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Helmut Siller
Normatives Controlling
Wien 2011
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Copyright © 2011 Facultas Verlags- und Buchhandels AG
WUV, Berggasse 5, A-1090 Wien
Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist
ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere
für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Satz und Druck: Facultas Verlags- und Buchhandels AG
Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart
Printed in Austria
ISBN : 978-3-8252-8459-6
„Intelligente Unternehmensführung beginnt mit ethischen Grundsätzen.“
(ARGE proETHIK)
Vorwort
Problemstellung
Normatives Management und normatives Controlling beschäftigen sich mit
Unternehmenspolitik. Seit über zwanzig Jahren ist normatives bzw. „integriertes“ Management ein Fixpunkt in der theoretischen Diskussion und
eine etablierte Komponente in erfolgreichen Unternehmen.
Dennoch erlebt die Diskussion über Unternehmensethik seit einigen
Jahren eine Hochkonjunktur, die Finanzkrise der letzten Jahre hat diesem
Phänomen einen weiteren Schub gegeben. Die Gründe dafür liegen in
• zahlreichen Fällen von Missmanagement und der zunehmend kritischen
Haltung dazu seitens der sog. „öffentlichen Meinung“;
• den mittlerweile zahlreichen, teilweise spektakulären Unternehmenszusammenbrüchen aufgrund von Untreue, Bilanzfälschung und ähnlichen
geschäftsschädigenden Handlungen des Top Managements;
• negativen Auswüchsen des Shareholder-Value-Konzepts wie Kurzfristdenken oder als zu hoch empfundene Managerbezüge;
• der zunehmenden Verbreitung von Corporate (Social) ResponsibilityKonzepten in der Praxis;
• zunehmendem moralischen Druck der Gesellschaft zur Verwirklichung
von qualitativ hochwertiger Corporate Governance;
• der moralischen Verantwortung, die die Gesellschaft von Unternehmen
verlangt;
• steigenden Anforderungen an die Integrität der Person der Verantwortlichen für den Finanzbereich eines Unternehmens;
• der Suche nach noch nachhaltigeren Wettbewerbsvorteilen, als dies die
bekannten strategischen Erfolgspotenziale sind; und in
• der Suche nach dem Sinn des globalen Wirtschaftens.
Bei einem Großteil der Publikationen zur Unternehmensethik fällt eine inhaltliche Praxisferne auf. Zwar werden Grundsätze der Ethik und Regeln
gesellschaftlich verantwortlichen Wirtschaftens genannt, aber es gelingt
nicht, ihre Inhalte zu operationalisieren. Die Gründe dafür liegen vor allem
im folgenden:
• Betriebswirtschaft und (Unternehmens-)Ethik wurden in der Praxis (zu)
lange als getrennte Welten betrachtet.
5
Vorwort
• Ethik wird oft als Behinderung betriebswirtschaftlicher Entscheidungen
gesehen.
• Unternehmensethik selbst ist bei weitem kein einheitliches Aussagengebäude, zu unterschiedlich sind die Strömungen innerhalb der Ethik
als Teildisziplin der Philosophie.
• Die Objekte der Ethik wie Werte, Normen oder Tugenden sind Intangibles und daher schwer manage- und beurteilbar, geschweige denn messbar.
Controlling hat auf den ersten Blick mit Ethik nichts zu tun. Es gibt zwar
Ansätze eines ethikorientierten Controllings, aber noch keine umfassende
Beschäftigung mit normativen Themen durch Controlling.
In der Unternehmenspraxis dominiert operatives Controlling. Strategisches Controlling spielt i.d.R. eine zwar wachsende, aber insgesamt noch
immer eine Nebenrolle. Und jetzt auch noch normatives Controlling?
Ziel des Buchs
Hier soll der Versuch unternommen werden, Unternehmensethik vom
Standpunkt des Controllings zu analysieren und managebar zu machen.
Dabei werden die Themenbereiche
• Normatives Management
• Unternehmensethik und
• Controlling
aus Sicht des Controllings analysiert und zu einem praxistauglichen und
umsetzungsorientierten Konzept des normativen Controllings integriert.
Wir gehen dabei von einem Weltbild aus, nach dem der Mensch sich in
seinem Verhalten nicht nur an materiellen Anreizen, sondern auch an
Werten und Normen, die er für verbindlich und richtig hält, orientieren
sollte.
Die wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung leistet einer Entfremdung
von Mensch und Manager(-nachwuchs) dann Vorschub, wenn sie die
Betriebswirtschaft als eine nach eigener Logik funktionierende Teilwelt
präsentiert, in der es quasi zur Tugend wird, nur auf seinen eigenen Vorteil
bedacht zu sein.
Angesichts der zahlreichen Umweltskandale, Falschbilanzierungs- und
Missmanagement-Fälle der Gegenwart ist die Gewährleistung eines moralisch korrekten Verhaltens erste Aufgabe der obersten Führungsebene,
andernfalls müsste gelten: „The fish rots from the head“.
6
Vorwort
Im vorliegenden Buch wird gezeigt, wie Controlling das Management
bei Sinn-, Werte- und Normenfindung und ihrer Transformation von Wertschätzung in Wertschöpfung unterstützen kann. Dabei wird versucht, auf
drei Säulen aufzubauen:
• Prävention (Vorsorge) i. S. der Schaffung, Erhaltung und Pflege von Systemen, um Defizite und Risiken im normativen Bereich hintanzuhalten
bzw. Chancen und Risiken rechtzeitig zu erkennen
• Unterstützung des Managements bei unternehmensethischen Themen,
um sie transparent zu machen, um Organisationspathologien zu erkennen und ganzheitlich, nämlich systemumfassend zu heilen
• Operationalisierung der Objekte des normativen Managements, um sie
durch Management und Controlling steuer- bzw. regelbar zu machen.
Gerade weil Controlling ursprünglich aus dem operativen Bereich
kommt, sind Know-how und Instrumente vorhanden, um sog. weiche
Faktoren wie Unternehmensethik und -kultur handhab- und managebar zu machen.
Modernes Controlling in Unternehmen ist – in Abkehr von einer rein ökonomischen Betrachtungsweise – nur in einem multidimensionalen, interdisziplinären, sozialwissenschaftlichen Kontext zu verstehen und sinnvoll zu
analysieren. Dazu gehören auch ethische, psychologische, soziologische,
juristische und forensische, ja selbst neurologische Aspekte.
„Unternehmen“ wird dabei als Sammelbegriff für gewinn- und nicht-gewinnorientierte Institutionen, d. s. NPOs und öffentliche Einrichtungen,
und aus der Sicht einer managementorientierten Betriebswirtschaftslehre
als System verstanden.
Nicht-Ziele des Buchs
Da dieses Buch nicht aus Sicht der Ethik geschrieben ist, soll und kann es
auch nicht ethische und philosophische Grundsätze im Detail analysieren.
Dies ist auch keine Anleitung für Controller, wie sie zu Ethikern oder zu
„Moralaposteln“ werden sollen. Das wäre mit dem eigentlichen Gehalt des
Controlling-Begriffs nicht vereinbar. Hier soll auch keine Funktion beschrieben werden, die die Aufgabenbereiche von HR oder Corporate Compliance beschneidet, wohl aber eine, die die Beratung des Managements
nicht nur nach ökonomischen, sondern auch nach ethischen Maßstäben
anlegt.
Da normatives Controlling ein relativ neues Thema in der Betriebswirtschaft ist, können noch keine Beispiele von Unternehmen genannt wer7
Vorwort
den, in denen eine solche Funktion explizit zu finden ist; dies soll weiteren
Forschungsarbeiten vorbehalten bleiben.
Zielgruppen
Dieses Fach- und Arbeitsbuch ist gedacht für
• Unternehmer, Gesellschafter bzw. Mitglieder der Geschäftsführung, die
sich Fragen der Unternehmensethik von der Seite der Betriebswirtschaft
stellen,
• Aufsichtsräte, die ihre Aufsichts- und Kontrollfunktion verstärken möchten,
• Controller, die bereits strategisch und operativ tätig sind, sowie Interne
Revisoren und Abschlußprüfer, die sich mit Aspekten einer nachhaltigen Corporate Governance und einer präventiven Unternehmensüberwachung beschäftigen,
• Unternehmensethiker, die den Versuch in diesem Buch, die weichen
Themen der Ethik einem betriebswirtschaftlichen Kalkül zu unterziehen, beurteilen bzw. sich diesem Ansatz nähern möchten, und
• den Unterricht im Bachelor- und Masterstudium an Universitäten und
(Fach-) Hochschulen sowie für Lehrgänge und Seminare über Controlling für Fortgeschrittene.
Voraussetzungen für das Arbeiten mit diesem Buch sind Vorkenntnisse in
strategischem und operativem Controlling. Dieses Buch baut auf der Controlling-Konzeption, wie sie im Buch „Controlling professionell“ von Rolf
Eschenbach und Helmut Siller, Stuttgart 2009, Verlag Schäffer-Poeschel, beschrieben wurde, auf.
Der Autor dankt den Herren o. Univ.-Prof. Rolf Eschenbach und sowie
Ing. Mag. (FH) Erwin Graf für die zahlreichen wertvollen Gedankenanstöße. Die Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen im facultas-Verlag war
sehr harmonisch; auch dafür dankt der Autor.
Hinweis
Um die Lesbarkeit dieses Werks zu erleichtern, kommt eine geschlechtsneutrale Anrede zum Einsatz. Wir haben uns bemüht, in Text und Beispielen sowohl weibliche als auch männliche Personen vorkommen zu
lassen.
8
Vorwort
Wie Sie mit diesem Buch arbeiten
Wichtige Begriffe im Text
Wichtige Begriffe im Text sind fett gedruckt, diese Wörter sind auch im
Glossar (Kap. 10) und im Stichwortverzeichnis zu finden.
Lernziele
Am Anfang jedes Kapitels stehen Kästen mit den Zielen, deren Aufgabe es
ist, Ihnen zu zeigen, was Sie nach dem Durcharbeiten der einzelnen Kapitel an Erkenntnissen erworben haben sollten.
Zusammenfassung
Jedes Kapitel enthält eine Zusammenfassung, die die wichtigsten Erkenntnisse des Kapitels übersichtlich und kurz zusammengefasst.
Learning by Doing
Für ein Lehrbuch instruktiv und wichtig ist die Vertiefung und Anwendung des Gelesenen in Form von Übungsfragen und -beispielen inklusive
sinnvoller Lösungsansätze. Nicht ausreichend wäre es, nur die theoretische
und konzeptionelle Seite zu beleuchten. Am Ende jeden Kapitels folgt
daher ein Abschnitt mit Angaben zu Übungsbeispielen. Oft gibt es nicht
eine einzige richtige Lösung. Die Lösungsvorschläge, die Sie erarbeiten,
können dann als Grundlage für Diskussionen mit Kollegen bzw. anderen
Studierenden und Vortragenden dienen. Die Lösungen bzw. Lösungsvorschläge zu den Übungsbeispielen finden Sie in Kapitel 9.
Glossar
Kapitel 10 enthält ein Glossar der wesentlichen Begriffe (Substantiva), die
in diesem Fach- und Arbeitsbuch verwendet werden, und die im Text fett
gedruckt sind. Bei jedem Begriff findet sich außerdem der passendste angelsächsische Ausdruck.
Literaturverzeichnis
Das Buch enthält ein zentrales, alphabetisch, nach Autoren und Autorinnen geordnetes Literaturverzeichnis, um Ihnen die Suche nach den verwendeten Quellen zu erleichtern.
Stichwortverzeichnis
Das Stichwortverzeichnis umfasst die im Text fett gedruckten Hauptwörter
und Akronyme. Das Verzeichnis findet sich am Buchende, damit Sie das
gesuchte Wort rasch finden.
9
Vorwort
Der Autor wünscht Ihnen viele Erkenntnisse beim Lesen des Buchs und
beim Arbeiten mit diesem Buch und dankt Ihnen bereits im Voraus für
Kommentare und Verbesserungsvorschläge an: [email protected].
Wien, im Jänner 2011
10
Helmut Siller
Inhaltsverzeichnis
Vorwort .................................................................................................... 5
Abkürzungsverzeichnis ....................................................................... 15
Abbildungsverzeichnis ........................................................................ 19
Einführung ............................................................................................ 21
1 Grundbegriffe des Normativen .................................................... 25
Ziele des Kapitels ................................................................................ 25
1.1 Normen ....................................................................................... 25
1.1.1 Begriffsabgrenzung .......................................................... 25
1.1.2 Verwandte Begriffe .......................................................... 27
1.1.2.1 Regel .................................................................. 27
1.1.2.2 Maxime .............................................................. 28
1.1.2.3 Grundsatz (Prinzip) ............................................ 29
1.1.3 Inhalt und Funktion von Normen ................................... 30
1.1.4 Quellen von Normen ....................................................... 31
1.1.4.1 Moral .................................................................. 31
1.1.4.2 Ethos .................................................................. 32
1.1.4.3 Recht .................................................................. 33
1.1.4.4 Ethik.................................................................... 35
1.2 Vision .......................................................................................... 37
1.3 Mission ....................................................................................... 38
1.4 Werte .......................................................................................... 39
1.5 Unternehmenskultur .................................................................. 45
1.6 Leitbild ........................................................................................ 47
1.7 Lessons learned ........................................................................... 48
1.8 Learning by doing ....................................................................... 51
2 Normative Führung und Unternehmensethik .......................... 52
Ziele des Kapitels ................................................................................ 52
2.1 Führung ...................................................................................... 52
2.1.1 Führung (Management) .................................................. 52
2.1.2 Entrepreneur und Leadership .......................................... 56
2.1.3 Missmanagement ............................................................. 58
2.1.4 Normative Führung ......................................................... 64
2.2 Rationalität versus Legitimität .................................................... 70
2.2.1 Rationalität ...................................................................... 70
2.2.2 Legitimität ........................................................................ 72
11
Inhaltsverzeichnis
2.3 Unternehmensethik .................................................................... 72
2.3.1 Überblick ......................................................................... 72
2.3.2 Ethische Dilemmata ........................................................ 76
2.3.3 Theorien der Unternehmensethik zur
Dilemmalösung ............................................................... 79
2.3.3.1 Vorrang der Ökonomie vor der Moral ............... 79
2.3.3.2 Integration von Ökonomie und Moral ............... 83
2.3.3.3 Vorrang der Moral vor betriebswirtschaftlichen Interessen ................................................ 86
2.4 Lessons learned .......................................................................... 88
2.5 Learning by doing ...................................................................... 89
3 Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und
Betriebswirtschaft .......................................................................... 91
Ziele des Kapitels ................................................................................ 91
3.1 Überblick .................................................................................... 91
3.2 Shareholder Value-Konzept versus Stakeholder-Konzept ......... 92
3.3 Corporate Responsibility ............................................................ 96
3.3.1 Corporate Governance .................................................... 97
3.3.2 Corporate Social Responsibility ..................................... 101
3.4 Unternehmenskriminalität ....................................................... 103
3.5 Corporate Compliance versus Integrität .................................. 109
3.6 Warum sich integre, nachhaltige Unternehmensführung
auch wirtschaftlich lohnt ......................................................... 113
3.7 Lessons learned ........................................................................ 115
3.8 Learning by doing .................................................................... 117
4 Normatives intellektuelles Kapital ............................................ 119
Ziele des Kapitels .............................................................................. 119
4.1 Bedeutung immaterieller Werte .............................................. 119
4.2 Abgrenzung materieller von immateriellen Werten ................ 120
4.3 Verwandte Begriffe für immaterielle Werte ............................. 122
4.4 Systematisierung immaterieller Werte ..................................... 124
4.5 Besonderheiten des normativen intellektuellen
Kapitals (NIK) aus Controlling-Sicht ....................................... 127
4.6 Operationalisierung der Elemente des NIK ............................. 132
4.7 Bewertung und Bilanzierung der Elemente des NIK ............... 134
4.7.1 Bewertung ..................................................................... 134
4.7.2 Bilanzierung .................................................................. 137
4.8 Lessons learned ........................................................................ 138
4.9 Learning by doing .................................................................... 140
12
Inhaltsverzeichnis
5 Konzept und Aufgaben des normativen Controllings ............ 141
Ziele des Kapitels ............................................................................... 141
5.1 Controlling ................................................................................ 141
5.2 Normatives Controlling ............................................................ 143
5.3 Konzepte ethikorientierten Controllings .................................. 147
5.3.1 Überblick ........................................................................ 147
5.3.2 Nachhaltigkeitsorientiertes Controlling ......................... 147
5.3.3 Organisationscontrolling ............................................... 149
5.3.4 Korruptions-Controlling ................................................ 150
5.3.5 Controlling als Metaführung ......................................... 151
5.3.6 Controlling als Rationalitätssicherung ........................... 152
5.3.7 Reflexionsorientiertes Controlling ................................. 153
5.3.8 Integriertes normatives Controlling .............................. 155
5.4 Ziele und Grundsätze des normativen Controllings ................. 157
5.5 Aufgaben des normativen Controllings .................................... 159
5.5.1 Überblick ........................................................................ 159
5.5.2 Analyse, Reflexion und Sparring ................................... 160
5.5.3 Innovation ..................................................................... 162
5.5.4 Information ................................................................... 163
5.5.5 Planung ......................................................................... 165
5.5.6 Überwachung ................................................................ 166
5.5.7 Koordination ................................................................. 169
5.6 Die Person des normativen Controllers/der normativen
Controllerin .............................................................................. 170
5.7 Lessons learned ........................................................................ 171
5.8 Learning by doing .................................................................... 173
6 Instrumente im normativen Controlling .................................. 175
Ziele des Kapitels ............................................................................... 175
6.1 Überblick .................................................................................. 175
6.2 Normen-Check ......................................................................... 178
6.3 Moral-Check ............................................................................. 179
6.4 Werte- und Tugend-Check ....................................................... 181
6.5 Kulturprofil-Check ................................................................... 184
6.6 Stakeholder-Analyse ................................................................ 187
6.7 Normative Bilanz ...................................................................... 190
6.8 Leitbild-Check .......................................................................... 192
6.9 Normativer Plan ....................................................................... 193
6.10 Normative Kennzahlen ............................................................ 194
6.11 Reporting über normative Sachverhalte .................................. 197
13
Inhaltsverzeichnis
6.12 Lessons learned ....................................................................... 200
6.13 Learning by doing ................................................................... 201
17 Umsetzung des normativen Managements und des
normativen Controllings ............................................................. 202
Ziele des Kapitels ............................................................................. 202
7.1 Überblick ................................................................................. 202
7.2 Einführung des normativen Controllings ............................... 205
7.3 Werte- und Kulturmanagement ............................................. 208
7.4 Code of Ethics (Ethikkodex) .................................................... 210
7.5 Ethikorientiertes strategisches Management .......................... 213
7.6 Personalpolitik ........................................................................ 216
7.6.1 Führungsethik .............................................................. 216
7.6.2 Mitarbeiterethik ........................................................... 218
7.6.3 Personalauswahl ........................................................... 219
7.6.4 Entgeltsysteme ............................................................. 221
7.6.5 Personalentwicklung .................................................... 222
7.7 Organisationsstruktur ............................................................. 224
7.8 Zusammenarbeit zwischen dem normativen Controlling
und anderen Stellen bzw. Funktionsträgern ........................... 225
7.9 Lessons learned ....................................................................... 231
7.10 Learning by doing ................................................................... 232
18 Zusammenfassung und Ausblick .............................................. 234
19 Lösungen zu: Learning by doing ................................................ 239
10 Glossar ............................................................................................ 244
Literaturverzeichnis ........................................................................... 270
Stichwortverzeichnis ......................................................................... 282
14
Abkürzungsverzeichnis
A
Abb.
Abs.
ACFE
AICPA
AG
AngG
Anm. d. Verf.
Art.
ATX
Aufl.
Accountability
Abbildung
Absatz
Association of Certified Fraud Examiners
American Institute of Certified Public Accountants
Aktiengesellschaft
Angestelltengesetz
Anmerkung des Verfassers
Artikel
Austrian Traded Index
Auflage
BörseG
BSC
BWG
bzw.
Börsegesetz
Balanced Scorecard
Bankwesengesetz
beziehungsweise
C
CEO
CFO
CG
CO2
COO
CR
CRM
CSP
CSR
Corruption
Chief Executive Officer
Chief Financial Officer
Corporate Governance
Kohlendioxid
Chief Operating Officer
Corporate Responsibility
Chancen- und Risikomanagement
Corporate Social Performance
Corporate Social Responsibility
D
D&O
DAX
DCF
d.h.
dHGB
d.i.
DIN
Diss.
DRS
d.s.
DSR
dt.
DVFA
Discretion
Directors and Officers
Deutscher Aktienindex
Discounted Cashflow
das heißt
deutsches Handelsgesetzbuch
das ist
Deutsche Industrienorm
Dissertation
Deutscher Rechnungslegungs-Standard
das sind
Deutscher Standardisierungs-Rat
deutsch
Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management
15
Abkürzungsverzeichnis
EBIT
EFFAS
EG
EGT
engl.
ESG
et al.
etc.
EU
EVA
Earnings before interests and taxes
European Society of Financial Analysts Societies
Europäische Gemeinschaften
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
englisch
Environmental, social and governance-Faktoren
et alii (und andere)
et cetera (und so weiter)
Europäische Union
Economic Value Added
f.
FASB
FAZ
frz.
folgende
Financial Accounting Standards Board
Frankfurter Allgemeine Zeitung
französisch
ggf.
GRI
gegebenenfalls
Global Reporting Initiative
HR
Hrsg.
Human Relations (besser als: Human Ressources)
Herausgeber
IAS
IASB
IC
i.d.R.
IFAC
IFRS
IGC
IKS
insb.
io
i.S.
ISO
ital.
i.w.S.
International Accounting Standards
International Accounting Standards Board
Intellectual Capital
in der Regel
International Federation of Accountants
International Financial Accounting Standards
International Group of Controlling
Internes Kontrollsystem
insbesondere
Industrielle Organisation
im Sinne
International Standardization Organisation
italienisch
im weiteren Sinne
Jg.
Jahrgang
Kap.
KPI
KSV
Kapitel
Key performance indicators
Kreditschutzverband von 1870
lat.
lateinisch
M
Machtmonopol
16
Abkürzungsverzeichnis
NGO
NIK
No.
Nr.
Non-Governmental Organisation
Normatives intellektuelles Kapital
Number
Nummer
ÖCGK
ÖNORM
OECD
OG
OGM
o.S.
o.V.
Österreichischer Corporate Governance Kodex
Österreichische Norm
Organisation for Economic Cooperation and Development
Offene Gesellschaft
Österreichische Gesellschaft für Marketing
ohne Seitenangabe
ohne Verfasser
PDCA
Pkt.
Plan-Do-Check-Act
Punkt
ROI
Return on Investment
S.
SFAS
SG
sog.
Sp.
Seite
Statement of Financial Accounting Standards
Schmalenbach-Gesellschaft
sogenannte, -er, -es
Spalte
TBL
TI
Triple Bottom Line
Transparency International
u.a.
uE
UGB
US-GAAP
USB
USD
und andere, unter anderem
unseres Erachtens
Unternehmensgesetzbuch
United States-Generally Accepted Accounting Principles
Universal Serial Bus
US-Dollar
v.
vgl.
VOEST
Vol.
von
vergleiche
Vereinigte Österreichische Stahlfabrik
Volume
www.
world wide web
z.B.
ZfB
ZfCM
zfwu
z.T.
zum Beispiel
Zeitschrift für Betriebswirtschaft
Zeitschrift für Controlling & Management
Zeitschrift zur Wirtschafts- und Unternehmensethik
zum Teil
17
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 ....................................................................................................... 22
Abb. 2 ........................................................................................................ 36
Abb. 3 ........................................................................................................ 41
Abb. 4 ........................................................................................................ 45
Abb. 5 ........................................................................................................ 46
Abb. 6 ........................................................................................................ 50
Abb. 7 ........................................................................................................ 54
Abb. 8 ........................................................................................................ 58
Abb. 9 ........................................................................................................ 59
Abb. 10 ...................................................................................................... 60
Abb. 11 ...................................................................................................... 67
Abb. 12 ...................................................................................................... 68
Abb. 13 ...................................................................................................... 69
Abb. 14 ...................................................................................................... 74
Abb. 15 ...................................................................................................... 77
Abb. 16 ...................................................................................................... 95
Abb. 17 ...................................................................................................... 97
Abb. 18 ................................................................................................... 100
Abb. 19 .................................................................................................... 106
Abb. 20 .................................................................................................... 112
Abb. 21 .................................................................................................... 121
Abb. 22 .................................................................................................... 124
Abb. 23 .................................................................................................... 127
Abb. 24 .................................................................................................... 142
Abb. 25 .................................................................................................... 144
Abb. 26 .................................................................................................... 145
Abb. 27 .................................................................................................... 146
Abb. 28 .................................................................................................... 156
Abb. 29 .................................................................................................... 160
Abb. 30 .................................................................................................... 170
Abb. 31 .................................................................................................... 176
Abb. 32 .................................................................................................... 179
Abb. 33 .................................................................................................... 180
Abb. 34 .................................................................................................... 181
Abb. 35 .................................................................................................... 184
Abb. 36 .................................................................................................... 186
Abb. 37 .................................................................................................... 187
Abb. 38 .................................................................................................... 191
Abb. 39 .................................................................................................... 194
19
Abbildungsverzeichnis
Abb. 40 .................................................................................................... 196
Abb. 41 .................................................................................................... 199
Abb. 42 .................................................................................................... 204
Abb. 43 .................................................................................................... 206
Abb. 44 .................................................................................................... 226
Abb. 45 .................................................................................................... 226
20
Einführung
Auf Werte (values) und Moral gerichtetes Handeln hat eine grundlegend
andere Bedeutung als dies im Konzept der wertorientierten Unternehmensführung (value-based management, Shareholder Value-Ansatz) der
Fall ist. Management muss Gewinn und Cash erzielen, daran soll und wird
nicht gerüttelt werden. Aber die Art der Generierung dieser Geldwerte
muss auf einem ethisch und moralisch einwandfreien Fundament stehen.
