Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) Den Besonderheiten in der Entwicklung Rechnung tragen Daniel Barth, Chefarzt KJP, Solothurn Inhalt Verwechslungen, Befürchtungen, Mythen, Vorurteile Charakteristika der ADHS Gründe und Hintergründe Eine ADHS kommt selten allein Gefährlich oder harmlos? Gute und böse Behandlungsformen? Baar Juni 2010 2 Verwechslungen, Befürchtungen, Mythen, Vorurteile Baar Juni 2010 3 Zu welcher diagnostischen Einschätzung neigen Sie beim Verhalten des Tigers in der Geschichte von Winnie Pooh? 1 Der Tiger ist selbstbewusst und kerngesund 2 Er leidet an einer Hyperaktivitäts- und Impulskontrollstörung 3 Seine Stimmungslage und Angetriebenheit sind Ausdruck einer affektiven Problematik (Hypomanie) 4 Er leidet an einer Störung des Sozialverhaltens Baar Juni 2010 4 Braucht der Tiger eine Behandlung oder nicht? Und wenn ja, welche? Nein, überhaupt keine Stimulanzientherapie (z.B. Ritalin) Stimmungsstabilisierendes Medikament Verhaltenstherapie Spezielle Diät anderes Baar Juni 2010 5 Aufmerksamkeitsstörungen und Betriebsamkeit treten nicht nur bei ADHS auf Entwicklungsbedingte Hyperaktivität als normale Verhaltensvariante, insbesondere im Kleinkind- und Vorschulalter Situationsbedingte motorische Unruhe Anpassungsstörung (Reaktion auf Belastungen) Störung des Sozialverhaltens Angststörung Aufmerksamkeitseinschränkung bei Depression Andere affektive Störungen (z.B. bipolare Erkrankungen) Baar Juni 2010 6 Vorurteile An einer ADHS sind immer die Eltern schuld; sie sollten ihr Kind besser erziehen; sie suchen lediglich eine bequeme Ausrede An der ADHS sind ausschliesslich gesellschaftliche Entwicklungen schuld Es liegt einzig an Umweltgiften und Ernährung Die ADHS-Diagnose dient nur der Etikettierung ADHS gibt es gar nicht ADHS ist eine Erfindung der Pharmaindustrie Fast alle Probleme von Kindern sind auf eine ADHS zurückzuführen Baar Juni 2010 7 Charakteristika der ADHS Baar Juni 2010 8 Hauptmerkmale der ADHD: eine sogenannte Trias (nach ICD-10- oder DSM-IV-Klassifikation) Signifikante Störung Der Aufmerksamkeitsfunktionen Der Steuerung des Aktivitätsniveaus Der Impulskontrolle Baar Juni 2010 9 Szenotest, 6jähriger Junge Baar Juni 2010 10 Szenotest Zwillingsschwester Baar Juni 2010 11 Diagnosestellung Braucht genügend Zeit Muss Vielschichtigkeit berücksichtigen Setzt einschlägige klinische Erfahrung voraus Wichtigste diagnostische Schwierigkeit: Die Hauptmerkmale sind unspezifisch und können deshalb nur bedingt nach schematischem Vorgehen beurteilt werden Baar Juni 2010 12 Elemente der Abklärung beim KJPD Anmeldung Auftragsklärung + Triage Ausgangshypothesen Erstgespräch Erfassen des aktuellen Anliegens, der Sichtweisen und Erwartungen aller Beteiligten und bisheriger Lösungsversuche Familien- und Sozial-, Schwangerschafts-, Geburts-,Entwicklungs anamnese, somatische Vorgeschichte, schulische Anamnese, Vorakten Baar Juni 2010 Ressourcen und Belastungen im Umfeld? Erziehungsstil? Beziehungsmuster? Eigene emotionale Reaktionen? 