Wenn einer eine Reise tut: Küchen, Reisedurchfall und Co Ao. Univ. Prof. Dr. A. Grisold Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Umweltmedizin Universitätsplatz 4, 8010 Graz [email protected] Urlaubsreisen 2012 Im Jahr 2012 unternahmen 5.4 Millionen ÖsterreicherInnen (ab 15 a) zumindest eine Urlaubsreise im In- oder ins Ausland. Das entspricht einer Reiseteilnahme von 76.2%, wobei 15 bis 24- Jährige am reisefreudigsten waren (Reiseteilnahme 85.6%) und Personen ab 65 Jahren eher seltener auf Reisen gingen (59.4%). 1 Lebensmittelassoziierte Erkrankungen Lebensmittelvergiftung: tritt kurz nach Aufnahme von Lebensmittel, die Toxine enthalten, auf (z.B. Chemikalien, Toxine von Bakterien, wie S. aureus, B. cereus, C. botulinum) Mit Nahrungsmittel assoziierte Infektion: Das Nahrungsmittel kann einerseits als Vehikel für den Erreger dienen (z.B. Campylobacter) oder andererseits Bedingungen schaffen, unter denen sich Krankheitserreger vermehren können, so dass Mengen entstehen, die für eine Infektion ausreichen (z.B. Salmonellen) Orale Eintrittspforte Neben anderen Wegen ausschliesslich Mycobacterium bovis, Bacillus anthracis, Coxiella burnetii Vermehrung in Lebensmitteln Keine Vermehrung keine Notwendigkeit große Bedeutung Voraussetzung Salmonellen Staph. aureus Viren Salm. typhi/paratyphi Bacillus cereus (Rota, Hepatitis A und E, Enteroviren, Polioviren) Vibrio. cholerae Vibrio parahaemolyticus Shigellen Cl. perfringens Typ C E. coli (EHEC) E. coli (ETEC, EIEC, EPEC) Campylobacter Cl. botulinum (KinderBotulismus) Infektion Y. enterocolitica Cl. botulinum Dann Toxinproduktion L. monocytogenes Intoxikation Toxi-infektion 2 AUSGANGSPUNKTE FÜR LEBENSMITTELASSOZIIERTE ERKRANKUNGEN Gemeldete Fälle bakterieller Lebensmittelvergiftungen 8.000 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 1996 1997 1998 1999 2000 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2012 Salmonella Campylobacter Shigella Yersinia EHEC 3 Symptomatik der Salmonellose Beginn meist akut mit: Bauchschmerzen Übelkeit Erbrechen Kopfschmerzen meist wässrigen Durchfällen Fieber bis 39-40°C, v.a. in der Anfangsphase Insbesondere bei Kleinkindern und älteren Personen kann es schnell zu einer schweren Dehydratation kommen. gel. extraintestinale Manifestationen durch Septikämie: Abszessbildungen, Meningitis, Endocarditis, Pneumonie, Pyelonephritis, Cholecystitis, Osteomyelitis Salmonellen - Keimreservoir: verschiedene Nutz-, Haus- und Wildtiere - Salmonellen wachsen im Temperaturbereich von 10- 47°C, manchmal auch bereits ab 6-8°C - In der Umwelt sind sie bis zu mehreren Monaten überlebensfähig - werden durch Einfrieren nicht abgetötet - Hitzeabtötung bei 55°C erst nach > 1 Stunde (oder bei 60°C > ½ Stunde) - Infektiöse Dosis: 105 KBE/ - Infektionsweg: orale Aufnahme über kontaminierte Nahrungsmittel (insb. Geflügel und Eier), faekal-orale Übertragung von Mensch zu Mensch extrem selten - Inkubationszeit: 12-36 Stunden (6-72h) - ca 2300 versch Serovare (enteritische