Anspruchsvoll und anregend

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Aktualität
Nr. 44 I 31. Oktober 2014 reformierte presse
Anspruchsvoll und anregend
ÖRK bittet um Bibis Leben
Eine Auseinandersetzung mit dem neuen Glaubensbuch des SEK
Das Konzept des Kollektivs
Die Methode ist ungewöhnlich:
Jede Bitte des Unservaters wurde
von einem der sechs Verfasser,
vier Theologen und zwei Theologinnen aus dem deutschen und
dem französischen Sprachraum,
ausgelegt. Die erste Lesung erfolgte durch einen Kollegen oder
eine Kollegin der anderen Sprachgemeinschaft, zum Schluss wurde der Beitrag im Plenum ausführlich diskutiert. Im Anhang
stehen zwar die Namen der
Autoren, aber nirgendwo wird gekennzeichnet, wer welchen Text
ursprünglich verfasst hat. «Kein
Soloprogramm, sondern ein gemischter Chor, keine Einstimmigkeit, sondern wahrnehmbare Vielstimmigkeit» solle das Buch sein,
heisst es in der Einleitung.
Ob das Konzept des Kollektivs
aufgeht, ist zweifelhaft. Einerseits
sei es «kein Geheimnis, von wem
welcher Beitrag stammt», so der
Systematiker Matthias Wüthrich,
leider der einzige Mitautor, der
für diesen Anlass gewonnen wer-
Foto: SEK/Thomas Flügge
Der SEK hat mit «Rede und Antwort
stehen» ein neues Glaubensbuch
herausgebracht. Seine Frauenkonferenz nahm es am vergangenen Montag kritisch unter die Lupe.
Marianne Weymann – Was glauben eigentlich Reformierte? Diese Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Nicht einmal für die
Kinder Locher, wie Vater Gottfried, Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds (SEK), in seiner Einführung
vor der SEK-Frauenkonferenz hervorhob. Denn, so Locher: «Der reformierte Glaube hat viele Stimmen.» Das hiesse aber nicht, dass
jeder singen könne, was ihm
passt. Es gebe eine gemeinsame
Partitur, die Bibel, und einen Dirigenten, Jesus Christus.
Aufgabe der Kirche sei es, über
diesen Glauben Rechenschaft abzulegen. Deshalb habe der SEK
das Glaubensbuch in Auftrag gegeben. Grundlage ist das Gebet,
das allen Christinnen und Christen gemeinsam ist.
Das Interesse ist da: Gespannt lauschen die Mitglieder der SEK-Frauenkonferenz den
Ausführungen von Gottfried Locher.
den konnte. Aber warum, so fragten einige der Anwesenden, könne das dann nicht wenigstens im
Anhang ersichtlich werden?
Wüthrich ging nicht nur auf die
Methode, sondern auch auf die
Textwahl ein. Man habe beschlossen, das Unservater auszulegen,
weil dieses Gebet gleichzeitig
«reformiert, ökumenisch, biblisch
und jesuanisch» sei. Selbst religiös Distanzierten sei es noch bekannt und könne auch dort noch
gebetet werden, wo einem «die
Worte fehlen».
Ein «Hauch von Calvin»
Kritische Anmerkungen kamen
von Isabelle Noth, Professorin für
praktische Theologie an der Uni
Bern. Das Glaubensbuch sei eher
für die Insider gedacht, nicht für
die Distanzierten. Es gehe nicht
um Aufklärung und Werbung, sondern um «Sammlung und Förderung der Offenen und Interessierten». Das sei an sich in Ordnung,
wenn man bei der Beurteilung
diese Zielgruppe und Intention im
Auge behalte.
Der «Hauch von Calvin» dagegen, den Noth im Glaubensbuch
ausmacht, ist ihr nicht so sympathisch. Der Eindruck, dass es hier
vor allem um die «rechte Lehre»
gehe, werde genährt durch einen
«akademischen und zuweilen paternalistischen Grundzug». Tatsächlich sind die vier männlichen
Autoren allesamt in der systematischen Theologie zu verorten,
und das merkt man. Aber auch
wenn es legitim sei, so Noth,
dass in einem Buch, das zu Glaubensgesprächen anregen will,
die «Wissenskomponente» Gewicht erhalte, hätte man doch
noch eine ganze Reihe jüngere Wissenschaftlerinnen berücksichtigen können, von denen es
inzwischen einige gebe.