13 Erheben psychopathologischer Befunde: (klinische Beurteilung) Interaktion? Oppositionell-dissoziales Verhalten? Entwicklungsstörungen? Aktivität und Aufmerksamkeit? Psychomotorik? Angst? Zwang? Stimmung und Affekt? Essverhalten? Körperliche Befunde? Denken und Wahrnehmung? Gedächtnis, Orientierung und Bewusstsein? Andere Auffälligkeiten? Testpsychologische Diagnostik (Intelligenz-, Leistungs-, Persönlichkeitstests, samt Zeichnungen, Spielbeobachtung; familienbezogene Testdiagnostik) Allgemeine und syndromspezifische Fragebogen für Eltern, Lehrer, Jugendliche (Fremd- und Selbstbeurteilung) Baar Juni 2010 14 Gesamtbeurteilung Bilden von Arbeitshypothesen Empfehlungen an Auftraggebende Initiieren weiterer Schritte (Behandlung; Überweisung; Spezialabklärungen; Beantragen besonderer Massnahmen) Quintessenz: Die Abklärung beschränkt sich nicht auf die Frage, ob eine ADHS vorliegt, sondern klärt, wie gross der Anteil einer ADHS an der Gesamtsymptomatik ist Baar Juni 2010 15 Epidemiologie: weltweit ähnliche Häufigkeit in allen Kulturen Baar Juni 2010 16 Anders als früher angenommen spielt eine ADHS- (oder ADS-)Problematik bei Mädchen wahrscheinlich fast so häufig eine Rolle wie bei Knaben ?? Baar Juni 2010 17 Baar Juni 2010 18 Gründe und Hintergründe Baar Juni 2010 19 Risikofaktoren Hauptrisikofaktor für ADHS: Elterliche ADHS Baar Juni 2010 20 Resultate bildgebender Verfahren Krause et al. (2000) Baar Juni 2010 21 Aktivierungssteuerung: Organisieren, Priorisieren, Arbeit aufnehmen Baar Juni 2010 22 Aufmerksamkeitssteuerung Fokussieren Fokus verschieben Focus beibehalten Baar Juni 2010 23 Leistungssteuerung: Leistung aufrecht erhalten Aufmerksam bleiben Prozesstempo regulieren Baar Juni 2010 24 Emotionale Steuerung: Frustrationen aushalten Emotionen modulieren Baar Juni 2010 25 Steuerung von Erinnerungsprozessen: Arbeitsgedächtnis aktivieren; Zugriff & Abruf von Gedächtnisinhalten Baar Juni 2010 26 Handlungssteuerung: Überwachen von Selbstregulationsprozessen Baar Juni 2010 27 Eine ADHS kommt selten allein Baar Juni 2010 28 Parallel zur ADHS bestehende (sogenannt komorbide) Störungen beachten 50 % Oppositionelle Störungen des Sozialverhaltens 30 - 50% Störungen des Sozialverhaltens 10 – 40% affektive (v.a. depressive) Störungen 10 – 25% Lern-/ Teilleistungsstörungen 50% Einschlafstörungen 20 -25% Somatisierungsstörungen (Richters et al. 1995) Anmerkung: Damals Aspergersyndrom noch wenig bekannt Baar Juni 2010 29 Assoziierte Störungen – MTA-Studie Assoziierte Störungen im Kindesalter (n=579) Oppositionelles Verhalten 40% Tics 11% Depressionen 4% Bemerkung: auch hier wurde Aspergersyndrom noch unterdiagnostiziert Verhaltensstörungen 14% Angststörungen 34% Alleinige ADHD 31% MTA Cooperative Group (1999) Baar Juni 2010 30 Gefährlich oder harmlos? Baar Juni 2010 31 (Spät-)Risiken ADHS Baar Juni 2010 32 Risiko der Substanzabhängigkeit bei unbehandelter ADHS Baar Juni 2010 33 Ungünstige Wechselwirkungen bei (unbehandelter) ADHS Ulrich Knöllker 2007 Baar Juni 2010 34 Gute und böse Behandlungsformen? Baar Juni 2010 35 Behandlungsziele Unmittelbare Ziele sind Verbesserung von Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit, Aktivitätsniveausteuerung, Impulskontrolle, motorischer Koordination Übergeordnete, indirekt avisierte Ziele sind Verbesserung der sozialen Integration, Minderung von Misserfolgserfahrungen auf allen Ebenen, Kompensation von Teilleistungsschwächen, adäquate schulische und berufliche Umsetzung des Potenzials, Vermeiden sekundärer Störungen Baar Juni 2010 36 Multimodale Behandlung ADHS Informationen für Eltern, Kind und Lehrpersonen über Charakter und Verlauf der Störung Beratung im Sinne eines auf lange Frist ausgelegten Coachings für alle Beteiligten, insbesondere für die