Es geht um die Rückbesinnung auf verantwortungsvolles Handeln und
Ehrlichkeit im Geschäftsleben. Begriffe, die in der vor allem dem Prinzip
der Gewinnerzielung huldigenden betriebswirtschaftlichen Praxis keinen
besonders hohen Stellenwert zu haben scheinen.
So wie Glück und richtiges Timing auch bisher schon das Geschick des
Managements mitbestimmt haben, sind es persönliche Werte wie Verantwortung, Glaubwürdigkeit und Vertrauen, die immer mehr an Bedeutung
gewinnen. Nachhaltig lebensfähige Organisationen brauchen heute ein
tragfähiges Normengerüst als Basis. Nur dann kann sich eine legitime,
wertschöpfende Produktivität im Unternehmen entsprechend der folgenden Ursache-Wirkungsbeziehung entwickeln:
Persönliche Werte (values) → Wertschöpfung (value added) → (Geld-)
Werte (value).
Controlling ist Management-Service und damit eine Führungsfunktion.
Controller sollen nicht nur Ansprechpartner für alle Management-Ebenen
bei kaufmännischen und strategischen Fragestellungen sein, sondern – ggf.
neben dem Compliance Manager – auch kompetenter Ansprechpartner in
unternehmensethischen Fragen werden.
Aufgrund der hohen Anforderungen in der Praxis geht es heute um ein
qualitativ hochstehendes Controlling, wo Controller nicht mehr nur als
„Zahlenfüchse“ und strategische Denker agieren, sondern sich mit den dahinter liegenden Erfolgspotenzialen wie
• ethisch vertretbaren Werten und Tugenden, die Führungskräfte vertreten (sollten)
• Unternehmenskultur, und
• integrer, nachhaltiger Corporate Governance
auseinander setzen.
Normatives Controlling soll mehr sein als Compliance. Es geht um die
Unterstützung des Managements in seiner Aufgabe der Vorsorge, Gestaltung und Umsetzung einer integren Unternehmenspolitik und der entsprechenden internen Normen.
21
Einführung
Normatives Management muss Normen und Elemente der Unternehmenspolitik wie Vision, Unternehmensverfassung, Wertecharta, Governance und Unternehmenskultur gestalten. Normatives Controlling soll
dabei als Wegweiser bzw. Sparringpartner für das normative Management
fungieren.
Zur möglichst effektiven Erreichung des Ziels des Buchs, die Schwerpunkte
• Normatives Management
• Unternehmensethik und
• Controlling
zu verbinden, dient das nachstehende Gestaltungskonzept (vgl. Abbildung 1).
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Abb. 1
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Quelle: Eigene Darstellung
Das Buch ist in zwei große Teile gegliedert:
• in den Kapiteln 1 bis 4 werden die wesentlichen Züge und Entscheidungsfelder eines unternehmensethikorientierten, normativen Managements erarbeitet, das der Ansprechpartner für das normative Controlling
ist, und
22
Einführung
• in den Kapiteln 5 bis 7 werden Konzept, Aufgaben und Instrumente des
normativen Controllings erarbeitet und die Umsetzung des normativen
Controllings in die Praxis diskutiert bzw. vorbereitet.
Demgemäß ist auch die Kapitelfolge des Buchs gewählt:
Zunächst werden die Objekte der Gestaltung im normativen Management ermittelt und definiert (Kapitel 1). Diese sind: Normen, Vision, Mission, Werte, Unternehmenskultur und Leitbild; diese Elemente werden
unter dem Begriff Unternehmensidentität subsumiert. Damit soll ein möglichst klares Begriffsverständnis geschaffen werden.
Kapitel 2 und 3 sind erforderlich, um das „Spielfeld“ des normativen
Managements und des normativen Controllings abzustecken.
Dazu werden in Kapitel 2 zunächst Führung im allgemeinen und normative Führung im besonderen diskutiert sowie Gründe für Missmanagement analysiert. Danach wird Unternehmensethik thematisiert; auf dieser
Basis werden die Dilemmata (Hat die Betriebswirtschaft oder die Moral bei
Entscheidungen Vorrang?) skizziert und die theoretischen Ansätze zur
möglichen Problemlösung diskutiert.
Aufgrund dieser Vorarbeiten werden in Kapitel 3 die wichtigsten Spannungsfelder zwischen Management bzw. Betriebswirtschaft einerseits und
Ethik andererseits diskutiert.
Shareholder Value – versus Stakeholder-Ansatz, Corporate Governance,
Corporate Social Responsibility, Compliance und integre Unternehmensführung sind die entscheidenden Handlungsfelder. Hier ist auch die Analyse von Unternehmenskriminalität wichtig, da durch geschäftsschädigende
Handlungen durch das Management jede moralische Legitimation des Managements verloren geht und in vielen Fällen die Täter aus dem Top Management stammen.
Kapitel 4 widmet sich der Operationalisierung (Beurteilbarmachung)
von Ethik und der Elemente des sog. normativen intellektuellen Kapitals
(kurz NIK, d. s. die Gestaltungsobjekte des normativen Managements), um
es Analysen, Planung, Steuerung und Kontrolle durch das normative Management und das normative Controlling zugänglich zu machen.
In Kapitel 5 werden in einem ersten Teil die bisherigen Ansätze für ethikorientiertes Controlling in der Literatur analysiert und das eigene Konzept
eines integrierten, normativen Controllings erarbeitet. Der zweite Teil dieses
Kapitels ist den Aufgaben des normativen Controllings, d. s. Analyse, Reflexion, Sparring, Innovation, Information, Planung, Überwachung und Koordination, und der Person des normativen Controllers gewidmet.
In Kapitel 6 werden Instrumente des normativen Controllings für Analyse, Planung, Steuerung und Kontrolle normativer Sachverhalte vorge23
Einführung
stellt, darunter der Werte- und Tugend-Check, Stakeholder-Analyse oder
Normative Bilanz.
Kapitel 7 skizziert die Voraussetzungen zur Einführung des normativen
Controllings sowie wesentliche Systeme und Maßnahmen, die die Realisierung eines unternehmensethisch fundierten normativen Managements
und des normativen Controllings in der Praxis ermöglichen sollen. Allen
voran bedarf es eines Umsetzungskonzepts, eines ethikorientierten strategischen Managements und eines Bündels personalpolitischer Maßnahmen.
In Kapitel 8 werden die wesentlichen Erkenntnisse zusammengefasst; ein
Ausblick auf künftig erforderliche Forschungsschwerpunkte beschließt die
Arbeit.
24
Wer nur um des Geldes willen Gutes tut, wartet nur darauf, besser bezahlt
zu werden, um Schlechtes zu tun.
(J.-J. Rousseau)
1
Grundbegriffe des Normativen
Ziele des Kapitels
Nach der Lektüre dieses Kapitels wissen Sie,
• wozu unternehmensinterne Normen dienen,
• welche wesentlichen internen Normen es gibt,
• wie die Begriffe Norm, Grundsatz und Standard zu verstehen sind,
• wodurch sich Moral, Ethos und Ethik unterscheiden,
• wie sich Moral zu Recht verhält,
• wie Vision, Mission und Leitbild zusammenhängen,
• welche Werte und Tugenden von zentraler Bedeutung für die Führung
sind, und
• wie Unternehmenskultur beschrieben werden kann.
1.1
Normen
1.1.1
Begriffsabgrenzung
Norm lässt sich etymologisch auf das Lateinische norma = Winkelmaß,
Richtschnur, Regel, Maßstab, sittliches Ge- oder Verbot, zurückführen.
Normieren (lat. und ital.: normare, frz.: normer) steht für: „nach dem Winkelmaß abmessen“, einrichten (vgl. Duden 2007a, S. 563). Dazu passt das
Adjektiv normativ in seinen Bedeutungen: bindend, maßgebend, richtungsweisend, verbindlich, verpflichtend, wegweisend (vgl. Duden 2007b,
S. 646). Normieren bedeutet Normen schaffen, normativ bezieht sich auf
ihre Anwendung und Wirkung.
Norm kann in drei Bedeutungen auftreten:
1. Gesetz, Prinzip, Direktive. Norm steht hier für einen allgemein anerkannten Standard, eine (Rechts-)Vorschrift, eine Ordnung in einer Gesellschaft oder einem Unternehmen (soziale Norm).
2. Durchschnitt, mittleres Maß (z. B. der Messbereich in der Sozialforschung, in den z. B. 95 % aller erfolgreichen Unternehmen fallen [„Referenzwert“], durchschnittlicher oder Normalwert einer Kennzahl im
25
Grundbegriffe des Normativen
Controlling, „Normalkosten“ in der Kosten- und Leistungsrechnung,
„Normalarbeitszeit“ oder einer durchschnittlichen Leistung)
3. Arbeits-, Leistungsnorm, Soll i. S. einer zu leistenden Arbeit (vgl. Duden
2007b, S. 645 f.).
Im vorliegenden Kontext wird die erstgenannte Bedeutung thematisiert
werden. Den Begriff Norm verwendet man, wenn „… etwas sein oder geschehen soll, insbesondere, dass sich ein Mensch in bestimmter Weise verhalten soll.“ (Kelsen 1960, S. 86)
Verhalten umfasst hier drei Dimensionen: Handeln, Dulden (Stillhalten, Zulassen) und Unterlassen als Nicht-Handeln (vgl. Weber 1964, S. 3).
In einer weitergehenden Differenzierung kann man drei Ebenen von Verhalten unterscheiden:
• Unbewusste, physiologische Reaktionen des Organismus
• Gelernte, routinierte, aber nicht bewusst oder nur unterbewusst gesteuerte Verhaltensweisen
• Bewusstes, gesteuertes Handeln (vgl. Reimer 2005, S. 28).
Handeln in Unternehmen ist vorwiegend soziales Handeln, d. i. Handeln,
dessen Zweck auf das Verhalten anderer bezogen ist. Weber unterscheidet
vier Typen sozialen Handelns:
• Zweckrationales Handeln: Dem Handeln liegt ein bewusstes ZweckMittel-Kalkül zugrunde.
• Wertrationales Handeln: Es ist bestimmt durch den bewussten Glauben
an den ethischen, ästhetischen oder religiösen Eigenwert eines Verhaltens, unabhängig vom Erfolg.
• Affekthandeln: Dazu gehört insbesondere emotionales Verhalten, das
durch situative Affekte bestimmt ist.
• Traditionelles Handeln: Es richtet sich stark nach Gewohnheiten (vgl.
Weber 1964, S. 3 und 17).
Normen sind Forderungen an das Verhalten von Menschen, in denen
Werturteile zum Ausdruck kommen, “… are standards of behavior that
exist within a group or category of people” (Hofstede/Hofstede 2005, S. 21).
Sie sind als generelle Imperative („Du sollst …“) oder Wertungen formuliert. Sie enthalten den Anspruch, dass sich Menschen in ihrem Verhalten
an ihnen orientieren sollen (vgl. Küpper 2006, S. 52).
Aus Sicht der Unternehmensführung bedeutet Norm, was und wie
etwas im Unternehmen sein soll; es geht um Unternehmenspolitik (vgl.
Ulrich 2001a, S. 136) und um soziale Normen.
Abgesehen von Rechtsnormen gibt es im Unternehmen interne, formale
Regelungen in vielerlei Gestalt, so z. B. Unternehmensverfassung, Satzung,
26
Grundbegriffe des Normativen
Betriebsvereinbarung, Code of Conduct, Code of Ethics, Wertecharta, Authority Limits, Unterschrifts- oder Stellvertretungsregelung, Organisations-, Führungs- und Unternehmensgrundsätze, Stellenbeschreibung, Verfahrens- oder Arbeitsanweisung. In nicht formalisierter Weise zeigen sich
Normen als Arbeitsmoral, Führungsstil oder als (gelebte) Unternehmenskultur. Überbetrieblich sind Branchenmoral bzw. die Zahlungsmoral einer
Branche zu nennen.
Der Bezug zur Ethik wird noch deutlicher bei Prinzipien der Besteuerung, die nach allgemeinem Empfinden („Steuermoral“) auf Steuergerechtigkeit als Wert zielen sollen.
Eine andere Klasse sozialer Regeln sind sog. „selbstdurchsetzende“ Normen. Ein Interesse an ihrer Geltung bewirkt zugleich ein Interesse an ihrer
Befolgung. Zu ihnen gehören insbesondere reine Koordinationsregeln,
etwa die Rechtsfahrregel im Straßenverkehr. Die Befolgung dieser Regel ist
für alle Verkehrsteilnehmer vorteilhaft. Weiter zählen dazu technische
Normen: Für eine Vielzahl von Produkten werden auf nationaler Ebene
(z. B. ÖNORM, DIN) und internationaler Ebene (z. B. ISO, Incoterms) Normen für deren Gestaltung vereinbart. Durch Vereinheitlichung und Reduktion von Produkt- und Leistungstypen werden Effizienzeffekte erzielt (vgl.
Küpper 2006, S. 70).
Ideal wäre es, die sozialen Normen im Unternehmensalltag, durch Motivation der Normadressaten zu selbstdurchsetzenden Normen werden zu
lassen.
1.1.2
Verwandte Begriffe
Verwandte Begriffe zu „Norm“ sind
• Regel
• Maxime
• Grundsatz (Prinzip)
• Standard,
die in weiterer Folge zwecks Begriffsklärung kurz analysiert werden sollen.
1.1.2.1 Regel
Eine Regel hat im wesentlichen zwei Bedeutungen:
• Empfehlung: Eine Regel hat im herkömmlichen Sprachgebrauch einen
niedrigeren Anspruch als eine Norm. Ein Beispiel in der Betriebswirt27
Grundbegriffe des Normativen
schaft ist die Goldene Bilanzregel („banker’s rule“). In der Planungspraxis
findet sich u. a. die sog. „Faustregel“ („rule of thumb“).
• „Regelmäßiges“ bzw. gewohnheitsmäßiges Tun, hier gehört zum Begriffsinhalt einer Regel auch das Moment der Wiederholung.
Zur Lösung von Aufgaben in der Managementpraxis wurden zahlreiche
Regeln entwickelt, wie z. B. Entscheidungsregeln bei Risiko und bei Unsicherheit, hinter denen subjektive Einstellungen zu Risiko bzw. (Un-)Sicherheit stehen.
Menschen orientieren sich häufig an Regeln, mit denen sie sich in der
Wirklichkeit leichter zurechtfinden. Die Techniken im Außenhandel, im
Börsenhandel, einer Einkäuferin, eines Controllers oder eines Handwerkers (Handwerkszeug, „toolkit“) äußern sich z. B. in einer Vielzahl von Regeln, die bei Ausübung einer Tätigkeit angewendet werden. In Regeln
schlagen sich auch empirische Erfahrungen nieder. Sie haben sich meist
aus der praktischen Auseinandersetzung mit Aufgaben und Lösungen, oft
in vielen Einzelversuchen („trial and error“), entwickelt.
Auch die Fachsprache einer Disziplin, wie z. B. Ethik, Marketing, Buchhaltung oder Psychologie, kann als (anerkanntes) Regelwerk gelten und
hat verhaltensdeterminierende Wirkungen.
1.1.2.2 Maxime
Eine Maxime (frz.: maxime „Leitspruch“, vom lat. Maxima, zu ergänzen
durch: propositio, „die größte/oberste (Aussage)“) bezeichnet die oberste
persönliche Lebensregel bzw. einen persönlichen Grundsatz des Verhaltens.
Kant nennt alle subjektiven Grundsätze, die nicht von der Beschaffenheit des Objekts, sondern vom Interesse der Vernunft abgeleitet sind, „Maximen der Vernunft“. In der kantischen Ethik kommt der Maxime als subjektivem Gesetz große Bedeutung zu. Ein praktischer Grundsatz wird zur
Maxime des individuellen Handelns, wenn er zugleich eine individuelle
Handlungsanleitung, eine subjektive Norm, wird.
Von herausragender ethischer und auch praktischer Bedeutung ist Kants
kategorischer Imperativ, eine Maxime: „Handle so, daß die Maxime
Deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne“ (Kant 1978, S. 53).
In diesem Sinn wären die Zehn Gebote als religiöse Norm gleichermaßen als persönliche wie als allgemeine Normen „guten“ Verhaltens zu verstehen.
28
Grundbegriffe des Normativen
1.1.2.3 Grundsatz (Prinzip)
Individuen bzw. Organisationsmitglieder befolgen – bewusst, unter- oder
unbewusst – bestimmte Verhaltensgrundsätze („Das tue ich grundsätzlich
so“ oder „wir geben Kunden darüber grundsätzlich keine Auskunft“).
Grundsätze sind „Grund-Sätze“, Basis-Sätze, Verhaltensstandards; sie
sollen über eine längere Zeit und für eine Vielzahl von konkreten Aktionsentscheidungen bzw. Sachverhalte gelten. Ein Grundsatz (Prinzip) hat
normativen Charakter, er ist eine Richtschnur für konkretes Handeln.
Grundsätze gelten unabhängig von konkreten Entscheidungssituationen. Grundsätze haben als Verhaltensmuster die Funktion von Maßstäben,
nach denen Verhalten ausrichtet wird und an denen Handlungen subjektiv
beurteilt werden können. Richtig konzipierte Grundsätze sollen (und können) nicht jeden Schritt und jedes Verhalten vorschreiben, sondern sollen
– wie ein Kompass – den Adressaten die Richtung für moralisch richtiges
Verhalten weisen.
Es gibt in der Wirtschaftswissenschaft für viele Bereiche Grundsätze, wie
z. B.:
• Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (vgl. § 274 (2) UGB, vgl.
Wagenhofer 2005, S. 77–89)
• Planungsgrundsätze (vgl. Thommen/Achleitner 2006, S. 875 f.)
• Grundsätze des Controllings (vgl. Eschenbach/Siller 2009, S. 42–48, vgl.
Siller 1985, S. 99–110)
• Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung (vgl. Haeseler et
al. 2007, S. 35)
• Grundsätze für das Management von Veränderungen (vgl. Doppler/Lauterburg 2005, S. 149–168)
• Grundsätze der Kontrolle (vgl. Thommen/Achleitner 2006, S. 895)
• Grundsätze wirksamer Führung (vgl. Malik 2001, S. 65–167)
• Grundsätze ordnungsmäßiger Aufsichtsratstätigkeit (vgl. www.boeckler.
de 2003)
Besondere Bedeutung im normativen Management haben Unternehmensgrundsätze. Diese können z. B. sich auf Führungsgrundsätze (vgl.
Thommen/Achleitner 2006, S. 860) beschränken, oder – umfassender – als
Grundsätze der Unternehmenspolitik (vgl. Gälweiler 2005, S. 98–102) verstanden werden. Statt Unternehmensgrundsätze wird manchmal auch der
Begriff Unternehmensverfassung verwendet (vgl. z. B. Hungenberg/Wulf
2006, S. 29 f.). Wir verstehen im vorliegenden Kontext Unternehmensgrundsätze als dokumentierte Unternehmenspolitik bzw. -verfassung.
29
Grundbegriffe des Normativen
1.1.3
Inhalt und Funktion von Normen
Soziale Normen sind Verhaltensanordnungen (Vorschriften). Normen haben
die Aufgabe, die Freiheitsräume aller zu erhalten, indem sie diese ab- und
begrenzen und gewisse Verhaltensweisen untersagen oder verlangen. Wird
einer Norm nicht Folge geleistet, wird ein Sanktionsmechanismus wirksam.
Zu einer Norm gehören folgende Bestandteile:
• Urheber der Norm, d. i. im vorliegenden Buch das normatives Management;
• Tatbestand, d. h. in welchen Situationen bzw. für welche Fälle bzw. Anwendungsbereiche und -bedingungen eine Norm gilt;
• Norminhalt; dieser kann sein:
– ein Gebot, d. h. es statuiert eine Handlungspflicht, z. B.: „Es ist für solche Geschäftsfälle eine Zweitunterschrift einzuholen.“
– ein Verbot, d. h. es statuiert eine Unterlassungspflicht, z. B.: „Säumige
Kunden sind nicht weiter auf offene Rechnung zu beliefern.“
– eine Erlaubnis, d. h. sie statuiert ein Handlungsrecht, z. B.: „Einladungen von Geschäftspartnern im Gegenwert von bis zu € 100 kann
ohne Rücksprache mit der Vorgesetzten Folge geleistet werden.“
– eine Freistellung, d. h. sie statuiert Handlungsspielraum, z. B.: „Die
Dokumentation des Sachverhalts kann durch Aktenvermerk oder Bericht erfolgen.“
• Adressat(en) der Norm, d. h. an wen sich die Norm richtet, im Unternehmen i.d.R. an definierte Organisationsmitglieder. Ein Normadressat
prüft i.d.R. vor Anwendung bzw. Internalisierung einer Norm aber auch
deren ethischen Gehalt, d. h. ob er/sie die Befolgung mit seinem/ihrem
Gewissen vereinbaren kann.
• Sanktion, d. h. was im Fall der Nichtbefolgung der Norm geschehen
kann bzw. zu geschehen hat. Normen sollten sanktionsbewehrt sein, andernfalls entfalten sie keine (nachhaltigen) Verhaltenswirkungen. Die
Einhaltung von betrieblichen Normen unterliegt auch der sozialen Kontrolle (z. B. in Form einer „schwarzen Liste“ oder eine Person „schneiden“) als Sanktionsmechanismus.
Interne Normen haben in Unternehmen folgende wesentliche Funktionen:
• Grundlage für geordnete Interaktion und Kommunikation
• Orientierung für das eigene Verhalten
• Vorhersehbar Machen des voraussichtlich regelkonformen Verhaltens
Anderer
• Entlastung durch Reduktion von Komplexität mithilfe von Verhaltensgrundsätzen.
30
Grundbegriffe des Normativen
1.1.4
Quellen von Normen
Interne Normen können durch Vorgabe einer Seite (i.d.R. Management)
oder durch Vereinbarung zwischen Management und Mitarbeiter(n) zustande kommen. Quellen für interne Normen können sein:
• Moral
• Ethos
• Recht und untergesetzliche Regelungen (als externe Quelle)
• Ethik.
1.1.4.1 Moral
Moral (lat.: mos, Mehrzahl: mores (Moral, Moralität, Sittlichkeit, Anständigkeit) ist ein Sammelbegriff für alles, was zu einer bestimmten Zeit in einer
bestimmten Gesellschaft oder in Teilen davon (z. B. Wirtschaft, Branche,
einzelne Unternehmen) als Zustand oder Verhalten für gut bzw. böse gehalten wird, ein Set von Wertmaßstäben und Verhaltensregeln, von gelebten Sitten und Konventionen (vgl. Maak/Ulrich 2007, S. 25; vgl. Waibl
2005, S. 12). Erkennbar wird Moral vor allem an der Qualität von Normen
(Regeln, Vorschriften, Grundsätzen), in Wertmaßstäben und in Vorbildern
(vgl. Göbel 2010, S. 8; vgl. Küpper 2006, S. 13).
Moral ist das Wissen über bzw. das Ahnen von Gut und Böse, die Leitlinie für unser Gewissen. Das Gute bezeichnet vereinfacht das, was im
Sinne des kategorischen Imperativs von Kant grundsätzlich als erstrebenswert (wert-voll) erscheint, das Böse als Gegenstück des Guten, das, wovon
Abstand zu nehmen ist, und das sich z. B. ausdrückt im Appell: „Das tut
man nicht!“
Umgangssprachliche Redewendungen sind z. B. Aussprüche wie:
„… und die Moral dieser Geschichte ist …“ oder „Ich werde Dich Mores
(Sitten, Anstand) lehren!“. Bekannte Begriffe sind auch Steuer-, Zahlungsoder Arbeitsmoral.
Moral spielt vor allem im rechtsfreien Raum eine alles entscheidende
Rolle. Im sozialen Miteinander im Unternehmen zählen Werte und das
menschliche Vermögen, richtig und sozial verträglich zwischen Gut und
Böse zu unterscheiden sowie die Grenzen der Fairness zu beachten, z. B. in
Verhandlungen oder in Konflikten. Moralfähig und moralpflichtig sind
nicht nur Individuen, sondern auch Organisationen. Aber: „Das Diabolische ist, wie wenig sorgfältig Unternehmen agieren“ (Risak 2010a).
Auch wenn weitgehend Übereinstimmung darüber bestehen dürfte,
dass Lügen moralisch bedenklich ist, bleibt immer die Frage nach dem
31
Grundbegriffe des Normativen
Motiv und der Form der Lüge und der Abgrenzung zur List. Das gilt speziell in der strategischen Unternehmensführung, z. B. wenn man den Wettbewerb informiert bzw. nicht dementiert, man hätte kein Interesse an
einem Markteintritt oder an einem Ausscheiden aus einem bestimmten
Markt, obwohl das Gegenteil wahr ist.
Hier seien auch zwei bekannte, praktisch häufige Phänomene genannt:
• Scheinmoral, d. i. eine nach außen getragene Moral, die quasi nur so
lange hält, bis es wirklich „darauf ankommt“, und
• Doppelmoral, d. h. ein Verhalten, das „mit zweierlei Maß“ misst: einerseits das Pochen auf die Einhaltung von Normen und Werten bei anderen, es anderseits bei sich selbst aber nicht so genau nehmen.
Es gilt, beide Haltungen als das zu erkennen, was sie sind und sie offen zu
hinterfragen.
1.1.4.2 Ethos
Moral ist nicht nur der – subjektiv gesehen – „äußere“ Ordnungsrahmen
(Gesetze, geltende Wertmaßstäbe und Normen), sondern umfasst auch
persönliche Haltungen, Überzeugungen und Tugenden einer Person. Diese
innere Moral ist das Ethos (Moralität), die moralische Gesinnung, die innere Verpflichtung zum Guten (vgl. Göbel 2010, S. 12).
