Auswahl von ESIDOG*-Leitlinien: Vaginale Infektionen

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Auswahl von ESIDOG*-Leitlinien: Vaginale Infektionen /
Genitale Virusinfektionen / Systemische Virusinfektionen
in der Schwangerschaft
A. Vaginale Infektionen
■ Diagnose
Bakterielle Vaginose (Aminkolpitis,
Gardnerella-Infektion)
Für die klinische Diagnosestellung müssen
3 der folgenden 4 Kriterien erfüllt sein
(nach Amsel):
■ Allgemeines
Die Bakterielle Vaginose (BV) ist ein klinisches Syndrom, das durch einen Verlust
von H2O2 bildenden Lactobacillus spp. in
der Vagina bzw. durch eine Verdrängung
derselben durch hohe Konzentrationen von
anaeroben Bakterien, wie Gardnerella vaginalis, Bacteroides spp., Prevotella spp., Mobiluncus spp. u. a., entsteht. Die BV ist der
häufigste Grund für einen Fluor vaginalis
und Vaginalschmerz, dennoch sind 50 %
der Frauen, die die klinischen bzw. labordiagnostischen Kriterien für eine BV erfüllen, symptomlos. Der Grund und Mechanismus der mikrobiellen Alteration ist noch
nicht völlig aufgeklärt. Obwohl die BV mit
multiplen Sexualpartnern assoziiert ist, kann
man nicht mit Sicherheit darstellen, daß
die Infektion durch ein sexuell übertragbares Pathogen ausgelöst wird. Frauen ohne
jegliche sexuelle Kontakte leiden praktisch
nie unter diesem Symptom. Eine Partnerbehandlung hat sich nicht als Prävention
für eine rekurrente BV bewährt.
■ Symptome
Fluor vaginalis und Vaginalschmerz, Unterbauchschmerzen, Dyspareunia, Amin-Geruch
* European Society for Infectious Diseases in
Obstetrics and Gynecology Österreich. Die gesamten Leitlinien inklusive Präparateregister sind im
Internet unter www.oeggg.at/esidog oder unter
www.univie.at/esidog abrufbar.
– Homogener, weißlicher Fluor
– Sog. „clue cells“ bei der mikroskopischen Untersuchung
– PH des Vaginalfluors > 4,5
– „Whiff-Test“: Typischer Fischgeruch vor
oder nach Zugabe einer 10 %igen Kalilauge (KOH)
Das Diagnosemittel der ersten Wahl ist das
Grampräparat.
■ Therapie
Clindamycin 300 mg 2 × 1 durch 7 Tage
oder Metronidazol 500 mg 2 × 1 durch 7
Tage oder als Kurzzeittherapie 1 × 2 g durch
2 Tage
Nach der Therapie mit Clindamycin Wiederaufbau der Keimflora mit einem Lactobacillus-Präparat
■ Partnerbehandlung?
Die Ergebnisse verschiedener klinischer
Studien zeigen keine Beeinflussung des Heilungsverlaufes und der Reinfektionsrate durch
Partnerbehandlung. Bei chronisch rezidivierender Infektion kann eine Partnerbehandlung sinnvoll sein.
■ Schwangerschaft
In der ersten Schwangerschaftshälfte Clindamycin Vaginalcreme vor dem Schlafengehen durch 6–7 Tage oder Clindamycin
300 mg 2 × 1 durch 7 Tage.
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Infektionen
In der zweiten Schwangerschaftshälfte
ist auch ein Therapieversuch mit Metronidazol als Kurzzeittherapie 1 × 2 g durch 2
Tage oder Metronidazol 500 mg 1 × 1 durch
7 Tage möglich.
Unbedingt Kontrolle nach Therapie
empfohlen! Bei Schwangeren mit bakterieller Vaginose ist das Risiko einer Frühgeburt
um das 2- bis 4fache signifikant erhöht.
Post partum besteht die Gefahr einer Endometritis.
■ Stillen
Clindamycin 300 mg 2 × 1 durch 7 Tage
Soorkolpitis und -Vulvitis (vulvovaginale
Candidose, Candidiasis, Mykose)
■ Allgemeines
Die vulvovaginale Candidiasis ist eine der
häufigsten Infektionen des weiblichen Genitaltraktes und therapeutisch oft unterschätzt.
