Epilepsie - betaCare

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Die Initiative „betaCare – Verbesserung der Patientenversorgung und Prävention“
wird gefördert durch die betapharm Arzneimittel GmbH,
ein Generika-Unternehmen mit hochwertigen und
preiswerten Qualitätsarzneimitteln.
Epilepsie & Soziales
Ein Engagement der betapharm
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Epilepsie
& Soziales
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung________________________ 2
Erwerbsminderungsrente ______________ 55
Erkrankung___________________________
Anfälle______________________________
Verhalten bei einem Anfall______________
Patientenschulungen___________________
3
4
6
7
Sozialhilfe __________________________ 59
Hilfe zum Lebensunterhalt _____________ 61
Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung ___________________ 63
Behandlung __________________________ 9
Medikamente: Antiepileptika ___________ 10
Psychotherapie und Selbstkontrolle _______11
Ketogene Diät _______________________ 12
Operationen ________________________ 13
Ergänzende Behandlungsansätze ________ 14
Epilepsie-Ambulanzen ________________ 14
Epilepsiezentren _____________________ 15
Hilfsmittel bei Anfällen ________________ 15
Beruf ______________________________ 65
Berufliche Einschränkungen ____________ 67
Auswirkungen auf den ausgeübten Beruf__ 68
Arbeitsunfähigkeit und finanzielle
Leistungen _________________________ 17
Arbeitsunfähigkeit ___________________ 18
Entgeltfortzahlung __________________ 19
Krankengeld ________________________ 20
Arbeitslosengeld _____________________ 23
Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit ___ 23
Arbeitslosengeld II und Sozialgeld _______ 25
Zuzahlungen und Zuzahlungsbefreiung in
der gesetzlichen Krankenversicherung ___ 27
Zuzahlungen ________________________ 28
Zuzahlungsbefreiung bei Erreichen der
Belastungsgrenze ____________________ 30
Rehabilitation _______________________ 37
Bereiche der Rehabilitation ____________ 38
Zuständigkeit _______________________ 38
Medizinische Rehabilitation ____________ 39
Berufliche Rehabilitation = Teilhabe
am Arbeitsleben _____________________ 43
Autofahren und Führerschein __________
Führerschein und schwere Krankheit _____
Zweifel an der Fahrtüchtigkeit __________
Fahrerlaubnis bei Epilepsie _____________
71
72
73
74
Familienplanung _____________________ 77
Verhütung __________________________ 78
Kinderwunsch _______________________ 78
Schwangerschaft ____________________ 79
Geburt _____________________________ 79
Stillen _____________________________ 80
Schlafentzug________________________ 80
Epilepsie bei Kindern _________________ 81
Urlaub _____________________________ 85
Sport ______________________________ 87
Adressen ___________________________ 89
Internationaler Epilepsie Notfallausweis
(IENA) _____________________________ 91
Impressum __________________________ 93
Schwerbehinderung __________________ 47
Allgemeines zur Schwerbehinderung _____ 48
Schwerbehindertenausweis ____________ 49
Grad der Behinderung bei Epilepsie ______ 51
Merkzeichen ________________________ 53
1
Vorbemerkung
Epilepsie ist eine chronische Erkrankung, die auf einer
Störung im Gehirn beruht. Durch unnormale nervliche
Erregungsbildung im Gehirn werden epileptische Anfälle
ausgelöst.
Zwei Aspekte machen den Umgang mit Epilepsie schwierig:
Zum einen die Reaktionen der Umwelt, die Vorurteile und Vor­
behalte, die Betroffenen oft vieles unnötig erschweren.
Zum anderen die Unberechenbarkeit der Anfälle. Bei einigen
Formen der Epilepsie sind Anfälle schwer vorherzusagen, aller­
dings spüren manche Patienten den nahenden Anfall oder
wissen, dass er nur zu bestimmten Tageszeiten kommt.
Dagegen sind die eigentlichen Beeinträchtigungen und Gefahren
durch epileptische Anfälle in vielen Fällen sehr niedrig, wenn
man bestimmte Verhaltensregeln befolgt. Die Krankheit erfordert
in der Regel eine lebenslange Therapie und wenn diese gut greift,
kann es sein, dass „Patienten“ über Jahre anfallsfrei leben.
Epilepsie ist also eine Krankheit mit sehr verschiedener Aus­
prägung, die sich je nach Alter und Lebensumständen auch sehr
verschieden auswirkt. Das kann bereits in Kindheit und Jugend
beginnen, Schule und Berufswahl beeinflussen und über die
Jahre immer wieder zu finanziellen, krankenversicherungs- und
rentenrechtlichen Fragen führen. Speziell hier möchte dieser
Ratgeber helfen, indem er das komplizierte Sozialrecht für
Betroffene verständlich erklärt.
Nicht alle Kapitel dieses Ratgebers werden auf jeden Betroffenen
zutreffen. Die Themenauswahl richtet sich danach, welche Fragen
erfahrungsgemäß bei Epilepsie aufkommen können und welche
sozialversicherungsrechtlichen Leistungen häufig von Bedeutung
sind.
Aus medizinisch-therapeutischer Sicht gibt dieser Ratgeber nur
einen kurzen Überblick – im Kern informiert er wie alle betaCareRatgeber zu sozialrechtlichen und psychosozialen Themen. Das
Wissen über die sozialen Auswirkungen der Erkrankung und über
Möglichkeiten sein Leben mit Epilepsie zu gestalten, kann zudem
helfen, Sicherheit und Orientierung zu gewinnen.
2
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Erkrankung
Epilepsie ist der Oberbegriff für vorübergehende Funktionsstörungen des Gehirns
mit anfallsweise auftretenden Muskelkrämpfen und Bewusstseinsstörungen.
3
Milliarden von Nervenzellen im Gehirn sind durch chemische und
elektrische Impulse aufeinander abgestimmt und ermöglichen
so Denken, Bewegen, Fühlen, Sprechen und Wahrnehmungen.
Ein Anfall entsteht durch plötzliche elektrische Entladungen von
Nervenzellen und hat Auswirkungen auf einzelne Hirnregionen
oder das gesamte Gehirn.
Je nachdem, wo ein Anfall passiert, hat er unterschiedliche
Folgen. Es sind verschiedenste Ursachen bekannt, die zu einem
Anfall führen können, aber viele Aspekte der Erkrankung können
bis heute nicht erklärt werden. Es gibt verschiedenste Formen der
Epilepsie, entsprechend unterschiedlich sind der Umgang mit der
Erkrankung, die Therapie und die Auswirkungen auf den Alltag
des Betroffenen.
5 % aller Menschen haben einmal im Leben einen epileptischen
Anfall.
Experten sprechen von Epilepsie, wenn ein Mensch ohne ersichtlichen Grund mindestens 2 epileptische Anfälle im Lauf seines
Lebens hat. 1 % aller Menschen erkranken an einer Epilepsie.
Dabei zeigt sich eine deutliche Altersverteilung: Besonders häufig
ist Epilepsie in den ersten Lebensjahren und ab dem 60. Lebensjahr.
Anfälle
Ein epileptischer Anfall ist ein einzelnes Ereignis, das
plötzlich eintritt und nach einigen Sekunden oder Minuten
wieder aufhört. Prognosen und umfassende Erklärungen
gibt es nicht, aber man weiß, dass zwei Faktoren Anfälle
begünstigen:
• Anfallsbereitschaft
Die Anfallsbereitschaft ist individuell unterschiedlich und
angeboren.
• Hirnschädigungen
Verschiedenste Gründe können zu Hirnschäden führen:
– Unfall mit Hirnverletzung, Schädel-Hirn-Trauma
–Tumor
–Alkoholmissbrauch
– Hirnentzündungen, Hirnblutungen
– Sauerstoffmangel während der Geburt
– Fehlbildung während der Hirnentwicklung
– Durchblutungsstörung, z. B. bei einem Schlaganfall
– Stoffwechselstörung des Gehirns
4
Weitere Auslöser von Gelegenheitsanfällen können sein:
• Hohes Fieber im Kleinkindalter
•Schlafentzug
• Massiver Unterzucker
•Vergiftungen
• Körperliche Überanstrengung
• Stroboskoplichtblitze, z.B. in Diskotheken
• Beginnender Alkoholentzug
•Drogen
•Psychopharmaka
Nachfolgend die wichtigsten Formen epileptischer Anfälle:
• Grand-mal-Anfall
Beim „großen Krampfanfall“ sind Gesicht, Gliedmaßen und
Körper zuerst angespannt und zucken dann immer heftiger.
Gleichzeitig wird der Betroffene bewusstlos. Damit einhergehen können bläuliche Hautverfärbungen, Einnässen und
Speichelaustritt, die Gefahr von Bissverletzungen der Zunge
ist groß. Viele Patienten brauchen nach einem Anfall eine
längere Erholungszeit oder Schlaf.
Arten epileptischer Anfälle
• Status epilepticus
Es handelt sich dabei um eine Serie von epileptischen Anfällen,
die so kurz hintereinander auftreten, dass der Betroffene sich
nicht davon erholen kann und auch das Bewusstsein nicht
wieder erlangt. Hält die Serie länger als 20 Minuten an, spricht
man von Status epilepticus. Dieser kann lebensbedrohlich sein
und muss sofort medikamentös behandelt werden. Der Status
epilepticus kann bei allen Anfallsformen auftreten.
• Psychomotorischer Anfall
Bei dieser Anfallsform wird das Bewusstsein eingeschränkt
und der Betroffene zeigt eigenartige und unangemessene
Verhaltensweisen, z. B. Schmatzen, Kauen, an der Kleidung
zupfen, Brummen, bestimmte Gesichtsausdrücke. Diese
Verhaltensweisen können von Anfall zu Anfall sehr ver­
schieden sein, sich aber auch nahezu identisch wiederholen.
• Absence
Diese sehr milde Anfallsform hält meist nur wenige Sekunden
an und wird oft als „Verträumtheit“ verkannt. Der Betroffene
erlebt eine kurze Bewusstseinspause und hält inne in dem, was
er gerade tut. Manchmal kommt es zu leichten Zuckungen der
Augenlider. Stürze und ausgeprägte Krämpfe kommen nicht vor.
• Tonischer Anfall
Dies ist eine Verkrampfung einer oder beider Arme und/oder
Beine, aber ohne Zuckungen, bisweilen begleitet von Laut­
äußerungen. Der Betroffene kann bei Bewusstsein bleiben.
Stürze sind aber trotz Bewusstsein infolge der verkrampften
Körperhaltung möglich. Tonische Anfälle dauern von einer bis
maximal 30 Sekunden.
5
• Klonischer Anfall
Hierbei kommt es zu Zuckungen eines Arms oder Beins, der
Betroffene bleibt bei Bewusstsein. Manchmal können die
Zuckungen Stunden oder Tage anhalten.
Für außenstehende Laien ist nur der Grand-mal-Anfall als
epileptischer Anfall zu erkennen. Häufig kommt es aber zu
kleinen Anfällen, bei denen der Laie nicht erkennt, dass es
sich um Epilepsie handelt. Diese kleinen Anfälle können sehr
unterschiedlich sein, da sie nur bestimmte Teile des Gehirns
betreffen. Es kann zu irrationalen Handlungen, zu Muskelzucken
oder zu optischen oder akustischen Halluzinationen kommen.
Menschen, die einen solchen fokalen oder partiellen Anfall
haben, werden von Umstehenden manchmal fälsch­licherweise
als betrunken angesehen.
Verhalten bei einem Anfall
Bei einem großen Anfall, der eindeutig ist und in der Regel
2 bis 3 Minuten anhält, ist Folgendes zu beachten bzw. zu
vermeiden:
Beginnender Anfall
• Patient auf den Boden legen.
• Brille abnehmen.
• Kissen unter den Kopf legen; falls nicht vorhanden, reicht
auch die eigene Hand aus.
• Alle Gegenstände, die den Patienten während des Anfalls
verletzen könnten, entfernen. Da es während des Anfalls
zu heftigen Zuckungen und Verkrampfungen kommen kann,
alle scharfkantigen Gegenstände außer Reichweite bringen.
• Enge Kleidungsstücke insbesondere am Hals möglichst lockern.
Während des Anfalls
• Auf keinen Fall Arme und Beine festhalten.
• Keinen Keil zwischen die Zähne schieben, um einer Zungenoder Bissverletzung vorzubeugen.
• Nicht versuchen, den Verlauf des Anfalls zu beeinflussen oder
zu unterbrechen. Das bedeutet auf keinen Fall versuchen,
verkrampfte Fäuste zu öffnen.
• Außenstehende sollten Ruhe bewahren.
• Dauer und Begleiterscheinungen des Anfalls beobachten.
6
Nach dem Anfall
Patient in die stabile Seitenlage drehen, da es oft zu erhöhtem
Speichelfluss kommt.
Auf den Grand-Mal-Anfall folgt in der Regel eine kurze Schlafbzw. Erholungsphase. Währenddessen sollte man den Betroffenen
nicht wecken, sondern ihn vor Unterkühlung schützen.
Unbedingt beim Betroffenen bleiben, bis er wieder vollständig
orientiert ist. Dies ist durch einfache Fragen wie „Wie heißt du?
Wo bist du? Welcher Tag ist heute?“ herauszufinden. Erst, wenn
der Betroffene auf diese Fragen klar antworten kann, kann man
ihn alleine lassen, ohne dass eine Selbst- oder Fremdgefährdung
vorliegt.
Wichtig ist auch die Dokumentation jedes Anfalls, besonders für
den behandelnden Arzt, denn nur mit genauen Angaben über
Zeitpunkt, Dauer und Art der Anfälle ist eine medikamentöse
Einstellung möglich.
In seltenen Fällen hält ein Anfall länger als 3 Minuten an. Der
Betroffene zuckt und wird blau im Gesicht. Spätestens nach
5 Minuten sollte ein Notarzt gerufen werden, da es zu einem
Sauerstoffmangel im Gehirn kommen kann.
Anhaltende Anfälle
Außerdem ist ein Notarzt notwendig, wenn sich ein großer
Anfall innerhalb einer Stunde wiederholt oder die Orientierung
30 Minuten nach dem Anfall nicht wieder gegeben ist.
Manche Anfälle können und müssen durch Medikamente unterbrochen werden, zum Teil können die Folgen eines Anfalls
beeinflusst werden. Das können aber nur Menschen machen,
die wissen, was zu tun ist. Betroffene sollten zu ihrer eigenen
Sicherheit möglichst viele Menschen im Umfeld vorsorglich
informieren und einbeziehen. Das ist aber nicht immer einfach,
da Epilepsie oft auf Vorbehalte stößt.
Patientenschulungen
Epileptische Anfälle treten meist „aus dem Nichts“ auf.
Das macht den Umgang mit der Erkrankung schwierig,
sie erscheint nicht beherrschbar.
Unabhängig von Art und Schwere der Epilepsie kann es passieren,
dass sich Betroffene zurückziehen – aus Angst vor einem Anfall
in der Öffentlichkeit. Die Angst vor epileptischen Anfällen ist
verständlich, doch sollten Betroffene versuchen, offen damit
umzugehen. Das hat auch den Vorteil, dass das Umfeld weiß,
wie es im Falle eines Anfalls richtig reagiert.
7
Patientenschulungen sollen Betroffenen helfen ihre Krankheit
besser kennenzulernen, um mit den Einschränkungen im Alltag
besser zurechtzukommen.
Informationen über Diagnoseverfahren, Therapiemöglichkeiten,
Hilfe zur Selbsthilfe, Anfallsvermeidung durch Selbstkontrolle,
Umgang mit der Angst vor einem Anfall und Reaktionen aus
dem Umfeld sind deshalb wichtige Bestandteile einer EpilepsiePatientenschulung. Sie orientiert sich an der individuellen
Erkrankungsform, den Belastungen, den individuellen Möglichkeiten des Patienten und seiner Lebenssituation.
Kostenübernahme
Patientenschulungen können während eines stationären Aufenthalts (z. B. in einem Epilepsiezentrum) oder außerhalb einer Klinik
stattfinden. Stationär entstehen dem Patienten keine Kosten, im
ambulanten Bereich werden die Kosten in vielen Fällen von der
Krankenkasse übernommen.
Schulungsanbieter
Es gibt mehrere Anbieter von Patientenschulungen.
Ein Konzept ist die MOSES-Schulung für Patienten ab 16 Jahren
und deren Angehörige, analog dazu gibt es die Familienschulung
famoses für Patienten zwischen 7 und 12 Jahren.
Informationen unter www.moses-schulung.de.
Telefonischer Kontakt unter 0521 2700127 oder
per E-Mail [email protected].
Für Epilepsiepatienten, die zusätzlich eine Lern- oder geistige
Behinderung haben, gibt es z. B. die PEPE-Schulung unter
www.pepe-bethel.de.
Informationen dazu gibt Bildung + Beratung Bethel:
Telefon 0521 144 5770 oder 0521 144 6110
E-Mail: [email protected]
Manchen Betroffenen helfen auch Unterstützung und Austausch
in einer Selbsthilfegruppe. Adressen siehe S. 89.
&
Buchtipp
Das Geheimnis um die Stehaufmännchen-Mama.
Ein Bilderbuch mit Text von Prof. Dr. Bernd Pohlmann-Eden,
das Eltern mit Epilepsie hilft, Kindern im Kindergartenalter die
Erkrankung zu erklären und ihnen zu helfen, bei einem Anfall
richtig zu reagieren und Hilfe zu holen.
Augsburg: beta Institutsverlag, 2007.
Erhältlich im Buchhandel. Preis 9,95 €.
ISBN 978-3-934942-11-0.
8
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Behandlung
Epilepsie ist behandelbar und sollte auch unbedingt behandelt werden.
Je nach Form kann die Erkrankung sogar ausgeheilt werden.
Wichtig ist allerdings, die Therapie konsequent einzuhalten.
9
Schätzungen gehen davon aus, dass die Hälfte der Anfälle
verhindert werden könnte, wenn die Betroffenen ihre Therapievorgaben konsequent einhalten würden – insbesondere auch
in den langen Zeiten, in denen sie nichts von ihrer Erkrankung
spüren.
Zu unterscheiden sind die Akutbehandlung bei Anfällen und die
Dauerbehandlung.
Bei fast allen Patienten setzt sich die Dauerbehandlung aus verschiedenen Bausteinen zusammen.
Das können sein:
•Medikamente
• Psychotherapie, Veränderung der Lebensführung und
Anfallsselbstkontrolle
• Ketogene Diät
•Operationen
Die nachfolgenden Informationen geben nur einen kurzen Einblick, der das Verständnis für die Erkrankung und Behandlungsmöglichkeiten erhöhen soll. Sie können keinesfalls die ärztliche
Diagnose und Therapieentscheidungen ersetzen.
Medikamente: Antiepileptika
Die meisten Patienten werden mit Medikamenten behandelt,
den sogenannten Antiepileptika. Wenn die medikamentöse
Einstellung gut gelingt, können Anfälle deutlich reduziert
werden oder – bei bis zu 80 % der Betroffenen – ganz ausbleiben.