Trotz allem sei das Buch eine
Chance, denn es wecke Lust zu
diskutieren, sagte Noth. Es liege nun an den Kantonalkirchen
und Kirchgemeinden, diese «zu
ergreifen und Glaubensgesprächskreise zu bilden».
Zumindest in der SEK-Geschäftsstelle in Bern haben solche
Diskussionen schon stattgefunden, wie eine anwesende SEKMitarbeiterin berichtete. Kann
dieses Buch aber auch einem
Hauskreis zum Beispiel im Berner Oberland zugemutet werden?
Wahrscheinlich, so wurde vermutet, wären mit theologischer Begleitung auch in diesem Rahmen
tiefgehende Auseinandersetzungen möglich. Das Buch, das Locher vorschwebte, das in allen
reformierten Haushalten seinen
Platz neben der Bibel und dem
Gesangbuch einnähme, ist «Rede
und Antwort stehen» allerdings
noch nicht.
Rede und Antwort stehen.
Glauben nach dem Unservater.
Theologischer Verlag Zürich,
Zürich 2014. 271 Seiten, Fr. 36.–.
5
ref.ch – Der Weltkirchenrat (ÖRK)
in Genf hat nach der zweitinstanzlichen Bestätigung des Todesurteils für
die pakistanische Christin Asia Bibi,
die der Blasphemie angeklagt war,
grosse Sorge geäussert. Bibi war von
zwei Frauen ihres Dorfes vorgeworfen worden, sich beleidigend über
den Propheten Mohammed geäussert zu haben, was sie selbst bestreitet. In Fällen wie in jenem der fünffachen Mutter, die 2010 erstmals wegen
angeblicher Gotteslästerung verurteilt worden war, müsse Gerechtigkeit
sichergestellt werden, forderte ÖRKGeneralsekretär Olav Fykse Tveit am
vergangenen Dienstag in einer Stellungnahme. Nur so könnten Toleranz,
religiöser Friede und Minderheitenrechte gefördert werden. Asia Bibis Anwälte wollen sich nun an das
Oberste Gericht und somit die letzte juristische Instanz wenden. Bibi
droht die Hinrichtung durch den
Strang. Sowohl Papst Benedikt XVI.
(2005–2013) als auch Franziskus forderten schon die Freilassung der
Christin. An Papst Franziskus hatte
sich Bibi zuletzt auch in einem Brief
gewandt. Sie bat ihn darin, für ihre
Freilassung zu beten.
Himmel ja, Hölle eher nein
epd – Zwei Drittel der US-Amerikaner
glauben laut einer Umfrage, dass es
den Himmel im religiösen Sinne wirklich gibt. Bei der Hölle hätten die
Befragten ein wenig mehr Zweifel,
berichtete das baptistische Institut
«Lifeway Research» am vergangenen
Dienstag in Washington. 61 Prozent
der US-Bürger halten demnach die
Hölle für real. Besonders ausgeprägt
sei dieser Glaube bei schwarzen Protestanten (86 Prozent) und bei Evangelikalen (87 Prozent). Von den Katholiken glaubten 66 Prozent an die
Existenz der Hölle und 75 Prozent an
den Himmel, hiess es weiter. In den
grossen protestantischen Denominationen zeigten sich 67 Prozent überzeugt, dass es den Himmel gibt, 55
Prozent glaubten an die Hölle. Bei der
Untersuchung befassten sich die
«Lifeway»-Meinungsforscher auch
mit der Bedeutung des Evangeliums
für das ewige Seelenheil. Nach Ansicht von 53 Prozent der Befragten
muss man an Jesus Christus glauben,
um in den Himmel zu kommen. 45 Prozent erklärten, es gebe «viele Wege in
den Himmel». Bei der repräsentativen
Umfrage hat das in Nashville im
US-Bundesstaat Tennessee ansässige Institut 3000 US-Einwohner online befragt.
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