Informationsblatt Schlafstörungen - Alzheimer Uri

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© Dezember
IB
9.03.01–1d2007
Wenn der Schlaf gestört ist
Bei vielen Menschen mit Demenz ist im Verlaufe der Krankheit
der Schlaf gestört. Betroffene schlafen schlecht ein, erwachen in
der Nacht und werden aktiv. Eine Schlafstörung ist umso
beschwerlicher, als sie auch die Erholung und somit das Wohlbefinden der Angehörigen in Mitleidenschaft zieht. Mit verschiedenen Massnahmen jedoch kann man den Schlaf von Demenzkranken verbessern. In schwereren Fällen bringen Angebote wie
Tages- und Nachtstätten die nötige Entlastung.
Rund 40% der Menschen mit Demenz leiden vor
allem ab dem mittleren Stadium unter Schlafstörungen. Dies äussert sich beispielsweise darin, dass die
erkrankte Person am Abend unruhig wird und nicht
einschlafen kann. Oder dass sie zwar einschläft, dann
aber mehrmals in der Nacht aufwacht. Es passiert
auch häufig, dass die erkrankte Person in der Nacht
eine lange Wachperiode erlebt, aufsteht und in der
Wohnung herumläuft. Oder dass sie zu früh wach
wird und dann etwas erledigen möchte. Die Ursachen dafür können verschiedener Natur sein :
▲ Gegen Abend werden Menschen mit Demenz oft
unruhiger und aktiver, in der Nacht nimmt die
Desorientierung zu. Dies erschwert das Zubettgehen.
▲ Durch die Demenz kann der Schlaf-Wach-Rhyth-
mus – also das, was man « innere Uhr » nennt –
durcheinander geraten. Erkrankte haben Schwierigkeiten, Nacht und Tag voneinander zu unterscheiden.
▲ Zusätzliche körperliche und psychische Probleme
▲ Im Alter verändert sich der Schlaf auch bei gesun-
den Menschen, er wird oberflächlicher und seine
Kontinuität nimmt ab. Das macht sich beispielsweise dadurch bemerkbar, dass man in der Nacht
häufiger aufwacht und insgesamt weniger lang
schläft.
▲ Bei Menschen mit Demenz hat die fehlende Akti-
vität am Tag oft zur Folge, dass sie nachts nicht
müde genug sind.
▲ Häufige und längere Nickerchen am Tag führen
dazu, dass bei Menschen mit Demenz ein Grossteil
des Schlafpensums bereits vor der Nacht erfüllt
ist.
können einen negativen Einfluss auf den Schlaf
haben.
Schlafstörungen sind vor allem deshalb beschwerlich, weil dadurch die PartnerInnen oder andere
Angehörige in ihrem eigenen Bedürfnis nach Erholung gestört werden. Als Angehöriger schläft man
selber unruhig, ist besorgt, steht auf um nachzuschauen und hat nachher vielleicht Mühe, wieder
einzuschlafen. Viele Angehörige schlafen daher kaum
mehr durch und werden erschöpft. Treten bei einem
Menschen mit Demenz Schlafstörungen auf, ist es
daher wichtig, nach den Ursachen zu suchen und
Lösungen zu finden, mit denen nicht nur die erkrankte
Person, sondern auch die pflegenden Angehörigen
wieder zur Ruhe kommen.
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Wie mit Schlafstörungen umgehen :
Nützliche Hinweise
Wie bei allen anderen Problemen lohnt es sich
auch bei Schlafstörungen zu fragen, wann sie
besonders auftreten und was der Grund dafür
sein könnte. Das braucht etwas Zeit und Geduld.
Wenn man mögliche Ursachen gefunden hat,
können jedoch entsprechende Massnahmen eine
Verbesserung herbeiführen. Im Folgenden werden ein paar typische schwierige Situationen
beschrieben und Schritte vorgeschlagen, womit
ihnen begegnet werden kann.
