44 Spanischer Kolonialismus Für Gott und Gold – die iberische Expansion Zwei unbedeutende Königreiche am Rande Europas – Portugal und das spanische Kasti­lien – begannen Ende des 15. Jahrhunderts auf unterschiedlichen neuen Hochseerouten ein Ent­ deckungswettrennen zu den indischen Gewürzinseln mit ihren märchenhaften Reich­tümern. Damit wurde der Grundstein für das spanische Kolonialreich gelegt. Was waren die ersten Schritte auf diesem Weg? Welche Ergebnisse brachten sie für die daran Beteiligten und davon Betroffenen? Der Darstellungsteil legt die Bedingungen, Ursachen und erste Schritte für die iberische Expansion dar. Auf d ­ ieser Grundlage können Sie die spanische Überseepolitik jener Zeit analysieren und beurteilen. 1 2 Zeichnen Sie eine Verlaufsskizze zur ersten Etappe der iberischen Expansion und deren Ergebnissen. Erörtern Sie, ob es gerechtfertigt war, die Inbesitznahme maurisch beherrschter Gebiete auf der iberischen Halbinsel als Reconquista zu bezeichnen. 3 Erläutern Sie anhand der Karte D 1, in welche unterschiedlichen Bedeutungszusammenhänge die euro­ päischen Entdeckungsfahrten eingeordnet werden können. 4 Verfassen Sie aus der Sicht des Kolumbus passend zu den Abbildungen Q 1–Q 3 einen Bericht, der für das spanische Königspaar bestimmt sein und die Unterstützung weiterer Expeditionen bringen soll. 5 Der deutsche Philosoph Georg Christoph Lichtenberg schrieb im 18. Jahrhundert: „Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte, machte eine böse Entdeckung“. Interpretieren und diskutieren Sie diesen Ausspruch. Ursachen und Anfänge der iberischen Expansion Nachdem die aus Nordafrika stammenden muslimischen Mauren 711 das Westgotenreich auf der iberischen Halb­ insel erobert hatten, versuchten die dort noch verbliebenen christlichen Herrschaften immer wieder, das Land zurück­ zuerobern. Das Zurückdrängens der maurischen Herrschaft erwies sich als langwierig und war von zahlreichen Rück­ schlägen geprägt. Durch die Beteiligung von Rittern, die nicht aus dem iberischen Raum stammten, bekam die Rückerorberung span. reconquista) bisweilen Kreuzzugs­ charakter. (Zu den Kreuzzügen vgl. Kapitel „Pilgerfahrten und Kreuzzüge“ in diesem Heft.) Die Kreuzzugsidee jedoch richtete sich bald nicht mehr nur auf eine Rückeroberung ehemals christlicher Gebiete. Denn nach mehreren hundert Jahren maurischer Herrschaft war es durchaus nicht einfach zu entscheiden, wer denn nun ein Recht auf dieses Land besaß. Zum Vergleich: Granada befand sich 781 Jahre un­ ter muslimischer Herrschaft, Konstantinolpel bzw. Istanbul blickt heute auf ungefähr 560 Jahre islamischer Tradition zurück. Der von Christen geführte Kampf gegen den „Glau­ bensfeind“ entwickelte damals jedoch eine solche Überzeu­ gungskraft, dass die „Rückeroberung“ Granadas 1492, des letzten unabhängigen maurischen Gebiets auf iberischem Boden, keiner weiteren Rechtfertigung ­bedurfte. Von da an ging die Reconquista (Rückeroberung) naht­ los in die Conquista (Eroberung) über. Zwar hatten die ibe­ rischen Königreiche Portugal und Kastilien bis dahin bereits Inseln und Hafenstädte außerhalb Europas erobert, doch die systematische überseeische Expansion setzte erst jetzt ein. Den Anstoß dazu gab der portugiesische Prinz Heinrich „der Seefahrer“ (1394–1460). Er etablierte an der Südküste Portugals ein Zentrum für Nautik und Schiffbau. Hier sam­ melte er kartographischen Informationen und ließ neue hochseetaugliche Schiffstypen entwickeln, mit denen man weite Strecken zurücklegen konnte. Heinrichs Ziel bestand darin, den lukrativen Gewürzhandel im direkten Kontakt mit Indien zu führen. Bisher war dieser Handel vor allem über Venedig und die andere norditalienischen Fernhandelsstäd­ te gelaufen. Das schränkte die Gewinnmöglichkeiten ein, denn die italienischen Zwischenhändler waren an hohen Einnahmen interessiert. Weitere Einschränkungen erfuhr der Gewürzhandel nach 1453, als Konstantinopel an die Os­ manen fiel. Damit standen die östlichen und südlichen Mit­ telmeerküsten vollständig unter muslimischer Herrschaft. 45 Für Gott und Gold – die iberische Expansion Eine direkte Schiffsverbindung, wie Heinrich sie sich vor­ stellte, war nur möglich, wenn der Seeweg um Afrika herum erschlossen würde. 1498 gelang es dem portugie­ sischen Admiral Vasco da Gama, Indien auf dieser Route zu erreichen. Das kleine Königreich Portugal scheute keine Anstrengungen und unterwarf den Indischen Ozean mit Hilfe neuartiger Schiffe und Feuerwaffen seiner Herrschaft. Die übrigen Königreiche auf der Iberischen Halbinsel, die sich im 16. Jahrhundert zum Königreich Spanien zusam­ menschlossen, wandte sich zunächst anderen Zielen zu. Aragon orientierte sich auf den Mittelmeerraum und unter­ warf die Balearen, Sardinien, Sizilien und Süditalien. Kasti­ lien hatte bereits ab 1402 die im Atlantik gelegenen Kanari­ schen Inseln erobert. Sie dienten in späterer Zeit nicht nur das Sprungbrett nach Amerika. All dies kann als Vorspiel zur iberischen Conquista Amerikas gesehen werden. Die erste Fahrt des Christoph Kolumbus Kaum war 1492 die Reconquista auch für Kastilien abge­ schlossen, wurde von Ferdinand und Isabella „den Katho­ lischen Königen“ von Aragon und Kastilien ein Vertrag mit Christoph Kolumbus unterzeichnet. Kolumbus, ein Genu­ese, hatte dem Königspaar vorgeschlagen, für Kastilien ­einen dritten Weg nach Indien zu erschließen: nicht über das Mit­ telmeer wie Venedig und nicht um Afrika herum wie die Portugiesen, sondern mittels Querung des großen Ozeans im Westen. D1 Europäische Entdeckungsreisen Die Portugiesen waren sich sicher, in wenigen Jahren die Route nach Indien um Afrika herum erschlossen zu haben. Die Westroute schien ihnen nicht interessant. Die spani­ schen Könige jedoch hatten bei einem derartigen Experi­ ment wenig, nämlich nur einige Schiffe, zu verlieren, aber im Falle des Erfolgs sehr viel zu gewinnen: die Beteiligung am direkten Gewürzhandel mit Indien. Daher stimmten sie dem abenteuerlich klingenden Plan des Kolumubus zu. 1492 stach Kolumbus mit drei Schiffen vom südspani­ schen Palos aus in See. Von den Kanaren aus überquerte er den Atlantik. In einem offiziellen Logbuch gab er stets geringere Strecken an, die zu bewältigen waren, um die Mannschaft nicht unnötig zu verunsichern. Denn keines­ falls alle Besatzungsmitglieder waren so überzeugt wie ihr Admiral, dass sie im Westen auf Land stoßen würden, bevor sie alle verhungert waren. Dass die Seeleute glaub­ ten, dass die Erde eine Scheibe sei, stimmt hingegen