PH Wgt - Aktuelles (Chemie) 04.11.2006 10:56 Uhr Die elektrochemische Darstellung von Benzaldehyd aus Mandelsäure Ein Beispiel für die Darstellung von Aldehyden aus a-Hydroxycarbonsäuren J. Menig, B. Flintjer* und H. J. Bader Universität Frankfurt, *PH Weingarten 1. Einleitung Die Behandlung elektroorganischer Verfahren im Chemieuntericht der gymnasialen Oberstufe kann nicht nur einen Beitrag zur Überwindung der fachimmanenten Grenzen (Organische Chemie - Physikalische Chemie) leisten, sondern auch zum besseren Verständnis organisch-chemischer Reaktionen beitragen. In einer Reihe von Veröffentlichungen haben wir deshalb Unterrichtskonzeptionen und leicht durchführbare Experimente zu diesem Thema publiziert [1,2,3]. In der Veröffentlichung [1] haben wir in ausführlicher Form dargestellt, daß die anodische Umsetzung von z.B. Propionsäure und Buttersäure hauptsächlich zur Bildung von Alkenen (Ethen bzw. Propen) führt. Interessanterweise verläuft die Elektrolyse von a-Hydroxycarbonsäuren auf einem sehr ähnlichen Reaktionsweg, wobei unter Abspaltung von Kohlenstoffdioxid und Wasserstoffionen Aldehyde entstehen. Im Unterricht bietet sich deshalb die Möglichkeit, den im folgenden beschriebenen Versuch im Sinne einer Vertiefung einzusetzen. 2. Versuchsbeschreibung Versuch: Darstellung von Benzaldehyd aus Mandelsäure Geräte und Chemikalien: Becherglas 100 ml, 2 blanke Platinelektroden, geregelte Spannungsquelle (0..15 V=, 2 A), Amperemeter, Verbindungskabel, Stativ mit 2 Klammern und Muffen, Waage, Glasstab, Schutzbrille, 7,5g Mandelsäure (Hydroxy-phenyl-essigsäure), 1,12g KOH-Plätzchen (C, ätzend), dest. Wasser eventuell: Kristallisierschale mit zerstossenem Eis, Edelstahlblech mit Krokodilklemme http://www2.ph-weingarten.de/homepage/faecher/chemie/kolbe2.html Seite 1 von 3 PH Wgt - Aktuelles (Chemie) 04.11.2006 10:56 Uhr Abb.1: Elektrolyseapparatur Durchführung: In das Becherglas gibt man zunächst 7,5g Mandelsäure sowie ca. 50ml Wasser und fügt dann portionsweise 1,12g KOH-Plätzchen (Vorsicht; Schutzbrille!) hinzu. Nachdem die Lösung abgekühlt ist, wird die Apparatur entsprechend der Abbildung 1 aufgebaut, wobei als Kathode anstelle der zweiten Platinelektrode auch ein größeres gebogenes Edelstahlblech verwendet werden kann. Dann wird die Spannung so eingeregelt, daß die Stromstärke ca. 1,5 A beträgt. Für ein erstes Ergebnis ist eine Reaktionsdauer von 2-5 Minuten ausreichend. Beobachtungen: An beiden Elektroden ist eine Gasentwicklung zu bemerken. Die Lösung färbt sich langsam orangebraun. Nach Beendigung des Experiments weist die Lösung einen deutlichen marzipanähnlichen Geruch auf. Auswertung: Wenngleich nicht vollständig auszuschließen ist, daß auch eine Reaktion im Sinne der "klassischen" KolbeReaktion abgelaufen ist (Decarboxylierung und Dimerisierung zum Dihydroxydiphenylethan), deutet der Geruch auf die Bildung von Benzaldehyd und damit einen anderen Reaktionsweg hin. Er läßt sich in Analogie zur Bildung von Ethen aus Propionsäure entwickeln: Anodische Umsetzung des Propionsäure-Anions: Anodische Umsetzungdes Mandelsäure-Anions: http://www2.ph-weingarten.de/homepage/faecher/chemie/kolbe2.html Seite 2 von 3 PH Wgt - Aktuelles (Chemie) 04.11.2006 10:56 Uhr Möchte man die Bildung von Benzaldehyd analytisch belegen, kann z.B. der Fehling-Nachweis oder SchiffsReagenz genutzt werden. Ebenso ist nach entsprechend längerer Elektrolyse die Gewinnung von Benzaldehyd als Reinstoff z.B. durch Extraktion mit Diethylether oder Essigsäurethylester möglich. 3. Ausblick Wie wir in weiteren Publikationen beschreiben werden, lassen sich auf einfache Weise auch andere aHydroxycarbonsäuren wie z.B. Hydroxyessigsäure zu Formaldehyd und Milchsäure (Hydroxypropionsäure) zu Acetaldehyd umsetzen. Besonders interessant erscheint die elektrochemische Darstellung eines anderen Aromastoffes, nämlich Vanillin. Hierbei wird ein Derivat der Mandelsäure (4-Hydroxy-3-methoxyphenyl-hydroxyessigsäure) umgesetzt. Diese Ausgangsverbindung kann zuvor auf einfache Weise aus Guajakol und Glyoxalsäure dargestellt werden, wobei die Glyoxalsäurelösung zuvor ebenfalls durch Elektrolyse - hier von Oxalsäure an einer Bleikathode - gewonnen werden kann. 4. Literatur [1] J. Menig - B. Flintjer - H.J. Bader: Unerwartete Reaktionswege bei der Kolbe-Elektrolyse.ChemKon 1998 (im Druck) [2] J. Menig - B. Flintjer - H. J. Bader: Die elektroorganische Synthese von Isobuten.- Im Druck [3] B. Flintjer - J. Menig - H. J. Bader: Ein erstaunliches Experiment: Die elektrochemische Darstellung von Wasserstoff an der Anode (!).- MNU (im Druck) [4] M. Oetken, K. Hogen: Die Kolbe-Synthese.- ChemKon 2/97 83 [5] F. Fichter: Organische Elektrochemie.- Dresden u. Leipzig 1942 [6] H. Kolbe: Ann. 69 (1849) 256 ff Zurück zur Materialienseite Zurück zur Chemie-Homepage bf - 27.01.2001 http://www2.ph-weingarten.de/homepage/faecher/chemie/kolbe2.html Seite 3 von 3