Verlaufsformen/ Typhöse Verlaufsformen) 4 Ausscheidungsdauer und Therapie bei Salmonellose Dauer der Ausscheidung: nach Sistieren der Durchfälle durchschnittlich 4-5 Wochen (bei Kleinkindern evt. auch länger) Dauerausscheider: länger als 1 Jahr dauernde Ausscheider sind extrem selten Therapie: symptomatisch (Flüssigkeits- und Elektrolytverlust !) Antibiotika nur in besonderen Fällen, vorzugsweise Ciprofloxacin, Ofloxacin bzw. bei Kindern Cotrimoxazol oder Amoxycillin 5 Campylobacter sp. Durchfallerreger: C. jejuni C. coli C. hyointestinalis C. fetus C. upsaliensis Inkubationszeit: (1-) 2-3 (-11) Tage Infektionsquellen: Huhn, Geflügel Rohmilch Faschiertes kont. Trinkwasser Haustiere Mensch mit Durchfall - weltweit der häufigste Durchfallserreger Aufgrund der niederen infektiösen Dosis (500-1000 Keime) ist auch eine direkte Übertragung möglich Campylobacteriose - Klinik Beginn der Erkrankung oft nur mit Fieber und Bauchschmerzen, oft folgen die Durchfälle erst am Tag danach DD (insbesondere bei Kindern): akute Appendizitis 6 Ausscheidungsdauer und Therapie bei Campylobacteriose Dauer der Ausscheidung: nach Sistieren der Durchfälle durchschnittlich 2-4 Wochen (bei Kleinkindern evt. auch länger) Komplikationen: Reaktive Arthritis, evt. Reiter Syndrom Guillain Barre-Syndrom Therapie: symptomatisch (Flüssigkeits- und Elektrolytverlust !) Antibiotika nur in besonderen Fällen vorzugsweise Makrolide 7 Shigellose Arten: S. dysenteriae, S. flexneri, S. boydii, S. sonnei Keimreservoir: Mensch Infektionsweg: faecal-oral Infektiöse Dosis: 10 – 100 KBE Inkubationszeit: 6 Stunden bis 7 Tage (im Mittel 1-3 Tage) Klinik: Fieber, krampfartigen Bauchschmerzen, wässriger Durchfall, Beimengungen von Schleim, Eiter (weiße Ruhr)u/o Blut (rote Ruhr) sind charakteristisch In typischen Fällen täglich 20-30 Entleerungen, verbunden mit schmerzhaften Stuhldrang Yersiniose Erreger: Verbreitung: Yersinia enterocolitica, Yersinia pseudotuberculosis weltweit, v.a. in gemäßigten Klimazonen Reservoir: Y. pseudotuberculosis: Vögel, sowie verschiedene Säugetiere Y.enterocolitica: Schwein Infektionsweg: Aufnahme über kontaminierte Lebensmittel (rohes Schweinefleisch, kontaminierte Milchprodukte, Salat bei Fäkaliendüngung) oder kontaminiertes Trinkwasser enger Kontakt zu Haus- bzw. Nutztieren Inkubationszeit: 3-7 (evt. bis 10) Tage Klinik: Fieber, Bauchschmerzen, Pharyngitis, Übelkeit, Kopfschmerzen, Erbrechen 8 Enteritis durch E.coli 1) Enteropathogene E.coli (EPEC, „Dyspepsie-Coli“) 2) Enterotoxische E.coli (ETEC, Reisediarrhoe, „Montezumas Rache“) 3) Enteroinvasive E.coli (EIEC, Reisediarrhoe) 4) Enterohämorrhagische E.coli (EHEC) EHEC Erregerreservoir: Wiederkäuer, v.a. Rinder, Schafe und Ziegen, aber auch Wildwiederkäuer (v.a. Rehe und Hirsche) Übertragungsweg: ungenügend erhitztes Rinderfaschiertes, unpasteurisierte Milch, Joghurt, Salami, Käse, rohes Gemüse, unpasteurisierter Apfelsaft. Direkte Übertragung in Streichelzoos oder innerhalb der Familie Infektiöse