Zunehmende Unruhe am Abend
Bei Menschen mit Demenz nehmen am späten Nachmittag und Abend oft Unruhe, Verwirrtheit oder der
Aktivitätsdrang zu. Dieses Phänomen bezeichnet
man auch als « Sundowning ». Die Ursache dafür ist
noch nicht geklärt. Es wird ein Prozess vermutet, bei
dem gegen Abend die Stimulierungen vom Gehirn
nicht mehr bearbeitet werden können, wodurch sich
eine Aufregung aufbaut. Eine andere Erklärung dafür
ist, dass sich das bei Demenzkranken beeinträchtigte
Wahrnehmungsvermögen unter den Lichtverhältnissen am Abend weiter verschlechtert, was zunehmend
Unsicherheit auslöst. Das « Sundowning » hat zur
Folge, dass das Zubettgehen und Einschlafen für
Menschen mit Demenz schwierig werden kann. Folgende Möglichkeiten bieten sich an, der Unruhe am
Abend entgegenzuwirken :
▲ Aktivitäten und soziale Kontakte am Tag sorgen
dafür, dass eine Person mit Demenz ausreichend
stimuliert und gegen den Abend müde wird ( siehe
dazu auch das Infoblatt : « Den Alltag aktiv gestalten » ).
▲ Am Abend hingegen sollten Reize reduziert wer-
den, um eine ruhige Atmosphäre zu erzeugen :
Radio und Fernsehen leiser stellen oder ganz ausschalten, etwas leiser sprechen, keine schwierigen oder problematischen Aufgaben erledigen
etc. Leise Geräusche, wie sanfte Musik oder das
Ticken einer Uhr wirken beruhigend.
▲ Ein ruhig durchgeführtes Ritual beim Zubettgehen
verhilft der betroffenen Person, sich auf die Nacht
einzustimmen. Beruhigende Worte, gemeinsames
Beten oder das sich Erzählen von schönen Erinnerungen helfen beim Einschlafen.
Gestörter Schlaf in der Nacht
Mit dem Fortschreiten der Krankheit kommt es vor,
dass Betroffene in der Nacht mehrmals erwachen
und aufstehen. Der Schlaf wird längere Zeit durch
Aktivitäten unterbrochen, die sich aus der nächtlichen Desorientierung ergeben : Betroffene finden
sich örtlich oder zeitlich nicht mehr zurecht, meinen
es sei Zeit zum Aufstehen und gehen Arbeiten nach,
die sie von früher her gewohnt sind. Sie haben vergessen, dass sie im Bett waren, wissen nicht mehr
wo sie sind und wollen wieder « nach Hause ». Kompensiert wird der fehlende Schlaf in der Nacht durch
Schlafphasen am Tag.
In schweren Fällen verliert ein Mensch mit Demenz
den für eine erwachsene Person normalen, zweigeteilten Wach-Schlaf-Rhythmus. Man spricht dann
von einem « polyphasischen » Schlaf : Schlaf- und
Wachphasen wechseln sich unabhängig von der
Tages- und Nachtzeit ab, mitunter bis zur kompletten
Tag-Nacht-Umkehr. Diese Massnahmen helfen, mit
Schlafstörungen in der Nacht fertig zu werden :
▲ Ausreichende körperliche Bewegung am Tag sorgt
für eine « gesunde Müdigkeit ». Der Spaziergang
am Nachmittag versorgt die betroffene Person mit
genügend Tageslicht, was einen positiven Einfluss
auf den Schlaf hat.
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▲ Eine einfache und gleich bleibende Strukturierung
des Tages hilft Menschen mit Demenz, die zeitliche Orientierung aufrecht zu erhalten. Dies wirkt
sich positiv auf den Schlaf-Wach-Rhythmus aus.
