Geostrophischer Wind, Zyklonen und Fronten

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Musterlösung zu Übung 1: Geostrophischer
Wind, Zyklonen und Fronten
Wettersysteme, HS 2011
1 Geostrophischer Wind
In der folgenden Abbildung ist die geopotentielle Höhe auf 500 hPa und 400 hPa eingezeichnet.
1
In erster Näherung ist der Wind gegeben durch die geostrophische Näherung, die aus dem Kräftegleichgewicht
der Druckgradientenkraft und der Corioliskraft resultiert:
f · uG
=
f · vG
=
∂φ
∂y
∂φ
g·
∂x
−g ·
Hierbei ist der Coriolisparameter f = 1.11 × 10−4 s−1 bei der geografischen Breite 50◦ N, g ist die
Erdbeschleunigung, φ die geopotentielle Höhe und uG , vG sind die Windkomponenten in West/Ostund Süd/Nord-Richtung.
a) Berechne den geostrophischen Wind an einem Punkt über den britischen Inseln.
Die Berechnung basiert auf einer Diskretisierung der oben angegebenen Formel:
g ∆φ
·
f ∆y
g ∆φ
·
f ∆x
uG
= −
vG
=
hierbei zeigt die x-Achse von West nach Ost und die y-Achse von Süd nach Nord. Betrachtet man
die Geopotentiallinien über den britischen Inseln, so liegen diese ziemlich genau paralell zu den
Meridianen, dh. die Ableitung von φ in y-Richtung verschwindet annähernd. Dies bedeutet gemäss
der obigen Formel, dass die Komponente uG des geostrophischen Windes nahezu Null ist. Für
die Komponente vG finden wir aus der Abbildung (auf 400 hPa): ∆φ ≈ 24 gpdam (geopotentielle
Dekameter, dh. 240 gpm) für eine Distanz von 10 Längenkreisen. Jetzt müssen wir noch die
Distanz von 10 Längengrad in eine Distanz in Meter umnrechnen. Es ist leicht auszurechnen, dass
1 Längengrad am Äquator ca. 110 km (1.1 · 105 m) entspricht. Bei der geografischen Breite von ca.
50 N reduziert sich diese Distanz um den Faktor cos(50◦ ). Es ergibt sich: ∆y = 7.8 · 105 m. Mit
f = 1.11 · 10−4 s−1 und g = 9.81ms−2 findet man: vG ≈ 27ms−1 .
b) Wo erwartet man Abweichungen des realen Windes von der geostrophischen Näherung?
Begründe Deine Antwort! Ist die reale Windgeschwindigkeit grösser oder kleiner als
die der geostrophischen Näherung? Gibt es Abweichungen in der Windrichtung?
Die geostrophische Windnäherung gilt nur bedingt in der unteren Troposphäre, dh. in der atmosphärischen Grenzschicht, wo Reibungsterme berücksichtigt werden müssen. Auf 500 hPa und 400
hPa (wie in der Abbildung) können wir davon ausgehen, dass diese Reibungsterme nur eine sehr
geringe Rolle spielen. Ausserdem wissen wir auch, dass das geostrophische Windgleichgewicht in
Äquatornähe nicht gelten kann, weil dort der Coriolisparameter f gleich Null wird. Betrachten wir
aber einen Punkt über den britischen Inseln, so stellt das kein Problem dar. Bei dieser geografischen Breite (50◦ N) sollte das geostrophische Windgleichgewicht gut erfüllt sein. Es gibt aber einige
weitere Bedingungen, die wir bei der “Herleitung” des geostrophischen Windgleichgewichts gemacht
haben: (1) Geradlinigkeit der Geopotentiallinien (oder Isobaren); (2) stationärer Zustand (dh. die
Winde ändern sich im Laufe der Zeit nicht). Damit resultiert als Antwort:
– überall dort, wo die Geopotentiallinien gekrümmt sind, wird es Abweichungen vom geostrophischen Wind geben
– ändert sich an einer Stelle das Windfeld sehr rasch im Laufe der Zeit, so wird auch das zu
Abweichungen vom geostrophsichen Wind führen. Man spricht in diesem Zusammmhang vom
isallobarischen Wind, dh. vom Wind der durch zeitliche Druckänderungen hervorgerufen wird.
