Kern- und Teilchenphysik Einführung in die Teilchenphysik: • Quarks in Hadronen • Gluonen • Kopplungskonstante Folien und Übungsblätter: http://www.ikp.uni-koeln.de/groups/reiter/lehre.html Nachzulesen in Povh, Rith, Scholz, Zetsche bei Springer, Kapitel 8 Quarks, Gluonen, starke Wechselwirkung Neben der tiefinelastischen Streuung liefert die "Spektroskopie" der Hadronen einen Zoo von kurzlebigen Teilchen (Resonanzen) mit hohen Massen. Sie zerfallen sofort in leichtere stabile Teilchen (Protonen, Elektronen, Neutrinos, Photonen). Gell-Mann und Neeman versuchten 1961 mit einer Symmetrie ähnlich der des Isospins jedoch mit drei Elementen (SU(3)) den Teilchenzoo zu ordnen. Daraus entstand 1963 das Quarkmodell (Gell-Mann, Zweig) SU(3)-Quarkmodell Hadronen sind aus drei "flavours" von punktförmigen Teilchen, den Quarks aufgebaut, die Spin s=1/2 besitzen und zu einem Isospindublett (I = 1/2) oder einem Isospinsingulett (I = 0) gehören: I=½ I=0 u (up) Iz = +1/2 und s (strange) Iz = 0 d (down) Iz = -1/2 Die Ladungen der Quarks sind drittelzahlig. Dies folgt aus Hadronenmultipletts mit zweifach positiver bis einfach negativer Ladung: ∆++ , ∆+, ∆0, ∆− → qu = +2/3e qd = -1/3e Quarks in Hadronen Neben den Nukleonen gibt es eine Vielzahl von instabilen Hadronen, die nach und nach in Photoplatten, die der Höhenstrahlung ausgesetzt wurden, und später mit Beschleunigern in Hochenergie-p-Kernstößen entdeckt wurden. Beispiel: Erzeugung der leichtesten Hadronen (π-Mesonen) Produktionsexperimente Neben angeregten Nukleonenzuständen und Pionen tauchten auch ganz neuartige Teilchen auf, die man in Produktionsexperimenten durch Messung der invarianten Masse identifizierte. Aus den Impulsen und Energien bestimmt man für bestimmte Teilchenkombinationen die invarianten Massen Quarks in Hadronen Hyperonen und K-Mesonen Im invarianten Massenspektrum des (pπ−)-Systems findet man eine Linie bei einer Masse von 1116 MeV/c2, die man mit dem Λ−Baryon identifiziert. Im (π+π−)-System findet man ein dazu assoziertes K0-Meson bei 497,7 MeV/c2. Die "seltsamen" Teilchen Λ und K0 werden nur assoziert produziert. π− + p → Λ + K0 "assozierte" Produktion. Das Λ enthält ein s-Quark, das K0 ein assoziertes Anti-s-Quark Λ: uds , S = −1 ; K0: dŝ , S = +1 Die Quantenzahl „Strangeness“ S ist Erhaltungsgröße in der starken und elektromagnetischen Wechselwirkung. Es wurden zwei Arten von Hadronen entdeckt. Solche, deren Zahl bei Reaktionen erhalten bleiben, besitzen halbzahligen Spin, (also Fermionen) und werden als Baryonen bezeichnet. Beispiele: Proton, Neutron, Λ, ∆+ Andere, deren Zahl bei den Reaktionen nur durch die zur Verfügung stehende Energie begrenzt sind, besitzen ganzzahlige Spins und werden Mesonen genannt. Beispiele: Pionen, K0 Alle schweren Teilchen zerfallen in leichtere. Quarks Quarkflavour-Generation Außer den u- und d-Quarks, den Bausteinen der Nukleonen, sowie den s-Quarks, den Bausteinen der "seltsamen" Teilchen (Hyperonen, K-Mesonen), wurden ab 1974 schwere neue Quarkflavours gefunden, das c (charm)- und b (bottom)-Quark, und 1994 das t (top)-Quark. Es ergibt