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Dr. Valentin Govallo
Immun-Embryo-Therapie in der Therapie
fortgeschrittener Karzinome und Sarkome
Rainer Krapf
I. Einführung
Der Jubel über die Entdeckung immer neuer Krebsgene versperrt den Blick auf das
Wesentliche. Nicht die Gene, sondern ihre Mutationen, versagen in der Kontrolle des
Zellwachstums. Dabei sind Spontanmutationen und Reduplikationsfehler in jeder Zelle angelegt
und kommen erst dann zum Tragen, wenn auch ihre Kontrollorgane geschädigt sind.
So haben z.B. die beiden „Krebs-Gene“ BRCA1 und BRCA2 die grundsätzliche
Aufgabe, Brüche im Erbgut zu reparieren und damit Tumoren zu verhindern. Sind
diese Tumor-Suppressor-Gene jedoch ebenfalls mutiert, so ist ein unkontrolliertes
Zellwachstum nicht mehr zu bremsen.
Dabei sagen individuelle Wahrscheinlichkeiten sehr wenig über ihren relativen Einfluss auf die
Krebsinzidenz.
Die Vorhersage eines erblichen Brustkrebses anhand der Brustkrebsgene BRCA 1
und BRCA 2 wird ja selbst in Wissenschaftskreisen mit einer „Wahrsagerei aus der
Kristallkugel“ verglichen, nachdem lediglich fünf Prozent der Mammakarzinome
darauf zurückzuführen sind 1 . Auch kann die erfolgreiche Markteinführung eines
Kinasehemmers wie z.B. Glivec©, der die Folgen einer genetischen Abnormität bei
Chronischen Myeloischen Leukämie(CML) beheben soll, nicht darüber hinwegtäuschen,
dass ein verändertes Philadelphia-Gen noch lange keinen Krebs bedeutet.
Wenn die erste Verteidigungslinie gegen ungezügeltes Zellwachstum nicht mehr zur Verfügung
steht, kommt dem körpereigenen Abwehrsystem eine Schlüsselstellung zu. So erscheint es
nicht unlogisch, die Immunstimulation zu einer vierten Säule in der Krebsbehandlung
aufzubauen.
Immuntherapien basieren auf der „Freund-Feind-Erkennung“, die über den sog.
MHC (Major Histocompatibility Complex) entschieden wird. Diese „Haupt-GewebeVerträglichkeits-Antigene“ sind Antennen, in deren Bindungstaschen charakteristische
Peptide liegen, die aus Proteinen stammen, die im Zellinnern zerlegt wurden. Liegt
z.B. eine Mutation vor oder sind Bakterien oder Viren eingedrungen, so entstehen
neue, veränderte Proteine, die sich auf die MHC-Struktur auswirken. Deren Molekülmuster entziffert die Immunabwehr wie einen Strichcode 2
Eine Immunstimulation, die sich günstigstenfalls durch einen vitalen Immunstatus belegen läßt,
kann jedoch das Tumorwachstum erfahrungsgemäß nicht entscheidend beeinflussen. In der
Regel wachsen die Metastasen trotz normaler bis guter Immunitätslage ungehindert weiter und
prägen den landläufigen Fatalismus, dass eben die Antigenstruktur der Krebszelle einer
Normalzelle ähnlich und somit für die Immunabwehr nur schwer zu erkennen sei.
1
2
Rolf Kreienberg, Uniklinik Ulm, Sept. 1997 / Kongressbericht Mangold Ärzteblatt 99 v. 07.09.2002
Ärzte Zeitung, 09.04.2002 ars
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Krebszellen bilden MHC-Strukturen nur selten oder gar nicht aus, d.h. präsentieren
keine Antigene auf der Zelloberfläche und produzieren auch keine Substanzen,
die die Immunantwort verändern. Eine Immunantwort durch zytotoxische T-Zellen
ist demzufolge ausgeschlossen.
II. Historischer Hintergrund
Bereits 1875 formulierte der Pathologe Julius Cohnheim, wie schon zuvor seine Kollegen J.C.A.
Récamier und Jean-Frédéric Lobstein (1829) in Frankreich, die sog. „Embryonaltheorie“. Ein
Karzinom sollte demnach aus „überlebenden“ Embryonalzellen entstehen. Anfang des 20.
Jahrhunderts beschrieb dann der schottische Embryologe John Beard die „Invasion der
Trophoblasten“ 3 , womit er die gefährlichen Eigenschaften jenes embryonalen Zelltypus meinte,
der über sein aggressives und rücksichtsloses Wachstum verblüffend den Eigenschaften einer
Krebszelle gleicht. Beard bezeichnete Krebs als einen „primitiven Trophoblasten am falschen
Ort und zur falschen Zeit“, der durch hormonelle Stimulantien sowie Karzinogene seinen
malignen Lebenslauf beginnt“4 . Auch nach Liotta 5 entspricht ein maligner Tumor (invasives
Wachstum, ungebremste Zellteilung, Metastasen) den charakteristischen Eigenschaften eines
Trophoblasten.
Z.B. fräst sich ein Trophoblast rücksichtslos in die Gebärmutterschleimhaut ein,
initiiert eine umfassende Blutversorgung und wächst zunächst ungehemmt. Seine
Aggressivität verliert er mit der Enzymbildung durch den embryonalen Pankreas –
etwa um den 56. Tag nach der Implantation.
Folgerichtig entwickelte Beard 1906 eine hochdosierte proteolytische Enzymtherapie, mit der er
einige Krebsheilungen vollzog. Hierzu spritzte er Tumorpatienten den frischen Pankreassaft
junger Schafe und Kälber. Der Arzt Max Wolf belegte mit einer Kombination aus proteolytischen
Enzymen pflanzlicher (Papain, Bromelain) und tierischer (Trypsin, Chymotrypsin) Herkunft neben deutlichen anti-entzündlichen und fibrinolytischen Eigenschaften – auch deren antikanzerogenes Potential 6, 7 , 8
Ein Review der Trophoblasten-Theorie erfolgte dann 1975 durch Charles Gurchot. 9 Obwohl er
dem Aspekt „wandernder embryonaler Stammzellen“ widerspricht, bestätigt er die auffällige
Ähnlichkeit zwischen Trophoblast und Karzinom und vermutet eine abnormale Reaktivierung
bestimmter embryonaler Suppressorgene.
„Beide produzieren die identischen Hormone hCG, ACTH, hGH, MSH, CEA, AFP und
Onkomodulin. Und bei beiden ähneln sich die immunologischen Eigenschaften“.
3
Gurchot C. The trophoblast theory of cancer (John Beard 1857-1924) revisited. Oncology 1975;
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4
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6
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7
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8
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9
Gurchot C. The Trophoblast Theory of Cancer Revisited. Oncology. 1975;31:310-33
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1992 trat dann Acevedo den Beweis an, dass sämtliche lebenden Krebszellen jeden Typs und
jeden Ursprungs hCG und seine Untereinheiten bilden. 10, 11 , 12
Doch erst die Arbeit Valentin Govallo’s zur Immunologie der Plazenta und des Spontanaborts
führte zu Erkenntnissen, die in die jahrzehntelange Stagnation der Krebsforschung eine
entscheidende Wende brachte.
III. Trophoblasten-Theorie:
Die immunologischen Besonderheiten, die zum Spontanabortus eines Embryos führen,
veranlassten den Immunologen Valentin I. Govallo sich bereits Mitte der sechziger Jahre mit
der Immunologie der Plazenta auseinanderzusetzen.