Das ganze lässt sich mathematisch etwas präziser fassen. Wir betrachten dazu die horizontalen
Bewegungsgleichungen in ihrem natürlichen Koordinatensystem. Dieses ist so orientiert, dass die
x-Achse parallel zum Windvektor zeigt und die y-Achse senkrecht dazu. Man spricht auch von
der s-Achse (“streamwise”) und von der n-Achse (“normal”). In diesem System kann man den
ageostrophischen Wind (dh. die Abweichung vom geostrophischen Wind) wie folgt berechnen:
Van =
1 DV
·
f Dt
und
Vas = −
1 V2
·
f Rt
Hier ist V die horizontale Windgeschwindigkeit und f der Coriolisparameter. Die Grösse Rt
bezeichnet die Krümmung der Luftmassen-Trajektorie, wobei eine zyklonale Krümmung (wie bei
einem Tiefdrucktrog) positiv gerechnet wird und eine antizyklonale Krümmung (wie bei einem
Hochdruckrücken) negativ gerechnet wird. Es lassen sich nun ein paar genauere Aussagen machen:
– Hat man eine gekrümmte Strömung (Rt verschieden von Null), so ist der tatsächliche Wind
entweder schneller oder langsamer als der Wert aus dem geostrophischen Windgleichgewicht
(Vas verschieden von Null). Bei einem Tiefdrucktrog ist die tatsächliche Geschwindikeit kleiner
(weil dort Rt > 0), bei einem Hochdruckrücken hingegen wird die Windgeschwindigkeit durch
das geostrophische Windgleichung unterschätzt. Der tatsächliche Wind ist schneller.
– Nimmt die Windgeschwindigkeit in Strömungrichtung zu (DV /Dt verschieden von Null), so
kommt es zu einem seitlich orientierten ageostrophischen Windfeld Van . Das ist zum Beipiel
in der folgenden Situation wichtig:
Hier sind zwei Isolinien des Geopotentials eingezeichnet. Die durchgezogenen Pfeile entsprechen
dem geostrophischen Wind, die strichlierten Pfeile geben die ageostrophischen Abweichungen
an. Zum Beispiel kommt es links zu einer Beschleunigung (die durchgezogenen Windpfeile
werden länger). Dadurch wird ein ageostrophischer Wind von unten nach oben (strichlierte
Pfeile) hervorgerufen. Auf der rechten Seite ist die Situation gerade umgekehrt, wie man aus
der Abbremsung des Windes erwarten würde.
2 Fronten eines Tiefdruckgebietes
Wo befinden sich die Kaltfront, die Warmfront und der Warmsektor des Tiefs. Markiere
die Fronten in der Abbildung. Mit welchen Wettererscheinungen gehen der Durchzug von
Warmfront, Warmsektor und Kaltfront im Allgemeinen einher?
Die Fronten und der Warmsektor sind in der folgenden Abbidung eingezeichnet. Bei einer Kaltfront
schiebt sich kalte Luft gegen warme Luft wodurch es am Luftmassenübergang zu vertikalem Aufsteigen
der Luft kommt. Durch den Hebungsprozess tritt konvektive Bewölkung verbunden mit Schauern oder
Gewittern auf. Bei einer Warmfront gleitet die Warme Luft langsam auf der kalten Luftmasse auf. Die
Wettererscheinungen sind weniger heftig als bei einer Kaltfront. Durch das langsame Aufgleiten entsteht
Stratus Bewölkung und es kann zu langanhaltendem leichten Niederschlag kommen.