sich die Quarkfamilie mit 3 Generationen: Das Nukleon mit Gesamtspin J = 1/2 und Gesamtisospin I = 1/2 ist aus mindestens drei Quarks mit s = 1/2, die zwei flavours mit I =1/2 besitzen, u (up) und d (down), aufgebaut. s - strange Baryonen Die Nukleonen (p, n) besitzen die niedrigsten Massen aller Baryonen. Neben den angeregten Zuständen des Nukleons (Resonanzen) gibt es noch schwere Baryonen: Hyperonen. Sie sind, wie Nukleonen, aus drei Quarks zusammengesetzt, enthalten aber einen zusätzlichen Quarkflavour: s oder „strange“ Quark Ladung: qs = - 1/3 Konstituentenmasse ~ 450 MeV/c2 Baryonenzahlerhaltung Nach heutigem Wissensstand ist das Proton stabil. Alle anderen Baryonen (DreiQuark-Verbindungen) sind instabil, wobei unter den Zerfallsprodukten immer ein Baryon ist. Wenn ein Baryon bei einer Teilchenreaktion neu erzeugt wird, dann entsteht gleichzeitig ein Antibaryon. Baryonenzahl: B = +1 Den Quarks werden Antibaryonenzahl: B = -1 Baryonenzahl B = + 1/3, Alle anderen Teilchen: B=0 den Antiquarks B = -1/3 zugeordnet. Baryonenzahlerhaltung: Quarkzahlerhaltung: Protonenzerfall Bei Baryonenzahlverletzung würden Protonen zerfallen. Hadronenspektrum Auf der x-Achse ist die sog. Hyperladung Y = B + S aufgetragen. Mesonen Die π-Mesonen sind mit einer Masse von 140 MeV/c2 die leichtesten Hadronen. Sie besitzen Isospin I=1 und kommen daher als Triplett in drei Ladungszuständen π+, π0, π− vor. Ihr Spin ist 0 und daher liegt es nahe, daß sie aus Quark-AntiquarkPaaren aufgebaut sind. Die Valenzquark-Zusammensetzung ist π+ = |ud〉〉 π− = | ud〉〉 π0 =1/√ =1/√2{ | uu〉〉 − |dd〉〉 } Wobei das π0 eine Mischung uu und dd-Paaren ist. Massen der π0-Mesonen Die Massen der π-Mesonen sind außergewöhnlich niedrig, niedriger als die Konstituentenmassen der Quarks in Baryonen. Die Quark-Antiquark-Paare sind stark gebunden. Sie spielen eine besondere Rolle für das Zustandekommen der Kernkraft zwischen zwei Nukleonen. Sie sind Bosonen und haben daher die Eigenschaften von Feldteilchen, die eine Wechselwirkung übertragen können (Yukawa-Theorie). Hadronen aus Quark-Antiquarkpaaren Alle Hadronen aus Quark-Antiquarkpaaren sind Mesonen. Ihr Spin ist ganzzahlig. Er setzt sich zusammen aus der Kopplung der Spins ½ des Quarks und Antiquarks (S = 0;1) und einem eventuellen Beitrag eines ganzzahligen Bahndrehimpulses (L = 0;1;2...). Die Mesonen zerfallen schlußendlich in Leptonen und Photonen. Es gibt keine Mesonenzahlerhaltung. Dies ist plausibel, weil die qq -Zustände keine Baryonenzahl und Quarkzahl Null besitzen. Farbladung der starken Wechselwirkung Was sind die Quellen der Feldquanten, die die Quarks zusammenhalten? In Analogie zur QED suchen wir die Ladungen der starken Wechselwirkung. Verletzung des Pauliprinzips in Hadronen? ∆++-Resonanz: Jπ= 3/2+ Annahme: Bahndrehimpuls l = 0 (symmetrische Ortsfunktion) Für J = 3/2 müssen die Spins aller Quarks parallel sein. Die Spinfunktion ist ebenfalls symmetrisch. Die Gesamtwellenfunktion des ∆++ scheint symmetrisch zu sein. Dies verstößt gegen das Pauliprinzip!? Rettung des Pauliprinzips: Gell-Mann postulierte: Alle drei