3. Das Wirken von Buddha 3.1 Dharma – Die Lehre des Buddha Nachdem Buddha die Erleuchtung erlangt hatte, suchte er in der Welt nach einem Asketen, von dem er lernen konnte. Da er aber niemanden fand, der ihm überlegen war, beschloss er, sich dem Dharma zu widmen, das er selbst entdeckt hatte,1 „um ihn zu ehren, zu respektieren und ihm zu dienen.“2 Hauptthema des Dharma ist die Lehre von der „Bedingten Entstehung“. Dies ist die Gesetzmäßigkeit, die das Entstehen und Vergehen aller Phänomene im Universum bestimmt. Die Lehre von der Bedingten Entstehung ist nicht etwa eine Erfindung von Śākyamuni, sondern eine Wiederentdeckung der Lehre, welche Buddhas vergangener Zeitalter bereits vor ihm entdeckt und gelehrt hatten. Sie bleibt beständig und ohne Veränderung, ob sie nun bekannt ist oder nicht.3 Die Lehre des Buddha ist für uns Menschen schwer begreiflich, doch „wer die Bedingte Entstehung erkennt, erkennt den Dharma, und wer den Dharma erkennt, erkennt auch die Bedingte Entstehung.“4 Man begreift, dass Dinge nicht ohne Grund passieren, sondern einem Gesetz von der Kausalität zugrunde liegen, einem Gesetz von Ursache und Wirkung. Besonders den Menschen der westlichen Welt fällt dies schwer zu verstehen, doch die Rede des Buddha5 „zeichnet sich durch vier Eigenschaften aus: sie ist wohl gesprochen; sie ist in Übereinstimmung mit dem Heil; sie ist angenehm und erfreulich; sie ist wahr.“6 Man könnte nun annehmen, dass Buddha den Menschen all sein Wissen lehrte, doch ist dies nicht der Fall. Er lehnte es ab, Dinge zu erklären, die keinerlei Fortschritt auf dem Pfad zur Heiligkeit bedeuten und nicht zu Frieden oder zur Erlösung führen.7 Er empfahl seinen Schülern den mittleren Weg zu beschreiten, abseits von Eternialismus und Nihilismus, Bestätigung und Ablehnung. Buddha gab seinen Schülern nicht all sein Wissen preis und behauptete auch nie dies zu tun. Während einer seiner Reden pflückte Buddha Blätter von einem Baum und sagte zu 1 Lamotte, Der Buddha, In: Bechert/Gombrich, Der Buddhismus, S. 41. Ebd. 3 Ebd. 4 Ebd. 5 Lamotte, Der Buddha, In: Bechert/Gombrich, Der Buddhismus, S. 41. 6 Ebd. 7 Ebd., S.41-42. 2 den Mönchen:8 „‘Was denkt ihr? Sind dies mehr Blätter, oder sind die Blätter an allen Bäumen in diesem Wald zahlreicher?‘ ‘Der Erhabene hält nur wenige Blätter in seinen Händen; sehr viele Blätter sind aber an allen Bäumen in diesem Wald.‘ ‘Ebenso, ihr Mönche, habe ich Vieles erkannt; nur Weniges habe ich euch gelehrt. Ich habe jedoch nicht gehandelt wie jene Lehrer, die ihre Fäuste schließen und ihre Geheimnisse für sich behalten, denn ich habe euch die Vier Wahrheiten gelehrt. Sie sind es, was von Nutzen ist; sie sind die Prinzipien des religiösen Lebens; sie führen zu Abwendung vom Weltleben, Entsagung, Erlöschung, Frieden, höhere Geisteskraft, vollkommener Erleuchtung, zum Nirvāna. Darum habe ich sie euch gelehrt.‘“9 Das einzige Ziel der Lehre von Buddha ist, dem allumfassenden Leiden ein Ende zu setzen. Das Dharma ist der Weg zur Erlösung, zum Nirvāna.10 3.2 Karma und Wiedergeburt Der Buddhismus sieht im Lauf der Welten einen ewig anhaltenden Kreislauf von Geburt, Altern, Sterben und Wiedergeburt. Der Geburtenkreislauf, an dem der Mensch gebunden ist, wird „Samsāra“ genannt.11 Alle Lebewesen sind Teil dieser zyklischen Bewegung und werden solange wiedergeboren, bis sie das Nirvāna erreichen. Doch nicht nur Lebewesen werden von diesem Kreislauf bestimmt. Das ganze Weltsystem unterläuft Entwicklungs- und Verfallszyklen, die sich über mehrere Jahrmilliarden erstrecken können. Der längere Bestand bzw. schnellere Zerfall einer Welt hängt mit dem moralischen Denken seiner Bewohner zusammen.12 „Eine von unwissenden und egoistischen Menschen bewohnte Welt würde rascher verfallen als eine Welt, deren Bevölkerung weise und tugendhaft ist.“13 Der Reinkarnationsglaube ist folglich eng mit der Lehre vom Karma verbunden.14 Karma ist kein System von Belohnung und Bestrafung, sondern eine Art 8 Lamotte, Der Buddha, In: Bechert/Gombrich, Der Buddhismus, S. 43. Lamotte, Der Buddha, In: Bechert/Gombrich, Der Buddhismus, S. 43. 10 Ebd. 11 Hattstein, Buddhismus, S. 44 12 Keown, Der Buddhismus, S. 44-45. 13 Ebd., S. 45-46. 14 Ebd. 9