Viele Antiepileptika haben mehr oder weniger starke Nebenwirkungen. Bei der Einstellung auf ein Medikament geht es
deshalb auch oft darum, zwischen positiven Wirkungen und
unerwünschten Nebenwirkungen abzuwägen. Dies sollte immer
in enger Absprache zwischen Arzt und Patient erfolgen.
Wenn jahrelang keine Anfälle auftreten, verlernt das Gehirn
die Anfälle und es wird – immer in Absprache mit dem Arzt –
versucht, die Medikamente nach und nach abzusetzen. Wenn
dann ein Jahr lang keine Anfälle mehr auftreten, gilt der Patient
als geheilt.
Nur bei weniger als 10 % der Patienten können die Anfälle durch
Medikamente nicht ausreichend gebessert werden. Dann kommen
operative Möglichkeiten in Betracht.
10
Erwachsene Patienten müssen für viele Medikamente zuzahlen.
Details, auch zur Zuzahlungsbefreiung, siehe S. 30.
Psychotherapie und
Selbstkontrolle
Psychotherapie bei Epilepsie-Patienten hat zwei Aspekte:
Zum einen kann sie dazu beitragen, dass Betroffene lernen,
mit der Belastung durch die Krankheit und der Reaktion des
Umfelds besser umzugehen. Zum anderen gibt es bei einem
Teil der Epilepsieformen die Möglichkeit, durch Verhaltensänderung und Selbstkontrolle die Anfallshäufigkeit und
-intensität zu reduzieren.
Die Psychotherapie orientiert sich an der individuellen
Erkrankungs­form, den Belastungen, den individuellen Möglichkeiten des Patienten und seiner Lebenssituation.
Die therapeutische Beziehung kann helfen, sich zu spiegeln,
zu spüren und sich über seine Gefühle Klarheit zu verschaffen.
Häufig ist der Umgang mit der Angst vor einem Anfall ein Thema
in den Sitzungen. Da Epilepsie eine Krankheit ist, über die viele
Menschen Vorurteile haben, wird oft auch der Umgang mit
Reaktionen aus dem Umfeld thematisiert.
Umgang mit Belastungen
Es gibt eine Vielzahl von Epilepsieformen – alle haben gemeinsam,
dass Anfälle auftreten. Die Häufigkeit und Intensität der Anfälle
ist verschieden, doch häufig ist es so, dass ein Zusammentreffen
verschiedener Umstände einen Anfall auslöst. Ein Teil dieser
Umstände kann durch sorgfältige Beobachtung und Dokumen­
tation herausgefunden werden – und dann evtl. auch vermieden
werden. Die Veränderung von Schlafgewohnheiten oder Stressfaktoren kann z. B. bei manchen Patienten Anfälle reduzieren.
Andere Patienten können lernen, beginnende Anfälle mit
bestimmten Verhaltensweisen abzubrechen. Das setzt einerseits
voraus, dass sie den kommenden Anfall spüren (sogenannte
Aura), andererseits müssen sie die hilfreichen Verhaltensweisen
trainieren. Hier kann Psychotherapie helfen. Bei Epilepsie wird
oft der Behandlungsansatz „Verhaltenstherapie“ gewählt.
Selbstkontrolle
Bei psychischen Störungen mit Krankheitswert übernimmt die
Krankenkasse die Kosten bestimmter psychotherapeutischer
Behandlungen im Sinne einer Krankenbehandlung. In der Regel
übernimmt die Krankenkasse die Kosten für 45 Stunden, in
besonderen Fällen bis 60 Stunden.
Patienten können bis zu 5 Probesitzungen bei einem Therapeuten
machen bevor sie sich entscheiden, ob sie dort wirklich eine
Therapie beginnen.
Psychotherapie
11
Der Patient muss bei seiner Krankenkasse einen Antrag auf Feststellung der Leistungspflicht für Psychotherapie stellen. Hierzu
teilt der behandelnde Psychotherapeut der Krankenkasse die
Diagnose mit, begründet die Indikation und beschreibt Art und
Dauer der Therapie.
Therapeutensuche
Ein geeigneter Therapeut sollte die besondere Situation von
Epilepsiepatienten kennen und darauf eingehen können.
Geeignete Psychotherapeuten finden Patienten z. B. über
• die Vermittlungsstellen für psychotherapeutische
Behandlungen.
Die meisten Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) auf Länderebene bieten Vermittlungsstellen für psychotherapeutische
Behandlungen. Unter www.kbv.de > Die KBV > Mitglieder
> Adressliste stehen die Internetadressen der KVen.
Einige KVen haben eine sogenannte „Koordinationsstelle
Psychotherapie“ eingerichtet. Dort werden Patienten über
unterschiedliche Therapiemöglichkeiten und -formen
informiert. Außerdem werden dort freie Psychotherapie­plätze vermittelt.
• die Bundespsychotherapeutenkammer.
Den Suchservice der Bundespsychotherapeutenkammer finden
Sie unter: www.bptk.de/service/therapeutensuche.html.
Ketogene Diät
Die ketogene Diät ist eine Ernährung mit wenig Kohlenhydraten und viel Fett.
Sie kann bei manchen Kindern helfen, die auf andere Behandlungs­versuche nicht ansprechen und bei denen eine Operation
nicht möglich ist.
Eine ketogene Diät ist komplex und aufwendig und muss in enger
Absprache mit Arzt und Diätassistentin individuell berechnet,
eingeführt, kontrolliert und durchgeführt werden.
12
Operationen
Grundsätzlich ist eine Operation nur eine Möglichkeit,
wenn der Anfallsort genau bestimmt werden kann.
Die Entscheidung zu einer Operation ist sehr komplex und
sollte in enger Absprache zwischen Patient, ggf. den Eltern
(bei Kindern und Jugendlichen) und den behandelnden
Ärzten gefällt werden.
Kompetent für Epilepsiechirurgie sind die Epilepsiezentren,
siehe S. 15.
Wenn alle professionellen Behandlungsansätze auch nach
wiederholten Versuchen versagen und der Patient weiterhin
epileptische Anfälle hat, die seine Lebensqualität deutlich einschränken, kann man über eine Operation nachdenken, bei
der der betroffene Hirnabschnitt entfernt wird.
Entfernung des betroffenen
Hirnabschnitts
Ganz anders setzt die Vagusnerv-Stimulation an. Bei einer
Operation wird eine Elektrode in Höhe des Schlüsselbeins eingesetzt und an den Vagusnerv angelegt. Die Elektrode gibt
regelmäßige Impulse an den Nerv. Das senkt bei etwa der Hälfte
der Patienten die Anfallshäufigkeit, bei manchen auch die
Anfallsstärke – allerdings ohne dass man das Wirkprinzip genau
erklären kann. Die Impulsstärke und -häufigkeit kann von außen
mit einem Sender reguliert werden. Manche Patienten, die einen
kommenden Anfall spüren, können diesen unter Umständen auch
noch unterbrechen.
Vagusnerv-Stimulation (VNS)
Die Klinik für Epileptologie der Universität Bonn bietet eine
Patientenbroschüre zur VNS an, Download unter
http://epileptologie-bonn.de > für Patienten > Epilepsie >
Vagusnerv-Stimulation.
13
Ergänzende
Behandlungsansätze
Verschiedene weitere Behandlungsansätze können die
Epilepsie-Therapie ergänzen, aber nicht ersetzen.
Ernährungsumstellung, Homöopathie, Akupunktur, Lichttherapie
etc. sollten immer mit dem behandelnden Facharzt abgestimmt
werden.
Biofeedback
Die EEG-Biofeedback-Methode zielt darauf ab, dass Patienten
ihre Hirnströme sichtbar gemacht werden und dass sie erlernen,
diese willentlich zu beeinflussen. Das Erlernen der Methode
ist komplex und gelingt nur etwa der Hälfte der Patienten. Die
Effekte der Methode sind umstritten, weswegen sie von Experten
nicht empfohlen wird.
Epilepsie-Ambulanzen
Epilepsie-Ambulanzen sind regionale Spezialeinrichtungen,
die ausdrücklich für Problemfälle bei Epilepsie zuständig
sind:
• Klärung diagnostischer Zweifelsfälle
• Therapie von Patienten, die trotz Behandlung weiterhin
Anfälle bekommen
• Beratung von Patienten zu Schwangerschaft und Geburt,
Sport und Reisen, Führerschein, medizinrechtlichen und
versicherungsrechtlichen Fragen
• Sozialmedizinische Beratung zu Schule, Ausbildung,
Arbeitsplatz, Rehabilitation, Schwerbehindertenstatus
und persönlicher Entwicklung
Praxistipp!
Die Deutsche Gesellschaft für Epileptologie bietet eine Übersicht
aller Epilepsie-Ambulanzen sowie die Definition mit den
Voraussetzungen zur Epilepsie-Ambulanz unter www.dgfe.info >
Informationspool Epilepsie > Adressen & Links > Ambulanzen.
14
Epilepsiezentren
Epilepsiezentren sind überregionale Einrichtungen für
Menschen mit schwer therapierbaren Epilepsien. Ihr Angebot
umfasst sowohl eine Epilepsie-Ambulanz als auch stationäre
Diagnostik, Therapie (inklusive Epilepsiechirurgie) und Rehabilitation.
Zudem sollten diese Zentren an Universitäten angeschlossen sein,
um als Lehrkrankenhaus in Forschung und Ausbildung mitzuwirken. Epilepsiezentren gibt es für Kinder und für Erwachsene.
Praxistipp!
Die Liste der zertifizierten Epilepsiezentren in Deutschland
sowie die definierten Anforderungen, die diese erfüllen müssen,
sind zu finden unter www.dgfe.de > Informationspool Epilepsie >
Adressen & Links > Epilepsie-Zentren.
Hilfsmittel bei Anfällen
Zur Unterstützung bei einem Anfall und zur sicheren
Betreuung eines Epilepsie-Patienten stehen verschieden
Hilfsmittel zur Verfügung.
Signalgeräte können vor allem Epilepsie-Patienten helfen, die
besonders nachts Anfälle haben. Dabei wird ein Sensor an der
Matratze des Epilepsiekranken montiert. Die Sensoren unterscheiden normale Schlafbewegungen von einem Anfall mit
Krämpfen.
Bei einem Anfall löst das Gerät einen Alarm aus, z. B. im Elternschlafzimmer, beim Partner oder anderen Angehörigen oder in
einer Notrufzentrale. So ist eine sichere Betreuung des Kranken
möglich.
Der Anfall wird zudem aufgezeichnet und mit Dauer und Stärke
dokumentiert – als wichtige Information für den behandelnden
Arzt.
Signalgeräte für epileptische Anfälle können vom Arzt verordnet
werden und werden von der gesetzlichen Krankenversicherung
als Hilfsmittel übernommen. Im Hilfsmittelkatalog haben sie die
Pos.-Nr. 21.46.01. und laufen unter „Geräte mit Bettsensor“.
Der Versicherte leistet eine Zuzahlung in Höhe von 10 % des
Abgabepreises, mindestens 5,– € und maximal 10,– €.
Signalgeräte
15
Sturzmelder
Sturzmelder können Patienten helfen, die bei Anfällen das
Bewusstsein verlieren und stürzen (können). Das Gerät reagiert,
wenn der Träger unbeweglich liegt und löst einen Alarm aus,
wenn nach einer bestimmten Zeit keine Reaktion erfolgt.
Dieses zweistufige System verhindert wie bei den Signalgeräten
Fehlalarme. Zudem kann ein Patient selbst einen Alarm auslösen,
wenn er zwar bei Bewusstsein ist, aber Hilfe braucht.
Voraussetzung dafür ist, dass der Patient über ein Hausnotruf­
gerät verfügt, um einen Alarm an eine Notrufzentrale oder
Angehörige absetzen zu können. Ein Hausnotrufsystem kostet
eine einmalige Anschlussgebühr sowie monatliche Mietgebühren.
Liegt eine Pflegeeinstufung vor, gewährt die Pflegekasse auf
Antrag und nach Prüfung durch den Medizinischen Dienst
einen Zuschuss für die Anschlussgebühr in der Regel in Höhe
von maximal 10,49 e und maximal 18,36 e für die monatlichen
Gebühren. Die restlichen Kosten muss der Pflegebedürftige selbst
tragen. Bei niedrigem Einkommen kann auch das Sozialamt
bezuschussen.
Epilepsiehunde
Manche Hunde können Anfälle von Familienangehörigen vorher spüren. Als Epilepsiehunde werden sie darauf trainiert, ihre
Patienten dann zu warnen oder bei einem Anfall zu helfen, z. B.
einen Alarm auszulösen, andere Menschen auf die Notsituation
aufmerksam zu machen oder gefährliche Gegenstände aus der
Reichweite des Patienten zu entfernen.
Im Gegensatz zu anderen Führ- oder Servicehunden wachsen
künftige Epilepsiehunde meist bei ihrem Patienten und seiner
Familie auf und werden dort ausgebildet. Grund ist, dass sie den
Patienten sehr genau kennen lernen müssen, um Veränderungen
vor dem Anfall zu erkennen.
Krankenkassen übernehmen die Kosten für Epilepsiehunde nicht,
Hilfen, Informationen und Kontakte vermittelt die Stiftung
„Hunde helfen leben“, http://hunde-helfen-leben.de.
16
©Bernd Leitner_fotolia.com
Arbeitsunfähigkeit und
finanzielle Leistungen
17
Arbeitsunfähigkeit
Epilepsien und deren Behandlung können z. B. wegen
Kranken-hausaufenthalten zum Einstellen der Medikamente
eine längere Arbeitsunfähigkeit mit sich bringen.
Definition „Arbeitsunfähigkeit“:
Arbeitsunfähigkeit (AU) ist ein durch Krankheit oder Unfall
hervorgerufener regelwidriger Körper- oder Geisteszustand,
aufgrund dessen der in der Kranken- und Unfallversicherung
Versicherte seine bisherige Erwerbstätigkeit nicht oder nur
unter Gefahr der Verschlimmerung des Zustands weiter
ausüben kann.
Die Arbeitsunfähigkeit ist Voraussetzung für Krankengeld.
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen.
Arbeitsunfähigkeit: Welche Hilfen greifen wann?
Nachfolgend eine vereinfachte grafische Darstellung,
welche Hilfen greifen (können), wenn ein Arbeitnehmer längere Zeit arbeitsunfähig ist.
Arbeitsunfähigkeit (Krankmeldung) – Seite 18
Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber
(in der Regel 6 Wochen) – Seite 19
Krankengeld von der Krankenkasse
(bis max. 78 Wochen) – Seite 20
Aussteuerung aus der Krankenkasse – Seite 22
Erwerbsminderungsrente
Seite 55
18
Arbeitslosengeld
bei Arbeitsunfähigkeit
Seite 23
Medizinische Rehabilitation
Seite 39
Berufliche Reha – Seite 43
©Herbie_fotolia.com
Entgeltfortzahlung
Die Entgeltfortzahlung ist eine arbeitsrechtliche Regelung und
keine Leistung der Sozialversicherung. Sie ist im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgeltfortzahlungsG) geregelt.
Das Gesetz regelt die Zahlung des Arbeitsentgelts an gesetzlichen Feiertagen und die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im
Krankheitsfall.
Die Arbeitsunfähigkeit muss dem Arbeitgeber unverzüglich
mitgeteilt werden. Die gesetzliche Anspruchsdauer auf Entgeltfortzahlung beträgt 6 Wochen. Die Entgeltfortzahlung beträgt
100 % des bisherigen üblichen Arbeitsentgelts.
Um Entgeltfortzahlung zu erhalten, muss man bestimmte
Voraussetzungen erfüllen:
• Entgeltfortzahlung erhalten alle Arbeitnehmer, auch gering­
fügig Beschäftigte und Auszubildende, unabhängig von
der wöchentlichen Arbeitszeit, die ein ununterbrochenes
Arbeits­verhältnis von mindestens 4 Wochen haben.
• Die Arbeitsunfähigkeit muss ohne Verschulden des Arbeitnehmers eingetreten sein. Dazu zählen auch Rehabilitationsmaßnahmen. Als selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit gilt
ein vorwerfbares Verhalten, z. B. Verkehrsunfall infolge von
Trunkenheit oder grob fahrlässigem Verhalten, grob fahrlässige
Verletzung der Unfallverhütungsvorschriften, eine besonders
gefährliche oder die Kräfte übersteigende Nebentätigkeit,
selbstprovozierte Raufereien. Unachtsamkeit allein genügt
nicht, um eine Entgeltfortzahlung zu verweigern.
Voraussetzungen
19
Krankengeld
Krankengeld erhalten versicherte Patienten von der Krankenkasse, wenn sie länger als 6 Wochen arbeitsunfähig sind.
Das Krankengeld ist eine so genannte Lohnersatzleistung,
das heißt, sie wird nur gezahlt, wenn nach 6 Wochen kein
Anspruch (mehr) auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber
(§ 3 EntgeltfortzahlungsG) besteht.
Voraussetzungen
Voraussetzungen für den Erhalt von Krankengeld:
• grundsätzlicher Anspruch auf Krankengeldbezug durch die
Krankenversicherung
• Arbeitsunfähigkeit aufgrund Krankheit oder
• stationäre Behandlung in Krankenhaus, Vorsorge- oder RehaEinrichtung auf Kosten der Krankenkasse
• Es handelt sich immer um dieselbe Krankheit bzw. um eindeutige Folgeerkrankungen derselben Grunderkrankung. Tritt
während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit auf,
verlängert sich die Leistungsdauer dennoch nicht.
Kein Anspruch
Keinen Anspruch auf Krankengeld haben:
• versicherungspflichtige Personen in Einrichtungen der
Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfegesetz)
• Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie
zur Berufsfindung und Arbeitserprobung, die nicht nach dem
Bundesversorgungsgesetz erbracht werden; Ausnahme bei
Anspruch auf Übergangsgeld
• Studenten (in der Regel bis zum Abschluss des 14. Fach–
semesters oder bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres)
•Praktikanten
•Familienversicherte
• Bezieher einer vollen Erwerbsminderungsrente, Erwerbs–
unfähigkeitsrente, einer Vollrente wegen Alters, eines Ruhe­
gehalts, eines versicherungspflichtigen Vorruhestandsgehalts
• Bezieher von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld
• Personen, die infolge der Gesundheitsreform 2007 krankenversicherungspflichtig wurden (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V)
Ausnahme: Dennoch Anspruch auf Krankengeld haben
abhängig und nicht nur geringfügig Beschäftigte.
Die Satzung einer Krankenkasse kann den Anspruch auf Kranken­
geld für freiwillig Versicherte, die selbstständig tätig sind, ausschließen oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen,
je nachdem, welchen Tarif der Versicherte gewählt hat.
20
Freiwillig Versicherte, die angestellt sind und deren Einkommen
über der Beitragsbemessungsgrenze liegt, bekommen Krankengeld. Als monatliches Bruttoeinkommen wird dann die Beitragsbemessungsgrenze herangezogen.
