The Big Bang – oder die Physik des frühen Kosmos Galaxien – Früher und heute von Sabine Sinnhuber am 30.01.2014 Gliederung: 1. Die Suche nach den ersten Galaxien 1.1 Hubble Ultra Deep Field 1.2 Spektrum einer Galaxie 1.3 Lyman-Break-Methode 2. Entstehung von Galaxien 2.1 Arten von Galaxien 2.2 Frühe Galaxien 2.3 Supermassereiche schwarze Löcher und aktive galaktische Kerne 3. Milchstraße 3.1 Aufbau 3.2 Umgebung der Milchstraße 1 Die Suche nach den ersten Galaxien 1.1 Hubble Ultra Deep Field Im letzten Vortrag haben wir ja gehört, wie mit der Zeit Materie und sogar die ersten Sterne entstanden sind. Nun stellt sich uns die Frage, wie aus solchen einzelnen Sternen komplexe Gebilde wie Galaxien entstehen. Um die Antwort auf diese Frage zu erhalten, machen sich Wissenschaftler seit Jahren auf die Suche nach den ersten Galaxien. Angefangen hat alles 1995, als das Hubble Teleskop einen winzigen Teil des Himmels über Stunden belichtete und eine wunderbare Aufnahme erhielt: das Hubble Deep Field. Das HDF gilt als Meilenstein bei der Erforschung des frühen Universums und auch heute wird noch daran gearbeitet, die zahlreichen Galaxien und Objekte zu untersuchen. Bis heute war das HDF die Quelle von in etwa 400 wissenschaftlichen Arbeiten. 2004 folgte dann der nächste Geniestreich: ganze 11,3 Tage betrug die Belichtungszeit für einen Ausschnitt des Himmels, der ungefähr 1/10 der Fläche des Mondes betrug, genannt das Hubble Ultra Deep Field. Auf dem Bild sind ca. 10.000 Galaxien zu sehen, die Ältesten davon sind bis zu 13 Milliarden Lichtjahre entfernt. Als Ergebnis konnte man allgemein festhalten, dass der Anteil der irregulären Galaxien mit höherer Rotverschiebung zunimmt, dafür nimmt die durchschnittliche Größe der Galaxien ab. 2012 wurde dann mit einer Belichtungszeit von ca. 23 Tagen eine noch kleinere Fläche belichtet. Das entstandene Bild nennt man Hubble Extreme Deep Field. Auf diesem kleinen Ausschnitt des Himmels lassen sich ungefähr 5.500 erkennen, einige sogar 13,2 Milliarden Lichtjahre entfernt. 1.2 Spektrum einer Galaxie Die Farbe eines Sternes hängt nur von dessen Temperatur ab: Die meiste Zeit seines Lebens, verbrennt ein Stern Wasserstoff zu Helium. Während dieser Phase befinden sich die meisten Sterne in der sogenannten Hauptreihe, deswegen nennt man diese Phase oft auch Hauptreihenphase. Die Hauptreihe ist erkennbar im sogenannten Hertzsprung-Russel-Diagramm, bei dem man Sterne ihrer Helligkeit und Temperatur (bzw. der Farbe) nach aufträgt. Man kann dann erkennen, dass sich die Sterne großteils auch der Masse nach anordnen. Sehr heiße massereiche Sterne leuchten demnach blau, während die roten kälter und masseärmer sind. Das Spektrum einer Galaxie stellt sich zusammen, aus den Spektren aller Sterne, die Teil der Galaxie sind. Solche Spektren zu untersuchen ist nicht allzu einfach. Ein sehr vereinfachtes Beispiel eines Spektrums könnte z.B. wie dies auf der nächsten Seite aussehen. Diese Galaxie befände sich noch in einer regen Sternentstehungsphase, denn die Intensität im blauen Bereich ist relativ hoch im Gegensatz zum roten. 1.3 Lyman-Break-Methode Da die Spektroskope doch relativ aufwendig ist, muss man auch fotometrische Methoden anwenden, um Galaxien zu untersuchen. Eine Methode davon ist die Lyman-BreakMethode. Starburst-Galaxien strahlen nicht nur im blauen, sondern auch sehr intensiv im Ultravioletten und in diesem Bereich liegen auch genau die Wellenlängen der Lymanserie. Bis die Photonen der Galaxie unsere Erde erreicht haben, passieren sie zahlreiche Wasserstoffwolken. Haben die Photonen eine Wellenlänge unter dem Lymanbreak, wird fast ihre ganze Energie zur Ionisierung des Wasserstoffs benötigt. Es kommt also in diesem Wellenlängenbereich so gut wie keine Strahlung zu uns. Zwischen dem Lymanbreak und der Lyman-Alpha-Linie