Govallo ist Autor von 20 Büchern und von über 290 wissenschaftlichen Publikationen
in russischen und internationalen Journalen und ehemaliger ärztlicher Direktor des
Immunologischen Instituts in Moskau. Für seine Verdienste wurde er von der englischen Universität Cambridge als „Wissenschaftler des Jahres 2001“ ausgezeichnet.
Govallo stellte sich seinerzeit die Frage, warum ein Embryo vor der mütterlichen Immunabwehr
unbehelligt bleibt, nachdem er auch väterliches und damit fremdes Erbgut in sich trägt.
So gelang es ihm, aus einem Extrakt menschlicher Deciduazotten – in vitro – sämtliche
Reaktionen der zellulären Immunität zu unterbinden. Aus der Erkenntnis, dass das als
Schwangerschaftshormon bekannte humane Chorion Gonadotropin (hCG) sowie weitere
hormonähnliche Strukturen wie z.B. der Early Pregnancy Factor (EPF) eine immunblockierende
Wirkung haben, resultierte ab 1972 eine folgreiche, wenn auch im Westen weitaus unbekannte
Behandlungsmethode zur Verhinderung von Fehlgeburten.
Die Plazenta dient ausschießlich dazu, das Wachstum eines Embryos sicherzustellen.
Neben der Ernährungsaufgabe hat sie insbesonders die Gefährdung durch Infektionskeime und - was besonders wichtig ist - durch das mütterliche Abwehrsystem
auszuschließen. Die Plazenta ist dabei so aufgebaut, daß sich die fetalen Anteile
(Amnion und Chorion) von den maternalen (Decidua) über die MHC (major histocompatibility complex) - Antigene unterscheiden. Amnion und Chorion besitzen also
väterlich geprägte Oberflächenstrukturen, während die Decidua mit mütterlichen
Antigenen ausgestattet ist.
Bereits kurze Zeit nach der Implantation der embryonalen Zellen bildet der Trophoblast väterliche MHC-Antigene, deren Hauptkonzentration in den Chorionvilli, die
die mütterlich geprägten Blutlakunen ausfüllen, anzutreffen ist.
Immunsuppressorische Eigenschaften der Plazenta
Damit ein semi-allogener Fetus nicht abgestoßen wird, müssen viele Mechanismen greifen.
Teilweise wird dafür eine dürftige MHC-Antigen-Expression von Plazentazellen verantwortlich
10
Acevedo HF, Krichevsky, Hartsock RJ. Cancer 69:1818-28, 1992
Acedvedo HF, Krichevsky, Galyon JC. Cancer 69:1829-42, 1992
12
Acevedo HF, Hartsock RJ, Maroon JC. Cancer Detect Prev 21:295-303, 1997
11
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gemacht, 13, 14 , 15 oder auch der immunregulatorische Einfluss des fetalen Trophoblasten. 16,17
Einen entscheidenden Einfluss hat aber sicher auch die plazentare Produktion von
Blockierungsfaktoren, z.B. Antikörper und Lymphokine, welche in der Lage sind, väterliche
MHC-Antigene auf Fetalzellen zu neutralisieren, 18,19 oder auch das Vorhandensein lokaler
immunsuppressiver Mediatoren 20 , die z.B. wie Progesteron eine unspezifisches DownRegulation vornehmen können. 21
Neben seiner Hauptaufgabe, das Wachstum und die Differenzierung des Trophoblasten zu
steuern, scheint z.B. auch TGF (Transforming Growth Factor) eine wichtige Rolle in der
Immunsuppression zuzukommen. Nach Tamada soll TGF-ß z.B. ein stärkeres
immunsuppressives Potential zu besitzen als Cyclosporin. 22
Das wichtigste Schwangerschaftshormon ist sicher hCG. HCG kann z.B. bei ein In-VitroFertilisation frühestens nach 7 Tagen gemessen werden. 23
HCG ist bei ca. 5 % der Frauen 8 Tage nach der Gestation messbar, bei 10 % am
9. Tag, 5 % am 10. Tag und beim Rest am 11. Tag. Die hCG-Konzentration nimmt
sehr schnell zu und erreicht ihr Maximum zwischen dem 60. und 80. Tag der
Schwangerschaft. Der letzte „hCG-Schwall“ kommt kurz vor der Entbindung. Nach 72
Stunden ist dann kein hCG mehr im Serum nachzuweisen – aber erscheint dann in
der Muttermilch.
Interessanterweise sinkt die hCG-Konzentration im Serum zwei Wochen vor einem
Abortus des 1. und 2. Trimenons unter den Durchschnittswert. 24
Eine besondere Rolle scheint auch dem Early Pregnancy Factor (EPF) zuzukommen. Das
erstmals 1974 beschriebene Immunsuppressor-Hormon 25,26 ist innerhalb 24 Stunden nach der
13
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14
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Befruchtung nachzuweisen 27 und verstärkt u.a. die Wirkung von HCG und von HPL (human
placental lactogen).
Es wurde experimentell nachgewiesen, dass EPF die intakte Antigenerkennung durch
Lymphozyten unterdrückt. 28 Inzwischen weiß man, dass EPF nicht direkt agiert, sondern
über einen humoralen Faktor, den Lymphozyten nach dem EPF-Signal bilden. 29,30
Ein weiteres Schwangerschaftshormon ist z.B. das plazentare Isoferritin (PLF), das
erstaunlicherweise vor Frühgeburten entweder nicht oder nur in einer sehr geringen
Konzentration nachzuweisen ist. 31
PLF kommt übrigens auch bei bestimmten Lymphomen, Morbus Hodgkin,
Leukämien und beim Mamma-Ca vor (!) 32
Die weitere lokale Suppression von mütterlichen Effektor-Lymphozyten erfolgt zusätzllich über
die maternale Dezidua und dem Trophoblasten gebildete Antigene, Zytokine und Proteine. Dazu
zählen z.B. das ß1-Glykoprotein (TSG) 33 und pregnancy specific ß1-glycoprotein (PSG-protein),
das pregnancy-associated plasma protein A (PAPP-A) 34 und das placental protein 14 (PP14) 35
Ein PP14-Peak ist zwischen der 6. – 12. nach der Gestation nachzuweisen.
PP14 inhibiert z.B. die Funktion von NK-Zellen und T-Zellen. 36
Ein weiterer Suppressor-Mechanismus entsteht durch den supprimierenden Einfluss von PP14
auf IL-2 und seine dazugehörigen Rezeptoren. 37 Insgesamt bleibt damit festzuhalten, dass
neben hCG eine Vielzahl zusätzlicher Faktoren für den Schutz des Fetus Rechung trägt.
Aufgrund der Gemeinsamkeiten, die zwischen einer Schwangerschaft und Neoplasmen
bestehen, dehnte Govallo seine Forschungen schon bald auf die Immunologie von malignen
Tumoren aus. Krebszellen haben mit embryonalen Zellen vieles gemeinsam: Z.B. in der
Organisation des Cytoplasmas, 38,39 den Fermenten von Nierentumoren 40
oder bei
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Leberkrebs 41 . Alphafetoprotein (AFP), das bereits 1960 von Abelev entdeckt wurde, oder das
von Gold und Freedman 1965 in die Krebsdiagnostik eingeführte Carcino-Embryo-Antigen
(CEA), sind seit langem ja geläufige Serumbestimmungen. So produziert die fetale Leber große
Mengen an AFP – obwohl auch ein Leberkrebs, Lebermetastasen, Hoden- oder Pankreaskrebs
und bisweilen auch Lungenkrebs dasselbe Enzym hervorbringen können.
