10 Operationen einer Gruppe auf einer Menge Definition 10.1. Sei G eine Gruppe, X eine nichtleere Menge. Eine Operation von G auf X ist eine Abbildung ϕ : G × X → X für die gilt: (OP1) ϕ(e, a) = a ∀a ∈ X; (OP2) ϕ(gh, a) = ϕ(g, ϕ(h, a)) ∀a ∈ X und ∀g, h ∈ G. Bemerkung. Statt ϕ(g, a) schreiben wir oft g(a), g operiert also wie eine Abbildung X → X : a 7→ g(a). (OP1) wird dann zu e(a) = a, d.h. die “Abbildung” e wirkt hier wie die Identität. (OP2) wird zu (gh)(a) = g(h(a)), also gh wirkt wie die Hintereinanderausführung der “Abbildungen” g und h. Definition und Lemma 10.2. Die Gruppe G operiere auf der nichtleeren Menge X. (i) a ∈ X heißt Fixpunkt dieser Operation falls g(a) = a ∀g ∈ G. Die Menge der Fixpunkte bezeichnet man wie folgt: X G := {a ∈ X | x ist Fixpunkt} (ii) Der Stabilisator von a ∈ X ist definiert als Ga := {g ∈ G | g(a) = a} . Es gilt Ga ≤ G. (iii) Die Bahn von a ∈ X ist definiert als BahnG (a) = {g(a) | g ∈ G} . Definition und Lemma 10.3. Die Gruppe G operiere auf der nichtleeren Menge X. Auf X definiert man die Relation x ∼G y falls ∃g ∈ G mit y = g(x). “∼G ” ist eine Äquivalenzrelation, und die Äquivalenzklassen sind genau die Bahnen. Sei xi , i ∈ I ein Repräsentantensystem aller verschiedenen Bahnen (wobei I eine geeignete Indexmenge sei). Dann gilt X= • [ BahnG (xi ) , i∈I d.h. X ist disjunkte Vereinigung aller verschiedenen Bahnen. Man nennt die Operation von G auf X transitiv falls es nur eine Bahn gibt: X = BahnG (a) ∀a ∈ G. 1 Beispiel. (1) Sn operiert auf N = {1, . . . , n} in der üblichen Weise. Sei nun n ≥ 2. Dann gilt ∀m ∈ N : (Sn )m ∼ = Sn−1 (Permutationen der n − 1 Elemente N \ {m}), und BahnSn (m) = N , die Operation ist also transitiv und N Sn = ∅. (2) G operiert auf X = G mittels Translation: g(a) = ga ∀g, a ∈ G. • ∀a ∈ G: Ga = {g ∈ G | g(a) = ga = a} = {e}; • ∀a ∈ G: BahnG (a) = Ga = G, die Operation ist also transitiv; • Falls G 6= {e}: GG = ∅. Falls G = {e}: GG = G = {e}. (3) G operiert auf G mittels Konjugation: g(a) = gag −1 ∀g, a ∈ G. • ∀a ∈ G: Ga = ZG (a); • ∀a ∈ G: BahnG (a) = KonjG (a); • GG = Z(G). (4) G operiert auf der Menge der Untergruppen X := {H | H ≤ G} mittels Konjugation: g(H) = gHg −1 . • ∀H ≤ G: GH = NG (H); • ∀H ≤ G: BahnG (H) = KonjG (H) (die zu H konjugierten Untergruppen); • X G = {H | H ≤ G, gHg −1 = H ∀g ∈ G} = {H | H E G}, die Menge der Normalteiler von G. (5) Die triviale Operation von G auf einer nichtleeren Menge X: g(a) = a ∀g ∈ G, ∀a ∈ X. • ∀a ∈ X: Ga = G; • ∀a ∈ X: BahnG (a) = {a}; • X G = X. Lemma 10.4. Die Gruppe G operiere auf der nichtleeren Menge X. Sei a ∈ X. Dann existiert eine wohldefinierte bijektive Abbildung G/Ga → BahnG (a) : gGa 7→ g(a). Insbesondere gilt [G : Ga ] = | BahnG (a)|. Bemerkung. Da i.A. Ga kein Normalteiler von G ist, ist hier mit G/Ga lediglich (und wie üblich) die Menge der Linksnebenklassen gemeint, und es ist nicht als Faktorgruppe zu verstehen. 2 Bemerkung 10.5. [G : Ga ] = 1 ⇐⇒ | BahnG (a)| = 1 ⇐⇒ BahnG (a) = {a} ⇐⇒ a ∈ X G . Satz 10.6 (Bahnformel für Operationen von Gruppen auf Mengen). Die Gruppe G operiere auf der nichtleeren Menge X. Sei xi , i ∈ I ein Repräsentantensystem aller verschiedenen Bahnen (wobei I eine geeignete Indexmenge sei). Sei J := {i ∈ I | | BahnG (xi )| > 1}. Dann gilt X G = {xi | i ∈ I \ J} und X X X |X| = | BahnG (xi )| = [G : Gxi ] = |X G | + [G : Gxj ] . i∈I i∈I j∈J Korollar 10.7. Die Gruppe G operiere auf G mittels Konjugation. Sei xi , i ∈ I ein Repräsentantensystem aller verschiedenen Konjugationsklassen, und sei J := {i ∈ I | | KonjG (xi )| > 1}. Dann gilt X |G| = |Z(G)| + [G : ZG (xj )] . j∈J Korollar 10.8 (Satz 9.3). Sei p Primzahl, n ∈ N, n ≥ 2, und sei G eine Gruppe mit |G| = pn . Dann gilt |Z(G)| = pm mit 1 ≤ m ≤ n (d.h. {e} ( Z(G)). Insbesondere ist G nicht einfach. 3