Freiwillig Versicherte
Anspruch auf Krankengeld entsteht:
• bei Krankenhausbehandlung mit der Aufnahme, also vom
Beginn der Krankenhausbehandlung bzw. der Behandlung
in Vorsorge- oder Reha-Einrichtungen
• bei Arbeitsunfähigkeit mit dem auf die ärztliche Feststellung
der Arbeitsunfähigkeit folgenden Tag
Anspruch auf Krankengeld
Das Krankengeld beträgt 70 % des Arbeitsentgelts (sogenanntes
Bruttoentgelt), maximal aber 90 % des Nettoarbeitsentgelts.
Bei der Berechnung werden auch die Einmalzahlungen in den
letzten 12 Monaten vor der Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt.
Höhe
Bei freiwillig Versicherten über der Beitragsbemessungsgrenze
wird nur das Arbeitsentgelt bis zur Höhe der kalendertäglichen
Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt.
Das ist 2014 ein Betrag von 135,– e (= Beitragsbemessungs­
grenze 48.600,– e : 360).
Höchstbetrag des
Krankengelds
Da das Krankengeld 70 % dieses Arbeitsentgelts beträgt, kann es
maximal 94,50 e täglich betragen.
Das Krankengeld wird kalendertäglich für 30 Tage je Kalendermonat gezahlt.
Abgezogen vom Krankengeld werden Sozialversicherungs­
beiträge für die Arbeitslosen-, Pflege- und Rentenversicherung.
Die Krankenkasse übernimmt die Beiträge der Krankenversicherung und jeweils die Hälfte der drei genannten Versicherungen.
Damit ergibt sich in der Regel ein Abzug von 12,98 % bei
Krankengeldempfängern mit Kindern bzw. von 12,23 % bei
kinderlosen Empfängern.
Bei Bezug von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung wird Krankengeld in Höhe dieser Leistungen
gezahlt.
Sonderregelung
21
Dauer
Die Dauer des Krankengeldes beträgt wegen derselben Krankheit
längstens 78 Wochen (546 Kalendertage) innerhalb von je
3 Jahren ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Dabei handelt es
sich um die sogenannte Blockfrist.
Die Blockfrist beginnt mit dem erstmaligen Eintritt der Arbeitsunfähigkeit für die ihr zugrunde liegende Krankheit. Bei jeder
Arbeitsunfähigkeit wegen einer anderen Erkrankung beginnt
eine neue Blockfrist. Es ist möglich, dass mehrere Blockfristen
nebeneinander laufen.
Dieselbe Krankheit heißt: identische Krankheitsursache.
Die Leistungsdauer verlängert sich nicht, wenn während der
Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzutritt. Es bleibt
bei maximal 78 Wochen.
Erneuter Anspruch auf
Krankengeld wegen
derselben Krankheit
Nach Ablauf der Blockfrist (= 3 Jahre), in der der Versicherte
wegen derselben Krankheit Krankengeld für 78 Wochen
bezogen hat, entsteht ein erneuter Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Erkrankung unter folgenden Voraussetzungen:
• erneute Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit,
• mindestens 6 Monate lang keine Arbeitsunfähigkeit wegen
dieser Krankheit und
• mindestens 6 Monate Erwerbstätigkeit oder der Arbeits­
vermittlung zur Verfügung stehend.
Beispiel
Der Arbeitgeber zahlt bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeit­
nehmers dessen Arbeitsentgelt bis zu 6 Wochen weiter
(§ 3 EntgeltfortzahlungsG), d. h.: Der Anspruch auf Krankengeld besteht zwar, aber er ruht (§ 49 Abs. 1 SGB V).
Erst danach gibt es Krankengeld. Die 6 Wochen Entgelt­
fortzahlung werden aber wie Krankengeld-Bezugszeiten
behandelt, so dass noch maximal 72 Wochen (78 Wochen
abzüglich 6 Wochen = 72 Wochen) Krankengeld gezahlt wird.
Praxistipp!
Zahlt der Arbeitgeber bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers
das Entgelt nicht weiter, obwohl hierauf ein Anspruch nach § 3
Entgeltfortzahlungsgesetz besteht, gewährt die Krankenkasse
bei Vorliegen der Voraussetzungen das Krankengeld, da das
Krankengeld nur bei tatsächlichem Bezug des Arbeitsentgelts
ruht. Der Anspruch des versicherten Arbeitnehmers gegen den
Arbeitgeber auf Entgeltfortzahlung geht dabei auf die Krankenkasse über.
22
Wird der Anspruch auf Krankengeld (78 Wochen Arbeitsunfähigkeit innerhalb von 3 Jahren wegen derselben Erkrankung)
ausgeschöpft und ist der Versicherte noch immer arbeitsunfähig,
endet auch seine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung! Dieser Vorgang wird Aussteuerung genannt.
In der Regel informieren die Krankenkassen das Mitglied
2–3 Monate vor der Aussteuerung. Damit weiter ein Anspruch
auf medizinische Leistungen besteht, ist es wichtig Mitglied
der Krankenkasse zu bleiben.
Aussteuerung:
Ende des Krankengelds
durch Höchstbezugsdauer
Es gibt folgende Möglichkeiten:
• Freiwillige Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse
• Familienversicherung (wenn z. B. der Ehemann/die Ehefrau
Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist)
• Beantragung von Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit,
einer Sonderform des Arbeitslosengelds im Sinne der Naht­
losigkeit
Praxistipp!
Ist abzusehen, dass der Krankengeldbezug endet, sollte sich
der Betroffene unbedingt rechtzeitig mit der Krankenkasse in
Verbindung setzen, um den künftigen Versicherungsschutz zu
klären. Nach Ende der Mitgliedschaft besteht für Krankengeld­
bezieher noch für 1 Monat ein sogenannter nachgehender
Leistungsanspruch, allerdings ohne die tatsächliche Zahlung
von Krankengeld. Wer keinen Anspruch auf eine kostenfreie
Familienversicherung hat, aber gesetzlich versichert bleiben
will, sollte spätestens innerhalb dieses Monats eine freiwillige
Mitgliedschaft beantragen. Es besteht keine Möglichkeit diese
freiwillige Mitgliedschaft erst zum Ende des nachgehenden
Leistungsanspruchs beginnen zu lassen, da sie sich unmittelbar
an den Tag des Endes der Mitgliedschaft anschließen muss.
23
Arbeitslosengeld
Die Regelungen zum Arbeitslosengeld sind von vielen
individuellen Voraussetzungen abhängig und teilweise sehr
kompliziert.
Genaue und verbindliche Auskünfte geben die Agen­turen für
Arbeit.
Voraussetzungen
Sperrung bei Kündigung
Krankheitsschub
während Arbeitslosengeld
24
Voraussetzungen für den Erhalt von Arbeitslosengeld sind:
•Arbeitslosigkeit
• 65. Lebensjahr noch nicht vollendet
• Bereitschaft, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stehen
• Persönliche Arbeitslosenmeldung
• Erfüllung der Anwartschaftszeit
Die Anwartschaftszeit ist erfüllt, wenn der Antragsteller in
den letzten 2 Jahren vor der Arbeitslosmeldung und dem
Eintritt der Arbeitslosigkeit mindestens 12 Monate in einem
Versicherungspflichtverhältnis stand.
In der Regel bekommen Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz von
sich aus kündigen, in den ersten 3 Monaten der Arbeitslosigkeit
kein Arbeitslosengeld.
Werden die Einschränkungen durch die Epilepsie bei einem
Empfänger von Arbeitslosengeld so massiv, dass eine Arbeits­
aufnahme unmöglich wäre, muss er sich bei der Agentur für
Arbeit arbeitsunfähig (siehe S. 18) melden.
Ab dem Tag der „Krankmeldung“ bekommt er noch 6 Wochen
Leistungsfortzahlung und anschließend Krankengeld von der
Krankenkasse (siehe S. 20) in Höhe des Arbeitslosengelds.
Arbeitslosengeld bei
Arbeitsunfähigkeit
Ist die Arbeitsfähigkeit eines Arbeitslosen gemindert, gibt es
als Sonderform das Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit,
die sogenannte Regelung im Sinne der Nahtlosigkeit.
Diese Zahlung überbrückt die Zeit ohne Arbeitslosengeld (weil
man nicht vermittelt werden kann), bis eine andere Leistung,
z.B. Weiterbildung oder Rente, gezahlt wird.
Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
•Arbeitsunfähigkeit
•Arbeitslosigkeit oder
• Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, das jedoch aufgrund
einer Krankheit/Behinderung schon mindestens 6 Monate
nicht mehr ausgeübt werden konnte.
• Erfüllung der Anwartschaftszeit
Die Anwartschaftszeit ist erfüllt, wenn der Antragsteller
in den letzten 2 Jahren vor der Arbeitslosenmeldung und
dem Eintritt der Arbeitslosigkeit mindestens 12 Monate
(= 360 Kalendertage) in einem Versicherungspflichtverhältnis
stand. Über andere berücksichtigungsfähige Zeiten informieren
die Agenturen für Arbeit.
• Der Arbeitslose steht wegen einer Minderung seiner Leistungsfähigkeit länger als 6 Monate der Arbeitsvermittlung nicht
zur Verfügung, weswegen kein Anspruch auf Arbeitslosengeld
besteht.
• Es wurden entweder Erwerbsminderungsrente beim zuständigen
Rentenversicherungsträger beantragt oder Maßnahmen zur
beruflichen Eingliederung Behinderter (Teilhabe am Arbeits­
leben, Medizinische Rehabilitation).
• Der Antrag muss innerhalb eines Monats nach Zugang eines
entsprechenden Aufforderungsschreibens der Agentur für
Arbeit gestellt worden sein. Wurde ein solcher Antrag unterlassen, ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nach Ablauf
der Monatsfrist bis zu dem Tag, an dem der Arbeitslose den
Antrag stellt. Hat der Rentenversicherungsträger die ver­
minderte Erwerbsfähigkeit bereits festgestellt, besteht kein
Anspruch auf Nahtlosigkeits-Arbeitslosengeld.
Voraussetzungen
Wer hilft weiter?
Die örtliche Agentur für Arbeit hilft bei allen Fragen des Arbeits­
losengelds und führt individuelle Berechnungen durch.
25
Arbeitslosengeld II
und Sozialgeld
Arbeitslosengeld II (ALG II) erhalten Arbeitslose im Anschluss
an das Ar­beitslosengeld, wenn sie erwerbsfähig und hilfe­
bedürftig sind.
Sozialgeld erhalten nicht erwerbsfähige Angehörige, die
mit er­werbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft
leben.
Voraussetzungen
ALG-II-Empfänger müssen 3 Voraussetzungen erfüllen:
• Sie müssen 15 bis unter 65 Jahre alt sein. Für Menschen, die
nach dem 31.12.1946 geboren sind, wird die Altersgrenze
monatlich stufenweise auf 67 Jahre angehoben.
• Sie müssen Erwerbsfähig sein, d. h.: mindestens 3 Stunden
täglich arbeiten können.
• Sie müssen Hilfebedürftig sein, d. h.: ihren Lebensunterhalt
nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten
können.
Sozialgeld erhalten Angehörige, die mit erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben und
einen der beiden folgenden Punkte erfüllen:
• Sie sind nicht erwerbsfähig und erhalten keine Leistungen der
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder
• sie haben das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet.
ALG II und Sozialgeld entsprechen dem Niveau der Sozialhilfe
(siehe S. 59) und setzen sich im Wesentlichen auch aus den­
selben Bausteinen zusammen:
• Pauschalisierte Regelleistungen (= Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts). Diese sollen die Kosten für Ernährung,
Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne Heiz­
kosten, Bedarfe des täglichen Lebens und Teilnahme am
kulturellen Leben abdecken.
• Mehrbedarfe in besonderen Lebenssituationen
• Kosten für Unterkunft und Heizung
Details siehe S. 61.
26
©Bernd Leitner_fotolia.com
Zuzahlungen und
Zuzahlungsbefreiung in der
gesetzlichen Krankenversicherung
27
Zuzahlungen
Durch häufige Verordnung von Arznei- und Hilfsmitteln
können bei Epilepsiepatienten verschiedene Zuzahlungen
anfallen.
Versicherte ab 18 Jahren müssen zu bestimmten Leistungen der
gesetzlichen Krankenversicherung Zuzahlungen leisten. Die nach­
folgenden Regelungen gelten auch für Sozialhilfeempfänger.
Zuzahlungen
Arzneimittel
Zuzahlung (umgangssprachlich „Rezeptgebühr“ genannt):
10 % der Kosten, mindestens 5,– e, maximal 10,– e, in keinem
Fall mehr als die Kosten des Arzneimittels.
Preis/Kosten
bis 5,– €
5,01 € bis 50,– €
50,– € bis 100,– €
Ab 100,– €
Zuzahlung
Preis = Zuzahlung
5,– €
10 % des Preises
10,– €
Diese Tabelle gilt entsprechend auch für Verbandmittel und die
meisten Hilfsmittel.
Zuzahlungsfreie Arzneimittel
Die Spitzenverbände der Kranken­kassen haben bestimmte
Arzneimittelwirkstoffe von der Zuzahlung befreit.
Auf den Internetseiten der GKV (Die gesetzlichen Krankenkassen)
ist eine Übersicht der zuzahlungsfreien Arzneimittelwirkstoffe zu
finden, die 14-tägig aktualisiert wird: www.gkv-spitzenverband.de
> Krankenversicherung > Arzneimittel.
Festbeträge
Der Festbetrag ist der erstattungsfähige Höchstbetrag bei einem
Arzneimittel. Liegt der Preis eines verordneten Arzneimittels
darüber, muss der Versicherte selbst den Differenzbetrag (Mehrkosten) zahlen.
Die Zuzahlung richtet sich nach dem (niedrigeren) Festbetrag.
In der Summe zahlt der Patient also Mehrkosten plus Zuzahlung.
Den Differenzbetrag müssen auch Versicherte zahlen, die von
der Zuzahlung befreit sind.
Für Patienten lohnt es sich immer, aktiv nach kostengünstigeren
Alternativen zu fragen.
Verbandmittel
10 % der Kosten, mindestens 5,– €, maximal 10,– €, in keinem
Fall mehr als die Kosten des Verbandmittels.
28
Heilmittel
10 % der Kosten zuzüglich 10,– € je Verordnung.
Heilmittel sind äußerliche Behandlungsmethoden, wie z. B.
Massage oder Logopädie.
Hilfsmittel
10 % der Kosten, mindestens 5,– €, maximal 10,– €. Bei zum
Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt die Zuzahlung 10 %
je Packung, maximal jedoch 10,– € monatlich.
Hilfsmittel sind Gegenstände oder Geräte, wie z. B. Hörgerät,
Prothese, Brille oder Rollstuhl.
Häusliche Krankenpflege
10 % der Kosten pro Tag, begrenzt auf 28 Tage im Kalenderjahr,
zuzüglich 10,– € je Verordnung. Häusliche Krankenpflege
bedeutet, dass ein Patient von Fachpersonal versorgt wird.
Krankenhausbehandlung, Anschlussheilbehandlung
10,– € pro Kalendertag, für längstens 28 Tage pro Kalenderjahr.
Bereits im selben Jahr geleistete Zuzahlungen zu Krankenhausund Anschlussheilbehandlung werden angerechnet.
Ambulante und stationäre Leistungen zur Rehabilitation
10,– € pro Kalendertag an die Einrichtung, in der Regel ohne
zeitliche Begrenzung.
Fahrtkosten
10 % der Fahrtkosten (bei medizinisch angeordneten Fahrten),
mindestens 5,– €, maximal 10,– €, in keinem Fall mehr als die
Kosten der Fahrt.
Folgende Zuzahlungen werden bei der Berechnung der
Zuzahlungsbefreiung nicht berücksichtigt:
• Künstliche Befruchtung
Die Krankenkasse übernimmt 50% der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten, den Rest zahlt der Versicherte zu.
• Zahnersatz
Zuzahlung wird auch für Kinder fällig.
Die Krankenkasse übernimmt:
– 50 % der Regelversorgungskosten (= Festzuschuss)
– 60 % der Regelversorgungskosten bei 5 Jahren Vorsorge
(= Festzuschuss + 20 % Bonus) nachgewiesen durch das
Bonusheft
– 65 % der Regelversorgungskosten bei 10 Jahren Vorsorge
(= Festzuschuss + 30 % Bonus) nachgewiesen durch das
Bonusheft
Den Rest zahlt der Versicherte zu. Darüber hinaus gelten beim
Zahnersatz besondere Härtefallregelungen.
Nicht befreiungsfähige
Zuzahlungen
29
• Kieferorthopädische Behandlung
– Bei Kindern
Die Krankenkasse übernimmt 20 % der Kosten, bei gleichzeitiger Behandlung weiterer Kinder 10 %. Die Zuzahlung
wird am Ende der erfolgreichen Behandlung erstattet.
–Bei Erwachsenen
20 % der Kosten und nur soweit zusätzlich kiefer­
chirurgische Behandlungsmaßnahmen erforderlich sind,
ansonsten zahlt der Versicherte voll.
Zuzahlungsbefreiung bei
Erreichen der Belastungsgrenze
Die Belastungsgrenze soll verhindern, dass insbesondere
chronisch Kranke, Behinderte, Versicherte mit einem
geringen Einkommen und Sozialhilfeempfänger durch
die Zuzahlungen zu medizinischen Leistungen unzumutbar
belastet werden.
Die Belastungsgrenze liegt bei 2 % des jährlichen Bruttoeinkommens.
Berechnung
Das Bruttoeinkommen zum Lebensunterhalt ist als Familien–
bruttoeinkommen zu verstehen. Es errechnet sich aus dem
Bruttoeinkommen des Versicherten und den Bruttoeinkommen
aller Angehörigen des Versicherten, die mit ihm in einem
gemeinsamen Haushalt leben.
Angehörige des Versicherten sind:
•Ehepartner.
• Kinder bis zum Kalenderjahr des 18. Geburtstags.
• Kinder ab dem Kalenderjahr des 19. Geburtstags,
wenn sie familienversichert sind.
• eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner
(nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz).
• sonstige Angehörige nach § 7 Abs. 2 KVLG
(Krankenversicherung der Landwirte).
Nicht zu den Angehörigen zählen Partner einer eheähnlichen
verschiedengeschlechtlichen oder nicht eingetragenen gleich­
geschlechtlichen Lebensgemeinschaft.
Kinder des Versicherten müssen dabei familienversichert sein.
30
Von diesem Bruttoeinkommen zum Lebensunterhalt werden
ein oder mehrere Freibeträge abgezogen:
• Für den ersten im gemeinsamen Haushalt lebenden
Angehörigen des Versicherten (z. B. Ehegatte): 4.977,– €
(= 15 % der jährlichen Bezugsgröße).
Freibetrag
• Für Mitglieder in der Krankenversicherung der Landwirte:
Für jeden weiteren im gemeinsamen Haushalt lebenden
Angehörigen des Versicherten und des eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartners: 3.318,– € (= 10 % der
jährlichen Bezugsgröße).
• Für jedes Kind des verheirateten Versicherten und des ein­
getragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartners: 7.008,– €
als Kinderfreibetrag, wenn es sich um ein Kind beider Ehe­
gatten handelt, ansonsten 3.504,– € (§ 32 Abs. 6 EStG).