Eine Anzahl von Hormonen und Enzymen, die als typische Schwangerschaftsdetektoren
gelten, eignen sich auch als Marker für das Tumorwachstum. Obwohl hCG immer noch als ein
typisches Schwangerschaftshormon gilt, werden im Serum und Gewebe sämtlicher
Krebskranken α- und β-Untereinheiten hCG-ähnlicher Proteine 42, 43 , 44 , 45 , 46 , 47 , 48 festgestellt. So
hat sich der Pressedienst von AstraZeneca 49 schon 1995 zu der Verlautbarung hinreißen
lassen, dass hCG in 100 % der untersuchten Krebsarten nachzuweisen ist.
Offensichtlich benutzen sowohl Trophoblast bzw. Embryo als auch Tumorzellen
denselben Mechanismus, um immunologisch unerkannt zu bleiben. Dazu zählen die
Unterdrückung der zellulären Reaktionen des Wirtsorganismus 50 , ein Recruitement von
Suppressor-Lymphozyten 51 sowie eine Unterdrückung cytoplasmatischer Fragmente
von embryonalen- oder Tumorzellen, die die Informationsübertragung über die Antigenstruktur von den Makrophagen zu den Leukozyten verhindern 52
Zu den „embryonalen“ Besonderheiten eines Tumors haben sich inzwischen eine Vielzahl von
Forschungsrichtungen entwickelt. Z.B. basiert die Krebsdiagnostik mit dem Anthrone- bzw.
Navarro-Test auf der Bestimmung von hCG 53 .
Der Anthrone-Test hat sich allerdings wegen fraglicher Spezifität in der Krebsdiagnostik
nicht durchgesetzt.
Weit bekannter ist hCG ja in der Bestimmung der Schwangerschaft. Den Beweis, dass die
Zellen sämtlicher Krebsarten sowohl für die Bildung von hCG als auch für LH verantwortlich
sind, konnte Kirchevsky jedoch erst 1994 erbringen. 54
Die Forschung zur Schwangerschaftsdiagnostik reicht ja fast 90 Jahre zurück. 55,56
39
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43
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45
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46
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47
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49
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51
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56
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40
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1994 wurde schließlich eine zentrale Schleife im hCG-ß-Molekül entdeckt, die
gewöhnlich auch in TGF-ß, NGF und PDGF-ß vorkommt. 57,58 Diese fundamentale
Entdeckung erklärt auch die Wachstumsstimulierung, die hCG auf Zellkulturen ausübt. 59, 60 , 61 Insgesamt ist aber die Schwangerschaftsbestimmung über hCG wegen
seiner Kreuzreaktion mit LH nicht ganz unproblematisch. 62
Die Erkenntnis, dass hCG aber auch als normaler biochemischer Krebsindikator verwendet
werden kann, verdanken wir der bereits erwähnten Arbeit von Acevedo 63 Wie Krichevsky gipfelt
sein Artikel in der Schlussfolgerung, dass die Bildung von hCG durch eine Krebszelle auch
gleichzeitig das mögliche Ziel der Krebsbehandlung bestimmt.
Acevedo hatte ja schon einmal über seine Analyse zur „Krebs-Vakzine“ von Virginia
Livingston-Wheeler für eine fruchtbare Wissenschaftsdiskussion gesorgt. Obwohl hCG
in den herkömmlichen Bestimmungsverfahren nur als Tumormarker für das Chorionkarzinom und einige weitere seltene Tumoren zum Einsatz kommt, gelang es ihm mithilfe
der aufwendigen Durchfluß-Cytometrie eine hCG-Markierung (inklusive Subeinheiten und
Fragmenten) bei allein 85 verschiedenen Krebsarten 64,65
Erwartungsgemäß isolierte Acevedo hCG auch aus menschlichem Tumorgewebe. 66 In einer
Zusammenfassung bezeichnete er hCG als ein Schwangerschaftshormon, das „gleichzeitig
chemische und physiologische Eigenschaften eines Wachstumshormons besitzt und zur
normalen phänotypischen Ausprägung eines Krebstumors gehört.“
Bakterien-hCG
Nicht nur die Plazenta und Krebszellen produzieren hCG, sondern auch Bakterien, die aus
krebskranken Menschen gewonnen werden – während isolierte Bakterien meist nicht dazu in
der Lage sind. 67, 68 , 69
Besonders wichtig erscheint die Tatsache, dass einige der hCG-bildenden Bakterien
zellwandlose Spezies (CWD) darstellen. 70 Dies ist deshalb von Bedeutung, nachdem
57
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offensichtlich Mykoplasmen in der Krebsentstehung eine noch nicht geklärte Rolle
spielen. 71 Es spricht inzwischen aber vieles dafür, dass hCG eine universelle Rolle
in der Wachstumsstimulierung und in der Morphologieänderung bei Bakterien spielen. 72
Neben dem membran-assoziierten hCG, das vom Trophoblasten, Embryonalgewebe und
Krebszellen gebildet wird, sind im Serum immer auch noch geringe Mengen hyphophysären
hCG’s nachzuweisen, dessen Produktion allerdings einem pulsatilen Rhythmus unterworfen
ist. 73
Die biologische Aktivität von hCG hängt natürlicherweise vom Vorhandensein eines
Rezeptors ab. HCG verfügt aber über keine eigene Bindungsstelle, sondern benutzt die
LH-Rezeptoren. 74, 75 Aus Untersuchungen zu einzelnen Isoformen ist aber klar
geworden, dass nur das komplette heterodimerische hCG einen hormonellen
stimulatorischen
Effekt bewirkt. 76
HCG-Ladungspolarität
Biochemisch stellt hCG ist ein Sialo-Glykoprotein dar. Der hohe Sialinsäure-Anteil verleiht dem
hCG-Molekül eine starke negative Ladung. 77
Sialinsäure, auch N-Acetylneuraminsäure genannt, ist ein charakteristischer BestandTeil von Aminozuckern, der für Zell-Zell-Interaktionen von Bedeutung ist. 78 Aber - die
metastatische Bösartigkeit eines Tumors scheint offensichtlich direkt mit dem Sialogehalt von Krebszellen zu korrelieren. 79,80
Diese ladungsmäßige Besonderheit embryonaler bzw. Krebszellen-Membrane hat eine
immense immunologische Auswirkung: Makrophagen, natürliche Killerzellen (NK) und auch
B-Zellen sind nämlich ebenfalls nach außen „normal“ negativ geladen (!) 81 Damit sind
Krebszellen bzw. ein Embryo für die Immunabwehr nicht greifbar.
Dies dürfte wohl der innere Grund sein, warum ein Embryo oder Fetus, obwohl für die
Mutter zu 50 % fremd, trotz des mütterlichen Immunsystems unbeschädigt überleben
kann. Und warum auch Sperma und Krebszellen auf feindlichem Terrain völlig sicher
sind.
71
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77
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79
Yogeeswaran G, Salk PL. Metastatic potential is positively correlated with cell surface sialylation of
cultured murine tumor cell lines. Science 212: 1514-6, 1981
80
Stanford DR, Starkey JR, Magnusen JA. The role of tumor-cell surface carbohydrate in experimental
metastasis. Int J Cancer 37: 435-44, 1986
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VanRinsum J, Smets . Specific inhibition of human NK cell-mediated cytotoxicity by sialic acid and sialooligosaccharides. Int J Cancer 38: 915-22, 1986
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9
Der Verteidungsmechanismus, mit dem sich Krebszellen gegenüber der körpereigenen
Immunabwehr schützen können, veranlasste Govallo dazu, nach Möglichkeiten zu suchen, um
diesen hormonellen Schutzschild zu durchbrechen. Dies besonders vor dem Hintergrund, dass
sich die Überlebensraten in der Onkologie – trotz offizieller Verlautbarungen und
„altersbereinigter“ Statistikdaten – gestern wie heute keineswegs verbessert haben:
Allein in der EU liegt die Krebs-Neuerkrankungsrate bei knapp 1,5 Millionen – Tendenz
steigend 82 Befindet sich ein Krebspatient erst einmal in einem fortgeschrittenen Stadium
(III / IV), also bei Inoperabilität oder Metastasierung - das sind 60 % (!) aller Krebspatienten - so können mittels Chemotherapie weniger als 4 % geheilt werden, lediglich
6 % erreichen eine Lebensverlängerung um mehr als 2 Jahre 83 .
