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Wissenschaft und Fortbildung
BZB September 15
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Dento-alveoläre Traumatologie
Nicht abgeschlossenes versus abgeschlossenes Wurzelwachstum
E i n B e i t r a g v o n D r. B a r b a r a H o l z s c h u h , B e r g e n
Das Behandlungskonzept von dento-alveolären Verletzungen hängt neben der Art des Traumas auch
vom Stand des Wurzelwachstums des betroffenen
Zahns ab. Da sich das Regenerationspotenzial der
Pulpa mit fortschreitendem Reifegrad der Wurzel
verringert, ist bei Zähnen mit abgeschlossenem
Wurzelwachstum – je nach Schweregrad der Verletzung – häufiger mit einer Pulpanekrose zu rechnen als bei unreifen Zähnen. Kommt es allerdings
bei Zähnen mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum zur Infektion und Nekrose der Pulpa, erschweren das weite apikale Foramen und die dünnen Wurzelwände die endodontische Behandlung.
Klassifikation von Verletzungsmustern
In der dento-alveolären Traumatologie unterscheidet man Zahnhartsubstanzverletzungen von Dislokationsverletzungen sowie eine Kombination beider Verletzungsmuster. Die Abbildungen 1 und 2 beschreiben die verschiedenen Verletzungsmuster. Je
nach Schweregrad dieser traumatischen Ereignisse
kann kurz- oder langfristig eine Pulpanekrose entstehen, weshalb eine sorgfältige Untersuchung,
Diagnosestellung und Dokumentation sowie entsprechende Nachuntersuchungen vonnöten sind.
Abb. 1: Klassifikation und Beschreibung von Zahnhartsubstanzverletzungen.
Detaillierte Behandlungsprotokolle sind den „IADT Guidelines“ zu entnehmen [1].
Abb. 2: Klassifikation und Beschreibung von Dislokationsverletzungen. Detaillierte
Behandlungsprotokolle sind den „IADT Guidelines“ zu entnehmen [1].
Wurzelwachstum zum Zeitpunkt des Unfalls
Der Stand des Wurzelwachstums zum Zeitpunkt
des Unfalls spielt eine entscheidende Rolle bei der
Behandlung. Die unreife Wurzel ist charakterisiert
durch ein weit offenes Foramen apicale, eine verhältnismäßig kurze Wurzel mit weitem Wurzelkanallumen und dünne Wurzelwände. Im Falle
einer Pulpanekrose erschweren diese Punkte eine
endodontische Behandlung. Allerdings erhöhen
sie das regenerative Potenzial bei Zahntraumata,
da die kurze, kräftige Pulpa bis zu einem gewissen Grad widerstandsfähiger ist als bei reifen Zähnen und unter bestimmten Voraussetzungen über
das apikale Foramen eine Revaskularisierung erfolgen kann [2].
Zähne mit abgeschlossenem Wurzelwachstum weisen hingegen ein langes, relativ dünnes Wurzelkanallumen mit einem entsprechenden GefäßNerven-Komplex auf. Diesem fehlt die Stabilität
und Dehnbarkeit der Pulpa eines unreifen Zahns
und das schmale apikale Foramen sowie der lange
Wurzelkanal erschweren eine Revaskularisierung.
Ein apikales Foramen mit einem Durchmesser,
der kleiner ist als 1,1 Millimeter, vermindert den
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Abb. 3: Überlebensrate der Pulpa in Abhängigkeit vom Wurzelwachstum nach
Dislokationsverletzungen (n = 1 622)
Blutfluss in den Wurzelkanal. Dieser führt Stammzellen mit sich und fördert auf diese Weise eine Revaskularisierung [3].
Treten Zahnhartsubstanzverletzungen isoliert auf,
sind die primären Behandlungsziele die Vitalerhaltung der Pulpa und die Rekonstruktion des Zahns.
