die bedeutung der latenten hyperthyreose für das neuauftreten von

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Aus der Medizinischen Klinik I
der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil – Universitätsklinik –
der Ruhr- Universität Bochum
Direktor: Prof. Dr. med. H. H. Klein
DIE BEDEUTUNG DER LATENTEN
HYPERTHYREOSE FÜR DAS
NEUAUFTRETEN VON
VORHOFFLIMMERN BEI PATIENTEN
MIT KARDIALEN VORERKRANKUNGEN
Inaugural – Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin
einer
Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr – Universität Bochum
vorgelegt von
Karin Margret Johannigmann
aus Neuenkirchen
2004
ABSTRACT
Johannigmann
Karin
Die Bedeutung der latenten Hyperthyreose für das Neuauftreten von Vorhofflimmern bei Patienten
mit kardialen Vorerkrankungen
PROBLEM:
Die manifeste Hyperthyreose ist neben der koronaren und der hypertensiven Herzerkrankung,
Herzklappenfehlern und Herzinsuffizienz ein bedeutender Risikofaktor für das Neuauftreten von
Vorhofflimmern. Weitestgehend unbekannt ist bisher die Bedeutung der latenten Hyperthyreose
für die Manifestation von Vorhofflimmern.
METHODE:
Um zu untersuchen, in wie weit die latente Hyperthyreose ein eigenständiger Risikofaktor für
das Auftreten von Vorhofflimmern bei Patienten mit bereits existierenden kardialen und nichtkardialen Risikofaktoren ist, wurden prospektiv 180 stationäre Patienten untersucht, bei denen
zwischen April 1999 und Januar 2001 erstmals Vorhofflimmern festgestellt wurde. Diese
wurden mit 359 Patienten verglichen, die zeitgleich ins Krankenhaus eingewiesen wurden, bei
denen aber kein Vorhofflimmern (weder akut, noch in der Vorgeschichte) bekannt war. Beide
Patientengruppen waren nach Alter, kardialen Vorerkrankungen wie koronare Herzerkrankung,
Herzklappenfehler, arterieller Hypertonie, echokardiographischen
Messungen und anderen
bereits vorbekannten Faktoren, die das Neuauftreten von Vorhofflimmern beeinflussen,
vergleichbar. Bei allen Patienten wurde das TSH und bei außerhalb des Normbereiches
liegenden Werten auch die peripheren Schilddrüsenhormone bestimmt. Patienten mit
Medikamenten, die den TSH- Spiegel beeinflussen (wie zum Beispiel Corticoide in höheren
Dosen, oder Amiodaron) wurden ausgeschlossen.
ERGEBNIS:
Bei 12 von 180
(6,7%) Patienten mit neuaufgetretenem Vorhofflimmern wurde ein TSH-
Spiegel von unter 0,1 mU/l, bei im Normbereich liegenden peripheren Schilddrüsenhormonen,
festgestellt. Im Vergleich dazu fand man bei 9 von 359 (2,5%) Patienten ohne Vorhofflimmern
diese Laborkonstellation (OR: 2,93; 95% Konfidenzintervall: 1,21 – 7,11; p = 0,01).
DISKUSSION:
In dem hier untersuchten Patientenkollektiv von Patienten mit vorbestehenden kardialen
Risikofaktoren war eine latente Hyperthyreose mit supprimiertem TSH mit einem 2,9fach
erhöhtem Risiko für das Neuauftreten von Vorhofflimmern verbunden. Diese Beobachtung
stützt die Hypothese, dass eine latente Hyperthyreose für die Patientengruppe, bei denen
bereits andere kardiale und nichtkardiale Risikofaktoren vorliegen, einen eigenständigen
Risikofaktor für das Neuauftreten von Vorhofflimmern darstellt. In weiteren Untersuchungen
muss geklärt werden, ob die frühzeitige Therapie einer latenten Hyperthyreose zur Prävention
des Vorhofflimmerns beitragen könnte.
Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr
Referent: Prof. Dr. med. J. Pfeilschifter
Korreferent: Prof. Dr. med. Trappe
Tag der mündlichen Prüfung: 02.11.2004
Für meine Eltern
Hildegard und Reinhard Johannigmann
und meinen Bruder Christian
Inhaltsverzeichnis
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
7
TABELLENVERZEICHNIS
8
1. EINLEITUNG
9
2. KRANKHEITSBILDER
10
2.1 Die latente Hyperthyreose
10
2.1.1 Definition
2.1.2 Prävalenz
2.1.3 Pathogenese
2.1.4 Klinik
10
10
11
11
2.2 Vorhofflimmern
13
2.2.1 Definition
2.2.2 Einteilung
2.2.3 Prävalenz
2.2.4 Pathophysiologie
2.2.5 Risikofaktoren
2.2.6 Klinik
2.2.7 Komplikationen
2.2.8 Prognose
13
13
13
14
16
18
18
19
2.3 Auswirkungen von Schilddrüsenhormone auf die Herzfunktion 22
2.3.1 Direkte Hormonwirkung auf das Herz
22
2.3.2 Hormonwirkung auf das Herz über Interaktion mit dem sympathischen
Nervensystem
23
2.3.3 Hormonwirkung auf die periphere Zirkulation
24
2.3.4. Wirkung der Schilddrüsenhormone auf den Herzrhythmus
25
3. FRAGESTELLUNG
27
4. PATIENTEN UND METHODE
29
4.1 Patienten
29
4.1.1 Ein- und Ausschlusskriterien
4.1.2 Definition erfasster Parameter
4.1.3 Einteilung nach der Stoffwechsellage der Schilddrüse
4.2 Methode
4.2.1 Rekrutierung der Patienten
4.2.2 Datenerhebung
4.2.3 Laborparameter
4.3 Statistik
4.3.1 Cochran- Mantel- Haenszel- Test/ Odds Ratio
4.3.2 Signifikanzen
5. STUDIENERGEBNISSE
5.1 Vergleichbarkeit von Patienten- und Kontrollgruppe
5.2 Patienteneinteilung nach Schilddrüsenhormonwerten/ Ergebnissen
6. DISKUSSION
6.1 Statistische Auswertung der Ergebnisse
6.2 Schlußfolgerungen
29
31
34
35
35
36
38
39
39
40
41
41
49
53
65
68
7. ZUSAMMENFASSUNG
71
LITERATURVERZEICHNIS
73
DANKSAGUNG
88
Abbildungsverzeichnis
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Datenerhebungsbogen................................................................. 37
Abbildung 2: Darstellung der Verteilung der Schilddrüsenfunktionszustände in
oben genannten Gruppen 1 - 6 bei Patienten mit Vorhofflimmern.................... 51
Abbildung 3: Darstellung der Verteilung der Schilddrüsenfunktionszustände in
oben genannte Gruppen 1 - 6 bei Patienten ohne Vorhofflimmern................... 51
-7-
Tabellenverzeichnis
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Matching von Patienten- und Kontrollgruppe, Durchschnittswerte
kontinuierlicher Parameter................................................................................. 42
Tabelle
2:
Matching
von
Patienten-
und
Kontrollgruppe
(diskrete
Parameter).........................................................................................................42
Tabelle 3: Matching von Patienten- und Kontrollgruppe (diskrete Parameter)
der Untergruppe mit latenter Hyperthyreose und supprimiertem TSH...............43
Tabelle 4: Matching von Patienten- und Kontrollgruppe, Durchschnittswerte
kontinuierlicher Parameter, der Untergruppe mit latenter Hyperthyreose und
supprimiertem TSH............................................................................................ 44
Tabelle 5: Ergebnisse nach Einteilung der Patienten gemäß der gemessenen
Schilddrüsenparameter
in
oben
genannte
Gruppen
mit
und
ohne
Vorhofflimmern (in absoluten Zahlen)............................................................... 49
Tabelle 6: Ergebnisse nach Einteilung der Patienten gemäß der gemessenen
Schilddrüsenparameter
in
oben
genannte
Gruppen
mit
und
ohne
Vorhofflimmern (in prozentualen Anteilen)........................................................50
-8-
Einleitung
1. EINLEITUNG
Vorhofflimmern ist neben der ventrikulären und supraventrikulären Extrasystolie
die häufigste behandlungsbedürftige Herzrhythmusstörung (Kannel et al.,
1982).
Bereits
hinreichend
Vorhofflimmern
bekannte
sind
die
Risikofaktoren
koronare
für
das
Herzerkrankung,
Auftreten
die
von
hypertensive
Herzerkrankung, die Herzinsuffizienz jeglicher Genese, die Kardiomyopathien,
die Vitien und die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (Lip and Beevers,
1995; Horstkotte, 1992; Bethge et al. 1998; Kannel et al., 1982).
Die manifeste Hyperthyreose ist bei 9 – 22% der Patienten mit dem Auftreten
von Vorhofflimmern verbunden (Woeber, 1992) und ist als Risikofaktor – wenn
auch untergeordnet – bereits gesichert. Nicht vollständig geklärt ist, in wie weit
die subklinische/ latente Hyperthyreose ein eigenständiger Risikofaktor ist.
Bei der latenten Hyperthyreose handelt es sich um ein weit verbreitetes
Krankheitsbild. Die Prävalenz dieser Schilddrüsenfunktionsstörung beträgt in
Deutschland 5,9% bei den 50-80jährigen Frauen und sogar 7,3% bei den
gleichaltrigen Männern (Seck et al., 1997).
Die Bedeutung der latenten Hyperthyreose für das Neuauftreten von
Vorhofflimmern wurde bislang nur in zwei Studien untersucht (Sawin et al.,
1994, Auer et al., 2001).
In diesen Studien wurden die bekannten kardialen wie extrakardialen
Riskofaktoren wenig berücksichtigt.
Somit bleibt weitestgehend unklar, welche eigenständige Bedeutung die latente
Hyperthyreose für die Manifestation
wichtigsten
Risikofaktoren,
wie
von Vorhofflimmern hat, wenn die
koronare
Herzerkrankung,
hypertensive
Herzerkrankung, Hypertonie, Klappenvitien, etc. bereits vorliegen. Hat bei den
Patienten, bei denen sich die Neumanifestation des Vorhofflimmern auch durch
andere
Vorerkrankungen
erklären
und
begründen
Hyperthyreose zusätzlich eine wichtige Bedeutung?
-9-
ließe,
die
latente
Krankheitsbilder
2. KRANKHEITSBILDER
2.1 Die latente Hyperthyreose
2.1.1 Definition
Bei
der
latenten
Hyperthyreose
handelt
es
sich
um
eine
Schilddrüsenfunktionsstörung, die durch ihre Laborkonstellation definiert ist: Es
findet sich ein erniedrigter TSH- Spiegel bei im Referenzbereich liegenden
peripheren Schilddrüsenhormonen.
2.1.2 Prävalenz
Die Prävalenz der latenten Hyperthyreose ist abhängig vom Grad der regionalen
Jodversorgung (Tuschy et al., 2000).
Ebenso wird sie beeinflusst durch das Alter der untersuchten Population. Dabei
kann eine Zunahme der Prävalenz mit steigendem Lebensalter registriert werden
(Seck et al., 1997).
So
wird
die
Gesamtprävalenz
der
latenten
Hyperthyreose
in
einer
südwestdeutschen Gemeinde im Jahre 1997 mit 6,6% angegeben. Differenziert
man die Prävalenz nach Geschlechtern, so lag sie bei den Männern bei 7,3%
und bei den Frauen bei 5,9% (Seck et al., 1997).
Für Patienten im stationären Bereich wird in einer Studie von 1986 eine
Prävalenz der latenten Hyperthyreose von 4,7% beschrieben (Bottermann et al.,
1986) .
- 10 -
Krankheitsbilder
2.1.3 Pathogenese
Bei der Pathogenese der latenten Hyperthyreose spielt der Jodmangel eine
große
Rolle.
Beim
Vorliegen
eines
Jodmangels
erhöht
sich
die
Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer funktionellen Autonomie. Da die
funktionelle Schilddrüsenautonomie die häufigste Ursache für eine latente
Hyperthyreose ist, erhöht sich bei einem bestehenden Jodmangel ebenfalls das
Risiko für die latente Hyperthyreose. Umgekehrt kann eine akute Jodexposition in
einer regressiv umgewandelten Schilddrüse mit einer funktionellen Autonomie
auf
dem
Boden
eines
chronischen
Jodmangels
eine
Schilddrüsen-
funktionsstörung eher aggravieren (Tuschy et al., 2000).
2.1.4 Klinik
Die Klinik der latenten Hyperthyreose ist nur in seltenen Fällen sehr ausgeprägt.
Da die meisten klinischen Erscheinungen der manifesten Hyperthyreose auf die
Wirkung der erhöhten peripheren Hormone zurückzuführen sind, liegen diese
Symptome bei einer latenten Hyperthyreose in geringem Maße vor.
Beschrieben werden vermehrte Nervosität, Schlaflosigkeit und Palpitationen
(Schlote et al., 1992).
Kardiale Symptome, die bei Patienten mit latenter Hyperthyreose vorkommen
sind:
-
eine erhöhte Herzfrequenz
-
Supraventrikuläre Extrasystolen
-
eine erhöhte linksventrikuläre Masse
-
eine in Ruhe gesteigerte systolische und diastolische Funktion
-
eine verminderte Zunahme der Ejektionsfraktion unter Belastung
(Samuels, 1998).
Bei
einer
latenten
Knochenstoffwechsel.
Hyperthyreose
Dabei
sind
findet
die
sich
ein
Knochenresorption
gesteigerter
und
die
Knochenformation gesteigert (Engler et al., 1999). Daten aus der „Study of
- 11 -
Krankheitsbilder
Osteoporotic Fractures“ legen nahe, dass das Frakturrisiko deutlich erhöht sein
könnte, wobei neben einem Verlust an Knochenmasse und Architektur
möglicherweise auch eine neuromuskuläre Komponente eine Rolle spielen
könnte (Bauer et al., 2001).
- 12 -
Krankheitsbilder
2.2 Vorhofflimmern
2.2.1 Definition
Vorhofflimmern ist eine hochfrequente Vorhoftachykardie (350 – 700/ min) infolge
zahlreicher kreisender Erregungen auf Vorhofebene mit unregelmäßiger
Überleitung auf die Herzkammern (Bethge et al., 1998).
Es kommt daher zu einer Kontraktion der Ventrikel unabhängig von der
Vorhofkontraktion, was als absolute Arrhythmie bezeichnet wird.
2.2.2 Einteilung
Man teilt das Vorhofflimmern in drei Kategorien ein:
-
paroxysmales Vorhofflimmern: selbstterminierend, spontane Konversion in
den Sinusrhythmus
-
persistierendes Vorhofflimmern: keine spontane Konversion; Rückkehr in
den Sinusrhythmus durch elektrische oder medikamentöse Therapie
möglich
-
permanentes Vorhofflimmern: weder medikamentös, noch elektrisch
kardiovertierbar in den Sinusrhythmus
(Gallagher and Camm, 1997)
2.2.3 Prävalenz
Man kann von einer Prävalenz des Vorhofflimmern von 0,75 - 1,8% in der
Bevölkerung ausgehen (Go et al., 2001; Kannel et al., 1982). Dabei findet sich
ein Anstieg der Prävalenz bei zunehmendem Alter. In der Altersgruppe der 25bis 34jährigen beträgt sie bei den untersuchten Frauen 0,22% und bei den
- 13 -
Krankheitsbilder
Männern 0,26%. In der Gruppe der 55- bis 64jährigen beträgt die Prävalenz
2,99% beziehungsweise 3,79% und steigt in der Gruppe der über 80jährigen auf
8,8% an (Kannel et al., 1982).
In einer Studie, in der die Prävalenz im US- amerikanischen Raum untersucht
wurde, konnte eine Prävalenz von unter 0,1% bei den unter 55 jährigen
Probanden festgestellte werden, die in der Altersgruppe der über 80 jährigen auf
9,0% anstieg (Go et al., 2001).
Im Rahmen der Cardiovascular Health Study wurde eine Prävalenz des
Vorhofflimmerns
bei
Patienten
mit
klinisch
manifester
kardiovaskulärer
Vorerkrankung von 9,1% beschrieben. Bei Patienten, bei denen ein Hinweis auf
das Vorliegen einer subklinischen kardiovaskulären Erkrankung bestand, ohne
das eine klinische Erkrankung vorlag, bestand eine Prävalenz von 4,6%.
Patienten,
bei
denen
weder
eine
klinische,
noch
eine
subklinische
kardiovaskuläre Erkrankung bestand, hatten eine Prävalenz des Vorhofflimmerns
von 1,6%. Im Rahmen dieser Studie wurden Patienten mit einem Alter von über
65 Jahren untersucht (Furberg et al., 1994).
2.2.4 Pathophysiologie
Die starke Erhöhung der Prävalenz des Vorhofflimmerns im Alter kann auf die
physiologischen histopathologischen Veränderungen des Vorhofes zurückgeführt
werden.
Vom Lebensbeginn an kommt es zu einer Proliferation der glatten Muskelzellen,
der elastischen Fasern und des Kollagens im Atrium. In den kommenden drei
Dekaden vollzieht sich im Endokard eine fettige Metamorphose. In der sechsten
und siebten Dekade kommt es zur Vakuolisation und Atrophie der endokardialen
Muskelzellen. Diese werden durch elastische Fasern und Kollagen ersetzt. Ab
dem achtzigsten Lebensjahr findet die Elastifikation der Lipidschicht statt. Es
findet sich vermehrt Kollagen und Amyloid im Atrium. Der Sinusknoten erfährt
eine Fibrosierung und es werden Lipide eingelagert (Lev and McMillan, 1961;
McMillan and Lev, 1962).