3 Analyse einer Wetterentwicklung - Satellitenbilder und
Bodenwetterkarte
In der folgenden Abbildung sind einige Satellitenaufnahmen zu sehen. Sie decken den zeitlichen Verlauf
vom 1. April 2003 bis 4. April 2003 ab.
1. April 2003
2. April 2003
3. April 2003
4. April 2003
a) Entscheide, um welchen Satellitenkanal (VIS, WV, IR) es sich handelt?
Es handelt sich um den IR-Kanal. Das Meer ist dunkler dargestellt als die Landoberfläche, weil
die Meeresoberfläche wärmer ist. in diesem Kanal ist es möglich, hochreichende Bewölkung (weiss)
von tiefliegender Bewölkung (grau) zu unterscheiden.
b) Charakterisiere anhand der Aufnahmen die Wetterentwicklung in Europa und über
dem Mittelmeer. Was ”bedeuten” die Wolkenbänder und die anderen Strukturen im
Wolkenbild? Verwende dazu auch die zwei Bodenwetterkarten für den 2. und 4. April.
Eine Kaltfront bewegt sich von Norden auf die Alpen zu. Diese Front steht im Zusammenhang mit
einem Tiefdruckzentrum über Nordeuropa. Am 1. April ist das hochreichende Wolkenband der
Kaltfront klar über Mitteleuropa erkennbar. Am 2. April erreich die Kaltfront den Alpenkamm.
Dies ist auch klar in der Synop-Karte erkennbar. Die Luft hinter der Kaltfront is kalt und stabil
geschichtet. Das führt dazu, dass die Luft nicht über die Alpen strömen kann, sondern dass es zu
einer Umströmung der Alpen kommt. Diese Umströmung wiederum führt im Laufe des nächsten
Tages (3. April) zur Ausbildung eines Tiefdruckgebietes über dem Mittelmeer. Da die Zyklone im
Lee-der Alpen entsteht (genauer im Golf von Genua), spricht man von einer Lee-Zyklone oder von
einer Genua-Zyklone. Im Laufe der Zeit (4. April) intensiviert sich die Lee-Zyklone und bewegt
sich weg von ihrem Ursprungsort.
Die Ausbildung von Lee-Zyklonen ist an die Modifikation der Strömung durch Gebirge (hier die
Alpen) gebunden. Man findet diesen Typ von Zyklogenese auch im Lee anderer Gebirge, zum
Beipiel im Lee der Rocky Mountains.
c) Charaktersiere die Kaltfront über den Alpen durch möglichst viele SYNOP-Signale.
Ist der Frontdurchgang durch Temperaturunterschiede, Niederschlag, Bewölkungsanteil,
Drucktendenzen erkennbar? Der SYNOP-Code ist in der folgenden Tabelle erklärt:
Wir haben in der Vorlesung kennengelernt, dass Frontdurchgänge typischerweise durch die folgenden
Signale gekennzeichnet sind:
– Änderung der Temperatur
– Niederschlag und Bewölkung
– Vor der Kaltfront findet man eine leichte Tendenz zu einem Druckabfall, hinter der Kaltfront
nimmt dann der Luftdruck wieder markant zu. Der Druckdurchgang selbst ist häufig mit
einem Druckminimum verbunden.
– Auch in der Taupunktstemperatur gibt es einen Kontast zwischen Punkten hinter und vor der
Front. Insbesondere wird die Taupunktsdifferenz hinter der Kaltfront geringer sein als vor der
Kaltfront: die Luftmassen sind relativ feuchter hinter der Front.
Man kann entweder benachbarte Stationen miteinander vergleichen, um die Lage der Front festzusetzen, oder aber man betrachtet eine einzelne Station und schaut, wie sich die verschiedenen Messgrössen
im Laufe der Zeit an dieser Station ändern. Mit der zweiten Methode lässt sich meist ziemlich klar
sagen, wann die Front die Messtation passiert hat.
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