IV. Konventionelle Immuntherapien
Nach realistischen Schätzungen produziert jeder Mensch täglich 4 – 6 Krebszellen 84 . Nachdem
aber die meisten von uns keinen Krebs entwickeln, scheint unsere immunologische
Überwachung anscheindend bestens zu funktionieren. So liegt es nahe, nach einer
chirurgischen oder chemotherapeutischen Basistherapie immunstimulatorisch nachzubehandeln.
Wer aber glaubt, dass eine Immunstimulation - wie sie in Arztpraxen millionenfach
Durchführung kommt - ein vielleicht besseres Ergebnis bringt, wird insgesamt enttäuscht.
zur
In den frühen 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, als die ersten Daten zur
Immunsuppression nach Transplantaten vorlagen und es offenkundig war, dass
dies das Risiko auf die Entwicklung eines malignen Tumors auf ca. 10 % aller
organtransplantierter Patienten beläuft 85 , war es naheliegend, die umgekehrte
Erfahrung in die immunologische Krebsbehandlung einzusetzen.
Ein Immuntherapie bei Krebs basiert ja bis auf den heutigen Tag u.a. auf der aktiven
Immunisierung mit spezifischen Antigenen und der Zufuhr von unspezifischen
Immunmodulatoren. Zu den Immunmodulatoren gehören z.B. BCG, Corynebacterium parvum,
Varicellen-Vakzine oder Thymus-Extrakte etc.
BCG steht für Bacillus Calmette-Guerin und ist ein Tuberkulinimpfstoff, welcher z.B.
für die Behandlung des malignen Melanoms wirksam ist.
Eine andere Strategie besteht z.B. in einer passiven Immunisierung mit Antikörpern,
Lymphozyten oder ihrer Lysate, bekannt auch als „Adoptive Immuntherapie“. Bei dieser erstmals
von Mathe 86 beschriebenen Methode handelt es sich um die Indentifikation, Isolierung,
Expansion und Rückübertragung von Immunzellen mit spezifischer Anti-Tumoraktivität.
Nach anfänglich vielversprechenden Ergebnissen bei weit fortgeschrittenen Stadien
82
Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg
Dieter E. Hager, 12. Internat. Krebskongress der GfBK 2004
84
DeVita V, Rosenberg S. Cancer: Principles and practice of oncology. New York: Lippincott 1993
83
85
86
Klein M, Krönke M, IMMIH Institut, Neue Ansätze zur Immunsuppression
Mathe G. Immunotherapie Active des Cancers. Immunoprevention et Immunorestoration. Une
Introduction. Expansion Scientifique Franc. 1976
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10
von malignen Melanomen mit Remissionsraten von über 30 % 87 , macht sich allerdings
Ernüchterung breit. Für die Therapie ist nämlich limitierend , dass eine spezifische
Anreicherung dieser Zellen im Tumorgewebe unterbleibt.
Es gibt ja schon seit langem Erkenntnisse, dass einige maligne Tumoren auf bestimmte
Infektionen mit einer Regression reagieren können. So behandelte der New-Yorker Chirurg
William Coley bereits 1884 inoperable Sarkome mit Streptokokken und anderen gefährlichen
Bakterienspezies.
Zwar sprachen über ein Drittel der 104 behandelten Patienten überhaupt nicht auf
dieses Procedere an. Bei den anderen gingen jedoch die Krebssymptome mehr oder
weniger deutlich zurück. Es ist allerdings nicht dokumentiert, wie lange die Tumorregression angehalten hat.
„Coley’s Toxine“ war in den USA bis Anfang der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts
erhältlich und wurde durch die Ära der seinerzeit vielversprechenden Chemotherapeutika abgelöst. Beim später von Park Davis hergestellten Nachfolgepräparat
handelt es sich allerdings um eine schwächere Version und ist nicht vergleichbar.
Tumorremissionen nach Infektionen werden ja nicht zu unrecht immer wieder diskutiert:
Z.B. dokumentierte Rohdenburg 88 302 Fälle, die mit einer spontanen Tumorregression auf eine Erkrankung mit Varicellen, Malaria, Tuberkulose oder
einem Erysipel reagierten.
Die erste Konferenz zur Spontanregression bei Krebs fand 1974 in New York statt. Es wurden
insgesamt 176 verifizierte Krebsheilungen vorgestellt 89 .
In 60 % der untersuchten Fälle lagen ein Hypernephrom (31Pat.), Neuroblastom (29),
malignes Melanom (19) oder Chorionkarzinom (19) vor. 3 der Melanompatienten hatten
z.B. eine Bluttransfusion von Patienten mit einem ausgeheilten Melanom erhalten.
Obwohl diesbezügliche Heilungserfolge sehr selten sind – man rechnet mit ca. 1
Spontanremission auf 500 000 Fälle - zeigen sie doch auf, wie wichtig es ist, den
zugrundeliegenden Mechanismus der Tumorregression aufzudecken.
IV. Russisches Therapieprotokoll zur Immunstimulierung
Govallo legte in der Folge Standards für eine Immuntherapie fest 90 . Dieses
„Therapieprotokoll“ wurde u.a. vom Scientific Council des russischen Gesundheitsministeriums
als immunstimulatorischer Therapiestandard für austherapierte Krebspatienten übernommen.
Wie von Govallo empfohlen, schließt er eine möglichst vollständige operative Entfernung von
Tumorgewebe mit ein, wobei auch der angemessene Einsatz einer Radio- und Chemotherapie
nicht ausgeschlossen ist. Als kritische Tumormasse werden z.B. 105 Tumorzellen angesehen 91
87
Rosenberg SA, Dudley ME , J Immunother. 2001 Jul-Aug;24(4):363-73
Rohdenburg GL. 1918. Jrnl. Cancer Res. 3:193
89
Spontaneous Cancer Regression. Med. World News 1974. Vol. 15, page 13
90
Govallo VI, Grigorieva MP, Kosmiadi GA, 1973a Vopr. Onkol. 2:18
91
Mathe G. et al
88
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11
y
Tumor-Heterogenisierung.
Verfahren nach Vreden-Ikonomov: Erhitzen („Kochen“) über 1 Stunde mit
anschließender Reinplantation
y
Passiver Lymphozytentransfer von Familienmitgliedern, die mit Tumorzellen
des Patienten geimpft wurden.
Verfahren: Ultraschallzerstoßung von operiertem Tumorgewebe. Dreimaliges
Einfrieren, Wiederauftauen und Zufügen von Neuraminidase, um die Immunogenität zu erhöhen. Immunisierung mit 100 – 200 Millionen Tumorzellen
per subkutaner Injektion
y
Passiver Lymphozytentransfer von Patienten gleichartiger Tumore, die
sich in Remission befinden
y
Extrakorporale Lymphozytenstimulierung (autolog) durch PHA (Phytohämagglutinin) und partielle Plasmapherese
Das Verfahren gründet auf der Fähigkeit von PHA-Blasten, autologe und
allogene Zielzellen von kultivierten Tumorzellen zu zerstören 92 . Später er folgte dann die klinische Überprüfung durch die intravenöse Verabreichung
durch PHA-stimulierte Lymphozyten 93, 94 , 95
y
T-Zell-Stimulierung mittels spezifischer Antigene, Embryo-Antigenen, Transferfaktoren, humoralen Thymusprodukte etc.
y
Hyperthermie
y
Vakkzine, Adjuvantien, Interferon etc.