- 14 -
Krankheitsbilder
Die ventrikuläre Fibrosierung führt zur Vorhofdilatation. Diese Vorgänge führen
im Alter zu einer Abnahme der Compliance der Vorhöfe, was als prädisponierend
für das Auftreten von Vorhofflimmern gesehen werden kann (Manyari et al.,
1990).
Die daraus resultierende inhomogene Repolarisation oder Konduktion ist eine
wichtige Komponente in der Entstehung des Vorhofflimmern (Perings et al.,
1998).
Diese Repolarisationssstörung kann ebenso durch andere Mechanismen
hervorgerufen werden. So kann das Myokard lokal durch entzündliche
Erkrankungen, wie durch eine Myo- oder Perikarditis, einen systemischen Lupus
erythematodes
und
ähnliche
Erkrankungen
geschädigt
werden.
Lokale
Ischämien, hervorgerufen durch gefäßverschließende Prozesse im Rahmen
einer Sklerodermie, Amyloidose oder Hämochromatose, können das Myokard
sowohl im Ventrikel, als auch im Vorhof lokal schädigen und zu einer Störung des
Reizleitungssystems führen (Lévy et al., 1998).
Durch den Verlust von intakten Myokardzellen durch Schädigung, Metamorphose
oder Verdrängung durch Einlagerung von Fremdmaterial (im Rahmen einer
Amyloidose oder Hämochromatose), wird der synzytiale Gewebsverband gestört
und es kann keine allseitige Erregungsausbreitung mehr stattfinden (Falk, 1998).
Dadurch ist eine zirkuläre Erregung möglich und es kann zu einem ReentryMechanismus
kommen.
Das
bedeutet,
dass
durch
eine
fehlerhafte
Erregungsausbreitung die Erregungswelle auf noch refraktäres Myokard trifft.
Hier kommt sie zum Stillstand (unidirektionale Blockierung). Eine weitere
Erregungsausbreitung ist nur noch in der Umgebung des refraktären Myokards
möglich. Der zuvor refraktäre Bezirk wird nun repolarisieren und die
Erregungswelle kann diesen Bereich retrograd durchlaufen. Dabei sind
unterschiedliche Reentry-Muster möglich, die die retrograde Erregungswelle
beschreiben kann (Antoni et Weirich, 1996).
Neben der schon beschriebenen inhomogenen Erregbarkeit muss als weitere
Voraussetzung für das Auftreten von Vorhofflimmern die Erregungsausbreitung
verzögert sein. Dadurch trifft die (langsame) Erregungswelle, die retrograd das
- 15 -
Krankheitsbilder
zuvor refraktäre Gewebe durchläuft, nun wiederum auf erregbares Gewebe.
Dieses ist auch möglich, wenn die Refraktärzeit des umgebenden (nicht primär
geschädigten) Gewebes pathologisch kurz ist. Daher kann sowohl ein
Vagotonus, ein erhöhter Sympathikotonus oder eine Hyperthyreose das
Auftreten von Vorhofflimmern durch eine Verkürzung der Refraktärzeit
begünstigen (Perings et al., 1998; Wijffles et al., 1995).
2.2.5 Risikofaktoren
Vorbestehende kardiale Grunderkrankungen können für das Auftreten von
Vorhofflimmern prädisponieren, so zum Beispiel ein stattgehabter Myokardinfarkt
(in 32 - 33,8% assoziiert mit Vorhofflimmern), eine koronare Herzerkrankung
ohne durchgemachten Infarkt (in 15,6% assoziiert mit Vorhoflimmern, relatives
Risiko = 2,2), eine rheumatische Herzerkrankung (in 14,8% assoziiert mit
Vorhofflimmern), ein rheumatischer Klappenfehler (in 24% assoziiert mit
Vorhofflimmern), eine hypertensive Herzerkrankung (in 13,2% assoziiert mit
Vorhofflimmern, relatives Risiko = 4 - 5), eine arterielle Hypertonie mit
Linksherzinsuffizienz (in 9,4% assoziiert mit Vorhofflimmern), das alleinige
Vorliegen
der
arteriellen
Hypertonie,
die
Aorten-
und
Mitralvitien,
Kardiomyopathien und das akute und chronische Cor pulmonale (in 13,5%
assoziiert
mit
Vorhofflimmern).
Je
ausgeprägter
die
durch
diese
Herzerkrankungen ausgelöste Herzinsuffizienz ist, umso größer ist die
Wahrscheinlichkeit, dass Vorhofflimmern auftritt (Aberg, 1969; Davies and
Pomerance, 1972; Kannel et al., 1982; Goldberg et al., 1990).
Insbesondere die Framingham- Studie hat sich mit den Risikofaktoren für das
Auftreten von Vorhofflimmern beschäftigt. Es wurde eine 2,2-fach erhöhte
Auftretenswahrscheinlichkeit für männliche Patienten mit einer koronaren
Herzerkrankung und eine 4- bis 5-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit bei Vorliegen
eines rheumatischen Herzvitiums festgestellt (Kannel et al., 1982).
Weitere Vorhofflimmern auslösende Ursachen können anamnestisch erhoben
werden, wie zum Beispiel Genussmittel wie Alkohol, Nikotin und Kaffee. Das
- 16 -
Krankheitsbilder
Auftreten dieser Herzrhythmusstörung wird dann als „holiday heart“ bezeichnet
(Bethge et al., 1998).
Andere
nichtkardiale
Infektionskrankheiten,
Ursachen
sind
Lungenembolie,
Meteorismus,
obstruktive
Schlafentzug,
und
restriktive
Lungenerkrankungen, Pneumonie, Phäochromozytom, zerebrale Insulte, Multiple
Sklerose,
Elektrolytentgleisungen
(insbesondere
Hypokaliämie),
Fieber,
Hypothermie, Erbrechen oder Pharmaka. Nach einer Narkose oder einem
kardiochirurgischen Eingriff kann häufig das Auftreten von Vorhofflimmern
beobachtet werden (Ommen et al., 1997).
Kann keine Grunderkrankung und keine erkennbare Ursache für das
Neuauftreten der absoluten Arrhythmie bei Vorhofflimmern eruiert werden, so
spricht man vom „idiopathischen“ Vorhofflimmern. Dieses ist selten der Fall und
hat eine günstigere Prognose in Bezug auf thrombembolische Ereignisse
(Bethge et al., 1998).
Die manifeste Hyperthyreose gilt als gesicherter Risikofaktor für das Auftreten
von
Vorhofflimmern.
Dabei
spielen
direkte
Interaktionen
der
Schilddrüsenhormone mit dem Myocard, sowie indirekte Mechanismen, wie
Interaktionen
mit
dem
sympathischen
Nervensystem,
der
peripheren
Blutzirkulation und dem Energiemetabolismus, eine Rolle.
Die Prävalenz der absoluten Arrhythmie bei Vorhofflimmern wird bei Patienten
mit manifester Hyperthyreose mit 9 – 22% beschrieben (Woeber, 1992).
Die Rolle der latenten Hyperthyreose ist bisher im Rahmen zweier Studien
untersucht worden.
Untersuchungen von 2007 euthyreoten Patienten des Framingham- Kollektives
ergaben eine kumulative Inzidenz für Vorhofflimmern über zehn Jahre von 28%
der Patienten mit erniedrigtem TSH (Patienten mit latenter Hyperthyreose)
gegenüber einer Inzidenz von 11% der Patienten mit normalen TSH- Werten.
Nach Adjustierung für andere bekannte Risikofaktoren für das Auftreten von
Vorhofflimmern ergab sich ein relatives Risiko für das Auftreten von
Vorhofflimmern von 3,1 (95%- Konfidenzintervall = 1,7 – 5,5; p< 0,001).
- 17 -
Krankheitsbilder
Eine mehr als fünffach erhöhte Prävalenz von Vorhofflimmern bei Patienten mit
erniedrigtem TSH gegenüber euthyreoten Patienten wurde in einer Studie von
Auer et al. beschrieben. Dabei fand sich kein signifikanter Unterschied zwischen
Patienten mit manifester und latenter Hyperthyreose. Es fand sich ein relatives
Risiko von 5,2 (95% Konfidenzintervall = 2,1 – 8,7; p< 0,01) für Vorhofflimmern
bei Patienten mit latenter Hyperthyreose gegenüber Patienten mit euthyreoter
Stoffwechsellage (Auer et al., 2001).
2.2.6 Klinik
Durch Vorhofflimmern kommt es zu einem Verlust der Vorhof- KammerSynchronisation. Durch den Verlust der atrialen Systole kommt es zur
Verringerung des diastolischen Bluteintrittes in den linken Ventrikel. Daraus,
sowie aus der häufig bestehenden Tachyarrhythmie, resultiert eine Verminderung
des Herzzeitvolumens (Braunwald und Grossmann, 1992). Dadurch kann es zu
Symptomen wie Palpitationen, Luftnot, Angst, Unruhe, Herzrasen, Angina
pectoris, Schwindel, Präsynkopen und Synkopen kommen (Perings et al., 1998).
Besonders bei Patienten mit vorbestehender Herzinsuffizienz, bei denen die
bereits
geminderte
Herzleistung
durch
die
Rhythmusstörung
zusätzlich
eingeschränkt wird, finden sich diese Symptome. Bei Patienten ohne jegliche
kardiale Vorerkrankung sind die Symptome bei Vorhofflimmern meist gering
ausgeprägt und es kommt häufig zum asymptomatischem Vorhofflimmern (Lévy
et al., 1998).
2.2.7 Komplikationen
Die unkoordinierte Vorhofkontraktion kann zur Entstehung von Thromben im
Vorhof beitragen. Diese können zu arteriellen thrombembolischen Ereignissen,
wie einem zerebralen Insult oder dem Verschluss von arteriellen Beingefäßen
führen (Cabin et al., 1990). Nach den Daten der Framinghamstudie ist das Risiko
für das Auftreten eines Schlaganfalles beim Vorliegen von Vorhofflimmern um
das sechsfache gegenüber der Normalbevölkerung erhöht (Kannel et al., 1982).
- 18 -
Krankheitsbilder
Bei Bestehen einer absoluten Arrhythmie kommt es zu einer Verringerung des
Herzzeitvolumens durch den Verlust der atrialen Systole und der daraus
resultierenden Veränderung des diastolischen Bluteintritts in den linken Ventrikel.
Insbesondere bei einer Tachyarrhythmie und beim Auftreten von multipeln
Extrasystolen ist der diastolische Bluteintritt in den Ventrikel beeinträchtigt, da in
diesem Fall zusätzlich eine verminderte Einstromzeit besteht (Braunwald and
Grossmann, 1992).
In diesem Fall kommt es zu einem erhöhten linksatrialen Druck, der eine
erschwerte
pulmonalvenöse
Herzzeitvolumen
kommt
Drainage
es
zur
bedingt.
Bei
vermindertem
Erhöhung
des
myokardialen
Sauerstoffverbrauches. Das kann bei vorbestehender koronarer Herzerkrankung
eine myokardiale Ischämie provozieren. Daher kann es in diesem Fall zum
Auftretens einer Herzinsuffizienz kommen, die dann als „tachykardiebedingte
Herzinsuffizienz“ bezeichnet wird (Braunwald und Grossmann, 1992). Diese ist
bei Konversion in den Sinusrhythmus nach einer Zeit von im Mittel einem Monat
reversibel (Van Gelder et al., 1993; Tomita et al., 1997).
2.2.8 Prognose
Vorhofflimmern ist eine der hauptsächlichen Herzrhythmusstörungen, die mit
einem deutlichen Anstieg der kardiovaskulären Mortalität und Morbidität
bedingen (Kannel et al., 1983).
Im Rahmen der Framingham- Studie konnte eine annähernd zweifach erhöhte
Mortalität
der
Patienten
mit
Vorhofflimmern
gegenüber
Patienten
im
Sinusrhythmus gefunden werden. Nach einer Follow- up- Periode von 20 Jahren
waren insgesamt 60% der Männer und 45% der Frauen mit Vorhofflimmern
verstorben. In der Kontrollgruppe starben im gleichen Zeitraum 34% der Männer
und 25% der Frauen. Die Kardiovaskuläre Mortalität war mehr als doppelt so
hoch in der Patientengruppe mit Vorhofflimmern, wie in der Kontrollgruppe
(Kannel et al., 1982; Kannel et al., 1998; Gajewski und Singer, 1981).
- 19 -
Krankheitsbilder
Das Risiko einer arteriellen Embolie, insbesondere einer zerebralen Embolie, ist
erhöht bei Patienten mit persistierendem, paroxysmalem und permanentem
Vorhofflimmern.
Die
Häufigkeit
der
arteriellen
Thrombembolien
bei
Hyperthyreose und Vorhofflimmern variiert stark in den verschiedenen Studien.
Beim Vergleich von fünf Studien ergab sich eine mittlere Häufigkeit von 19%
(Presti und Hart, 1989). Im Rahmen der Framinghamstudie fand sich ein auf das
4 – 5fache erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall bei Vorliegen von
Vorhofflimmern gegenüber von Normalpersonen (Wolf et al., 1991).
Im Rahmen der Copenhagen Stroke Study wurden Patienten mit Vorhofflimmern,
die einen Schlaganfall erlitten haben, untersucht. Sie wiesen eine signifikant
erhöhte Krankenhaus- Mortalität und einen schlechteren klinischen Zustand bei
Einweisung und bei Entlassung des Krankenhauses auf als Patienten im
Sinusrhythmus. Nach Entlassung wurden sie häufiger in ein Pflegeheim verlegt.
Die mittels Computertomographie nachgewiesene Größe des ischämischen
Defektes war bei Vorliegen von Vorhofflimmern signifikant größer als bei
Patienten mit anderen Ursachen für die zerebrale Embolisation (Jørgensen et al.,
1996).
Andere Studien lassen vermuten, dass Vorhofflimmern bezüglich der Mortalität
keine eigenständige prognostische Bedeutung hat, sondern eher als ein
Ausdruck fortgeschrittener kardialer Erkrankungen anzusehen ist (Behar et al.,
1992;
Carson
et
al.,
1993).
Multivarianzanalysen
zeigen,
dass
das
Vorhofflimmern nur bei Patienten mit einer vorbestehenden Herzinsuffizienz mit
einer erhöhten Mortalität einhergeht (Middlekauf, 1991). Frühere Beobachtungen
einer signifikant erhöhten Sterblichkeitsrate der Patienten mit Vorhofflimmern
könnten darauf beruhten, dass dieses Patientenkollektiv hinsichtlich der
sonstigen Vorerkrankungen, des Alters, etc. nicht mit dem Kontrollkollektiv
übereinstimmte und sich daher nicht vergleichen ließ (Perings, 1998).
Dieses gilt nicht für Patienten mit vorbestehender Herzinsuffizienz mit einer
Ejektionsfraktion <30%. Für diese Patienten stellt Vorhofflimmern einen
Risikofaktor im Hinblick auf die Mortalitätsrate dar. In diesem Patientenkollektiv
beträgt
die
1-
Jahres-
Überlebensrate
Sinusrhythmus 71% (Middlekauf et al., 1991).
- 20 -
bei
Vorhofflimmern
52%,
bei
Krankheitsbilder
Bei Patienten mit Vorhofflimmern ist häufig eine Antikoagulation (z. B. mit
Cumarinen) notwendig, um thromboembolischen Ereignissen vorzubeugen.
Dabei ist die Gefahr der erhöhten Blutung gegen das Risiko thrombembolischer
Ereignisse im Einzelfall abzuwägen. Insbesondere bei Patienten mit weiteren
kardialen Erkrankungen ist eine Antikoagulation zu empfehlen, bei jüngeren
Patienten mit Vorhofflimmern als alleinige kardiale Erkrankung wiegen sich
Nutzen und Risiko der Antikoagulation annähernd auf (Gilligan et al., 1996).
Diese Antikoagulation beeinträchtigt durch die erhöhte Blutungsgefahr die
Lebensqualität der Patienten. Eine Antikoagulation mit Cumarinen ist bei
Patienten mit Hyperthyreose erschwert, da eine erhöhte Sensitivität
für
Cumarine vorliegt. Daher sind deutlich mehr Kontrollen notwendig, um eine
sicher im therapeutischen Bereich liegende Einstellung zu gewährleisten (Kellett
et al., 1986).
- 21 -
Krankheitsbilder
2.3 Auswirkungen von Schilddrüsenhormone auf die
Herzfunktion
Schilddrüsenhormone haben direkte und indirekte Wirkungen auf das Herz. Es
kommt zur direkten Hormonwirkung auf zellulärer Ebene. Daneben kommt es zur
Affektion des Herzens über eine Interaktion der Schilddrüsenhormone mit dem
sympathischen Nervensystem und durch eine Beeinflussung der peripheren
Zirkulation und des Energiemetabolismus (Polikar et al., 1993).
2.3.1 Direkte Hormonwirkung auf das Herz
Die direkte Hormonwirkung auf das Herz beruht auf einer Veränderung der
Transkription nach Bindung an nukleäre Schilddrüsenhormonrezeptoren. Zuvor
gelangt das T3 durch spezielle Transportproteine in die Myozyten (Dillmann,
1990). Es sind bisher in Tierexperimenten vier nukleäre Rezeptoren beschrieben.
Drei dieser Rezeptoren (α1, β1, β2) haben eine hohe Bindungsaffinität zu T3 . Der
vierte Rezeptor (α2) hat keine T3- Bindungsstelle, wirkt somit als Antagonist.