Quarks tragen verschiedene Ladungen der starken Wechselwirkung und charakterisierten diese mit den drei Farben: rot, blau und grün, oder mehr mathematisch mit den drei Elementen der unitären Gruppe SU3. Antiquarks tragen die entsprechenden Antifarben (Komplementärfarben): antirot, antiblau, antigrün. Farbladung der starken Wechselwirkung Hadronen als farbneutrale Objekte obwohl durch die Farbe der Quarks ein bestimmtes Hadron in verschiedenen Farbkombinationen auftreten könnte, wurden nur eine Art von π0, p etc. gefunden. Nur farbneutrale Teilchen kommen vor! Mesonen Meson Baryon Farbladung der starken Wechselwirkung Gluonen Die Gluonen sind die Feldteilchen der starken Wechselwirkung zwischen den Farbladungen der Quarks. Sie sind das Analogon zu den Photonen der QED, tragen Spin 1 und sind daher Vektorbosonen mit der Ruhemasse Null. Im Unterschied zu den Photonen tauschen sie die Farbladungen der wechselwirkenden Quarks aus. Dazu müssen sie selbst Farbladungen tragen, und zwar eine Farbe + Antifarbe. Das Gluonfarboktett Aus den Kombinationen dreier Farben und Antifarben entstehen neun Basiszustände. Einer davon (Singulett) tritt nicht auf, weil er keine Farbinformation trägt. Die restlichen bilden das Farboktett der Gluonen, z.B Gluonen Fundamentale Wechselwirkungsdiagramme Quarks — Gluonen Gluonen wechselwirken mit sich selbst. Quarks strahlen Gluonen ab (a) Gluonen erzeugen qq-Paare (b) Gluon strahlt Gluonen ab (c) Gluonenpaar erz. Gluonenpaar (d) Gluonenaustausch zwischen Quarks ermöglicht Farbaustausch Kopplungskonstante der starken W.W. Die Theorie der starken Wechselwirkung wird Quantenchromodynamik oder QCD genannt. Da die Gluonen selbst Farbladungen tragen und untereinander wechselwirken, ist die Kopplungskonstante der QCD αs stark vom Abstand der Quarks oder vom Impulsübertrag Q abhängig (r ~ ħ/Q). „Running“ Kopplungskonstante Die 1. Ordnung Störungstheorie der QCD gibt im Potential Λ ist die Skalengröße der QCD. Aus Skalenbrechung bei tiefinelastischer Streuung: Λ = 200 MeV/c oder R = ħc/Λ ≈ 1fm nf = Zahl der Quarksorten. Die Erzeugung von virtuellen Quark-Antiquarkpaaren ist unterdrückt, wenn mf2 c2 >>Q2. Dabei gilt: nf ~ Q2 und nf ≈ 4 oder 5 Laufende Kopplungsstärke der QED Vergleich mit QED In der QED können durch Vakuumpolarisation kurzzeitig e+e−-Paare entstehen: In der Umgebung einer Punktladung haben diese Einfluß auf die effektive (gemessene) Kopplungsstärke. Man findet in erster Ordnung Störungstheorie: Dabei ist µ eine beliebige Renormierungsskala, die man benötigt, um bei der Berechnung auftretende Divergenzen zu eliminieren. Es ist beispielsweise: Man sieht, daß die QED-Feinstrukturkonstante schwach Q2-abhängig ist. Die Effekte der laufenden QED-Kopplung (verursacht durch Vakuumpolarisation) sind experimentell beobachtbar, z. B. bei der e+e−-Bhabha-Streuung. Laufende Kopplungsstärke der QED Anschauliche Interpretation der Vakuumpolarisation Jede Punktladung ist umgeben von einer Wolke aus virtuellen Elektron-PositronPaaren. Diese bilden effektive Dipole der Länge ~1/me und schirmen die Punktladung ab. Analog