wohl nicht. Jeder Seemann wusste, dass man immer zuerst die Berggipfel oder Turmspitzen am Horizont sah, und konnte sich damit die Erdkrümmung gut vorstellen. Nach einer Überfahrt, in der die kleine Flotte länger als einen Monat lang kein Land sichtete, stieß sie schließlich auf die erste amerikanische Insel, die San Salvador („Heili­ ger Erlöser“) getauft wurde. Kolumbus hatte die Bahamas in der Karibik erreicht. Bald musste er jedoch feststellen, dass sich sein Dolmetscher, der neben Latein unter ande­ rem Arabisch sprach, in Amerika nicht verständlich machen 46 Spanischer Kolonialismus konnte. Damit erhärtete sich der Verdacht, dass man sich nicht in der Nähe Indiens befand. An der Bezeichnung „Las Indias“ für die von ihm gefundenen Küsten hielt Kolumbus dennoch Zeit seines Lebens fest. Die Karibische Etappe des spanischen Kolonialismus Ohne den erwarteten und versprochenen Reichtum wollte Kolumbus nicht nach Spanien zurückkehren. So versuchte er nun, Gold zu finden. Die auf den Karibikinseln lebenden Tainos verfügten tatsächlich über einiges Gold, das die Spa­ nier bald in ihren Besitz gebracht hatten. Zurück in Spa­ nien bauschte Kolumbus – der sich nunmehr „Admiral der Weltmeere“ nannte – den Reichtum der Karibik gewaltig auf und schilderte sie als Paradies auf Erden, das leicht zu erobern, zu christianisieren und auszubeuten sei. Dies lös­ te in Kastilien eine erste Kolonisierungsbegeisterung aus, die man als Beginn der spanischen Conquista Amerikas Q1 Die Entdeckung der Antillen durch Kolumbus, Holzschnitt, 1493, Illustration aus dem Brief des Kolumbus an den ­spanischen Schatzmeister Luis Santangel, geschrieben am 15. ­Februar 1493 und gleichzeitig des spanischen Kolonialismus betrach­ ten kann. 1493 brach Kolumbus mit 17 Schiffen und ca. 1500 Menschen erneut nach Amerika auf und gründete auf Haiti die erste spanische Stadt. Er nannte sie zu Ehren der kastilischen Königin Isabela. Doch der Platz war ungüns­ tig gewählt, und bald schon zeigte sich, dass Kolumbus ein schlechter Gouverneur war. Ungeschickt im Umgang mit seinen Untergebenen und brutal gegenüber den Indigenen machte er sich schnell Feinde. Viele Spanier waren dem Ad­ miral in dem Irrglauben gefolgt, dort in kürzester Zeit und ohne körperliche Arbeit zu großem Reichtum zu gelangen. Um seinen hohen Versprechungen zumindest in Teilen ge­ recht werden zu können, ließ Kolumbus Tainos und andere dort lebende Indianer für die Spanier Gold schürfen. Als er Menschen zum Verkauf als Sklaven nach Spanien schickte, zeigte sich Königin Isabella schockiert. Die gesamte, so ge­ nannte „Karibische Etappe“ des spanischen Kolonialismus Q2 Kolumbus baut auf der Insel Hispaniola ein Lager, ­Holzschnitt, 1493, Illustration aus dem Brief des ­Kolumbus an den spanischen Schatzmeister Luis ­Santangel, geschrieben am 15. Februar 1493 47 Für Gott und Gold – die iberische Expansion war geprägt von Misswirtschaft und hemmungsloser Aus­ beutung der indigenen Bevölkerung. Die neu entdeckten Überseegebiete galten nicht als Kolonien, sondern als Provinzen des Königreichs Kastili­ ens bzw. nach der Vereinigung von Kastilien und Aragon als Provinzen Spaniens. Die Versklavung von Menschen dieser neuen Provinzen wurde noch zu Zeiten des