Ethos (griech.) bedeutet einerseits Gewohnheit und Sitte, andererseits
Charakter und Tugend. Diese Ambiguität erschwert den Umgang mit dem
Begriff (vgl. Küpper 2006, S. 13). Durch sein Ethos fühlt sich eine Person an
bestimmte Handlungsweisen gebunden, die es als gut und erstrebenswert
hält, wie z. B. Gesetzestreue, Ehrlichkeit oder Fairness, bzw. als schlecht
und nicht erstrebenswert ansieht, wie z. B. Illegalität, Unehrlichkeit oder
Respektlosigkeit.
Ethos als Charakter und Tugend bezieht sich auf die Qualität von Verhalten („Gutes wollen bzw. tun“, vgl. Pieper 2003, S. 26). Unter Charakter
ist die Gesamtheit der geistig-seelischen Eigenschaften, das individuelle Gepräge eines Menschen zu verstehen. Synonyma sind: (Eigen-)Art, Natur,
Wesen (vgl. Duden 2002, S. 243).
Was als Eigenschaft oder als Handlung „gut“ oder „böse“ ist, sollte für
alle Menschen aufgrund Ihrer Vernunft als einheitliche Normen des Sittlichen erkennbar sein (vgl. Küpper 2006, S. 13). Diese Vernunft ermöglicht
ihnen sowohl eine kritische Distanz gegenüber geltenden (Rechts-)Normen
(so kann z. B. ein nicht gesetzeskonformes Verhalten als moralisch gerechtfertigt empfunden werden), als auch die Neuentwicklung von Normen;
32
Grundbegriffe des Normativen
also Fähigkeiten, die ein effektives Management aufweisen sollte. Ethos ist
somit mehr als die Reflexion einer Person über die geltende Moral.
Moral braucht symbiotisch den Menschen mit seinem Ethos, das die geltende Moral bewertet und durch konkretes Verhalten entweder unterstützt, ändert oder sich ihr entgegenstellt. Ordnungsrahmen (äußere
Moral) und Ethos (innere Moral) stehen in wechselseitiger Beziehung zueinander (vgl. Göbel 2010, S. 13).
Weber/Schäffer bescheinigen dem Controller aufgrund der von ihm angestrebten Neutralität, Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit ein „Schiedsrichterethos“ (Weber/Schäffer 2008, S. 38).
1.1.4.3 Recht
Recht kann als Summe aller Normen oder Vorschriften in bestimmten Bereichen (z. B. Unternehmens-, Gesellschafts-, Steuer-, Marken-, Strafrecht)
verstanden werden. Recht ist eine Zwangsordnung, die das menschliche
Gemeinwesen in verbindlicher Weise regelt. Recht kommt in mehreren
Formen (von Normen) vor, die nach dem Stufenbau der Rechtsquellen in
Österreich grob wie folgt geordnet werden können:
• EU-Recht
• Bundesverfassungsrecht
• Zwingende Bundesgesetze
• Verordnungen
• Nachgiebiges (dispositives) Bundesrecht (vgl. Eichinger et al. 2009, S. 24).
Moral und Recht sind gesellschaftliche Ordnungssysteme, die Begriffe
Recht und Moral decken sich aber nicht. Vielmehr handelt es sich um zwei
Sphären, die sich teilweise überschneiden:
• Gesetze haben sittlichen Inhalt (z. B. der Verweis auf die „guten Sitten“,
oder „nach Treu und Glauben“ oder „sittenwidrig“ handeln). Einige Gesetze haben keinen sittlichen Inhalt, wenn es nur um die Unterscheidung legal/illegal geht, wie z. B. bei der Einhaltung der Buchführungspflicht.
• Sittliche Normen ohne Rechtsanspruch (z. B. Toleranz, Dankbarkeit,
Hilfsbereitschaft).
Der Begriff Ethos (als innere Verpflichtung zum Guten) macht einen weiteren Unterschied deutlich: Während sich die von Moral und Recht ausgehenden Pflichten decken können (wie z. B. Verträge einzuhalten, sie nach
Treu und Glauben zu befolgen), ist die Art der Verpflichtung eine andere.
33
Grundbegriffe des Normativen
Eine Person kann dem Gesetz rein äußerlich, aber ohne innere Überzeugung Folge leisten, einfach aus Angst vor Strafe; zum moralischen Handeln
gehört aber die innere Triebfeder, gut handeln zu wollen und zwar vor
allem dann, wenn man nicht dazu gezwungen ist. Zur Selbstverpflichtung
kommt die Selbstkontrolle durch das Gewissen, als Sanktion wirkt das
„schlechte Gewissen“, das (Schuld-)Gefühl, etwas Schlechtes getan zu
haben (vgl. Göbel 2010, S. 12).
Moralisches Verhalten ist nur erzwingbar, soweit es auch von Rechtsvorschriften gefordert wird. Recht setzt zwar äußere Grenzen für individuelles
bzw. unternehmerisches Handeln, lässt aber Handlungsspielraum für moralisch bedenkliches bzw. unbedenkliches Handeln.
Recht ist auch nicht gleich Gerechtigkeit. Moral und Recht sind Ordnungssysteme, Gerechtigkeit (als Wert) ist eine mögliche und wünschenswerte, aber nicht notwendige Eigenschaft solcher Ordnungssysteme. Vor
allem die Rechtsprechung ist oft dem Vorwurf der Ungerechtigkeit (z. B.
aufgrund der Art der Beweiswürdigung) ausgesetzt.
In vielen Fällen liegen Moral und Recht auseinander, wie z. B. in folgenden:
• Hohe Managergehälter sollen ein Ausdruck für entsprechend hohe tatsächliche Leistung und Verantwortung sein. Auffallende Missverhältnisse zwischen Entgelt und Leistung hingegen erscheinen moralisch
nicht gerechtfertigt.
• BP hatte zwar eine Genehmigung für Ölbohrungen im Golf von Mexiko,
missachtete aber Sicherheitsgrundsätze und verursachte 2010 eine Ölpest historischen Ausmaßes.
Gesetze lassen i.d.R. noch viele Interpretations- und Handlungsspielräume
offen und nehmen selbst wieder auf moralische Kategorien Bezug. So
kann z. B. die oben zitierte, vertraglich vereinbarte Gehaltshöhe „sittenwidrig“ sein, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffallenden
Missverhältnis stehen.
Auch demokratische Rechtsordnungen und „möglichst gerechte“ Gesetze können nicht verhindern, dass bestimmte Interessensgruppen Rechtsvorschriften zu ihrem wirtschaftlichen Vorteil auslegen oder beeinflussen,
z. B. durch Lobbying oder das Anbieten geldwerter Vorteile als „Kavaliersdelikt“.
Recht ist auch unvollkommen in der Hinsicht, als Rechtsvorschriften oft
erst erlassen werden, nachdem und nicht bevor Unternehmen Probleme verursacht haben (Problem eines strukturellen time lag), oder es liegen Gesetzeslücken vor. Beispiele im Unternehmenskontext finden sich in großer
Zahl, z. B. auf dem Gebiet der Geldwäsche oder der Finanzmarktregulierung.
34
Grundbegriffe des Normativen
Recht wird in manchen Fällen auch einer (ambivalenten) Moral untergeordnet, man denke z. B. nur an die Anpassung der Bilanzierungs- und
Bewertungsregeln an die Wünsche der Vertreter der Kreditwirtschaft infolge der Finanzkrise 2008–2009.
Schlupflöcher bestehen in Zeiten globalen Wirtschaftens zudem aufgrund unterschiedlicher nationaler Rechtsordnungen. So werden in einigen Ländern Gläubiger, Arbeitnehmer, Frauen, Konsumenten, Steuerschuldner oder Investoren stärker bzw. schwächer bzw. anders geschützt
als in anderen. Hier entsteht dann ein doppeltes Verantwortungsvakuum:
hinsichtlich des Fehlens rechtlicher Vorschriften einerseits und hinsichtlich
moralischer Schranken andererseits. Unternehmen trachten dann oft nach
einem Arbitrage-Verhalten, d. h. suchen – ungeachtet moralischer „Bedenken“ – jene Rechtsordnung in Anspruch zu nehmen, die ihnen den größten Vorteil verspricht.
In großen Organisationen kommt es oft zum Problem der „organisierten Unverantwortlichkeit“. Mitarbeiter wie Führungskräfte in nachgeordneten Ebenen vertrauen – und zwar ungeachtet der außerdem meist
komplexen Materien – oft übergeordneten Instanzen und auf deren
rechtskonformes und moralisch gerechtfertigtes Handeln. Darunter leidet
die Steuerungswirkung der Rechtsvorschriften und der Moral (vgl. Gerum
1989, S. 138).
Das bloße Einhalten von Rechtsvorschriften kann als moralisches
Minimum bezeichnet werden (vgl. Göbel 2010, S. 257).
1.1.4.4 Ethik
Während das Rechtssystem Handlungen unter dem Gesichtspunkt der Legalität untersucht, tut die Ethik dies unter dem Aspekt der Moralität (d. h.
die Bereitschaft, aus Verantwortungsbewusstsein moralisch korrekt zu
handeln, ohne von Rechtsnormen dazu gezwungen zu werden; vgl. Waibl
2005, S. 26).
Eine zentrale Aufgabe der Ethik liegt im Finden, in der Analyse und der
Begründung von Normen und Werturteilen (vgl. Küpper 2006, S. 13).
Ethik als „die Lehre von Moral und Ethos“ (Göbel 2010, S. 329) bzw. als
Reflexionstheorie der Moral (vgl. Waibl 2005, S. 12) beurteilt menschliches
Handeln nach den Maßstäben von gut bzw. sittlich richtig einerseits und
böse bzw. sittlich falsch andererseits (vgl. Pieper 2003, S. 24). In der Praxis
sind Sachverhalte aber selten so eindeutig zu beurteilen, dass sie in das
Schwarz-Weiß-Schema von Gut und Böse passen.
35
Grundbegriffe des Normativen
“Ethics are standards that govern human conduct. Ethical concerns go
directly to the existence of organizations and what constitutes proper behavior within them.” (Robbins/DeCenzo 2008, S. 17)
Die Grundfragen der Ethik lauten (vgl. Göbel 2010, S. 8):
• Was soll sein (Güter bzw. Werte)?
• Wie soll ich handeln (Pflichten, Normen)?
• Wie soll ich sein (Gesinnung, Tugenden)?
Unter Ethik versteht man die Bemühungen um das Finden oberster Prinzipien und diese Prinzipien selbst, d. h. der Begriff ethisch bezieht sich auf die
Reflexion. „Ethisch“ bezieht sich auf die Ethik als Wissenschaft vom moralischen Handeln des Einzelnen; wo es hingegen um konkrete Handlungsnormen geht, spricht man von Moral. „Moralisch“ bezeichnet dann die Qualität
eines konkreten Verhaltens
(vgl.
$ $
$ Thommen/Achleitner
$
$
$ 2006, S. 1044).
Abbildung 2 stellt die Begriffe Ethik, Ethos, Moral und Recht zueinander
in Zusammenhang:
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Abb. 2
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$"#%51)@0(+.A+0%5-
Quelle: in Anlehnung an Göbel 2010, S. 13
Es ist in der langen Tradition der Ethik bislang nicht gelungen, bestimmte
Normen der Sittlichkeit so zu begründen oder gar zu beweisen, dass sie
heute so akzeptiert wären wie z. B. Sätze der Logik oder empirische Gesetzmäßigkeiten und Befunde. So wird auch das Wort von Popper, der von
der „absoluten Unfruchtbarkeit“ (Popper 2003, S. 321) der philosophischen
Ethik spricht, verständlich.
Unter Tugend versteht man eine Geisteshaltung, das Gute aus innerer
Neigung und Bereitschaft zu tun, einen moralischen Kompass (vgl. Maak/
36
Grundbegriffe des Normativen
Ulrich 2007, S. 387). Tugend ist eine positive (Charakter-)Eigenschaft. Der
lateinische Begriff virtus leitet sich von vir (Mann) ab. Der Mann, genauer:
der Krieger, galt als Träger der Tugenden.
Die Tugendlehre (engl.: virtue ethics) ist neben der Güter- und der Pflichtenlehre der dritte Zweig der Ethik. Als die vier klassischen Grundtugenden (Kardinaltugenden) gelten Klugheit (Weisheit), Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung. Kant lässt nur eine Primärtugend gelten: den „guten
Willen“.
Als sog. Sekundärtugenden gelten Charaktereigenschaften, die zum Gelingen eines Vorhabens beitragen. Zu den Sekundärtugenden gehören z. B.
Bescheidenheit, Disziplin und Fleiß, alle aus dem Tugendkatalog der sog.
preußischen bzw. mitteleuropäisch-bürgerlichen Tugenden.
1.2
Vision
Ausgangspunkt der Unternehmenspolitik sollte die Vision (lat. visio = Erscheinung, Vorstellung, Idee) sein, d. h. das Bild, das Gründer/innen, Unternehmer/innen und Leader darüber haben, wie ihr Unternehmen in Zukunft
positioniert sein soll bzw. wird (Future Corporate Identity). “The strategic vision
provides a view of the firm over the long term and what it should achieve for
the future“ (Hitt et al. 2009, S. 138), oder: “To begin with, it is necessary for
the firm to know where it is going” (Sullivan 1999, S. 135).
Eine Vision (als „tragende Leitidee“, Gaubinger 2000, S. 69) wird zunächst nur als Gefühl bzw. als – vielleicht nebuloser – Gedanke existieren,
sie sollte in weiterer Folge jedenfalls schriftlich formuliert werden. Die
Grenze zwischen (positiver) Vision und (negativer) Utopie kann dabei
nicht immer genau gezogen werden.
Gegenstand des Denkprozesses über die Vision ist das Unternehmen in
der Zukunft und im künftigen Umfeld (vgl. Bleicher 1994, S. 35). Visionen
entstehen aufgrund von Vorstellungskraft, Originalität und Gestaltungswillen; sie sind herausfordernde Wunschvorstellungen. Hinterhuber (1996,
S. 43) spricht in Bezug auf bestehende Unternehmen vom „Bewußtwerden
eines Wunschtraumes einer Änderung“.
Der Zeithorizont einer Vision ist grundsätzlich unbegrenzt. Leader sind in
dieser Aufgabe i.d.R. nur durch ihre Werte und durch ihre Vorstellungen
„beschränkt“; für Führungskräfte z. B. von Konzerngesellschaften oder für
Franchisenehmer ergeben sich zusätzliche Einschränkungen aufgrund ihrer
Einordnung in den Konzern bzw. durch den Willen des Franchisegebers.
In der Vision kann auch schon die Schnittstelle zur Unternehmensstrategie formuliert werden. Dies entspricht dem Konzept von Hamel/Prahalad
37
Grundbegriffe des Normativen
(1995, S. 204 f.), die von Vision als „Strategic Intent“ sprechen: die Vision
legt die Zielrichtung bzw. die (unternehmerische) Absicht fest, in die sich
ein Unternehmen entwickeln soll.
Eine Vision muss, um erfolgreich umsetzbar zu sein:
• einzigartig sein,
• unverwechselbar sein,
• für ein Unternehmen typisch sein, d. h. zu ihrem Entwicklungspfad passen,
• die gesellschaftliche und moralische Verantwortung des Unternehmens
klar erkennen lassen,
• eine inhaltliche Mindestqualität und Prägnanz aufweisen, und
• für die Stakeholder und das übrige Umfeld glaubwürdig sein.
Die wichtigsten Funktionen einer Vision sind:
• Orientierung und Ordnung (Der künftige Weg des Unternehmens wird
skizziert)
• Commitment der Führungskräfte und Mitarbeiter schaffen
• Motivation und Integration der Mitarbeiter schaffen
• Herausfordernde Impulse geben.
1.3
Mission
Während eine Vision die grundsätzliche Zielsetzung des Unternehmens
formuliert, umschreibt die Mission (auch: „Unternehmensphilosophie“)
den Geschäftszweck und die Grenzen der Geschäftstätigkeit, die Daseinsberechtigung des Unternehmens, die mit den Wertvorstellungen und Erwartungen der wichtigsten Stakeholder übereinstimmen sollte (vgl. Lombriser/Abplanalp 2005, S. 49).
Eine Vision wird mit Hilfe der Mission weiter detailliert, indem der Weg
bzw. die grundsätzlichen Aufgaben des Unternehmens beschrieben werden, wie und mithilfe welcher Werte, Einstellungen, Normen und Richtlinien aus der Vision Realität werden kann. Sie drückt das Selbstverständnis („unité de doctrine“) eines Unternehmens nach außen aus.
Inhalt der Mission sind vor allem Aussagen über
• Grundsätze der Managementethik bzw. Code of Ethics (Code of Conduct)
• Einstellung zur Nachhaltigkeit
• wesentliche interne Normen und ihre Bedeutung
• Soll-Werte, -Einstellungen und -Organisationskultur
• Führungsgrundsätze, Führungsstil und Corporate Governance.
38
Grundbegriffe des Normativen
Zahllose Unternehmen formulieren heute auf ihren Homepages Vision,
Mission und Werte bzw. ihre Unternehmensgrundsätze. Über deren (Qualität der) Umsetzung ist damit natürlich noch nichts gesagt.
Vision, Mission und Werte werden intern und gegenüber Externen mithilfe des Leitbilds (vgl. Pkt. 1.6) kommuniziert.
1.4
Werte
Hinter dem Verhalten jeder/s Einzelnen stehen Werte, die es – für den einzelnen bewusst oder unbewusst – bestimmen. „Werte sind ,Leuchttürme‘
menschlichen Handelns“ (Haeseler/Hörmann 2008, S. 11), emotionale Maßstäbe bzw. Gefühle, an denen Menschen ihr Verhalten orientieren.
Werte sind Vorstellungen über Eigenschaften, die Einzelne, Gruppen,
Unternehmen oder die Gesellschaft bestimmten Einstellungen, Ideen, Prozessen, Ergebnissen und Beziehungen) beimessen, und die für den/die Wertenden emotional wichtig sind (vgl. Thommen/Achleitner 2006, S. 931).
Während Tugend die Fähigkeit und den Willen, Gutes zu tun, beschreibt, dient ein Wert dem Einzelnen als Maßstab für sein Handeln. Von
den Wirkungen her gesehen, decken sich die Begriffe Tugend und (positiver) Wert weitgehend.
“A beliefs system is the explicit set of organizational definitions that senior
managers communicate and reinforce systematically to provide basic values,
purpose and direction for the organization” (Simons 1995, S. 34). Normative
Festlegungen bezwecken die Übertragung von Infos über „core values“:
• wie die Organisation Wert schafft
• die angestrebten Leistungsniveaus
• wie Menschen in Beziehungen im Unternehmen und mit dem Umfeld
umgehen („Respect for the Individual”) (Simons 1995, S. 36).
Empirische Erhebungen unter US-amerikanischen Managern zeigen bedeutende Unterschiede in den persönlichen Werthaltungen, Einstellungen
und „beliefs“ (vgl. z. B. Moskal 1994, S. 24; Contreras 2001, S. 41).
Der pekuniäre Erfolg ist nur eine der Dimensionen, in denen Menschen
das messen, was ihnen etwas wert ist. Wer ausschließlich den geldwerten
Vorteil sucht, erliegt einer gründlichen Täuschung: Die für ein gelungenes
Leben entscheidenden Dinge wie Vertrauen, Treue und Freundschaft lassen sich nicht bezahlen (vgl. Höffe 2009, S. 3). Dabei geht es darum, was
einem persönlich und im Unternehmen wichtig und für sich selbst und das
Unternehmen wert-voll ist, d. h. um Werte i. S. von values und nicht um
den materiellen, ökonomischen Wert (value).
39
Grundbegriffe des Normativen
“Values are broad tendencies to prefer certain states of affairs over
others. Values are feelings with an arrow to it: a plus and a minus side.”
(Hofstede/Hofstede 2005, S. 8)
Werte drücken aus, welche Normen das Individuum für sich höher und
welche es niedriger gewichtet. Daraus entstehen höchstpersönliche Werthaltungen, eine Werteskala und Wertschätzungen anderen gegenüber.
Normen und Werte werden auf mehreren Wegen im Menschen verankert. Wie verhaltensphysiologische und neurobiologische Erkenntnisse
zeigen, spielen dabei unbewusste Vorgänge eine maßgebliche Rolle. Sie
verbinden sich mit Vorgängen des persönlichen Abwägens, die zu einer bewussten (Nicht-)Akzeptanz von Normen führen können. Beide Komponenten wirken häufig eng zusammen und lassen sich oft nur schwer trennen. Wenn sie in Konflikt geraten, kann das Verhalten des Einzelnen
mehrdeutig bzw. unberechenbar werden (vgl. Küpper 2006, S. 72).
Werte sind das zentrale Element, um eine Unternehmensidentität zu
schaffen und eine bestehende Unternehmenskultur zu gestalten. Eine gemeinsame Wertebasis erhöht die Reputation und ermöglicht gemeinsame
Arbeit. Durch die Verankerung von Werten, die für das Führungsverhalten und die Entscheidungsfindung im Unternehmen akzeptiert werden,
können unternehmensethische Prinzipien zu einem sehr wirksamen Führungsinstrument werden.
Entscheidungsträger in den verschiedenen Organen sowie Führungsebenen von Unternehmen bringen ihre Normen und Werte in die betrieblichen Entscheidungsprozesse ein. Damit kommt auch ihren persönlichen
Präferenzen maßgebliche Bedeutung bei der Zielbildung und Entscheidungsfindung zu.
Welche Werte haben im Unternehmen nun zentrale und grundlegende
Bedeutung?
Schlager hat für den Einsatz in der Persönlichkeits- bzw. Personalentwicklung einen Katalog mit 80 individuellen, positiven Werten entwickelt
(vgl. Schlager 2007, S. 191); ähnlich bringen Maak/Ulrich einen Tugendkatalog (vgl. Maak/Ulrich 2007, S. 388 f.). Abbildung 3 zeigt die für normatives Management und Controlling aus unserer Sicht wichtigsten Werte als
„Positive Werte-Portfolio“.
Aus der Vielzahl positiver Werte sollen die nachstehenden aufgrund ihrer
praktischen Bedeutung hervorgehoben werden:
䉴 Vertrauen
d. i. die Fähigkeit, auch unter ungewissen Bedingungen an etwas oder jemanden zu glauben bzw. einer Möglichkeit Raum und Zeit zu geben, sich
40
$ $
• +
Abb. 3
$
Grundbegriffe des Normativen
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Quelle: in Anlehnung an Schlager 2007, S. 191
zu entfalten und Wirklichkeit zu werden. Jemandem zu vertrauen bedeutet, sein Verhalten als vorhersagbar einzuschätzen. Vertrauen ist der Glaube an die Integrität des Anderen (vgl. Schlager 2007, S. 91; vgl. Horak/Pelzmann 1996, S. 593; vgl. Neubauer/Rankl 2010, S. 52). „Vertrauen ist die
vielleicht wichtigste Ressource für das langfristige Überleben eines Unternehmens (Maak/Ulrich 2007, S. 180).
Fehlt es an Vertrauen zwischen Mitarbeitern bzw. Management, leidet
die Motivation aller Beteiligten. Mit Adam Smith könnte man sagen, dass
eine Führungskraft für das Vertrauen, das man in sie setzen kann, bezahlt
wird, und nicht nur für ihre Fähigkeiten und Leistungen (vgl. Eschenbach
2003, S. 65).
Für Hemel hat Vertrauen den Stellenwert eines der vier „Grundelemente
ethischer Mindeststandards“ eines Unternehmens; die weiteren Elemente
sind eine transparente Kommunikation, eine glaubhafte Strategie und eine
„optimale“ Wertschöpfung (vgl. Hemel 2007, S. 306–315).
An dieser Stelle sei auf einen verbreiteten Irrtum aufmerksam gemacht,
der in der Aussage „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ (vom russischen
Sprichwort: „Vertraue, aber prüfe nach!“) wurzelt. Vertrauen beruht auf
der Erfahrung, inwieweit ein (Gesprächs-)Partner zuverlässig, ehrlich, be41
Grundbegriffe des Normativen
rechenbar ist bzw. agiert. Nicht richtig ist aber, Kontrolle sei wichtiger oder
„besser“ als Vertrauen. Vielmehr ist Kontrolle bzw. die Tatsache, dass die
Einhaltung von Normen kontrolliert wird bzw. werden kann, die unverzichtbare Voraussetzung, um Vertrauen zu schaffen bzw. zu erwerben.
Ganz in diesem Sinn sieht z. B. die IAS-Verordnung (EG) Nr. 1606/2002
bezüglich internationaler Rechnungslegungsstandards in Art. 16 strenge
Kontrollen vor, um das Vertrauen der Anleger in die Finanzmärkte zu stärken.
䉴 Integrität
d. i. die Fähigkeit, vertrauenswürdig zu handeln und unbestechlich zu bleiben. Je mehr Integrität gelebt wird, desto sicherer kann man sich sein, dass
eine Person auch wirklich zu dem steht, was sie sagt, und desto klarer wird
echte Charakterstärke erkennbar (vgl. Schlager 2007, S. 60). Integer sind
Führungskräfte nur, wenn sie ihr ökonomisches Führungsdenken nicht
von ihrem Selbstverständnis als „anständige“ Bürger abkoppeln. Und aus
Integrität folgt Glaubwürdigkeit (vgl. Höffe 2009, S. 2).
Persönliche Integrität ist die Übereinstimmung zwischen Werten, Worten und Verhalten (vgl. Neubauer/Rankl 2010, S. 173 f.). Ein integrer
Mensch lebt im Bewusstsein, dass seine persönlichen Überzeugungen,
Maßstäbe und Wertvorstellungen in seinem Verhalten zum Ausdruck
kommen sollen. Persönliche Integrität kann demnach auch als Treue zu
sich selbst umschrieben werden: „Sage das, was Du tust und tue das, was
Du sagst!“ (Hemel 2007, S. 290)
Das Gegenteil von Integrität ist Bestechlichkeit (Korrumpierbarkeit),
also sich in seinem Verhalten nicht von inneren Werten und Prinzipien, sondern von äußeren Versprechen bzw. Verlockungen (ver-)leiten zu lassen.