Sobald die Fraktur auch das Dentin betrifft, ist eine
sofortige (adhäsive) Abdeckung der Dentinwunde
nötig, um das Eintreten von Bakterien in die Dentintubuli zu verhindern. Im Falle einer eröffneten
Pulpa kommt bei reifen Zähnen neben der partiellen Pulpotomie zur Vitalerhaltung der Pulpa aus
prothetischer Sicht auch eine endodontische Therapie infrage, da hierbei mit weniger Komplikationen zu rechnen ist als bei Zähnen mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum. Aus diesem Grund
sollte bei Zähnen mit unreifer Wurzelbildung immer die Vitalerhaltung der Pulpa im Vordergrund
stehen. Diese kann durch eine partielle Pulpotomie,
um oberflächlich eingedrungene Bakterien zu entfernen, am besten gewährleistet werden [4].
Im Gegensatz dazu kompromittieren schwere Dislokationsverletzungen (laterale Dislokation, Extrusion und Intrusion) das Gefäß-Nerven-Bündel so
stark oder führen zu einem Abriss desselben (Avulsion, Extrusion), dass unter Umständen kurz- oder
langfristig eine endodontische Therapie nötig wird.
Während Zähne mit abgeschlossenem Wachstum bei solch gravierenden Luxationen langfristig
fast immer einer Pulpanekrose unterliegen, ist die
Überlebenschance der Pulpa von Zähnen mit unreifem Wurzelwachstum deutlich höher (Abb. 3)
[5-10]. Haben die verunfallten Zähne zusätzlich eine Verletzung der Zahnhartsubstanz erlitten, sinkt
die Überlebensrate der Pulpa sowohl für reife als
auch unreife Zähne deutlich (Abb. 4) [11-13].
Abb. 4: Überlebensrate der Pulpa in Abhängigkeit vom Wurzelwachstum nach Kombinationsverletzungen (Dislokations- und Zahnhartsubstanzverletzungen) (n = 624)
Pulpadiagnostik
In der dento-alveolären Traumatologie ist eine kritische Pulpadiagnostik von entscheidender Bedeutung. Eine endodontische Therapie sollte bei Zähnen mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum
erst bei eindeutigen Zeichen der Pulpanekrose eingeleitet werden, um der Wurzel die Chance zur
Apexogenese zu geben.
Der Sensibilitätstest ist dabei nicht immer ein eindeutiger Indikator. So können vitale Zähne am Unfalltag selbst und etliche Wochen später noch eine
negative Sensibilität aufweisen, da das Gefäß-Nerven-Bündel durch Quetschung oder Einblutung beeinträchtigt wurde [14]. Deshalb ist auch nach dem
Unfall eine regelmäßige Überprüfung der Sensibilität des Zahns nötig. Eine Regeneration des GefäßNerven-Stranges ist bei unreifen Zähnen frühestens
nach 36 Tagen und bei reifen Zähnen nach zwei
bis drei Monaten zu erwarten. Hat die Pulpa am
Unfalltag jedoch sensibel reagiert und antwortet
im Abstand zum Trauma nicht mehr auf einen
Sensibilitätstest, so ist von einer Pulpanekrose auszugehen. Liegt der Unfall allerdings einige Monate zurück, muss mittels eines Röntgenbilds eine
Obliteration der Pulpa ausgeschlossen werden, da
diese besonders nach Luxationsverletzungen unreifer Zähne auftreten kann [15,16]. Dabei ist die
Obliteration des Pulpakanals ein Zeichen für Dentinoblastenaktivität und somit für eine vitale Pulpa. Allerdings sollten auch in diesem Fall regelmäßige röntgenologische Kontrollen stattfinden, um
eine apikale Parodontitis als Folge einer unbemerkten Pulpanekrose auszuschließen [16].