In Tierexperimenten an Ratten wurde ein spezielles Verteilungsmuster der
Rezeptoren festgestellt. Die α- Rezeptoren finden sich konstitutiv im gesamten
Gewebe,
wohin
gegen
die
β1-
Rezeptoren
durch
unterschiedliche
Expressionsfaktoren (unter anderem durch Schilddrüsenhormone) reguliert
werden. Sie befinden sich in schilddrüsenhormonabhängigen Geweben und
Organen, wie der Leber, den Nieren, dem Gehirn und dem Herzen.
β2- Rezeptoren finden sich im Tierexperiment nur in der Hypophyse und im
Hypothalamus. Der β2- Rezeptor konnte bisher nicht in menschlichem Gewebe
gefunden werden, die Verteilung der anderen genannten Rezeptoren ist
vermutlich im Menschen ähnlich (Dillmann, 1990; Oppenheimer, 1991).
Die direkte Wirkung des T3 im Menschen beruht vor allem auf einer Stimulation
der sarkoplasmatischen Calcium- ATPase. Dieses Enzym ist ein wichtiger Faktor
für die diastolische Relaxation und die systolische Kontraktion. Daneben wird der
- 22 -
Krankheitsbilder
ANF (atriale natriuretische Faktor zum Teil durch das T3 gesteuert (Zimmermann
et al., 1987; Dozin et al., 1986).
Neben den nukleären kommt es zur extranuklären Effekten. In Anwesenheit von
Inhibitoren der Proteinsynthese kommt es zur Erhöhung der zellulären
Aminosäure- und Kohlenhydrat- Aufnahme durch Stimulation durch T3 ( Segal,
1989; Segal und Ingbar, 1982).
Es besteht eine Reaktion der Plasmamembran auf Schilddrüsenhormone. In
Tierexperimenten mit Ratten wurde eine rasche zelluläre Calciumaufnahme
proportional
zur
T 3-
Konzentration
festgestellt.
Diese
war
von
der
extrazellulären Calciumkonzentration unabhängig. Das so erhöhte intrazelluläre
Calcium setzt eine weitere Signaltransduktion in Gang. Auch wird die
Permeabilität für Natrium
verändert. So kommt es zu einem Anstieg der
Inotropie und der Chronotropie (Segal, 1990; Walker et al., 1994).
2.3.2 Hormonwirkung auf das Herz über Interaktion mit dem
sympathischen Nervensystem
Schilddrüsenhormone bewirken einen erhöhten Sympathikotonus, ohne dass
sich
eine
Erhöhung
der
Katecholaminkonzentration
in
der
Zirkulation
nachweisen läßt. Bei einer Hyperthyreose kommt es sogar zu einem Abfall der
Katecholamine bei
Vorliegen von hyperadrenergen Symptomen. Bei einer
Hypothyreose kommt es zur gegensinnigen Reaktion (Klein, 1990; Esler, 1982).
Es besteht eine erhöhte Norepinephrinausscheidung der sympathischen
Nerven bei erhöhten Schilddrüsenhormonwerten im Serum, die diese
Symptomatik erklären kann (Polikar et al., 1990). Das Thyreotropin releasing
Hormon (TRH) stimuliert daneben direkt die Freilassung sympathischer
Transmitter im zentralen Nervensystem, vermutlich indem es von den
Nervenendigungen als Neurotransmitter aufgenommen wird (Morley et al.,
1981; Dratman et al., 1982). Ein weiterer Erklärungsansatz für diese
Phänomene ist eine Desensibilisierung des sympathischen Nervensystems
gegenüber Katecholaminen bei Vorliegen einer Hypothyreose sowie einer
- 23 -
Krankheitsbilder
erhöhten Katecholaminempfindlichkeit bei Vorliegen einer Hyperthyreose
(Polikar et al., 1993).
Bei hyperthyreoter Stoffwechsellage liegt eine erhöhte Rezeptordichte für
Katecholamine
vor,
was
eine
erhöhte
Reaktion
bei
geringerer
Katecholaminkonzentration erklärt. Diese wurde in Tests mit exogener
Katecholamingabe bestätigt. Hier zeigte sich ein stärkerer Anstieg der
Herzfrequenz und des Blutdruckes bei Vorliegen einer Hyperthyreose als bei
euthyreoten Patienten. Bei hypothyreoter Stoffwechsellage dagegen bestand
eine verminderte Empfindlichkeit der α- und der β- Rezeptoren (Levey und
Klein, 1990; Polikar et al., 1990).
Durch
die
Steigerung
des
Sauerstoff-
und
Energieverbrauches
bei
hyperthyreoter Stoffwechsellage kommt es sekundär zur Steigerung der
Herzfrequenz (Klein, 1990; Dillmann, 1990).
Direkte Auswirkungen der Schilddrüsenhormone auf die Herzfrequenz werden
kontrovers diskutiert. So konnte an isolierten Rattenherzen kein Anstieg der
Herzfrequenz nach Gabe von L-Thyroxin gefunden werden (Marcus et al.,
1987). In einer anderen Studie, ebenfalls am denervierten Rattenherz und am
innervierten Rattenherzen in situ konnte ein Anstieg der Herzfrequenz nach
Gabe von T4 beobachtet werden (Klein und Hong, 1986). Eine weitere Studie
ergab eine signifikant geringere Herzfrequenz einer Gruppe von Ratten nach
Thyreoidektomie, als in einer Vergleichsgruppe nach Sympathektomie. So
gehen auch diese Autoren davon aus, dass Schilddrüsenhormone einen
direkten Effekt auf die Herzfrequenz haben (Valente et al., 1988).
2.3.3 Hormonwirkung auf die periphere Zirkulation
Aus der hyperthyreoten Stoffwechsellage resultiert ein Anstieg des totalen
Blutvolumens (Gibson und Harris, 1939, Klein und Levey, 2000), ein Abfall des
Widerstands der Blutgefäße und ein verkürzt Blutzirkulationszeit. Dabei ist die
Perfusionszunahme nicht in allen Organen identisch. Die Perfusion der
Skeletmuskulatur, der Koronararterien und der Haut steigt deutlich an, während
Gehirn, Leber, und Nieren allenfalls gering mehr durchblutet werden. Der Abfall
- 24 -
Krankheitsbilder
des
Druckes
in
den
Widerstandsgefäßen
beruht
auf
einer
direkten
relaxierenden Wirkung der Schilddrüsenhormone auf die glatte Muskulatur der
Blutgefäße (Ojamaa et al., 1996).
Diese Veränderungen der Zirkulation bewirken durch den Anstieg des
Blutvolumens einen Anstieg der Vorlast und durch den Abfall des systemischen
Druckes einen Abfall der Nachlast des Herzens (Woeber, 1992; DeGroot und
Leonard, 1970). Durch den Anstieg des Blutvolumens wird der systolische
Blutdruck erhöht. Der gleichzeitige Abfall des peripheren Widerstandes bewirkt
einen Abfall des diastolischen Druckes, so dass der arterielle Mitteldruck kaum
beeinflusst wird (Klein, 1989).
Der Abfall des Druckes in den Widerstandsgefäßen bewirkt eine erhöhte ReninFreisetzung und damit eine Aktivierung der Renin- Angiotensin- AldosteronKaskade. Dadurch wird die renale Natrium- Reabsorption erhöht, was sekundär
ebenfalls zu einer Zunahme des Blutvolumens führt (Resnik und Laragh, 1982).
Durch den Anstieg des Blutvolumens, den Abfall des Druckes in den peripheren
Blutgefäßen und die erhöhte Kontraktilität des linken Ventrikels kommt es zur
Erhöhung der Ejektionsfraktion von 50 – 300% bei Patienten mit Hyperthyreose
(Klein und Ojamaa, 1998).
Der Anstieg des Blutvolumens und des systolischen Druckes führt zu einer
Hypertrophie des Herzens (Klein und Hong, 1986).
2.3.4. Wirkung der Schilddrüsenhormone auf den Herzrhythmus
Schilddrüsenhormone beeinflussen die kardiale Erregbarkeit, wobei die Vorhöfe
sensibler für eine Beeinflussung sind als die Ventrikel (Freedberg et al., 1970).
Es kommt zu Vorhofflimmern oder vorzeitiger Vorhofkontraktion. Maligne
Herzrhythmusstörungen, wie ventrikuläre Tachykardien oder Kammerflimmern,
sind
selten.
Sie
können
aber
bei
Patienten
mit
weiteren
kardialen
Vorerkrankungen auftreten.
Ursache der vermehrten Vorhofarrhythmien (im Gegensatz zu ventrikulären
Arrhythmien) sind die höhere Dichte ß-adrenerger Rezeptoren im Vorhof und
die unterschiedliche autonome Innervation von Vorhof und Kammer (Golf et al.,
1985).
Auch
ist
denkbar,
dass
- 25 -
die
Sensibilität
gegenüber
Krankheitsbilder
Schilddrüsenhormonen von Vorhof und Ventrikel unterschiedlich ist (Polikar et
al., 1993).
Daneben kommt es durch die oben genannten Veränderungen am Herzen, wie
zum Beispiel der Herzhypertrophie, zu einer erhöhten Prädisposition für das
Auftreten von Vorhofflimmern, wie in Kapitel „Vorhofflimmern“ beschrieben.
- 26 -
Fragestellung
3. FRAGESTELLUNG
Bei der latenten Hyperthyreose handelt es sich um ein weit verbreitetes
Krankheitsbild. In wie weit eine Therapieindikation besteht, ist bisher ungeklärt
(Helfand, 2004).
Vorhofflimmern ist eine der häufigsten zu behandelnden Herzrhythmusstörungen überhaupt. Die Komplikationsrate wird derzeit noch kontrovers
diskutiert (s.o.), die häufigsten Komplikationen (Thrombembolien mit zerebralen
Insulten (Presti und Heart, 1989)) haben jedoch für den betroffenen Patienten
häufig schwerwiegende Folgen. Es wird ein deutlicher Anstieg der Morbidität
und Mortalität beim Vorliegen von Vorhofflimmern beschrieben (Kannel et al.,
1983).
Die
Rolle
der
manifesten
Hyperthyreose
für
das
Neuauftreten
von
Vorhofflimmern gilt bereits als gesichert (Woeber et al., 1992). Neben den
peripheren Schilddrüsenhormonen besitzt beispielsweise auch das TRH als
zentrales regulatorisches Hormon eine Auswirkung auf die Herzfunktion.
Nachgewiesen ist dieses zum Beispiel durch eine Interaktion mit dem
sympathischen Nervensystem (Morley et al., 1981; Dratman et al., 1982). Somit
ist ein Einfluss der latenten Hyperthyreose mit einer TSH- Erniedrigung nicht
unwahrscheinlich, aber bisher nicht nachgewiesen.
Daher ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, nachzuweisen, in wie weit eine TSHErniedrigung ohne eine Erhöhung der peripheren Schilddrüsenhormone eine
Bedeutung für das Neuauftreten von Vorhofflimmern bei Patienten mit kardialen
Vorerkrankungen hat.
Eine Klärung dieser Fragestellung ist unter anderem notwendig, um beurteilen
zu können, ob eine Therapieindikation bei latenter Hyperthyreose gegeben ist.
Daneben ist das Ergebnis wichtig, um die Therapie bzw. die Prävention des
Vorhofflimmerns zu optimieren. Sollte eine signifikante Bedeutung der latenten
Hyperthyreose für das Entstehen von Vorhofflimmern bestehen, so wäre dieses
vermutlich eine Indikation zur Therapie der latenten Hyperthyreose. Auch bei
gleichzeitigem Vorliegen mehrerer Risikofaktoren für das Auftreten von
- 27 -
Fragestellung
Vorhofflimmern
bestünde
bei
gesichertem
Risiko
durch
eine
latente
Hyperthyreose eventuell eine Therapieindikation vor dem Auftreten von
Vorhofflimmern.
- 28 -
Patienten und Methode
4. PATIENTEN UND METHODE
4.1 Patienten
4.1.1 Ein- und Ausschlusskriterien
Von April 1999 bis Januar 2001 wurde eine prospektive Fall- Kontroll- Studie
durchgeführt. Dabei wurden konsekutiv alle Patienten registriert, die mit der
Diagnose
eines
Vorhofflimmerns
in
der
Notfallaufnahme
der
Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil gesehen wurden. Es war
unerheblich, ob das Vorhofflimmern oder eine andere Diagnose die Indikation für
die Hospitalisation der Patientin/ des Patienten darstellte.
Erfasst wurden alle Patienten mit neu diagnostiziertem Vorhofflimmern. Dabei
handelte es sich um die erste mittels Elektrokardiogramm diagnostizierte
Herzrhythmusstörung.
Die Kontrollpatienten wurden aus dem gleichen Patientenkollektiv ausgewählt. Es
wurden Patienten im Sinusrhythmus eingeschlossen, die in Bezug auf Alter,
Geschlecht und kardiale Vorerkrankungen mit der Patientengruppe vergleichbar
waren.
Ausgeschlossen wurden aus beiden Kollektiven Patienten, bei denen aus
vorliegenden Befundberichten, Elektrokardiographien, einem Überweisungsschreiben, oder der persönlichen Anamnese des Patienten ein vorausgegangener Fall von Vorhofflimmern anzunehmen war. Auch Patienten, die
berichteten, subjektiv bereits eine ähnliche Episode erlebt zu haben, dabei aber
keinen Arzt konsultiert zu haben, oder dass im Rahmen des daraufhin
durchgeführten EKGs kein Vorhofflimmern diagnostiziert wurde, wurden
ausgeschlossen. Patienten bei denen ein Zustand nach Kardioversion und
Reanimation bestand, wurden ausgeschlossen.
- 29 -
Patienten und Methode
Ebenfalls wurden Patienten, denen ein Herzschrittmacher implantiert wurde,
ausgeschlossen. Da hierdurch komplex in das Reizleitungssystem eingegriffen
wird,
sind
nur
erschwert
Aussagen
über
eine
Vergleichbarkeit
zur
Allgemeinbevölkerung zu machen. Daher wurden diese Patienten weder in die
Kontrollgruppe noch in die Patientengruppe eingeschlossen.
Auch
Patienten
nach
Durchführung
einer
Allgemeinanästhesie
in
den
vorausgegangenen drei Monaten, insbesondere nach kardiochirurgischen
Eingriffen, wurden nicht in die Studie eingeschlossen, da in diesen Fällen die
Auftretenswahrscheinlichkeit
von
Vorhofflimmern
deutlich
gegenüber
der
Allgemeinbevölkerung erhöht ist (Ommen et al., 1997).
Als weiteres Ausschlusskriterium galt eine spezifische antiarrhythmische
Therapie in Kombination mit einer antikoagulatorischen Therapie, um falschnegative Kontrollen auszuschließen. So sollte vermieden werden, dass Patienten
mit schon seit länger bestehendem (intermittierendem oder therapiertem)
Vorhofflimmern, welches ihnen selbst nicht bewusst war, aber therapiert wurde,
eingeschlossen wurden. Insbesondere wurden Patienten mit Amiodaron, einem
Antiarrhythmikum mit Jodgehalt mit einem Einfluß auf die Schilddrüsenfunktion,
nicht einbezogen (Weirsinga, 1997; Toft und Boon, 2000).
Patienten, die Medikamente mit einem signifikanten Einfluß auf den Stoffwechsel
der Schilddrüse, wie zum Beispiel Dopamin, Carbamazepin und Phenytoin
erhielten, wurden ausgeschlossen. Ebenso waren schwere extrathyreoidale
Krankheiten
mit
einem
Einfluß
auf
die
Schilddrüsenhormone
ein
Ausschlußkriterium. Patienten mit auffälligen Serum- TSH- Werten, die eine
hochdosierte Therapie mit Cortikosteroiden
erhielten, wurden nicht mit
eingeschlossen. Bei diesen Patienten ist nicht auszuschliessen, dass die
Auffälligkeiten des TSH- Wertes auf der medikamentösen Therapie beruht und
nicht auf einer thyreoidealen Erkrankung (Pfannenstiel et al., 1997).
- 30 -
Patienten und Methode
4.1.2 Definition erfasster Parameter
Im folgenden sollen die erfassten Größen und deren Definitionen erläutert
werden:
Der Name wurde erfragt. Die Aufnahmenummer des Krankenhauses wurde der
Patientenakte
entnommen.
Die
Patienten
mit
fortlaufenden
Nummern
anonymisiert, um dem Datenschutz gerecht zu werden.
Die Körpergröße und das -gewicht wurden erfragt.
Die Diagnose Koronare Herzerkrankung wurde gestellt, wenn ein positiver
Befund einer Koronarangiographie oder eine positive Myokardszintigraphie
vorlag. Außerdem wurde die Diagnose gestellt, wenn ein entsprechender
Befundbericht vorlag, aus dem das Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung
eindeutig hervorging oder der Patient einen Myokardinfarkt erlitten hatte.
Eine hypertensive Herzerkrankung wurde ab einer Septumdicke von 12 mm bei
gleichzeitig vorliegender Hypertonie angenommen. Die Septumdicke konnte
echokardiagraphisch oder während einer Koronarangiographie gemessen
worden sein. Ebenfalls wurde diese Diagnose gestellt, wenn ein entsprechender
ärztlicher Befundbericht über vorangegangene Klinikaufenthalte oder ambulante
Arztbesuche vorlag.
Ein Vitium wurde diagnostiziert, wenn echokardiographisch oder mittels einer
Rechts-, beziehungsweise Linksherzkatheteruntersuchung ein Herzklappenfehler
nach den entsprechenden Kriterien vorlag.