䉴 Gerechtigkeit (Fairness)
d. i. die Fähigkeit, unvoreingenommen und unparteiisch abzuwägen, angemessen zu handeln und niemanden absichtlich zu benachteiligen. Je mehr
Fairness gelebt wird, desto mehr menschliche Größe wird bewiesen. Fairness erzeugt im Anderen Respekt (vgl. Schlager 2007, S. 36 und S. 46).
Auch für Reimer sind Gerechtigkeit und Verantwortung wesentliche ethische Grundwerte (vgl. Reimer 2005, S. 56). Gerechtigkeit ist auch in der
Kosten- und Leistungsrechnung ein Thema, und zwar in Gestalt der Verursachungsgerechtigkeit.
䉴 Aufrichtigkeit
i. S. von Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit ist die Voraussetzung für Vertrauen. Als Wert steht Aufrichtigkeit im Mittelpunkt der angewandten Wirt42
Grundbegriffe des Normativen
schaftsethik von Waibl. Aufrichtigkeit wird gegenüber jemandem Anderen
ausgeübt. Zuvor bedarf es der Aufrichtigkeit gegenüber sich selbst, d. h.:
• sich nicht in Selbstüberschätzung größer machen bzw. andere herabsetzen,
• zu seinen Fehlern stehen und den Grund für seinen Misserfolg nicht bei
Anderen suchen, und
• jene(n) anerkennen, denen Erfolg zu verdanken ist.
Aufrichtige Bilanzlegung meint das Vermitteln eines ehrlichen, vollständigen Bilds nicht nur der Vermögens, Ertrags- und Finanzlage, sondern auch
das Legen von Sozial-, Öko-, Wissensbilanzen und Nachhaltigkeitsberichten. Unaufrichtige Selbstdarstellung gleicht dem Errichten von sog. Potemkinsche Fassaden, sich bzw. anderen etwas vormachen; sie können evtl.
kurzfristig beeindrucken bzw. irreführen, unterstreichen aber oft eine
Vogel-Strauß-Politik („Wir haben kein Problem!“) und untergraben langfristig die Glaubwürdigkeit (vgl. Waibl 2005, S. 65–68).
䉴 Glaubwürdigkeit
d. i. die Fähigkeit, ehrlich, verlässlich und verantwortungsbewusst zu handeln. Je mehr Glaubwürdigkeit gelebt wird, umso vertrauenswürdiger wird
man (vgl. Schlager 2007, S. 50).
Unternehmen sind Teil der Gesellschaft und sollen den Anspruchsgruppen (Stakeholdern) auf gesellschaftlich akzeptierte Weise Nutzen stiften.
Die Akzeptanz eines Unternehmens in der Gesellschaft bringt Vertrauen
durch die Gesellschaft, es wird vertrauens- und glaubwürdig.
䉴 Verantwortlichkeit
Ist die Fähigkeit, sich für bestehende Pflichten voll einzusetzen und dabei
nach bestem Wissen und Gewissen so gut wie möglich und zum Wohle
aller Beteiligten zu handeln (vgl. Schlager 2007, S. 89). Etwas verantworten
heißt: erstens, es auf sich nehmen, für die evtl. aus etwas sich ergebenden
Folgen einstehen, und zweitens, sein Verhalten oder seine Absicht rechtfertigen (vgl. Duden 2002, S. 967; vgl. Malik 2008, S. 267).
Thommen/Achleitner (2006, S. 1049–1055) nennen die Glaubwürdigkeit
des Unternehmens als Leitwert unternehmerischen Handelns und meinen
damit
• verantwortliches
• kommunikatives, d. h. aktiv die Kommunikation mit Stakeholdern suchend, und
• innovatives Handeln i. S. von für neuartige Probleme „gute“ Lösungen
zu finden.
43
Grundbegriffe des Normativen
Verantwortung wird dabei unter drei Aspekten gesehen (vgl. Thommen/
Achleitner 2006, S. 1052 f.):
• Rollenverantwortung, d. h. ein Stelleninhaber bzw. ein Unternehmen ist
für sein Verhalten rechenschaftspflichtig.
• Kausale Verantwortung, d. h. für sein Verhalten und dessen Folgen hat
der Einzelne bzw. ein Unternehmen einzustehen.
• Fähigkeitsverantwortung, d. h. der Einzelne bzw. ein Unternehmen ist
verantwortlich, eine Problemlösung anzubieten, wenn er bzw. es dazu
von seinen Ressourcen her fähig ist.
Bei einer Führungskraft lassen sich drei Arten von Verantwortung nicht
abschieben: die unternehmerische, die juristische und die gesellschaftliche
Verantwortung (vgl. Höffe 2009, S. 5).
In der heutigen globalen Stakeholder-Gesellschaft gibt es drei Arten von
Verantwortung, die zugleich auch die Orte der Moral, d. h. wo es auf
ethisch richtiges Verhalten und Entscheiden ankommt, beschreiben (vgl.
Maak/Ulrich 2007, S. 6):
• Verantwortung gegenüber der Gesellschaft
• Verantwortung („Governance“) für das Unternehmen
• Verantwortung des Einzelnen und gegenüber Einzelnen.
Zur Verantwortung gehört vorrangig das Verantwortungsbewusstsein
einer Person. Dieses bemisst sich vor allem nach der:
• Denk- und Erkenntnisfähigkeit, insb. hinsichtlich der Folgen des Verhaltens und von Entscheidungen, und der
• moralischen Urteilsfähigkeit, d. h. in wie weit Handeln dem Eigennutz
und/oder dem Gemeinwohl dient.
Ethisches Handeln ist nicht nur eine Frage des „guten Willens“. Die Verantwortung einer Person für das eigene Handeln wird umso größer sein, je
höher das Niveau bei beiden Parametern ist. Und gute Führungskräfte müssen in beiden Fällen ein hohes Niveau mitbringen (vgl. Reimer 2005, S. 59).
Auf Basis einer Befragung von 130.000 Personen kommt Covey zu
Schluss, dass Unternehmen, die ihre Ziele erreichen, klare Systeme der
Verantwortung und Rechenschaftslegung haben. Solche Systeme sind aber
nicht stark verbreitet: Nur 53 % berichten regelmäßig über ihre Fortschritte der Zielerreichung, und nur 38 % besprechen mindestens einmal im
Monat mit der Führungskraft die Fortschritte bei der Zielerreichung (vgl.
Covey 2008, S. 44).
Abbildung 4 soll anhand einer „Wertemedaille“ zusammenfassend die
herausragende Bedeutung der positiven Werte Vertrauen, Integrität, Ver44
Grundbegriffe des Normativen
antwortung und Glaubwürdigkeit im Unternehmen verdeutlichen und
ihnen die $entsprechenden
Werte
Bestechlichkeit,
$
$ negativen
$
$ (Misstrauen,
$
Verantwortungslosigkeit und Unglaubwürdigkeit) gegenüberstellen.
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Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 4
Die im Unternehmen gelebten positiven und negativen Werte beeinflussen
unablässig auch die Unternehmenskultur und vice versa.
1.5
Unternehmenskultur
Kultur (lat. cultura: Bearbeitung, Pflege) bezeichnet alles, was Menschen
gestaltend hervorbringen, im Gegensatz zu Natur.
Der Begriff Unternehmenskultur ist in der Literatur nicht eindeutig
definiert. Bleicher versteht darunter ein „System von Wertvorstellungen, Verhaltensnormen, Denk- und Handlungsweisen …“ (Bleicher 1991,
S. 732). Deal/Kennedy definieren sie als Sammlung von Werten, Symbolen,
Helden, Ritualen und Geschichten (vgl. Deal/Kennedy 1987, S. 75). Hofstede/Hofstede nennen Denk- und Verhaltensmuster „mental programs“ und
„software of the mind“: „A customary term for such mental software is culture“ (Hofstede/Hofstede 2005, S. 3).
Kultur ist ein kollektives Phänomen und je nach sozialer Umgebung
verschieden und verschieden stark ausgeprägt. „Culture consists of the unwritten rules of the social game” (Hofstede/Hofstede 2005, S. 4). Drei Ebenen
der Einzigartigkeit der mentalen Programmierung können unterschieden
werden:
45
Grundbegriffe des Normativen
• An der Basis die menschliche Natur, die jedes Individuum durch Vererbung erwirbt;
• darauf aufbauend Kultur, die je soziale Gruppe unterschiedlich ist, die
erlernt bzw. erfahren wird; und
• wiederum darauf aufbauend Persönlichkeit, d. h. der individuelle Charakter als „unique personal set of mental programs“ (Hofstede/Hofstede
2005, S. 5), die durch Vererbung und durch Lernen erworben wird.
Für Edgar Schein ist Unternehmenskultur die Gesamtheit aller Grundannahmen, Werte, Normen und Symbole, die in einem Unternehmen tatsächlich gelebt werden bzw. werden sollen (vgl. Schein 1985, S. 263).
Unternehmenskultur ist das soziale Produkt der Interaktionen der Unternehmensmitglieder, die sie zwar einerseits laufend mit gestalten, die sie
aber andererseits als etwas Äußeres, Unternehmenstypisches, Handlungsanleitendes und besondere Art von Verbindlichkeit empfinden. Sie ist
durch informale Werte und Normen gekennzeichnet.
Nach dem Drei-Ebenen-Konzept von Schein (1985, S. 14; vgl. Abbildung 5:
„Unternehmenskultur als Pyramide“) stehen
• an der Basis Grundannahmen (unsichtbar, den Einzelnen meist unbewusst),
• darauf aufbauend
$ $ Normen und Regeln (teilweise
$ $ sichtbar, teils unbewusst), und
+
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Abb. 5
46
Quelle: Schein 1985, S. 14
Grundbegriffe des Normativen
• an der Spitze dieser Hierarchie die Symbole (sichtbar, aber interpretationsbedürftig).
Die Unternehmenskultur spielt für Performance und Erfolg des Unternehmens eine zentrale Rolle. Sie beeinflusst die Strategieentwicklung, indem
sie z. B. strategische Alternativen ablehnt oder nicht berücksichtigt und ist
eine Hauptdeterminante für den Erfolg oder Misserfolg der Strategieumsetzung (vgl. Lombriser/Abplanalp 2004, S. 161). In der Performance ist stets
auch eine moralische Performance (vgl. Maak/Ulrich 2007, S. 340).
Aussagen über eine Unternehmenskultur lassen sich vor allem anhand
folgender Merkmale treffen (vgl. Schreyögg 2008, S. 367–372):
• Art des Führungsstils und der Entscheidungsfindung
• Sprache untereinander und gegenüber Kunden, Lieferanten und anderen Stakeholdern
• Altersstruktur des Managements und der Mitarbeiter
• Komponenten des Anreizsystems
• Motivation und Identifikation mit dem Unternehmen
• Qualitäten bzw. Werte wie Respekt, Vertrauen, Offenheit
• Einstellung und Neigung zum Risiko
• Zielgruppenorientierter Umgang
• Unternehmensstruktur
• Image einer Organisation bzw. Auftreten nach außen (z. B. Homepage,
Werbung).
1.6
Leitbild
Besser als durch das folgende Zitat kann der Zweck des Leitbilds eines Unternehmens nicht formuliert werden: „Wenn Du ein Schiff bauen willst, so
trommle nicht Menschen zusammen, die Holz beschaffen, Werkzeuge vorbereiten, Aufgaben vergeben und Arbeit einteilen, sondern lehre die Menschen
die Sehnsucht nach der großen, weiten Welt“ (Antoine de Saint-Exupéry).
Das Leitbild stellt das Instrument der Führung zum Zweck der Gestaltung der Unternehmenskultur in Richtung der Unternehmensphilosophie
und der Vision dar, und zwar in Unternehmen jeder Größe oder Ausrichtung. Es skizziert im Detail das Zukunftsbild des Unternehmens sowie die
Werte und die Unternehmenskultur, denen sich Führung und Mitarbeiter
gemeinsam annähern möchten bzw. sollen. Es hat normative Wirkung,
weil es ein „realistisches Idealbild“ (Ulrich 1990, S. 91), einen Soll-Zustand
beschreibt. Es dient als Mittel zur Kommunikation der Vision und der Mission an die Stakeholder.
47
Grundbegriffe des Normativen
Ein professionell gestaltetes Leitbild weist folgende Charakteristika auf:
• Die wichtigsten Organisationsgrundsätze werden leicht verständlich
kommuniziert.
• Es klärt den Zweck (raison d’ tre) und das Selbstverständnis einer Organisation, d. h. wofür sie steht und wofür nicht.
• Es schafft einen Orientierungs- und Handlungsrahmen für Mitarbeiter
und Koalitionäre.
• Durch das (Nicht-)Befolgen des Leitbilds wird die Unternehmenskultur
gestaltet.
• Es soll die Bemühungen aller in der und für die Organisation Handelnden im Hinblick auf die gemeinsame Vision bündeln.
• Die beabsichtigte Gültigkeitsdauer ist – wie bei der Vision – unbegrenzt.
Das heißt aber nicht, dass der Zeithorizont für die Umsetzung unbegrenzt ist. Im Gegenteil: es bedarf eines Zeitplans, bis wann bestimmte
Teile der Organisationskultur in die gewünschte Richtung verändert
werden. Dies dauert Monate bis fallweise Jahre.
• Leitbilder sollten daher zeitliche Checkpoints enthalten, zu denen sie regelmäßig auf ihren Realitätsgehalt in einem sich ändernden Umfeld zu
prüfen sind.
Ein professionelles Leitbild einer Organisation sollte die folgenden Themen
ansprechen:
• Vision, Mission, Selbstverständnis, Werte und Soll-Image der Organisation
• Werte und Werthaltungen (Code of Conduct)
• Unternehmenskultur
• Nachhaltigkeit (sustainability, Corporate Social Responsibility)
• Geschäftsbereiche, Märkte, No-go-zones (z. B. Gentechnik, Tabak, Atomkraft, Korruption)
• Leistungsprogramm, Problemlösungen, Standorte
• Führungsgrundsätze und -konzept (Kommunikationsregeln)
• Beziehungen zu Stakeholdern
• Langfristige Zielrichtungen und strategische Orientierung.
1.7
Lessons learned
Eine Norm ist ein Verhaltens-Soll; sie formuliert, was sein oder geschehen
soll, insb. dass sich Menschen in bestimmter Weise verhalten sollen. Aus
Sicht der Unternehmensführung bedeutet Norm, was und wie etwas im
Unternehmen sein soll; es geht um Unternehmenspolitik.
Hier interessieren nicht externe Normen, sondern interne Regelungen;
diese sind entweder formale, wie z. B. Unternehmensverfassung, Satzung
48
Grundbegriffe des Normativen
oder Code of Ethics, oder informelle Normen wie Arbeitsmoral, Führungsstil oder Unternehmenskultur.
Mit dem Begriff Norm verwandte Begriffe sind
• Regel (d. i. eine Empfehlung oder regelmäßiges bzw. gewohnheitsmäßiges Verhalten)
• Maxime (d. i. ein persönlicher Grundsatz des Verhaltens)
• Grundsatz (Prinzip; d. i. eine Richtgröße für konkretes Handeln, die unabhängig von konkreten Entscheidungssituationen gilt).
Quellen von Normen sind
• Moral (d. i. ein Verhalten, das in einem bestimmten Raum-Zeit-Bezug
als gut bzw. als böse angesehen wird)
• Ethos (d. i. die moralische Gesinnung, die Einstellung zu Gut bzw. Böse)
• Recht (externe Normen)
• Ethik (d. i. die Lehre von Moral und Ethos).
Kein Verhalten, auch nicht im Kontext von Management und Controlling
ist ohne Rekurs auf ethische bzw. moralische Grundsätze durchgängig verständlich bzw. interpretierbar. Nicht nur Individuen, auch Unternehmen
sind moralfähig.
Als Normen gelten im vorliegenden Kontext nur interne Normen, und
zwar:
• Vision (d. i. das Bild, das Unternehmer bzw. Geschäftsführer darüber haben, wie ihr Unternehmen in Zukunft positioniert sein soll bzw. wird),
• Mission (d. i. die Konkretisierung einer Vision; umschreibt den Geschäftszweck, die Grenzen der Geschäftstätigkeit und die Daseinsberechtigung des Unternehmens)
• Werte (d. s. emotional fundierte Grundsätze des Verhaltens) und Tugenden,
• Unternehmenskultur (d. i. die Gesamtheit aller Grundannahmen,
Werte, Normen und Symbole, die in einem Unternehmen verhaltensanleitend wirken),
• Leitbild (d. i. Mittel zur Kommunikation des Zukunftsbilds des Unternehmens sowie der Werte und der Unternehmenskultur, denen sich
Führung und Mitarbeiter annähern sollen), und
• weitere interne unternehmenspolitische Regelungen wie z. B. ein Compliance Code.
Nicht als interne, unternehmenspolitisch relevante Normen gelten nach
diesem Verständnis:
49
Grundbegriffe des Normativen
• Rechtsnormen, weil sie einem Unternehmen von außen auferlegt werden
• Qualitätsnormen bzw. -standards als sog. „selbstdurchsetzende“ Normen
• Normen niedrigerer Ordnung, die Vorhaben bzw. Verhaltensforderungen an bestimmte Personen bzw. konkrete Anwendungsfälle darstellen,
wie z. B. Verfahrens- und Arbeitsanweisungen.
Die Gesamtheit aus Vision, Mission, Werten, Unternehmenskultur und
weiteren Normen macht die Unternehmensidentität (Selbstverständnis des
Unternehmens) aus. Dieses Verständnis kann wie folgt grafisch dargestellt
werden
$ $(vgl. Abbildung 6).
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Abb. 6
Quelle: vgl. Eschenbach/Siller 2009, S. 121
Durch Einsatz dieser Komponenten und zusammen mit Maßnahmen der
Kommunikation nach innen wie nach außen, des Corporate Designs und
grundsätzlich einheitlicher Werte (Corporate Behavior) soll das Unternehmen als einheitliches Ganzes gestaltet werden, um es – aus Sicht der Stakeholder – unverwechselbar und – aus Sicht des Managements – in seinen
Strukturen und Prozessen steuerbar zu machen.
50
Grundbegriffe des Normativen
1.8
Learning by doing
A 1.1
Franz Berger hat ein gut gehendes Restaurant. Anna Wagner ist seine alte
Bekannte und Mitarbeiterin im Betrieb. Eines Tages beschließt sie, sich
selbständig zu machen und im Nachbarort ein Restaurant zu eröffnen. Sie
hat jedoch nicht die erforderliche Gewerbeberechtigung. Das weiß Franz
Berger und erstattet anonym Anzeige gegen sie. Die zuständige Behörde
lässt das Lokal schließen.
Wie ist die Situation juristisch und moralisch zu beurteilen?
A 1.2
Wie kommt ein Student zum Wunschthema seiner Bachelor-Arbeit? Kurz
vor Nennung seines Wunschthemas meldet er sich – neben mehreren anderen – für ein anderes Thema, das er dann offensichtlich selbstlos und
scheinbar schweren Herzens an einen Mitstudenten abtritt. Dann kann
ihm die Zusage für das ihn eigentlich faszinierende Thema „Die Bedeutung
der Managementethik im Controlling“ kaum noch versagt werden.
Ist das Vorgehen moralisch bedenklich?
A 1.3
In The Devil’s Dictionary definiert Bierce Verantwortung als Belastung, die
sich leicht anderen aufladen lässt (vgl. www.thedevilsdictionary.com/?R;
Geben Sie dazu bitte „Responsibility“ in das sich öffnende Fenster ein). Diskutieren Sie bitte diese Einstellung!
A 1.4
Nennen Sie zu zehn positiven Werten Ihrer Wahl aus dem Werte-Portfolio
die entsprechenden zehn negativen Pendants und nennen Sie Situationen
im Unternehmen, in denen sie eine Rolle spielen!
A 1.5
Nennen Sie bitte Beispiele für Situationen, in denen Moral und Recht auseinander liegen!
51
„Das, was ,nach Enron‘ über das Thema Ethik und Management gesagt wurde, waren
Selbstverständlichkeiten. Wenn man wichtige, aber selbstverständliche Dinge („Du sollst nicht
lügen“) zum Gegenstand fundamentaler Betrachtung macht, dann stimmt in der Gesellschaft
offensichtlich etwas nicht mehr.“
(Hemel 2007, S. IX)
2
Normative Führung und Unternehmensethik
Ziele des Kapitels
Nach der Lektüre dieses Kapitels wissen Sie,
• warum Führungskräfte auch Entrepreneure sein und Leadership-Qualitäten haben sollten,
• warum Missmanagement der Vorbildrolle von Führungskräften schadet,
• wie Rationalität und Legitimität zusammenhängen,
• was Unternehmensethik bezweckt,
• was ethische Dilemma-Situationen sind,
• welche unternehmensethischen Ansätze es im Verhältnis zur Betriebswirtschaft gibt, und
• warum letztlich die Moral Vorrang vor betriebswirtschaftlichen Interessen haben sollte.
2.1
Führung
2.1.1
Führung (Management)
Das englische Verb „to manage“ hat zahlreiche Facetten wie u. a.: handhaben, fahren, führen, leiten, verwalten, dirigieren, bearbeiten, beeinflussen,
in die Wege leiten, zustande bringen, einrichten, regeln, „hinkriegen“, fertigbringen, wirtschaften.
In der Literatur finden sich dem entsprechend verschiedene Auffassungen von Management. Etymologisch lässt sich der Begriff auf das Lateinische manus agere, „an der Hand führen“, oder auf mansionem agere, „das
Haus in Ordnung halten“ zurückführen (vgl. Staehle 1999, S. 39). Der im
Deutschen heute noch mancherorts für Management zu findende Ausdruck „Gestionierung“ findet sich heute in romanischen Sprachen als Ausdruck für Führung: im Italienischen: gestione, im Französischen: gestion, im
Spanischen: gestión, und im Portugiesischen: gestão).
52
Normative Führung und Unternehmensethik
Unternehmensführung (engl.: management) ist die zielorientierte Gestaltung, Steuerung und Entwicklung eines soziotechnischen Systems (vgl.
Hopfenbeck 2002, S. 493) bzw. das Gestalten, Lenken und Entwickeln des
komplexen sozialen Systems Unternehmen (vgl. Ulrich 1988, S. 19). Ihre
Aufgabe ist es, den Prozess der betrieblichen Leistungserstellung und -verwertung so zu gestalten, dass die Unternehmensziele auf höchstmöglichem
Niveau erreicht werden können (vgl. Wöhe/Döring 2008, S. 52).
Manager haben selbst Aufgaben und tragen Verantwortung; sie lenken
und disponieren zudem die Aktivitäten und Aufgaben der Ausführenden.
„The term management refers to the process of getting things done, effectively and efficiently, through and with other people” (Robbins/DeCenzo 2008,
S. 6). Ins Detail gehen Hitt et al. (2009, S. 25 f.), wenn sie schreiben: „More
specifically, management is the process of assembling and using sets of resources in a goal-directed manner to accomplish tasks in an organizational
setting.”
Im deutschen Sprachraum wird Unternehmensführung treffend in Willensbildung und Willensdurchsetzung unterteilt (vgl. z. B. Eisl et al. 2008,
S. 26; vgl. Thommen/Achleitner 2006, S. 864 f.). Hinzu kommen sollte als
dritte Phase die (nachhaltige) Willenssicherung (vgl. Klinger/Klinger 1998,
S. 11).
Führung sollte sowohl als Unternehmens- als auch als Mitarbeiterführung verstanden werden, und zwar deshalb, „… weil eine gute oder
schlechte Führung sich früher oder später entscheidend im Unternehmenserfolg niederschlägt“ (Thommen/Achleitner 2006, S. 859).
Malik (2001, S. 34–38) nennt folgende Missverständnisse über Management:
• „Die Meinung, nur wer Mitarbeiter hat, sei ein Manager.“ Richtig ist
vielmehr, dass viele Spezialisten Manager sind, aber keine Mitarbeiter
haben. Aber sie tragen Verantwortung. Und auch Selbstmanagement ist
eine wichtige Form von Management.
• „Die Meinung, nur Mitarbeiter seien zu führen.“ Richtig ist vielmehr,
dass auch Konsequenz in der Problemlösung, Kommunikation, Kooperation, Überzeugungsfähigkeit und Durchsetzungsvermögen gegenüber
gleichgestellten Managern wesentlich sind.
• „Die Meinung, Management sei eine Sache der Wirtschaft.“ Richtig ist
vielmehr, dass auch eine nicht gewinnorientierte Organisation (z. B.
eine Gemeinde, die Caritas oder ein Forschungsinstitut) zu führen ist.
Management bzw. Unternehmensführung kann unter verschiedenen Aspekten analysiert werden:
• Führung im funktionalen Sinn, d. h. Management als Bündel von Tätig53
Normative Führung und Unternehmensethik
keiten. Abbildung 7 zeigt im Überblick Funktionen, die unterschiedliche
$ $ zuschreiben.
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Autoren dem Management
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Abb. 7
Quelle: Eigene Darstellung
• Führung im prozessualen Sinn, d. h. in den einzelnen Phasen der Willensbildung und -durchsetzung.
• Führung im juristischen Sinn (als Institution), d. h. als Zusammenspiel
von gesetzlich vorgesehenen oder vertraglich definierten Organen einer
Organisation:
– Aufsichtsorgan
– Unternehmer bzw. Gesellschafter
– Vorstand bzw. Geschäftsführung
– Haupt- bzw. General- bzw. Gesellschafterversammlung
– Sonstige Führungsgremien wie z. B. ein „Management Team“, bestehend aus (Haupt-)Abteilungsleitern.
• Führung im personellen Sinn, sie umfasst
– Top Management, z. B. Vorstand, Geschäftsführung, Aufsichtsrat
– Mittleres Management, z. B. Direktor, Geschäftsbereichs-, (Haupt-)
Abteilungsleiter
– Unteres Management, z. B. Gruppen-, Werkstatt-, Kostenstellenleiter
(vgl. z. B. Hopfenbeck 2002, S. 497; vgl. Robbins/De Cenzo 2008, S. 5).