Nach diesem mehr oder weniger vollständig angewandten Therapieprotokoll („Stimulating
Immunotherapy“) wurden zwischen 1973 und 1975 66 Patienten mit metastasierenden
Karzinomen oder schnell wachsenden Osteosarkomen behandelt.
14 Osteosarkome,7 Chondrosarkome, 7 maligne Riesen-Zell-Tumore,
2 Ewing-Sarkome, 3 maligne vaskuläre Tumoren, 12 fortgeschrittene
Mamma-Ca, 10 Bronchial-Ca, 7 Magen- bzw. kolorektale Karzinome,
1 Nierenkrebs, 1 Ösophagus-Karzinom, 1 Uterus-Ca, 1 malignes Thymom
Die Immunstimulation erfolgte – bis auf wenige Osteosarkomfälle - im Tumor-Stadium III bis IV
nach
chirurgischer,
radiologischer
oder
chemotherapeutischer
Vorbehandlung.
Erwartungsgemäß war der Immunstatus des Patientenkollektivs sehr schlecht:
Erniedrigung der absoluten T-Zell-Zahl, durchschnittlich um 38,6 % +/- 3,9 %.
92
Chu EHY, Stjernswärd P, Klein G. JNCI 1967. 39 :595
Frenster JH, Rogoway WM. In-vitro activation and reinfusion of autologous human lymphocytes. Lancet.
1968 Nov 2;2(7575):979-80
94
Cheema AR, Hersh EM. Local tumor immunotherapy with in vitro activated autochithonous
lymphocytes.
Cancer. 1972 Apr;29(4):982-6
95
Garovoy MR, FrancoV, Merrill JP. Derect lymphocyte-mediated cytotoxicity as an assay of
presensitisation. Lancet. 1973 Mar 17;1(7803):573-6
93
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12
Erniedrigung der T-Helfer-Zellen, durchschnittlich um 30,0 % +/- 4,3 %.
Erhöhung der T-Suppressor-Zellen durchschnittlich um 24,2 % / Die T-Helfer / TSuppressor-Ratio lag bei durchschnittlich 1,6 +/- 0,7.
Das Ergebnis war insgesamt niederschmetternd. Obwohl sich innerhalb von 1 – 2 Monaten die
T-Zellen und T-Helfer-Zellen fast verdoppelten (mit einem korrespondierendem Anstieg der THelfer / Suppressor-Ratio / die T-Suppressor-Zellen blieben weiterhin sehr hoch), hatte dies
keinerlei Einfluss auf das Tumorwachstum bzw. Metastasen. Zwar nahmen die Patienten an
Gewicht zu, hatten weniger Schmerzen bzw. besserten sich Müdigkeit und Schwächegefühl.
Aber: Die 3-Jahres-Überlebensrate Stadium IV-Patienten betrug lediglich 12,1 %, die 5Jahres-Überlebensrate 6,1 % und die 10-Jahres-Überlebensrate 3 %.
Govallo gewann daraus die Erkenntnis, dass eine T-Lymphozyten-Stimulierung für eine AntiTumor-Immunität völlig unzureichend ist. Die Verantwortung hierfür tragen offensichtlich
hormonelle Blockierungsfaktoren wie z.B. das bereits beschriebene hCG.
V. Immunembryotherapie (IET) von Karzinomen und Sarkomen
Da ein maligner Tumorverband offensichtlich über ein eigenes Abwehrsystems aus hormonellen
Blockierungsfaktoren verfügt, konzentrierte sich Govallo auf die Entwicklung eines Verfahrens
zur Durchbrechung der Lymphozyten-Suppression. Hierzu stellte er einen Plazentaextrakt aus
Chorionvilli her, den er nach dem Immunisierungsprinzip injizierte.
Die Extraktion gereinigter Chorion villi erfolgt nach einem von Govallo entwickelten
speziellen Verfahren, und entspricht in Teilen einer stark modifizierten Form einer
1974 in den USA beschriebenen Vorgehensweise 96 . Die Proteinkonzentration – die im
übrigen nach der Lowry-Methode bestimmt wird – variiert zwischen 3 – 5 mg/ml.
Es existieren dabei mehrere, von der Proteinkonzentration her leicht differierende Fraktionen,
die sich allerdings bezüglich ihres Blockierungspotenials deutlich unterscheiden und sich u.a.
auch aus dem Vergleich von Abortions- und Sectio-Placentae entwickelt haben. Die Austestung
erfolgte über den sog. LAI-Test.
Der von Halliday und Miller entwickelte LAI-Test (Leukocyte-Adherence InhibitionTest) 97 , 98 misst die zelluläre Sensibilisierung (Lymphokinproduktion durch T-Lymphozyten) und die Blockierungsaktivität im Blut von onkologischen Patienten.
Gibt man diesen Extrakt z.B. mit minimaler Konzentration in ein Kulturmedium, dann werden
sämtliche Reaktionen der zellulären Immunität unterbunden.
Wirkmodell:
Das Wirkungsweise der Immunembryotherapie ist zwar noch nicht vollständig aufgeklärt entspricht aber folgender logischer Modellvorstellung:
Nach der subkutanen Immunisierung produzieren die B-Zellen Antikörper, die sowohl den
Vakzinenextrakt als auch die Tumor-Blockierungsfaktoren wie Isoferritin, hCG-ähnliche
96
Smith NC, Brush MG, Luckett S.: Nature 1974 Nov 22;252(5481):302-3
Halliday WJ, Miller S. Int J Cancer. 1972 May 15;9(3):477-83
98
Halliday WJ, Koppi TA. J Natl Cancer Inst. 1980 Aug;65(2):327-35
97
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13
Produkte, CEA, AFP, TSF (T-Zell-Suppressor-Faktor) etc. entfernen und SuppressorSubstanzen auf der Karzinom-Oberfläche neutralisieren. Die entstehenden Immunkomplexe
werden hauptsächlich durch die Leber entfernt 99 . Bei ausgedehnter Lebermetastasierung
besteht allerdings die Gefahr, dass sie eine erfolgreiche Immunisierung verhindert.
Aus einer australischen In-Vivo-Studie 100 ist z.B. bekannt, dass monoklonale
Antikörper allein gegen AFP (Early Pregnancy Factor) das Wachstum eines
Tumors und dessen DNA-Synthese verzögern.
In einer zwischen 1975 - 1990 durchgeführten Studie 101,102 unterzog Govallo 35 Krebspatienten
unterschiedlicher Karzinome und Sarkome der Immunembryotherapie mit einem speziellen
Plazentaextrakt. Als Vergleichsgruppe wurden die mittels starker Immunstimulation
beschriebenen 66 Krebspatienten herangezogen.
Das Patientenkollektiv bestand aus 18 Mamma-Ca (inklusive eines männlichen
Patienten), 7 Bronchial-Ca, 10 malignen Hämangiopericytomen, 10 SynovialSarkomen und 10 Patienten mit Caecum-, Ovarial-, Uterus-, Nieren- und Barthoinischer Drüsen bzw. Speicheldrüsen-Tumoren.
Außer den Patienten mit Bronchial- und Nierenkarzinom bzw. Synovialsarkom hatte
bei allen Probanden eine chirurgische, radiologische oder chemotherapeutische Vorbehandlung stattgefunden. Im Unterschied zur Gruppe mit der alleinigen adjuvanten
Immunstimulation waren in der Verumgruppe keine Osteosarkom-Patienten, da diese
über eine geringere Sensitivität auf das Embryo-Antigen verfügen.