zu den Polarisationsphänomenen in der Festkörperphysik ist das Vakuum also ein polarisierbares Medium. Bei geringem Q2 (und damit geringer Ortsauflösung) ”sieht“ man nicht die Punktladung selbst, sondern eine effektive Ladung, zu der auch die e+e−-Paare beitragen. Bei hohen Impulsen ( Auflösung kurzer Distanzen) dringt man tiefer in die abschirmende Wolke aus e+e−-Paaren ein und die effektive Ladung wächst dadurch an. _ Laufende Kopplungsstärke der QCD Wegen der Farbladung der Gluonen können in der QCD bei der Vakuumpolarisation neben Quark-Antiquark-Paaren auch Gluonen erzeugt werden: Für die Kopplungsstärke erhält man in Beiträge die Abhängig von der Anzahl der beteiligten Quarkflavours ist (von Q2 abhängig). Der Beitrag der Quarks kommt analog zur QED zustande, wobei noch ein Farbfaktor ½ berücksichtigt werden muß. Der Gluonbeitrag zur Vakuumpolarisation überkompensiert jedoch den der Quarks. Abschirmung der Farbladung durch q¯ q-Paare • Verstärkung der Farbladung durch Gluonen + und - stehen symbolisch für die Farbladungen Kopplungskonstante αs QCD vs. QED QCD theory vs experiment Confinement und asymptotische Freiheit von Quarks Die 1. Ordnung Störungstheorie der QCD gibt für die Kopplungskonstante Confinement: Q ≈ Λ bei R ≈ 1 fm αs → ∞ Die bei R ≈ 1 fm stark wachsende Kopplungskonstante hat die Konsequenz, daß Quarks aus Hadronen nicht entweichen. Trotz vieler Experimente wurde niemals ein freies Quark gesehen. Asymptotische Freiheit: Q >> Λ oder r << R = 1 fm αs → 0 Mit Hilfe der Störungstheorie können QCD-Probleme für kleine Abstände gelöst werden. Fragmentierung von Hadronen Gluonen-String-Modell Bei Energiezufuhr trennt sich qq-Paar bis r > R≈1fm Die Energie ist so hoch, daß ein neues qq-Paar gebildet wird. z.B.: „Hadronisierung“ von Gluonen, virtueller Pionenaustausch Feldlinien EM vs QCD Skaleninvarianz Bei festen Wert von x>0.013 hängen die Strukturfunktionen nicht oder nur schwach von Q2 ab. Wenn die Strukturfunktionen nicht von Q2 abhängen, bedeutet das, daß man an Punktladungen streut. Spin der Konstituenten Nichtverschwinden von W1(ν,Q2) (magnetischer Formfaktor) bedeutet, daß an Teilchen mit Spin gestreut wird. Wichtigstes Ergebnis Das Nukleon besitzt eine Unterstruktur aus punktförmigen Teilchen mit Spin. Feynman und Bjorken nannten die Konstituenten Partonen. Heute werden sie mit Quarks und Gluonen identifiziert. Skalenbrechung der Strukturfunktion Genauere Messung der Strukturfunktion F2 zeigen bei bestimmter Inelastizität x eine Q2-Abhängigkeit, die nicht auf eine Ausdehnung der Quarks zurückzuführen ist. Es ist ein dynamischer Effekt, der von der Gluonenabstrahlung bei der tiefinelastischen Streuung herührt. Dieses Verhalten nennt man Skalenbrechung. Es dient zur Bestimmung von αs(Q2) und der Gluonenverteilung. Skalenbrechung F2(x,Q) steigt bei kleinen Werten von x mit Q2 an, bei großen Werten von x fällt sie ab. Bei kleinen Werten von Q2 können Quarks und abgestrahlte Gluonen nicht getrennt werden. Bei größerem Q2 beginnt man die Abstrahlungsprozesse zu trennen. Die Zahl der aufgelösten Partonen steigt an.