scheint der Wellenlängenbereich stark ausgedünnt, da teilweise Energie abgegeben wird, um den Wasserstoff anzuregen. Oberhalb der Lyman-Alpha-Linie kommen alle Photonen durch, da ihre Energie zu gering ist, um den Wasserstoff anzuregen oder gar zu ionisieren. Man muss noch dazu sagen, dass in dieser Darstellung die Rotverschiebung noch nicht berücksichtigt wurde. Natürlich sind die Wellenlängen, wenn sie die Erde erreichen, im längerwelligen Bereich. In den meisten Fällen sind sie sogar genau im sichtbaren Bereich. Unter diesen Voraussetzungen kann man nun mit geeigneten Filtern gezielt nach weit entfernten Galaxien (etwa im Bereich von z=3-6) suchen. Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist, dass man nur Helligkeiten betrachten muss, eben keine aufwendigere Spektroskopie. Der Nachteil dabei ist, dass man mit dieser Methode nur Galaxien finden kann, die sich in einer regen Phase der Sternentstehung befunden haben. Man nennt sie aus diesem Grund auch die Lyman-Break-Galaxien. 2. Entstehung von Galaxien 2.1 Arten von Galaxien 1936 suchte Edwin Hubble nach einem Schema, in welchem man Galaxien ihrem Aussehen nach wohl am besten einordnen könne und erfand somit das Stimmgabeldiagramm. Obwohl dieses Schema noch immer in Gebrauch ist, stößt man mittlerweile auf einige Probleme. Zum einen konnte Hubble damals nur Galaxien mit geringer Rotverschiebung untersuchen. Das Diagramm ist also nicht repräsentativ für die tatsächliche Galaxienpopulation. Zum anderen sind die Galaxien nur nach dem optischen Spektrum eingeordnet. Galaxien sind aber im UV- oder Röntgenbereich oft irregulär, obwohl man sie im optischen Bereich gut einordnen kann. Mit E werden die elliptischen Galaxien bezeichnet. Ist E0 noch ziemlich genau kugelförmig, so werden die Galaxien mit steigender zahl immer „platter“. S0 ist eine Zwischenform von elliptischen Galaxien und Spiralgalaxien, oft nennt man sie auch linsenförmig. S-Galaxien sind Spiralgalaxien. Bei Sa-Galaxien ist der Bulge in der Mitte noch deutlich ausgeprägt, dafür sind die Spiralarme geschlungener. Bei einer Sc-Galaxie sieht man die zwei Spiralarme schon sehr deutlich, dafür ist der Bulge nicht mehr so groß. Genau so sind auch SBa- bis SBc-Galaxien klassifiziert, nur dass man bei ihnen noch eine Art Balken in der Mitte erkennen kann. Deswegen werden diese Galaxien auch Balkenspiralen genannt. Als letztes gibt es noch die irregulären Galaxien, die man in keines der vorgegeben Schemata einordnen kann. Irreguläre Galaxien entstehen häufig auch durch Gezeitenkräfte zweier Galaxien, die aneinander vorbei ziehen oder sogar beim Zusammenstoß von Galaxien. Ein sehr gutes Beispiel ist NGC 3801, die sich gerade mitten in der Verschmelzung befindet. 1) NGC 3801 wurde wahrscheinlich aus der Kollision („merger“) zweier Spiralgalaxie gebildet 2) nach dem merger → Kern rotiert in Nord-Süd-Richtung, während die Scheibe in OstWest-Richtung rotiert 3) Staub und Gas wird während der Kollision gemischt → starburst (so wie wir die Galaxie sehen, ist die Sternentstehungsrate jetzt schon zurück gegangen) 4) vor ca. 5 Millionen Jahren wurde der Kern (mit einem supermassereichen schwarzen Loch) aktiv → Masse wird in sogenannten „Jets“ vom schwarzen Loch weg geschleudert und durch die rotierende Scheibe zu einer s-Form gedreht (mittlerweile scheint es so, als würden in den letzten 2 Millionen Jahren stärkere Jets gebildet, die jedoch noch nicht weit genug vom Kern entfernt sind, um sie sehen zu können) 5) diese stärkeren Jets werden in den nächsten Millionen Jahren Schockwellen aussenden, die alles an überbleibendem Gas und Staub aus der Galaxie wegblasen 6) ohne dieses Gas und Staub wird diese Galaxie eine elliptische „rote und tote“ Galaxie sein, also voll mit alten roten Sternen Und so sieht diese Galaxie nun tatsächlich aus: 