Vergleich der Überlebensraten: Alleinige Immunstimulation versus Immun-EmbryoTherapie nach Govallo
Immunstimulation
Immunembryotherapie
3-Jahres Überlebensrate
5-Jahres-ÜR 10-Jahres-ÜR
12,1 %
88,6 %
6,0 %
77,1 %
3,0 %
48,6 %*
* Inklusive einer Bronchial-Ca-Patientin, die 8 Jahre nach Beginn der IET nach einem
Herzinfarkt gestorben ist - ohne irgendwelche Rezidiv- oder Metastasenzeichen.
Immun-Embryo-Therapie / Überlebensraten / nach Krebsart
3-Jahres-Überlebensrate
18 Mamma-Ca
09 Bronchial-Ca
5-Jahres-ÜR 10-Jahres-ÜR
72,2 %
88,9 %
68,8 %
66,7 %
Von den Patienten, die weniger als 5 Jahre überlebten, befanden sich 5 Frauen mit MammaCa des Stadiums III / IV, 1 Patient mit einem metastasierenden Bronchial-Ca, 1 Ovarial-Ca mit
Metastasen und Ascites sowie 1 Patient mit einem malignen Hämangiopericytom.
99
100
Govallo VI, Immunology of Pregnany of Cancer, Nova Publisher 1993, Chapt. 7.2
Quinn KA, Morton H: Cancer Immunol Immunother. 1992;34(4):265-71
Govallo VI, Immunology of Pregnancy and Cancer, 1993, 204-221
102
Govallo VI, Dubrovskii AV, Vopr Onkol. 1981; 27(6):69-73
101
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Bis zur Veröffentlichung seiner Studienergebnisse (1993) hatte Govallo ungefähr 100
Krebspatienten eines fortgeschrittenen Stadiums mit der IET behandelt. Bei den Tumorarten
Mamma-, Colon-, Nierenkarzinom bzw. malignes Melanom betrug die durchschnittliche 10Jahres-Überlebensrate ungefähr 70 % (!). Die Erfolgsrate fiel etwas geringer aus, wenn es
sich um ein nicht-operiertes Karzinom, einen Hirn-Tumor oder ein Bronchial-Ca handelte.
Einsatzgebiet
h
Alle Arten von Karzinomen wie z.B. Mamma-Ca, Prostata-Ca, Bronchial-Ca, Rektum- /
Colon-Ca, Ovarial-Ca etc.
h
Sarkome wie z.B. Osteosarkom, Weichteilsarkom
h
Malignes Melanom
h
Leukämien, Lymphome*
* Obwohl Govallo für Leukämien und Lymphome nur eine eingeschränkte Wirkungsweise beschreibt, wurden durch John Clement, IAT-Klinik Bahamas, mehrere
Remissionen erreicht. Insgesamt ist aber von einer reduzierten Wirksamkeit auszugehen, vor allem beim Plasmozytom.
VI. HCG- und Blockierungsfaktoren-Forschung
Unabhängig von Valentin Govallo haben sich verschiedene Forschungsrichtungen etabliert, die
sowohl auf eine generelle Deblockierung als auch auf eine hCG-Entfernung zielen.
A. Blockierungsfaktoren
In den letzten 40 Jahren wurde eine große Zahl von Blockierungsfaktoren identifiziert, die
offensichtlich das Produkt von malignen Tumoren sind. Dabei zeigt sich, dass der Grad der
Blockierung direkt proportional zur Tumorlast steht 103, 104 , 105 , 106 und Schwangerschaft und
Tumor-Malignität die einzigen Situationen darstellen, in denen neo-antigenes Oberflächenmaterial die körpereigene Immunität nicht fürchten muss. 107
Einige Jahre später wurde dann im Urin schwangerer Frauen ein Glykoprotein
entdeckt 108, 109 , das offensichtlich auch im Urin von Krebskranken nachzuweisen
war und anscheinend die Immunantwort unterbinden kann.
103
Whittaker MG, Rees K, Clark CG. Reduced lymphocyte transformation in breast cancer. Lancet
1971;892-3
104
Hess AD, Gaul JA, Dawson JR. Cancer Research 1980;40:1842-51
105
BroderS, Waldmann TA. The suppressor cell network in cancer, Part 2. New Engl J Med
1978;299:1335-41
106
Nelson M, Nelson DS. Macrophages and resistance to tumors. Immunology 1978;34:277-90
107
Gleichner N, Siegel I. Common denominators of pregnancy malignancy. Reprod Immun 1981:229-56
108
Muchmore AV, Decker JM. Uromodulin. Science 1985;229:479-81
109
Olsson I, Lantz M, Nillson E. Eur J Hematol 1989;42:270-5
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15
So begannen bereits Ende der achtziger Jahre Grundlagenstudien 110 mithilfe einer sog.
Ultraphorese.
Im Rahmen einer Forschungsarbeit der NAS (National Academy for Science) wurden
im Blut von Karzinompatienten sog. Inhibitoren identifiziert, die anscheinend eine
Rezeptorfunktion für TNF (Tumor-Nekrose-Faktor) besitzen 111, 112 , 113 , 114 . Mit diesem
Inhibitor („anti-TNF“) ist der Tumor offensichtlich in der Lage, die körpereigene
Immunantwort auf „fremdes“ Gewebe auszuschalten. Mit einem von M. Rigdon
Lentz 115 entwickelten Eliminationsverfahren, das einem Nieren-Dialysegerät ähnelt,
wurden FDA-überprüfte Phase-I und Phase-II-Studien durchgeführt mit dem Ziel,
Plasmafraktionen niederen Molekulargewichts aus dem Blut zu entfernen.
In der ersten Phase-I-Studie im Jahre 1985 wurden 16 austherapierte KrebsPatienten dreimal pro Woche über einen Monat lang mit einer Ultraphorese behandelt. Als Ersatz erhielten sie das Plasma gesunder Spender. Es entwickelte
sich ein pochender Schmerz im Tumorbereich. Gleichzeitig zeigten sich weitere
Entzündungszeichen wie Erwärmung, Schwellung und Rötung.
Laborchemisch erhöhten sich CRP und LDH. Insgesamt entwickelten drei Patienten ein
Tumor-Lyse-Syndrom (2 Melanom- und 1 Wilms-Tumor-Patient). Bei sechs der 16
Patienten (37,5 %) kam es zu einer deutlichen Tumorremission, bei 3 von 16 (18,7 %)
lag die Remission bei unter 50 % und bei 2 Patienten blieb der Zustand unverändert.
Die 8-Jahres-Überlebensrate betrug immer noch beachtliche 12,5 % (!)
Eines der überraschendsten Ergebnisse der Lentz’schen Studien ist letztendlich die Tatsache,
dass die ersten drei der sich im Endstadium befindlichen Patienten am Tumor-Lyse-Syndrom
gestorben sind. Bekanntlich führt ja der rasche Zerfall großer Tumorzellmengen zu einem intraund postrenalen Nierenversagen und zu einer metabolischen Stoffwechselentgleisung der
Leber 116 .
Die Autopsie der verstorbenen Patienten offenbarten eine völlige Zerstörung des
Tumors auf Kosten einer massiven hämorrhagischen und koagulativen Nekrose.
In einer zweiten FDA-genehmigten Studie 117 wurden weitere 64 Patienten dem UltraphoresVerfahren unterworfen. Auch hier kam es zu den bekannten Remissionen beim Mamma-,
Prostata-, kleinzelligen Bronchial-, Ovarial-, Endometrium-, Colon-Ca sowie beim Wilm’s Tumor
und Weichteil- und Osteosarkom.