Die Candidiasis betrifft die meisten Frauen
zumindest einmal während des Lebens in
einer geschätzten Rate von 70–75 %, 40–
50 % der Frauen erfahren eine häufigere
Infektion. Etwa 5 % leiden unter häufig
wiederkehrenden Episoden, die zumeist insuffizient behandelt werden.
Auslöser sind Candida albicans (85–
90 %), gefolgt von C. glabrata, C. tropicalis
u. a. Pilzen. Neben dieser hohen Inzidenzrate von Candidainfektionen ist v. a.
bei Kulturinterpretationen daran zu denken, daß bei 10–20 % der klinisch unauffälligen Frauen ein positives Kulturergebnis
zu erwarten ist.
Besonders häufig entsteht eine klinisch
manifeste Infektion nach vorhergehender
Antibiotikatherapie, allerdings reicht die Palette der prädisponierenden Faktoren sehr
weit. Diabetes mellitus, HIV, Kontrazeptiva,
Gravidität, Intimsprays und das Tragen von
Nylonunterwäsche werden häufig mit dem
Entstehen von Soor in Verbindung gebracht.
■ Symptome
Typische klinische Symptome sind Pruritus, Erythem, weißer, topfiger, geruchsarmer Fluor, weiters Dysurie und Dyspareunia.
■ Diagnose
Als Diagnostika der Wahl sind das Grampräparat oder das Nativpräparat (Zusatz von
10%iger KOH) anzusehen.
■ Therapie
Flukonazol 150 mg p. o. als Singleshot oder
Eintagestherapie mit Itrakonazol 200 mg
morgens und abends (zur Mahlzeit!). Als
Alternative stehen verschiedene topische
Antimykotika (Clotrimazol, Econazol, Miconazol, Ketoconazol, Fenticonazol, Isoconazol, Tioconazol, Bifonazol) zur Auswahl.
■ Partnerbehandlung?
Bei der einmalig auftretenden Candidose
nicht notwendig.
■ Schwangerschaft
Nur topische Antimykotika (Clotrimazol,
Econazol, Miconazol, Ketoconazol, Fenticonazol, Isoconazol, Tioconazol, Bifonazol)
durch 7 Tage.
Risiko einer Infektion in der Schwangerschaft: Das Risiko einer Frühgeburt ist, wie
in einer sehr großen Studie nachgewiesen
wurde, nicht erhöht. Dennoch kommt es
bei einer Soorkolpitis häufiger zu Kontraktionen bzw. vorzeitigen Wehen und erhöhter mütterlicher Morbidität.
■ Stillen
Topische Antimykotika (Clotrimazol, Econazol, Miconazol, Ketoconazol, Fenticonazol, Isoconazol, Tioconazol, Bifonazol).
Infektionen
Trichomonadeninfektion (Trichomoniasis)
■ Allgemeines
Trichomoniasis wird durch das Protozoon
Trichomonas vaginalis ausgelöst. Die Krankheit korreliert mit der sexuellen Aktivität
und der Anzahl der Sexualpartner, kann aber
auch durch Kontaktinfektion in Bädern und
Toiletten oder durch Badeschwämme u. ä.
übertragen werden.
■ Symptome
Ungefähr 50 % der Patientinnen zeigen klinische Symptome. Charakteristisch ist ein
dünnflüssiger, gelblich-grünlicher, übelriechender Fluor vaginalis, der meist auch
schaumig imponiert. Die Vaginalschleimhaut ist entzündlich irritiert.
■ Diagnose
Zur Diagnose hat sich das Nativpräparat
(höchste Sensitivität) durchgesetzt, nach
Donne durchgesetzt, obwohl auch andere
Techniken wie Gramfärbung, Giemsa, Papanicolaou, u. a. eingesetzt werden. Im Nativpräparat sieht man die typischen Bewegungen der birnenförmigen, geißeltragenden
Trichomonaden.
■ Therapie
Metronidazol als Singleshot 1 × 2 g oder
Metronidazol 500 mg 2 × 1 durch 7 Tage.
■ Partnerbehandlung?
