1.2 Die Bestäubung

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BFW-Berichte 144
Die Ernährung der Bäume spielt
offenbar für den generativen Prozess eine besondere Rolle. Vor beinahe hundert Jahren wurde die Bedeutung eines weiten „C/N – Verhältnisses“ innerhalb des Vegetationskegels auf die Blühreife der
Pflanzen erkannt (KLEBS, 1913). Daher ist es auch nicht verwunderlich,
dass zahlreiche positive Effekte einer
Mineraldüngung auf den Fruchtund Samenertrag von Bäumen beschrieben wurden (MATSCHKE,
1982). Andererseits werden bei
fehlender oder nicht ausreichender
Nährstoffversorgung trotz reichlicher Blütenbildung nur wenige
Zapfen oder Früchte gebildet, was
nach Erfahrung des Autors manchmal bei insektenblütigen Baumarten (Prunus avium, Tilia sp.) zutrifft.
Schon HARTIG (1889) wies darauf
hin, dass eine Vollblüte bzw. Vollmast für die betreffenden Bäume
einen starken „Aderlass“ darstellt,
da dadurch große Mengen an
Reservestoffen verbraucht werden;
das nur periodisch reichliche Fruktifizieren und die geringere Blütenbildung in den Zwischenjahren der
meisten Waldbaumarten ist dadurch erklärbar. Noch in den
Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts wurden anhand von Untersuchungen Zuwachsverluste
zwischen 15 – 20 % in Mastjahren
von Eiche und Buche festgestellt
(NEMEC, 1956 und FIELDING, 1960),
die aber seit 1990 nicht mehr so
ausgeprägt ersichtlich sind. Auswirkungen des Klimawandels –
bessere Nährstoffversorgung (Lösung durch höhere Niederschlagsmengen) sowie mehr Energie (Strahlung) könnten dazu beitragen.
Nach LYR et al. (1967) entscheiden die Mengenverhältnisse der
Phytohormone in Verbindung mit
gleichzeitiger Genexpression in den
Meristemen sowie die Ausbildung
und der Transport von Assimilaten
(sog. “source-sink“ Verhältnisse)
über eine mögliche vegetative oder
generative Entwicklung der Bäume.
GRUBER (2003) testete die Fruktifikation der Buche unter dem Einfluss verschiedener Witterungsfaktoren in den Jahren 1986 bis
2001 um die Frage der Vorhersage
zu klären und die Auswirkung von
Mastjahren auf den Zuwachs zu
bestimmen.
1.2 Die Bestäubung
Unter Bestäubung versteht man die
Ablagerung von Pollen auf Narben
oder Samenanlagen. Die Windbestäubung (Anemophilie) überwiegt
bei den Waldbaumarten – im Gegensatz zur übrigen Flora. Alle
heimischen Gymnospermen und
viele Angiospermen (Alnus, Betula,
Carpinus, Castanea, Corylus, Fagus,
Fraxinus, Juglans, Platanus, Populus,
Quercus und Ulmus) sind Windbestäuber. Anemogame Blüten haben
weder Duftstoffe noch einen
Schauapparat und blühen zumeist
vor dem Blattaustrieb. Von sekundärer Anemogamie spricht man,
wenn die Bestäubung in der ersten
Blühphase durch Insekten und später nach Eintrocknung des Pollenkitts über die Luftbewegung erfolgt
(Acer, Salix, Tilia).
Die Bestäubung hängt bei den
windblütigen Baumarten nicht so
sehr wie lange Zeit angenommen
von den Witterungsbedingungen
ab, da männliche Blüten (Antheren) ihre Pollen nur bei günstigen
Bestäubungsbedingungen (Wärme,
bis zu einer bestimmten Luftfeuchtigkeit sowie nur geringere Luftbewegung) entlassen und auch nur
dann die weiblichen Blüten geöffnet sind. Oft wird je nach Reifegrad
die gesamte Pollenmenge eines
Baumes innerhalb weniger Blühtage (ca. 10) abgegeben (ROBITSCHECK et al., 2008). Trotz der nachweislich großen Flugweiten (Alnus,
Betula, Corylus...) die kleinere
Baumpollen zurücklegen können,
ist die Wahrscheinlichkeit einer Bestäubung weiblicher Blühorgane
auf große Entfernungen gering.