Auch eine Verfärbung der Zahnkrone lässt nicht
sicher auf eine Pulpanekrose schließen. Durch die
Schädigung des Gefäß-Nerven-Bündels kann es
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Abb. 5: Avulsion und Replantation des
Zahns 11 nach dessen 60-minütiger
trockener Lagerung. Schienung mit
Drahtligaturen.
Abb. 6: 18 Monate nach dem Trauma.
Der Zahn 11 zeigt ausgeprägte Ersatzresorptionen im apikalen Bereich der
Wurzel.
zu perivaskulären Blutungen kommen, die sich in
die Dentinkanälchen einlagern [17]. Während bei
einer vitalen Pulpa die Zahnverfärbung über mehrere Wochen hinweg oft im Zusammenhang mit
der Rückkehr einer positiven Sensibilität verblasst
[18], kommt es bei einer Pulpanekrose zu einer gräulichen oder bräunlichen Verfärbung des Zahns,
die ohne endodontische Therapie nicht rückläufig
ist. Außerdem verringert sich die Transluzenz der
Krone durch das zerfallene Gewebe in den Dentinkanälchen, was sich durch Transillumination mit
einer Polymerisationslampe relativ einfach überprüfen lässt. Häufig ist nach der endodontischen
Therapie ein internes Bleichen nötig, um die Verfärbung der Zahnkrone zu entfernen. Eine gelbliche Verfärbung der Zahnkrone etliche Monate
nach dem Unfall lässt wiederum auf eine Dentinapposition im Zusammenhang mit einer Obliteration des Pulpakanals und somit auf eine vitale
Pulpa schließen.
Röntgendiagnostik
Eine röntgenologische Kontrolle des Zahns ist bei
unsicherer Pulpadiagnostik unerlässlich. Dabei
sind vor allem der Periapex, der Parodontalspalt
und das Wurzelwachstum zu beurteilen. Ist im
Röntgenbild auch nach mehreren Monaten ein
Stillstand des Wurzelwachstums zu beobachten, so
ist dies ein sicheres Zeichen für eine Pulpanekrose,
wohingegen ein Fortschreiten der Wurzelbildung
oder eine Obliteration der Pulpa immer auf ein vitales Gefäß-Nerven-Bündel hinweisen. Eine apikale Parodontitis hingegen ist ein sicheres Zeichen
für eine Pulpanekrose. Allerdings ist diese frühestens nach einigen Wochen zu dokumentieren [19].
Abb. 7: Zustand nach Avulsion und
Replantation sowie rigider Schienung
des Zahns 11. Intrusion des Zahns 12
sowie Schmelz-Dentin-Frakturen der
Zähne 12, 11 und 21.
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Abb. 8: Zustand elf Wochen nach dem
Trauma. Insuffiziente Versorgung der
Schmelz-Dentin-Fraktur und ausgeprägte Resorptionslakunen an Zahn 11.
Nach schweren Dislokationsverletzungen (laterale
Dislokation, Intrusion, Avulsion) unreifer Zähne,
bei denen das Desmodont und die Wurzeloberfläche geschädigt wurden, ist eine radiologische Kontrolle des Parodontalspalts und der Wurzelstruktur
unabdingbar, um Resorptionen der Wurzel auszuschließen [20]. Man unterscheidet Ersatzresorptionen von entzündlichen Resorptionen der Wurzel.
Dabei tritt eine Ersatzresorption im Zusammenhang mit einer Ankylose nach Replantation avulsierter Zähne auf, die zu lange unphysiologisch
oder trocken gelagert wurden. Der Parodontalspalt
ist im Röntgenbild nicht mehr sicher zu erkennen,
da die Wurzel resorbiert und der dadurch entstandene Defekt durch Knochen ersetzt wird (Abb. 5
und 6). Ursächlich ist die Schädigung des Desmodonts der Wurzeloberfläche.
