Bildreportage: Nano-Eisen gegen Tumore

Werbung
www.nanoportal-bw.de
© Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 2014
Bildreportage: Nano-Eisen gegen Tumore
Krebs-Forscher und Onkologen wissen seit Langem, dass Tumorgewebe besonders empfindlich auf
Hitze reagiert, und suchen nach Wegen, dies für die Therapie zu nutzen. Die MagForce AG setzt auf
Eisenoxid-Nanopartikel und ein magnetisches Wechselfeld, um gezielt Tumore stark aufzuheizen.
An mehreren deutschen Universitätskliniken wird dieses Verfahren derzeit in der Praxis erforscht.
Für das Nanoportal Baden-Württemberg öffneten die Ärzte der Abteilung Neurochirurgie an der
Universitätsklinik Münster die Türen zum Behandlungsraum.
Hirntumor in Computerdarstellung. Foto: MagForce AG
Wer in Deutschland an Krebs erkrankt, wird heute nach drei Standardverfahren behandelt:
Operation, Chemotherapie, Bestrahlung - die Ärzte entscheiden, in welcher Kombination sie zum
Einsatz kommen. Patienten mit einem bösartigen Hirntumor, einem Glioblastom, gewinnen
dadurch durchschnittlich ein Jahr, bevor der Tumor erneut zu wachsen beginnt. Heilung ist
bisher nicht möglich. An den Universitätskliniken Münster, Berlin, Kiel, Düsseldorf, Gießen,
Frankfurt und Köln wird ein Verfahren erforscht, mit dessen Hilfe Hirntumore wirksamer und für
die Patienten schonender bekämpft werden könnten. Es setzt auf Hitze.
März 2014
1
www.nanoportal-bw.de
© Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 2014
NanoTherm® heißt das neue Medizinprodukt. Es enthält Eisenoxid-Nanopartikel in flüssigerVerteilung.
Gelingt es, Tumorgewebe stark zu erhitzen, werden die Zellen zerstört oder so geschädigt, dass
Chemotherapie oder Bestrahlung besseren Erfolg zeigen – im Idealfall bliebe Patienten eine
weitere Chemo- oder Strahlentherapie erspart. Das Problem: Die Hitze soll nur den Tumor
treffen, nicht das gesunde Gewebe in seiner Umgebung. In der NanoTherm®-Therapie sollen
Nanopartikel aus Eisenoxid genau das ermöglichen.
März 2014
2
www.nanoportal-bw.de
© Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 2014
Modelldarstellung eines Eisenoxid-Nanopartikels mit seiner Hülle. Foto: MagForce AG
Etwa 15 nm messen die Eisenoxid-Nanopartikel im Durchmesser. Sie sind von einer Hülle aus
Aminosilan umgeben. Diese sorgt dafür, dass die Partikel sich in Wasser sehr fein verteilen, ohne
zu verklumpen. Im Tumor dagegen vermittelt die Hülle, dass sich die Teilchen prompt
zusammenlagern. Sie bleiben an Ort und Stelle und bilden stabile Nanopartikel-Depots im
Gewebe.
März 2014
3
www.nanoportal-bw.de
© Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 2014
Mit Hilfe einer Sonde werden die Eisenoxid-Nanopartikel in den Tumor eingebracht. Foto: MagForce AG
Mit Hilfe einer Kanüle wird das schwarzbraune Ferrofluid direkt in den Tumor gespritzt. Die
Neurochirurgen bringen es über mehrere Einstichkanäle in den Tumor ein, damit es dort
möglichst gleichmäßig verteilt ist. Da sich die Eisenoxid-Teilchen im Tumorgewebe zu kleinen
Depots zusammenlagern und sich nicht weiterbewegen, soll zwischen den Depots nicht mehr als
ein Zentimeter liegen, um eine gleichmäßige Abdeckung des Tumors zu gewährleisten. Pro
Nanopartikel-Depot werden ca. 0,3 ml des Ferrofluids mit einem Abstand von jeweils 1 cm ins
Tumorgewebe eingebracht, in der Studie sind es insgesamt nicht mehr als 8 - 10 ml pro Patient.
März 2014
4
www.nanoportal-bw.de
© Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 2014
NanoTherm® in einem Modell-Gewebe. Die Eisenoxid-Nanopartikel verteilen sich auf kleinem Raum und bilden
Depots.
Durch kluges, punktgenaues Einspritzen verteilen die Ärzte die Eisenoxid-Partikel rein
mechanisch zwischen den Tumorzellen und sorgen dafür, dass sie nicht in gesundes Gewebe
gelangen: Sie drücken das Ferrofluid langsam aus der Kanüle heraus, während sie die Kanüle aus
dem Stichkanal ziehen. Wie eine Spur bleiben die Eisenoxid-Teilchen dort liegen, wo sie die
Kanüle verlassen haben. Da sie keinerlei Wechselwirkung mit ihrer Umgebung eingehen,
bewegen sie sich nicht eigenständig weiter (im Bild: Eisenoxid-Nanopartikel in einem GewebeModell). Sie werden weder abgebaut noch abtransportiert und bleiben dauerhaft eingekapselt
im Gewebe.
März 2014
5
www.nanoportal-bw.de
© Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 2014
Simulation der Temperaturverteilung in der Software NanoPlan®. Foto: MagForce AG
Für die Planung der Therapie nutzen die Ärzte ein spezielles Computerprogramm: Mit Hilfe von
Computertomographie-Bildern der Nanopartikel-Depots und Bildern des Tumors aus der
Magnetresonanztomographie können sie mit NanoPlan® simulieren, wie sich die Temperaturen
im Tumor entwickeln und verteilen werden, wenn das Magnetfeld in verschiedenen Stärken
wirkt.