Eine arterielle Hypertonie wurde gemäß WHO- Kriterien diagnostiziert, wenn
wiederholte Blutdruckmessungen Werte über 140/ 90mmHg ergaben. Ebenfalls
wurde die Diagnose gestellt, wenn ein Patient blutdrucksenkende Medikamente
einnahm und darunter normotone Blutdruckwerte festgestellt werden konnten.
Bei Patienten mit verminderter körperlicher Belastbarkeit aufgrund einer
nachgewiesenen
ventrikulären
Funktionsstörung
wurde
die
Diagnose
Herzinsuffizienz gestellt. Die körperliche Belastbarkeit wurde dabei nach den
- 31 -
Patienten und Methode
Kriterien der New York Heart Assosiation
(NYHA) beurteilt (NYHA I:
Beschwerdefreiheit, normale körperliche Belastbarkeit, NYHA II: Beschwerden
bei stärkerer körperlicher Belastung, NYHA III: Beschwerden schon bei leichter
körperlicher Belastung, NYHA IV: Beschwerden in Ruhe). Dabei wurde nicht
nach der Ätiologie der Herzinsuffizienz differenziert, sofern diese keine eigene
Erfassungsdiagnose darstellte. Die klinische Diagnose wurde bei Vorliegen des
Stadiums II – IV gestellt.
Ein Diabetes mellitus wurde nach den Leitlinien der Deutschen Diabetes
Gesellschaft diagnostiziert, wenn ein Nüchtern- Plasma- Glucosespiegel von
über
126
mg/dl
festgestellt
wurde.
Bei
Bestimmung
eines
Gelegenheitsblutzuckers von über 200 mg/dl und zusätzlich bestehenden
Symptomen des Diabetes (wie Müdigkeit, Leistungsminderung, Polyurie, Durst,
Polydipsie, Gewichtsverlust, nächtliche Wadenkrämpfe), oder wenn in einem
oralen Glucose- Toleranz- Test ein 2 – h – Wert von über 200 mg/dl gemessen
wurde, wurde das Vorliegen eines Diabetes mellitus angenommen. Ebenso
wurde die Diagnose gestellt, wenn ein Patient unter einer Insulintherapie stand
oder orale Antidiabetika einnahm.
Eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) wurde diagnostiziert,
wenn
entweder
eine
chronische
Bronchitis
oder
ein
obstruktives
Lungenemphysem vorlag. Die chronische Bronchitis wurde nach den WHOKriterien definiert als Vorliegen von Husten und Auswurf an den meisten Tagen
während mindestens drei Monaten in jeweils zwei aufeinanderfolgenden Jahren
unter
dem
Ausschluss
anderer
Ursachen.
Das
Vorliegen
eines
Lungenemphysems wurde aus bisherigen Röntgenbefunden ermittelt.
Das Rauchverhalten wurde erfragt. Dabei wurde als Raucher angesehen, wer
zum Zeitpunkt der Erfassung geraucht hat, oder wenn der Zeitpunkt des
Abstinenzbeginns weniger als 7 Jahre zurücklag.
Die
Diagnose
Apoplex wurde
anamnestisch
vorliegenden Befundberichten entnommen.
Gleiches galt für den Zustand nach Lungenembolie.
- 32 -
erhoben,
beziehungsweise
Patienten und Methode
Eine Hyperlipidämie wurde diagnostiziert, wenn ein Nüchtern- Gesamtcholesterin
von über 200 mg/dl, eine Triglyzeridwert von über 180 mg/dl bestimmt wurde
oder
eine
cholesterinsenkende
eingenommen
wurde.
Zwischen
oder
einer
triglyzeridsenkende
Hypercholesterinämie
Medikation
und
einer
Hypertriglyzeridämie wurde nicht differenziert.
Der Serumkaliumspiegel wurde den Laborwerten bei Aufnahme entnommen.
Entwickelte sich das Vorhofflimmern während des Aufenthaltes, so wurde der
erste entnommene Kaliumwert nach dem Ereignis erfasst.
Die Medikation wurde der Anamnese entnommen. Dabei wurde die letzte
Medikation vor dem stationären Aufenthalt festgehalten. Trat das Vorhofflimmern
während eines längeren Klinikaufenthaltes auf, so wurde die zuletzt verordnete
Medikation und Dosierung registriert.
Bei dem erfassten Echokardiographiebefund handelt es sich um den ersten
Befund nach dem Neuauftreten des Vorhofflimmern, bei Patienten ohne
Vorhofflimmern um den ersten nach Aufnahme in die Klinik. Falls in der Klinik
keine Echokardiographie durchgeführt wurde, aber ein aktueller Bericht einer
ambulant
oder
in
einem
anderen
Krankenhaus
zuvor
erfolgten
Ultraschalluntersuchung des Herzens vorlag, so wurden diese Daten zur
Vervollständigung des Datensatzes genutzt.
- 33 -
Patienten und Methode
4.1.3 Einteilung nach der Stoffwechsellage der Schilddrüse
Die Patienten wurden nach der Stoffwechsellage der Schilddrüse in sechs
Gruppen eingeteilt.
In der ersten Gruppe (1) waren Patienten, die peripher euthyreot waren und
deren TSH basal im für den verwendeten Assay als normal geltenden Bereich
(0,3 – 4,0 mU/l) lag.
Die zweite Gruppe (2) subsummierte die Patienten mit supprimiertem TSH (unter
0,1mU/l) und peripherer Euthyreose – im folgenden als Patienten mit latenter/
subklinischer Hyperthyreose und supprimiertem TSH beschrieben.
Patienten der dritten Patientengruppe (3) hatten ebenfalls eine latente
Hyperthyreose, aber mit erniedrigtem, nicht supprimiertem, TSH (0,1 – 0,3 mU/l).
In einer vierten Untergruppe (4) wurden Patienten zusammengefasst, bei denen
ein erhöhtes basales TSH (>4,0 mU/l) festgestellt wurde. Dabei wurde nicht
differenziert, ob es sich um eine manifeste oder eine latente Hypothyreose
handelte.
Patienten mit einem Low-T3- Syndrom beinhaltete die fünfte Gruppe (5).
Laborchemisch findet sich bei diesen Patienten eine isolierte T3- Erniedrigung bei
in der Regel unauffälligem T4. Da diese Patienten am ehesten eine
Laborauffälligkeit aufgrund ihrer schweren Grunderkrankungen haben und nicht
aufgrund einer primären Schilddrüsenfunktionsstörung, wurden sie zum
Ausschluss einer Beeinflussung unserer Ergebnisse in dieser Extragruppe
zusammengefasst.
Die sechste Gruppe (6) fasst Patienten mit einer manifesten Hyperthyreose
zusammen. Diese ist definiert als ein supprimiertes TSH mit erhöhten peripheren
Hormonwerten.
- 34 -
Patienten und Methode
4.2 Methode
4.2.1 Rekrutierung der Patienten
Die Auswahl der Patienten erfolgte in der Notfallaufnahme sowie auf den
internistischen Aufnahmestationen der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken
Bergmannsheil in der Zeit vom April 1999 bis zum Januar 2001. Dort wurde der
Patient in Bezug auf vorliegende Ein- und Ausschlusskriterien evaluiert. Dazu
wurde zunächst das Aufnahme- EKG interpretiert. Dieses erfolgte stets, ohne
dass zuvor andere Daten gesichtet wurden. Lag Vorhofflimmern vor, wurde
nachgeforscht, ob dieses bereits länger bekannt war, oder ob es sich um die
Erstdiagnose
handelte.
Dazu
wurde
der
Patient
befragt,
vorliegende
Befundberichte eingesehen und ggf. die zuständige Stationsärztin/ der
Stationsarzt dazu befragt. Es wurde dann die weitere Vorgeschichte mittels des
unten abgebildeten Erhebungsbogens erfasst. Sofern nicht alle Daten aus der
Akte ersichtlich waren, wurde die Patientin/ der Patient persönlich befragt. Erst
nach Erfassung der Vorgeschichte und der Nebenerkrankungen wurden die
Laborbefunde, insbesondere die Schilddrüsenwerte, evaluiert.
Auf diese Art wurden sowohl die Patienten mit, als auch ohne Vorhofflimmern
erfasst. Die Patienten ohne Vorhofflimmern wurden dabei speziell nach den oben
genannten
zum
Vorhofflimmern
prädisponierenden
Erkrankungen
der
eingeschlossenen Patienten mit Vorhofflimmern zugeordnet. Das Matching
erfolgte ohne vorige Sichtung der Schilddrüsenfunktions- Parameter.
- 35 -
Patienten und Methode
4.2.2 Datenerhebung
Die Patientendaten wurden mit Hilfe des abgebildeten Erhebungsbogens erfasst:
Name
Vorname
Lfd. Nummer
Geburtsdatum
Geschlecht
Aufnahmenummer
Größe
Gewicht
ja
nein
ja
nein
Neu aufgetretenes
Vorhofflimmern
Einweisungsdiagnose:
Laborwerte
Datum
TSH
TT3
FT3
TT4
FT4
Vorerkrankungen:
KHK
hypertensive
Herzerkrankung
Vitium
art. Hypertonie
Herzinsuffizienz
Diabetes mellitus
COPD
CMP
Raucher
Apoplex
Lungenembolie
Hyperlipoproteinämie
Kalium im Serum
- 36 -
Patienten und Methode
Medikation
Antiarrhythmika
SD- Hormone
Thyreostatika
Antikoagulantien
Steroide
Carbamazepin
Phenytoin
Kardioversion:
Kontrastmittelexposition:
ja
nein
Medikament
ja
ja
nein
nein
UKG- Befund
Vorhofgröße
Septumdicke
Ejektionsfraktion
Abbildung 1: Datenerhebungsbogen
- 37 -
Dosis
Patienten und Methode
4.2.3 Laborparameter
Die Stoffwechselfunktion der Schilddrüse wurde mittels TSH im Serum und
peripherer Schilddrüsenhormone bewertet. Bestimmt wurden diese im Institut für
Klinische Chemie der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil
Bochum unter der Leitung von Prof. Dr. med. M. Krieg.
Die quantitative Bestimmung der Schilddrüsenparameter erfolgte immunologisch
mittels des „Bayer Immuno 1TM System“.
Der TSH- Wert mittels des „3Gen TSH (G3T)“ bestimmt. Werte zwischen 0,005
mU/L und 100 mU/L können mit Hilfe dieses Testes bestimmt werden. Der
Normbereich befindet sich zwischen 0,3 – 4,0 mU/L. Es besteht eine analytische
Sensitivität von 0,005 mU/L und eine funktionelle Sensitivität von 0,014 mU/L.
Standarisiert ist der Test nach World Health Organization (WHO) 2nd
International Standard (IRP 80/558).
Der Normbereich für die peripheren Hormone lag für TT3 bei 0,7 – 1,8 µg/l, für
fT3 bei 3,7 – 6,9 pmol/l, für TT4 bei 50 - 120 µg/l und für fT4 bei 7 - 20 ng/l.
- 38 -
Patienten und Methode
4.3 Statistik
Die statistische Auswertung erfolgte mit Hilfe des Statistikprogramms SAS.
4.3.1 Cochran- Mantel- Haenszel- Test/ Odds Ratio
Der Cochran- Mantel- Haenszel- Test wurde zur Auswertung der Daten genutzt.
Mit Hilfe dieses Testes wurde die Odds Ratio und das zugehörige 95%Konfidenzintervall für das Auftreten von Vorhofflimmern beim Vorliegen von einer
Schilddrüsenfunktionsstörung berechnet.
Mit Hilfe der logistischen Regression wurde für den Einfluss von durch das
Matching möglicherweise nicht exakt ausgeglichenen Covariablen adjustiert.
Bei Fall- Kontroll- Studien ist es nicht möglich, ein relatives Risiko zu berechnen,
da mit der Auswahl einer Gruppe von Fällen und einer vorher definierten Anzahl
von Kontrollen begonnen wird. Somit besteht keine Möglichkeit, etwas über die
Krankheitsrate zu erfahren, die zur Berechnung relativen Risikos notwendig ist
(Relatives Risiko = Inzidenz der Krankheit bei Exponierten/ Inzidenz der
Krankheit bei Nichtexponierten).
Die Odds Ratio gilt als Verfahren zum Vergleich der Expositionshäufigkeit von
Fällen und Kontrollen im Rahmen von Fall- Kontroll- Studien, welches
rechnerisch und konzeptionell ein dem relativen Risiko ähnliches Effektmaß
liefert.
Diese ist definiert als Chance dafür, dass ein Erkrankter exponiert ist, dividiert
durch die Chance, dass ein Nichterkrankter exponiert ist.
Die Odds Ratio berechnet sich für diese Studie aus dem Quotienten aus der
Chance dafür, dass ein Patient mit Vorhofflimmern eine latente Hyperthyreose
mit supprimiertem TSH hat und der Chance dafür, dass ein Patient im
Sinusrhythmus eine latente Hyperthyreose mit supprimiertem TSH hat.
- 39 -
Patienten und Methode
4.3.2 Signifikanzen
Auf signifikante Unterschiede wurden Patienten- und Kontrollgruppe bezüglich
der kontinuierlichen Messwerte mittels des Student’s-T-Tests für unverbundene
Stichproben untersucht. Bei 539 untersuchten Patienten ist die Anzahl der
Freiheitsgrade df = 357. Der kritische Wert für t liegt bei einem Sicherheitsniveau
von α = 0,05 bei 1,960. Bei Werten für t, die über 1,960 liegen, ist p < 0,05, der
Unterschied von Patienten- und Kontrollgruppe demnach statistisch signifikant.
Bei Werten > 0,05 kann die Nullhypothese, dass kein signifikanter Unterschied
besteht, nicht abgelehnt werden. Es ist zu betonen, dass dieser Test einen
Unterschied von Patienten- und Kontrollgruppe nicht ausschließt (Pearson und
Hartley, 1976).
Die Signifikanz der Unterschiede der diskreten Messwerte wurden mit Hilfe des
Chi-Quadrat-Tests evaluiert. Da jeweils Werte einer Vier-Felder-Tafel beurteilt
wurden, war die Anzahl der Freiheitsgrade df = 1. Daraus ergibt sich ein kritischer
Wert für Χ² von 3,48 bei einem Sicherheitsniveau von α = 0,05. Bei Werten über
3,84 ist p < 0,05, der Unterschied der Kontroll- und Patientengruppe damit
statistisch signifikant. Auch hier gilt, dass bei Werten > 0,05 die Nullhypothese
nicht abgelehnt werden kann. Es kann nicht abgelehnt werden, dass kein
signifikanter Unterschied zwischen Patienten- und Kontrollgruppe besteht. Auch
dieser Test liefert keinen Beweis dafür, dass kein signifikanter Unterschied
besteht (Colton, 1974).
- 40 -
Studienergebnisse
5. STUDIENERGEBNISSE
In dieser Studie wurden die Patienten erfasst, die mit neu aufgetretenem
Vorhofflimmern zwischen April 1999 und Januar 2001 in die Medizinische Klinik
der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil Bochum aufgenommen
wurden. Diese bildeten die Patientengruppe. Die Kontrollgruppe bestand aus
Patienten, die im gleichen Zeitraum in diese Klink aufgenommen wurden, die
weder zum Zeitpunkt der Aufnahme noch in der Vorgeschichte Vorhofflimmern
hatten. Das kardiovaskuläre und extrakardiale Risikoprofil für das Auftreten von
Vorhofflimmern sollte in beiden Gruppen vergleichbar sein.
5.1 Vergleichbarkeit von Patienten- und Kontrollgruppe
Patienten- und Kontrollgruppe wurden nach oben genannten Parametern
angeglichen. Dadurch sollte erreicht werden, dass beide Gruppen ein ähnliches
Risikoprofil für das Neuauftreten von Vorhofflimmern hatten. So konnte beurteilt
werden, in wieweit die latente Hyperthyreose ein eigenständiger Risikofaktor für
das Neuauftreten von Vorhofflimmern ist.