• Für das erste Kind eines alleinerziehenden Versicherten:
4.977,– € (= 15 % der jährlichen Bezugsgröße).
• Für jedes weitere Kind eines alleinerziehenden Versicherten:
7.008,– €.
Einnahmen zum Lebensunterhalt sind:
•Altersrenten
•Arbeitsentgelt
•Krankengeld
•Arbeitslosengeld
• Arbeitseinkommen (bei selbstständiger Tätigkeit)
• Einnahmen aus Kapitalvermögen, Vermietung und
Verpachtung
• Witwen- oder Witwerrente und andere Renten wegen Todes
• Einnahmen von Angehörigen im gemeinsamen Haushalt
(Ehegatte, familienversicherte Kinder, eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner). Nicht hierzu zählen Partner
einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
• Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn
diese die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz
übersteigt (§ 31 BVG)
• Grundrente für Hinterbliebene nach dem Bundesversorgungsgesetz (§ 38 BVG)
Bei Empfängern von Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe),
von Arbeitslosengeld II und von Grundsicherung im Alter und
bei Erwerbsminderung, wird jeweils nur der Regelsatz des
Haushaltsvorstands als Bruttoeinkommen für die gesamte
Bedarfsgemeinschaft gezählt.
31
Nicht zu den Einnahmen zählen zweckgebundene
Zuwendungen, die einen beschädigungs- oder behinderungsbedingten Mehrbedarf abdecken sollen, wie z. B.:
•Pflegegeld
•Blindenhilfe
• Taschengeld vom Sozialamt für Heimbewohner
• Beschädigten-Grundrente nach dem BVG
• Rente oder Beihilfe nach dem Bundesentschädigungsgesetz bis
zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG
• Elterngeld in Höhe des Sockelbetrags von 300,– e bzw.
150,– e (bei doppeltem Bezugszeitraum)
•Landeserziehungsgeld
• Leistungen aus Bunds- und Landesstiftungen „Mutter und
Kind – Schutz des ungeborenen Lebens” (Mittel der Bundesstiftung „Mutter und Kind“)
• Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
soweit diese der Grundrente nach dem BVG entspricht oder
geringer ist
• Ausbildungsföderung (BAföG)
•Kindergeld
Zuzahlungsbefreiung/
Rück­erstattung der Zuzahlung
Auch die Zuzahlungen werden als „Familienzuzahlungen“
betrachtet, das heißt es werden die Zuzahlungen des
Versicherten mit den Zuzahlungen seiner Angehörigen, die
mit ihm im gemeinsamen Haushalt leben, zusammengerechnet.
Dasselbe gilt auch bei eingetragenen gleichgeschlechtlichen
Lebenspartnerschaften.
Ausnahme: Ist ein Ehepartner beihilfeberechtigt und/oder privat
krankenversichert, werden die Zuzahlungen, die auch dieser
evtl. leisten muss, nicht als Familienzuzahlung berechnet, das
bedeutet, die gesetzliche Krankenkasse erkennt diese nicht
als Zuzahlungen in ihrem Sinne an. Beim Familieneinkommen
werden allerdings beide Einkommen herangezogen und somit
als Grundlage für die Zuzahlungsbefreiung genommen.
Überschreiten die Zuzahlungen 2 % der Bruttoeinnahmen im
Kalenderjahr (= Belastungsgrenze), erhalten der Versicherte
sowie sein Ehegatte und die familienversicherten Kinder, die
mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt leben, für den Rest
des Kalenderjahres eine Zuzahlungsbefreiung bzw. den Mehr­
betrag von der Krankenkasse zurückerstattet.
Quittungsheft
32
Verschiedene Krankenkassen bieten ihren Versicherten ein
Quittungsheft an, in dem sie übers Jahr alle Quittungen von
Zuzahlungen sammeln können.
Praxistipp!
Die Belastungsgrenze wird im Nachhinein wirksam, weshalb
Patienten immer alle Zuzahlungsbelege aufbewahren sollten,
da nicht absehbar ist, welche Kosten im Laufe eines Kalender­
jahres auflaufen. Wenn ein Versicherter im Lauf des Jahres die
Belas­tungsgrenze erreicht hat, sollte er sich mit seiner Krankenkasse in Verbindung setzen.
Die Krankenkasse wird dem Patienten die Zuzahlungen zurück­
erstatten, die die 2 %-ige Belastungsgrenze übersteigen. Bei
Erreichen der Belastungsgrenze wird für den Rest des Jahres
eine Zuzahlungsbefreiung bescheinigt.
Für Epilepsie-Patienten, die wegen derselben schwerwiegenden
Krankheit in Dauerbehandlung sind, gilt eine andere Belastungs–
grenze: Sie gelten bereits dann als „belastet“, wenn sie mehr als
1 % der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für
Zuzahlungen ausgeben müssen/mussten.
Sonderregelung für
chronisch Kranke
Definition „schwerwiegend chronisch krank“
Als „schwerwiegend chronisch krank“ gilt, wer sich
wenigstens ein Jahr lang wegen derselben Krankheit
mindestens einmal pro Quartal in ärztlicher Behandlung
befindet und mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt:
• Pflegebedürftigkeit mit Pflegestufe 2 oder 3.
• Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 60 oder
eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. ein Grad der
Schädigungsfolgen (GdS) von mindestens 60 % (Schwerbehinderte).
• Eine kontinuierliche medizinische Versorgung (ärztliche
oder psychotherapeutische Behandlung, Arzneimittel­
therapie, Versorgung mit Hilfs- und Heilmitteln) ist
erforderlich, ohne die aufgrund der chronischen
Krankheit nach ärztlicher Einschätzung eine lebens­
bedrohliche Verschlimmerung der Erkrankung, eine
Verminderung der Lebenserwartung oder eine dauerhafte
Beeinträchtigung der Lebensqualität zu erwarten ist.
Die reduzierte Belastungsgrenze bei Zuzahlungen für chronisch
Kranke gilt nur dann, wenn sich der Patient an regelmäßiger
Gesundheitsvorsorge beteiligt hat oder sich therapiegerecht
verhält.
33
Hierbei gelten bestimmte Altersgrenzen:
• Wer nach dem 1.4.1972 geboren ist und das 35. Lebensjahr
vollendet hat, muss jedes 2. Jahr am allgemeinen Gesundheitscheck zur Früherkennung von Krankheiten, insbesondere von
Diabetes, Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen teilnehmen.
Wer das nicht tut und chronisch erkrankt, für den liegt die
Belastungsgrenze bei 2 % vom Bruttoeinkommen.
• Frauen, die nach dem 1.4.1987 geboren sind und das
20. Lebensjahr vollendet haben, sowie Männer, die nach dem
1.4.1962 geboren sind und das 45. Lebensjahr vollendet haben,
und die an einer Krebsart erkranken, wofür Früherkennungsuntersuchungen angeboten werden, können die 1-%Belastungsgrenze nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie
sich über die Chancen und Risiken der entsprechenden Untersuchungen von einem hierfür zuständigen Arzt haben beraten
lassen. Diese Regelung umfasst zunächst die Untersuchungen
von Brust-, Darm- und Gebärmutterhalskrebs.
• Gesundheitsuntersuchungen und Beratung müssen mittels
einer ärztlichen Bescheinigung über therapiegerechtes
Verhalten dokumentiert werden (sogenannter Präventionspass). Ausgenommen von der Feststellung therapiegerechten
Verhaltens sind Schwer­behinderte mit einem Grad der
Behinderung über 60 und Pflegebedürftige der
Pflegestufen II oder III.
• Ausgenommen von der Pflicht zur Beratung bzw. zu
Gesundheitsuntersuchungen sind Versicherte
– mit schweren psychischen Erkrankungen
– mit schweren geistigen Behinderungen oder
– die bereits an der zu untersuchenden Erkrankung leiden.
Praxistipp!
Grundsätzlich gilt: Ist das Ehepaar bei verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen, dann errechnet eine Krankenkasse, ab
wann die Voraussetzungen für die Zuzahlungsbefreiung erreicht
sind, und stellt ggf. eine Zuzahlungsbefreiung aus. Dies wird der
anderen Krankenkasse mitgeteilt, so dass die Versicherten für den
Rest des Jahres keine Zuzahlungen mehr leisten müssen.
Sonderregelung für Empfänger von Sozialhilfe,
Arbeitslosengeld II und Grundsicherung
Berechnungsgrundlage für die Zuzahlungsgrenze bei Sozial–
hilfeempfängern ist der Regelsatz des Haushaltsvorstands
(Regelbedarfsstufe 1 der Sozialhilfe), das heißt: Ein Sozialhilfeempfänger zahlt – je nach Bundesland – im Jahr ca. 93,84 e zu,
ein chronisch kranker Sozialhilfeempfänger ca. 46,92 e.
34
Sonderregelung für Sozialhilfeempfänger im Heim
Für Heimbewohner, die Sozialhilfe beziehen, eine Möglichkeit,
auch in der Zeit bis sie die 1-%- bzw. 2-%-Grenze erreicht
haben, keine Zuzahlungen mehr zu leisten: Dafür veranlassen
sie, dass über den örtlich zuständigen Sozial­hilfeträger der
Zuzahlungsgesamtbetrag (93,84 e bzw. bei chronisch Kranken:
46,92 e) an ihre Krankenkasse vorab überwiesen wird.
Dieser als Darlehen gewährte Gesamtbetrag wird dann in
monatlichen kleinen Ratenbeträgen mit dem Taschengeld des
Heimbewohners verrechnet.
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Rehabilitation
Die Behandlung von Epilepsie kann durch unterschiedliche Rehabilitationsmaßnahmen
begleitet werden. Sie sollen den Patienten dabei unterstützen,
mit seiner Erkrankung ein relativ normales Leben führen zu können.
37
Bereiche der Rehabilitation
Die Rehabilitation (Reha) ist ein sehr großer und komplexer
Bereich, für den alle Versicherungsträger zuständig sein
können.
Grundsätzlich gilt:
Reha(bilitation) geht vor Rente (§ 9 SGB VI).
Das heißt: Es wird möglichst versucht, mit Rehamaßnahmen
den Renteneintritt zu verhindern oder zu verzögern.
Hier ein kurzer Überblick über die Bereiche der
Rehabilitation:
• Medizinische Leistungen zur Rehabilitation
dienen insbesondere der Ausheilung einer Erkrankung und
der Wiederherstellung der Gesundheit.
• Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
(früher „berufsfördernde Maßnahmen“) sollen die Erwerbs­
fähigkeit Behinderter erhalten, verbessern, (wieder-)herstellen
und möglichst dauerhaft sichern. (siehe dazu „Beruf“, S. 65)
• Ergänzende Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe
sind Leistungen zur Wiedereingliederung Behinderter, um
das Ziel der Rehamaßnahmen zu erreichen und zu sichern.
Dazu zählen z. B. Übergangsgeld, Haushaltshilfe, Reisekosten,
Kinderbetreuungskosten.
• Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.
Zuständigkeit
Nahezu alle Träger der Sozialversicherung können für die
Kostenübernahme von Rehamaßnahmen zuständig sein.
Bei Epilepsie-Erkrankten sind dies insbesondere:
• Rentenversicherungsträger
erbringen Leistungen zur Medizinischen Rehabilitation und
zur Teilhabe am Arbeitsleben, wenn die Erwerbsfähigkeit
erheblich gefährdet oder schon gemindert ist und diese
durch die Rehamaßnahme wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann.
38
• Krankenkassen
sind zuständig bei Leistungen zur Medizinischen Rehabilitation,
soweit es um den Erhalt oder die Wiederherstellung der
Gesundheit geht und wenn nicht andere Sozialversicherungsträger solche Leistungen erbringen.
• Agenturen für Arbeit
übernehmen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, wenn
kein anderer Sozialversicherungsträger hierfür zuständig ist.
• Sozialämter
treten nachrangig für die Leistungen zur Medizinischen Reha­
bilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben ein, wenn kein
anderer Sozialversicherungsträger vorrangig zuständig ist.
Wer hilft weiter?
Wenn eine Rehabilitation empfohlen, aber noch nicht beantragt
wurde, weil erst geklärt werden muss, wer als Kostenträger
zuständig ist, sind die Krankenkassen und die sogenannten
„Servicestellen“ die richtigen Ansprechpartner. Letztere bieten
Unterstützung in allen Fragen zur Rehabilitation. Es gibt sie bei
fast allen Kommunen und sie arbeiten rehaträgerübergreifend.
Adressen finden Sie unter www.reha-servicestellen.de.
Medizinische Rehabilitation
Die Medizinische Rehabilitation umfasst Maßnahmen, die
auf die Erhaltung oder Besserung des Gesundheitszustands
ausgerichtet sind und vorwiegend die Durchführung medi­
zinischer Leistungen erfordern.
Es gibt zwei Arten Medizinischer Rehamaßnahmen:
ambulante und stationäre. Letztere werden umgangs­
sprachlich Kuren genannt.
Grundsätzlich gilt:
Ambulant vor stationär (§§ 23 Abs. 4, 40 Abs. 2 SGB V).
Das heißt: Erst wenn ambulante Maßnahmen nicht ausreichen, werden stationäre Leistungen erbracht.
39
Leistungen
Zur Medizinischen Rehabilitation zählen z. B.:
• Anschlussheilbehandlung nach Krankenhausaufenthalt
• Medizinische Rehabilitation für Mütter und Väter
•Kinderheilbehandlung
• Stufenweise Wiedereingliederung
• Geriatrische Rehabilitation für ältere Menschen
Wartezeit
Zwischen 2 bezuschussten Rehamaßnahmen – egal ob ambulant
oder stationär – muss in der Regel ein Zeitraum von 4 Jahren
liegen. Nicht anzurechnen sind Leistungen zur medizinischen
Vorsorge.
Ausnahmen macht die Krankenkasse nur bei medizinisch
dringender Erforderlichkeit. Dies muss mit Arztberichten oder
einem Gutachten des behandelnden Arztes bei der Krankenkasse
begründet werden.
Der Rentenversicherungsträger genehmigt Medizinische Reha­
maßnahmen vor Ablauf der 4-Jahres-Frist, wenn vorzeitige
Leistungen aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich
sind, weil ansonsten mit einer weiteren Minderung der
Leistungs­fähigkeit zu rechnen ist.
Ambulante Rehamaßnahme
Ambulante Rehamaßnahmen führt der Patient wohnortnah
durch bzw. nimmt sie in Anspruch. Er wohnt z. B. zu Hause, nicht
in der Reha-Einrichtung, d. h. der Patient kommt morgens in die
behandelnde Einrichtung und verlässt diese nachmittags oder
abends wieder. Eine ambulante Rehamaßnahme hat immer
Vorrang vor einer stationären.
Voraussetzungen
Voraussetzungen für ambulante Rehamaßnahmen:
• Eine ambulante Krankenbehandlung reicht nicht für den
angestrebten Reha-Erfolg aus.
• Durchführung der ambulanten Rehamaßnahme in Ein­
richtungen mit Versorgungsvertrag oder in wohnortnahen
Einrichtungen mit bedarfsgerechter, leistungsfähiger und
wirtschaftlicher Versorgung.
Für ambulante Rehamaßnahmen bei psychischen Erkrankungen
gibt es spezielle Rahmenempfehlungen. Vereinfacht besagen sie,
dass eine ambulante Reha dann übernommen wird, wenn einerseits eine normale Psycho- und Arzneimitteltherapie zu wenig
intensiv ist, andererseits der Patient aber stabil und aktiv genug
ist, eine tägliche Therapie durchzuhalten.
Dauer
40
Eine ambulante Rehamaßnahme dauert längstens 20 Behandlungs­
tage. Eine Verlängerung ist aus medizinischen Gründen möglich.
Bei einer stationären Medizinischen Reha(bilitation) (umgangssprachlich „Kur“) wohnt der Patient für die Zeit der Rehamaßnahme in einer entsprechenden Einrichtung.
Stationäre medizinische
Rehamaßnahme
Voraussetzungen für die Beantragung von stationären
Rehamaßnahmen sind:
• Eine ambulante Rehamaßnahme reicht nicht aus.
• Die stationäre Aufnahme ist aus medizinischen Gründen
erforderlich.
Voraussetzungen
Stationäre Rehamaßnahmen dauern längstens 3 Wochen.
Eine Verlängerung aus medizinischen Gründen ist möglich.
Dauer
Praxistipp!
Nimmt ein Elternteil, der zu Hause Kinder betreut, an einer
ambulanten oder stationären Rehamaßnahme teil, kann unter
bestimmten Voraussetzungen eine Haushaltshilfe gewährt
werden.
Den Antrag auf eine Medizinische Rehamaßnahme beim zuständigen Träger (siehe oben) sollte zweckmäßigerweise der Arzt
gemeinsam mit dem Patienten stellen. Erforderlich sind ggf.
eine ärztliche Bescheinigung, Arztbericht(e) und ein eigenes,
persönliches Schreiben. Der Leistungsumfang bei Rehamaß­
nahmen liegt im Ermessen des Sozialversicherungsträgers und
wird aufgrund medizinischer Erfordernisse festgelegt.
Antrag
Praxistipp!
Antragstellung bei der Krankenkasse
Erkennt der behandelnde Arzt die Notwendigkeit einer Reha,
so muss er bei der Krankenkasse einen Antrag auf „Einleitung
von Leistungen zur Rehabilitation oder alternativen Angeboten“
stellen. Kommt nach Ansicht der Krankenkasse eine Rehamaßnahme und sie selbst als Kostenträger in Betracht, dann
bekommt der Arzt die „Verordnung von medizinischer Reha­
bilitation“ zugeschickt.
Falls der Antrag bei einem anderen Kostenträger (z. B. Rentenversicherungsträger) gestellt werden muss, wird dies von der
Krankenkasse mitgeteilt.
Antragstellung mit ausführlicher Begründung
Eigentlich genügt bei den Anträgen auf Rehamaßnahmen die
Angabe der Indikationen nach der ICD-10 (Internationale
41
Klassifikation der Krankheiten). Es ist jedoch mittlerweile fast
zur Regel geworden, dass der Arzt die Notwendigkeit der medizinischen Rehabilitation ausführlich begründet. Auf jeden Fall
vermindert es das Risiko einer Ablehnung beim Kostenträger,
wenn dem Antrag sofort eine ausführliche ärztliche Begründung
beigefügt wird. Es kann durchaus sein, dass der MDK (Medizi­
nischer Dienst der Krankenversicherung) über das ärztliche
Attest hinaus den Patienten zu einer Begutachtung einlädt,
um die Notwendigkeit der Rehamaßnahme zu prüfen.
Urlaub
Ambulante und stationäre medizinische Rehamaßnahmen dürfen
nicht auf den Urlaub angerechnet werden. Deshalb besteht auch
Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber.
Wahl der Reha-Einrichtung
Die Leistung wird in der Regel im Inland erbracht.
• Ist der Kostenträger die Krankenkasse, kann der Patient eine
zugelassene und zertifizierte Reha-Einrichtung selbst wählen.
Sind die Kosten höher als bei den Vertragseinrichtungen
der Krankenkasse, zahlt der Patient die Mehrkosten. Die Entscheidung liegt dennoch bei der Krankenkasse.