Die entzündliche Resorption hingegen wird durch
die gleichzeitige Nekrose von Parodontalzellen auf
der Wurzeloberfläche und die bakterielle Infektion
der Pulpa verursacht. Makrophagen werden über
Toxine, die aus den Dentinkanälchen ausströmen,
aktiviert. Die Osteoklasten verursachen überall
dort eine entzündliche Resorption der Wurzel, wo
die Wurzeloberfläche verletzt wurde. Im Röntgenbild sind frühestens nach sechs Wochen einzelne
oder mehrere Resorptionslakunen sichtbar. Diese
breiten sich rapide aus und können in kurzer Zeit
zu einer vollständigen Resorption der Zahnwurzel
führen. Mit dem sofortigen Einleiten einer endodontischen Therapie wird die Osteoklastenaktivität gestoppt und die entzündliche Resorption beendet (Abb. 7 und 8).
Sind der röntgenologische und der klinische Befund
über einen längeren Zeitraum nicht eindeutig, so
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bietet die Probetrepanation eine Möglichkeit zur
Pulpadiagnostik. Voraussetzung dafür sind ein
aseptisches Arbeiten bei absoluter Trockenlegung
mittels Kofferdam und eine ausreichende Vergrößerungshilfe (Lupenbrille oder Operationsmikroskop). Durch die Trepanation des Zahns wird die
Sicht auf das Gefäß-Nerven-Bündel erreicht. Stellt
sich dieses ausreichend durchblutet, ohne Hyperämie oder starke Blutung dar, ist die Pulpa im
Sinne einer direkten Überkappung oder partiellen
Pulpotomie mit Mineraltrioxidaggregat (MTA)
oder einem Calciumhydroxidpräparat (Ca(OH)2)
zu behandeln, gefolgt von einer Abdeckung aus
Glasionomerzement und einem adhäsiven Verschluss. Dabei muss keine positive Sensibilität gegeben sein. Die Blutstillung sollte im besten Fall
nicht nötig sein oder mit Natriumhypochlorit
(NaOCl) erfolgen [21]. Ist das Gefäß-Nerven-Bündel anämisch oder bläulich-livide verfärbt und
kommt es zu einer nicht stillbaren Blutung aus dem
Wurzelkanal oder ist das Pulpagewebe zerfallen,
ist eine endodontische Therapie einzuleiten.
Behandlung von Zähnen mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum nach dento-alveolärem
Trauma
Eine vitale Pulpa in einem Zahn mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum induziert bei intakter apikaler Papille die vollständige Apexogenese
des Zahns. Die Wurzel erfährt dadurch ein Längen- und Dickenwachstum, was dem Zahn eine
ausreichende Stabilität und langfristig eine gute
Prognose verleiht. Pulpanekrosen bei unreifen Zähnen lassen sich durch Apexifikation oder durch eine regenerative Therapie behandeln. Die Apexifikation induziert entweder durch mehrmalige langzeitige Einlagen von Ca(OH)2 oder durch einen
apikalen „Plug“ mit MTA [22] die Bildung von
Hartgewebe im Bereich des apikalen Foramens.
Nach der initialen Wurzelkanalbehandlung mit
Längenbestimmung, Wurzelkanaldesinfektion, geeignetem Spülprotokoll und medikamentöser Einlage wird bei der Apexifikation mit MTA direkt das
apikale Foramen mit dem Zement verschlossen.
Die Apexifikation mit Ca(OH)2 benötigt mehrere
Medikamentenwechsel über einen Zeitraum von
6 bis 18 Monaten, bevor eine konventionelle Wurzelfüllung mit Sealer und Guttapercha durchgeführt werden kann. In beiden Fällen lagert sich
zementähnliches Gewebe um den Periapex. Das
weite Wurzelkanallumen und die dünnen Wurzelwände verbleiben allerdings. Dadurch ist für diese
Zähne das Frakturrisiko im zervikalen Bereich erhöht. Eine interne Stabilisierung mittels Monoblock (adhäsiv befestigte Glasfasersysteme) ist deshalb zu empfehlen [23].