In dieser Studie wurde im übrigen die Inhibitoren für TNF im Serum und den
Ultrafiltraten gefunden. 118 Diese Substanzen neutralisieren die Zytotoxizität von
natürlichen Killerzellen und Makrophagen und werden offensichtlich vom Tumorund tumor-vaskulär-endothelialen Zellen gebildet.
110
M. Rigdon Lentz. Therapeutic Apheresis, Vol. 3, No.1, 1999
PNAS 87:8781-8784
112
Cell 1990. 61:361-370
113
Gatanaga T, Hwang CD, Lentz R: Proc Natl acad Sci USA 1990 Nov;87(22):8781-4
114
Gatanaga T, Lentz R, Masunaka I: Lymphokina Res. 1990 Summer; 9(2)225-9
115
Therapeutic Apheresis and Dialysis 1999. Vol 3, Issue 1 p.40
116
J. Biol. Response Mod. 8:511-527, 1989
117
Lentz MR, Gatanaga T, Wang C. Lymphok Res 1990;9(2):225-9
118
Schall TJ, Lentz MR. Cell 1990;61:361-70
111
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16
Diese von Lentz et al. entdeckten Inhibitoren sind aber auch in jedem Serum einer
Schwangeren enthalten.
B. Anti-HCG-Vakzinen
Eine andere erfolgsversprechende Forschungsrichtung, nämlich der Einsatz von heterologem
hCG, ähnelt dem Govallo-Verfahren – wenn auch nur in einer reduzierten Form.
Ursprünglich wurden diese „Vakzine“ zur Geburtenkontrolle im Auftrag der WHO
und unabhängig davon auch vom Population Council der Rockefeller University New
York entwickelt. Bei der Vakzine handelt es sich um ein künstliches hCG, das an ein
Diphterie-Toxioid gebunden ist. Dabei sollen sich Antikörper gegen das exogene
und gleichzeitig auch gegen das tumorerzeugte hCG entwickeln.
In einer Phase-I-Studie am Flinders Medical Center in Adelaide, Australien, wurde z.B.
bei den Frauen eine sichere Kontrazeption erreicht, die die höchste Vakzinen-Dosierung
erhalten hatten.
Das Vorhaben, eine Anti-Konzeptions-Vakzine auch bei Krebspatienten einzusetzen, wurde
bereits 1982 in Angriff genommen. 119,120
Die Studien wurden in Toronto (Sunnybrook Medical Centre) und in Pittsburgh
(Allegheny General Hospital) durchgeführt. Vakzine: Population Council. Versuchstiere: Ratten, die mit einem Mamma-Adeno-Karzinomzellen geimpft wurden. Sämtliche
Tiere erkrankten danach an multiplen Lungen-Neoplasmen. 20 Tage nach der VakzinenInjektion, war bei allen obduzierten Tieren kein Lungentumor mehr nachzuweisen.
Tiere, die man am Leben ließ, zeigten auch sechs Monate nach der Verabreichung der
Krebszellen-Suspension keinerlei Krebszeichen.
In einer weiteren Studie zeigte die Autopsie von Ratten, denen zwei Tumoren transplantiert worden waren, dass die hCG-Vakzine das Tumorwachstum signifikant (p < 0,01)
verringerte. Wie schon in der ersten Studie, wurden in der Kontrollgruppe keine
Antikörper gegen hCG festgestellt.
Die Tierversuche wurden später auf eine Prä-Immunisierung mit der hCG-Vakzine
umgestellt. 121 Auch hier verlangsamte die Immunisierung das Wachstum von Lewis-LungenTumoren signifikant (p < 0,05). Außerdem korrelierte das Tumorgewicht direkt mit der Höhe
des Antikörper-Spiegels gegen hCG-ß.
119
Kellen JA, Kolin A, Acevedo HF. Effects of antibodies to hCG in malignant growth. II. Cancer Immunol
Immun-other 13: 2-4, 1982
120
Kellen JA, Kolin A, Acevedo HF. Effects of antibodies to hCG in malignant growth. I. Cancer 49: 23004,
1982
121
Acevedo HF, Raikow RB. Effects of immunization against hCG on the growth of transplanted lLewis
lung
carcinoma and spontaneous mammary adenocarcinoma in mice. Cancer Detect prev Suppl 1: 477-86,
1987
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17
Ermutigt durch die erfolgsversprechende hCG-Vakzinierung bei Tieren war es naheliegend, die
„WHO-Anti-Konzeptions-Vakzine“ auch am Menschen zu erproben. 122
Phase-I-Studie am Ohio State University Comprehensive Cancer Center und dem
Arthur G. James Cancer Hospital and Research Institute,Columbus. 23 Patienten
mit nicht-trophoblastischen Karzinomen. Bei einem Patienten entwickelte sich eine
Hypersensibilisierung gegen das Diphterie-Toxioid. Die Vakzinen-Immunisierung
brachte bei allen Patienten anti-hCG-IgG-Antikörper hervor, die mehr als 10
Monate anhielten. Ebenso wurde eine Tumorregression beobachtet.
In einer Studie zum metastasierenden Colon-Ca 123 war bei 73 % der Patienten eine
spezifische Anti-hCG-Antikörper-Reaktion nachzuweisen. Allerdings betrug die
mediane Überlebenszeit lediglich 34 Woche. Dabei fiel sie bei den Patienten
höher aus, deren Anti-hCG-Antikörper-Spiegel höher war als der Durchschnitt –
nämlich 45 Wochen - und wesentlich geringer (24 Wochen), wenn die Antikörperantwort unter dem Durchschnitt lag (p = 0,0002).
Z.B. kam es bei Blasenkarzinom-Zellen, denen hCG zugefügt wird, in-vitro zu
einer Tumorremission von 43 % 124 . Interessant ist dabei, Blasenkarzinomzellen,
die kein hCG bilden, auch nicht mit einer Wachstumsverzögerung reagieren.
In einer weiteren Phase-Ib /II Studie zur Behandlung eines Pankreas-Ca mit einem
HCG-Präparat betrug die mittlere Überlebenszeit 33 Wochen im Vergleich 23 Wochen
bei Patienten, die chemotherapeutisch behandelt wurden 125
Die ersten klinischen Versuche einer Phase-I-Studien mit einer Anti-hCG-Vakzine brachten
also grundsätzlich erfolgsversprechende Ergebnisse 126 . In einer Interpretation der vergleichsweise unbeeinflussten Überlebensraten zeichnet sich aber wohl ab, dass neben hCG noch
weitere Blockierungsfaktoren eine Rolle spielen.
Verglichen mit den Studienergebnissen, die Govallo erzielte, stellt damit die alleinige hCGBehandlung sicher keine Therapiealternative dar.
Eigentlich unverständlich, gibt es doch inzwischen eine eindeutige Beweislage, dass hCG bzw.
Anti-hGG-Antikörper zu einer deutlichen Tumornekrose fähig sind.
Werden z.B. einem Bronchial-Ca intraperitoneal alpha-hCG-spezifische-AntiKörper appliziert, so kommt es bei all den squamösen Tumorzellen zu einer Nekrose,
die auch imstande sind, α-hCG zu produzieren 127 .
Auch in der Risiko-Prognose zum Mamma-Ca spielt hCG eine Rolle. Auf der Basis einiger
Tiermodelle 128 wurde die Vermutung ausgesprochen, dass Nullipari ihr Brustkrebs-Risiko durch
eine hCG-Behandlung reduzieren können. Dies wurde inzwischen auch in einer großangelegte
Studie mit 744 Frauen bestätigt 129 .