• Ist der Kostenträger die Rentenversicherung, kann der Arzt
eine Reha-Einrichtung vorschlagen. Soll die Maßnahme in
einer bestimmten Einrichtung stattfinden, muss der Arzt das
ausdrücklich vermerken und möglichst auch begründen. Auch
die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die
Familie oder die religiösen Bedürfnisse der Betroffenen sollten
bei der Wahl eine Rolle spielen und berücksichtigt werden.
Zuzahlung
Versicherte ab Vollendung des 18. Lebensjahres müssen bei
fast allen stationären Rehamaßnahmen 10,– e Zuzahlung
pro Tag leisten:
• In der Regel zeitlich unbegrenzt für ambulante und stationäre
Rehamaßnahmen der Krankenkasse.
• Längstens 42 Tage innerhalb eines Kalenderjahres für
stationäre Medizinische Rehamaßnahmen des Renten­
versicherungsträgers. Bereits im selben Kalenderjahr
geleistete Zuzahlungen an den Rentenversicherungsträger
und die Krankenkasse werden angerechnet.
• Findet die stationäre Rehamaßnahme als Anschlussheilbehandlung statt, so begrenzt sich die Zuzahlung bei der
Krankenkasse auf 28 Tage und beim Rentenversicherungsträger auf 14 Tage. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die
vorhergegangene Krankenhausbehandlung wird berücksichtigt.
42
Berufliche Rehbilitation
= Teilhabe am Arbeitsleben
„Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ umfassen alle
Rehamaßnahmen, die die Arbeits- und Berufstätigkeit von
kranken und/oder behinderten Menschen fördern.
Teilhabe am Arbeitsleben umfasst Hilfen, um einen Arbeitsplatz
erstmalig oder weiterhin zu erhalten, Vorbereitungs-, Bildungsund Ausbildungsmaßnahmen, Zuschüsse an Arbeitgeber sowie
die Übernahme vieler Kosten, die mit diesen Maßnahmen in
Zusammenhang stehen.
Praxistipp!
Die Leistungen werden von verschiedenen Trägern übernommen,
meist aber von der Agentur für Arbeit, vom Rentenversicherungsträger oder der Berufsgenossenschaft. Die Anträge auf Kostenübernahme sollten gestellt werden, bevor die Maßnahmen in die
Wege geleitet werden.
Bei der Gewährung von Leistungen zur Teilhabe kommt es vor
allem auch auf die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit, den
sogenannten „Bezugsberuf“, an. Wenn durch die Erkrankung ein
Verbleiben im bisherigen Beruf nicht mehr möglich, d. h. nicht
leidensgerecht ist, kommt eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Frage.
Lesen Sie dazu „Auswirkungen auf den ausgeübten Beruf“ (S. 68).
Berufliche Reha bei Epilepsie
Aus Gründen der Art oder Schwere der Behinderung oder zur
Sicherung des Erfolgs der Reha können die Maßnahmen auch
stationär erbracht werden. Das umfasst neben der Unterkunft
auch die Verpflegung, wenn die Unterbringung außerhalb
des eigenen oder elterlichen Haushalts erforderlich ist, d.h.
wenn aufgrund der Behinderung ein begleitender medizinischer,
psychologischer und sozialer Dienst notwendig ist.
Stationäre Leistungen,
Unterkunft, Verpflegung
Es gibt mehrere Arten von Leistungen zur Teilhabe am
Arbeitsleben, unter anderem:
1. Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes
2.Berufsvorbereitung
3. Berufliche Bildung
4. Übernahme weiterer Kosten
5. Zuschüsse an den Arbeitgeber
Nachfolgend Informationen zu den einzelnen Leistungen.
Leistungen der
beruflichen Reha
43
Nachfolgend Informationen zu den einzelnen Leistungen.
1. Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes
Vorrangiges Ziel ist es, den bisherigen Arbeitsplatz zu
erhalten. Ist dies nicht möglich, wird nach einem anderen,
geeigneten Arbeitsplatz im bisherigen oder aber in einem
anderen Betrieb gesucht.
In diesem Rahmen übernehmen vorwiegend die Renten­
versicherungsträger im Zusammenwirken mit der Bundesagentur für Arbeit unter anderem folgende Leistungen:
• Umsetzung im Betrieb, Vermittlung eines neuen
Arbeitsplatzes in Form beruflicher Anpassung, Weiter­
bildung und Ausbildung.
• Gründungszuschuss für Arbeitslose, die sich selbstständig
machen, um dadurch die Arbeitslosigkeit zu beenden oder
zu verhindern.
• Fahrtkostenbeihilfe für die täglichen Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstelle, soweit der Versicherte
ansonsten unzumutbar belastet wäre und das Reha-Ziel
absehbar ist.
• Trennungskostenbeihilfe bei erforderlicher auswärtiger
Arbeitsaufnahme und damit verbundener doppelter Haushaltsführung. Das tägliche Pendeln oder der Umzug der
Familie zum Arbeitsort müssen unzumutbar sein.
• Übergangsbeihilfe bei Arbeitsaufnahme bis zur ersten
vollen Lohnzahlung. Die Übergangsbeihilfe wird in der
Regel als Darlehen gewährt.
• Umzugskostenbeihilfe soweit eine Arbeitsaufnahme am
Wohnort unmöglich ist.
2.Berufsvorbereitung
Zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zählt die
Berufsvorbereitung einschließlich der wegen eines Gesundheitsschadens erforderlichen Grundausbildung. Darunter
fallen die ganzheitliche Stabilisierung der Persönlichkeit
und des sozialen Umfelds neben Aufbau und Festigung der
Motivation und der beruflichen Fähigkeiten.
3. Berufliche Bildung
Zur beruflichen Bildung zählen Maßnahmen zur Anpassung
an den Beruf, Ausbildung und Weiterbildung einschließlich
des dafür erforderlichen Schulabschlusses. Nicht dazu zählen
allgemeinbildende Maßnahmen.
4. Übernahme weiterer Kosten
Die Berufsgenossenschaften und Rentenversicherungsträger
übernehmen auch Kosten, die mit den Leistungen zur Teilhabe
am Arbeitsleben in unmittelbarem Zusammenhang stehen.
44
Hierzu zählen z. B.:
• Lehrgangskosten, Prüfungsgebühren, Lernmittel,
• Arbeitskleidung, Arbeitsgeräte (z. B. Werkzeuge) sowie
• Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn für die
Teilnehmer einer Maßnahme eine Unterbringung außerhalb des eigenen oder des elterlichen Haushalts nötig ist
(z. B. unzumutbar weiter Anfahrtsweg), wegen der Art und
Schwere der Behinderung oder zur Sicherung des Erfolgs
der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
5. Zuschüsse an den Arbeitgeber
Die Reha-Träger können Leistungen zur Teilhabe am
Arbeitsleben auch als Zuschüsse an den Arbeitgeber leisten.
Anspruchs- und antragsberechtigt ist der Versicherte; der
Arbeitgeber ist „nur“ Begünstigter ohne eigenes Antragsrecht.
Die Gewährung eines Zuschusses kann von Bedingungen und
Auflagen abhängig gemacht werden.
Zuschüsse an den Arbeitgeber gibt es z. B. als
• Ausbildungszuschüsse zur betrieblichen Ausführung von
Bildungsleistungen,
•Eingliederungszuschüsse,
• Zuschüsse für Arbeitshilfen im Betrieb,
• Kostenerstattung für eine befristete Probebeschäftigung,
• Umschulung, Aus- oder Weiterbildung im Betrieb.
Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sollen für die
Zeit erbracht werden, die vorgeschrieben oder allgemein
üblich ist, um das angestrebte Berufsziel zu erreichen.
•Die berufliche Eingliederung dauert in der Regel bis zur
Erreichung des angestrebten Berufsziels in der hierfür vorgeschriebenen oder allgemein üblichen Zeit im Sinne der
notwendigen Ausbildungsdauer.
•Die Ausbildung dauert in der Regel bis zu 2 Jahre bei ganz­
tägigem Unterricht. Eine Teilförderung (eines Ausbildungs­
abschnitts) innerhalb einer geschlossenen Weiterbildungs­
maßnahme ist nicht möglich.
Dauer
Eine Verlängerung ist denkbar bei:
• bestimmter Art und Schwere der Behinderung
• Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts
• voller Ausschöpfung des Leistungsvermögens des Behinderten
• Erlernbarkeit des Ausbildungsberufs nicht unter 2 Jahren
45
Soziale Sicherung
Bei Teilnahme an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
werden Beiträge zur Kranken-, Unfall-, Pflege- und Renten­
versicherung übernommen.
Wer hilft weiter?
Das Integrationsamt und die Integrationsfachdienste helfen
bei Fragen der beruflichen Integration weiter.
Adressen der Integrationsämter unter www.integrationsaemter.de
Das Berufsbildungswerk Bethel bietet jungen Menschen mit
Epilepsie Berufsvorbereitung und Ausbildungen in unterschiedlichen Berufsfeldern.
Informationen unter www.bbw-bethel.de, Telefon 0521 1444708.
46
Schwerbehinderung
Als schwer behindert nach dem SGB IX gelten Personen mit
einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50.
Leistungen nach dem SGB IX erhalten sie nur, wenn sie ihren Wohnsitz,
ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung in Deutschland haben.
47
Allgemeines zu
Schwerbehinderung
Als behindert nach dem SGB IX gelten Personen, deren körper­
liche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit
zu einer Beeinträchtigung führen, die für einen Zeitraum von
mehr als 6 Monaten von dem für das Lebens­alter typischen
Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der
Gesellschaft beeinträchtigt. Sie sind von Behinderung bedroht,
wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Schwerbehinderte erhalten auf Antrag beim Versorgungsamt
einen Schwerbehindertenausweis. Dieser kann je nach Art der
Behinderung Merkzeichen enthalten, wodurch der Schwerbehinderte Vergünstigungen in Anspruch nehmen kann.
Kündigungsschutz
und Zusatzurlaub
Gleichstellung
behindert/schwerbehindert
Vorteile der Schwerbehinderung im Arbeitsleben sind für den
Arbeitnehmer ein besonderer Kündigungsschutz und Zusatzurlaub.
Die Kündigung eines Schwerbehinderten bedarf in der Regel der
vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Die Kündigungsfrist beträgt mindestens 4 Wochen.
Schwerbehinderte haben Anspruch auf zusätzlich 5 bezahlte
Urlaubs­tage im Jahr. Bei mehr oder weniger als 5 Arbeitstagen in
der Woche erhöht bzw. vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend.
Personen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von weniger
als 50, aber mindestens 30 erhalten die gleichen Leistungen wie
Schwerbehinderte, wenn sie infolge ihrer Behinderung keinen
geeigneten Arbeitsplatz erlangen oder behalten können.
Gleichgestellte genießen wie Schwerbehinderte einen besonderen
Kündigungsschutz. Sie haben jedoch im Gegensatz zu Schwer­
behinderten keinen Anspruch auf einen Zusatzurlaub von
5 bezahlten Arbeitstagen im Jahr und auf vorgezogenes Altersruhegeld ab Vollendung des 60. Lebensjahres (Altersrente für
Schwerbehinderte).
Praxistipp!
Die Gleichstellung erfolgt durch die zuständige Agentur für
Arbeit. Der Antrag muss unmittelbar bei der Agentur für Arbeit
gestellt werden unter Vorlage des Feststellungsbescheides des
Versorgungsamts und eines Schreibens des Arbeitgebers, der
den Antragsteller als Schwerbehinderten einstellen bzw. weiterbeschäftigen würde. Die Gleichstellung wird mit dem Tag der
Antragsstellung wirksam. Sie kann befristet werden.
48
Schwerbehindertenausweis
Der Schwerbehindertenausweis belegt Art und Schwere
der Behinderung und muss vorgelegt werden, wenn
Vergünstigungen für Behinderte beantragt oder in
Anspruch genommen werden.
Die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises erfolgt auf
Antrag des Schwerbehinderten. Antragsformulare sind beim
Versorgungsamt erhältlich.
Antrag
Das Versorgungsamt richtet sich bei der Feststellung der
Behinderung nach den „Versorgungsmedizinischen Grundsätzen“.
Diese enthalten Anhaltswerte über die Höhe des Grads der
Behinderung (GdB) bzw. des Grads der Schädigungsfolgen (GdS).
Die „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“ können unter
www.gesetze-im-internet.de > versmedv/anlage-8.html
ein­gesehen werden.
Versorgungsmedizinische
Grundsätze
Praxistipp!
Folgende Tipps helfen bei der Antragstellung:
• Nicht nur die Grunderkrankung, sondern auch alle zusätzlichen
Beeinträchtigungen, z. B. Sehfehler sowie Begleiterscheinungen
angeben.
• Kliniken und Ärzte anführen, die am besten über die angeführten Gesundheitsstörungen informiert sind. Dabei unbedingt die dem Antrag beiliegenden Schweigepflichtsent­
bindungen und Einverständniserklärungen ausfüllen, damit
das Versorgungsamt bei den angegebenen Stellen die ent­
sprechenden Auskünfte einholen kann.
• Antragsstellung mit dem behandelnden Arzt absprechen. Der
Arzt sollte in den Befundberichten die einzelnen Auswirkungen
der Erkrankung (z. B. die Höhe der körperlichen Belastbarkeit)
detailliert darstellen. Diese Kriterien, nicht allein die Diagnose,
entscheiden über den Grad der Behinderung.
• Bereits vorhandene ärztliche Unterlagen gleich bei Antragstellung mit einreichen, z.B. Krankenhausentlassungsbericht,
Kurbericht, alle die Behinderung betreffenden Befunde in
Kopie.
• Lichtbild beilegen (erst ab Vollendung des 10. Lebensjahres
notwendig).
• Nach der Feststellung des Grades der Behinderung (GdB)
bekommt der Behinderte vom Versorgungsamt einen sog.
Feststellungsbescheid. Ab einem GdB von 50 besteht die
Möglichkeit, einen Schwerbehindertenausweis zu bekommen.
49
Gültigkeitsdauer
Der Ausweis wird in der Regel für längstens 5 Jahre ausgestellt.
Ausnahme:
Bei einer voraussichtlich lebenslangen Behinderung kann der
Ausweis unbefristet ausgestellt werden.
Verlängerung:
Die Gültigkeit kann auf Antrag höchstens zweimal verlängert
werden. Danach muss ein neuer Ausweis beantragt werden.
Bei Schwerbehinderten unter 10 Jahren:
Der Ausweis ist bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres befristet.
Danach werden die Voraussetzungen der Schwerbehinderung
neu überprüft.
Bei Schwerbehinderten zwischen 10 und 15 Jahren:
Der Ausweis ist bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres befristet.
Danach werden die Voraussetzungen der Schwerbehinderung
neu überprüft.
Ausweis im
Scheckkartenformat
Seit 1.1.2013 kann der Schwerbehindertenausweis als Identifikationskarte im Bankkartenformat ausgestellt werden. Über den
genauen Zeitpunkt der Umstellung entscheidet jedes Bundesland
selbstständig. Ab 1.1.2015 wird er nur noch in dieser Form aus­gestellt. Alle alten Ausweise im Papierformat, die bis 31.12.2014
ausgestellt werden, gelten noch solange, bis ihre eingetragene
Gültigkeitsdauer abläuft.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bietet ein Faltblatt zum neuen Ausweis. Es kann unter www.bmas.de > Service
> Publikationen kostenlos heruntergeladen oder bestellt werden.
Antrag auf Erhöhung
50
Verschlechtert sich der Gesundheitszustand eines Menschen mit
Schwerbehindertenausweis oder kommt eine weitere dauerhafte
Einschränkung durch eine neue Erkrankung dazu, dann sollte
beim Versorgungsamt ein Antrag auf Erhöhung des Grades der
Behinderung (GdB) gestellt werden. Der Vordruck für den Antrag
wird auf Anfrage vom Versorgungsamt zugeschickt und es wird
geprüft, ob ein neuer Schwerbehindertenausweis mit evtl. neuen
Merkzeichen ausgestellt wird.
Grad der Behinderung
bei Epilepsie
Der Grad der Behinderung (GdB) bzw. Grad der Schädigungsfolgen (GdS) wird durch das Versorgungsamt festgestellt,
soweit er nicht bereits anderweitig festgestellt wurde, z. B.
durch Rentenbescheid oder durch eine Verwaltungs- oder
Gerichtsentscheidung.
Abhängig vom GdB sind die Nachteilsausgleiche für Behinderte.
Das Versorgungsamt richtet sich bei der Feststellung der Behinderung, des Grades der Behinderung (GdB) und der Ausstellung
eines Schwerbehindertenausweises nach den „Versorgungs­
medizinischen Grundsätzen“. Diese enthalten allgemeine Beur­
teilungsregeln und Einzelangaben darüber, wie hoch der Grad
der Behinderung bei welchen Behinderungen festzusetzen ist.
Hier die Angaben zu epileptischen Anfällen, je nach Art,
Schwere, Häufigkeit und tageszeitlicher Verteilung:
GdB 40
Sehr selten: generalisierte (große) und komplex-fokale Anfälle
mit Pausen von mehr als einem Jahr; kleine und einfach fokale
Anfälle mit Pausen von Monaten
GdB 50–60
Selten: generalisierte (große) und komplex-fokale Anfälle mit
Pausen von Monaten; kleine und einfach fokale Anfälle mit
Pausen von Wochen
GdB 60–80
Mittlere Häufigkeit: generalisierte (große) und komplex-fokale
Anfälle mit Pausen von Wochen; kleine und einfach fokale
Anfälle mit Pausen von Tagen
GdB 90–100
Häufig: generalisierte (große) oder komplex-fokale Anfälle
wöchentlich oder Serien von generalisierten Krampfanfällen,
von fokal betonten oder von multifokalen Anfällen; kleine und
einfach fokale Anfälle täglich
Nach weiteren 3 Jahren Anfallsfreiheit bei weiterer antikonvul­
siver Behandlung wird ein GdB von 30 zuerkannt.
Ein Anfallsleiden gilt als abgeklungen, wenn ohne Medikation
3 Jahre Anfallsfreiheit vorliegen. Ohne nachgewiesenen Hirnschaden ist dann kein GdB mehr anzunehmen.
51
Liegen mehrere Funktionsstörungen vor, so werden die einzelnen
Werte nicht zusammengerechnet, sondern es werden die einzelnen
Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit betrachtet und daraus ein Gesamtgrad der Behinderung
festgelegt, der der Behinderung insgesamt gerecht wird.
Praxistipp!
Schwerbehinderten wird – teilweise auf freiwilliger Grund­
lage – eine Reihe von Nachteilsausgleichen zugestanden,
z. B.:
• Eintrittspreisermäßigungen
(z. B. Filme, Theater, Sportveranstaltungen, Museen)
• Benutzung der Abteile und Sitze, die Schwerbehinderten in
Verkehrsmitteln vorbehalten sind
• bevorzugte Abfertigung in Ämtern
• Beitragsermäßigungen von Vereinen, Interessenverbänden etc.
Wer hilft weiter?
