, dass diese Gleichung für f, g ∈ C(σ(T)) richtig ist, also Z D E D E Z f (t)g(t) dµv,w (t) = φ( f g)v, w = φ( f )φ(g)v, w = σ(T) σ(T) f (t) dµ g(T)v,w . Die Gleichheit dieser Integrale bleibt erhalten, wenn f durch eine beschränkte messbare Funktion ersetzt wird. In diesem Fall schreiben wir dann Z D E D E Z f (t)g(t) dµv,w (t) = φ( f g)v, w = φ(g)v, φ( f )∗ w = g(t) dµv,φ( f )∗ w . σ(T) σ(T) Jetzt können wir auch g durch eine beschränkte messbare Funktion ersetzen, so dass wir erhalten Z D E Z φ( f g)v, w = f g dµv,w = g dµv,φ( f )∗ w σ(T) σ(T) D E D E = φ(g)v, φ( f )∗ w = φ( f )φ(g)v, w . Die Gleichung φ( f )∗ = φ( f ∗ ) vererbt sich ebenfalls von C(σ(T)) auf alle beschränkten messbaren Funktionen. Wir definieren nun µ(A) = φ(11A ) für eine messbare Teilmenge A ⊂ σ(T). Dann ist µ(A) eine Orthogonalprojektion. Die Eigenschaften eines Spektralmaßes sind erfüllt. FUNKTIONALANALYSIS 136 Das beendet den Beweis des Spektralsatzes im Falle eines selbstadjungierten Operators. Sei nun T : H → H ein normaler Operator auf dem Hilbert-Raum H. Dann gilt T = R + iS, wobei R und S selbstadtjungiert sind und miteinander vertauschen. Sei K ⊂ C das Kompaktum σ(R) + iσ(S), und seien µR und µS die Spektralmaße von R und S. Nach den bereits bewiesenen Aussagen des Satzes 7.2.1 kommutieren die Spektralmaße µR und µS miteinander, d.h., fuer je zwei messbare Teilmengen A, B ⊂ R gilt µR (A)µS (B) = µS (B)µR (A). Insbesondere folgt, dass µ(A × B) = µR (A)µS (B) wieder eine Orthogonalprojektion ist. Da die Mengen der Form A × B die Borel-σ-Algebra von K erzeugen, definiert diese Vorschrift ein Spektralmaß auf K. Wir haben Z Z Z z dµ(z) = (x + iy) dµR (x) dµS (y) K σ(R) σ(S) Z Z Z Z = x dµR (x) dµS (y) + i y dµR (x) dµS (y) σ(R) σ(S) σ(R) σ(S) Z Z = x dµR (x) + i y dµS (y) = R + iS = T. σ(R) σ(S) Die Eindeutigkeit des Spektralmasses ist wieder klar. Es bleibt zu zeigen, dass µ Traeger in σ(T) hat. Sei also λ ∈ C r σ(T). Dann ist T − λ invertierbar in B(H), also −1 ist C = (T − λ) < ∞. Sei ε > 0 und sei |z − λ| < ε. Sei B = Bε (λ) die offene FUNKTIONALANALYSIS 137 Kreisscheibe mit Radius ε um λ. Ist v ∈ µ(B)(H) mit ||v|| = 1, dann ist ||(T − λ)v|| = (T − λ)µT (B)v Z = (z − λ) dµ(z)µ(B)v ZC = (z − λ) dµ(z)v < ε ||v|| = ε. B Daher 1 = ||v|| = (T − λ)−1 (T − λ)v ≤ C ||(T − λ)v|| < Cε. Also ist ε > C1 , so dass fuer ε ≤ 1 C folgt µ(B) = 0. Beispiel 7.2.2. Sei H = L2 ([0, 1]) und T : H → H definiert durch T(ϕ)(x) = xφ(x). Dann ist das Spektralmaß µ gegeben durch µ(A)ϕ(x) = 11A (x)ϕ(x). Beweis. Dass dies ein Spektralmaß ist, haben wir uns schon überlegt. Wir beweisen nun, dass es das Spektralmaß zu T ist, indem wir für ϕ, ψ ∈ H und f ∈ C(σ(T)) = C([0, 1]) rechnen: * Z ! + Z f (t) dµ(t) ϕ, ψ = [0,1] f (t)dµϕ,ψ . [0,1] Sind ϕ = 11A und ψ = 11B für messbare Teilmengen A, B ⊂ [0, 1], dann gilt µϕ,ψ (S) = µ(S)ϕ, ψ = h11S 11A , 11B i = λ(A ∩ B ∩ S), FUNKTIONALANALYSIS 