Eltern und Kind, aber auch für die Lehrpersonen (Familientherapie im engeren Sinne nur bei spezieller Indikation. Hingegen bildet der Besuch einer Selbsthilfegruppe für Eltern eine wichtige, oftmals sehr hilfreiche Behandlungskomponente) Baar Juni 2010 37 Multimodale Behandlung der ADHS (Zu kombinierende) Optionen für das Kind: Psychopharmakotherapie Adäquate Behandlung begleitender Störungen Verhaltenstherapie (Bemerkung: Hilft besser bei begleitenden Störungen des Sozialverhaltens als bei ADHS-Grundsymptomatik) Spezifische Fördertherapien (funktionelle Therapien) bei Vorliegen umschriebener Entwicklungsstörungen Bei (sekundären) emotionalen Störungen Psychotherapie Eventuell Gruppentherapie (Ziel: Adäquater Umgang mit Störung; Steigerung der Sozialkompetenz) Eventuell Neurofeedback (?) Baar Juni 2010 38 Multimodale Behandlung ADHS Es existiert eine Vielzahl noch ungenügend oder gar nicht untersuchter weiterer Behandlungsansätze, von welchen einzelne durchaus unterstützend zu wirken scheinen, andere zumindest nicht schaden, einige aber schon. Problematisch sind die mit einzelnen Methoden verbundenen ungerechtfertigt hohen Kosten und der quasi-religiöse Eifer mit welchen sie verfochten werden, besonders wenn bei mangelndem Erfolg die Schuld den Kindern zugeschoben wird Baar Juni 2010 39 Empfehlungen an die erwachsenen Bezugspersonen ADHS akzeptieren als bleibende Eigenheit des Kindes Bei Forderungen stets das individuelle Profil von Schwächen und Stärken möglichst gut zu berücksichtigen versuchen. (Altersnorm vergessen und statt dessen Individualnorm zugrunde legen) Haltung: „Du bist anders, aber du bist trotzdem in Ordnung“ Statt „Du musst dich ändern“ besser „Wir schaffen das gemeinsam“ Verbale Aufforderungen nicht aus der Ferne ans Kind richten sondern besser aus der Nähe Umsetzung initiieren helfen Begleiten wie jüngeres Kind. Statt: „Nimm dich jetzt mal zusammen und mach deine Hausaufgaben“ besser: „Hier sind deine Schreibsachen. Jetzt lösen wir die erste Aufgabe“ Regeln und Ziele klar, positiv, überschaubar, vorhersehbar und erreichbar formulieren Baar Juni 2010 40 Medikamente bei ADHS: Befürchtungen Das Medikament verändert die Persönlichkeit meines Kindes grundlegend Mein Kind wird süchtig werden Das Gehirn meines Kindes erleidet längerfristig einen Schaden Mein Kind wird durch körperliche Nebenwirkungen geschädigt werden Mit der Behandlung verhindere ich Entwicklungsschritte des Kindes; es kann dann nicht an der Auseinandersetzung mit der ADHSProblematik wachsen Mein Kind wird Beschämungen erleiden wegen der Medikation Baar Juni 2010 41 Medikamentöse Behandlung der ADHS Psychostimulanzien gelten (wegen des raschen Wirkungseintritts) als erste Wahl Methylphenidat gilt als Gold-Standard Noradrenalinbetonte Antidepressiva zeigen eine ebenbürtige Wirkung und ähnliche Nebenwirkungen Atomoxetin Baar Juni 2010 42 Biochemische Vorgänge an der Nervensynapse Hemmung der Dopamin- und der Noradrenalin Wiederaufnahme Präfrontaler Kortex Dopamin/Noradrenalin ausschüttende Nervenzelle (Sender-Zelle) Zellkörper Axon Präsynaptische Vesikel mit Dopamin/Noradrenalin Dopamin-/ NoradrenalinTransporter Methylphenidat wirkt vermutlich hier, indem es die Wiederaufnahme von Dopamin/Noradrenalin in der sendenden Nervenzelle hemmt sc tri k e el puls Im r he Synapse Dopamin-/ NoradrenalinRezeptor (D4) Baar Juni 2010 Empfänger-Zelle 43 Ergebnisse der MTA-Studie1 Medikation mit Stimulanzien ist hinsichtlich der Kernsymptome Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität wirkungsvoller als Verhaltenstherapie allein. Kinder mit ADHS und zusätzlicher aggressiver Störung reagieren besser auf Medikation als auf Verhaltenstherapie allein. Verhaltenstherapie plus Medikation: Besser als Medikation alleine, wenn ADHS mit begleitender Störung des Sozialverhaltens vorliegt. 