Fragen zu Leistungen für Schwerbehinderte oder Unklarheiten
über die Zuständigkeiten der jeweiligen Leistungsträger beantworten die örtlichen Servicestellen der Rehabilitationsträger.
Arbeitsrechtliche Auskünfte (Kündigungsschutz, Zusatzurlaub)
erteilt das Integrationsamt.
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Merkzeichen
Verschiedene Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis
kennzeichnen die Behinderung und signalisieren, welche
Vergünstigungen der Behinderte erhält.
Es gibt folgende Merkzeichen:
• Merkzeichen G:
erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im
Straßenverkehr sowie erhebliche Geh- und/oder Stehbehinderung
• Merkzeichen aG:
außergewöhnliche Gehbehinderung
• Merkzeichen H:
hilflos
• Merkzeichen Bl:
blind oder hochgradig sehbehindert
• Merkzeichen RF:
Rundfunk- und Fernsehgebührenbefreiung
• Merkzeichen B:
ständige Begleitung bei Benutzung öffentlicher
Verkehrsmittel notwendig
• Merkzeichen Gl:
gehörlos und an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit mit
schwerer Sprachstörung
Merkzeichen „G“ bei Epilepsie
Bei hirnorganischen Anfällen sind die Voraussetzungen für das
Merkzeichen „G“ im Schwerbehindertenausweis gegeben, wenn
es durch die Art und Häufigkeit der Anfälle zu einer Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit kommt. Davon kann man
ausgehen, wenn es sich um hirnorganische Anfälle ab einer
mittleren Anfallshäufigkeit handelt (siehe Grad der Behinderung
bei Epilepsie) und diese überwiegend tagsüber auftreten.
53
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Erwerbsminderungsrente
„Rente“ infolge von Epilepsie verursacht bei Betroffenen oft Angst und Abwehr.
Die „Erwerbsminderungsrente“ wird hier vorgestellt, weil es sich um eine
grundsätzlich befristete Rente handelt, d. h.: In Phasen, in denen ein Patient
nicht arbeitsfähig ist, kann die Rente einkommenslose Zeiten überbrücken,
aber der Weg zurück in die Arbeitswelt ist vorgesehen.
55
Vor einem Rentenantrag sollte immer intensiv überprüft werden,
ob alle Reha- und beruflichen Eingliederungsmöglichkeiten ausgeschöpft wurden.
Es gibt zwei Arten von Erwerbsminderungsrente:
die volle Er­werbs­minderungsrente und die teilweise Erwerbs­
min­de­rungsrente. Sie werden in allen Fällen nur auf Antrag gezahlt. Anspruch auf die Erwerbsminderungsrente besteht bis zur
Vollendung des 65. Lebensjahres. Seit 2012 wird die Altergrenze
schrittweise auf 67 Jahre angehoben.
Volle Erwerbs­
minderungsrente
Voll erwerbsgemindert ist, wer aus gesundheitlichen Gründen
auf nicht absehbare Zeit nur eine berufliche Tätigkeit von weniger als 3 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des
allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann.
Teilweise Erwerbs­
minderungsrente
Teilweise erwerbsgemindert ist, wer aus gesundheitlichen
Grün­den auf nicht absehbare Zeit eine berufliche Tätigkeit von
mindestens 3, aber weniger als 6 Stunden täglich unter den
üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben
kann.
Berufsschutz
Voraussetzungen
Befristung
Versicherte, die vor dem 2.1.1961 geboren sind und in ihrem oder
einem vergleichbaren Beruf nur noch weniger als 6 Stunden
arbeiten können, bekommen eine teilweise Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit, auch wenn sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 und mehr Stunden arbeiten könnten.
Für den Erhalt von Erwerbsminderungsrente müssen
folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
• Erfüllung der Wartezeit von 5 Jahren
(= Mindestversiche­rungszeit) und
• in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung
3 Jahre Pflichtbeiträge.
Die Erwerbsminderungsrente ist in der Regel befristet auf
längstens 3 Jahre. Danach kann sie wiederholt beantragt werden.
Unbefristet wird die Rentenleistung nur gewährt, wenn keine
Verbesserung der Er­werbs­­minderung mehr absehbar ist; davon
ist nach einer Gesamt­dauer der Befristung von 9 Jahren aus­
zugehen.
56
Praxistipp!
Dem Rentenantrag sind zweckmäßige ärztliche Unterlagen
(z. B. Befundbericht des Hausarztes) sowie alle Versicherungsnachweise beizufügen, damit er möglichst schnell bearbeitet
werden kann.
Bei Notwendigkeit der Weiterführung der Rente ist ein neuer
bzw. ein Verlängerungsantrag nötig. Im Antrag sind die Einschrän­kungen des Versicherten durch den Arzt möglichst
genau zu beschreiben bzw. die Angaben aus dem Erstantrag
zu bestätigen, falls keine Verbesserung eingetreten ist. Der
Versicherte kann dabei mithelfen, indem er sich selbst genau
beobachtet bzw. sich von seiner Umgebung beobachten lässt,
um festzustellen, worin er im Vergleich zu anderen Gleichaltrigen
behindert/eingeschränkt ist. Die meisten Ärzte schätzen es sehr,
wenn der Patient diese Aufzeichnungen mit zur Sprechstunde
bringt.
Für jeden Monat, den die Rente vor den 63. Geburtstag
vorgezogen wird, gibt es einen Rentenabschlag von je 0,3 %,
höchstens aber von 10,8 %.
Rentenabschläge bei
Erwerbsminderungsrente
Das heißt: Bei einem Rentenbeginn vor dem 60. Lebensjahr
be­trägt der Abschlag immer 10,8 %, bei einem Rentenbeginn
nach dem 63. Lebensjahr gibt es keinen Abschlag. Diese Renten­
kürzung ist dauerhaft, d. h. sie fällt mit dem Eintritt in eine
Altersrente nicht weg und führt nach dem Tod des Versicherten
auch zu einer Kürzung der Hinterbliebenenrente.
Vorgezogene Monate vor dem
63. Geburtstag
Dauerhafte Kürzung
der Rente um
1 Monat
0,3 %
2 Monate
0,6 %
3 Monate
0,9 %
4 Monate
1,2 %
…
…
33 Monate
9,9 %
34 Monate
10,2 %
35 Monate
10,5 %
36 Monate und mehr
10,8 %
Seit 2012 wird die Altersgrenze für eine abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente schrittweise von 63 auf 65 Jahre angehoben.
57
Hinzuverdienst
Bei Rente wegen voller Erwerbs­minderung beträgt die Hinzuverdienstgrenze bei voller Rentenhöhe 450,– e pro Monat. Bei
höherem Hinzuverdienst wird die Rente nur noch in geringerer
Höhe oder überhaupt nicht mehr ausgezahlt. Jede Erwerbstätigkeit ist dem Rentenversicherungsträger zu melden.
Praxistipps!
Bei der teilweisen Erwerbsminderungsrente kann die Berechnung
der individuellen Hinzuverdienstgrenzen beim Renten­
versicherungs­träger oder z. B. bei einem Rentenberater durch­
geführt werden.
Wer hilft weiter?
Auskünfte und Beratungsstellen vor Ort vermitteln die Rentenversicherungsträger, die auch individuelle Berechnungen der
Rentenhöhe sowie gegebenenfalls des Hinzuverdienstes vornehmen.
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©Tobif82_fotolia.com
Sozialhilfe
Wer nicht in der Lage ist, aus eigenen Kräften und
mit eigenen Mitteln seinen Lebensunterhalt zu bestreiten oder
sich in besonderen Lebenslagen selbst zu helfen,
hat unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Sozialhilfe.
59
Hilfebedürftige erwerbsfähige Menschen von 15 bis unter
65 Jahren, die mindestens 3 Stunden am Tag arbeiten können,
haben keinen Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe, sondern
auf Grundsicherung für Arbeitssuchende (siehe S. 25).
Umfang
Antrag
60
Die Sozialhilfe umfasst folgende Leistungen:
• Hilfe zum Lebensunterhalt (siehe S. 61)
• Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
(siehe S. 63)
• Hilfen zur Gesundheit (entspricht den Leistungen der
Krankenkassen, inklusive der Pflicht zu Zuzahlungen)
• Eingliederungshilfe für behinderte Menschen
• Hilfe zur Pflege (entspricht den Leistungen der Pflegekassen)
• Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten
• Hilfe in anderen Lebenslagen
Alle Sozialhilfeleistungen müssen beim Sozialamt beantragt
werden.
Nachrangigkeit
Die Sozialhilfe ist gegenüber allen anderen Sozialversiche­rungs­
trägern nachrangig, d. h. die Sozialhilfe tritt immer erst dann ein,
wenn sich der Betroffene nicht selbst und auch nicht durch seine
unterhaltspflichtigen Angehörigen (Eltern, Kinder, Ehe- oder
Lebens­partner) helfen kann und auch kein anderer Sozial­­­versi­che­rungsträger (wie Krankenkasse, Pflegekasse, Berufs­
genossen­schaft, Agentur für Arbeit, Jugendamt, Renten­
versicherung) zuständig ist und Leistungen erbringt.
Einsatz von Einkommen
und Vermögen
Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten nur Personen, die ihren
notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus
eigenen Mitteln, insbesondere aus eigenem Einkommen und
Vermögen beschaffen können.
Auch das Einkommen und Vermögen von nicht getrennt lebenden
Ehegatten oder Lebenspartnern ist zu berücksichtigen. Zudem
ist bei minderjährigen unverheirateten Kindern im Haushalt der
Eltern oder eines Elternteils auch das Einkommen und Vermögen
der Eltern/des Elternteils zu berücksichtigen.
Das Sozialamt klärt im Zuge seiner Leistung für den Hilfebedürftigen, ob dessen Angehörige unterhaltspflichtig sind. Es wird
unterschieden zwischen gesteigert Unterhalts­pflichtigen, normal
Unterhaltspflichtigen und nicht Unter­haltspflichtigen.
Gesteigert Unterhaltspflichtige müssen einen höheren Unterhalt
leisten und können einen geringeren Selbstbhehalt beanspruchen.
Gesteigert unterhaltspflichtig sind z.B.:
• Eltern gegenüber ihren minderjährigen und unverheirateten
Kindern,
• Eltern gegenüber ihren volljährigen und unverheirateten
Kindern bis zu deren Alter von 21 Jahren, wenn diese im
Haushalt der Eltern wohnen und sich in der allgemeinen
Schul­ausbildung befinden, sowie
• Ehegatten, gleichgeschlechtliche Lebenspartner und Partner
in eheähnlicher Gemeinschaft untereinander.
Sozialhilfeempfänger können 30% des aus Erwerbstätigkeit
erzielten Einkommens, höchstens jedoch 195,50 e (= 50 % der
Regelbedarfsstufe 1) für sich behalten.
Hier wird davon ausgegangen, dass eine Erwerbstätigkeit eines
Sozialhilfeempfängers einen geringeren Umfang als 3 Stunden
pro Tag hat, denn bei höherer Leistungsfähigkeit würde er
Arbeitslosengeld II (siehe S. 25) erhalten.
Hinzuverdienst
Hilfe zum Lebensunterhalt
Wenn umgangssprachlich von „Sozialhilfe“ gesprochen wird,
ist meist die Hilfe zum Lebensunterhalt gemeint.
Ihre Höhe summiert sich aus den folgenden Leistungen:
• Regelsätze der Sozialhilfe (siehe Tabelle)
• Kosten für Unterkunft und Heizung, wenn sie angemessen sind
• Mehrbedarfe bei Schwangerschaft, Alleinerziehung, Behinderung oder kostenaufwendiger Ernährung
• Einmalige Hilfen für
– Erstausstattung für Bekleidung (z. B. nach Brand)
– Bekleidung für Schwangere und Erstausstattungen
für Neugeborene
– Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich
Haushaltsgeräten
– mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen schulrechtlicher
Bestimmungen
• Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung
•Alterssicherung
• Übernahme von Mietschulden
• Befreiung vom Rundfunkbeitrag sowie Erhalt einer Telefon­
gebührenermäßigung
61
Seit 1.1.2014 gelten folgende Regelsätze:
RS* Regelsätze für
Höhe
€
1
Volljährige Alleinstehende oder Alleinerziehende
391,–
2
Volljährige Ehe- oder Lebenspartner in einer
Bedarfsgemeinschaft (= gemeinsamer Haushalt)
jeweils
353,–
3
Sonstige Volljährige in einer Bedarfsgemeinschaft
313,–
4
Jugendliche vom 14. bis zum 18. Geburtstag
jeweils
296,–
5
Kinder vom 6. bis zum 14. Geburtstag jeweils
261,–
6
Kinder bis zum 6. Geburtstag jeweils
229,–
* RS = Regelbedarfsstufe
Wer hilft weiter?
Zuständig sind die örtlichen Sozialämter. Gemeinden sind nicht
Träger der Sozialhilfe, können aber als erste Anlaufstelle genutzt
werden und wissen, wie und wo die Ansprechpartner erreichbar
sind. Sehr viele Beratungsstellen informieren über Fragen der
Sozialhilfe und angrenzende Gebiete.
Beratungsstellen und Unterstützung zum Arbeitslosen- und
Sozialhilferecht mit den Schwerpunkten Arbeitslosengeld II und
Sozialhilfe finden Sie im Internet unter www.betacare.de oder
www.my-sozialberatung.de/adressen.
62
Grundsicherung im Alter
und bei Erwerbsminderung
Die Grundsicherung soll den grundlegenden Bedarf für den
Lebensunterhalt von Menschen sicherstellen, die wegen Alters
oder aufgrund voller Erwerbsminderung aus medizinischen
Gründen endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind
und deren Einkünfte für den notwendigen Lebensunterhalt
nicht ausreichen.
Leistungsberechtigt sind Menschen mit gewöhnlichem
Aufenthalt in Deutschland,
• die das 65. Lebensjahr vollendet haben oder
• die das 18. Lebensjahr vollendet haben und – unabhängig
von der jeweiligen Arbeitsmarktlage – aus medizinischen
Gründen dauerhaft voll erwerbsgemindert sind,
wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen
und Vermögen bestreiten können.
Voraussetzungen
Für Personen die nach dem 31.12.1946 geboren sind, wird seit
2012 die Altergrenze schrittweise auf 67 Jahre angehoben.
Nicht leistungsberechtigt sind Personen,
• deren zu versteuerndes Gesamteinkommen der Eltern oder
Kinder jährlich 100.000,– e übersteigt.
• die ihre Bedürftigkeit in den letzten 10 Jahren vorsätzlich
oder grob fahrlässig herbeigeführt haben.
Bei einer Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihrem Kind wird
deren gemeinsames Einkommen betrachtet, bei Kindern gegenüber
ihren Eltern gilt diese Einkommensgrenze für jedes einzelne Kind.
Die Grundsicherung ist abhängig von der Bedürftigkeit und
entspricht in der Höhe der Hilfe zum Lebensunterhalt in der
Sozial­hilfe (siehe S. 61).
Umfang und Höhe
Die Grundsicherung setzt sich aus folgenden Leistungen
zusammen:
• Regelsatz der Sozialhilfe
• Angemessene tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft
und Heizung
• Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, wenn keine
Pflichtversicherung besteht
•Mehrbedarfszuschläge
• Einmalige Leistungen
• Hilfe zum Lebensunterhalt in Sonderfällen, insbesondere
Übernahme von Mietschulden
63
Von diesem Bedarf werden die eigenen Einkünfte abgezogen, die
Differenz wird als Grundsicherung ausgezahlt. Sind die Einkünfte
höher als der Bedarf, besteht kein Anspruch auf eine Grund­
sicherungsleistung.
Dauer
Die Grundsicherung wird in der Regel für 12 Kalendermonate
bewilligt.
• Erstbewilligung
Die Auszahlung beginnt am Ersten des Monats, in dem der
Antrag gestellt worden ist.
• Änderung der Leistung
Die Auszahlung beginnt am Ersten des Monats, in dem die
Voraussetzungen für die Änderung eingetreten und mitgeteilt
worden sind. Bekommt der Berechtigte infolge der Änderung
weniger Leistungen, beginnt der neue Bewilligungszeitraum
am Ersten des Folgemonats.
Wer hilft weiter?
Der Antrag kann beim zuständigen Sozialamt gestellt werden,
in dessen Bereich der Antragsberechtigte seinen gewöhnlichen
Auf­enthaltsort hat. Auch die Rentenversicherungsträger nehmen
den Antrag entgegen.
64
©Udo Kroener_fotolia.com
Beruf
Bei der Berufswahl von Epilepsiekranken müssen sowohl die persönlichen Interessen
und Fähigkeiten als auch die individuelle Form der Epilepsie berücksichtigt werden.
65
Bei Jugendlichen mit Epilepsie ist es ratsam, sich 2 Jahre vor Schul­
abschluss an einen Berufsberater in einer Epilepsie-Beratungsstelle oder einer Epilepsie-Ambulanz (siehe S. 14) zu wenden.
Die große Herausforderung ist es, persönliche Wünsche, Leistungs­
fähigkeit und Einschränkungen, die eine Epilepsie mit sich bringen
kann, individuell abzustimmen. Die Problematik ist, dass viele
Menschen schon mit dem eingeschränkten Blick in die Berufswahl gehen, was alles nicht geht, wenn „man“ Epilepsie hat. Doch
jede Epilepsie ist anders und bei der Berufswahl sollte zuerst die
Frage gestellt werden: Wo liegen die Neigungen, Interessen und
Begabungen des jungen Menschen? Danach werden die möglichen
Berufsfelder genauer betrachtet. Nicht immer kann der Wunschberuf erlernt werden, weil z. B. von einer Eigen- oder Fremd­
gefährdung auszugehen ist. Aber häufig sind Berufswünsche
realisierbar oder es finden sich verwandte Berufe, die nur weniger
bekannt sind.
Zum Teil können in Absprache mit der zuständigen Ausbildungskommission auch Ausbildungsabschnitte ausgelassen werden,
wenn diese für die spätere Berufstätigkeit nicht wichtig sind, z. B.
die Arbeit an einer Maschine bei einem angehenden Technischen
Zeichner oder Nachtarbeit in Pflegeberufen.
Hat ein Jugendlicher neben der Epilepsie weitere Einschränkungen,
z. B. eine Lern- oder Körperbehinderung, bieten die Berufsbildungswerke verschiedene Möglichkeiten. Diese Einrichtungen
bilden vor allem junge Menschen mit Behinderungen aus.
Adressen finden Sie auf der Internetseite der Bundesarbeits­
gemeinschaft der Berufsbildungswerke (BAG BBW), www.
bagbbw.de > Angebote für junge Menschen.
Empfehlungen zur
Beurteilung beruflicher
Möglichkeiten
66
Der Ausschuss „Arbeitsmedizin“ der Berufsgenossenschaftlichen
Zentrale für Sicherheit und Gesundheit hat in seinen Berufsgenossenschaftlichen Informationen und Grundsätzen für
Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (BGI), speziell in der
BGI Nr. 585, „Empfehlungen zur Beurteilung beruflicher
Möglichkeiten von Personen mit Epilepsie, Stand 2007“ erarbeitet
und herausgegeben, Download unter www.arbeitssicherheit.de >
BGVR-Bibliothek > Suchwort „Epilepsie“.