Die regenerative Therapie zielt auf eine Revaskularisierung des Zahns ab. Das weite apikale Foramen unreifer Zähne ermöglicht ein Auswandern
von Stammzellen aus der apikalen Papille. Voraussetzung dafür ist eine vollständige Desinfektion
des Wurzelkanalsystems, die nach Entfernung von
Geweberesten und der Spülung mit NaOCl mit einer Ca(OH)2-Einlage oder durch eine medikamentöse Behandlung auf Basis dreier Antibiotika zu
erzielen ist [24]. Im Anschluss an die Desinfektion
sollte der Wurzelkanal mit 17-prozentiger EDTA
(Ethylendiamintetraessigsäure) gespült werden,
um die Wachstumsfaktoren des Dentins zu aktivieren. Ein Überinstrumentieren über den Apex hinaus schafft eine Einblutung in den Wurzelkanal.
Sie bildet die Matrix für das neue Gewebe und
transportiert die Stammzellen der apikalen Papille
in den Wurzelkanal.
Nachdem sich die Matrix stabilisiert hat, erfolgt
ein bakteriendichter koronaler Verschluss mittels
MTA und Komposit. Ein Erfolg der Revaskularisierung ist gegeben, wenn im Röntgenbild die apikale
Läsion ausgeheilt ist und das Wurzelwachstum
fortschreitet. Der revaskularisierte Gefäßkomplex
im Pulpakanal ist allerdings nicht mit dem ursprünglichen Pulpagewebe zu vergleichen, das
heißt, er induziert nicht nur die Bildung von Dentin an den Wurzelkanalwänden, sondern es kommt
im Wurzelkanal auch zur Einlagerung von desmodontalem Gewebe, Zement und Knochen [25]. Da
für die regenerative Therapie noch keine Leitlinien
zum Behandlungsprotokoll und keine Langzeitstudien existieren, ist diese Behandlung hauptsächlich bei Zähnen zu empfehlen, die auch durch
eine Apexifikation eine schlechte Prognose behalten, also für nekrotische unreife Zähne, die sehr
dünne Wurzelwände aufweisen und somit stark
frakturgefährdet sind [26].
Patientenbeispiel
Eine neunjährige Patientin stellte sich 45 Minuten
nach einem Unfall mit dem Skateboard alio loco
im zahnärztlichen Notdienst vor. Der Zahn 11 war
avulsiert und in Kochsalzlösung gelagert. Eine
Schädigung des parodontalen Gewebes auf der
Wurzeloberfläche konnte nicht ausgeschlossen
werden, da der Zahn kurzzeitig in ein Taschentuch
eingewickelt war. Die Zähne 12 und 21 waren
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zweiten Grades gelockert und wiesen eine SchmelzDentin-Fraktur auf. Der avulsierte Zahn 11 wurde
ohne Zwischenlagerung in einem physiologischen
Medium replantiert und flexibel mit den Zähnen
12 und 21 geschient. Eine Sensibilitätsprüfung der
Zähne 12 und 21 lag nicht vor.
Am nächsten Tag wurden zur Kontrolle ein Röntgenbild angefertigt (Abb. 9) und eine Sensibilitätsprüfung durchgeführt. Bei den Zähnen 12, 11 und
21 war das Wurzelwachstum noch nicht vollständig abgeschlossen. Beim Zahn 11 war der kritische
Durchmesser des apikalen Foramens von 1,1 Millimetern unterschritten. Aus diesem Grund wurde
bei diesem Zahn eine endodontische Therapie mit
einer medikamentösen Einlage (Ledermix) eingeleitet. Die Sensibilitätsprüfung der Zähne 12 und
21 war negativ. Die Schmelz-Dentin-Frakturen
wurden adhäsiv mit einem fließfähigen Komposit abgedeckt, um nach Schienenentfernung die
endgültige adhäsive Rekonstruktion durchführen
zu können.