1Multimodal Treatment Study of Children with ADHD Baar Juni 2010 44 ADHS: Substanzen, welche für eine medikamentöse Therapie in Frage kommen Methylphenidat (Ritalin, Ritalin SR, Ritalin LA, Concerta, Medikinet) Atomoxetin (Strattera) Diverse Weitere Baar Juni 2010 45 Nebenwirkungsfragebogen Psychostimulanzien Name: ……………………………… Geburtsdatum: ……........... Fragebogen ausgefüllt von: …………… Datum:.....…………………. Bitte beurteilen Sie die aufgeführten Beschwerden von 0 = nicht vorhanden bis 9 = sehr stark ausgeprägt oder sehr häufig aufgetreten in der letzten Woche Beschwerden /Verhalten Einschlafstörungen Durchschlafstörungen Alpträume Vor-sich-hin-Starren, Tagträumen Unlust mit andern zu sprechen Unlust zu sozialen Kontakten Verminderter Appetit Erhöhte Reizbarkeit Bauchschmerzen, Übelkeit Kopfschmerzen nicht vorhanden 0 1 2 0 1 2 0 1 2 0 1 2 0 1 2 0 1 2 0 1 2 0 1 2 0 1 2 0 1 2 Baar Juni 2010 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 schwerwiegend 4 5 6 7 8 9 4 5 6 7 8 9 4 5 6 7 8 9 4 5 6 7 8 9 4 5 6 7 8 9 4 5 6 7 8 9 4 5 6 7 8 9 4 5 6 7 8 9 4 5 6 7 8 9 4 5 6 7 8 9 46 Schwindel Traurigkeit, Niedergeschlagenheit Weinerlichkeit Ängstlichkeit Rasche Stimmungsschwankungen Übermässig gute Laune ohne Grund Tics, nervöse Bewegungen Fingernägelkauen Bewegungsabläufe verlangsamt Baar Juni 2010 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 2 2 2 2 2 2 2 2 2 3 3 3 3 3 3 3 3 3 4 4 4 4 4 4 4 4 4 5 5 5 5 5 5 5 5 5 6 6 6 6 6 6 6 6 6 7 7 7 7 7 7 7 7 7 8 8 8 8 8 8 8 8 8 9 9 9 9 9 9 9 9 9 47 Kritische Fragen Weltweit hat Stimulanzienverschreibung (vor allem Methylphenidat =MPH) zugenommen In der CH wurde der Kanton NE exemplarisch untersucht: 1996 wurden 40 Kinder mit MPH behandelt, im Jahr 2000 waren es 348. Das sind 3,8% der Kinder im Schulalter. (Prävalenz ADHD bei rund 5% in Mitteleuropa und USA) Welche Verschreibungshäufigkeit entspricht der optimalen Versorgung der Bevölkerung? Baar Juni 2010 48 Missbrauch und Drogenmissbrauch Die euphorisierende, Cocain-ähnliche Wirkung von Methylphenidat ist umso stärker, je rascher die Dopamintransporter blockiert werden. Die dazu notwendige Geschwindigkeit lässt sich praktisch nur mit einer Verabreichung direkt in die Blutbahn erreichen. Eine Metaanalyse zeigt, dass junge Leute, die wegen ADHS medikamentös behandelt werden sehr viel seltener Alkohol und Drogen missbrauchen als Unbehandelte. Baar Juni 2010 49 Pharma-MPH-Konzentration (ng/ml) Konzentration von MPH (‚Ritalin‘) im Blut 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Zeit (h) 0 2 4 6 8 10 12 MPH (5mg) 1-mal täglich MPH (5mg) 3-mal täglich Baar Juni 2010 Swanson et al. (2002); Swanson et al. (1999) 50 Pharma-MPH-Konzentration (ng/ml) Unterschiedliche Konzentration im Blut 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Zeit (h) 0 2 4 6 8 10 12 MPH (5mg) 1-mal täglich MPH (5mg) 3-mal täglich CONCERTA® (18mg) 1-mal täglich Swanson et al. (2002); Swanson et al. (1999) Baar Juni 