Dabei ergaben sich bezüglich der Vergleichbarkeit der Patienten- und
Kontrollgruppe folgende Ergebnisse:
- 41 -
Studienergebnisse
Tabelle
1:
Vergleichbarkeit
von
Patienten-
und
Kontrollgruppe,
Durchschnittswerte (+/- Standardabweichung) kontinuierlicher Parameter
Parameter
Alter
Sinusrhythmus
67,2 Jahre (+/- 0,53)
Vorhofflimmern
t (p)*
70,2 Jahre (+/- 0,76) -53,3 (< 0,05)
Grösse
1,68 m (+/- 0,49)
1,70 m (+/- 0,72)
-0,38 (> 0,05)
Gewicht
75,7 kg (+/- 0,83)
78,4 kg (+/- 1,36)
28,50 (< 0,05)
Kalium
4,2 mmol/l (+/- 0,04)
4,2 mmol/l (+/- 0,05)
0 (> 0,05)
Vorhofgröße
41,5 mm (+/- 0,52)
44,5 mm (+/- 0,82)
-51,65 (< 0,05)
Septumdicke
12,1 mm (+/- 0,15)
12,6 mm (+/- 0,28)
-26,99 (< 0,05)
60,6 % (+/- 0,93)
59,7 % (+/- 1,31)
9,19 (< 0,05)
Ejektionsfraktion
*Signifikanzen überprüft mit dem Student’s T- Test für unverbundene Stichproben
Tabelle 2: Vergleichbarkeit von Patienten- und Kontrollgruppe (diskrete
Parameter)
Parameter
Sinusrhythmus
Vorhofflimmern
ja
nein
Anteil ja
ja
nein
Anteil ja
X² (p)*
KHK
190
169
52,3%
78
102
43,3%
4,41 (< 0,05)
Zustand nach Infarkt
116
243
32,3%
38
142
21,1%
7,37 (< 0,05)
Hypertensive
Herzerkrankung
210
149
58,5%
118
62
65,6%
2,51(> 0,05)
Art. Hypertonus
285
74
79,4%
145
35
80,5%
0,10 (> 0,05)
Herzinsuffizienz
79
279
22,0%
49
131
27,2%
1,80 (> 0,05)
COPD
80
279
22,3%
38
142
21,1%
0,10 (> 0,05)
Vitium
64
295
17,8%
54
126
30,0%
6,95 (< 0,05)
Raucher
110
249
30,6%
53
127
29,4%
0,08 (> 0,05)
Apoplex
29
330
8,1%
20
160
11,1%
1,34 (> 0,05)
Lungenembolie
14
345
3,9%
7
173
3,9%
0 (> 0,05)
Kontrastmittel
20
339
5,6%
9
171
5,0%
0,08 (> 0,05)
w 82 m 102
w 40,4
1,09 (> 0,05)
100
55,6%
3,18 (> 0,05)
Geschlecht
Hyperlipoproteinämi
e
w 166 m 171 w 44,6
228
131
63,5%
*Signifikanzen berechnet mit dem Chi- Quadrat- Test
- 42 -
80
Studienergebnisse
Den Tabellen ist zu entnehmen, dass Patienten- und Kontrollgruppen
vergleichbar sind.
Um diese Vergleichbarkeit genauer beurteilen zu können, wurde die Untergruppe
der Patienten mit latenter Hyperthyreose mit supprimiertem TSH separat auf ihre
Vergleichbarkeit bezüglich verschiedener prädisponierender Vorerkrankungen
bewertet. Dabei ergaben sich folgende Ergebnisse:
Tabelle 3:
Vergleichbarkeit von Patienten- und Kontrollgruppe (diskrete
Parameter) der Untergruppe mit latenter Hyperthyreose und supprimiertem TSH
Parameter
Sinusrhythmus
ja
nein Anteil ja
Vorhofflimmern
ja
nein Anteil ja
X² (p)*
KHK
6
3
66,7%
3
9
25,0%
93,58 (< 0,05)
Infarkt
4
5
44,4%
1
11
8,3%
94,38 (< 0,05)
Hypertensive
Herzerkrankung
7
2
77,8%
7
5
58,3%
22,46 (< 0,05)
Art. Hypertonus
7
2
77,8%
9
3
75,0%
0,56 (> 0,05)
Herzinsuffizienz
4
5
44,4%
0
12
0,0%
169,10 (< 0,05)
COPD
3
6
33,3%
4
8
33,3%
0 (> 0,05)
Vitium
0
9
0,0%
2
10
16,7%
42,55 (< 0,05)
Raucher
1
8
11,1%
4
8
33,3%
35,93 (< 0,05)
Apoplex
1
8
11,1%
1
11
8,3%
1,18 (> 0,05)
Lungenembolie
1
8
11,1%
0
12
0%
35,93 (< 0,05)
Kontrastmittel
1
8
11,1%
0
12
0%
35,93 (< 0,05)
Hyperlipoproteinämie
5
4
55,6%
9
3
75%
22,45 (< 0,05)
*Signifikanzen berechnet mit dem Chi- Quadrat- Test
- 43 -
Studienergebnisse
Tabelle
4:
Vergleichbarkeit
von
Patienten-
und
Kontrollgruppe,
Durchschnittswerte (+/- Standardabweichung) kontinuierlicher Parameter, der
Untergruppe mit latenter Hyperthyreose und supprimiertem TSH
Parameter
Sinusrhythmus
Vorhofflimmern
t (p)*
72,1 Jahre (+/- 2,62)
71,6 Jahre (+/- 2,28)
0,45 (> 0,05)
Grösse
1,68 m (+/- 2,23)
1,66 m (+/- 2,44)
0,02 (> 0,05)
Gewicht
72,1 kg (+/- 4,12)
70,3 kg (+/- 4,79)
0,94 (> 0,05)
Kalium
3,9 mmol/l (+/- 1,56)
4,0 mmol/l (+/- 0,15)
0,18 (> 0,05)
Vorhofgröße
42,5 mm (+/- 3,40)
44,7 mm (+/- 3,08)
1,51 (> 0,05)
Septumdicke
11,8 mm (+/- 1,82)
12,7 mm (+/- 0,88)
-1,30 (> 0,05)
56,3 % (+/- 5,24)
65,3 % (+/- 1,52)
-4,67 (< 0,05)
Alter
Ejektionsfraktion
*Signifikanzen überprüft mit dem Student’s T- Test für unverbundene Stichproben
Bezüglich des Vorkommens der koronaren Herzerkrankung liegt ein signifikanter
Unterschied vor. In der Patientengruppe hatten 43,3%, in der Kontrollgruppe
52,3% eine koronare Herzerkrankung (X² = 4,41; p < 0,05).
In der Untergruppe der Patienten mit latenter Hyperthyreose und supprimiertem
TSH (Gruppe 2) haben nur 3 von 12 Patienten (25%) mit Vorhofflimmern, aber 6
von 9 Patienten (66,6%) ohne Vorhofflimmern eine koronare Herzerkrankung (X²
= 93,58; p < 0,05).
65,6% der Patienten mit Vorhofflimmern leiden unter einer hypertensiven
Herzerkrankung, dagegen nur 58,5% der Patenten der Kontrollgruppe. Dieser
Unterschied ist statistisch nicht signifikant (X² = 2,51; p > 0,05).
In der Gruppe mit Patienten mit latenter Hyperthyreose mit supprimiertem TSH
leiden 7 von 12 Patienten (58,3%) mit Vorhofflimmern und 7 von 9 Patienten
(77,8%) ohne Vorhofflimmern an hypertensiver Herzerkrankung (X² = 22,46; p <
0,05). In dieser Untergruppe sind die Patienten mit Vorhofflimmern diesbezüglich
also gesünder.
- 44 -
Studienergebnisse
Bezüglich der arteriellen Hypertonie findet sich eine annähernd gleiche Verteilung
mit 80,5% der Patientengruppe und 79,4% der Kontrollgruppe (X² = 0,10; p >
0,05).
Auch in der Subgruppe mit der Schilddrüsenerkrankung der hier definierten
Gruppe 2 (latente Hyperthyreose mit supprimiertem TSH) findet sich mit 9 von 12
(75,0%) der Patienten mit Vorhofflimmern und 7 von 9 (77,8%) der Patienten im
Sinusrhythmus ein in beiden Gruppen nahezu gleichgroßer Anteil erkrankter
Personen an der Gesamtzahl der betrachteten Personen (X² = 0,56; p > 0,05).
Beide Unterschiede sind nicht signifikant.
Die Septumdicke war statistisch signifikant unterschiedlich mit 12,1 mm im
Durchschnitt bei den Patienten ohne Vorhofflimmern und 12,6 mm bei Patienten
mit Vorhofflimmern (t = -26,99; p < 0,05).
In der Gruppe der Patienten mit latenter Hyperthyreose fand sich eine
durchschnittliche
Septumdicke
von
12,7
mm
bei
den
Patienten
mit
Vorhofflimmern und von 11,8 mm bei Patienten im Sinusrhythmus (t = -1,30; p >
0,05).
Ein Vitium fand sich bei 17,8% der Kontrollgruppe und bei 30,0% der
Patientengruppe. Dieser Unterschied war statistisch signifikant (X² = 6,95; p <
0,05).
Von den Patienten mit latenter Hyperthyreose und supprimiertem TSH hatte kein
Patient ohne Vorhofflimmern, aber zwei Patienten mit Vorhofflimmern (16,7%) ein
Vitium. Diese waren eine höhergradige Aortenstenose und eine Mitralinsuffizienz
II – III° (X² = 42,55; p < 0,05).
Die Diagnose der Herzinsuffizienz konnte in der Kontrollgruppe bei 22,0% der
Patienten gestellt werden. In der Patientengruppe war dieses bei 27,2% der
Patienten der Fall (X² = 1,80; p > 0,05). Dabei wurde eine Ejektionsfraktion von
durchschnittlichen
60,6%
in
der
Kontrollgruppe
und
59,7%
in
der
Patientengruppe gemessen (t = 9,19; p < 0,05).
In der für diese Studie besonders interessanten Untergruppe der Patienten mit
subklinischer Hyperthyreose und supprimiertem TSH hatten 0% der Patienten mit
- 45 -
Studienergebnisse
Vorhofflimmern (0 von 12) und 44,4% (4 von 9) ohne Vorhofflimmern eine
Herzinsuffizienz (X² = 169,10; p < 0,05).
Die Ejektionsfraktionen waren hier
65,3% bei den Patienten mit Vorhofflimmern und 56,3% bei denen ohne
Vorhofflimmern (t = -4,67; p < 0,05).
Die Vorhofgröße betrug in der Patientengruppe im Durchschnitt 44,5 mm, in der
Kontrollgruppe 41,4 mm (t = 26,99; p < 0,05).
Bei der isolierten Betrachtung der Patientengruppe mit supprimiertem TSH bei
peripherer
Euthyreose
bestand
bei
Patienten
mit
Vorhofflimmern
eine
durchschnittliche Größe des Vorhofes von 44,7 mm, bei denen ohne
Vorhofflimmern eine Größe von im Schnitt 42,5 mm (t = 1,51; p > 0,05).
Bezüglich nichtkardialer Erkrankungen fand sich eine gute Vergleichbarkeit in
bezug auf eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) mit
einem
prozentualen Anteil von 21,1% bei Patienten ohne und 22,3% der Patenten mit
Herzrhythmusstörung (X² = 0,10; p > 0,05).
Bei isolierter Betrachtung der Patienten der Gruppe 2 bezüglich der
Schilddrüsenfunktion findet sich eine genaue Übereinstimmung des Anteils der
Patienten mit COPD mit jeweils 33,3% (4 von 12 Patienten mit Vorhofflimmern
und 3 von 9 Patienten ohne Vorhofflimmern) (X² = 0; p > 0,05).
Jodhaltige Kontrastmittel hatten im Vorfeld nur wenige Patienten erhalten. Von
den Patienten, bei denen Vorhofflimmern festgestellt wurde erhielten 8,1%, von
den Patienten ohne Vorhofflimmern 10,6% in den letzten drei Monaten vor
Studienbeginn Kontrastmittel (X² = 0,08; p > 0,05).
In der Patientengruppe mit supprimiertem TSH hat nur ein Patient (11,1%)
Kontrastmittel erhalten, dieser litt nicht unter Vorhofflimmern (X² = 35,93; p <
0,05).
Die Anzahl der Raucher war in beiden Gruppen mit 29,4% (53 von 180 Patienten
mit Vorhofflimmern) und 30,6% (110 von 359 Patienten ohne Vorhofflimmern)
nicht signifikant unterschiedlich (X² = 0,08; p > 0,05).
- 46 -
Studienergebnisse
In der Untergruppe der Patienten mit latenter Hyperthyreose mit supprimiertem
TSH fanden sich 4 Raucher bei 12 Personen mit Vorhofflimmern (33,3%), 11,1%
der Patienten ohne Vorhofflimmern waren Raucher (1 von 9 Patienten) (X² =
35,93; p < 0,05).
Ein Zustand nach Schlaganfall bestand in der Gruppe der Patienten mit
Vorhofflimmern in 11,1% der Fälle (20 von 180 Patienten) und in der
Kontrollgruppe bei 8,1% der Patienten (29 von 359 Patienten) (X² = 1,34; p >
0,05).
In der Patientengruppe mit latenter Hyperthyreose hatte jeweils ein Patient mit
Vorhofflimmern (8,3%) und ein Patient ohne Vorhofflimmern (11,1%) einen
Apoplex (X² = 1,18; p > 0,05). Beide Differenzen sind nicht signifikant.
Eine Lungenembolie konnte in der Vorgeschichte bei jeweils 3,9% der Patienten
festgestellt werden, das waren 7 von 180 Patienten mit Vorhofflimmern und 14
von 359 Patienten ohne Vorhofflimmern (X² = 0; p > 0,05).
Von den Patienten mit latenter Hyperthyreose mit supprimiertem TSH und
Vorhofflimmern hatte kein Patient eine Lungenembolie (0%). Ein Patient im
Sinusrhythmus hatte einen Zustand nach Lungenembolie (11,1%) (X² = 35,93; p
< 0,05).
Eine Hyperlipoproteinämie konnte bei 55,6% der Patienten (100 von 180) mit
Vorhofflimmern festgestellt werden und bei 63,5% der Patienten (228 von 359)
ohne Vorhofflimmern (X² = 3,18; p > 0,05).
Bei den Patienten mit supprimiertem TSH hatten 9 von 12 Patienten mit
Vorhofflimmern (75%) und 5 der 9 Patienten (55,6%) ohne Vorhofflimmern eine
Hyperlipoproteinämie (X² = 22,45; p < 0,05).
Der durchschnittliche Serumkaliumwert betrug in beiden Gruppen 4,2 mmol/l (X²
= 0; p > 0,05).
Bei alleiniger Beurteilung der Patienten der Gruppe zwei, nach Einteilung
bezüglich der Schilddrüsenfunktionsstörung, besteht ein durchschnittlicher
- 47 -
Studienergebnisse
Kaliumwert von 4,0 mmol/l bei Patienten mit Vorhofflimmern und 3,9 mmol/l bei
Patienten ohne Vorhofflimmern (X² = 0,18; p > 0,05).
Es bestand ein Durchschnittsalter von 67,2 Jahren in der Kontrollgruppe ohne
Vorhofflimmern und 70,2 Jahre in der Patientengruppe (t = 53,3; p < 0,05).
In der Patientengruppe mit latenter Hyperthyreose mit supprimiertem TSH
bestand ein Durchschnittsalter von 71,6 Jahren, die Kontrollpatienten aus
gleicher Gruppe bezüglich der Schilddrüsenfunktion waren im Durchschnitt mit
72,1 Jahren nur ein halbes Jahr, damit nicht statistisch signifikant, älter (t = 0,45;
p > 0,05).
Die durchschnittliche Körperlänge betrug bei den Patienten mit Vorhofflimmern
1,70 m bei einem mittleren Gewicht von 75,7 kg, bei den Kontrollpatienten
wurden im Durchschnitt 1,68 m und 78,4 kg gemessen (Körperlänge: t = -0,38; p
> 0,05; Körpergewicht: t = 28,50; p < 0,05).
Von den Patienten mit supprimiertem TSH und latenter Hyperthyreose waren die
Probanden mit Vorhofflimmern im Durchschnitt 1,66 m groß und 70,3 kg schwer.
Die Patienten mit einem Sinusrhythmus maßen durchschnittlich 1,68 m und
wogen 72,1 kg (Körperlänge: t = 0,02; p > 0,05; Körpergewicht: t = 0,94; p >
0,05).
- 48 -
Studienergebnisse
5.2
Patienteneinteilung
nach
Schilddrüsenhormonwerten/
Ergebnissen
Die
eingeschlossenen
Patienten
wurden
nach
Auswertung
ihrer
Schilddrüsenwerte in sechs Untergruppen aufgeteilt. Diese definierten sich wie
folgt:
Gruppe 1: Patienten mit euthyreoter Stoffwechsellage
Gruppe 2: Patienten mit latenter Hyperthyreose und supprimiertem TSH
Gruppe 3: Patienten mit latenter Hyperthyreose und erniedrigtem TSH
Gruppe 4: Patienten mit Hypothyreose
Gruppe 5: Patienten mit Low- T3- Syndrom
Gruppe 6: Patienten mit manifester Hyperthyreose
Die Bezeichnung „Gruppe“ in folgenden Tabellen und Abbildungen bezieht sich
auf diese Einteilung.
Es ergaben sich dabei in Tabelle 6 dargestellte Verhältnisse.
Tabelle 5: Ergebnisse nach Einteilung der Patienten gemäß der gemessenen
Schilddrüsenparameter in oben genannte Gruppen mit und ohne Vorhofflimmern
(in absoluten Zahlen)
Gruppe
Sinusrhythmus
Vorhofflimmern
euthyreot
1
321
146
TSH supprimiert
2
9
12
TSH erniedrigt
3
11
7
TSH erhöht
4
13
4
Low T3 Syndrom
Manifeste
Hyperthyreose
5
5
5
6
0
6
359
180
Summe
- 49 -
Studienergebnisse
Tabelle 6: Ergebnisse nach Einteilung der Patienten gemäß der gemessenen
Schilddrüsenparameter in oben genannte Gruppen mit und ohne Vorhofflimmern
(in prozentualen Anteilen)
Gruppe
Sinusrhythmus
mit Vorhofflimmern
euthyreot
1
89,4 %
81,1 %
TSH supprimiert
2
2,5 %
6,7 %
TSH erniedrigt
3
3,1 %
3,9 %
TSH erhöht
4
3,6 %
2,2 %
Low T3 Syndrom
Manifeste
Hyperthyreose
5
1,4 %
2,8 %
6
0%
3,3 %
- 50 -
Studienergebnisse
Graphisch stellen sich diese Ergebnisse wie folgt dar:
Patienten mit Vorhofflimmern
2,2%
2,8% 3,3%
3,9%
6,7%
1 eutyhreot
2 TSH supprimiert
3 TSH erniedrigt
4 TSH erhöht
5 Low- T3- Syndrom
81,1%
6 Manifeste
Hyperthyreose
Abbildung 2: Darstellung der Verteilung der Schilddrüsenfunktionszustände in
oben genannten Gruppen 1 - 6 bei Patienten mit Vorhofflimmern
Patienten ohne Vorhofflimmern
1,4%
3,1% 3,6%
0,0%
2,5%
1 euthyreot
2 TSH supprimiert
3 TSH erniedrigt
4 TSH erhöht
5 Low- T3- Syndrom
89,4%
6 Manifeste
Hyperthyreose
Abbildung 3: Darstellung der Verteilung der Schilddrüsenfunktionszustände in
oben genannte Gruppen 1 - 6 bei Patienten ohne Vorhofflimmern
- 51 -
Studienergebnisse
Mittels einer Vier- Felder- Tafel und dem Cochran- Mantel- Haenszel –Test
ließen sich daraus folgende Ergebnisse errechnen:
Es ergibt sich eine Odds Ratio für das Neuauftreten von Vorhofflimmern bei
Vorliegen einer latenten Hyperthyreose mit supprimiertem TSH (<0,1 mU/l)
gegenüber Patienten mit euthyreoter Stoffwechsellage von 2,93 bei einem 95% Konfidenzintervall von 1,21 – 7,11 (p = 0,01).