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▲ Wichtig ist, dass Menschen mit Demenz am Tag
genug Licht bekommen, wodurch das körpereigene Hormon Melatonin produziert wird, das den
Schlaf reguliert.
paar kleinere Anpassungen in der Wohnung. Dazu
informiert Sie das Infoblatt : « Die Wohnung anpassen ».
▲ Zur Krisenbewältigung hilft auch der kurze Auf-
▲ Vor dem Zubettgehen dient das Herabsetzen der
Lichtstärke dazu, den Beginn der Nacht zu signalisieren.
enthalt in einer psychogeriatrischen Klinik.
in ihrem Schlafzimmer wohl fühlt. Ein behaglicher,
ruhiger und dunkler Raum, ein bequemes Bett
und angenehme Temperaturen steigern das Wohlbefinden.
Was den Schlaf auch noch stören kann
Neben den demenzspezifischen Beeinträchtigungen
können weitere körperliche und psychische Probleme
zu einer Verschlechterung des Schlafes führen. Weil
sich Menschen mit Demenz in vielen Fällen nicht
mehr wie gewohnt mitteilen können, braucht es
etwas Spürsinn und auch Geduld, um herauszufinden, was eine mögliche Ursache für eine Schlafstörung sein könnte. Machen Sie sich Notizen, wann
und in welchen Situationen die Schlafstörungen
besonders auftreten. Eine Abklärung und Untersuchung beim Arzt oder bei der Ärztin hilft, die Ursachen und eine geeignete Therapie zu finden.
▲ Läuft die betroffene Person für längere Zeit in der
▲ Möglicherweise leidet die betroffene Person unter
Nacht in der Wohnung herum, hat sie womöglich
die Orientierung verloren. Eine Beleuchtung mit
Bewegungsmeldern hilft, den Weg zur Toilette
immer ausgeleuchtet zu halten. Leuchtstecker in
den Steckdosen markieren den Weg ( zu weiteren
Anpassungen siehe auch das Infoblatt : « Die Wohnung anpassen » ).
einer Depression. Depressionen kommen bei
Demenz häufig vor und stören unter anderem den
Schlafrhythmus. Mit einer medikamentösen Be—
handlung ( Antidepressiva ) kann sich die Situation
verbessern.
▲ Zu viel Schlaf am Tag, also das lange Ausschlafen
und längere Nickerchen, sollte vermieden werden.
Auch sollte die betroffene Person nicht zu lange
bei anderen Aktivitäten ( Fernsehen, Essen etc. )
im Bett liegen bleiben.
▲ Die erkrankte Person schläft besser, wenn sie sich
▲ Die Desorientierung in der Nacht bewirkt auch,
dass die betroffene Person nach dem Aufstehen
nicht mehr weiss, dass sie wieder schlafen gehen
soll : Sie sucht dann jemanden, möchte arbeiten
gehen, meint, sie sei nicht zu Hause und möchte
sich auf den Heimweg machen etc. Gehen Sie in
diesem Fall auf das Anliegen ein, versuchen Sie
sie zu beruhigen und dazu zu bewegen, wieder
schlafen zu gehen. Eine warme Milch mit Honig
oder ein Kräutertee hilft dabei.
▲ Beseitigen Sie alle Gefahrenquellen in der Woh-
nung und schliessen Sie die Wohnungs- und Balkontüre ab. Möglicherweise braucht es dazu ein
▲ Vielleicht leidet die betroffene Person in der Nacht
unter Symptomen wie Halluzinationen, die mitunter starke Angst verursachen können. In diesem
Fall können Medikamente ( Neuroleptika ) eine
Verbesserung herbeiführen.
▲ Leidet die betroffene Person unter Schmerzen und
wird dadurch unruhig ? Achten Sie auf die Mimik
oder fragen Sie sie danach, da sie dies vielleicht
nicht von sich aus mitteilen kann.
▲ Erkrankung von Herz und Lunge sowie Infektio-
nen, Probleme mit der Verdauung oder dem Wasserlassen verursachen oder verstärken Schlafstörungen.