Kolum­ bus offiziell verboten. Alle ihre Bewohner, ob Spanier oder Indigene , sollten als freie Untertanen behandelt werden. In der Praxis jedoch wurden die Indigenen von Beginn an unterdrückt. Als Gegenleistung galt, dass die Spanier ihnen den „wahren Glauben“, (spanische) Kultur und (spanische) Zivilisation beibrachten. Die Zwangsarbeit, denen die Indigenen unterworfen wurden, glich der Sklaverei. Schutzbestimmungen wurden nicht beachtet, da es keine wirksamen Kontrollinstanzen gab. Zudem gab es Ausnahmeregelungen, die die Sklaverei Q3 Indianische Zigarrenraucher auf Kuba, Holzschnitt, 1493, Illust­ ration aus dem Brief des Kolumbus an den spanischen Schatz­ meister Luis Santangel, geschrieben am 15. Februar 1493 doch ermöglichten: Da Indigene außerhalb des spanischen Machtbereichs nicht als freie Untertanen galten, wurden auf den übrigen karibischen Inseln regelrechte Menschen­ jagden durchgeführt. Gab es Aufstände gegen die spani­ sche Herrschaft, dann durften die gefangenen Aufstän­ dischen versklavt werden. Eine weitere Gruppe, die aus Spanischer Sicht für die Sklaverei in Betracht kam, bildete das Volk der Cariben, nach dem das Karibische Meer be­ nannt ist. Die Spanier beriefen sich auf Aussagen der TainoIndianer und unterstellten den Kariben, Kannibalen zu sein. Das galt als gotteslästerliche Sünde und diente ebenfalls als ausreichendes Argument für deren Versklavung. All diese Faktoren sowie auch von den Spaniern einge­ schleppte Krankheitserreger, gegen die die Immunsysteme der Indigenen noch keine Abwehrstoffe hatten, führten dazu, dass die indianische Bevölkerung in der spanischen Karibik innerhalb dreier Jahrzehnte praktisch ausgerottet war. 48 Spanischer Kolonialismus Die Materialien verdeutlichen die unterschiedlichen Motive und Ziele, die einerseits die spanische Krone (Q 4) und andererseits Seefahrer wie Kolumbus und Vespucci (Q 5, Q 8) mit den Entdeckungsfahrten verfolgten und welche Einschätzungen es dazu gab (Q 6, Q 8). Diese Materialien geben Ihnen die Grundlagen, die unterschied­ lichen Perspektiven zu deuten und zu bewerten. 1 2 3 4 5 Das spanische Königspaar hatte lange gezögert, dem von Kolumbus vorgelegten Vertrag (Q 4) zuzustimmen. Erörtern Sie, welche Gründe dafür vorlagen. Erläutern Sie, ob und wenn ja, inwiefern die Entdeckungsreisen bereits den Keim des Kolonialismus in sich tragen (Q 4, Q 6, Q 8). Interpretieren Sie die Aussagen und die Perspektive, die der Darstellung Q 7 zugrunde liegen. Vergleichen Sie Q 5, Q 6 und Q 8 miteinander: Beurteilen Sie interessen und Ziele für die Entdeckungsrei­ sen, die darin zum Ausdruck kommen. Diskutieren Sie auf Grundlage von Q 5 und Q 8, ob man eher Kolumbus oder eher Vespucci „Entdecker Amerikas“ nennen sollte. Q5 Q4 Der Kronvertrag von Santa Fé 5 10 15 20 25 Der Vertrag wurde zwischen Fray Juan Pérez als Vertreter des Christoph Kolumbus, und Juan de Coloma als Vertreter der spanischen Könige, am 17. April 1492 in Santa Fé ausgehandelt, wo der Hof damals residierte: Don Fernando und Doña Isabella, von Gottes Gnaden König und Königin von Kastilien, León, Aragón, Sizilien, Granada [etc. …]. Wir haben einige Vertragstitel gesehen, die mit Unserem Namen unterzeichnet, mit Unserem Siegel gesiegelt und in dieser Weise