138 wobei λ das Lebesgue-Maß auf [0, 1] ist. Daher ist in diesem Fall ! + Z * Z f (t) dλ(t). f (t) dµ(t) ϕ, ψ = A∩B [0,1] Andererseits ist f (T)ϕ(x) = f (x)ϕ(x) und daher Z f (T)ϕ, ψ = f (x) dλ(x). A∩B Da die Funktionen der Form 11A in L2 ([0, 1]) einen dichten Teilraum erzeugen, folgt die Gleichheit * Z ! + f (t) dµ(t) ϕ, ψ = f (T)ϕ, ψ [0,1] allgemein. Index L2 -Kern, 118 Einselement, 98 äquivalent, 49 ersten Abzählbarkeitsaxiom, 4 abgeschlossene Abbildung, 6 abgeschlossene Mengen, 2 Erzeugendensystem, 51 erzeugte Topologie, 3 adjungierte Operator, 74 Final-Topologie, 7 Algebra, 21, 98 Fourier-Transformierte, 78 Algebrenhomomorphismus, 98 geometrische Reihe, 88 Algebrenisomorphismus, 98 gerichtet, 29 Baire-Raum, 26 Graph, 60 Banach-Raum, 18, 35 Hamel-Basis, 51 Basis, 13 Hauptraum, 108 Basis der Topologie, 5 Hausdorff-Metrik, 94 bedingter Erwartungswert, 80 Hausdorff-Raum, 9 beschränkte lineare Abbildung, 36 Hilbert-Raum, 40 Cauchy-Schwarz-Ungleichung, 39 Hilbert-Schmidt-Norm, 114 co-endlich Topologie, 2 Hilbert-Schmidt-Operator, 115 holomorph, 90 dicht, 26 Homöomorphismus, 6 diskrete Topologie, 2 Ideal, 116, 120 Eigenraum, 111 Initialtopologie, 7 Eigenwert, 87 Isometrie, 46 Einheitengruppe, 88 isometrischer Isomorphismus, 41, 46 Einpunktkompaktifizierung, 20 kompakter Operator, 105 139 FUNKTIONALANALYSIS Kompaktifizierung, 20 Komplexifizierung, 34 konvergiert, 29 konvex, 56 140 Orthonormalsystem, 42 Paarung, 64 partielle Ordnung, 28 perfekte Paarung, 64 Laurent-Polynome, 26 Polarzerlegung, 103 linear geordnet, 12 positiver Operator, 94 linear unabhängig, 13, 51 Prä-Hilbert-Raum, 39 lineare Isometrie, 41 Produkttopologie, 7 linearen Operator, 36 Projektion, 45, 79 lineares Funktional, 36 Projektionsoperator, 79 lokalkompakt, 11, 16 maximales Element, 12 Quotiententopologie, 7 reflexiv, 64 Netz, 29 relativ kompakt, 16 Norm, 39 Resolvente, 86 normal, 83 Resolventenmenge, 86 normierter Vektorraum, 35 Satz von Plancherel, 78 obere Schranke, 12 schwach-*-Topologie, 71 offene Abbildung, 6 schwache Topologie, 68 offene Mengen, 2 selbstadjungiert, 74 offene Umgebung, 3 separierten Topologischen Raum, 10 offenen Rechtecke, 9 Shiftoperator, 77 offenen Umgebungsbasis, 4 singulären Werte, 119 ONB, 42 Skalarprodukt, 38 ONS, 42 Spektralmaß, 126 Operatornorm, 36 Spektralradius, 90 Orthogonalprojektion, 79 Spektrum, 86 Orthogonalraum, 45 Spur, 124 Orthonormalbasis, 42 Spur-Norm, 119 FUNKTIONALANALYSIS Spurklasse-Operator, 119 stetig, 5 stetig im Punkt, 5 stetigen Dualraum, 56 streng cofinal, 31 Teilnetz, 31 Teilraumtopologie, 7 Topologie, 2 topologischer Raum, 2 triviale Topologie, 2 Umgebung, 3 Umgebungsbasis, 4 unitär, 77 unital, 98 Unteralgebra, 21 Urysohn’s Lemma, 16 verschwindet im Unendlichen, 18 Vervollständigung, 46 vollständig, 46 vollständiges ONS, 42 von endlichem Rang, 105 von zweiter Kategorie, 26 zweiten Abzählbarkeitsaxiom, 5 141