Dosis: gering (ca. 100 Bakterien) Inkubationszeit: meist 1-3 Tage (bis zu 8 Tagen möglich) Aussscheidungsdauer: in der Regel 5-10 Tage (insbesondere bei Kindern bis zu einem Monat möglich) 9 EHEC -Klinik Infektionen des Menschen durch EHEC führen zu akuten lokalen entzündlichen Prozessen des Dickdarms. In der Folge kann es zu postinfektiösen Syndromen, wie dem hämolytischurämischen Syndrom (HUS) und zur thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura (TTP) kommen. • • • • viele EHEC-Infektionen verlaufen inapparent in etwa 1/3 aller manifesten Infektionen tritt leichter Durchfall auf bei 10-20% entwickelt sich als schwere Verlaufsform eine hämorrhagische Colitis in etwa 5-10% treten Komplikationen auf unabhängig von der Schwere der vorangegangenen Durchfallsymptomatik Montezumas Rache Cook it, boil it, peel it or forget it 10 S. aureus „Intoxikation“ Toxinbedingte Lebensmittelerkrankung: - Lebensmittelvergiftung (hitzestabiles Toxin!) - Inkubationszeit: etwa 1- 4 h - Klinik: massiver Brech/ Durchfall - Selbstlimitierend (Cave: Austrocknung) Vorkommen von S. aureus: „physiologisch“ bei Mensch, Tier - Nasen-, Rachensekret, eitrige Hautwunden- PERSONALHYGIENE! … und dann ….Milchprodukte: Eis, Cremes, Weichkäse, Salate, Brettljause, …… Listeria monocytogenes Vorkommen: Rohmilch Rohmilchkäse: Brie, Vacherin, Quargel, … Lachs (kaltgeräuchert) Pasteten, Gelees Inkubationszeit: 1-2 Wochen (bis 10 Wochen!) Infektiöse Dosis: 103- 109 Symptome: klinisch meist inapparent zerebral (Meningitis) Gefahr bei Schwangerschaften!! Antibiotika zeitig gute Heilungschance Besonderheiten: Vermehrung bei Kühltemperaturen (langsam)=psychrotroph 11 Referenzzentrale für Listerien, AGES; Jahresbericht 2008 12 Abklärung der Diarrhoe Untersuchungsmaterial: Stuhlprobe (Rektalabstrich) evt. Lebensmittelprobe evt. Erbrochenes evt. Mageninhalt Blutkultur Am besten geeignet ist eine frisch gewonnene Stuhlprobe, die möglichst rasch ins mikrobiologische Labor gebracht werden sollte. Viren als Ursache von Durchfallserkrankungen bzw. Lebensmittelinfektionen Generell als Ursache von Durchfallserkrankungen kommen: Rota- , Adeno- Astro-, Noro- Viren Direkt über Lebensmittel übertragen werden außerdem: Hepatitis A 13 Viren als Ursache von Durchfallserkrankungen Adenoviren: neben Rotaviren die zweitwichtigste Ursache viraler Diarrhoe bei Kleinkindern Astroviren: die meisten Infektionen betreffen Kinder und verlaufen leicht Noroviren: v.a. in den letzten Jahren von zunehmender Bedeutung Vorkommen: weltweit, insbesondere bei älteren Kindern und Erwachsenen, häufig Ursache von Ausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen Infektionsweg: überwiegend faecal-oral, Übertragung auch durch kontaminierte Speisen (Salate, Krabben, Muscheln) oder kontaminiertes Wasser möglich, auch aerogen (Erbrechen) Hepatitis A - Sehr hohe Umweltstabilität - halten 60°C für 10- 12h aus - 70°C für 4 min - lange Inkubationszeit, 4-6 Wochen - keine chronischen Verläufe - IMPFUNG!! 14