Mittels logistischer Regression ließen sich die trotz des Matching vorliegenden
statistisch signifikanten Differenzen bezüglich der Risikofaktoren koronare
Herzerkrankung, Septumdicke, Vorhofgröße, Vitien, Ejektionsfraktion, Alter und
Gewicht adjustieren. Es ergaben sich dabei Werte der Odds Ratio von zwischen
2,54 und 3,39. Abgesehen von der Odds Ratio nach Adjustierung für die
Vorhofgröße und die Septumdicke waren diese signifikant.
Bei Vorliegen einer latenten Hyperthyreose mit erniedrigtem TSH (0,1 – 0,3 mU/l)
ergab sich eine Odds Ratio von 1,40 gegenüber Patienten mit euthyreoter
Stoffwechsellage bei einem 95% - Konfidenzintervall von 0,53 – 3,68 (p = 0,49).
Bei Bestehen einer Hypothyreose errechnete sich für die untersuchten Patienten
eine Odds Ratio für das Auftreten von Vorhofflimmern von 0,68 mit einem 95%Konfidenzintervall von 0,22 – 2,11 (p = 0,50).
Für Patienten mit dem Low- T3- Syndrom konnte eine Odds Ratio von 2,20 bei
einem 95%- Konfidenzintervall von 0,63 – 7,71 (p = 0,21) für das Auftreten von
Vorhofflimmern im Vergleich zu Patienten ohne Schilddrüsenerkrankung
errechnet werden.
Da alle in der Studie erfassten Patienten mit einer Hyperthyreose Vorhofflimmern
hatten, ließ sich keine Odds Ratio für diese Patienten gegenüber Patienten mit
einer euthyreoten Stoffwechsellage errechnen.
- 52 -
Diskussion
6. DISKUSSION
Vorhofflimmern ist neben der ventrikulären und supraventrikulären Extrasystolie
die häufigste behandlungsbedürftige Herzrhythmusstörung.
Die Inzidenz wird für die Altersgruppe der 55 – bis 64 jährigen Menschen mit 3 –
4% angegeben und steigt mit zunehmendem Lebensalter, so dass sie bei
Patienten ab dem 80. Lebensjahr bis zu 9% beträgt (Kannel et al., 1982).
Die klinische Bedeutung wird durch das erhöhte Risiko einer kardialen
Insuffizienz und insbesondere durch das vermehrte Auftreten embolischer
Ereignisse mit der häufigen Folge zerebraler Insulte deutlich (Lévy et al., 1998;
Cabin et al., 1990; Hart und Halperin, 1999).
Bereits
hinreichend
bekannte
Risikofaktoren
für
das
Auftreten
von
Vorhofflimmern sind zum Beispiel die koronare Herzerkrankung (Relatives Risiko
= 2,2 – 2,4), die hypertensive Herzerkrankung (Relatives Risiko = 4 – 5), die
Herzinsuffizienz jeglicher Genese (Relatives Risiko = 4,5 – 5,9), die arterielle
Hypertonie (Relatives Risiko = 1,7 – 1,8), Kardiomyopathien, Vitien (Relatives
Risiko = 1,8 - 3,4) und die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (Kannel et
al., 1998, Kannel et al., 1982).
Die manifeste Hyperthyreose ist mit einer höheren Inzidenz von kardiovaskulären
Komplikationen vergesellschaftet (Woeber, 1992; Polikar et al., 1993; Toft und
Boon, 2000).
Sie ist in 9 – 22% mit dem Auftreten von Vorhofflimmern
verbunden (Woeber, 1992) und ist als Risikofaktor – wenn auch untergeordnet –
bereits gesichert.
Wenige Studien haben sich mit der Bedeutung der weitaus häufiger
vorkommenden latenten Hyperthyreose für das Auftreten kardialer Erkrankungen
befasst.
Die Bedeutung der latenten Hyperthyreose ist in einer 2001 veröffentlichten
Studie untersucht worden, die eine erhöhte Mortalität aller Patienten mit latenter
Hyperthyreose zeigen konnte. Insbesondere die auf kardiovaskuläre Krankheiten
zurückzuführende Mortalität, war bei diesen Patienten erhöht (Parle et al., 2001).
- 53 -
Diskussion
Eine mögliche Erklärung hierfür ist die höhere Inzidenz von Vorhofflimmern bei
diesen Patienten.
Es existieren bisher zwei große Studien, die sich mit dieser Fragestellung befasst
haben.
Während einer zehnjährigen Verlaufsuntersuchung von 2007 Patienten der
Framingham- Studie fanden die Autoren ein 3,1- fach erhöhtes Risiko für das
Neuauftreten von Vorhofflimmern bei Patienten mit supprimiertem Serum- TSH
(Sawin et al., 1994). Von diesen 2007 Patienten lag bei 61 Patienten eine TSHKonzentration im Serum unter 0,1 mU/l (supprimiertes TSH) vor. Bei 13 dieser
Patienten trat Vorhofflimmern auf.
In dieser Studie wurde eine nicht weiter definierte Anzahl der Patienten mit LThyroxin behandelt. In der Veröffentlichung der Studie werden nur sehr geringe
und wenig detaillierte Informationen über das Vorliegen von anderen
kardiovaskulären
Vorerkrankungen
gegeben.
Auf
die
Einnahme
von
antiarrythmischen Medikamenten, Corticoiden oder anderen Arzneimitteln mit
einem Einfluss auf den Schilddrüsenhormonstoffwechsel wird nicht eingegangen.
Eine TSH- Messung fand nur zu einem Zeitpunkt statt und nicht zum Zeitpunkt
des Vorhofflimmerns. Es ist somit nicht eindeutig, ob die Patienten, die im
Verlauf der Beobachtung Vorhofflimmern bekamen, auch zum Zeitpunkt der
Manifestation die gleiche Stoffwechsellage hatten, die zu Beginn festgestellt
worden
war.
Möglicherweise
entwickelten
einige
Patienten,
die
zu
Studienbeginn als latent hyperthyreot eingestuft wurden, im Verlauf eine
manifeste Hyperthyreose. Dieses könnte dann eine bereits bekannte Ursache
für das Neuauftreten von Vorhofflimmern gewesen sein. Die Anzahl der
Patienten, die bei Bestehen einer latenten Hyperthyreose Vorhofflimmern
entwickelt haben, wäre dann geringer als beschrieben. Ebenso ist denkbar,
dass Patienten, die euthyreot waren, latent oder manifest hyperthyreot
geworden sind und dann Vorhofflimmern entwickelt haben. Dann wäre die
Anzahl
der
Patienten,
die
unter
einer
Schilddrüsenfunktionsstörung
Vorhofflimmern entwickelt haben größer und die als Studienergebnis errechnete
Odds Ratio wäre falsch- zu- niedrig.
Die Hypothese, dass eine latente
- 54 -
Diskussion
Hyperthyreose mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern einhergeht, wird
durch diese Studie also nicht eindeutig belegt, sondern lässt sich allenfalls
vermuten.
Im Jahr 2001 veröffentlichten Auer et al. eine retrospektive Studie, die den
Zusammenhang zwischen Vorhofflimmern und der latenten Hyperthyreose
untersuchen sollte. Es wurden 23.638 Patienten in diese Studie eingeschlossen.
Dazu wurden Patienten aus zwei verschiedenen Krankenhäusern in drei
Gruppen
eingeteilt.
Eine
Gruppe
bildeten
Patienten
mit
euthyreoter
Stoffwechsellage. Die zweite bestand aus Patienten mit subklinischer und die
dritte Patientengruppe aus Probanden mit manifester Hyperthyreose. Es wurde
registriert, wie viele dieser Patienten zum Untersuchungszeitpunkt unter
Vorhofflimmern litten.
2,3% der Patienten mit euthyreoter Stoffwechsellage hatten Vorhofflimmern. Bei
12,7% der Patienten mit subklinischer und bei 13,8% mit manifester
Hyperthyreose konnte Vorhofflimmern diagnostiziert werden. Daraus ergab sich
ein relatives Risiko von 5,2 (95%- Konfidenzintervall: 2,1 – 8,7; p< 0,01) für das
Vorhandensein von Vorhofflimmern bei subklinischer Hyperthyreose gegenüber
einer euthyreoten Stoffwechsellage.
Bei der Auswertung dieser Studie wurde zwar im Gegensatz zur Auswertung der
Framingham-
Studie
das
Vorliegen
von
kardialen
Vorerkrankungen
miteinbezogen, es wurden für Vorhofflimmern prädisponierende Erkrankungen
aber nur in der Patientengruppe mit Vorhofflimmern untersucht. Dabei wurden die
Vorerkrankungen der Patientengruppen mit euthyreoter, manifest und latent
hyperthyreoter Stoffwechsellage verglichen. Kein Vergleich erfolgte bezüglich der
Vorerkrankungen der Patienten ohne Vorhofflimmern. Es ist demnach möglich,
dass
die
Patienten
mit
Vorhofflimmern
alle
aufgrund
der
kardialen
Vorerkrankungen ein größeres Risiko zur Entwicklung von Vorhofflimmern hatten
und damit die Aussagekraft über die Schilddrüsenfunktion als eigenständiger
Risikofaktor eingeschränkt war. Es ist wenig unterschieden worden, um welche
Vorerkrankungen es sich handelte. Es wurden die Inzidenz der Hypertonie und
- 55 -
Diskussion
der hypertensiven Herzerkrankung separat dargestellt. Das Vorliegen einer
koronaren
Herzerkrankung,
einer
dilatativen
Kardiomyopathie
und
von
Herzklappenfehlern ist kumulativ als Vorliegen einer oder mehrerer dieser
Erkrankungen beschrieben worden. Dabei besteht zweifelsohne ein Unterschied
in der Bedeutung für das Auftreten von Vorhofflimmern, ob alle drei dieser
Erkrankungen vorliegen oder eine Erkrankung.
Ein erheblicher Bias dieser Studie ist, dass das Patientengut selektioniert war.
Es handelte sich nicht um eine repräsentative Stichprobe. Es wurden nur
Patienten eingeschlossen, bei denen eine Abklärung der Schilddrüsenfunktion
erfolgte.
Die
Indikation
dazu
wurde
wahrscheinlich
aus
einer
Verdachtsdiagnose gestellt.
Diese Studienergebnisse gelten daher nicht für stationäre Patienten allgemein,
sondern
evtl.
nur
für
Patienten,
bei
denen
der
Verdacht
auf
eine
Schilddrüsenerkrankung besteht.
Die Aussagekraft dieser Studie ist daneben dadurch limitiert, dass das
Patientengut aus zwei verschiedenen Krankenhäusern (Abteilung für Kardiologie
und Intensivmedizin des Krankenhauses Wels und Medizinische Klinik und
Poliklinik „Barmherzige Brüder“ Graz- Eggenberg in Graz, Österreich) stammte.
Es ist nicht genauer aufgeführt, ob Patienten zu gleichen Teilen aus beiden
Häusern eingeschlossen wurden. Es besteht die Möglichkeit, dass die Gruppe
der Patienten mit Vorhofflimmern aus einem Krankenhaus stammte und die
Kontrollgruppe
aus
dem
anderen,
oder
die
Patienten
mit
Schilddrüsenerkrankungen vielleicht aus einem und die ohne thyreoideale
Vorerkrankung aus dem anderen stammen. Möglicherweise liegt hier ein weiterer
bedeutender Bias.
Nicht unterschieden wurde, ob es sich um neu aufgetretenes oder bereits lange
bestehendes Vorhofflimmern handelte. Patienten, bei denen seit längerem
Vorhofflimmern besteht und dieses symptomatisch war oder ist, sind vermutlich
bereits seitens des Schilddrüsenfunktion untersucht wurden und eventuell auch
therapiert wurden. Ein Fehler dieser Art würde zu einem falsch- niedrigen
relativen Risiko geführt haben.
- 56 -
Diskussion
Die im Rahmen dieser Studie beschriebenen Laboruntersuchungen sind mit
jeweils unterschiedlichen Assays durchgeführt worden. Dadurch ist die
Vergleichbarkeit der Tests geringer, als wenn alle gleichen Laborwerte mit dem
gleichen Assay ermittelt worden wären. Somit sind auch die Aussagen dieser
Studie bezüglich der Frage, ob bei einer latenten Hyperthyreose die Inzidenz von
Vorhofflimmern erhöht ist, nicht eindeutig.
Die hauptsächliche Intention der Bochumer Studie war, zu zeigen, inwieweit die
subklinische
Hyperthyreose
einen
eigenständigen
Risikofaktor
für
das
Neuauftreten von Vorhofflimmern darstellt, wenn andere Risikofaktoren, kardial
wie nicht- kardial, bereits vorliegen.
Zu diesem Zweck wurden die Patienten, die in die Medizinische Klinik der
Berufsgenossenschaftlichen
Kliniken
Bergmannsheil
diagnostiziertem
Vorhofflimmern aufgenommen wurden, oder dieses im Laufe des stationären
Aufenthaltes
entwickelten,
untersucht.
Sie
wurden
mit
einer
zweiten
Patientengruppe verglichen, die vom kardiovaskulären Risikoprofil ähnlich war,
aber stets einen Sinusrhythmus im Oberflächen- EKG vorwies.
Dieses Matching fand im Verhältnis 1:2 (ein Patient mit Vorhofflimmern zu zwei
Patienten ohne Vorhofflimmern) statt.
Die verglichenen Risikofaktoren waren zum Beispiel: arterielle Hypertonie,
koronare und hypertensive Herzerkrankung, Herzinsuffizienz, Herzvitium, COPD,
Asthma bronchiale, Kalium im Serum, etc. Ein besonderes Augenmerk wurde auf
die Vergleichbarkeit der Medikation in den beiden Gruppen gelegt. Dabei wurde
insbesondere auf antiarrhythmische Medikation und auf Medikamente mit einem
signifikanten Einfluss auf den Schilddrüsenhomonstoffwechsel, wie zum Beispiel
Cortison, Amiodaron, etc. geachtet.
Die verglichenen Vorerkrankungen sind mit einer erhöhten Auftretenswahrscheinlichkeit von manifestem Vorhofflimmern assoziiert. Das Vorliegen
einer Herzinsuffizienz beinhaltet das höchste Risiko für das Neuauftreten von
Vorhofflimmern mit einer 4,5- fachen Risikosteigerung bei Männern und einer
- 57 -
Diskussion
Erhöhung um das 5,9- fache bei Frauen. Ein Herzklappenfehler ist mit einem 1,8fach erhöhtem Risiko bei Männern und einem 3,4- fach erhöhtem Risiko bei
Frauen assoziiert. Unter Beachtung anderer Risikofaktoren und kardialer
Vorerkrankungen, ist der stattgehabte Myokardinfarkt nur bei Männern mit einem
erhöhten Risiko für das Neuauftreten von Vorhofflimmern von Bedeutung und
zwar mit einem um 40% erhöhtem Risiko (Kannel, 1982; Toft und Boon, 2000;
Benjamin et al., 1994).
In der vorliegenden Studie finden sich kleinere Differenzen bezüglich der
Verteilung der einzelnen kardialen Vorerkrankungen, wenn man die beiden
Gruppen vergleicht. Zieht man dabei aber die unterschiedlichen spezifischen
Risikofaktoren der einzelnen Erkrankungen in Betracht und beachtet, dass sich
die Erhöhung des relativen Risikos noch nach Geschlecht unterscheiden, ist das
Risikoprofil annähernd vergleichbar.