Nach ROHMEDER (1972) sind hauptsächlich folgende Gründe dafür
maßgeblich:
Größere Entfernungen und besonders Höhenunterschiede der
Wuchsorte bedingen zumeist Unterschiede in den Zeitpunkten der
Blüte. Solche Unterschiede können
- da die weiblichen Blüten nur wenige Tage (baumartenspezifisch)
befruchtungsbereit sind, die Bestäubung verhindern. Ebenso sinkt
die Trefferwahrscheinlichkeit mit
Zunahme der Entfernung durch die
Verdünnung der Pollenkonzentration (Schrotschußdynamik).
Die von den meisten anemogamen Baumarten produzierten Pollenmengen sind enorm. Wenn man
jedoch bedenkt, dass ein großer
Teil der freigesetzten Pollen verloren geht – beim Windtransport
mehr als bei der Insektenbestäubung, so erscheint diese Massenproduktion notwendig. Nach POHL
(1936) produzieren Baumarten
eine sehr unterschiedliche Anzahl
von Pollen pro Blüte (Tabelle 1).
Tabelle 1:
Zahl der produzierten Pollen pro
Blüte (Hauptbaumarten)
Pollen pro Blüte
Fichte
ca. 200.000
Kiefer
160.000
Eiche
40.000
Buche
12.000
Pollen: sind mehrzellige, von
vielschichtiger Wand umgebene, in
den Pollensäcken (Antheren) entstehende Gebilde und stellen den
männlichen Gametophyten dar.
Eine vegetative Zelle und die generative Antheridiumzelle sind von
einer cellulosereichen Innenschicht, der Intine und einer widerstandsfähigen Außenwand, der
Exine umgeben. Als wesentliche
Merkmale werden dabei Anzahl,
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22 Jahre Blüh- und Fruktifikationsuntersuchungen der Waldbaumarten im Lehrforst Ofenbach / Rosalia
Abbildung 1:
Pollen von verschiedenen Nadel- und
Laubbäumen, Sträuchern, Gräsern
und Kräutern.
1 Fichte, 2 Eibe, 3 Wacholder,
4 Lärche, 5 Eiche, 6 Rotbuche,
7 Tanne, 8 Pappel, 9 Hasel,
10 Kiefer, 11 Zirbe, 12 Linde,
13 Weide, 14 Ahorn, 15 Esche,
16 Walnuß, 17 Edelkastanie,
18 Ulme, 19 Hainbuche, 20 Birke,
21 Grünerle, 22 Weißerle,
23 Süßgras, 24 Sauergras,
25 Roggen, 26 Wegerich,
27 Beifuß, 28 Kornblume,
29 Schafgarbe, 30 Brennessel,
31 Ampfer, 32 Gänsefuß,
33 Glockenblume. 34 Bibernelle,
35 Frühlingsheide
Art und Lage der Keimstellen
(Aperturen) herangezogen sowie
die Beschaffenheit der Pollenaußenwand (SCHÜTT et al., 1992).
Die Keimstellen (Aperturen) können als Poren (porate Pollen), Falten (= Colpen, colpate Pollen) ausgebildet werden oder nur schwach
angedeutet bzw. nicht vorhanden
sein (inaperturate Pollen). Als
Anpassung an die anemogame
Verbreitung werden bei einigen Pinaceen-Gattungen (Abies, Picea
und Pinus) durch Abheben der
Exine Luftsäcke (Vesiculae) gebildet. Die folgende Abbildung 1
(KRAL, 1983) zeigt verschiedene
wesentliche Pollen in Idealdarstel-
lung, wogegen sie in Präparaten in
jeder Lage auftreten können, was
ihre Bestimmung manchmal erschwert.
1.3 Forschungsbereich
PALYNOLOGIE
Nach STRAKA (1975) kann dieser
weite Forschungsbereich, entsprechend der besonderen Zielsetzungen in mehrere Teilbereiche gegliedert werden:
• Grundlagenforschung
(Morphologie und Systematik
der Pollen)
• PALEO – Palynologie
(fossile Pollen und Sporen in Ablagerungen)
• KRYO – Palynologie
(Gletscherforschung)
• AERO – Palynologie
(Windverbreitung der Pollen
und Sporen)
• IATRO – Palynologie
(Allergieforschung)
• MELITO – Palynologie
(Honigpollenanalyse)
• PHARMA – Palynologie
(Prüfung von Arzneimitteln)
• PHY TOPATHOLOG. –
Palynologie (Pilzsporen)
• FORENSISCHE – Palynologie
(Kriminaltechnik)
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