abgefaßt sind. Die erbetenen Titel und Rechte, welche Eure Hoheiten dem Don Cristóbal de Colón gewähren und verleihen als Belohnung für das, was er in den Ozeanischen Meeren entdeckt hat, und für die Reise, die er jetzt mit Gottes Hilfe im Dienste Eurer Hoheiten auf diesen Meeren unternehmen soll, sind jene, die im folgenden aufgeführt werden: Zum ersten ernennen Eure Hoheiten als Herrn über die genannten Ozeanischen Meere von heute an den genannten Don Cristóbal Colón zu ihrem Admiral über all jene Inseln und Festlande, die von ihm und durch seine Bemühungen […] entdeckt und gewonnen werden, auf Lebenszeit, und nach seinem Tod seine Erben und Nachkommen auf 30 35 40 45 50 ewig, von einem zum anderen fortlaufend, und mit allen jenen Vorrechten und Privilegien, die zu diesem Amt gehören […]. Ihre Hoheiten stimmen zu. Johan de Coloma. Ferner ernennen Eure Hoheiten den genannten Don Cristóbal Colón zu ihrem Vizekönig und Generalgouverneur aller genannten Inseln und Festlande, und Inseln, die er, wie erwähnt, in den genannten Meeren entdeckt und gewinnt. Für die Verwaltung von allen und jeder einzelnen der Inseln und Festlande wird er für jedes Amt drei Personen vorschlagen, unter denen Eure Hoheiten diejenige Person auswählen werden, die für ihre Dienste am geeignetsten erscheint. […] Ihre Hoheiten stimmen zu. Johan de Coloma. Des weiteren wollen Eure Hoheiten, daß […] er [Kolumbus] von dem, was rein und unbelastet bleibt [d. h. von dem Gewinn], den zehnten Teil haben und einnehmen und damit nach seinem Gutdünken verfahren soll, wobei die übrigen neun Teile für Eure Hoheiten bleiben. Ihre Hoheiten stimmen zu. Johan de Coloma. Dokumente zu Geschichte der europäischen Expansion, Bd. 3: Die großen Entdeckungen, hrsg. von Matthias Meyn, Manfred Mimler, Anneli Partenheimer-Bein u. Eberhard Schmitt, München 1984, S. 105–107, hier: S. 106–107. Wertloses Gold? 5 10 15 20 25 Aus dem Bordbuch des Christoph Kolumbus über die erste Landung in Amerika: Samstag, den 13. Oktober […] Ich bemerkte – und nicht nur ich! –, daß manche Indianer die Nase durchlöchert und in die so entstandene Öffnung ein Stück Gold gesteckt haben. Sie tauschen das Gold, das sie offenbar für wertlos ansehen, gern gegen Glasperlen ein, doch verbot ich diesen Tauschhandel sofort; das Gold gehört der Krone allein! Ich fragte die Eingeborenen, woher das Gold stamme, und erfuhr, daß es auf ihrer Insel gefunden werde, in geringen Mengen nur, während es im Süden ein Reich gebe, wo ein König aus großen Gefäßen aus purem Gold esse und trinke. Ich fragte weiter, ob dieses Reich Cipango heiße, doch sie verstanden mich nicht. Dennoch gibt es für mich keinen Zweifel mehr: Der König ist derselbe, dessen prächtige Stadt [der mittelalterlich China-Reisende] Marco Polo beschrieben hat, und die Krieger, die die Bewohner Guanahanis [der Insel, auf der sich Kolumbus gerade befand] dann und wann überfallen, sind Untertanen des Groß-Khans der Tartarei, des kühnsten Kriegers und Räubers aller Zeiten, dem der Venezianer [Marco 49 Für Gott und Gold – die iberische Expansion Q7 30 35 Polo] von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden hat. Zu ihm mag es wohl noch weit sein, aber nicht zu dem König, der seinen Wein aus goldenen Pokalen trinkt. Zu ihm wollen wir bald weiterfahren. Darstellung der Indianer als Kannibalen, Holzschnitt, 1493, Illustration aus dem Brief des Kolumbus an den spanischen Schatzmeister Luis Santangel, geschrieben am 15. Februar 1493 Columbus, Christoph: Das Bordbuch, hrsg. von Robert Grün, Tübingen/Basel 1970, S. 94–99 Q6 „Las Indias“? 