Manager (Führungskräfte) haben es mit drei Ebenen betrieblicher Wirklichkeit zu tun. Ihr Handeln richtet sich auf
54
Normative Führung und Unternehmensethik
• physische Objekte wie Rohstoffe, Gebäude und Anlagen, Transportmittel u. a.
• symbolische und formale Objekte wie Ziele, Geld, Kosten, Preise, Deckungsbeiträge, Portfolios u. a.
• Personen (Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, u. a.) und ihre Charaktere
und Eigenschaften (vgl. Reimer 2005, S. 19 f.).
Manager mit verhaltens- oder sozialwissenschaftlichem Hintergrund sind
in der heutigen Führungspraxis vergleichsweise selten. Die meisten Manager haben betriebswirtschaftliche, technische oder juristische Ausbildung.
Die schwerer lösbaren Probleme bestehen i.d.R. aber darin, das menschliche Verhalten in seiner Komplexität zu verstehen und zu beeinflussen
(vgl. Reimer 2005, S. 5).
Im deutschen Sprachraum werden die Begriffe Management und Unternehmensführung zwar meist synonym verwendet (vgl. z. B. Staehle 1999,
S. 71; vgl. IGC 2005, S. 437), es gibt aber auch Ausnahmen, die im vorliegenden Kontext beachtenswert scheinen:
So unterscheidet Quality Austria zwischen:
• Management, verstanden als Institution und als Funktion mit den wesentlichen Ausprägungen der Planungs- und Steuerungsqualität sowie
der Struktur- und Systemqualität, und
• Führung als aktives Einwirken und Einflussnahme auf die Willensbildung von Individuen oder Gruppen entsprechend der Führungsverantwortung, insb. glaubwürdige und vertrauensbildende Kommunikation
und Information (vgl. www.qualityaustria.com 2010)
Auch Kirsch et al. (2009, S. 13) unterscheiden zwischen Führung als „Controlling Overlayer“ und dem Management, das als Unterstützung der Führung dient.
Reimer versteht Führung als Personalführung, d. h. als zielgerichtete
Konditionierung von Mitarbeitern durch Vorgesetzte im Rahmen der Arbeitsorganisation und unter Management die Gesamtheit der Steuerungsprozesse von Organisationen (vgl. Reimer 2005, S. 206 f.).
Wir verwenden – im Gleichklang mit der großen Mehrzahl der Autoren
– die Begriffe Führung und Management synonym: Führung ist der laufende, geplante und kontrollierbare Versuch, die Prozesse der Leistungserstellung und -verwertung und damit die Entwicklung eines Unternehmens
so zu gestalten, dass seine Ziele proaktiv und innovativ den Umfeldanforderungen angepasst und bestmöglich erreicht werden (vgl. Eschenbach/Siller
2009, S. 10).
55
Normative Führung und Unternehmensethik
2.1.2
Entrepreneur und Leadership
Im (aus dem Französischen stammenden) Begriff Entrepreneur wird eine
Funktion der Führung besonders hervorgehoben: die Innovationsbereitschaft und das proaktive, unternehmerische Moment. „Entrepreneurship
involves identifiying new opportunities and exploit-ing them“ (Hitt et al.
2009, S. 30). Dieses unternehmerische Verhalten (Unternehmergeist,
„entrepreneurial mind-set and spirit”, Hopfenbeck 2002, S. 143) bzw. das
„Gespür” („to sense opportunities“) machen den Entrepreneur im Manager aus.
Entepreneure
• zeichnet die leidenschaftliche Suche nach Opportunitäten aus
• verfolgen Chancen mit enormer Disziplin und Konsequenz
• konzentrieren sich auf einige wenige Projekte und deren Umsetzung
• sind Umsetzer und flexibel in der Wahl des Wegs
• nutzen die Energie vieler interner und externer Personen (vgl. Risak
2010, S. 62).
Entrepreneurship kann als aktiver, chancenorientierter und innovativer
Prozess der Wertschaffung beschrieben werden (vgl. Kraus/Fink 2008, S. 4;
vgl. Russo et al. 2008, S. 5 f. und 13). „Der unternehmerische Mensch, der
Manager, bildet in jedem Unternehmen das dynamische, vorwärtsdrängende Element“ (Drucker 1998, S. 11). Und weiter: Unternehmensführung ist
vor allem eine schöpferische Aufgabe und weniger bloße Anpassung an die
Gegebenheiten (vgl. Drucker 1998, S. 65).
Inhaltlich mit Entrepreneur verwandt ist der Begriff Leadership. Im angloamerikanischen Führungsverständnis wird Leading als Teilfunktion von
Management gesehen. Im deutschen Sprachgebrauch hat man hingegen oft
den Eindruck, unter Leadership würde das verstanden, was gut, wichtig,
weitsichtig, innovativ, visionär ist, und unter Management eher „niedrige“
Tätigkeiten wie das operative Tagesgeschäft, verwalten oder bedienen technischer Systeme und Geräte. Dazu drei Beispiele aus der Literatur:
Leadership besteht aus folgenden Elementen:
• Richtung geben, d. h. eine Vision entwickeln und die Strategien zur Erreichung dieser Vision erläutern
• Die beteiligten Personen auf das gemeinsame Ziel einschwören und hinführen, indem man sich die Kooperation jener Gruppen sichert, die die
Vision verstehen und sie aktiv erreichen wollen
• Motivieren und begeistern, d. h. die Mitarbeiter trotz oft vielfältiger Barrieren in die richtige Richtung leiten, indem man an grundlegende Werte
und Emotionen anknüpft (vgl. Lombriser/Abplanalp 2004, S. 353).
56
Normative Führung und Unternehmensethik
Nach Krauthammer/Hinterhuber (2001, S. 14–19) fußt effektive Leadership
auf visionärem Denken, Vorbild sein, Engagement, Energie und Talente
fördern, sowie darauf, den Unternehmenswert zu steigern. Ebenso bei Hopfenbeck (2002, S. 498): „Führungskräfte müssen sich weiterentwickeln und
über die Rolle des Managers hinauswachsen, sie sollten nicht verwalten
und bewahren, sondern visionäre Ziele setzen, schöpferisch agieren und
kommunizieren, Mitarbeitern ein Vorbild sein und sie inspirieren, eigenverantwortlich neue Wege zu gehen.“
Leadership umfasst zehn nicht-delegierbare Aufgaben, die vom Unternehmer bzw. von der obersten Führungsebene wahrzunehmen sind:
Festlegung von Kernauftrag, Kernkompetenzen, Kernprodukten und Wettbewerbsvorteilen, Formulieren des „Well-being“ (Was bringt den Führungskräften Wohlbefinden?) sowie das Festlegen der Unternehmenskultur, des
Leitbilds, der Organisation, der Strategien und des Corporate Image. Während sich Leadership vorrangig mit dem Entdecken neuer Möglichkeiten
und dem Schaffen neuer Paradigmen beschäftigen soll, bewegt sich Management innerhalb bestehender Strukturen und beschäftigt sich primär
mit Umsetzungsaufgaben (vgl. Krauthammer/Hinterhuber 2001, S. 15).
Bei Leadership sind mehrere Erscheinungsformen (Aspekte) denkbar
(vgl. Kirsch et al. 2009, S. 34 f):
• Leadership als Menschenführung („Directing“)
• Leadership i. S. eines Vorbilds im Management mit laufend neuen Ideen
und Konzepten, aber innerhalb bestehender Strukturen
• Leadership als Ausdruck von innovativem Unternehmertum i. S. von
Schumpeter, d. h. außerhalb bestehender Strukturen
• Leadership als temporäres Initiative Ergreifen, z. B. von Mitgliedern des
Aufsichtsrats, der dem Vorstand z. B. eine komplexe Analyseaufgabe
stellt.
Eine im vorliegenden Kontext dem metaphysischen Ethikverständnis von
Kant nahekommende Überlegung kommt von Drucker, der einen Leader
versteht als einen „… ‘superior’ man by avoiding any act which would
make one the kind of person one does not want to be, does not respect,
does not accept as superior” (Drucker 1981, S. 27).
Der Manager von morgen muss sein Verhalten und seine Entscheidungen auf festen Grundsätzen bauen; er soll nicht nur durch Wissen, Fähigkeiten und Können, sondern auch mit Phantasie, Mut, Verantwortung und
Charakter führen. „Entscheidend wird jedoch stets der Charakter sein“
(Drucker 1998, S. 451). Wichtig ist uns hier die Entwicklung von mehr
„moral leadership“ (Waibl 2005, S. 29) bzw. „responsible leadership“
(Maak/Ulrich 2007, S. 384) in der Unternehmenspraxis.
57
Normative Führung und Unternehmensethik
Mintzberg bringt in diesem Sinn die unterschiedlichen Aspekte von Führung (Management) und die Rollen der Führungskraft am besten zum
Ausdruck (vgl.
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$ Abbildung
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$
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Quelle: Hitt et al., S. 35, in Anlehnung an Mintzberg (1975), S. 49–61
Im vorliegenden Buch verstehen wir Führung (Management) i. S. dieser
Rollenvielfalt.
Die Vorbild-Rolle der Führung spielt für unsere Überlegungen eine wesentliche Rolle: Führen heißt vorangehen und die Nachfolgenden zum Folgen
zu motivieren. Dabei übernimmt die Führungskraft eine zweifache Aufgabe. Sie soll ein Unternehmen zum Erfolg führen. Zudem sind die leitenden
Personen solche, auf die man schaut. Dieser Vorbildrolle können sich Führungskräfte gar nicht entziehen (vgl. Höffe 2009, S. 2). Diese Rolle gerät
aber in Misskredit, wenn in den oberen Führungsetagen Missmanagement passiert.
2.1.3
Missmanagement
Führungskräfte als Schönwetterkapitäne sind eigentlich überflüssig. Die
Fähigkeiten der Führungskräfte zeigen sich erst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten; dann kommt es darauf an, das Segelschiff Unternehmen erfolgreich durch Untiefen und gegen den Wind der Konkurrenz zu steuern, und
58
Normative Führung und Unternehmensethik
das mit legalen und moralisch einwandfreien (legitimen) Methoden, mit
Hirn und mit Herz.
In der angelsächsischen Literatur zu Business Ethics wird Missmanagement in zwei Bereiche geteilt (vgl. Madsen/Shafritz 1990), S. 2–5):
• Managerial mischief (engl.: mischief = Schaden, Nachteil, Gefahr), d. i. illegales, unmoralisches oder fragwürdiges Verhalten von Managern oder
Organisationen
• Moral maze (engl.: maze = Ratlosigkeit, Verlegenheit), d. s. ethische Alltagsprobleme wie z. B. Interessenskonflikte, falsche Verwendung von
Ressourcen, Missmanagement von Verträgen und Vereinbarungen etc.
Es gibt nur entweder gut oder schlecht geführte Unternehmen (vgl. Malik
2005, S. 44).
Dazu bedarf es einer Unterscheidung zwischen Effektivität und Effizienz.
Effektivität (effectiveness, Zielorientierung) ist das Verhältnis zwischen
den angestrebten und den tatsächlich erreichten Leistungswirkungen (outcome), es misst den Zielerreichungsgrad. Effizienz hingegen ist das Verhältnis von bewertetem Output zu bewertetem Input (Efficiency) bzw. von –
bei gegebener Qualität – Ist- und Soll-Kosten (economy) und stellt ein
Maß für die Wirtschaftlichkeit dar (vgl. Robbins/De Cenzo 2008, S. 6; vgl.
Weber/Schäffer 2008, S. 41).
Effektivität und Effizienz lassen sich mit „gutem“ bzw. „schlechtem“
$ $ vgl. dazu Abbildung
$ $ 9).
Management verbinden:
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Abb. 9
Quelle: in Anlehnung an Malik 2005, S. 31
59
Normative Führung und Unternehmensethik
Die drei Verhaltensweisen außer jener im linken, oberen Quadranten sind
Formen von Missmanagement, d. h. schlechtes bzw. fahrlässiges, aber nicht
vorsätzlich geschäftsschädigendes Verhalten von Führungskräften bzw. das
Fehlen von Effektivität oder Effizienz oder beidem.
Wie kommt es zu Missmanagement? Der Kreditschutzverband von 1870
(KSV) analysiert jährlich die Gründe für Unternehmensinsolvenzen und
kommt zu folgenden Ergebnissen (vgl. Abbildung 10).
$
$
$ $
Insolvenzursachen in % der Insolvenzfälle der Jahre:
$
$ $
2007
2008
2009
1. Innerbetriebliche Fehler:
davon: Fehlen des Weitblicks, Planungsfehler, Absatzprobleme
Kalkulationsfehler, mangelnde Umfeldbeobachtung, u.a.
39
32
7
40
35
5
42
34
8
2. Kapitalmangel (vor allem: zu geringes Eigenkapital)
16
16
14
3. Externe Auslöser bzw. Verlustquellen
davon: geänderte Konkurrenzsituation, Kostenerhöhungen
Insolvenz von Abnehmern, Ausfall von Lieferanten
10
9
1
16
13
3
18
15
3
4. Fahrlässigkeit
davon: Ungenügende Wirtschafts- und Branchenkenntnis
Falsche Beurteilungen, Unerfahrenheit, Gründungsfehler
21
7
14
15
5
10
15
5
10
5. Persönliches Verschulden
davon: Betrügerische Handlungen
Überhöhte Privatentnahmen, unzureichende Führung
11
7
4
10
7
3
9
6
3
3
3
2
100
100
100
6. Sonstige Ursachen
Summe (%)
Abb. 10
Quelle: Kantner 2010, o. S.
Managementfehler machen in den letzten Jahren den größten Faktor als
Ursache von Insolvenzen österreichischer Unternehmen aus.
Ähnlich auch das Bild für Deutschland: Eine repräsentative Befragung
von Insolvenzverwaltern im Auftrag der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Insolvenz und Sanierung an der Universität Mannheim 2006 zeigte Managementfehler als häufigste Ursachen für Insolvenzen; im Detail handelt es sich um folgende (in
der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit):
• fehlendes Controlling (i. S. von: keine Kostenrechnung, kein Controlling, fehlende Unternehmensplanung),
• Finanzierungslücken,
• unzureichendes Debitorenmanagement,
60
Normative Führung und Unternehmensethik
•
•
•
•
autoritäre, rigide Führung,
ungenügende Transparenz und Kommunikation,
Fehler bei Investitionen,
falsche Produktionsplanung (vgl. www.schmitz.com 2006)
Waren es in Zeiten vor der Finanzkrise 2007–2009 eher betriebswirtschaftliche Faktoren, sind es – aufgrund einer Folgeuntersuchung 2009 – in Krisenzeiten eher strategische Aspekte, fehlende Reserven für unerwartete
Ereignisse und das Festhalten an alten, nicht mehr tauglichen Konzepten
(vgl. www.eulerhermes.ch 2009).
Welche Ursachen haben nun Missmanagement bzw. Managementfehler?
Obwohl in der empirischen Untersuchung von Schmidt die Ursachen für
Missmanagement nicht abgefragt wurden (vgl. Schmidt 2009, S. 307), wurde ermittelt, dass erfolgreiche Führungskräfte avers sind gegen:
• Menschen, die sich nicht beherrschen können
• Bereichsegoismen
• persönlichen Egoismus
• Menschen, die Fehler vertuschen
• ignorante Menschen
• Illoyalität
• Menschen mit mangelnder Kritikfähigkeit
• launische und wechselhafte Menschen
• pessimistische Mitarbeiter
• politisches Taktieren im Unternehmen
• Menschen, die respektlos und unhöflich mit ihrem Umfeld umgehen
• Schmeichler
• Menschen, die sich selbst überschätzen
• Unehrlichkeit
• Menschen, die sich nicht zu einer Entscheidung bekennen
• Unfairness
• Unzuverlässigkeit
• mangelndes Verantwortungsbewusstsein
(vgl. Schmidt 2009, S. 299 f.).
Hauptursache für Unternehmensschieflagen sind nicht vorrangig Konjunktur- und Konsumflaute, sondern eher spekulatives, zuweilen sogar
kriminelles Verhalten leitender Personen darstellt. Aber auch bei legalem
Verhalten können z. B. folgende negative Charakterzüge zum Vorschein
kommen:
• Selbstüberschätzung
61
Normative Führung und Unternehmensethik
•
•
•
•
•
•
Mangelnde Selbstdisziplin
Dilettantismus
Fehlende Risikoeinschätzung
Mangelnder Realitätssinn
Mangel an Kontrollen
Gewinngier.
Czipin Consulting beauftragte 2007 das Meinungsforschungsinstitut OGM
mit der Befragung von 100 österreichischen Führungskräften (CEOs,
CFOs, COOs) von Unternehmen ab 250 Mitarbeitern aus Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen zu den Ursachen für Produktivitätsverluste. Genannt wurden (in der Reihenfolge Ihrer Bedeutung):
• Mangelnde Planung und Steuerung
• Mangelnde Kommunikation
• Mangelnde Führung und Aufsicht
• Fehlende Arbeitsmoral
• Geringe Qualifikation der Mitarbeiter.
Geschäftsführer und Aufsichtsorgane geraten heute immer mehr unter
Rechtfertigungsdruck. Grundsätzlich sind Fehler oder falsche Entscheidungen gesetzlich erlaubt – wenn sie mit ausreichend Sorgfalt passierten. Die
Organe einer AG z. B. haften nicht für schlechtes Management, sondern
für mangelnde Sorgfalt. Wahrt der Vorstand einer AG die Interessen des
Unternehmens, der Aktionäre, der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit in
nachvollziehbarer Weise, wird keine Haftung schlagend, auch wenn sich
eine Entscheidung im Nachhinein als ungünstig herausstellt. Dasselbe gilt
für den Aufsichtsrat, wenn er seinen Kontrollpflichten mit entsprechender
Sorgfalt nachkommt.
Empirische Erkenntnisse der Soziologie und Organisationspsychologie
weisen u. a. auf folgende Faktoren für eine unzureichende Überwachung
von Aufsichtsräten hin (vgl. Doralt 2010, S. 59–63):
• Mangelnde kritische Einstellung bzw. Objektivität gegenüber der Geschäftsführung („Wessen Brot ich ess’, dessen Lied ich sing’“)
• Angst vor Fragen an Vorstand bzw. Geschäftsführung, die den Fragenden bloßstellen bzw. sein Nicht-Wissen offenbaren könnten
• Mit der Mehrheit entscheiden („Herdentrieb“) bzw. überzogenes Harmoniestreben aus Angst vor Konflikten
• Glaube bzw. Hoffnung, dass ungesteuerte Prozesse „gut ausgehen“.
(„Augen zu und durch!“)
62
Normative Führung und Unternehmensethik
Aufsichtsratsmandate sollten nur angenommen werden, wenn sich potenzielle Aufsichtsräte ihnen sowohl in zeitlicher als auch fachlicher Hinsicht
gewachsen fühlen. Dieser Appell an die Individualmoral gilt umso mehr, als
in Österreich trotz gegenteiliger Beteuerungen weiterhin ein starker parteipolitischer Einfluss auf die Bestellung von Aufsichtsräten herrscht; Fachleute
erhalten selten solche Mandate (vgl. Doralt 2010, S. 54), auch weil die Ämterpatronage ist in Österreich „… sehr weit fortgeschritten“ (Mayer 2010,
o. S.) ist. Und das führt in weiterer Folge zu Inkompetenz bzw. mangelhafter
Geschäftsgebarung in privaten und öffentlichen Unternehmen.
Österreichs Aufsichtsräte sind im internationalen Vergleich schlecht bezahlt; solange sie – was in vielen Fällen den Tatsachen entspricht – eine
unterdurchschnittliche Performance aufweisen, geschieht das auch zu Recht.
Oft werden Aufsichtsräte aus Freundeskreisen („Old-Boys-Network“) statt
aus den Bestqualifizierten rekrutiert, auch eine Form von Korruption. Druck
auf verstärkte Professionalisierung könnte durchaus auch von einer Verschärfung der Aufsichtsratshaftung kommen (vgl. o. V. 2010, S. K 3).
Malik nennt – für gutes Management von zentraler Bedeutung – Verantwortung als „regulatives, ethisches Postulat“ (Malik 2005, S. 55) der
„Alltagsethik“ (Malik 2008, S. 267). Um Verantwortung im Verhalten von
Führungskräften auch richtig zu verankern, fordert er, Führungskräfte
haftbar zu machen; nicht nur im juristischen Sinn oder für Verletzungen
der unternehmerischen Sorgfalt (§ 347 UGB, § 1299 ABGB), sondern für
moralisch zu verantwortenden unternehmerischen Misserfolg.
Diese Forderung kann hier nur bekräftigt werden. Konkret geht es um
die Verantwortung und Haftung von Mitgliedern der Geschäftsführung
und der Aufsichtsorgane eines Unternehmens (vgl. insb. § 84 AktG und
§ 25 GmbHG).
Für Führungskräfte muss gelten:
Kompetenzbereich = Aufgabenbereich = Verantwortungsbereich
= Haftung.
Haftung meint das Einstehen für Verhalten und Entscheidungen im Verantwortungsbereich und das Ziehen von persönlichen Konsequenzen aufgrund des (Arbeits-)Ethos einer Führungskraft. Dies und genaue Regelungen für Schadenersatz- bzw. Entgeltrückzahlungsansprüche, z. B. im Falle
einer Insolvenz des Unternehmens, die aufgrund von Missmanagement,
aber bei Einhaltung der unternehmerischen Sorgfalt eintrat, sollten Bestandteil des Arbeitsvertrags jeder Führungskraft werden. Dies ist auch in
den Unternehmensgrundsätzen zu verankern und zu publizieren.
63
Normative Führung und Unternehmensethik
Zwar hat schon (fast) jeder Unternehmer bzw. Geschäftsführer von börsennotierten Unternehmen eine D&O-(Directors & Officers-)Versicherung
(d. i. eine Haftpflichtversicherung, die greift, wenn sich eine Führungskraft
nachlässig oder fahrlässig verhält oder Fehlentscheidungen trifft, die dem
Unternehmen schaden) abgeschlossen. Eine solche Versicherung deckt
aber nur die Kosten der Verteidigung, nicht hingegen die Strafe und schon
gar nicht die Folgen des (oft zwangsläufigen) Verlusts der Position.
Es geht bei Führungskräften um Vor- und Weitsicht statt später Einsicht
und darum, eine gewissenhafte, verantwortungsvolle Aufgabenerfüllung
und eine hohe Qualität der Entscheidungen zu erreichen. Als entscheidende Frage an den bzw. die Verantwortlichen wäre denkbar: Würden Sie die
Entscheidung/-en auch so treffen, wenn es nicht um das Geld des Unternehmens, sondern um Ihr eigenes ginge?
Diese und ähnliche Fragen dürfen heute kein Tabu mehr sein; das normative Controlling sollte u. a. darauf zielen, dass Fragen wie diese gestellt
werden dürfen und ehrlich beantwortet werden.
2.1.4
Normative Führung
Inhalt des normativen Managements sind Prinzipien, Normen und „Spielregeln“, die darauf gerichtet sind, die Lebens- und Entwicklungsfähigkeit
des Unternehmens langfristig sicher zu stellen (vgl. Bleicher 1994, S. 16).
Unternehmenspolitik wird durch die Unternehmensverfassung und durch
die Unternehmenskultur getragen (vgl. Hungenberg/Wulf 2006, S. 29 f.).
Maßstab im normativen Management ist die Legitimität des Verhaltens.
Unternehmenspolitik bedeutet, bereichsübergreifende Ziele für das
Unternehmen und seine Mitarbeiter zu vereinbaren und zu verfolgen, die
Machtverteilung und die Kompetenzen im Unternehmen zu regeln und
die Grundstruktur der Aufgabenverteilung und der Abläufe festzulegen.
Normatives Management ist Unternehmenspolitik (vgl. Ulrich 2001a,
S. 375), die auch die moralische Verantwortung des Unternehmens gegenüber der Gesellschaft inkludiert. Unternehmenspolitik soll als verbindende
Klammer über alle Unternehmensbereiche verstanden werden (vgl. Gaubinger 2000, S. 68). Sie hat zwei Aspekte:
• Einerseits ist sie das Ergebnis politischen Handelns als Plan, als Verfassung bzw. als Ordnungsprinzipien, die Geltung beanspruchen und von
allen akzeptiert werden sollen („policy“).
• Andererseits geht es um den politischen Prozess und um die Methoden
politischer Einflussnahme („politics“). Das normative Management ist in
der Gestaltung der Unternehmenspolitik nicht unabhängig. Es muss ver64
Normative Führung und Unternehmensethik
schiedenen Anspruchs- (Interessen-)gruppen (Stakeholdern) mit unterschiedlichen Vorstellungen Rechnung tragen (vgl. Reimer 2005, S. 168 f.).
Auf normativer Ebene ist es erste Aufgabe des Managements, eine Vision
zu formulieren, die Mitarbeiter dafür zu gewinnen, grundlegende Ziele
und Leitsätze zu definieren (Sinngebung) und dafür zu sorgen, dass Vision
und Leitsätze auch gelebt werden (Sinnverwirklichung; vgl. Eschenbach et
al. 2007, S. 35).
Normative Ziele sind:
• Aktives Betreiben von Unternehmenspolitik i. S. von policy und politics
• Sinngebung und Sichern der Sinnverwirklichung durch Entwicklung
einer Unternehmenskultur und einer moralisch korrekten Wertordnung
• Sicherung der Legitimität der Führung auf Basis einer professionellen,
moralisch einwandfreien und der Nachhaltigkeit verpflichteten Corporate Governance
• Festlegen von Maßstäben für ethisch tadelloses Handeln aller im Unternehmen Tätigen
• Sicherung des Normen-Strategie-Fit, d. h. die (einwandfreie) Passung
zwischen dem Output der normativen Führung und den Aufgaben der
strategischen Führung
• Sicherung der moralischen Fortschrittsfähigkeit durch innengeleiteten Wandel und der Fähigkeit zu Fundamentalkritik.