In der Kontrollgruppe konnte bei 52,3% der Patienten die Diagnose der
koronaren Herzerkrankung gestellt werden, in der Patientengruppe nur bei
43,3%. Die Patientengruppe mit Vorhofflimmern war demnach bezüglich der
koronaren Herzerkrankung signifikant „gesünder“. Dieses kann auch am damit
korellierenden
Anteil
der
Patienten,
die
in
der
Vorgeschichte
einen
Myokardinfarkt erlitten haben, gesehen werden. Dieses war bei 21,1% der
Patienten mit Vorhofflimmern und bei 32,3% der Patienten ohne Vorhofflimmern
der Fall. Da die koronare Herzerkrankung ein Risikofaktor für das Neuauftreten
von Vorhofflimmern ist (Kannel, 1982), könnte dieser Unterschied das
Studienergebnis dahingehend beeinflusst haben, dass die Odds ratio für das
Auftreten von Vorhofflimmern bei bestehender latenter Hyperthyreose noch
höher ist, als errechnet. Betrachtet man nur den Anteil der Patienten mit latenter
Hyperthyreose und supprimiertem TSH, so haben 3 von 12 Patienten (25%) mit
Vorhofflimmern und 6 von 9 Patienten (66,7%) ohne Vorhofflimmern eine
koronare Herzerkrankung. Diese Ungenauigkeit im Matching hat das errechnete
Ergebnis der Odds Ratio für das Neuauftreten von Vorhofflimmern bei Vorliegen
einer latenten Hyperthyreose möglicherweise in dem Sinne beeinflusst, dass es
falsch- zu- niedrig ist. Nach Adjustierung mittels logistischer Regression für das
Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung ergibt sich eine Odds Ratio für das
- 58 -
Diskussion
Vorliegen von Vorhofflimmern von 2,53 (95%- Konfidenzintervall von 1,09 – 6,51,
p = 0,03).
Eine
arterielle
Hypertonie
und
eine
daraus
resultierende
hypertensive
Herzerkrankung konnte in der Kontrollgruppe bei 79,4% bzw. 58,5% der
Patienten, in der Patientengruppe bei 80,5% bzw. bei 65,6% der Patienten
festgestellt werden. Es handelt sich bei beiden Erkrankungen um einen
Risikofaktor für das Auftreten von Vorhofflimmern. Das Vorkommen der
arteriellen Hypertonie ist in beiden Gruppen vergleichbar. Die hypertensive
Herzerkrankung
ist
in
der
Patientengruppe
nicht
statistisch
signifikant
überrepräsentiert (X² = 2,51; p > 0,05).
Betrachtet
man
die
Patientengruppe
mit
latenter
Hyperthyreose
mit
supprimiertem TSH, stellt sich das Verhältnis hier andersherum dar: lediglich
58,3% der Patienten mit Vorhofflimmern sind erkrankt, dagegen besteht bei
signifikant mehr Patienten (77,8%) ohne Vorhofflimmern eine hypertensiver
Herzerkrankung.
Eine Hypertonie bestand in dieser Untergruppe bei 7 von 9 Patienten (77,8%)
ohne Vorhofflimmern und bei 9 von 12 Patienten (75%) mit Vorhofflimmern. Auch
in dieser Gruppe besteht diesbezüglich kein signifikanter Unterschied.
Es ist auch bezüglich dieses Risikofaktors nicht davon auszugehen, dass es zu
einer falschen Erhöhung der Odds Ratio geführt haben könnte.
Der deutlichste Unterschied findet sich bezüglich der Klappenvitien. In der
Kontrollgruppe leiden lediglich 17,8% unter einem Herzklappenfehler, dagegen
30,0% der Patienten mit einer Tachyarrhythmia absoluta. Hier ist zu sagen, dass
nicht alle Patienten ohne Vorhofflimmern echokardiographisch untersucht
worden, somit bei einigen Patienten ein eventuell vorliegendes Vitium nicht
erfasst wurde. Die Patienten mit neuaufgetretenem Vorhofflimmern erhielten alle
ein Echokardiogramm. Dieser Unterschied ist mit X² = 6,95 statistisch signifikant.
Nach Adjustierung mittels logistischer Regression ergibt sich eine Odds Ratio für
das Auftreten von Vorhofflimmern bei supprimiertem TSH von 2,97 (95%Konfidenzintervall 1,19 – 7,37, p = 0,048).
- 59 -
Diskussion
In der Untergruppe der Patienten mit supprimiertem TSH bei latenter
Hyperthyreose fanden sich zwei Patienten mit einem Vitium. Beide Patienten
litten unter Vorhofflimmern. Es handelte sich bei einem Patienten ein Mitralvitium
II – III° und beim anderen um eine Aortenklappenstenose.
Somit bestand zumindest bezüglich dieser beider Patienten auch ohne das
Vorliegen einer latenten Hyperthyreose ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von
Vorhofflimmern.
Patienten mit Vorhofflimmern hatten eine durchschnittliche Septumdicke von
12,6 mm, während Patienten ohne Vorhofflimmern mit 12,1 mm ein signifikant
schmaleres Septum hatten (t = 26,99; p < 0,05). Nach Adjustierung mittels
logistischer Regression für die Septumdicke ergab sich eine Odds Ratio für das
Neuauftreten von Vorhofflimmern bei latenter Hyperthyreose mit supprimiertem
TSH ein Wert von 2,94 (95%- Konfidenzintervall 0,8 - 8,81; p = 0,053). Dieser ist
mit p > 0,05 nicht statistisch signifikant.
Die Patienten mit supprimiertem TSH und latenter Hyperthyreose hatten im
Durchschnitt eine Septumdicke von 11,8 mm (ohne Vorhofflimmern) und 12,8
mm (mit Vorhofflimmern). Diese Differenz war nicht statistisch signifikant. In der
Gruppe
ohne
Vorhofflimmern
bestand
nicht
immer
die
Indikation
zur
Echokardiographie . Somit sind einige Patienten nicht echokardiographisch
untersucht worden, bzw. hatten eventuell eine Septumhypertrophie, die nicht
festgestellt worden ist. Eine Differenz von 1 mm, bzw. 0,5 mm liegen im Bereich
der
Meßungenauigkeit
bei
sonographischen
Verfahren
wie
der
Echokardiographie am sich bewegenden Herzen.
Die Vorhofgröße betrug in der Patientengruppe im Mittel 44,5 mm und war in der
Kontrollgruppe mit 41,4 mm signifikant geringer. Die mittlere Vorhofgröße der
Patienten mit supprimiertem TSH und latenter Hyperthyreose betrug 44,7 mm
(mit Vorhofflimmern), bzw. 42,5 mm (ohne Vorhofflimmern). Die bestehende
Differenz ist nicht signifikant. Die Patienten mit Vorhofflimmern haben einen um
etwa
2
mm
größeren
Vorhof
in
der
Gruppe
mit
betrachteter
Schilddrüsenerkrankung. Nach Adjustierung für die Vorhofgröße ergibt sich eine
Odds Ratio für das Neuauftreten von Vorhofflimmern von 2,66 (95%Konfidenzintervall 0,70 – 10,15; p = 0,153). Bei erhöhter Odds Ratio kann dieses
- 60 -
Diskussion
Ergebnis aufgrund des Konfidenzintervalles und bei p > 0,05 nicht als statistisch
signifikant angesehen werden.
Auch diese Messungwerte wurden sonographisch ermittelt. In wenigen Fällen
wurde der Messwert mittels Messungen während einer Koronarangiographie
ermittelt. Insbesondere in der Gruppe mit supprimiertem TSH, da man bei
Patienten mit Schilddrüsenfunktionsstörung eher zurückhaltend mit der Gabe von
während dieser Untersuchung notwendigem jodhaltigen Kontrastmitteln ist,
wurde dieses in keinem Fall durchgeführt.
Sollten Patienten vor der TSH- Messung zur Risikominderung während der
Kontrastmittelexposition Irenat bekommen haben, da eine Koronarangiographie
oder andere erhöhte Jodexposition geplant war, so wurden sie nicht in die Studie
eingeschlossen.
Eine Herzinsuffizienz lag bei 27,2% der Patienten mit Vorhofflimmern vor. In der
Kontrollgruppe litten 22,0% der Patienten unter einer Herzinsuffizienz. Diese
Differenz ist statistisch nicht signifikant. Vergleicht man die linksventrikuläre
Ejektionsfraktionen aller Patienten (mit und ohne Herzinsuffizienz), welche unter
anderem ein Zeichen für die Herzinsuffizienz ist, beider Patientengruppen, so
findet sich ein statistisch signifikanter Unterschied von 60,6% und 59,7%.
Adjustiert man mittels logistischer Regression für die Ejektionsfraktion so erhält
man eine Odds Ratio für das Neuauftreten von Vorhofflimmern bei latenter
Hyperthyreose mit supprimiertem TSH von 3,18 (95%- Konfidenzintervall 1,07 –
9,45; p = 0,04). Somit ist wird das insgesamt berechnete Risiko für das
Neuauftreten von Vorhofflimmern durch diesen signifikanten Unterschied nicht in
dem Sinne beeinflusst, dass es falsch zu hoch ist.
In der Gruppe der Patienten mit supprimiertem TSH und latenter Hyperthyreose
litt kein Patient mit Vorhofflimmern unter einer Herzinsuffizienz. Bei vier der neun
Patienten
ohne
Vorhofflimmern
war
eine
Insuffizienz
bekannt.
Die
durchschnittliche Ejektionsfraktion lag in diesen Untergruppen bei 65,2% (Pat. mit
Vorhofflimmern), bzw. 56,33% (ohne Vorhofflimmern).
Demnach ist auch bezüglich der Herzinsuffizienz und der Ejektionsfraktion nicht
davon auszugehen, dass die Patienten mit latenter Hyperthyreose, die
- 61 -
Diskussion
Vorhofflimmern entwickelten schon im Vorfeld stärker erkrankt waren und
aufgrund dessen unter dieser Herzrhythmusstörung litten.
Eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung konnte in Patienten- und
Kontrollgruppe mit 21,1% und 22,3% in etwa gleich häufig beobachtet werden.
Mit einem Anteil von 4 von 12 Patienten (33,3%) (mit Vorhofflimmern) und 3 von
9 Patienten (33,3%) (ohne Vorhofflimmern) war auch der Anteil der COPDPatienten unter den Patienten mit supprimiertem TSH nicht signifikant
unterschiedlich.
Kontrastmittel haben in den letzten Monaten vor TSH- Messung 5,0% der
Patienten mit Vorhofflimmern und 5,6% der Patienten ohne Vorhofflimmern
bekommen (X² = 0,08; p > 0,05). In der Patientengruppe mit latenter
Hyperthyreose mit supprimiertem TSH hat ein Patient in den letzten drei Monaten
Kontrastmittel bekommen, dieser hatte einen Sinusrhythmus.
Bezüglich Nikotinabusus, Zustand nach Apoplex, Zustand nach Lungenembolie
und Hyperlipoproteinämie fand sich in keine statistisch signifikanten Differenz
beider Gruppen (siehe Tabellen 2 und 3). Es ist nicht zu erwarten, dass sich
diese Unterschiede auf das Untersuchungsergebnis auswirken.
Die Patientengruppe mit Vorhofflimmern und supprimiertem TSH war im
Durchschnitt 71,6 Jahre alt, die Kontrollgruppe 72,1 Jahre alt. Somit bestand
annähernd kein Altersunterschied. Die gesamten Patienten mit Vorhofflimmern
waren im Durchschnitt 70,2 Jahre alt, die Kontrollpatienten mit 67,2 Jahren
signifikant jünger. Nach Adjustierung der Odds Ratio für das Alter der Patienten
erhält man eine Auftretenswahrscheinlichkeit für Vorhofflimmern bei latenter
Hyperthyreose mit supprimiertem TSH von 2,65 (95%- Konfidenzintervall 1,09 –
6,51; p = 0,03).
Die Durchschnittsgröße betrug in der Patientengruppe 1,70 m, in der
Kontrollgruppe konnte eine durchschnittliche Größe von 1,68 m gemessen
werden. In der Untergruppe der Patienten mit supprimiertem TSH bestand
- 62 -
Diskussion
ebenfalls ein nicht signifikanter Größenunterschied von lediglich 2 cm (Patienten
mit Vorhofflimmern: 1,66 m, ohne Vorhofflimmern: 1,68 m).
Die Gruppe der Patienten ohne Vorhofflimmern mit supprimiertem TSH war im
Durchschnitt mit 72,1 kg um 1,8 kg schwerer als die im mittleren 71,3 kg
wiegenden Patienten mit Vorhofflimmern. Aufgrund des statistischen Signifikanz
wurde auch für diesen Parameter eine Adjustierung durchgeführt. Dabei ergab
sich eine Odds Ratio für Vorhofflimmern bei latenter Hyperthyreose mit
supprimiertem TSH von 3,39 (95%- Konfidenzintervall 1,32 – 8,72; p = 0,01)
Von den Patienten mit Vorhofflimmern waren 40,4% weiblich, von denen ohne
Vorhofflimmern 44,6%. Dieser Unterschied in der Geschlechtsverteilung ist nicht
signifikant.
Untersuchungen an Patienten mit vorbestehenden kardialen Erkrankungen
machen es fast unmöglich, einen Einfluß von antihypertensiver Medikation oder
Antiarrhythmika auszuschließen. Daher wurden diese, insbesondere die
antiarrhythmischen Medikamente, sorgfältig dokumentiert um einen Einfluß auf
die Studienergebnisse zu vermeiden.
In bereits veröffentlichten Studien wurden ß-Blocker, von denen bekannt ist, dass
sie
einen
Einfluss
auf
die
Herzfrequenz
haben,
und
dass
sie
die
Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Arrhythmien bei Patienten mit
supprimierten Thyreotropin- Spiegel verringern nicht erfasst (Biondi et al., 1994;
Auer et al., 2001; Kannel et al., 1982).
In der vorliegenden Studie konnte eine Therapie durch Medikamenten mit ßblockierenden Eigenschaften in beiden Gruppen in vergleichbarem Ausmaß
festgestellt werden. 26,4% der Kontrollpatienten und 21,6% der Patienten mit
Vorhofflimmern erhielten eine antihypertensive Therapie, die ß-Blocker enthielt.
Dieser Unterschied ist nicht statistisch signifikant (X² = 1,47; p > 0,05). In der
Kontrollgruppe mit latenter Hyperthyreose waren dieses jeweils 3 Patienten in der
Gruppe mit wie ohne Vorhofflimmern. Man kann spekulieren, dass die Patienten,
- 63 -
Diskussion
die bisher im Sinusrhythmus waren durch diese Therapie vor dem Neuauftreten
von Vorhofflimmern geschützt wurden.
Calziumantagonisten haben in der Patientengruppe mit Vorhofflimmern 4
Patienten (im Rahmen einer antihypertensiven Therapie) erhalten. Von diesen
hatte ein Patient ein supprimiertes TSH. In der Kontrollgruppe erhielt lediglich ein
Patient einen Calziumantagonisten.
Trotz der noch bestehenden Unklarheit über die Bedeutung der durch Thyroxin
induzierten subklinischen Hyperthyreose, wurden Patienten, die mit L-Thyroxin
therapiert wurden, nicht ausgeschlossen. In der vorliegenden Studie erhielten
insgesamt 36 Patienten L- Thyroxin. Davon waren 25 in der Kontrollgruppe
(6,9%) und 11 hatten Vorhofflimmern (6,1%). Bei allen konnte eine euthyreote
Stoffwechsellage
festgestellt
werden.
Bei
statistisch
nicht
signifikantem
Unterschied der Verteilung in Patienten- und Kontrollgruppe (X² = 0,14; p > 0,05)
und da alle Patienten euthyreot waren, wurde davon ausgegangen, dass die
Studienergebnisse dadurch nicht verfälscht wurden.
So ist zusammenfassend festzustellen, dass die Patienten- und Kontrollgruppen
gut
miteinander
vergleichbar
waren.
Die
Differenzen,
die
bestanden,
beeinflussten das Ergebnis – mit Ausnahme der Differenz die bezüglich
vorliegender Klappenvitien bestand – eher in dem Sinn, dass eine falsch- zuniedrige Odds Ratio errechnet wurde.
Die trotz der insgesamt guten Vergleichbarkeit vorliegenden signifikanten
Differenzen lassen sich mittels logistischer Regression rechnerisch adjustieren.
Dabei ergab sich jeweils ebenfalls eine erhöhte Odds Ratio für das Neuauftreten
von Vorhofflimmern. Mit Ausnahme der Adjustierung für die Vorhofgröße (p =
0,15) und die Septumdicke (p = 0,053) waren auch diese Ergebnisse statistisch
signifikant.
Somit
ist
zu
vermuten,
dass
sich
durch
noch
exaktere
Vergleichbarkeit von Patienten- und Kontrollgruppe das Ergebnis nicht
richtungsweisend ändern würde. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass es sich
bei der logistischen Regression um ein rein rechnerisches Hilfsmittel handelt.
- 64 -
Diskussion
Diese Arbeit ist die Zweite, die einen Versuch macht, verschiedene
vorexistierende kardiale Erkrankungen in eine Studie einzubeziehen, die die
Bedeutung der latenten Hyperthyreose für das Neuauftreten von Vorhofflimmern
untersucht. Sie ist die Erste, die die verschiedenen prädisponierenden kardialen
Vorerkrankungen genauer beurteilt und bei denen Patienten- und Kontrollgruppe
diesbezüglich gut vergleichbar sind.
6.1 Statistische Auswertung der Ergebnisse
In der vorliegenden Studie konnte bei 12 von 180 Patienten, dass entspricht
einem prozentualen Anteil von 6,7%, mit Vorhofflimmern eine subklinische
Hyperthyreose mit supprimiertem TSH (<0,1mU/l) beobachtet werden. Im
Vergleich dazu wurde bei den Patienten ohne Vorhofflimmern mit ähnlichem
kardiovaskulären Risikoprofil bei nur 9 von 359 Patienten eine latente
Hyperthyreose festgestellt, was einem prozentualen Anteil von 2,5% entspricht.