122
Triozzi PL, Gochnour D, Martin EW, Aldrich W. Clinical and immunologic effects of a synthetic ß-hCG
vaccine. Int J Oncol 5: 1447-53, 1994
123
Moulton HM, Yoshihara PH, Triozzi PL: Clinical Cancer Research Vol. 8, 2044-2051, July 2002
124
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Inzwischen weiß man, dass beim Blasenkrebs das verstärkte Vorkommen von ß-hCG in einer
direkte Korrelation zur Bösartigkeit des Tumors steht. Z.B. sinkt die Apoptoserate, während
sich die Zell-Wachstumsrate bzw. die Resistenz gegen die eine Radiotherapie erhöht und eine
Metastasierungs-Beschleunigung stattfindet 130
Ähnlich sieht es auch William Regelson, der als Co-Autor eines Melatonin-Bestsellers zu
einiger Berühmtheit gelangte. Das Vorkommen von hCG in Tumoren scheint eine eindeutige
Aussage über deren Malignität und metastatische Aggressivität zuzulassen 131 .
Insgesamt bleibt aber festzuhalten, dass sich ausschließlich über eine Vakzinen-Präparation
(Govallo-Vakzine) aus Chorionvilli nicht nur signifikante Tumorremissionen, sondern vor allem
überlegene 5-Jahres-Überlebensraten erreichen lassen. Offensichtlich deckt die GovalloVakzine neben hCG noch weitere wichtige Blockierungsfaktoren ab.
Unagbhängig dieses limitierenden Umstands sind zur hCG-Vakzine inzwischen multizentrische
Phase-II und Phase-III-Studien angelaufen, so dass eventuell schon in einigen Jahren mit
einem ersten Vakzinen-Präparat für die Krebsbehandlung zu rechnen ist.
Anti-virale Aktivität von hCG
Ein letztes biologisches Geheimnis von hCG ist seine antivirale Aktivität. Mehr experimentell als
gezielt wurde dabei der Effekt von hCG auf HIV-1 überprüft. 132
Auf der Basis der European Collaborative Study erfolgte im Population Council
Center for Biomedical Research, New York, die Untersuchung des in-vitro-Effekts
von hCG auf die Reverse-Transkriptase-Aktivität von HIV-1 infizierten Lymphozyten und Monozyten. Hierzu benutzten sie kommerzielles hCG von Sigma
und reines hCG des Population Council.
Das Ergebnis war tatsächlich erstaunlich. Offensichtlich entwickelte hCG einen starken antireverse-transkriptase-Effekt und schien damit gegen alle RNA-Viren zu wirken.
Das beste Ergebnis wurde übrigens mit dem reinen hCG des Population Council
erreicht.
Auch in einer weiteren Überprüfung, ob hCG einen Schutz vor einer intrauterinen HIV-1Übertragung bieten kann, zeichnete sich eine dosisabhängige Wirkung ab. 133 Der Anti-HIVEffekt wird dabei allein der ß-Subeinheit des hCG zugeschrieben. 134
Mit dem Virologen und HIV-Entdecker Robert Gallo wurde die hCG-Forschung schließlich einer
breiteren Wissenschaftsöffentlichkeit bekannt. Mit dem aus dem Urin von Frauen im
Frühstadium einer Schwangerschaft gewonnenen hCG erzielte er nämlich eine starke
130
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134
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131
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Wirksamkeit beim Kaposi-Sarkom 135 136, 137 , 138 , 139 . Das von ihm ursprünglich auf Maternin
getaufte Hormon scheint bei Krebszellen die Apoptose zu initiieren und „stärker als das
Chemotherapeutikum Taxol zu sein“ 140 Zwar räumte er später ein, dass die Indentität des
Stoffes noch nicht ganz geklärt sei 141 . Inzwischen deuten aber Studienergebnisse darauf hin,
dass nicht hCG selbst für diesen Effekt verantwortlich ist, sondern ein weiterer Faktor im
Schwangerschafts-Urin – nämlich ein Protein namens HAF (hCG-Associated Factor) 142 . HAF
hemmt offensichtlich nicht nur das Wachstum von Kaposi-Sarkom-Zellen, sondern unterdrückt
auch in vitro die Vermehrung von HIV in CD4-Zellen und Makrophagen 143 . Die HAF-Strukturen
sind bis dato noch nicht entschlüsselt und sorgen unter Wissenschaftlern weiterhin für
Verwirrung 144 . Dies dürfte nicht weiter verwunderlich sein, sind nach Govallo doch neben hCG
noch viele weitere hormonartige Stoffe für die Tarnung des Tumors verantwortlich.
Der Anti-Kaposi-Sarkom-Effekt wurde
Forschungsrichtungen bestätigt. 145
auch
von
weiteren,
von
Gallo
unabhängigen
Die therapeutische Relevanz für die AIDS-Behandlung hält sich allerdings in
Grenzen, da sich die monatlichen Folgekosten eines gereinigten hCG-Präparats
auf über 35 000 $ belaufen.
Insgesamt scheint aber Ralph W. Moss, einer der bekanntesten Wissenschaftsjournalisten der
USA und offizieller Berater des National Institute for Health, rechtzubehalten: „Mit der ImmunEmbryo-Therapie nach V. Govallo wurde eines der aufregendsten Kapitel in der
Krebsbehandlung aufgeschlagen“. 146
VII. Praxis der IET
A. Präparat
Das Placenta-Präparat wird nach internationalen Standards und den strengen Vorschriften für
Blutprodukte hergestellt und z.B. auf die HIV, Hepatitis B, C und Syphilis überprüft.
B. Dosierung
2 - 4 subkutane Injektionen innerhalb einer Woche. Nach 6 Wochen eine nochmalige Auffrischimpfung. Entsprechend des Schweregrads der Erkrankung (Rezidiv bzw. multiple Metastasen)
ist eine Dosis- und Injektionsfrequenz-Erhöhung erforderlich. Da die Wirksamkeit von einer
135
Gill et al: NEJM 1997, April17, Vol.336:1187-1189
Nature Medicine 1998, Bd. 4, Nr. 4, S. 428
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138
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139
J Hum Virol. 1998 Jan-Feb;1(2):82-9
140
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136
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funktionierenden Immunabwehr abhängt, sollte – je nach Immunstatus – eine vorbereitende
Immunstimulation erfolgen. Adjuvante leberentlastende Mittel werden empfohlen.
C. Nebenwirkung
Die Immunität des Tumors verändert sich bereits wenige Stunden nach der Extrakt-Injektion. Die
Patienten verspüren in der Regel ein „ziehendes“ Gefühl in der Tumorregion . Dieses wird über
eine perifokale Entzündung und die Infiltration immunkompetenter Zellen in das Tumorgewebe
verursacht.
Durch die subkutane Injektion von Fremdprotein sind anaphylaktische Reaktionen grundsätzlich
nicht ausgeschlossen, aber bisher noch in keinem Fall aufgetreten.
So wichtig einerseits eine chemotherapeutische Tumorverkleinerung erscheint 147 , so limitierend
ist sie andererseits für die Govallotherapie. Offensichtlich produzieren Patienten, die einer
Chemotherapie unterzogen wurden, wesentlich weniger Antikörper als zytostatisch
unbehandelte Personen. Eine Bestrahlungs-Therapie beeinträchtigt hingegen die
Immunembryotherapie in einem weit geringeren Maße. Es wird deshalb empfohlen, die
Behandlung möglichst nicht zeitnah zu einer Chemotherapie zu beginnen. Als Karenzzeit
werden ungefähr 6 – 8 Wochen angenommen.
München, November 2004
Dr. med. Rainer Krapf
Postfach 19 07 31
D-80607 München
[email protected]
147
Ackermann E, Deutsche Zeitsch Oncol. 1988; 5:129
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