5 10 15 20 Fray Juan de Torquemada, ein franziskanischer Missionar, schrieb 1611: Diejenigen, die den Admiral Don Cristóbal Colón für einen großen Kosmographen halten, glauben, dass er [die neu entdeckten Läner] im Hinblick auf Ost-Indien so nannte. Sie glauben, dass er, als er Las Indias entdeckte, Cipango suchte, das nahe an China oder Catay liegt […]. Aber viele glauben, dass es eine solche Insel nicht gibt. Andre sagen, dass Colón keinen anderen Grund hatte, sie „Indien“ zu nennen, als mit dieser Benennung die Habsucht der Fürsten anzufachen, mit denen er verhandelte, und um seine Entdeckungsfahrt besser zu rechtfertigen. Durch das Gold, Silber, die Perlen und andere neu entdeckte Gewürze, die er dort entdeckt und gefunden zu haben vorgab und die anders sind als diejenigen aus unserer Weltgegend, sollten sie [seine Entdeckungen] in Bezug auf Reichtum mit Ost-Indien wetteifern lassen können. Q8 „Neue Welt“? 5 10 Torquemada, Juan de: Monarquia Indiana, lib. I, cap. VII, hrsg. v. Miguel León Portilla, México 1969, Bd. 1, S. 21, Übers. FH 15 Aus einem Brief des Kosmographen Amerigo Vespucci, der 1503 in vielen Sprachen in Europa verbreitet wurde: In den letzten Tagen habe ich Euch ausführlich von meiner Rückreise aus jenen neuen Regionen berichtet, die wir mit der Flotte auf Kosten und im Auftrag des durchlauchtigsten Königs von Portugal (woher ich Euch nun schreibe) erkundeten und entdeckten, und die man als eine neue Welt bezeichnen könnte, wo doch die Alten von diesen Gebieten keine Kenntnis besaßen und deren Existenz allen, die davon hören, völlig neu ist. Denn in der Tat übersteigt dies die Vorstellungen der Menschen unserer Antike bei weitem, insofern der Großteil von ihnen meinte, es gäbe überhaupt kein Festland südlich des 20 25 30 Äquators, sondern nur noch das Meer, welches sie Atlantik nannten; und selbst wenn einige wenige behaupteten, dass dort Festland läge, so erklärten sie doch mit vielen Argumenten, dass dieses Land nicht bewohnbar wäre. Dass aber diese ihre Vorstellung falsch ist und der Wahrheit in keiner Weise entspricht, hat diese meine letzte Seefahrt bewiesen, da ich in jenen südlichen Breiten einen Kontinent fand, der mit Völkern und Tieren dichter bevölkert ist als unser Europa oder Asien und Afrika, und darüber hinaus ein Klima, das gemäßigter und angenehmer ist als in irgendeiner anderen uns bekannten Weltgegend […]. Die Eroberung einer neuen Welt. Päkolumbi­ sche Kulturen, europäische Eroberung, Koloni­ alherrschaft in Amerika, hrsg. von Hans-Jochen König, Michael Riekenberg u. Stefan Rinke, Schwalbach/Ts. 2005, S. 88 zusammenfassende aufgaben I Die Suche nach Gold war für die Entdecker von zentraler Bedeutung. Kolumbus erwähnt Gold in seinem T­ agebuch während der ersten Reise an 65 Stellen. Recherchieren Sie, welche Bedeutung diesem Edel­ metall für die indigenen Völker und für die Europäer hatte und legen Sie die Folgen dar.