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▲ Alkohol, Nikotin, Kaffee, Tee und Medikamente,
aber auch die Dosisänderungen oder das plötzliche Absetzen von Medikamenten können Schlafstörungen verursachen.
lich. Womöglich ist sie am Abend müder und entspannter als sonst.
▲ Schlafen Sie getrennt.
Schlafmittel
Auch wenn Schlafmittel keine ideale Lösung sind,
können sie dann zu einer nützlichen Hilfe werden,
wenn sich der Schlaf einer betroffenen Person nach
mehreren Versuchen nicht verbessert. Da solche
Medikamente jedoch auf ältere Menschen und Menschen mit Demenz ganz spezielle unerwünschte
Nebenwirkungen haben können, sollten diese nie
von sich aus verabreicht werden. Ein paar Hinweise
zum Gebrauch von Schlafmitteln :
▲ Wenn man weiss, dass die herumlaufende Person
▲ Schlafmittel sollten erst dann zum Einsatz kom-
▲ Bei schwereren Schlafstörungen entlasten eine
men, wenn die anderen Massnahmen zu keinem
gewünschten Resultat geführt haben.
Nachtklinik oder ein Kurzaufenthalt in einem Pflegeheim.
▲ Ohne ein eingehendes Gespräch mit dem Arzt
▲ Schwere Schlafstörungen sind ein zentraler Aus-
oder der Ärztin dürfen keine Schlafmittel verabreicht werden.
löser für den Eintritt einer demenzkranken Person
in ein Pflegeheim.
▲ Gewisse Schlafmittel wirken, insbesondere bei
älteren Menschen, am nächsten Tag nach und
verursachen eine Benommenheit oder Schläfrigkeit. Schläfrigkeit am Tag kann Schlafstörungen
verstärken und erhöht die Sturzgefahr. Sollten Sie
unerwünschte Effekte feststellen, besprechen Sie
dies mit dem Arzt – vielleicht ist eine Dosisänderung oder der Wechsel des Präparats nötig.
Selbst zum Schlaf finden
Als pflegender Angehöriger leidet man ebenso unter
dem gestörten Schlaf eines Menschen mit Demenz.
Daher ist es wichtig, dass sich nicht nur der Schlaf
der betroffenen Person verbessert, sondern auch
derjenige der Angehörigen. Das ist leichter gesagt
als getan, vielleicht helfen aber folgende Massnahmen :
in der Wohnung weder sich noch andere gefährdet, schläft man selbst entspannter. Beseitigen
Sie zunächst alle Gefahrenquellen und lassen Sie
die erkrankte Person dann einfach einmal alleine
in der Nacht herumlaufen, vielleicht kommt sie ja
von sich aus wieder zurück ins Bett.
▲ Delegieren Sie das Zubettgehen an bestimmten
Abenden an die Spitex.
Für weitere Informationen wenden Sie sich an :
den Arzt / die Ärztin
eine Pflegefachperson der Spitex
Angehörige, z. B. in Angehörigengruppen
unsere Informationblätter ( herunterladen unter:
www.alz.ch )
das Alzheimer-Telefon : 024 426 06 06
Mo – Fr : 8-12 und 14-17 Uhr
Folgende Fachpersonen haben an diesem Infoblatt mitgeholfen:
Alice Köpfli, Leiterin der Geriatrischen Tages- und Nachtklinik, Spital
Dielsdorf.
▲ Der Besuch einer Tagesklinik oder eine Spazierbe-
gleitung stimuliert die Person mit Demenz zusätz-
Dr. med. Daniel Inglin, Leitender Arzt der Geriatrischen Klinik, Bürgerspital St. Gallen.
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Schweizerische
Alzheimervereinigung Rue des Pêcheurs 8E 1400 Yverdon-les-Bains
Tel. 024 426 20 00 Fax 024 426 21 67 [email protected] www.alz.ch
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