2010 51 •Vergleich der“ Methylphenidat – Formen Halbwertszeiten der Verhaltensbeeinflussung Response Ritalin 10 mg Ritalin SR 20mg (DAVOS) Ritalin LA (OROS) Concerta Therapeutischer Effekt 0 2 4 Stunden 6 10 Wilens, Child Adolesc Psychiatr Clin N Am. 2003 Baar Juni 2010 52 OROS-Technologie:Oral Osmotic System Langzeitformulierung Morgens Ein Teil des Wirkstoffs MPH wird sofort freigesetzt (22 %) 1 Stunde später MPHÜberzug MPHKonzentration 1 Nachmittags mit steigendem osmotischen Druck dringt Wirkstoff aus einer definierten Pore der ansteigende Wirkspiegel ermöglicht eine gleichbleibende Wirkung über den ganzen Tag unabhängig von einer Nahrungs-aufnahme MPHKonzentration 2 aufquellende Matrix aufquellende Matrix 1OROS®: Oral osmotic drug delivery system Baar Juni 2010 53 SODAS-Technologie Spheroidal Oral Drug Absorption System 50% schneller Wirkstoffanteil Kapseln lassen sich öffnen und mit Wasser oder Joghurt einnehmen Baar Juni 2010 54 Vorsichtsmassnahmen Empfehlungen der SGKJPP: Untersuchungen und Laborkontrollen vor MethylphenidatMedikation: Blutbild, Elektrolyte, Kreatinin, Leberenzyme. Ausserdem aus differentialdiagnostischen Gründen: Schilddrüsenfunktions-Parameter Körpergewicht, Körpergrösse, Blutdruck, Puls EEG und EKG nur bei kritischen anamnestischen Hinweisen angezeigt Baar Juni 2010 55 Verlaufskontollen (Empfehlungen SGKJPP) Körpergewicht, Körpergrösse, Blutdruck, Puls nach 1 Monat, dann halbjährlich Fortlaufende Laborkontrollen bei blander Zwischenanamnese nicht zwingend, ungefähr jährliche (Mikro-Blutbild)-Kontrollen aber empfehlenswert. Hinweise: - Fragebogen, z.B. nach Barkley1995, für NW-Screening benützen - Bei fehlender Wirksamkeit zusätzlich Kontrolle des Ferritins Baar Juni 2010 56 Pharmakotherapie Komorbidität Behandlung mit einer einzigen Substanz wenn immer möglich Kombinationen eventuell notwendig bei: zusätzlicher Störung des Sozialverhaltens; Depression; Schlafstörungen; Tics; Gilles de la Tourette-Syndrom Baar Juni 2010 57 Wann ist eine längerfristige medikamentöse Behandlung gerechtfertigt? wenn sich: bei sorgfältiger Abklärung eine ADHS als wesentliche Komponente des Störungsbilds eines Kindes herausstellt begleitend bestehende Störungen identifiziert sind und keine psychische Störung (wie Suchterkrankung oder Psychose) vorliegt, bei welcher ADHS-Medikamente nicht eingesetzt werden dürfen die Besonderheiten des Lebens-, Beziehungs- und Förderkontexts des Kindes im Gesamtbehandlungsplan angemessen berücksichtigt werden. Baar Juni 2010 58 … und wenn: die Vorteile der Medikation die Nachteile deutlich überwiegen nach probatorischer Verabreichung begründete Aussicht auf eine wesentliche Verbesserung der Zielsymptome besteht das Kind und seine Bezugspersonen über alle Aspekte der Medikation informiert und mit der Behandlung einverstanden sind. der Gesamtbehandlungsplan besprochen und das Coaching von Eltern und Kind etabliert sind der Rhythmus von therapeutischen und Kontrollterminen festgelegt ist. Baar Juni 2010 59 Literatur Wackelpeter und Trotzkopf Döpfner Schürmann Lehmkuhl, 2. Auflage, Beltz 2000 THOP Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten Döpfner Schürmann Fröhlich, 3. Auflage, Beltz 2002 pharma-kritik, Jg 28, Nr. 2/2006: Methylphenidat Medikamente für die Kinderseele Aribert Rothenberger (Teilweise kostenlos herunterzuladen unter www.unigoettingen.de) Baar Juni 2010 60