Mit Hilfe des Cochran- Mantel- Haenszel- Testes errechnet sich aus diesen
Daten eine Odds Ratio von 2,93 mit einem 95%- Konfidenzintervall von 1,21 –
7,11 (p = 0,01). Dieses zeigt, dass die latente Hyperthyreose mit supprimiertem
TSH, unabhängig von anderen kardialen oder extrakardialen Risikofaktoren, mit
einem 2,9- fach erhöhtem Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern
vergesellschaftet ist. Mit einem p < 0,03 ist das Ergebnis signifikant.
Betrachtet man die Patientengruppe mit erniedrigtem TSH (0,1 – 0,3 mU/l) und
peripherer Eutyhreose, so ergeben sich folgende Verhältnisse: 11 von 359 (das
entspricht einem prozentualen Anteil von 3,1%) Patienten ohne Vorhofflimmern
und 7 von 180 (dieses entspricht 3,9%) Patienten mit Vorhofflimmern hatten eine
latente Hyperthyreose mit erniedrigtem TSH.
Aus diesen Daten ergibt sich eine Odds Ratio von 1,40 bei einem 95%Konfidenzintervall von 0,53 – 3,68 (p = 0,50) für das Neuauftreten von
Vorhofflimmern
bei
Patienten
mit
latenter
Hyperthyreose
mit
lediglich
erniedrigtem TSH (0,1 – 0,3 mU/l). Somit ist das Risiko nicht signifikant erhöht.
- 65 -
Diskussion
Es bleibt aber unklar, ob geringe TSH- Erniedrigungen schon eine klinische
Auswirkung haben können (Sawin et al., 1994; Parle et al, 2001).
Eine manifeste Hyperthyreose konnte bei 6 Patienten mit Vorhofflimmern
festgestellt werden. Von den Patienten der Kontrollgruppe hatte kein Patient eine
manifeste Hyperthyreose.
Daraus lässt sich keine Odds Ratio für das
Neuauftreten von Vorhofflimmern berechnen, da eine Gruppe aus keinem
Patienten besteht.
Wie zu erwarten und bisher hinreichend bekannt, ist die manifeste Hyperthyreose
ein Risikofaktor für das Auftreten von Vorhofflimmern. Das Verhältnis von sechs
Patienten mit Vorhofflimmern zu keinem Patienten ohne Vorhofflimmern ist auch
in Kenntnis der Vorstudien nicht zu erwarten gewesen. Eine mögliche Erklärung
für diesen Sachverhalt ist, dass Patienten in diese Studie ohne Kenntnis des
Schilddrüsenfunktionszustandes aufgenommen wurden. Es wurde zunächst die
kardiale
Vorgeschichte
erfasst
und
erst
im
Anschluss
daran
die
Schilddrüsenwerte evaluiert. Es ist möglich, dass bei diesen Patienten die
manifeste Hyperthyreose die Hauptdiagnose für die Krankenhausaufnahme war.
Somit war diese bekannt, bevor die kardialen Vorerkrankungen bekannt waren.
Hätte man Patienten nach Kenntnis der Schilddrüsenfunktion eingeschlossen,
hätte es einen Bias gegeben.
Eine andere mögliche Erklärung ist, dass die Häufigkeit des Vorhofflimmerns bei
Bestehen einer manifesten Hyperthyreose viel größer ist, als bei anderen
Patienten.
Eine weitere Untergruppe bildeten Patienten die unter einem Low- T3- Syndrom
litten.
Da
diese
Grunderkrankungen
Patienten
leiden,
in
der
wurden
Regel
sie
in
unter
einer
multiplen
seperaten
schweren
Gruppe
zusammengefasst. Es konnte für diese Patienten eine Odds Ratio von 2,1986 mit
einem 95% - Konfidenzintervall von 0,63 – 7,71 (p = 0,21) errechnet werden.
Dieses Ergebnis ist bei einem p von 0,2 nicht signifikant.
- 66 -
Diskussion
Auch bei bestehender Signifikanz wäre es anzuzweifeln, ob das erhöhte Risiko
einer Herzrhythmusstörung auf der Schilddrüsenfunktionsstörung beruht, oder ob
nicht die bestehenden Grunderkrankungen Ursache für sowohl die Auffälligkeit
seitens der Schilddrüsenfunktion, als auch des Vorhofflimmerns sind.
Für Patienten mit manifester Hypothyreose besteht eine Odds Ratio von 0,68 bei
einem 95%- Konfidenzintervall von 0,22 – 2,11 mit p = 0,50. Diese Werte sind
demnach nicht signifikant. Nach Auswertung dieser Studie kann die manifeste
Hypothyreose weder als Risikofaktor noch als protektiv für das Neuauftreten von
Vorhofflimmern angesehen werden.
- 67 -
Diskussion
6.2 Schlußfolgerungen
Die Prävention und Therapie des Vorhofflimmerns wird in großem Maße von der
Erkennung und Therapie von auslösenden Krankheiten und Risikofaktoren
mitbestimmt. Prävention von verschiedenen Vorerkrankungen, die für diese
Arrhythmie prädisponieren und/ oder sie unterhalten hat einen großen
Stellenwert in der Primärtherapie (Lévy et al., 1998; Allessie et al., 2001).
Vergleicht man das in der vorliegenden Studie errechnete 2,9- fach erhöhte
Risiko für das Neuauftreten von Vorhofflimmern bei Patienten mit latenter
Hyperthyreose mit den Odds Ratios/ Relativen Risiken bereits bekannter
Risikofaktoren (siehe oben), so wird die Bedeutung der latenten Hyperthyreose
deutlich.
Die Ergebnisse dieser Studie unterstützen die Daten voriger Studien, die
beobachteten, dass Patienten mit latenter Hyperthyreose einem höheren Risiko
für das Auftreten eines Vorhofflimmern ausgesetzt sind. Sie festigen somit die
Hypothese,
dass
es
sich
bei
der
latenten
Hyperthyreose
um
einen
eigenständigen Risikofaktor für das Neuauftreten von Vorhofflimmern handelt.
Die Therapie der manifesten Hyperthyreose bei Patienten mit Vorhofflimmern ist
häufig mit einer spontanen Konversion in den Sinusrhythmus vergesellschaftet.
Im Rahmen einer Studie konnte dieses bei 62% von 163 Patienten innerhalb von
8 – 10 Wochen nach dem Erreichen einer euthyreoten Stoffwechsellage
festgestellt werden (Nakazawa et al., 1982).
Es existieren bisher keine fundierten Erkenntnisse über die Effizienz der Therapie
der latenten Hyperthyreose - weder bei Vorliegen von Vorhofflimmern, noch bei
anderen Begleiterkrankungen. In kleineren Studien konnte eine Verbesserung
des Knochenstoffwechsels und der Herzfunktion festgestellt werden (Mudde et
al., 1994; Sgarbi et al, 2003).
Dabei waren auch die Ergebnisse dieser Studien nicht eindeutig. So konnte bei
postmenopausalen Frauen durch die Behandlung einer latenten Hyperthyreose
mittels Metamizol keine signifikante Änderung des Osteokalzins im Serum, wie
der Hydroxyprolinausscheidung im Urin gefunden werden. Die Knochendichte,
- 68 -
Diskussion
gemessen am Unterarm, war nach der Therapie signifikant erhöht (Mudde et al.,
1994).
In einer weiteren Studien wurden zehn Patienten mit latenter Hyperthyreose
beobachtet, die mit Metamizol therapiert wurden. Die Kontrollgruppe bestand
ebenfalls aus zehn Patienten. Es fand sich in der Patientengruppe eine
signifikante
Reduktion
der
Herzfrequenz,
der
ventrikulären
und
supraventrikulären Extrasystolen und der Septumdicke (Sgarbi et al., 2003).
Diese Ergebnisse legen einen positiven Effekt der Therapie der latenten
Hyperthyreose auf die Herzfunktion nahe. Die Aussagekraft dieser Studie wird
jedoch durch die geringe Fallzahl deutlich begrenzt.
Aussagekräftige und eindeutige Studien darüber, ob die Therapie einer
asymptomatischen latenten Hyperthyreose effektiv ist, existieren nicht (Helfand,
2004). Daraus resultieren auch die unterschiedlichen Vorsorgeempfehlungen, die
in verschiedenen amerikanische Organisationen verfolgt werden.
So empfiehlt die „American Thyroid Association“ eine Untersuchung der
Schilddrüsenfunktion ab dem 35. Lebensjahr und folgend alle fünf Jahre
(Ladenson et al., 2000).
Das „American College of Physicians“ fordert eine Untersuchung aller Frauen
über 50 Jahre mit einem oder mehr Symptomen, die möglicherweise durch eine
Schilddrüsenüberfunktion verursacht sein könnten (American College of
Physicians, 1998).
Die
„American
Association
of
Clinical
Endocrinologists“
fordert
eine
Untersuchung jeder Frau im gebährfähigen Alter vor einer Schwangerschaft oder
während des ersten Trimesters der Schwangerschaft (American Association of
Clinical Endocrinologists, 2002).
Das „American college of Obstetricians and Gynecologists“ dagegen empfiehlt
eine Aufmerksam für Symptome zu sein, und einen Schilddrüsenfunktionstest
durchzuführen, wenn dieser aufgrund dessen indiziert ist (American College of
Obstetricians and Gynecologists, 2002).
Nach der Empfehlung der „American Academy of Family Physicians“ sollte keine
Schilddrüsenfunktionstestung von dem 60. Lebensjahr durchgeführt werden, falls
- 69 -
Diskussion
keine Symptome für eine Funktionsstörung bestehen (American Academy of
Family Physicians, 2002).
Die
Vielzahl
der
unterschiedlichen
Schilddrüsenfunktionsstörungen
Empfehlungen
spiegelt
die
zum
unklare
Screening
der
Studienlage
zur
therapeutischen Konsequenz wieder. Es ist zu vermuten, dass bei Vorlage einer
Therapieindikation der latenten Hyperthyreose, die eine hohe Prävalenz aufweist,
auch die Indikation zum Screening häufiger gestellt werden würde.
Bisher gibt es keine Beweise dafür, dass sich durch die Therapie einer
subklinischen Hyperthyreose bei Patienten, die an Vorhofflimmern leiden,
ähnliche Resultate ergeben. Dennoch kann man vermuten, dass die frühe
Therapie der latenten Hyperthyreose zur Prävention des Vorhofflimmerns
beitragen kann. Auch kann man vermuten, dass eine Therapie der latenten
Hyperthyreose bei Patienten die bereits unter Vorhofflimmern leiden dazu
beitragen kann, dass eine Konversion in den Sinusrhythmus möglich ist. Viele
Patienten leiden unter intermittierendem Vorhofflimmern. Es ist denkbar, dass die
Auftretenshäufigkeit bei intermittierendem Vorhofflimmern durch die Beseitigung
einer latenten Hyperthyreose verringert werden kann.
Dieses kann nach vorliegender Studie in Zusammenschau mit anderen erfolgten
Studien nur vermutet werden und wird durch weitere Studien noch zu belegen
sein.
- 70 -
Zusammenfassung
7. ZUSAMMENFASSUNG
Viele Risikofaktoren für das Neuauftreten von Vorhofflimmern sind bereits
bekannt. Risikofaktoren sind vor allem einige kardiale Vorerkrankungen, wie die
hypertensive
Herzerkrankung,
Klappenvitien,
Herzinsuffizienz,
arterielle
Hypertonie und die koronare Herzerkrankung. Daneben sind extrakardiale
Vorerkrankungen als Risikofaktoren beschrieben, wie eine chronisch obstruktive
Lungenerkrankung, erniedrigte Kaliumwerte im Serum und die manifeste
Hyperthyreose.
Nicht vollständig geklärt ist bisher die eigenständige Bedeutung der latenten
Hyperthyreose.
Um dieses zu untersuchen wurde eine Fall- Kontroll- Studie durchgeführt. Es
wurden Patienten mit neu diagnostiziertem Vorhofflimmern erfasst, die in der Zeit
vom April 1999 bis zum Januar 2001 auf einer der internistischen Stationen der
Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil in Bochum aufgenommen
wurden. Das bestehende kardiovaskuläre und extrakardiale Risikoprofil wurde
dokumentiert.
Passend
Kontrollgruppe
mit
359
zu
diesem
Patienten
vorbestehenden
mit
Risiko
vergleichbaren
wurde
eine
Vorerkrankungen
zugeordnet. Bei diesen Patienten bestand zum Zeitpunkt des Einschlusses in die
Studie ein Sinusrhythmus im Oberflächen- EKG. Auch in der Vorgeschichte war
keine Episode von stattgehabtem Vorhofflimmern bekannt.
Es wurde bei allen Patienten der basale TSH- Spiegel bestimmt. Patienten mit
einer Medikation, die den Schilddrüsenstoffwechsel beeinflusst, wie zum Beispiel
Amiodaron,
Corticoide
in
höheren
Dosen
oder
Perchlorat,
wurden
ausgeschlossen.
Es konnte bei 12 von 180 Patienten (6,7%) mit neu aufgetretenem
Vorhofflimmern eine latente Hyperthyreose mit supprimiertem TSH (unter 0,1
mU/l) festgestellt werden. In der Kontrollgruppe konnte bei 9 von 359 Patienten
(2,5%) diese Laborkonstellation gefunden werden.
- 71 -
Zusammenfassung
Daraus ergibt sich eine Odds Ratio für das Neuauftreten von Vorhofflimmern von
2,93 mit einem 95%- Konfidenzintervall von 1,21 – 7,11 (p = 0,01).
Nach Adjustierung für einzelne Risikofaktoren, die statistisch signifikante
Unterschied in Patienten- und Kontrollgruppe aufwiesen, ergab sich jeweils keine
richtungsweisende Änderung der Odds Ratio.
Bei 7 von 180 Patienten (3,9%) mit der Erstmanifestation von Vorhofflimmern
wurde eine latente Hyperthyreose mit erniedrigtem TSH (0,1 – 0,3 mU/l)
festgestellt. Diese Schilddrüsenfunktionsstörung bestand bei 11 von 359
Patienten (3,1%) der Kontrollgruppe.
Für diese Patienten besteht eine Odds Ratio von 1,40 für das Neuauftreten von
Vorhofflimmern mit einem 95%- Konfidenzintervall von 0,53 – 3,68 (p = 0,50).
Demnach
ist
die
latente
Hyperthyreose
mit
supprimiertem
TSH
ein
eigenständiger Risikofaktor für das Neuauftreten von Vorhofflimmern mit einem
geschätzten relativen Risiko von 2,93.
Die latente Hyperthyreose mit erniedrigtem TSH ist nicht sicher als
eigenständiger Risikofaktor anzusehen.
Beim Neuauftreten von Vorhofflimmern sollte daher in jedem Fall die
Schilddrüsenfunktion getestet werden. Auch bei Vorliegen einer latenten
Hyperthyreose sollte diese frühzeitig therapiert werden, um Risikofaktoren zu
mindern. Vermutlich ist die Konversion in den Sinusrhythmus erfolgreicher nach
Regulation der Schilddrüsenfunktion.
Ob eine frühzeitige Therapie einer latenten Hyperthyreose zur Prävention des
Vorhofflimmern beitragen kann, muss in weiteren Studien untersucht werden.
- 72 -
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DANKSAGUNG
Mein Dank gilt
- ganz besonders Herrn Prof. Dr. med. J. Pfeilschifter für die Bereitstellung des
Themas und die Ermöglichung dieser Arbeit. Daneben möchte ich mich für
seine Mühen, seinen Zeitaufwand und seine Geduld bedanken, mit der er mich
unterstützt hat.
- nicht weniger Herrn Dr. med. J. Hammer als Betreuer dieser Arbeit. Er stand
mir besonders beim Sammeln der Daten und zur Korrektur der Arbeit stets
geduldig zur Seite.
- daneben Herrn Dr. Lange und Herrn dipl.- stat. Tim Holland- Letz vom Institut
für Biomathematik der Universität Bochum für die ausführliche Beratung und
Unterstützung bei der Auswertung der Statistik
- meinem lieben Mann Klaus Vollenbröker für seine Motivationsarbeit, Hilfe bei
der Frustrationsbewältigung, Ausdauer mit abgestürzten Computern und
Organisation eines zweiten Rechners
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KARIN JOHANNIGMANN
P ERSÖNLICHE ANGABEN
•
Geburtsdatum: 03.12.1976
•
Geburtsort: Neuenkirchen
•
Geschwister: ein Bruder
•
Eltern: Reinhard Johannigmann
Hildegard Johannigmann
•
Familienstand: verheiratet
•
Konfession: römisch- katholisch
•
1983 – 1987 Ludgerigrundschule Neuenkirchen
•
1987 – 1996 Arnold- JanssenNeuenkirchen
Allgemeine Hochschulreife
•
1996 – 2002 Ruhr- Universität Bochum
Studium Humanmedizin
•
seit 01. November 2002 Ärztin im Praktikum in der
Orthopädischen Universitätsklinik St. Josef Hospital,
Bochum
•
•
Pflegepraktikum im Mathias- Spital, Rheine
Famulatur
im
Franziskushospital,
Hannover
(Neurochirurgie)
Famulatur in einer orthopädischen Praxis, Bochum
Famulaturen in den Berufsgenossenschaftlichen
Kliniken Bergmannsheil, Bochum (Innere Medizin)
Famulatur im Mathias- Spital, Rheine (Gynäkologie)
Praktisches Jahr:
Innere Medizin: Berufsgenossenschaftliche
Kliniken Bergmannsheil, Bochum
Chirurgie: Kontonales Spital Grabs, Schweiz
Orthopädie: St. Josef Hospital, Bochum
AUSBILDUNG:
Gymnasium
P RAKTIKA:
•
•
•
•
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Zugehörige Unterlagen
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