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ler Vaginose besteht ein signifikant erhöhtes
Risiko einer Frühgeburt. Durch eine entsprechende Therapie kann dieses Risiko um
die Hälfte reduziert werden. Post partum
kommt es häufiger zu einer Endometritis.
■ Stillen
Metronidazol als Singleshot 1 × 2 g
B. Genitale Virusinfektionen
Condyloma accuminata (Condylome, Feigwarzen)
■ Allgemeines
Mehr als 30 HPV-Typen befallen den Genitaltrakt. Hauptsächliche Auslöser der Genitalwarzen sind die Typen 6 und 11. Bei ungefähr
50 % aller sexuell aktiven Menschen ist eine
Infektion mit zumindest einem HPV-Typ
nachweisbar. Der Großteil dieser Infektionen
verläuft subklinisch und unbemerkt. Lediglich 5 % dieser 50 % sind mittels Zytologie
und Kolposkopie diagnostizierbar.
■ Symptome
Makroskopisch sichtbare oft symptomlose
genitale Warzen an der Vulva, der Vaginalhaut, selten Schmerzen, Dypareunia.
■ Diagnose
Eine Partnertherapie ist auch bei Symptomlosigkeit unbedingt indiziert (Metronidazol als Singleshot 1 × 2 g).
Die Diagnose erfolgt klinisch durch das typische Bild. Zusätzlich stehen Histologie,
PCR und Hybridisationstechniken zur Verfügung.
■ Schwangerschaft
■ Therapie
Metronidazol als Singleshot 1 × 2 g nach
dem 1. Trimenon oder lokal als Metronidazol Vaginalkapseln 500 mg oder 1000 mg 1
× 1 durch 7–10 Tage.
Risiko der Infektion in der Schwangerschaft: Vor allem bei gleichzeitiger bakteriel-
Grundsätzlich gilt: je früher die Therapie
desto effektiver. Abhängig vom Wunsch der
Patienten stehen verschiedene Therapeutika zur Verfügung.
Chirurgische Entfernung: Laserchirurgische Entfernung, Elektrokauter
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Infektionen
Podofilox 0,5 % Lösung oder Gel 2× täglich
durch 3 Tage, gefolgt von 4 Tagen ohne Therapie durch insgesamt 4 Zyklen.
– Imiquimod 5 % Creme 3× wöchentlich
durch 16 Wochen.
– Kryotherapie mit flüssigem Stickstoff.
– Podophyllin resin 10–25 % als Tinktur
1–2× wöchentlich durch 6 Wochen
– Trichloroacetat (TCA) oder Bichloracetat (BCA) 1–2× wöchentlich durch 6 Wochen
– Intralaesionales Interferon.
■ Partnerbehandlung?
Expositionsprophylaxe.
■ Schwangerschaft
Keine lokale Therapie in der Schwangerschaft; chirurgische Entfernung in SSW
33–35. Bei sehr kleinen, isolierten Läsionen
besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit einer
Spontanremission nach einer Geburt. Prinzipiell ist nach der Sanierung eine Spontangeburt der Entbindungsmodus der ersten
Wahl. Die peripartale Infektion des Neugeborenen mit HPV-Viren ist außerordentlich
selten. Sie kann beim Kind entweder zu den
gefürchteten Larynx-Papillomen oder (noch
seltener) zu condylomatösen Veränderungen am äußeren Genitale führen. Das Risiko hierfür wird auf unter 1:1500 geschätzt.
Somit müßten also mindestens 1500 Sectiones durchgeführt werden, um einen Fall
von Larynx-Papillomen zu verhindern. Aber
auch schon die Annahme der prophylaktischen Wirkung der Sectio caesarea
ist fraglich und umstritten, da trotz primärer Sectio Larynx-Papillome aufgetreten
sind.
Bei Auftreten von Condyloma acuminata
während der Schwangerschaft sollten diese
in der 34./35. SSW in Lokal- oder Regionalanästhesie mittels Laser abgetragen werden.
Eine absolute Indikation zur Sectio aus
kindlicher Indikation besteht nicht. Trotzdem sollte die Patientin auf die Problematik
aus forensischen Gründen ausdrücklich
hingewiesen und das Gespräch dokumentiert werden.