2.2 Die ersten Galaxien Durch Untersuchungen vor allem mit den verschiedenen Hubble-Aufnahmen kann man auch sagen, wie die Galaxienpopulation heute und früher aussah: Allgemein kann man sagen, dass irreguläre Galaxien früher um einiges häufiger waren als heute. Außerdem waren Galaxien früher im Durchschnitt auch kleiner und masseärmer als heute. Dies bestätigt sehr gut das hierarchische Entwicklungsmodell, das derzeit in der Wissenschaft vorherrschend ist. Diese kleinen Galaxien wurden dann im Laufe der Zeit von größeren akkretiert (aufgenommen), weswegen der prozentuale Anteil dann abnimmt. Man kann also sagen, dass die meisten Galaxien, die heute existieren relativ alt sind. Eine Ausnahme bilden da z.B blue compact dwarf galaxies, die sich auch heute noch bilden und eine sehr kurze Lebensdauer haben. Sie bestehen aus sehr großen, heißen Sternen, die nach einem kurzen Leben in einer Supernova explodieren und alle Materie in einer Schockwelle aus der Zwerggalaxie hinaus blasen. Damit hört die Galaxie auf zu existieren. Außerdem kann man aus den Emissionslinien die chemische Zusammensetzung der Galaxie ableiten und man stellte fest, dass in großen, massereichen Galaxien auch mehr schwere Atome zu finden sind. 2.3 Supermassereiche schwarze Löcher und aktive galaktische Kerne Man ist sich mittlerweile sicher, dass sich im Zentrum jeder Galaxie ein supermassereiches schwarzes Loch befindet. Es gibt „Rekordlöcher“ mit einer Masse bis zu 21 Milliarden Sonnenmassen. Wie diese Löcher mit einer solch enormen Masse entstanden sind, bzw. wie sie in die Mitte der Galaxien kommen, ist bis heute relativ unklar. Zu diesem Thema gibt es einige Theorien, wobei 2 davon im Folgenden vorgestellt werden. 1) Man weiß, dass schwarze Löcher beim Tod von sehr schweren Sternen entstehen (ca. ab 25 Sonnenmassen möglich). Die ersten Sterne waren ja bekanntermaßen sehr groß und massereich und aus diesen sind sicher auch einige schwarze Löcher entstanden. Diese vereinigten sich dann gemäß des hierarchischen Modells (z.B. bei der Kollision zweier Galaxien) zu immer schwereren schwarzen Löchern, bis sie solche Massen hatten, wie wir sie heute kennen. 2) In Heidelberg legte man vor einigen Jahren mit Hilfe einer Simulation eine Theorie vor, in welcher solche supermassereichen schwarzen Löcher schon vor 13 Milliarden Jahren vorhanden gewesen sein sollen. Diese Physiker meinen, dass solche Strukturen wie Galaxien und schwarze Löcher schon sehr früh entstanden sind. Dies legt keinen Widerspruch zur Standardtheorie dar, weil normale Materie viel stärker kollabiert als dunkle, deswegen formen sich sehr schnell massereiche Galaxien in den dichtesten Gebieten. Also riesige Galaxien (würden auch heute noch zu den größten Galaxien zählen, mit ca. einer Milliarde Sonnenmassen) entstehen sehr schnell, während kleine Galaxien wie unsere Milchstraße nach dem üblichen Standardmodell sehr langsam entstehen würden. Wenn nun zwei der Riesengalaxien kollidieren, dann kondensiert Gas und Staub und bildet eine Scheibe, diese wird dann instabil und Gas und Staub kontrahieren sich erneut. In der dichtesten Region entsteht dann ein supermassereiches schwarzes Loch, noch bevor sich ein neuer Stern gebildet hat. Vor ungefähr zwei Jahren feierten wir „50 Jahre Quasare“. Quasare, oder quasistellare Objekte, entdeckte man schon vor hunderten von Jahren, doch erst vor 50 Jahren fand man heraus, was es damit auf sich hatte. Cyril Hazard hatte als erster eine Idee, wie man so einen Quasar orten konnte, in dem er die Laufbahn des Mondes zu Hilfe nahm. Nachdem er seinen Versuch sorgfältig vorbereitet hatte, machte er sich auf den Weg zum australischen Parkes-Teleskop, um ihn auch durchzuführen. Doch leider stieg er in einen falschen Zug ein und kam an diesem Tag nicht mehr am Zielort an. So fiel es John