Normative Ziele sind von der Geschäftsführung zu konzipieren, mit dem
Aufsichtsorgan abzustimmen, gemeinsam mit den Mitarbeitern im Unternehmensalltag mit Leben zu erfüllen und regelmäßig auf ihre Einhaltung
zu überprüfen. Vision, Normen, Werte und Kultur sind daher Vorsteuergrößen für die strategische und – indirekt, in weiterer Folge – für die operative Unternehmensführung.
„Integriertes Management“ bedeutet die Vernetzung der drei Managementebenen
• Normative Führung,
• Strategische Führung und
• Operative Führung (vgl. Bleicher 1994, S. 42 f.).
Führungskräfte sollten sich vorrangig mit Unternehmenskultur, Unternehmensidentität und Personalentwicklung beschäftigen. Bleicher verlangt Rahmenbedingungen, die die Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöhen, denn
davon hänge indirekt die Leistung des Unternehmens ab. Durch ein Ändern
der Strukturen im Unternehmen müsse ein intergeneratives und vor allem
soziales Lernen ermöglicht werden. Mitarbeiter sollten lernen, Zusammenhänge und Funktionalitäten zu hinterfragen (vgl. Bleicher 2008, S. 43–55).
65
Normative Führung und Unternehmensethik
Auch im ganzheitlich angelegten St. Gallener Management-Konzept
wird eine Integration der Managementebenen angestrebt. Von Integration
kann gesprochen werden, wenn sich das Management bewusst ist, dass
alle drei Ebenen miteinander unentwirrbar verwoben sind.
Auf der normativen Ebene ist es Aufgabe der Führung, über die Unternehmensidentität, ihren Sinn und Zweck nachzudenken, Visionen für das
Unternehmen zu entwickeln, sie in einem Leitbild zu formulieren und die
Mitarbeiter zu motivieren, diese Ideen, Kultur, Normen und Werte im
Unternehmensalltag bewusst zu leben (vgl. Ulrich 2001a, S. 374; vgl. Reimer 2005, S. 170).
Die konkrete Umsetzung und Anwendung der Normen erfolgt im Rahmen der strategischen und operativen Führung. Dabei soll nicht nur nachhaltiger Erfolg auf moralisch unanfechtbarer Basis („Gewinnqualität“)
erzielt werden (Gewinnentstehung), sondern der Erfolg auch allen beteiligten Stakeholdern auf möglichst gerechte Art und Weise zuteil werden
(Gewinnverwendung).
Normative Führung ist Aufgabe des Top Managements. Dazu zählt folgender Personenkreis:
• Unternehmer, Gesellschafter
• Vorstand, Geschäftsführung
• Aufsichtsorgan (insb. Aufsichtsrat)
• Haupt-, General-, Gesellschafterversammlung
• Gremien, Projektgruppen, Kommissionen, Ausschüsse, u. ä., die mit
normativen Aufgaben betraut sind.
Die überwiegende Zahl an Autoren im Bereich des strategischen Managements betrachtet Unternehmenspolitik als (zwar vorrangigen) Bestandteil
des strategischen Managements, aber nicht als eigenständige Aufgabe auf
einer (inhaltlich) eigenen Ebene, dem normativen Management. Sie behandeln normative Aspekte der Führung, insbesondere Vision, Mission,
Leitbild und Unternehmenskultur als Teil der strategischen Führung.
Dabei bleibt aber unberücksichtigt, dass normative Aspekte
• grundlegender Natur und daher der Strategiefindung und -umsetzung
vor- bzw. übergeordnet sein und
• auch Ethos, Moral und Werte und Tugenden umfassen müssen.
In der Literatur wird das Gebiet der Unternehmenspolitik ganz unterschiedlich gegliedert; die Begriffe Unternehmensgrundsätze, Vision, Mission, Werte, Leitbild, Unternehmensphilosophie werden auch unterschiedlich verwendet; vgl. dazu Abbildung 11.
66
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Normative Führung und Unternehmensethik
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Abb. 11
Quelle: Eigene Darstellung
Simons bringt einen weiteren Begriff in die Diskussion ein: Er fasst Mission
statement, Vision, Credos und „Statements of purpose“ unter dem Begriff
„Belief Systems“ (= Glaubenssätze; Simons 1995, S. 34) zusammen.
Den Grundstein für die Entwicklung hin zum normativen Management
legte Gälweiler in den 1970er Jahren mit der folgenden Unterscheidung:
• Strategisches Management: Auf strategischer Ebene geht es darum, auf
der normativen Basis – mithilfe geeigneter Strategien – Erfolgspotenziale
zu schaffen bzw. zu erhalten. Erfolgspotenziale sind Voraussetzungen für
künftigen Erfolg und spätere Liquidität. Strategie beinhaltet alle Maßnahmen, die dazu dienen, Erfolgspotenziale zu schaffen bzw. zu erhalten. Erfolgspotenziale sind z. B.: guter Standort, ausgeprägtes Markenimage, erfolgsträchtige Produkte, kreative Mitarbeiter, innovative
Technologien, überlegene Qualität, modernes Know-how (und Knowwho), durchsetzungsfähiges Management, verständnisvolle Kapitalgeber
und verlässliche Lieferanten.
• Operatives Management: Operative Führung zielt auf das nutzbringende
und zielkonforme Anwenden bzw. Nutzen der Erfolgspotenziale, um
damit Erfolg und in weiterer Folge Liquidität zu generieren. Beispiele
dafür sind: den Standort ausbauen, das Image pflegen, die Produkte gezielt vermarkten, die Kreativität für konkrete Problemlösungen nutzen,
das Vertriebsnetz verdichten, usw.
67
Normative Führung und Unternehmensethik
Von Malik stammt die Einschätzung: „Gälweilers Konzept der Strategischen
Führung ist ein hocheffizientes Navigationssystem“ (Malik 2005, S. 17), der
wir uns nur voll anschließen können.
Auf der Ebene des strategischen Managements erfolgt die Vorsteuerung,
d. h. die Schaffung der Voraussetzungen für die Umsetzung im operativen
Management. Und auf der operativen Ebene (Erfolgssteuerung) erfolgt
die Vorsteuerung für das (zeitlich nachgelagerte) Management der Liquidität. Umgekehrt formuliert: Was auf strategischer Ebene versäumt wird,
kann auch durch noch so große Anstrengungen auf operativer Ebene und
in der Liquiditätsdisposition nicht mehr aufgeholt werden.
Auf Basis des Konzepts des integrierten Managements und des Konzepts
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von Gälweiler lassen sich die drei Ebenen der Führungsaufgaben und Vorsteuergrößen im Navigationssystem präzisieren (vgl. Abbildung 12).
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Abb. 12
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Quelle: Eschenbach/Siller 2009, S. 24;
in Anlehnung an Gälweiler 2005, S. 34; ähnlich Malik 2005, S. 164
So wie es einen positiven Vorsteuerungszusammenhang zwischen strategischem und operativem Management und zwischen Erfolgs- und Liquiditätsmanagement gibt, nehmen wir ihn auch an zwischen normativem,
strategischem und operativem Management. Die entsprechende Hypothese
dazu lautet:
Je mehr es der normativen Führung gelingt, Werte, eine positive Grundhaltung und Kultur und eine vorbildhafte Moral aller Führungskräfte
und Mitarbeiter zu schaffen und zu fördern, umso eher stellen sich stra68
Normative Führung und Unternehmensethik
tegischer Erfolg (d. h. die zielentsprechende Umsetzung der Strategien),
operativer Erfolg (definiert z. B. als EGT, EBIT, ROI) und finanzieller Erfolg (gemessen z. B. am Cash flow) ein.
Das Synergiepotenzial kann auf rund 20 % oder rund 100 Minuten pro Arbeitstag geschätzt werden; so hoch sind die Folgen destruktiven Verhaltens,
gemessen in Zeit aufgrund der Ablenkung eines Mitarbeiters von den
eigentlichen Aufgaben infolge von Demotivation, innerer Kündigung oder
Konflikten (vgl. Schlager 2007, S. 14).
Malik entwirft ein Standardmodell für „richtiges Management“ und für
„managerielle Effektivität“ (Malik 2005, S. 54), das sich aus seiner Sicht seit
Jahrzehnten bewährt hat. Dieses Modell besteht grafisch aus fünf konzentrischen Kreisen:
1. Verantwortung (= innerster Kreis) von Führungskräften als regulatives,
ethisches Postulat
2. Sechs Grundsätze wirksamer Führung (vgl. Malik 2005, S. 64–73),
d. s.: Ausrichtung auf Resultate, Beitrag zum Ganzen, Konzentration auf
Weniges, Stärken nutzen, Vertrauen und konstruktives Denken
3. Kommunikation
4. Bekanntes
5. Neues.
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Wir haben dieses $Management-Modell
etwas abgeändert (vgl. Abbildung
13):
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Quelle: in Anlehnung an Malik 2005, S. 56
69
Normative Führung und Unternehmensethik
Zu 1) Es erscheint uns ein Wertebündel („W“) bestehend aus Verantwortung und Integrität sinnvoller als Verantwortung alleine.
Zu 4 und 5) Die Bereiche 4 und 5 sind jeweils zweigeteilt: In den oberen
zwei Dritteln des Kreises sind die Managementaufgaben angeführt. Im unteren Drittel sind die drei Ebenen des Managements genannt. Bei Malik
hingegen nehmen sieben Werkzeuge der Führung das untere Drittel ein.
Die bestehenden zahllosen Verbindungen zwischen den einzelnen Feldern
sind in Abbildung 13 aus Gründen der Übersichtlichkeit weggelassen.
2.2
Rationalität versus Legitimität
2.2.1
Rationalität
Der Begriff Rationalität (von lat. rationalitas = Denkvermögen, von ratio
= Vernunft) hat mehrere Bedeutungen:
• In der Ökonomie wird damit eine bestimmte Beziehung zwischen angestrebtem Zweck und den zu seiner Erreichung angewandten Mitteln angesprochen, hierbei bedeutet Rationalität also die Fähigkeit zur Abschätzung einer Ursache-Wirkungs-Beziehung, zur Beantwortung der Frage:
„Welches Mittel wirkt, um den angestrebten Zweck zu erreichen?“
(Mittel-Zweck-Rationalität; vgl. Weber/Schäffer 2008, S. 44).
• In der Ethik wird Rationalität als Vernunft verstanden. Es geht um die
Bewertung eines Verhaltens als vernünftig.
• Drittens wird „rational“ als – oft nachträgliche – Erklärung für ein Verhalten verwendet, um für andere verständlich und nachvollziehbar zu
machen (Rationalisierung).
Nach dem ökonomischen Rationalitätsprinzip versucht ein Individuum
(homo oeconomicus), die optimale, nutzenmaximale Entscheidung zwischen Alternativen zu treffen (vgl. Kirsch et al. 2009, S. 172; vgl. Kreuzer
2005, S. 44). Moralische Überlegungen spielen dabei keine Rolle. Ein
homo oeconomicus denkt vollkommen rational und scheut z. B. auch vor
Halbwahrheiten oder Halbinformationen zurück, wenn es ihm einen persönlichen Vorteil bringt.
Zahllose Entscheidungen in Unternehmen werden heute nicht zweckrational getroffen, weil Psyche, tradierte Normen, soziale Werte und Beziehungen, Erfahrungen, Prestigedenken, Mobbing u. ä. praktisch eine bedeutende Rolle in der Entscheidungsfindung und Willensdurchsetzung spielen.
70
Normative Führung und Unternehmensethik
Entscheidungsträger verhalten sich daher nicht nur als „homo oeconomicus“, („Nutzenmaximierer“), sondern u. a. auch als „homo ludens“ (spielender Mensch), als „homo sociologicus“, der mehrere Rollen verkörpert,
und als „homo sustinens“, der auf Nachhaltigkeit seines Verhaltens Bedacht nimmt.
Es können – weil aus unternehmensethischer und Controlling-Sicht relevant – verschiedene Arten von Rationalität unterschieden werden:
• Wenn es einen Widerspruch gibt zwischen dem, was für die Allgemeinheit (für das Kollektiv) und dem, was für das Individuum vernünftig ist,
wenn also ein Widerspruch zwischen Kollektiv- und Individualrationalitätvorliegt, droht ein sog. Moral Hazard. Dieser liegt vor, wenn eine
höhere Instanz, z. B. ein Vorgesetzter, oder eine kollektive Instanz, z. B.
das Unternehmen, eine Kollektivrationalität, z. B. eine Norm, durchsetzen will, diese aber von Individuen zugunsten ihrer eigenen Interessen
opportunistisch genutzt und womöglich unterlaufen wird (vgl. Picot
et al. 2008, S. 75). Wer weiß, dass andere im Ernstfall „die Zeche zahlen
müssen“, geht ohne Zögern unverantwortlich große Risiken ein. Dieser
Einstellung muss vom normativen Management mit Unterstützung des
normativen Controllings eine klare Absage erteilt werden.
• Reimer spricht von „kommunikativer Rationalität“ (Reimer 2005, S. 55),
Maak/Ulrich (2007, S. 449) von „Entscheidungsrationalität“ und im
Konzept der sozialökonomischen Rationalität sollen nach Peter Ulrich
Ethik und Ökonomie vereint sein (vgl. Ulrich 2001b, S. 117).
• Weber/Schäffer (2008, S. 46) unterscheiden die Ebenen der Inputrationalität, der Prozessrationalität und der Ergebnisrationalität, die in der
Praxis untrennbar miteinander verbunden sind.
• Das Konzept der beschränkten Rationalität („bounded rationality“)
geht davon aus, dass die Fähigkeit des menschlichen Verstands zur Formulierung und Lösung komplexer Probleme sehr klein ist im Verhältnis
zum Umfang der zu lösenden Probleme und den Konsequenzen der Problemlösungen (vgl. Simon 1957, S. 198).
Rein ökonomische Rationalität ist nur ein Teil der menschlichen Vernunft
des Wirtschaftens, aus ethischer Sicht gilt der Primat (Vorrang) der Legitimität von Ansprüchen vor der Effektivität bzw. Effizienz des Wirtschaftens
(vgl. Maak/Ulrich 2007, S. 452).
71
Normative Führung und Unternehmensethik
2.2.2
Legitimität
Maßstab der normativen Führung ist die Legitimität des Verhaltens, nicht
nur Effektivität und Effizienz. Legitimität ist die Berechtigung eines Anliegens (vgl. Maak/Ulrich 2007, S. 17); legitim heißt im normativen Sinn gültig
bzw. berechtigt. Legitimes Interesse heißt ethisch akzeptabel, illegitim bedeutet ethisch nicht akzeptabel.
Legitimität kann in zwei Varianten interpretiert werden:
• Juristisch: die Legitimität beruht auf Rechtsgrundlagen. Instanz i. S.
eines normativen Bezugspunkts ist die Rechtsprechung. Legitime Ansprüche an ein Unternehmen kann jeder anmelden, der sich auf ein Gesetz als legale Grundlage berufen kann.
• Philosophisch-ethisch: alle Anliegen sind legitim, für deren Anerkennung „gute Gründe“ geltend gemacht werden können. Als (moralische)
Instanzen gelten z. B. Vernunft, Gewissen und auch die öffentliche Meinung (vgl. Göbel 2010, S. 144 f.).
Legitimität und Legalität sind aber nicht deckungsgleich. Diese Begriffe stehen im selben Verhältnis zueinander wie die Begriffe Moral und Recht
(siehe Punkt 1.1.4).
Von der Legalität eines Anspruchs auch auf die moralische Berechtigung, diesen Anspruch zu erheben, zu schließen, ist i.d.R. nur möglich,
wenn die Gesetze nach demokratischen, rechtsstaatlichen Prinzipien zustande gekommen sind. Aber auch in einem Rechtsstaat sind bei weitem
nicht alle legitimen Ansprüche gesetzlich garantiert. Gesetzlich verankert
ist z. B., dass für eine Lieferung oder Leistung die vereinbarte Gegenleistung zu vergüten ist. Moralisch kann aber darüber hinaus gefordert werden, dass der vereinbarte Preis oder Lohn auch „gerecht“ sein soll. Oder:
Gesetzlich einfordern kann niemand das Recht auf Arbeit. Dieser Anspruch
erscheint aber legitim, weil Arbeit eine wichtige Basis für Selbstwertgefühl
und gesellschaftliche Anerkennung für den Einzelnen darstellt.
2.3
Unternehmensethik
2.3.1
Überblick
Der Begriff Ethik wurde schon in Pkt. 1.1.4.4 analysiert. Hier soll nun auf
Unternehmensethik als spezielle Ethik eingegangen werden.
Zwischen Wirtschaft und Ethik bestehen seit langem Verbindungen. Als
angewandte Philosophie beschäftigte sich die Ethik schon in der Antike mit
72
Normative Führung und Unternehmensethik
Ökonomik. Bei Aristoteles bildeten Politik, Ökonomik und Ethik Teile der
sog. Praktischen Philosophie, unter denen die Ethik den Primat innehatte.
Adam Smith war auch Ethiker (vgl. Eschenbach 2003, S. 62–66).
Ethik und Ökonomie sind heute ein „heißes“ Begriffspaar, Zugänge und
Bedingungen aus verschiedenen Welten treffen auf einander. Es gilt daher,
in Unternehmen, Unternehmern, Managern und Mitarbeitern ethisches
Bewusstsein aufzubauen.
Nicklisch gab 1912 die erste „Allgemeine Betriebswirtschaftslehre“ heraus; er war der bedeutendste Vertreter einer normativ-wertenden Richtung
der Betriebswirtschaftslehre. Für Nicklisch war der Betrieb ein Teil der gesellschaftlichen Ordnung. Daher sollten Unternehmer keine eigennützigen
erwerbswirtschaftlichen Ziele verfolgen. Vielmehr sollten sie so handeln,
wie es gesellschaftlichen Vorgaben, allgemeingültigen Grundnormen
(„ewigen Werten“) entsprach. Nicklisch wählte das Motto „Gemeinnutz vor
Eigennutz“ zum Auswahlprinzip betriebswirtschaftlicher Forschung (vgl.
Wöhe/Döring 2008, S. 22).
Da bei vielen, in betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen stehenden
Normen ein direkter oder indirekter Bezug zu Menschen besteht, sind Normen mehr oder weniger ethisch relevant, auch soweit es sich nicht unmittelbar um ethische Normen handelt. Es erscheint daher in der Betriebswirtschaft nicht möglich, eine klare Grenzlinie zwischen normativen
Aussagen mit und ohne Bezug auf Ethik zu ziehen. Darin liegt ein Grund
dafür, dass viele Teile der Betriebswirtschaft in die Unternehmensethik
hineinreichen, ohne dass dies klar ersichtlich oder ausgesprochen wird.
Ethik als Wissenschaft ist – vergleichbar mit Volks- oder Betriebswirtschaft – kein geschlossenes Gedanken- oder Theoriegebäude (vgl. Abbildung 14, Felder der Ethik).
In der Wirtschaftsethik werden nach dem Objekt eine Makro-, Mesound Mikroebene unterschieden (vgl. Lehmann 2006, S. 54). Makro- oder
Ordnungsethik (vgl. Noll 2002, S. 35 f.) beurteilt z. B. die Vertretbarkeit
einer Wirtschaftsordnung unter diktatorischen vs. demokratischen Bedingungen. Auf der Ebene der Mesoethik wird das moralisch gerechtfertigte
Verhalten in und von Organisationen (Unternehmensethik) thematisiert.
Hier ist z. B. die Frage, ob Mobbing ein geeignetes Führungsinstrument ist,
oder ob sich ein Nahrungsmittelproduzent auf Gentechnik einlassen soll,
angesiedelt. Auf der Mikro- oder Individualebene geht es um das „richtige“
individuelle Verhalten, z. B. in Konflikten, im Führungsprozess oder in der
kollegialen Kommunikation. Im vorliegenden Buch geht es vorrangig um
die Meso- und die Mikroebene.
Nach dem Anspruch lassen sich eine deskriptive und eine normative
Unternehmensethik unterscheiden. Die deskriptive Managementethik hat
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Normative Führung und Unternehmensethik
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Abb. 14
Quelle: Eigene Darstellung
zum Ziel, die bestehende und empirisch erfassbare Moral und Werthaltung
zu beschreiben (vgl. Waibl 2005, S. 35 f.). Das ist z. B. bei Untersuchungen
über kriminelle Energien bzw. Missbrauchsanfälligkeit im Management der
Fall. Normative Wirtschaftsethik versteht das Ethische als Appell bzw. als
Handlungsempfehlung, d. h. wie sich ein Unternehmen oder ein Mitarbeiter oder Manager verhalten soll. Das kann sich z. B. auf der Mesoebene in
einem Vorschlag eines konkreten Code of Conduct äußern.
Die Auseinandersetzung mit Ethik wird auch dadurch erschwert, dass sie
eine Vielzahl von Konzepten umfasst. Sie offenbaren vielfältige Überlegungen, die zur Gewinnung von Orientierungsmaßstäben des Handelns entwickelt wurden, aber auch Ansatzpunkte, wo Kriterien für eine ethische Beurteilung menschlichen bzw. unternehmerischen Handelns gefunden
werden können. Obwohl sie nicht zu Normen führen, die aufgrund eines
Wahrheitskriteriums bestätigt und daher Allgemeingültigkeit beanspruchen
können, bieten sie dennoch Hinweise für die Ableitung von Handlungsmaßstäben für Unternehmen und das Verhalten in Unternehmen.
In jeder ethischen Konzeption werden bestimmte Normen und Werte,
z. B. Pflichtbewusstsein, absolut gesetzt und erwartet, dass sie Menschen
überzeugt. Da moralisches Handeln aber Entscheidungsfreiheit und Ver74
Normative Führung und Unternehmensethik
antwortung voraussetzt, hat die Ethik im Gegensatz zu formal-logischen
und zu empirischen Wissenschaften kein Kriterium, aufgrund dessen die
Allgemeingültigkeit dieser Normen beweisen oder überprüft werden kann
(Küpper 2006, S. 9).
Mit Küpper (2006, S. 17–23) sollen hier fünf Konzeptionen stark gekürzt
analysiert und ihre prononciertesten Vertreter genannt werden, da auf sie
in späteren Kapiteln Bezug zu nehmen sein wird:
1. Die Lebenswelt als Ort der Ethik ist eng verbunden mit Aristoteles, dem
Begründer der Ethik als eigenständiger Disziplin. Ziel des Menschen sei
das Glücklichsein. In seiner Seins-Ethik sucht Aristoteles Kriterien eines
„guten“ Lebens. In der konzeptionell damit verbundenen Verantwortungsethik steht im Vordergrund, zu welchen Konsequenzen Verhalten
führt. Darauf aufbauend geht es der utilitaristischen (engl. utility: Nutzen) Ethik nicht um das Glück des Einzelnen, sondern um das Glück für
möglichst viele Menschen (John Stuart Mill).
2. Diametral entgegengesetzt argumentieren die metaphysisch begründeten Konzepte, die davon ausgehen, „dass die Menschen in ihrem Verhalten erschreckende Merkmale von Negativität zeigen“ (Schulz 1993,
S. 39). Aus einer höheren, metaphysischen Welt sollen sich ethische
Kriterien ergeben, deren Beachtung zu einer besseren Welt führen. Kant
sucht nach der Regel, mit der der ethische Geltungsanspruch von Verhalten beurteilt werden kann. Es geht ihm darum, solche Maximen zur
allgemeinen Regel zu machen, die einem guten Willen entsprechen. Die
Gesinnungsethik steht in engem Bezug zur metaphysischen Konzeption:
Der gute Wille sei nicht durch das, was er bewirkt, sondern durch das
Wollen an sich „gut“. Die zehn Gebote und die Regeln des Evangeliums
werden zum Maßstab ethischen Handelns.
3. Sophistik (Sokrates): Der Mensch sucht Sicheres und „das Ewige“, stellt
aber fest, dass dies nicht möglich ist; vielmehr findet er Unsicherheit und
Irrtum. Das Individuum bei Sokrates weiß von seinem Nichtwissen. Die
Gegenströmung findet sich bei Nietzsche, Schopenhauer und Freud, die der
Auffassung sind, nicht der Geist, sondern die Triebe seien verhaltensbestimmend.
4. Die Diskursethik (Habermas) wendet sich von der auf Subjektivität basierenden Konzeption ab. Demnach ist Wahrheit und (friedliche) Koexistenz nicht durch Gegenstandserkennung und Empirie zu erkennen,
sondern durch den Konsens „vernünftiger Teilnehmer“ (Schulz 1993,
S. 244). Rationalität – als Vernunft verstanden – spielt im Verhalten eine
maßgebliche Rolle.
5. In der vertragstheoretischen Konzeption i. S. von J.-J. Rousseau geht es
um Fairness, Chancengleichheit und um das Glück des einzelnen, das in
75
Normative Führung und Unternehmensethik
der utilitaristischen Ethik nicht als sicher erreichbar erscheint. Den Regeln eines „virtuellen“ Vertrags, die diesen Zielen entsprechen, müsste
jeder vernünftige Mensch mit gutem Willen zustimmen.
Gegenstand der Unternehmensethik als Teilbereich der Wirtschaftsethik ist
die Untersuchung normativer Fragestellungen, d. h. bezogen auf Normen,
Werte und Kultur von und in Unternehmen (vgl. Maak/Ulrich 2007, S. 25;
vgl. Küpper 2006, S. 29). Die Beschäftigung mit Wirtschaftsethik soll, entgegen der Einstellung, Wirtschaft und Ethik seien unvereinbare Gegensätze,
das Verständnis für ihren geschichtlichen und systematischen Zusammenhang fördern (vgl. Korff 1999, S. 21). Unternehmensethik beschäftigt sich
mit dem Verhältnis zwischen Moral und Gewinn in der Unternehmensführung und mit der Frage, wie Unternehmen Moral, Normen und Ideale in
der modernen Wirtschaft zur Geltung bringen können (vgl. Homann/BlomeDrees 1992, S. 117).