März 2014
6
www.nanoportal-bw.de
© Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 2014
NanoActivator®. Foto: MagForce AG
Nun kommt der NanoActivator® ins Spiel: Mit einer hohen Wechselspannung erzeugt er ein
magnetisches Wechselfeld, in dem die Magnetkerne der superparamagnetischen Eisenteilchen
im Gewebe zu schwingen beginnen. Je höher die Magnetfeldstärke, desto mehr Energie wird auf
die Eisenteilchen übertragen. Dadurch werden sie heiß und erwärmen so auch die Tumorzellen
in ihrer Umgebung. Dieses Verfahren lässt sich theoretisch beliebig oft wiederholen. Nach allem,
was bisher bekannt ist, hat das Magnetfeld für die Patienten selbst keine Nebenwirkungen. Auch
die Eisenoxid-Partikel stellen für die Menschen nach bisherigem Kenntnisstand kein zusätzliches
gesundheitliches Risiko dar. Setzte sich die Therapie durch, könnten Krebspatienten auf diese
Weise mehrfach behandelt werden.
März 2014
7
www.nanoportal-bw.de
© Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 2014
Blick ins Innere des NanoActivators®. 22.000 Volt sorgen für ein starkes Magnetfeld.
Die 22.000 Volt des Wechselfeldapplikators erzeugen ein starkes Magnetwechselfeld. Mit seiner
Hilfe gelingt es, das Tumorgewebe auf bis zu 80 °C zu erwärmen. Das umliegende, gesunde
Gewebe wird hingegen nicht beeinträchtigt, weil die Eisenpartikel gezielt nur in den Tumor
eingebracht wurden. Durch die Erwärmung sterben die Zellen ab oder werden geschwächt und
auf diese Weise empfindlicher für Chemotherapien und Bestrahlung, die dadurch besser wirken.
März 2014
8
www.nanoportal-bw.de
© Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 2014
Eine Thermosonde wird in das Modell eines Tumors eingeführt.
Im Rahmen der Studie erhalten Patienten nach der Injektion der Nanopartikel sechs
therapeutische Anwendungen im NanoActivator innerhalb von drei Wochen. Wie heiß das
Gewebe tatsächlich wird, wird bei der ersten Behandlungssitzung gemessen: Eine exakt geeichte
Thermosonde wird in einen vorher gelegten Katheter, der quer durch das Tumorgewebe liegt,
eingeführt und misst die tatsächliche Erwärmung entlang einer Achse durch den Tumor. Die
Messung wird mit der Simulation der Temperaturverteilung der NanoPlan®-Software
abgeglichen und die Magnetfeldstärke gegebenenfalls angepasst. Die Ärzte kennen deshalb die
genaue Temperatur im Gewebe des jeweiligen Patienten, können das Magnetwechselfeld
entsprechend einstellen und so das Tumorgewebe kontrolliert erhitzen.
März 2014
9
www.nanoportal-bw.de
© Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 2014
Fläschchen mit NanoTherm®-Magnetflüssigkeit auf dem Tisch des NanoActivators.
Die NanoTherm-Therapie® ist bereits in der Europäischen Union zur Behandlung von
Hirntumoren zugelassen. Unter den kontrollierten Studienbedingungen in den beteiligten
Universitätskliniken soll nun herausgefunden werden, ob die Patienten bei zumutbaren
Bedingungen auch einen zusätzlichen Nutzen haben, und wann er am größten ist. Bestätigen sich
die Ergebnisse der früheren Studien, dass die Glioblastom-Patienten von dieser Therapie
profitieren, wird der Einsatzbereich dieses Verfahren wesentlich größer. Der Einsatz auch für
andere Krebsarten ist in der Planung.
März 2014
10
www.nanoportal-bw.de
© Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 2014
Behandlungsraum. Während der Patient direkt im stärksten Magnetfeld des Gerätes liegt, steuert der Arzt die
Behandlungseinheit vom Computer aus.
Patienten, die an der NanoTherm®-Studie teilnehmen, werden nach einer Zufallsmethode auf
drei Gruppen verteilt: Die erste Gruppe wird ausschließlich bestrahlt, eine zweite Gruppe
ausschließlich mit NanoTherm® behandelt. An den Patienten einer dritten Gruppe wird die
Kombination beider Verfahren erprobt. In diese Kombinationstherapie aus NanoTherm® und
Bestrahlung des Tumors setzen die Mediziner die größten Hoffnungen.
März 2014
11
www.nanoportal-bw.de
© Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 2014
Professor Dr. med. Walter Stummer. Der Neurochirurg ist Direktor der Klinik für Neurochirurgie und
Neuroonkologie am Universitätsklinikum Münster und leitet die Glioblastom-Studie.
„Ich hoffe sehr, dass wir den Nutzen dieser Therapie belegen können. Sie könnte die
Lebensqualität und die Heilungschancen vieler Krebspatienten in Zukunft deutlich verbessern. Im
Jahr 2017 werden wir Gewissheit haben“, sagt Professor Walter Stummer, der die
deutschlandweite Glioblastom-Studie leitet. Als Spezialist für Hirntumore hat der Neurochirurg
jedoch nicht nur die Entwicklung neuer Therapien im Blick. Er plädiert auch für Verbesserungen
der etablierten Systeme: „Für bessere Behandlungsmöglichkeiten von Hirntumoren und anderer
Krebsarten ist noch etwas ganz entscheidend: Die regelmäßige Nachsorge, das heißt die
kontinuierliche Kontrolle von Krebspatienten im Magnetresonanztomographen in kurzen
Zeitabständen. Nur so lässt sich rechtzeitig erkennen, ob ein Tumor zurückkommt. Nur dann
können alte wie neue Anschlussbehandlungen Erfolg haben.“
März 2014
12
Herunterladen