Nur Condyloma acuminata, die zum Zeitpunkt der Entbindung ein mechanisches
Geburtshindernis darstellen, sind eine Indikation für die Sectio.
Eine Sanierung von condylomatösen Läsionen des äußeren Genitales und der Vagina in der 34./35. SSW durch Lasertherapie
läßt sich auch in Lokal- oder Regionalanästhesie durchführen (Dysplasieambulanz
der Abtlg. f. Gynäkologie und Geburtshilfe).
Eine Sanierung mit Podophyllotoxin ist
hingegen in der Gravidität kontraindiziert.
Diskrete Befunde sollten nicht saniert,
sondern 8 Wochen nach der Geburt kontrolliert werden.
■ Stillen
Chirurgische Sanierung
C. Systemische Virusinfektionen in der
Schwangerschaft
Erythema infectiosum (Ringelröteln)
■ Allgemeines
Verursacht durch Parvovirus B19. Inkubationszeit 13–18 Tage, Virämie ab dem 7.–10.
Tag. Antikörperbildung spätestens 15 Tage
nach Symptomen. Zielzellen sind die erythropoetischen Zellen des Knochenmarks.
Die Zeitspanne zwischen einer mütterlichen Infektion und fetalen Komplikation
beträgt 2–8 Wochen. In ungefähr 2 % (wenige Publikationen) kann es zu einer fetalen Infektion mit fetalem Hydrops, Anämie,
meist Abortus oder intrauterinem Fruchttod kommen.
Infektionen
■ Vorgehen nach Kontakt oder bei einer
Infektion
Mütterliche Antikörper bestimmen. IgG-Titer, IgM. Positive IgM sprechen für eine
mütterliche Infektion. Bei sehr hohen IgG
und negativen IgM (frische Infektion, bei
bereits negativen IgM) ist eine PCR aus dem
mütterlichen Serum empfohlen. Bei nachgewiesener Infektion der Schwangeren engmaschige Ultraschallkontrollen über 10–12
Wochen empfohlen.
■ Prophylaxe
Expositionsprophylaxe, die Diagnose wird
immer erst nach klinischen Symptomen
gestellt.
Mumps
■ Allgemeines
Krankheit durch konsequente Immunisierung im Kindesalter selten geworden. Keinen Einfluß auf die Schwangerschaft. Keine
fetalen Fehlbildungen bekannt.
D. Inhalt der ESIDOG-Leitlinien
Gynäkologische vaginale Infektionen
Bakterielle Vaginose (Aminkolpitis, Gardnerella-Infektion)
Soorkolpitis und -Vulvitis (vulvovaginale
Candidose, Candidiasis, Mykose)
Chronisch rezidivierende Soorkolpitis (rezidivierende vulvovaginale Candidose,
RVVC, -Candidiasis, -Mykose)
Trichomonadeninfektion (Trichomoniasis)
Phthirus (Pediculosis) pubis (Filzlaus)
Mukopurulente Cervicitis
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Gonorrhoe (GO, Tripper)
Chlamydien (Chlamydia trachomatis)
Lymphogranuloma venerum (LGV)
Allgemeine gynäkologische Infektionen
Harnwegsinfekt, Zystitis (HWI, Blasenentzündung, Infekt der harnableitenden
Wege)
Adnexitis, PID (Pelvic Inflammatory Disease;
Salpingitis, Eileiter-/Eierstockentzündung)
Mastitis puerperalis/Mastitis postoperativ
(Brustentzündung)
Mastitis der nicht-laktierenden Mamma
Genitale Virusinfektionen
Condyloma accuminata (Condylome, Feigwarzen)
Herpes genitalis
Systemische Virusinfektionen in der
Schwangerschaft
Röteln
Masern
Zytomegalie
Varizellen
Erythema infectiosum (Ringelröteln)
Hepatitis A
Hepatitis B
Hepatitis C
Mumps
Nahrungsmittelinduzierte Infektionen und
deren Bedeutung in der Schwangerschaft
Toxoplasmose
Salmonellen
Campylobacter jejuni
Listeria monocytogenes (Listerien)
E. coli O157: H7
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