Darin wird davon ausgegangen, dass bei Menschen mit Epilepsie grundsätzlich keine Bedenken bestehen, weil sie als
dauerhaft anfallsfrei gelten, wenn sie
• unter medikamentöser Behandlung länger als 2 Jahren
anfallsfrei sind.
• nach operativer Behandlung länger als ein Jahr anfallsfrei sind.
• länger als 3 Jahren Anfälle ausschließlich aus dem Schlaf
heraus haben.
• ausschließlich Anfälle bei erhaltenem Bewusstsein haben
(kein Sturz, keine Bewusstseinsstörung, keine Störung der
Willkürmotorik).
Wichtig an diesen Empfehlungen ist, dass die Berufsgenossenschaften dahinter stehen. Diese sind für Unternehmen die
entscheidende Stelle, wenn es um Sicherheit bzw. um Haftung
bei Unfällen geht. Unternehmen haben insbesondere dann ein
Problem mit der Beschäftigung von kranken Menschen, wenn
Haftungsfragen ungeklärt sind.
Berufliche Einschränkungen
Gefährdungen und deshalb berufliche Einschränkungen
ergeben sich bei Menschen, die arbeitsplatzrelevante Anfälle
haben.
Das ist bei folgenden Symptomen der Fall:
•Bewusstseinsstörung
• Verlust der Haltungskontrolle
• Störung der Willkürmotorik
• Unangemessene Bewegungen
Die BGI 585 nennt „Kriterien für die Abstufung der Gefährdung“:
Das sind „vor allem Eigengefährdung, Fremdgefährdung und
ökonomisches Risiko. Bei der Beurteilung einer beruflichen
Tätigkeit ist zu berücksichtigen, dass innerhalb eines Berufes
die Risiken bei den einzelnen Tätigkeiten unterschiedlich sein
können.“ Das verlangt neben der ärztlichen (betriebsärztlichen)
Beurteilung die Mitwirkung einer für das spezielle Berufsfeld
sachkundigen Person, z.B. einer Fachkraft für Arbeits-sicherheit.
Als Beispiel für Eigengefährdung nennt die BGI 585 die Gefahr,
„mit drehenden, ungeschützten Teilen (Backenfutter, Bohrspindeln), mit gesundheitsschädlichen elektrischen Spannungen,
mit infektiösen oder toxischen Stoffen in Berührung zu kommen.
Von Fall zu Fall wäre auch zu prüfen, ob durch geeignete technische Vorrichtungen und Hilfen die Unfallgefährdung an einem
bestimmten Arbeitsplatz so reduziert werden kann, dass er für
eine Person mit Epilepsie geeignet ist“.
Eigengefährdung
67
Fremdgefährdung
Fremdgefährdung ist laut BGI 585 „gegeben bei mangelnder
Aufsicht von Minderjährigen bzw. geistig oder körperlich
be­hinderten Menschen im Bereich sozialpflegerischer oder
päda­gogischer Berufe. Inwieweit eine Aufsicht bei behinderten
Menschen erforderlich ist, hängt von deren Grad der körper­
lichen oder geistigen Einschränkungen sowie vom Grad der
Gefährdung ab, woraus sich die Anforderungen an die Aufsichtsperson ergeben. Die Aufsichtsperson muss erforderlichenfalls
in der Lage sein, die ihr anvertrauten Personen auch ununter­
brochen zu beobachten, um rechtzeitig eingreifen zu können.
In den meisten Fällen werden sich organisatorische Maßnahmen
finden lassen, um das Risiko der Eigen- bzw. Fremdgefährdung
zu minimieren, z.B. Arbeiten zu zweit oder Möglichkeiten, Hilfe
in der Nähe abzurufen.“
Ökonomische Risiken
Ein Beispiel für ökonomische Risiken sind Fehlprogrammierungen
oder falsche Eingaben, z.B. in Datenbanken oder Online-Systeme.
Auswirkungen auf den
ausgeübten Beruf
Treten Epilepsien erst nach der Berufsausbildung auf und
kann der Betroffene deshalb seine Tätigkeit, z. B. Dachdecker,
Elektriker, Pilot, Chirurg, Taxifahrer, trotz Behandlung nicht
mehr ausüben, muss geprüft werden, welche Alternativen in
Frage kommen.
Erste Wahl ist, dass der Betroffene im selben Unternehmen
weiterbeschäftigt werden kann:
• Durch Anpassung des Arbeitsplatzes, z. B. indem Gegenstände,
die bei einem Anfall zu Verletzungen führen könnten, vom
Arbeitsplatz entfernt werden, durch Schutzvorrichtungen an
Maschinen oder durch Schaffung eines Rückzugsraums, in den
sich der Mitarbeiter zurückziehen kann, wenn er spürt, dass
ein Anfall auftritt.
• Durch Wechsel an einen Arbeitsplatz, an dem weiterhin die
Erfahrungen und Qualifikationen des Arbeitnehmers genutzt
werden können, an dem eine Eigen- oder Fremdgefährdung
aber ausgeschlossen ist, z. B. Wechsel von der Montage zur
telefonischen Service-Hotline.
• Durch interne und externe Weiterbildung und Wechsel in eine
andere Aufgabe.
68
Eine Umsetzung im selben Unternehmen wirft oft viele Fragen
auf, weswegen viele Fachleute gleichzeitig erforderlich sind.
Epilepsieberater oder Mitarbeiter des Integrationsamts organisieren
deshalb z. T. einen gemeinsamen Termin mit allen Beteiligten, z. B.
Betroffenen, Arbeitgeber, Agentur für Arbeit, dem zuständigen
Rentenversicherungsträger und der zuständigen Berufsgenossenschaft, um komplexe Fragen im direkten Gespräch klären zu
können. Wichtige Voraussetzung in diesem Zusammenhang ist
allerdings, dass der Betroffene im beruflichen Umfeld offen mit
der Erkrankung umgeht.
Kosten in diesem Zusammenhang können im Rahmen der Teilhabe am Arbeitsleben (siehe S. 43) von verschiedenen Kostenträgern übernommen werden.
Für Verletzungen, die durch einen Anfall entstehen, kommt die
Krankenversicherung auf. Tragen aber betriebliche Einrichtungen
wie Maschinen zu den Verletzungen bei, dann handelt es sich um
einen Arbeitsunfall, bei dem die Berufsgenossenschaft eintritt.
Ausfall am Arbeitsplatz
69
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Autofahren und Führerschein
Die meisten Menschen wollen selbstständig und mobil sein und deshalb Auto fahren.
Doch wer sich infolge körperlicher oder geistiger Einschränkungen nicht sicher im Verkehr
bewegen kann, darf am Verkehr nur teilnehmen, wenn er selbst Vorsorge getroffen hat,
dass er andere nicht gefährdet (§ 2 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung).
71
In der Anlage 4 der FeV sind häufig vorkommende Erkrankungen
und Mängel verzeichnet, die die Eignung zur Führung von Kraftfahrzeugen längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können.
Neben den einzelnen Erkrankungen sind mögliche Beschränkungen oder Auflagen aufgeführt. Die Anlage 4 finden sie im
Internet unter www.fahrerlaubnisrecht.de > Gesetzessammlung
> Anlagen zur FeV.
Ist ein Patient fahruntauglich und steuert dennoch ein Kraftfahrzeug, macht er sich strafbar und muss für mögliche Schäden
selbst aufkommen. Bei einem Unfall muss er mit strafrechtlichen
und versicherungsrechtlichen Konsequenzen rechnen.
Erstantrag auf Führerschein
Der Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis ist bei der Führerscheinstelle im Landratsamt oder bei der Stadtverwaltung zu
stellen. Die Antragstellung kann auch über die Fahrschule
erfolgen. Bei diesem Antrag ist anzugeben, ob eine körperliche
oder geistige Einschränkung vorliegt. Dies sollte der Antrag­steller
wahrheitsgemäß angeben. Die Führerscheinstelle entscheidet
dann, ob und welche Gutachten beizubringen sind und wer diese
erstellen kann.
Führerschein und
schwere Krankheit
Nach einem epileptischen Anfall ist der behandelnde
Arzt verpflichtet, Führerscheininhaber auf mögliche Ein­
schränkungen und Gefahren hinzuweisen.
Der Arzt lässt den Patienten in der Regel auch schriftlich bestätigen, dass er auf die Gefahr hingewiesen wurde, andernfalls
kann der Arzt für die Kosten möglicher Unfälle haftbar gemacht
werden. Oft steht diese Empfehlung auch im Abschlussbericht
von Rehamaßnahmen.
Ob der Patient dies dann bei der zuständigen Führerschein- bzw.
Kfz-Zulassungsstelle meldet und seine Fahrtauglichkeit überprüfen lässt, bleibt diesem selbst überlassen.
Auch Fahrradfahrer, die nach einer schweren Erkrankung am
Verkehr teilnehmen und aufgrund ihres Gesundheitszustands
einen Unfall verursachen, können ihren Führerschein verlieren.
Bei entsprechendem Verdacht macht die Polizei eine Mitteilung
an die Führerscheinstelle, welche dann den Patienten auffordert,
die Fahrtauglichkeit prüfen zu lassen.
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Zweifel an der
Fahrtauglichkeit
Bestehen Zweifel an der Fahrtauglichkeit, z. B. bei einer
Verkehrsroutinekontrolle durch die Polizei, fordert die Führerscheinstelle in der Regel ein fachärztliches Gutachten. Der
Facharzt sollte nicht der behandelnde Arzt sein.
Bestehen laut diesem Facharztgutachten noch immer Bedenken,
fordert die Führerscheinstelle ein medizinisch-psychologisches
Gutachten bzw. eine medizinisch-psychologische Untersuchung
(MPU).
Die MPU setzt sich aus folgenden Teilen zusammen:
• Fragebögen, die vom Patienten ausgefüllt werden müssen,
als Vorbereitung des Arzt- und Psychologengesprächs
• Leistungstests zur Prüfung der Reaktions- und Wahr­
nehmungsfähigkeit sowie der Reaktionsgeschwindigkeit
• Medizinischer Bereich: Körperlicher Allgemeinzustand, Sinnes­
funktionen, fachärztlicher Befund, neurologischer Befund
(falls erforderlich), Medikamenteneinnahme werden berücksichtigt.
• Psychologischer Bereich: Wahrnehmung, Aufmerksamkeit,
Orientierung, Reaktion, Belastbarkeit werden beurteilt.
Im Gespräch mit dem Arzt und Psychologen geht es um die
Einstellungen zum Straßenverkehr (Vorausschauen, Planen,
Erkennen von Gefahren), aber auch um die Fähigkeit zur
Selbsteinschätzung und den Umgang mit Schwierigkeiten.
73
Fahrerlaubnis bei Epilepsie
Epilepsien zeichnen sich aus durch das plötzliche Auftreten
von Anfällen mit unterschiedlicher Beeinträchtigung des
Bewusstseins aus. Deshalb beeinträchtigen Epilepsien die
Fahrtüchtigkeit und es besteht eine Gefährdung des
Patienten und anderer Verkehrsteilnehmer.
Ob eine Fahrerlaubnis erteilt wird hängt von mehreren Faktoren
ab. Wichtig ist, ob es sich um einen einmaligen Anfall, eine
behandelbare Epilepsie oder um eine langjährig therapieresistente Epilepsie handelt. Entscheidend sind der Anfallstyp
(mit oder ohne Bewusstseinsstörung, wann die Anfälle auftreten
– tagsüber, nachts) und die Behandlung mit Medikamenten.
Eine Fahrerlaubnis kann nicht erteilt werden, wenn Anfälle nicht
durch Medikamente vermieden werden und jederzeit auftreten
können.
Begutachtungs-Leitlinien
zur Kraftfahrereignung
Die Begutachtungs-Leitlinien (BASt-Bericht M115) sind
eine Zusammenstellung eignungsausschließender oder
-einschränkender körperlicher und/oder geistiger Mängel und
sollen die Begutachtung der Kraftfahreignung im Einzelfall
erleichtern. Sie dienen als Nachschlagewerk für Gutachter
sowie für Fahrerlaubnisbewerber oder -inhaber in Bezug auf
ihre Kraftfahreignung.
Diese Richtlinien können bei der Bundesanstalt für Straßenwesen
unter www.bast.de > Publikationen > Regelwerke zum Download
> Begutachtungs-Richtlinien zur Kraftfahreignung herunter­
geladen werden.
Folgende Informationen wurden daraus entnommen:
Bei der Fahreignung wird die Fahrerlaubnis in zwei Gruppen
unterteilt:
• Gruppe 1 umfasst die Klassen A, A1, B, BE, M, L und T.
Darunter fallen z. B. Mopeds, Kraft- und Leichtkrafträder,
Kraftfahrzeuge, land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen.
Es sind Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen und Motorräder.
• Gruppe 2 umfasst die Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und
D1E. Das sind beispielsweise Lastkraftwagen und Busse sowie
die Erlaubnis zur Beförderung von Fahrgästen.
Für eine Fahrerlaubnis der Gruppe 2 bestehen schärfere
Bestimmungen als für Gruppe 1.
74
Fahrerlaubnis bei Gruppe 1
Wer unter bleibenden epileptischen Anfällen leidet, ist in der
Regel nicht in der Lage ein, Kraftfahrzeug der Gruppe 1 zu
führen, solange ein wesentliches Risiko von Anfallsrezidiven
besteht. Generell dürfen Fahrzeuge nach 12 Monaten Anfallsfreiheit wieder geführt werden.
Gruppe 1
Ausnahmen gibt es beispielsweise
• bei einfachen fokalen Anfällen, die keine Bewusstseinsstörung
und keine motorische, sensorische oder kognitive Behinderung
für das Führen eines Fahrzeugs zur Folge haben und bei denen
nach mindestens einjähriger Verlaufsbeobachtung keine relevante Ausdehnung der Anfallssymptomatik und kein Übergang zu
komplex-fokalen oder generalisierten Anfällen erkennbar wurde.
• bei ausschließlich an den Schlaf gebundenen Anfällen nach
mindestens 3-jähriger Beobachtungszeit.
• nach einem einmaligen Anfall nach einer Beobachtungszeit
von 6 Monaten.
• wenn der Anfall an bestimmte Gegebenheiten geknüpft
war wie z. B. an Schlafentzug, Alkoholkonsum oder akute
Erkrankungen (Fieber) und der Nachweis erbracht wurde,
dass diese Bedingungen nach einer Beobachtungszeit von
3 Monaten nicht mehr gegeben sind.
• nach Anfällen, die nur kurze Zeit (etwas 2 Wochen) nach
Hirnoperationen oder Hirnverletzungen aufgetreten sind,
nach einem anfallsfreien Intervall von einem halben Jahr.
• wenn der Betroffene ein Jahr anfallsfrei geblieben ist und
kein wesentliches Risiko weiterer Anfälle besteht. Bei langjährig therapieresistenten Epilepsien beträgt die erforderliche
anfallsfreie Zeit 2 Jahre.
Bei Beendigung einer antiepileptischen Therapie mit Absetzen der
Antiepileptika ist den Betroffenen für die Dauer der Reduzierung
und des Absetzens des letzten Arzneimittels sowie die ersten
3 Monate danach zu raten, wegen des erhöhten Risikos eines
Anfallsrückfalls kein Kraftfahrzeug zu führen. Ausnahmen sind
in gut begründeten Fällen möglich (lange Anfallsfreiheit, ins­
gesamt wenige Anfälle, Epilepsie-Syndrom mit niedrigem Rezidivrisiko (Wiederholungsrisiko), erfolgreiche epilepsie­chirurgische
Behandlung).
Im Falle eines Anfallrückfalls genügt in der Regel eine Fahr­
unterbrechung von 6 Monaten, wenn vorher die vorgeschriebene
anfallsfreie Frist eingehalten wurde.
Bei Fahrerlaubnisinhabern oder -bewerbern, die dauernd mit
Antiepileptika behandelt werden müssen, dürfen keine Vergiftungen, z. B. durch Überdosierung eines Medikamentes oder
andere unerwünschte das zentrale Nervensystem betreffende
Nebenwirkungen erkennbar sein.
Es dürfen keine die erforderliche Leistungsfähigkeit aus­
schließenden hirnorganischen Veränderungen vorliegen.
75
Gruppe 2
Fahrerlaubnis bei Gruppe 2
Nach mehr als zwei epileptischen Anfällen wird die Fahrerlaubnis
in der Regel nicht mehr erteilt.
Ausnahmen:
• 5-jährige, durch ärztliche Kontrolle nachgewiesene Anfalls­
freiheit ohne antiepileptische Behandlung.
• Nach einem einmaligen Anfall im Erwachsenenalter ohne
Anhalt für eine beginnende Epilepsie oder eine andere hirn­
organische Erkrankung ist eine anfallsfreie Zeit von 2 Jahren
abzuwarten.
• Nach einem Anfall, der an bestimmte Gegebenheiten ge­­knüpft war (z. B. Schlafentzug, Alkoholkonsum oder akute
Erkrankung) ist bei Vermeiden der provozierenden Faktoren
nach 6 Monaten keine wesentliche Risikoerhöhung mehr
anzunehmen.
Bei Fahrerlaubnisinhabern beider Gruppen sind jährliche Kontrolluntersuchungen erforderlich, im Verlauf ggf. seltener.
76
Familienplanung
77
Verhütung
Die Wirksamkeit von hormonellen Verhütungsmethoden
(z. B. Pille) kann durch die Einnahme bestimmter Anti­
epileptika herabgesetzt sein.
Dies sollte man mit den behandelnden Ärzten besprechen und
gegebenenfalls nach Alternativen suchen.
Kinderwunsch
Kinder von epilepsiekranken Eltern haben ein etwas höheres
Risiko, an Epilepsie zu erkranken, als Kinder gesunder Eltern.
Dieses Risiko ist noch höher, wenn beide Elternteile anfallskrank sind.
Epilepsie wird zwar nur in 1–2 % der Fälle vererbt, jedoch kann
die Veranlagung dafür an das Kind weitergegeben werden. Bei
familiärer Epilepsie sollte eine genetische Beratung stattfinden.
Um potentielle Risiken zu vermeiden, sollten eine epilepsiekranke
Frau und ihr Partner bei Kinderwunsch unbedingt ausführlich
mit dem behandelnden Neurologen und Gynäkologen sprechen.
Eine Schwangerschaft sollte in diesem Fall möglichst geplant
werden.
Zur Vorbeugung von Fehlbildungen sollten Frauen mit Kinderwunsch ausreichend Folsäure zu sich nehmen, in Absprache mit
dem Gynäkologen auch in Form von Tabletten.
78
Schwangerschaft
Antiepileptische Medikamente können eine fruchtschädigende
Wirkung haben. Diese Gefahr ist bei bestimmten Medikamenten höher und erhöht sich weiter, wenn die Epilepsie
mit mehreren Medikamenten therapiert wird.