Bolton zu, das Experiment allein durchzuführen (mit einigen Komplikationen: er musste kurzfristig Bäume vor dem Teleskop fällen lassen und die Sicherheitsstarre entfernen). Nachdem nun die Koordinaten bestimmt waren, fragte man Marteen Schmidt mit einem optischen Teleskop nachzusehen und dieser fand heraus, dass der „Stern“ schon seit über Hundert Jahren bekannt war. Durch die Wasserstofflinien und die Rotverschiebung erkannte er, dass der Quasar 2 Milliarden Lichtjahre entfernt und etwa 1/5 so groß wie die Milchstraße ist (also gar kein Stern). Der Quasar war also unglaublich hell. Mitte der 60er Jahre kamen dann Jakow Seldowitsch und Edwin Salpeter unbhängig auf die entscheidende Idee: Quasare werden von supermassereichen schwarzen Löchern angetrieben. Das supermassereiche schwarze Loch zieht Materie aus der Umgebung an, die jedoch aufgrund der Drehimpulserhaltung nicht in das schwarze Loch fallen kann. Somit bildet sich eine sogenannte Akkretionsscheibe. Durch Reibung heizt sich die Akkretionsscheibe auf und gibt Energie in Form von Strahlung ab (man sagt auch, die Galaxie ist aktiv). Falls ein Magnetfeld vorhanden ist, wird der Materiestrom in zwei Teile gerissen und senkrecht zur Akkretionsscheibe in „Jets“ in den Weltraum geschleudert. Einer der bekanntesten Quasare ist M87 im Virgohaufen mit einem schwarzen Loch von 5,5 Milliarden Sonnenmassen. Die Galaxie ist schon 1781 entdeckt worden und auch ein beliebtes Ziel von Hobbyastronomen. 3. Milchstraße 3.1 Aufbau Schon im Altertum wurde das milchige Aussehen beschrieben: Galaxis wird abgeleitet von dem griechischen gala, was Milch bedeutet. Die Erforschung der Milchstraße ist relativ schwer wegen dem interstellarem Staub in den Armen, der uns die Sicht erschwert. Man ordnet unsere Galaxie mittlerweile als zweiarmige Balkenspirale ein mit 100 – 300 Milliarden Sternen. Die Masse kann allerdings nur geschätzt werden und wird ungefähr mit 1.250 Milliarden Sonnenmassen angegeben. Sie dehnt sich 100.000 Lichtjahre aus, wobei die Scheibe nur 3.000 Lichtjahre dick ist und der Bulge 16.000. In den Spiralarmen findet immer noch eine rege Sternentstehung statt, da dort große Ansammlungen von Wasserstoff sind. Doch die Galaxie ist außerhalb der Arme nicht leer. Sterne verlassen im Laufe ihres Lebens ihren Geburtsort, da blaue Sterne keine große Lebensdauer haben, sieht man sie nur in den Armen, alte rote Sterne, welche nicht so intensiv leuchten, findet man in unserer ganzen Galaxie. Im Zentrum unserer Galaxie befindet sich ein schwarzes Loch mit einer Masse von 4,31 Millionen Sonnenmassen und einen Durchmesser von 15,4 Millionen Kilometer. Außerdem nimmt die Metallizität der Sterne ab (und somit ihr Alter zu), umso weiter sie ober- oder unterhalb der Scheibe sind. Auch im Bulge sind hauptsächlich alte, rote Sterne, manche von ihnen 13 Milliarden Jahre alt. 3.2 Umgebung der Milchstraße Quellen: 1. Timothy Ferris, Galaxien 2. GEO Kompakt 29/2011: Der Urknall...und wie die Welt entstand 3. Helmut Hetznecker, Kosmologische Strukturbildung: Von der Quantenfluktuation zur Galaxie 4. http://www.google.de/imgres?safe=off&client=firefox- a&hs=79s&sa=X&rls=org.mozilla%3Ade %3Aofficial&biw=1366&bih=665&tbm=isch&tbnid=jqBE6RWKgENegM%3A&imgrefurl=http %3A%2F%2Fwww.nasa.gov%2Fmission_pages%2Fgalex %2Fgalex20120403.html&docid=gZ73u96ENziemM&imgurl=http%3A%2F %2Fwww.nasa.gov%2Fimages%2Fcontent%2F636303main_pia15419full_full.jpg&w=1130&h=1130&ei=Tq7mUsP3DcqPtAahYC4Cw&zoom=1&iact=rc&dur=350&page=1&start=0&ndsp=19&ved=0CFcQrQMwAA 5. http://zauberdersterne.wordpress.com/2013/06/13/neueste-darstellung-unserer- kosmischen-nachbarschaft-in-3d-und-animiert/ 6. http://herschel.cf.ac.uk/results/hfls3 7. http://www.astronews.com/news/artikel/2010/08/1008-024.shtml 8. http://www.astronews.com/news/artikel/2011/04/1104-015.shtml