Warum bedarf es einer Unternehmensethik, wo doch die Individualethik und somit das moralische Handeln jedes Einzelnen direkt angesprochen werden können? Ein Unternehmen kann als Bündel von Verträgen
und Vertragspartnern gesehen werden, das als Organisation bestimmte
Ziele verfolgt. Um eine einheitliche moralische Linie des Unternehmens
mit geltenden Werten und Normen zu gewährleisten, ist die Unternehmensethik als Ordnungsethik unumgänglich. Wieland prägte diesbezüglich
den Begriff der Organisationsmoral (vgl. Wieland 1994, S. 20).
Aufgrund der Erosionserscheinungen in vielen moralischen Integrationsinstanzen wie Familie, Kirche oder Staat kommt einem Unternehmen
in der heute stark individualisierten Welt die Aufgabe zu, in die Ressource
Moral zu investieren und sie organisatorisch zu sichern und zu entwickeln
(vgl. Wieland 2004, S. 37).
2.3.2
Ethische Dilemmata
Ein „ethisches Dilemma“ ist eine Situation, in der den Beteiligten unklar
ist, wie wirtschaftliches Verhalten unter Anlegung moralischer Wertmaßstäbe aussehen soll (vgl. Kreikebaum 2006, S. 2).
Wenn Unternehmen ihren Entscheidungsspielraum in Bezug auf ökonomische, soziale, ökologische, politische u. a. Ziele nutzen, kann es zu
Konflikten zwischen rein wirtschaftlich ausgerichtetem Handeln und der
Verantwortung für die Erfüllung nicht-ökonomischer Kriterien bzw. moralischer Ansprüche kommen. Viele Führungsentscheidungen sind sowohl
mit ökonomischen als auch mit ethischen Prinzipien vereinbar, viele kön76
Normative Führung und Unternehmensethik
nen durch die Gestaltung der Entscheidungsverfahren entschärft werden,
und viele ethisch bedenkliche Folgen können durch Maßnahmen aufgefangen werden. Das Dilemma zwischen Ethik und Erfolg lässt sich jedenfalls nicht lösen, indem man es ignoriert (vgl. Reimer 2005, S. 52).
Anhand des Vier-Quadranten-Schemas von Homann lassen sich grundsätzlich vier Fälle unterscheiden (Abbildung 15).
Hohe moralische
Akzeptanz
Quadrant 4
Geringe
Rentabilität
bzw.
Verluste
Quadrant 1
Ökonomischer
Positive
Konflikt
Kompatibilität
Hohe
Rentabilität
Negative
Moralischer
Kompatibilität
Konflikt
Quadrant 3
Quadrant 2
Geringe moralische
Akzeptanz
Abb. 15
Quelle: vgl. Homann 1994, S. 116
Dabei bedeuten (im Uhrzeigersinn):
• Quadrant 1: Moralische und ökonomische Ziele können parallel verfolgt
werden; die Moral fördert den Gewinn bzw. beeinträchtigt ihn zumindest nicht; anders ausgedrückt: das Gewinnstreben stößt nicht auf moralische Bedenken. Das ist der Fall z. B. beim Vertrieb von Fairtrade-Produkten oder bei der Entwicklung neuer Umwelttechnologien.
• Quadrant 2 (= der moralische Konflikt): Die Verfolgung des Gewinnziels erfüllt nur einen Teil der moralischen Anforderungen. Das ist der Fall
z. B. bei Einsatz von Bestechungsgeldern zur Kundenakquise, bei Ölbohrungen off-shore unter Inkaufnahme des Risikos der Umweltverschmutzung, oder wenn trotz hoher Gewinne Arbeitsplätze abgebaut werden, im
Falle einer Bilanzverschleierung, bei unlauterer Werbung oder bei Vernachlässigung von Sicherheitsstandards für Arbeiter und Angestellte.
• Quadrant 3: Dieser Fall hat kaum praktische Bedeutung, sondern legt
77
Normative Führung und Unternehmensethik
dem betroffenen Unternehmen eher den Marktaustritt als strategische
Handlungsoption bzw. ein Unterlassen der betreffenden Maßnahme nahe.
• Quadrant 4 (= der ökonomische Konflikt): Die Realisierung moralischer Anforderungen kann nur zulasten der Rentabilität erfolgen, z. B. –
als Pendant jeweils zu den bei Quadrant 2 erwähnten Fällen – wenn im
Verkauf strikt integer gehandelt wird; wenn Ölbohrungen off-shore
wenig rentabel werden, weil jedes Risiko der Umweltverschmutzung
durch weitreichendes Risikomanagement vermieden wird; weiters
wenn dank hoher Gewinne keine Arbeitsplätze abgebaut werden (müssen) oder die sog. „soziale Ader“ statt eines rigorosen Sparkurses beim
Personal zum Tragen kommt, wenn Bilanzen ungeschönt ein faires Bild
der Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage eines Unternehmens zeigen,
wenn unlautere Werbung nicht eingesetzt wird, oder wenn aufgrund
hoher Sicherheitsauflagen für Arbeiter und Angestellte niedrigere Gewinnspannen als ohne Auflagen erzielt werden.
Unproblematisch sind Fälle in den Quadranten 1 und 3, weil hier jeweils
ökonomische und moralische Kriterien gleichgerichtet sind. Wenn die Steigerung des Gewinns unter Einhaltung moralischer Grundsätze verbunden
ist, oder wenn umgekehrt eine Verletzung moralischer Kriterien zu einer
Gewinnminderung führen würde, ergibt sich kein Konflikt.
Abgesehen von nur theoretischen Fällen in Quadrant 3 erweist sich nur
bei Fällen in Quadrant 1 das von Adam Smith vertretene Konzept als gültig,
das im folgenden Gedanken klar wird:
„Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Bauers und Bäckers erwarten wir
das, was wir zum Essen brauchen, sondern davon, daß sie ihre eigenen
Interessen wahrnehmen. Wir wenden uns nicht an ihre Menschen-, sondern an ihre Eigenliebe, und wir erwähnen nicht die eigenen Bedürfnisse,
sondern sprechen von ihrem Vorteil“ (Smith 1993, S. 17).
Der Markt wird hier als geeignetes Mittel zur Überführung von Eigen- in
Gemeinnutz angesehen. Er verbindet die Maximierung des Eigennutzes
mit dem Wohl der Allgemeinheit unter der Annahme einer ausreichenden
Güterversorgung.
In Fällen in Quadrant 2 und 4 (d. h. Moralität und ökonomischer Erfolg
korrelieren negativ) besteht das Problem, inwieweit moralische Anforderungen durch entsprechende ordnungspolitische Rahmenbedingungen gesichert sind, oder wie weit die Anteilseigner von Unternehmen aus eigener
Überzeugung bereit sind, Gewinneinbußen hinzunehmen, um auf längere
Sicht moralische Standards einzuhalten. Dabei begeben sie sich aber in die
Gefahr eines Ausscheidens aus dem Markt. Daher kommt der Unternehmensführung die Aufgabe zu, sich in diesen Konfliktfällen dem Ziel- und
78
Normative Führung und Unternehmensethik
Wertekonflikt zu stellen und eine für alle Beteiligten verantwortbare Lösung zu finden (vgl. Küpper 2006, S. 195).
Zur Lösung dieser beiden ethischen Dilemmata gibt es mehrere Lösungsansätze, die im folgenden Punkt erarbeitet werden:
2.3.3
Theorien der Unternehmensethik zur Dilemmalösung
Es ist nicht nur legal, wenn unternehmerisches Handeln darauf abzielt, Gewinne zu erwirtschaften, es ist auch legitim, d. h. moralisch akzeptabel. Die
Marktwirtschaft baut auf der Prämisse gewinnorientierter Unternehmen
auf. Aber man muss die Frage nach der Gewinnqualität stellen dürfen. Private wie öffentliche Unternehmen haben Beiträge zu leisten, um ihre gesellschaftliche „license to operate“ aufrecht zu erhalten, indem sie dazu
beitragen, Konflikte von Gewinn und Moral zu vermeiden bzw. verantwortungsvoll zu lösen. Hier hat die Unternehmensethik Hilfestellung zu
bieten (vgl. Suchanek 2005, S. 65). Sie bietet dazu drei grundlegende Lösungsansätze:
• Primat (Vorrang) der Ökonomie vor der Moral (Ansatz 1, Pkt. 2.3.3.1)
• Integration von Ethik und Ökonomie (Ansatz 2, Pkt. 2.3.3.2)
• Primat der Moral vor der Ökonomie (Ansatz 3, „Anwendungsmodell“,
Pkt. 2.3.3.3).
2.3.3.1 Vorrang der Ökonomie vor der Moral
Im ökonomischen Liberalismus von Milton Friedman wird der Grundkonflikt Gewinn oder Moral gewinnorientiert wie folgt gesehen: „The social
responsibility of business is to increase its profits“ (Friedman 1970, S. 1).
Es geht um eine ökonomische Theorie der Moral, der sog. „Moralökonomie“, d. h. dort, wo die Moral den wirtschaftlichen Interessen dient,
kann bzw. soll sie angewandt werden, aber auch umgekehrt: Ein moralisches Verhalten nur dann zu erwägen, wenn es dem Wirtschaftsakteur
Vorteile verspricht. Moralische Bedenken sind unwirksam, wenn sie etwas
kosten (vgl. Göbel 2010, S. 71). Für den Manager sind Lösungen sozialer
und ökologischer Probleme nur insoweit von Interesse, als er dadurch entweder die Gewinne steigern oder Kosten senken oder beides erreichen
kann; alles andere ist Aufgabe des Staates. Der Manager hat den Shareholder Value zu steigern (vgl. Suchanek 2005, S. 68).
Unter das Konzept der Moralökonomie sind die Ansätze von Karl Homann und Horst Steinmann zu subsumieren. Beide werden im Folgenden in
79
Normative Führung und Unternehmensethik
dem Ausmaß kritisch analysiert, wie es für unsere weiteren Überlegungen
Controlling-relevant ist.
Institutionentheoretische Ethik von Karl Homann
Ausgangsgedanke der institutionentheoretischen Ethik ist, dass aufgrund
der hochgradigen Spezialisierung und Differenzierung der modernen Gesellschaft die Marktwirtschaft sehr leistungsfähig sei. Daher könne Moral
nicht gegen die Ökonomie, sondern nur in ihr und durch sie zur Geltung
kommen (vgl. Homann/Blome-Drees 1992, S. 19). In Anlehnung an Smith
sieht Homann in den Regeln des Wettbewerbs gegenüber moralischen Normen den besseren Mechanismus zur gesellschaftlichen Koordination. Das
führt ihn zur These, Wettbewerb sei solidarischer als Teilen. Für die Marktteilnehmer bestünde daher die moralische Pflicht zum Gewinnstreben.
Der Markt brauche (wirtschaftliche, rechtliche und politische) Rahmenordnungen, d. h. eine Ordnung, um Moral in der Marktwirtschaft zu verankern. Innerhalb dieses Rahmens kann sich ein Unternehmen eine individuelle Ordnung (Unternehmensverfassung) geben, die dann für das
Verhalten auf Unternehmensebene gilt (zweistufige Konzeption; vgl. Lehmann 2006, S. 61).
Obwohl das systematische Hauptaugenmerk klar auf der institutionentheoretischen Ebene liegt (die Rahmenbedingungen, vor allem die Gesetze,
sind der Ort der Moral), betont Homann die Wichtigkeit eines moralisch
einwandfreien Verhaltens des Individuums (vgl. Homann/Blome-Drees 1992,
S. 40 f.). Wirtschaftsethik könne nur als Ordnungs- und Institutionenethik
konzipiert werden, daher wird auch von „Anreizethik“ (vgl. Homann 1999,
S. 330) gesprochen.
Für Erfolg bzw. Misserfolg in der Marktwirtschaft seien die Wettbewerbsbedingungen und nicht die Einstellungen der Akteure verantwortlich. Eine
solche Moral fordert nicht, anderen zuliebe auf den eigenen Vorteil zu verzichten („Opferethik“), sondern wechselseitig Besserstellungen zu erzielen,
die auch im eigenen Interesse liegen (vgl. Lehmann 2006, S. 62).
Das Gemeinwohl sei anzustreben. Gemeinwohl wird dabei vor allem mit
einer guten Versorgung der Konsumenten mit Gütern identifiziert. Der erwünschte Zustand könne – i. S. des Gedankens von Smith – ganz ohne moralische Gesinnung der Akteure verwirklicht werden, quasi als ungewollter
Nebeneffekt und ganz ohne moralische Gesinnung der Handelnden. Die
Marktwirtschaft habe daher moralische Qualität, während die Akteure in
der Marktwirtschaft moralfrei agieren dürften (vgl. Homann/Blome-Drees
1992, S. 24).
Das Verfolgen des Eigeninteresses sei fundamentale Aufgabe des Unternehmens. Das Gewinnmaximierungsprinzip sei systemkonform und legitim.
80
Normative Führung und Unternehmensethik
Der Gewinnbegriff wird dabei breit gefasst, so sind z. B. auch Reputationsgewinne enthalten. Ein Unternehmen könne darauf vertrauen, dass sein an
rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientiertes Handeln gleichzeitig auch
moralischen Ansprüchen genüge. Könne man aus moralischen Gründen die
Wettbewerbsergebnisse nicht akzeptieren, müssten die Regeln der Rahmenordnung verändert werden. Obwohl die Marktwirtschaft hohe moralische
Qualität hätte, könne es die vollkommene Rahmenordnung nicht geben; das
läge vor allem an der ständigen Gefahr unzureichender bzw. zu spät kommender Spielregeln. Dann müsse die Unternehmensethik die Defizite in der
Rahmenordnung ausgleichen (vgl. Homann/Blome-Drees 1992, S. 114 f.).
Im Konfliktfall zwischen ökonomischer Effizienz und moralischer
Rechtfertigung besteht der Primat der Ökonomie. Habe ein Unternehmen
durch moralische Bedenken wirtschaftliche Nachteile (= ökonomischer
Konfliktfall), dann dürfe es legitim auf moralisches Handeln verzichten
und den Gewinn maximieren. Weil der Wettbewerb zu unmoralischem
Verhalten zwinge, seien nicht die Individuen verantwortlich zu machen,
sondern die Institutionen (vgl. Homann/Blome-Drees 1992, S. 46).
Normative Unternehmensführung stehe vor der Aufgabe, „möglichst
weit in den Bereich mit hoher moralischer Akzeptanz vorzustoßen“ (Homann/Blome-Drees 1992, S. 141), aber ohne dabei die wirtschaftlichen Ziele
zu vernachlässigen.
Das unternehmensethische Konzept von Horst Steinmann
Wie Homann geht Steinmann von der Legitimität des ökonomischen Paradigmas des Gewinnprinzips aus.
Gewinn zu erwirtschaften, sei grundsätzlich gerechtfertigt. Unternehmensethik sei ein situatives Korrektiv des Gewinnprinzips, wenn es zu moralischen Konflikten kommt, aber nicht generell in Frage zu stellen (vgl.
Steinmann/Löhr 1994, S. 123–132). Es gelte, immer auch das öffentliche
Interesse zu berücksichtigen.
Steinmann unterscheidet zwischen Strukturkonflikten (z. B. Umweltfragen), die durch die Rahmenordnung zu lösen seien, und ad-hoc-Konflikten, zu deren Lösung das Unternehmen unter Wahrnehmung seiner Eigenverantwortung aufgerufen sei. Institutionen- und Individualethik
griffen ineinander (vgl. Steinmann/Löhr 1994, S. 108 f). In welchem Maße
sie zum Tragen kämen, hänge vom Charakter des Konflikts ab. Eine solche
dialogische Unternehmensethik bedürfe kommunikationsfähiger und -bereiter Individuen („Kommunikative Rationalität“).
Ein Dialog habe zu achten auf Unvoreingenommenheit, Zwanglosigkeit,
Sachverstand und auf den Versuch, zu überzeugen, statt zu überreden. Es
gehe um das Finden von Normen, die gegenüber jedermann zu Recht Gül81
Normative Führung und Unternehmensethik
tigkeit beanspruchen könnten. Das Erzielen von Konsens (nicht von Kompromissen!) stelle ein ethisches Leitbild dar (vgl. Steinmann/Löhr 1994,
S. 78).
Unternehmen sollten Ethik über die Entwicklung und Umsetzung konsensfähiger Strategien betreiben. Ansatzpunkte einer solchen konsensorientierten, prozessualen Ethik seien:
• Offene Kommunikation
• Kommunikationsprozesse unter Informationssymmetrie
• Kooperative Entscheidungsfindung
• Stabile Wertschätzung seitens Autoritäten und Kollegen.
Im strategischen Management komme dem Controlling eine wichtige Bedeutung zu. Es seien kontinuierlich Reflexionspotenziale zu aktivieren. Das
sei mehr als bloße Feedback-Kontrolle, sondern fordere einen unternehmensweit multipersonalen, partizipativen und offenen Prozess (vgl. Lehmann 2006, S. 112).
Kritisch anzumerken ist zu beiden Konzepten folgendes:
• Für den Moralökonomen scheint keine Pflicht zur Einhaltung ethischer
Normen zu bestehen, sobald dies mit wirtschaftlichen Nachteilen für
den Handelnden verbunden ist. Weil der Markt den Anbieter zur Unmoral zwingt, würde die Pflicht, sich moralisch zu verhalten, nicht mehr
gelten, solange andere dieses Verhalten für ihre wirtschaftlichen Interessen ausnützen können.
• Aus rein ethischer Sicht ist die moralökonomische Position, die Verbindlichkeit einer moralischen Norm gälte nur bei Vereinbarkeit mit dem
Gewinninteresse, nicht haltbar. Es handelt sich um eine Scheinmoral. Es
kann keine triftige Entschuldigung für falsches Verhalten sein, dass andere Marktteilnehmer genauso handeln. Schlechte Beispiele verderben
die Sitten („Branchenmoral“); und der Eindruck, der Ehrliche sei der
Dumme, beeinträchtigt die Moralität.
• Nur wer als Unternehmen bzw. Unternehmer zu seiner sozialen und
Umweltverantwortung steht, wird nachhaltig mit Vertrauen und Erfolg
belohnt. Unternehmerisches Handeln ohne moralische Verantwortung
ist nicht denkbar.
• Der „Ort der Moral“ kann nicht nur in den Regeln des Ordnungsrahmens liegen. Erstens sind an seiner Gestaltung Akteure beteiligt, die
wirtschaftliche Interessen haben. Ordnungspolitik ist als Basis für legitimes Gewinnstreben zweitens nur geeignet, wenn in ihr konzeptionell
alle Ansprüche von Stakeholdern berücksichtigt sind.
82
Normative Führung und Unternehmensethik
• Auch wenn Ordnungspolitik auf hohem Qualitätsniveau betrieben
würde, bleibt offen, ob den Interessen von Stakeholdern auch im erforderlichen Umfang und der erforderlichen Intensität Rechnung getragen
würde.
• Der Markt weist zahlreiche Schwachstellen bzw. Lücken auf, z. B. macht
es die Logik des Markts für Anbieter und Nachfrager attraktiv, Monopole
anzustreben und die daraus erwachsende Macht zur Ausbeutung des
Käufers bzw. Verkäufers zu nutzen; auf dem Arbeitsmarkt ist – trotz
Wirkens von Gewerkschaften und Betriebsräten – vielfach eine Machtassymetrie zwischen Arbeitgeber und -nehmern (Principal-Agent-Problem) festzustellen (vgl. Göbel 2010, S. 73 f.).
2.3.3.2 Integration von Ökonomie und Moral
Das integrative Konzept „sozialökonomischer Rationalität“ wird von Peter
Ulrich vertreten. Es steht unter der Perspektive einer sog. „lebensdienlichen
Ökonomie“ (Ulrich 2001b, S. 11), ist philosophisch-reflexiv und beschäftigt
sich weniger mit Implementierung. Sein Ziel ist es, eine Unternehmensethik als humanistische Vernunftethik zu entwerfen. Er steht in der Tradition der Aufklärung insbesondere Kants und des Liberalismus (vgl. Ulrich
2001b, S. 41).
Ulrich will Ethik und Ökonomik auf grundsätzliche Art und Weise miteinander versöhnen. Er möchte die zwei Welten-Konzeption reiner ökonomischer Rationalität einerseits und außerökonomischer Moralität andererseits überwinden. Ethik und Ökonomik sollen in einem Konzept der
sozialökonomischen Rationalität miteinander verbunden werden (vgl.
Ulrich 2001, S. 117). Die ursprüngliche Lebensdienlichkeit der Ökonomie
im Sinne einer Versorgung der Menschen mit lebensnotwendigen Gütern
solle wieder in den Vordergrund treten. Die Wirtschaft solle sich auf ihre
eigentliche Aufgabe zurückbesinnen, nämlich „Werte“ und nicht nur Wert
zu schaffen. Wirtschaft sei nicht Selbstzweck, ihr Erfolg solle nach ihrer gesellschaftlichen Funktionsrationalität bemessen werden (vgl. Ulrich 1980,
S. 34).
Die Kritik an der Ökonomie, d. h. an der ökonomischen Sachrationalität, sei erste Aufgabe der Wirtschaftsethik. Ökonomische Denkzwänge
verstellen den Blick auf die ethischen Herausforderungen der Marktwirtschaft (vgl. Ulrich 2001b, S. 130).
Ulrichs Konzeption trägt auch individualethische Züge. Der Mensch
wolle sein Leben prinzipiell nach moralischen Grundsätzen gestalten. Der
öffentliche Diskurs und der Bürger selbst seien der Ort der Moral in der
83
Normative Führung und Unternehmensethik
modernen Gesellschaft. Es gehe um ordnungspolitisches Engagement zur
Schaffung institutioneller Rahmenbedingungen von hoher ethischer Qualität. So seien Institutionen- und Individualethik ineinander verwoben
(vgl. Ulrich 2001b, S. 26 f. und 91).
Ulrich lehnt die rein ökonomisch-technische, auf das Gewinnprinzip beschränkte Rationalität ab. Es gehe um die Transformation des normativen
Fundaments der ökonomischen Rationalität hin zu einer kommunikativen
Ethik. Wirtschaftliches Handeln bewege sich immer zwischen Verantwortbarkeit und Zumutbarkeit:
• Ist es zumutbar, Marktchancen auszulassen, nur um moralisch korrekt
zu handeln?
• Können die Akteure moralische Verantwortung für die Folgen ihres
Tuns übernehmen?
Zwei Wege stehen zur Lösung offen (vgl. Ulrich 2001b, S. 160–163):
• Änderung der Präferenzen (Selbstbeschränkung durch weniger striktes
Streben nach Eigennutz)
• Politische Veränderung der Wettbewerbsbedingungen
a) durch ökonomische Anreize
b) durch Wettbewerbsbegrenzung.
Die Gemeinwohlfiktion des Markts nach Smith wird abgelehnt. Es könne
nicht nur um ökonomische Rationalität gehen, sondern es müsse um die
Anerkennung der moralischen Rechte jedes Menschen gehen. Integrative
Unternehmensethik bestehe in der kritischen Reflexion der ethischen Voraussetzungen des Gewinnstrebens.
Ein Unternehmenszweck sei nur legitim, wenn er im Licht der moralischen Rechte aller Betroffener legitim sei. Es gehe darum, das unternehmerische Erfolgs- und Gewinnstreben kategorisch dem Kriterium der Legitimität unterzuordnen. Ein integratives Ethikprogramm als permanenter
Prozess umfasse folgende Bausteine (vgl. Ulrich 2001b, S. 460 f.):
• Sinngebendes unternehmerisches Mission statement
• Bindende Geschäftsgrundsätze (Code of Ethics)
• Gewährleistete Stakeholderrechte
• Unternehmensinfrastruktur, die die offene Diskussion über Ethik fördert
• Ethische Kompetenzbildung
• Ethisch konsistente Führungssysteme (Anreiz-, Leistungsbeurteilungsund Auditsysteme).
84
Normative Führung und Unternehmensethik
Die Kritik der sozialökonomischen Rationalität ist wie folgt zu beurteilen:
• Peter Ulrich löst den Grundkonflikt (Ungezügelter Wettbewerb → ungezügeltes Gewinnstreben → gesellschaftliche Probleme) moralorientiert
(vgl. Suchanek 2005, S. 69).
• Der Primat der Moral findet sich auf der Ebene der Institutionen, wo es
darum geht, den Wettbewerb durch Rechts- und moralische Normen so
zu begrenzen, dass er „lebensdienlich“ wird, und auf der Ebene der individuellen Handlungen, wo der Moral der unbedingte Vorrang vor dem
Gewinnstreben einzuräumen ist.
• Ulrich appelliert an die Einsicht bzw. richtige Gesinnung der handelnden
Personen, machtfrei und legitimierte Dialoge mit den Stakeholdern zu
führen und unternehmensethisch begründete Rechte und Normen zu
entwickeln und zu leben, die letztlich einer lebensdienlichen und verantwortlichen Führung(-skraft) entsprechen (vgl. Suchanek 2005, S. 70).
• Mit „Integration“ kann nicht gemeint sein, dass Unternehmen zwar im
Zuge der Gewinnerzielung unmoralisch handeln, z. B. trotz beträchtlich
hoher Betriebsergebnisse im Unternehmen weiter Stellen abbauen, aber
anschließend Publicity-wirksam moralisch korrekte Gewinnverwendung betreiben, z.B. eine Arbeitnehmerstiftung höher zu dotieren (vgl.
Ulrich 2001b, S. 423).
• Zuzustimmen ist uE jedenfalls der Forderung, unternehmerisches Handeln nicht nur als individuelle Nutzenmaximierung zu verstehen, sondern es einer Legitimitätsprüfung zu unterziehen. Eine Reduktion des
unternehmerischen Handelns auf Shareholder Value oder rein ökonomische Aspekte ist ungenügend.