Da aufgrund des Ausgangsbefunds eine Ankylose
des Zahns 11 nicht ausgeschlossen werden konnte,
wurde eine Woche nach seiner Trepanation eine
Langzeitmedikation mit Ca(OH)2 durchgeführt.
Nach 14 Tagen konnte die Schienung entfernt werden und es erfolgte der definitive Kompositaufbau
der Zähne 12, 11 und 21. Die Sensibilitätsprüfung
der Zähne 12 und 21 war an diesem Termin negativ. Nach 15 Wochen fiel diese bei beiden Zähnen
immer noch negativ aus, weshalb – mit Absprache
und Aufklärung der Eltern und der Patientin –
unter Kofferdam und ohne Anästhesie eine Probetrepanation durchgeführt wurde. Zahn 21 wies
eine Pulpanekrose auf und eine endodontische
Therapie wurde eingeleitet. In Zahn 12 hingegen
befand sich im Wurzelkanal ein stabiles, gut durchblutetes Gefäß-Nerven-Bündel, das allerdings keine Sensibilität aufwies. Nach Blutstillung erfolgte
die Abdeckung der Pulpa im Sinne einer Pulpotomie mit einem Ca(OH)2-Präparat. Dieses wurde
mit Glasionomerzement abgedeckt, bevor der koronale adhäsive Verschluss erfolgte.
Aufgrund der unreifen Wurzel erhielt der Zahn 21
einen apikalen „Plug“ mit MTA von sechs Millimetern und weiter koronal eine interne adhäsive
Stabilisierung. Im weiteren Behandlungsverlauf
zeigte sich an Zahn 12 eine positive Sensibilität
und im Röntgenbild war ein Fortschreiten des Wurzelwachstums zu erkennen. Ein Jahr nach dem Unfall wies der Zahn 11 keine Zeichen einer Ankylose
oder einer Ersatzresorption der Wurzel auf, weshalb
Abb. 9: Zustand nach Replantation und
flexibler Draht-Komposit-Schienung des
Zahns 11. Lockerung der Zähne 12 und
21 sowie Schmelz-Dentin-Frakturen aller
Zähne.
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Abb. 10: Konventionelle Wurzelfüllung
nach Apexifikation mit Ca(OH)2 am Zahn
11. Am Zahn 21 Apexifikation mit MTA
und interne adhäsive Stabilisierung. Zustand nach Probetrepanation vor zehn
Monaten am Zahn 12, ein Fortschritt
des Wurzelwachstums ist erkennbar.
die endodontische Therapie abgeschlossen wurde.
Aufgrund der Ca(OH)2-Einlagen über zwölf Monate hinweg war apikal eine Hartsubstanzbarriere zu tasten, sodass eine konventionelle Wurzelfüllung mit Sealer und Guttapercha durchgeführt
wurde (Abb. 10).
Zusammenfassung
Bei der Behandlung dento-alveolärer Traumata bei
Zähnen mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum hat der Erhalt der Vitalität der Pulpa oberste
Priorität, um den Abschluss der Wurzelreifung zu
garantieren. Das regenerative Potenzial unreifer
Zähne ermöglicht gute Heilungschancen auch bei
eröffneter Pulpa, Dislokationsverletzungen oder
Wurzelfrakturen. Tritt dennoch eine Nekrose der
Pulpa ein, sind konsequente endodontische Maßnahmen zu treffen, um den Zahnerhalt zu gewährleisten, da ein Zahnverlust im Wachstumsalter
lebenslange Konsequenzen hat.
Korrespondenzadresse:
Dr. Barbara Holzschuh
Zahnarztpraxis am Hochfelln
Raiffeisenplatz 2, 83346 Bergen
[email protected]
Literatur bei der Verfasserin
Hinweis
Dr. Barbara Holzschuh referiert beim 56. Bayerischen
Zahnärztetag. Das ausführliche Programm finden Sie
auf Seite 14 f.
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