Das Ziel der ärztlichen und medikamentösen Behandlung
während einer Schwangerschaft sollte deshalb eine möglichst
geringe Antiepileptika-Dosierung sein. Die Patientin sollte
möglichst schon vor der Schwangerschaft optimal eingestellt
sein. Ein Absetzen der gewohnten Medikation kann für Mutter
und Kind gleichermaßen gefährlich sein.
Schwangerschaften bei Epilepsiepatientinnen gelten aufgrund
der Fehlbildungen, die durch die Medikamente hervorgerufen
werden können, als Risikoschwangerschaften. Deshalb wird
bei den Vorsorgeuntersuchungen insbesondere in den ersten
4 Monaten der Schwangerschaft in der Regel eine ausführlich
Ultraschalldiagnostik, evtl. auch eine Fruchtwasseruntersuchung,
angewandt, um Fehlbildungen auszuschließen.
Epileptische Anfälle (auch Grand-mal-Anfälle) gefährden das
Kind im Mutterleib in der Regel nicht, da das Blut des Kindes
im Mutterleib einen erhöhten Sauerstoffgehalt hat. Ausnahmen
sind jedoch sehr lange anhaltende Anfälle oder dabei entstehende
Verletzungen der Mutter.
Geburt
In der Regel verläuft die Entbindung einer Mutter mit
Epilepsie nicht schwieriger als bei anderen Müttern auch.
Bei kompliziertem Schwangerschaftsverlauf, nachgewiesenen
Fehlbildungen des Kindes, sehr hoher Anfallshäufigkeit oder
hochdosierter Medikation der Mutter wird das Kind häufig mit
Kaiserschnitt entbunden.
Manche Medikamente beeinflussen die Blutgerinnung der
Mutter und des Babys. Dies muss von den behandelnden Ärzten
berücksichtigt werden, in der Regel mit Zugabe von Vitamin K.
79
Stillen
Ob das Kind gestillt wird oder nicht, ist eine persönliche
Entscheidung der Mutter. Wenn eine Frau stillen möchte,
ist das in der Regel problemlos.
Die Epilepsiemedikamente finden sich zwar auch in der Muttermilch, aber in sehr niedriger Konzentration. Nur wenige Anti­
epileptika verursachen häufiger Nebenwirkungen beim Baby,
z. B. zu starke Schläfrigkeit, Antriebsarmut oder Trinkschwäche.
Bei Verdacht auf Nebenwirkungen sollte die Medikamentenkonzentration beim Baby untersucht und gegebenenfalls schrittweise abgestillt werden.
Wenn eine Frau nicht stillen möchte, ist zu klären, ob das Baby
im Mutterleib bereits Medikamente aufgenommen hat und
deshalb daran gewöhnt ist. Dann ist gegebenenfalls eine
Entwöhnung notwendig: durch schrittweise Umstellung von
Mutter­milch auf Fertigmilch.
Schlafentzug
Bei einigen Epilepsieformen löst Schlafentzug Anfälle aus.
Wenn Mutter oder Vater an einer solchen Epilepsieform
leiden, sollten sie sehr auf ihre Nachtruhe achten.
Die nächtliche Betreuung sollte dann der gesunde Elternteil oder
eine andere nahestehende Person übernehmen. Ist die stillende
Mutter betroffen, kann es sinnvoll sein, Milch tagsüber auf
Vorrat abzupumpen um die Nachtruhe zu sichern.
Bei hoher Anfallshäufigkeit eines Elternteils sollten
bestimmte Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden, um das
Kind nicht zu gefährden und die Unfallgefahr zu reduzieren:
• Beim Füttern so sitzen oder liegen, dass das Kind nicht
herunterfallen kann.
• Das Baby auf dem Boden wickeln.
• Das Baby nicht alleine baden oder nur in einer speziellen
Babybadewanne, in der es nicht ertrinken kann.
• Tragetuch verwenden, aus dem das Baby nicht herausfallen
kann.
80
Epilepsie bei Kindern
Wenn bei Kindern die Gefahr von Anfällen besteht, sollten die Eltern die Erzieher bzw. Lehrer
unbedingt davon unterrichten, damit diese wissen, wie sie bei einem Anfall richtig reagieren.
81
Einen Vordruck über ein Informationsblatt für Betreuer bietet
der Arzt Dr. med. Helmut Volkers unter www.anfallskind.de,
direkter Download unter www.anfallskind.de/Anfbetrmbl.htm.
Informationen für Lehrer bietet www.epilepsie-lehrerpaket.de,
eine Seite, die von der Epilepsievereinigung Bayern verantwortet
wird.
Das Wissen über die Krankheit und das richtige Verhalten bei
einem Anfall können Panik und Hilflosigkeit vermeiden. Auch
die anderen Kinder in der Gruppe bzw. Klasse sollten über die
Erkrankung aufgeklärt werden.
Gegebenenfalls kann das eine fachlich und pädagogisch versierte
Person, z. B. ein Epilepsieberater, machen, denn das wichtigste
Ziel ist, Ablehnung und Ausgrenzung des anfallskranken Kindes
zu vermeiden. Das ist nicht immer einfach bei dieser Erkrankung,
denn die Anfälle treten plötzlich auf, sie können bei Kindern
Irritationen hervorrufen und auch viele Erwachsene haben Mühe
im vorurteilsfreien Umgang mit Epilepsie.
Die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Erziehern/Lehrern ist
auch bei anfallsfreien Kindern wichtig, um mögliche Nebenwirkungen von Medikamenten oder anderen Behandlungsmaßnahmen gemeinsam zu beobachten.
Schulsport
Sport tut allen Kindern und Jugendlichen gut und ist besonders
in der Schule wichtig für die Integration in der Klasse und das
Selbstbewusstsein des Kindes. Wenn ein Kind bereits über einen
Zeitraum von 1 bis 2 Jahren anfallsfrei ist, kann es grundsätzlich
jede Sportart ausüben.
Anders ist es jedoch bei häufigen Anfällen, die nicht einschätzbar
sind, doch auch hier ist ein generelles Sportverbot nicht sinnvoll.
Grundsätzlich gilt:
Nicht ins Wasser und keine absturzgefährdeten Sportarten wie
Klettern oder Schwebebalken. Hier sollte der Rat des Facharztes
eingeholt werden.
Weitere Hinweise zu Sport bei Epilepsie siehe S. 87.
Medikamentengabe
82
Die Gabe von Medikamenten durch Erzieher/Lehrer im Kindergarten bzw. in der Schule ist in den einzelnen Bundesländern
unterschiedlich geregelt.
Eine Pflicht für Erzieher/Lehrer, Medikamente zu geben, gibt es
nicht. Zum Teil gibt es Ängste und Vorbehalte zu Haftungsfragen.
Im Sinne einer Integration und altersgemäßen Entwicklung des
Kindes sollte man mit den jeweiligen Verantwortlichen gemeinsam nach sicheren und für alle Beteiligten akzeptierbaren
Lösungen suchen.
Wer hilft weiter?
Selbsthilfegruppen und Epilepsieberater können mit Erfahrungen
und Formularen helfen, aber auch die zuständigen Ministerien
oder Fachbehörden der Kindergärten/Schulen halten zum Teil
Informationen und Empfehlungen bereit.
&
Buchtipp
Ritva A. Sälke-Kellermann, 2009:
Epilepsie bei Schulkindern.
Herausgegeben von der Stiftung Michael.
Die Schrift richtet sich an Fachleute und Laien, z. B. Ärzte,
Eltern und Pädagogen.
Diese Broschüre kann unter www.stiftung-michael.de >
Informationen > Publikationen > Schriften über Epilepsie
heruntergeladen werden.
83
84
Urlaub
Die Vorsichtsmaßnahmen und Beschränkungen für Epilepsiekranke auf Reisen
richten sich nach der Art der Anfälle bzw. nach den Anfallsauslösern.
85
Grundsätzlich können Stress, ungewohnte Belastungen, zu wenig
Schlaf (insbesondere nächtliche Autofahrten), Diskobesuche,
Alkohol, Langzeitflüge und Zeitverschiebung (und eine damit
einhergehende unregelmäßige Medikamenteneinnahme) Anfälle
auslösen.
Schutzimpfungen und Malariaprophylaxe müssen unbedingt
rechtzeitig mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden,
da manche das Anfallsrisiko erhöhen können, andere die
Wirksamkeit der Epilepsiemedikamente senken.
Manche Fluggesellschaften verlangen ein ärztliches Attest oder
eine Flugtauglichkeitsbescheinigung. Darüber sollte man sich vor
Flugbuchung informieren.
Wichtig ist, ausreichend Medikamente in den Urlaub mitzu­
nehmen. Bei Flügen und Ausflügen ist es ratsam, reichlich
Medikamente im Handgepäck mitzuführen, falls das Gepäck
verloren geht oder sonstige Verzögerungen eintreten.
Haben Patienten viele Anfälle und ist auch während einer langen
Flugreise damit zu rechnen, sollte im Vorfeld der Reise und des
Flugs mit dem behandelnden Arzt über eine höhere Dosierung
der Medikamente gesprochen werden. Dabei sollte auch abgeklärt werden, wie die Medikamenteneinnahme an eine mögliche
Zeitverschiebung angepasst wird.
Am Urlaubsort können Alleinreisende, wenn sie das aufgrund
von häufigen und großen Anfällen für nötig halten, das Hotelpersonal oder andere Gäste über ihre Erkrankung informieren.
Sonst kann es passieren, dass bei einem Anfall sofort der Notarzt
gerufen wird.
Grundsätzlich sollten Betroffene immer den Internationalen
Epilepsie Notfallausweis (IENA) mit sich führen (siehe S. 91).
Im Ausland sollten Patienten auf Nahrungsmittel und Trink­
wasser achten, da Durchfälle die Aufnahme von anfallsvor­
beugenden Medikamenten erschweren und zudem Anfälle
begünstigen können.
Versicherungen
Vor einer Reise ist der Krankenversicherungsschutz im Ausland
zu klären. Auskunft gibt die Krankenkasse bzw. die private
Krankenversicherung.
Je nach Anfallsart und -häufigkeit ist der Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung zu überlegen.
86
Sport
Sport in Maßen ist wohltuend für die meisten Menschen, auch für Epilepsiekranke.
Vermehrtes Atmen und Schwitzen bei sportlicher Betätigung löst grundsätzlich
keine Anfälle aus. Nur extreme physische und psychische Belastungen können einen
ungünstigen Krankheitsverlauf zur Folge haben und Anfälle auslösen.
87
Grundsätzlich sollte ein Mensch, der zu Anfällen neigt, seine
Teamkameraden und Trainer von seiner Krankheit und der
Möglichkeit eines Anfalls informieren. Zum einen, um sie auf
einen Ernstfall so vorzubereiten, damit sie adäquat reagieren
können, zum anderen, damit er selbst durch einen Anfall andere
nicht gefährdet.
Die Gefahr beim Sport geht vom akuten Anfall aus. Deshalb gibt
es einige Sportarten, die für Menschen, die häufige oder un­
einschätzbare Anfälle haben, nicht geeignet sind. Die Faust­regel
lautet: „Nicht zu schnell, nicht zu hoch und nicht ins Wasser.“
Nicht zu schnell!
Nicht zu hoch!
Nicht ins Wasser!
Rennsportarten wie Fahrrad- oder Autorennen sind riskant und
sollten vermieden werden. Dagegen kann ein Anfallskranker
kontrolliert Fahrrad- und Skifahren, sollte aber unbedingt einen
Helm tragen.
Sportarten in großer Höhe mit Absturzgefahr, z. B. Fallschirmspringen, Drachenfliegen, Klettern, Sportfliegen, sollten nicht
ausgeübt werden. Auch beim Reiten kann ein Sturz sehr
gefährlich werden. In jedem Fall ist wie bei gesunden Reitern
auch das Tragen eines Schutzhelms notwendig.
Bedenklich ist Wassersport (Schwimmen, Surfen, Tauchen), da ein
Anfall im Wasser lebensgefährlich sein kann, wenn nicht neben
dem Epilepsiekranken eine Begleitperson schwimmt, die ihn im
Ernstfall vor dem Ertrinken retten kann. Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, kann auch ein Epilepsiekranker zum Beispiel
schwimmen gehen. Beim Rudern oder Segeln ist eine Schwimmweste wichtig.
Grundsätzlich sollten epilepsiekranke Sportler Sport in Begleitung
und unter Anwendung der auch für Gesunde üblichen Schutzmaßnahmen (Helme, Schwimmwesten) ausüben. Außerdem ist
es für Brillenträger ratsam, während des Sports Kontaktlinsen zu
tragen, damit bei einem Sturz keine zusätzliche Gefahr durch
Glassplitter besteht.
88
Adressen
89
©robynmac_fotolia.com
Deutsche Epilepsievereinigung e. V.
Zillestraße 102 , 10585 Berlin
Telefon 030703590
E-Mail: [email protected]
www.epilepsie-vereinigung.de
Deutsche Gesellschaft für Epileptologie e. V. (DGfE)
Reinhardtstraße 27c, 10117 Berlin
Telefon 0700 13141300 (12 Ct./Min.)
E-Mail: [email protected]
www.dgfe.info
Gesellschaft für Epilepsieforschung e. V. (GfE)
Maraweg 21, 33617 Bielefeld
Telefon 0521 77278011
E-Mail: [email protected]
www.epilepsieforschung.de
e.b.e. Epilepsie Bundes-Elternverband e. V.
Am Eickhof 23, 42111 Wuppertal
Telefon 0202 2988465
E-Mail: [email protected]
www.epilepsie-elternverband.de
Landesverband für Epilepsie-Selbsthilfe in
Nordrhein-Westfalen e. V.
Postfach 109030, 50449 Köln
E-Mail: [email protected]
www.epilepsie-online.de
Netzwerke Epilepsie und Arbeit (NEA)
Informationen, Ansprechpartner und bundesweit Kontaktstellen
zu Fragen der Berufstätigkeit bei Epilepsie
Landshuter Allee 40/38 b, 80637 München
E-Mail: [email protected]
www.epilepsie-arbeit.de
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Internationaler
Epilepsie Notfallausweis (IENA)
Patienten sollten den Internationalen Epilepsie Notfallausweis (IENA) mit sich führen.
Dieser wurde von der Interessenvereinigung für Anfallskranke in Köln (IfA Köln),
dem Verein zur Hilfe Epilepsiekranker e. V. und zwei Epilepsieexperten geschaffen.
91
Es handelt sich dabei nicht um einen amtlichen Ausweis, sondern
um ein freiwillig mitgeführtes Dokument, das aber bei einem
Anfall, einem Unfall oder einer plötzlichen schweren Erkrankung
lebenswichtig sein kann.
In diesen Ausweis werden folgende Informationen
eingetragen:
• persönliche Daten
• Krankheitsbild, Behandlungsmaßnahmen im Notfall
(am besten vom Arzt eintragen lassen)
• Medikamente, Dosierung und Zeitraum der Einnahme
bzgl. der Epilepsie
• andere Medikamente, die eingenommen werden
•Medikamentenunverträglichkeit
Nähere Informationen zum Internationalen Epilepsienotfallausweis und ein Online-Bestellformular vom Projekt IENA finden
sich unter www.epilepsie-online.de > Informieren > Notfallausweis
oder direkt bei:
Projekt IENA
Ifa Köln e. V.
Postfach 101853
50458 Köln
92
Michael Ewers
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Diagnose Epilepsie ruft bei Betroffenen und Angehörigen zunächst oft Bestürzung
und Angst hervor. Gut informiert zu sein, über Behandlungsmöglichkeiten und deren
Umgang mit der Erkrankung, kann vieles erleichtern.
betapharm setzt sich seit Jahren aktiv für eine verbesserte Versorgungsqualität im
Gesundheitswesen und Hilfen für Angehörige ein. Aus diesem Engagement hat
sich betaCare – das Wissenssystem für Krankheit & Soziales – entwickelt, welches
Antworten auf alle sozialen Fragen rund um eine Krankheit bietet.
Der vorliegende betaCare-Ratgeber „Epilepsie & Soziales“ informiert Sie
umfassend zu diesem sehr komplexen Themengebiet.
Er bietet unter anderem Informationen zu Themen wie Arbeitsunfähigkeit und
finanzielle Leistungen, Rehabilitation und Schwerbehinderung.
Mit herzlichen Grüßen,
Michael Ewers
Geschäftsführer betapharm & beta Institut
Alle Bausteine des betaCare-Wissenssystems mit seinen vielfältigen Inhalten
finden Sie unter www.betaCare.de.
Mehr über das soziale Engagement und die Produkte der
betapharm Arzneimittel GmbH finden Sie unter www.betapharm.de.
Impressum
Herausgeber und Redaktion
beta Institut gemeinnützige GmbH
Institut für angewandtes Gesundheitsmanagement,
Entwicklung und Forschung in der Sozialmedizin
Geschäftsführer: Michael Ewers
Kobelweg 95, 86156 Augsburg
Telefon 0821 45054-0,
Telefax 0821 45054-9100
E-Mail: [email protected]
www.betainstitut.de
Text
Sabine Bayer
Maria Kästle
Andrea Nagl
Barbara Römer
Layout und Gestaltung
Manuela Mahl
Autoren und Herausgeber übernehmen keine Haftung
für die Angaben in diesem Werk.
Alle Rechte vorbehalten
© 2014
Copyright beta Institut gemeinnützige GmbH
Der Ratgeber einschließlich all seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes
ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen
und die Reproduzierung, Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen
Systemen oder Daten­verarbeitungsanlagen.
7. Auflage, April 2014
Schutzgebühr 5,– Euro
Gesundheit ist unser Ziel!
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Soziallexikon
Die größte Suchmaschine für Sozialfragen im Gesundheitswesen in Deutschland.
4.800 Stichwörter helfen gezielt, soziale, rechtliche und finanzielle Fragen einfach und verständlich zu beantworten.
Finden Sie z.B. Antworten auf folgende Fragen:
– Wie ist die Zuzahlung bei Arzneimitteln geregelt?
– Wie bekomme ich einen Schwerbehindertenausweis?
– Welche Vorsorge kann ich treffen, für den Fall,
dass ich nicht mehr selbst entscheiden kann?
Patientenratgeber
Die Broschüren bieten gebündelt und verständlich sozialrechtliche und psychosoziale
Informationen zur folgenden Themen und Krankheiten:
–Palliativversorgung & Soziales
–Behinderung & Soziales
–Patientenvorsorge
–Brustkrebs & Soziales
–Pflege
–Demenz & Soziales
–Prostatakrebs & Soziales
–Depression & Soziales
– Psychosen, Schizophrenie & Soziales
–Migräne & Soziales
–Schmerz & Soziales
– Multiple Sklerose & Soziales
–Osteoporose & Soziales
Patientenfilme
Zu Asthma, Brustkrebs, Darmkrebs, Demenz, Depression, Diabetes,
Osteoporose, Rheuma, Schlaganfall.
Die Initiative „betaCare – Verbesserung der Patientenversorgung und Prävention“
wird gefördert durch die betapharm Arzneimittel GmbH,
ein Generika-Unternehmen mit hochwertigen und
preiswerten Qualitätsarzneimitteln.
Epilepsie & Soziales
Ein Engagement der betapharm
www.betaCare.de
Epilepsie
& Soziales
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