• Die moderne Wirtschaft hat sich als Subsystem weitgehend verselbständigt und diktiert de facto viele Bereiche von Politik, Rechtssetzung u. a.
Die Forderung nach einer rigorosen Prüfung, ob jedes unternehmerisches Handeln moralisch gerechtfertigt sei, erscheint überzogen (vgl.
Göbel 2010, S. 81).
• Praktikabler erscheint uns hier eher der Anspruch, die faktische Differenzierung von Ethik und Wirtschaft zu akzeptieren, statt sie (um jeden
Preis) integrieren zu wollen. Ein Schritt in die richtige Richtung wäre jedenfalls, Konflikte zwischen moralisch vertretbaren und ökonomisch
zumutbaren Standpunkten transparent auszutragen und die Pro- und
Contra-Argumente offen zu legen.
85
Normative Führung und Unternehmensethik
2.3.3.3 Vorrang der Moral vor betriebswirtschaftlichen Interessen
Dieses Konzept wird im deutschen Sprachraum von einer großen Zahl an
Autoren unter verschiedenen Titeln vertreten, z. B. unter „Anwendungsmodell“ bei Göbel 2010, S. 82–84, als „Ökonomische Unternehmensethik“
bei Suchanek 2005, S. 72 f., oder als „analytische Ethik“ bei Küpper 2006,
S. 140 f.
Im angloamerikanischen Sprachraum ist in diesem Sinne das Thema
Business Ethics sehr präsent und erfolgreich. Die Gründe dafür sind ihr Praxisbezug (im Gegensatz zur stark methodisch orientierten Diskussion im
deutschen Sprachraum) und die calvinistisch geprägte Einstellung, die Umstände des Erlangens von Reichtum und der Gewinnqualität zu rechtfertigen (vgl. Brink 2006, S. 342; vgl. Reese-Schäfer 2006, S. 355; vgl. Crane/
Matten 2007, S. XXII).
Die Grundgedanken entspringen der Kritik an den Konzepten der Moralökonomie und des integrativen Ansatzes: Ausgangspunkt ist die Idee einer
nachhaltig erfolgreichen gesellschaftlichen Zusammenarbeit zum Vorteil
aller Mitglieder einer Gesellschaft. Diese Zusammenarbeit verlangt grundsätzlich von allen Mitgliedern verschiedene Beiträge und Leistungen, sodass der folgende Appell formuliert werden kann: Investiere in den gesellschaftlichen Zusammenhalt zum gegenseitigen Vorteil!
Solche Investitionen oder Aufwendungen in integres Verhalten sind
aber oft nicht anreizkompatikel, d. h. der Investor läuft Gefahr, systematisch benachteiligt zu werden („Der Ehrliche ist immer der Dumme“). Hier
gewinnen die Institutionen – wie bei Homann – eine zentrale, regulative
Bedeutung, um Investitionen hinreichend aussichts- und ertragreich zu
machen (vgl. Suchanek 2005, S. 72 f.)
Aus moralischer Sicht kann es nicht gleichgültig sein, wie Gewinn zustande kommt, und was (z. B. Umwelt) oder wer (welche Stakeholder)
darunter möglicherweise leidet. Das Gewinnstreben soll daher unter einem
sog. „Legitimitätsvorbehalt“ (Ulrich 2001b, S. 415) stehen, denn möglicherweise werden durch das Gewinnstreben vorrangige, moralische Güter
und Werte verletzt (vgl. Göbel 2010, S. 161).
Gewinnerzielung kann und soll nicht zum obersten moralischen Handlungsprinzip erhoben werden, sondern ist nur – wie auch Arbeitsplatzerhaltung oder Umweltschutz u. a. – ein legitimes Interesse unter gleichberechtigten anderen und damit Gegenstand der Güter- und Werteabwägung. Gewinnstreben ist – streng genommen – nur unbedenklich, wenn
sämtlichen legitimen Ansprüchen von Stakeholdern Rechnung getragen
wird. Die moralisch gerechtfertigte Möglichkeit der Gewinnoptimierung
beschränkt sich auf einen klar eingegrenzten Raum von rechtlich und zu86
Normative Führung und Unternehmensethik
gleich auch moralisch zulässigen Handlungsmöglichkeiten, d. h. auf Fälle
in Quadrant 1 in Abb. 15.
Es soll nur jenes Unternehmen nachhaltig und systematisch finanzielle
Vorteile erzielen, das die legitimen Interessen seiner Stakeholder und zum
allgemeinen Vorteil berücksichtigt, wobei zu den Vorteilen nicht nur Wohlstand, sondern z. B. auch Gesundheit, intakte Umwelt, Biodiversität und
Solidarität gehört.
Unter Umständen ist nach sorgfältiger Abwägung der Folgen eine Gewinneinbuße als das kleinere Übel hinzunehmen. Gewinn als Zweck darf
nicht jedes Mittel heiligen (z. B. durch Bestechung neue Aufträge zu erlangen). In Einzelfällen kann moralisches Handeln sogar ruinös sein. Das ist
vor allem dann zu erwarten, wenn moralisch weniger integere Konkurrenten das ethisch richtige, ökonomisch aber nachteilige Verhalten der integeren Unternehmen ausnützen und es ihnen so gelingt, an die Aufträge zu
kommen.
Bei Vorrang der Moral vor betriebswirtschaftlichen Interessen geht es
nicht nur um Zusatzmaßnahmen neben der „normalen“ Unternehmensführung (z. B. um gelegentliche Spenden für karitative Zwecke), sondern
um eine von Grund auf moralisch-verantwortliche Gestaltung der Unternehmensführung. Alle Entscheidungen im Unternehmen, insbesondere
die weit reichenden, also die normativen und die strategischen, sind unter
Legitimitätsvorbehalt zu treffen. Ethik muss sich kanalisierend, korrigierend, begrenzend und wegweisend mit den möglicherweise unerwünschten Folgen ökonomischer Rationalität auseinandersetzen, und zwar als angewandte Ethik (vgl. Göbel 2010, S. 84).
Nach Kantianischer Pflichtenethik geht die sittliche Verpflichtung vor.
Man müßte z. B. auch dann ehrlich sein, wenn man sich damit selbst schadet. Die Möglichkeit einer Gewinneinbuße hätte Nachrang gegenüber der
moralischen Pflicht.
Vergleichbar ist dieser Ansatz mit der Liquidität (i. S. der Fähigkeit, jederzeit den finanziellen Verpflichtungen nachzukommen) als Nebenbedingung für erfolgreiches Wirtschaften. Ebenso wie fehlende Liquidität ein Insolvenztatbestand ist, sollte fehlende Moral („moralische Insolvenz“) zu
hohen Kosten im Sanierungsverfahren (zwecks Schadenswiedergutmachung bzw. Reorganisation des Unternehmens) bzw. im Extremfall zum
Untergang des Unternehmens führen.
87
Normative Führung und Unternehmensethik
2.4
Lessons learned
Die Begriffe Management und Unternehmensführung werden meist synonym verwendet. Unter Führung verstehen wir den laufenden, geplanten
und kontrollierbaren Versuch, die Prozesse der Leistungserstellung und
-verwertung und damit die Entwicklung eines Unternehmens so zu gestalten, dass seine Ziele proaktiv und innovativ den Umfelderfordernissen angepasst und bestmöglich erreicht werden.
Eine Führungskraft muss heute eine Aufgabenvielfalt bewältigen. Dazu
zählen auch Aufgaben eines Leaders und eines Entrepreneurs. Entscheidend wird jedoch stets der Charakter und die Entwicklung und das Umsetzen von „moral leadership“ sein.
Missmanagement ist ebenfalls ein Thema angewandter Moral. Gemeint
ist schlechtes bzw. fahrlässiges, aber nicht vorsätzlich geschäftsschädigendes Verhalten von Führungskräften bzw. das Fehlen von Effektivität oder
Effizienz oder beidem. Jeder Fall von Missmanagement wirft ein schlechtes
Licht auf die Funktion einer Führungskraft und stellt u. a. ihre Vorbildfunktion infrage.
Für Führungskräfte muss gelten:
Kompetenzbereich = Aufgabenbereich = Verantwortungsbereich
= Haftung.
Haftung meint das Einstehen für Verhalten und Entscheidungen im Verantwortungsbereich und das Ziehen von persönlichen Konsequenzen aufgrund des (Arbeits-)Ethos einer Führungskraft.
Integriertes Management bedeutet die Vernetzung der drei Managementebenen
• Normative Führung (hier geht es um Unternehmenspolitik, Sinngebung
und Sinnverwirklichung)
• Strategische Führung (d. h. die Schaffung bzw. Erhaltung von Erfolgspotenzialen) und
• Operative Führung (d. h. die Nutzung der Erfolgspotenzialen zur Erzielung von Gewinn und Liquidität).
Der Rationalität als grundlegendem Prinzip in der Ökonomie steht die ethische Rationalität als moralische Vernunft gegenüber. Sie decken sich i.d.R.
nicht. Aus ethischer Sicht entscheidend ist die Legitimität. Legitim ist das
Interesse einer Person bzw. einer Anspruchsgruppe, wenn es ethisch akzeptabel ist; das Gegenteil ist illegitim, d. h. ethisch nicht akzeptabel.
88
Normative Führung und Unternehmensethik
Unternehmensethik beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen Moral
und Gewinn in der Unternehmensführung. Unternehmen sind ebenso moralfähig wie Individuen. Den Unternehmen kommt in der heute stark individualisierten Welt die Aufgabe zu, in die Ressource Moral zu investieren
und sie organisatorisch entsprechend zu sichern.
Zwischen Ökonomie und Ethik entstehen Spannungen und Widersprüche
dann, wenn das Rentabilitäts- und Rationalitätsstreben dem Anspruch auf
Einhaltung moralischer Grundsätze zuwider läuft. Vor allem die Fälle des
• moralischen Konflikts (d. i. eine Situation, in der eine hohe Rentabilität
angestrebt wird, die aber nur auf relativ geringe moralische Akzeptanz
stößt), und des
• ökonomischen Konflikts (d. i. eine Situation, in der eine hohe moralische Akzeptanz angestrebt wird, die aber nur relativ geringe Rentabilität
bringt)
bereiten in der Praxis Zielkonflikte und Entscheidungsdilemmata. Dann ist
die Frage zu lösen, ob letztlich
• ein Vorrang der Ökonomie vor der Moral („Moralökonomie“), oder
• eine Balance zwischen Moral und Ökonomie („Integrationskonzept“)
oder
• ein Vorrang der Moral vor der Ökonomie („Anwendungsmodell“)
gilt bzw. zu suchen ist. Nach einer gründlichen Analyse und Reflexion sollte eine auf Nachhaltigkeit zielende normative Führung den Vorrang der
Moral vor der Ökonomie als richtige Auffassung von gesellschaftlicher Verantwortung des Unternehmens akzeptieren.
Weder Gewinn noch das Überleben eines Unternehmens sind höchste
Werte. Im Extremfall geht das Unternehmen unter, das gehört zum marktwirtschaftlichen Ausleseprozess. Das ist gerechter, als wenn sich ein Unternehmen nur mit unlauteren (unmoralischen) Mitteln am Markt behaupten kann. Daher sollte gelten: Moralische Verantwortung soll sich lohnen.
Aber nicht alles, was sich lohnt, ist moralisch verantwortbar (vgl. Göbel
2010, S. 166).
2.5
Learning by doing
A 2.1
Der Markt weist zahlreiche Schwachstellen bzw. Lücken und Auswüchse
auf. Welche sind hier beispielhaft (zusätzlich zu den in Pkt. 2.3.3.1 genannten) zu nennen?
89
Normative Führung und Unternehmensethik
A 2.2
Das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ ist ein bekanntes Märchen des
dänischen Schriftstellers Hans Christian Andersen. Es handelt von einem
Kaiser, der sich von zwei Betrügern für einen hohen Geldbetrag neue Gewänder weben lässt. Sie reden ihm ein, die Kleider seien aus einem ungewöhnlichen Stoff und könnten nur von Personen gesehen werden, die
ihres Amts würdig und nicht dumm seien.
Tatsächlich geben die Betrüger nur vor zu weben und dem Kaiser die
Kleider zu überreichen. Er gibt aber nicht zu, dass er die Kleider selbst auch
nicht sehen kann und auch die Menschen, denen er seine neuen Gewänder präsentiert, geben Begeisterung über die scheinbar schönen Stoffe vor.
Der Schwindel fliegt erst auf, als ein Kind ruft, der Kaiser habe ja gar nichts
an.
Ist diese Begebenheit nur ein Märchen?
A 2.3
Recherchieren Sie bitte im Internet die folgenden Missmanagement-Fälle:
a) General Motors
b) Swissair
c) BAWAG
d) A-TEC
e) Skylink (Flughafen Wien)
Welche Lehren können aus den einzelnen Fällen gezogen werden?
90
“Avarice, or the desire of gain, is an universal passion, which operates at all times,
in all places, and upon all persons.”
(Hume 1994, S. 59; vgl. Perry/Dell 2011, S. 46; Avarice = Habgier, Geiz; d. Verf.)
3
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik
und Betriebswirtschaft
Ziele des Kapitels
Nach der Lektüre dieses Kapitels wissen Sie,
• auf welchen wichtigen Spannungsfeldern in der Praxis Konflikte zwischen Ethik und Betriebswirtschaft auftreten
• welche ethischen Komponenten eine nachhaltige Corporate Governance aufweisen sollte
• welche ethischen Probleme der Shareholder Value-Ansatz mit sich
bringt
• welchen Stellenwert Corporate Compliance im Unternehmen hat
• weshalb integre Unternehmensführung die wichtigste Voraussetzung
zur Verhinderung bzw. Minimierung des Risikos von geschäftsschädigenden Handlungen ist.
3.1
Überblick
In zahllosen Bereichen offenbaren sich die in Pkt. 2.3.2 bzw. Abbildung 15
gezeigten ethischen Dilemma-Situationen; hier seien nur einige beispielhaft genannt, wohlgemerkt alle im Rahmen geltender Gesetze:
• Weitergabe aktienkursrelevanter Informationen mit zeitlichem Abstand
bzw. nicht an alle Informationsberechtigte
• Kursmanipulationen bzw. Kündigungswellen trotz hervorragender Ertragslage im falsch verstandenen Sinn der Steigerung des Shareholder
Values
• Geschönte Berichterstattung der Geschäftsführung an die Öffentlichkeit
• Elektronische Überwachung des Arbeitsplatzes
• Wem gehört eine Diensterfindung?
• Whistle blowing („Hinweisgebersystem“)
• Umfangreiche bilanzpolitische Maßnahmen
• Hohe Bezüge für die Mitglieder der Geschäftsführung
• Beeinflusste Gutachter
• Mobbing
91
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
• „Greenwashing“ („Sich ein grünes Mäntelchen umhängen“; kritische
Bezeichnung für PR-Methoden, die darauf zielen, einem Unternehmen
ein umweltfreundliches Image zu geben)
• Eingehen eines unkalkulierten Risikos
u. a.
Im folgenden werden aus konzeptionellen Gründen aber nicht einzelne
Fragen in ihrer betriebswirtschaftlichen und ethischen Dimension, sondern
die aus Management- und Controlling-Sicht wichtigsten Spannungsfelder
beleuchtet, die auch in der Literatur genannt werden (vgl. Küpper 2006,
S. IX f.; vgl. Maak/Ulrich 2007, S. VII; vgl. Göbel 2010, S. XV–XIX; vgl.
Schneider 2009, S. 501).
Diese Spannungsfelder werden anhand der ihnen zugrunde liegenden
Konzepte analysiert und dabei ethisch orientierte Gestaltungsoptionen gezeigt. Die nachfolgend behandelten Spannungsfelder wurden aus folgenden Gründen ausgewählt:
• Shareholder Value-Konzept versus Stakeholder-Konzept, weil die Führung damit grundsätzlich über die Bedeutung der am Unternehmensbestand interessierten Anspruchsgruppen entscheidet
• Corporate Responsibility, weil verantwortungsvolle Unternehmensführung ökonomische wie ethische Aspekte umfassen muss
– Corporate Governance, weil damit der Wille zur Transparenz der
Unternehmensführung und die Zusammenarbeit der Organe des
Unternehmens grundsätzlich festgelegt werden
– Corporate Social Responsibility, weil damit Nachhaltigkeit angesprochen wird, die
• Corporate Compliance versus Integrität, weil damit entschieden wird, ob
nur auf die Einhaltung von Vorschriften (Compliance) oder darüber hinaus auf moralische Bewusstseinsbildung und Integrität gesetzt wird
• Unternehmenskriminalität, weil bei ihrem Auftreten das moralische Minimum, d. h. die Einhaltung von Rechtsnormen, unterschritten wird,
weil die Unternehmensführung dann nicht mehr als integer wahrgenommen wird, und weil zur Kriminalprävention Werte-basiert gearbeitet werden muss.
3.2
Shareholder Value-Konzept versus Stakeholder-Konzept
Dieser Gegensatz steht im Mittelpunkt der Diskussion zwischen Betriebswirtschaft und Ethik.
92
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
Entwickelt wurde der Shareholder Value-Ansatz, um eine nachhaltige Unternehmensführung zu propagieren, den Wert des Unternehmens zu
steigern und die wichtigsten Wertgeneratoren („value drivers“) zu erfassen
und zu managen (vgl. Haeseler et al. 2007, S. 7). Das Konzept des Shareholder Value verfolgt als Primärziel, die Rendite der Eigenkapitalgeber (Aktionäre) zu maximieren.
Ziel des Shareholder Value-Konzepts („value“ bzw. „Value-based management“) ist eher rasches Wachstum des Unternehmens-(Markt-)Werts,
sein Schwerpunkt lautet: Rentabilität für Eigentümer bzw. Gesellschafter
hat Vorrang vor Berücksichtigung anderer Stakeholder. Als Berechnungsmethoden werden in der Praxis vor allem verwendet (vgl. Wöhe/Döring
2008, S. 198):
• Discounted Cash-flow (DCF) als Mehrperiodenmodell: Der Unternehmenswert ergibt sich aus der Abzinsung der künftig zu erwartenden
Zahlungen an den bzw. die Eigentümer.
• Economic Value Added (EVA) als Einperiodenmodell: Zusätzlicher
Unternehmenswert („Übergewinn“) in einer Periode entsteht erst, wenn
die Kosten des gebundenen Kapitals, der Finanzierung und des Risikos
gedeckt sind.
Das dem entgegen gesetzte Paradigma ist der Stakeholder-Ansatz; ein
Stakeholder ist – in der weitesten Interpretation des Begriffs – „… any
group or individual who can affect, or is affected by, the achievement of
the organization’s objectives” (Freeman 1984, S. 46).
Das Stakeholder-Konzept erkennt harmonische Umfeldbeziehungen
und values als Grundlage langfristiger Erfolge. Das Konzept geht weg vom
einseitig legitimierten hin zu einem pluralistisch legitimierten Unternehmen (vgl. Maak/Ulrich 2007, S. 177). Vertrauen zu anderen Anspruchsgruppen und von ihnen wiederum in das Unternehmen wird darin wesentlich stärker berücksichtigt als im Shareholder Value-Konzept.
Ziel des Stakeholder-Konzepts ist langsames, nachhaltiges Wachstum,
sein Motto lautet: Rentabilität UND Verantwortung, Stakeholder-Management ist das Ziel im Stakeholder-Konzept. Hingegen ist Stakeholder-Management aus der Sichtweise des Shareholder-Value-Ansatzes nur Mittel
zum Zweck und erfolgsrational motiviert.
Stakeholder sind (vgl. Göbel 2010, S. 130 f.; vgl. Maak/Ulrich 2007,
S. 186 f.):
• externe Stakeholder wie Eigen- und Fremdkapitalgeber, aktuelle und
potenzielle Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Vertriebs- und Kooperationspartner.
93
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
Die genannten Gruppen nehmen ihre Interessen tw. nicht selbst wahr,
ihre Ansprüche werden dann stellvertretend z. B. von Banken, Fondsmanagern, von Betriebsräten und Gewerkschaften (für die Mitarbeiter)
oder Verbraucherverbänden (für die Kunden) gestellt. Hinzu kommen
Wettbewerber, die öffentlichen Hände, Standortgemeinden und ihre
Vertreter sowie Anrainer.
• interne Stakeholder wie Manager, Mitarbeiter sowie die Eigentümerunternehmer (stehen der Institution Unternehmen gegenüber).
Einen besonderen Stellenwert nimmt die Öffentlichkeit bzw. ihre Vertreter
als Stakeholder ein: Als öffentliche (im Gegensatz zu privaten) Interessen
gelten verallgemeinerungsfähige Anliegen, die prinzipiell jedermann vertritt bzw. vertreten kann, weil sie dem Wohl der Allgemeinheit dienen.
Öffentliche Interessen sind z. B. innere und äußere Sicherheit, soziale Gerechtigkeit, Wohlstand, Bildung, Umweltschutz oder Bekämpfung der Korruption. Konkret an das Unternehmen herangetragen werden solche Ansprüche der Gesellschaft oft von staatlichen oder privaten Organisationen,
wie z. B. der OECD oder NGOs wie z. B. Greenpeace oder TI.
„Ökonomische“ Stakeholder wie Kunden, Investoren und Mitarbeitern
vertreten neben ihren privaten auch öffentliche Anliegen, da sie selbst
auch Teil der Öffentlichkeit sind. Konsumenten geht es z. B. nicht nur um
Preis und Qualität von Gütern, sondern auch um eine gerechte Bezahlung
von Arbeitskräften in Ländern, wo die Produkte hergestellt werden. Investoren erwarten wohl bestimmte Renditen, aber nicht alle möchten sie mit
Waffenexporten in Krisenregionen verdienen. Mitarbeiter streben zwar
nach fairen Gehältern, wollen aber nicht als Schädiger der Umwelt in Verruf geraten, wenn ihre Arbeitgeber so agieren.
Die sog. „kritische Öffentlichkeit“ stellt eigentlich keinen Koalitionär
(Stakeholder) dar, sondern ist eher ein „Ort der unternehmensethischen
Legitimation“ (Ulrich 2001b, S. 449), an dem öffentliche Interessen diskutiert werden, die dann an das Unternehmen herangetragen werden. Die
kritische Öffentlichkeit ist zugleich Adressat und Instanz der Unternehmensverantwortung. Akzentuiert wird ihre faktische Macht noch durch
die sog. Sozialen Medien, wie z. B. Facebook, die die globalen Möglichkeiten der digitalen Technologien zu einer i.d.R. starken Breitenwirkung
nutzen.
Nachhaltige Unternehmenswertschöpfung bedarf heute des Stakeholder-Managements („Shareholder Value-Konzept 2.0“, Speckbacher 2010,
o. S.) und bedeutet, Wertschöpfung durch und für alle Kern-Stakeholder
(d. s. nicht-austauschbare Stakeholder wie Mitarbeiter, Management, Kunden, Kapitalgeber) zu schaffen. Es geht zunehmend darum, wertorientierte
94
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
Unternehmensführung und den systematischen Stakeholderdialog als Teil
der Unternehmenskultur zu verankern.
Während das Shareholder Value-Konzept der Führung Rechenverfahren an die Hand gibt, ist das im Stakeholder-Konzept nicht der Fall. Es enthält folgenden Fragenkatalog für den Stakeholderdialog:
• Welche sozialen Gruppen gehören zu den strategischen Anspruchsgruppen?
• Welche Nutzenvorstellungen haben diese Gruppen?
• Wie wollen sie ihre Ziele mit Hilfe des Unternehmens umsetzen?
• Inwieweit sind die Ziele der Stakeholder auch Ziele des Unternehmens?
• Welche Nutzenpotenziale benötigt ein Unternehmen zum Zweck der
Nutzenstiftung für die Stakeholder bzw. welche Nutzenpotenziale
schöpft sie aus?
• Welche Indikatoren informieren die Führung und die Stakeholder über
den Grad der Erreichung der Ziele der Stakeholder?
Abbildung 16 stellt die Stärken und Schwächen der beiden Ansätze einander gegenüber.
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Abb. 16
Quelle: in Anlehnung an Waibl 2005, S. 22
„Die heutige Wirtschaftskrise ist nicht in erster Linie durch die Politik verursacht. Ihre Wurzeln liegen in den Management-Irrlehren jener Corpora95
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
te Governance, die das Unternehmen auf das Aktionärsinteresse und die
Maximierung der Gewinne reduziert“ (Malik 2005, S. 36). Zweck des Unternehmens muss es heute sein, auf seinem Gebiet wettbewerbsfähig zu
sein statt vorrangig auf den Unternehmenswert zu achten.
Trotz der wachsenden Bedeutung des Kapitalmarkts auch in Europa und
der dzt. Dominanz des Shareholder-Values in der heutigen Managementpraxis großer Unternehmen wird immer klarer, dass eine Fokussierung auf
den Shareholder im modernen Wettbewerb zu kurz greift. Gewinne bzw.
Verluste werden im Rechnungswesen seit Jahrhunderten als Residualgröße, und nicht als dominante, vorab den Eigentümern zuzusichernde Größe
behandelt. Viele Unternehmen kümmern sich nicht um den Shareholder
Value (z. B. Ein-Personen- oder Familienbetriebe), in vielen Organisationen ist er gar nicht messbar (wie z. B. beim Militär, in Vereinen, in der öffentlichen Hand oder in Bildungsinstitutionen).
Die Frage, ob der Shareholder Value ausreichend die Interessen der anderen Stakeholder mit einbezieht, ist empirisch noch nicht zweifelsfrei beantwortet. Heute geht man eher von der Annahme aus, dass dies nicht der
Fall sei (vgl. Lingnau/Schäffer 2009, S. 285; vgl. Göbel 2010, S. 77 und
S. 242).
Shareholder Value- und Stakeholder-Ansatz sind in der heutigen modernen Wirtschaft im Verbund zu sehen, sie bedingen einander. Einerseits
brauchen Unternehmen und ihre Stakeholder Gewinn und Cash-flow
(„value“ im monetären Sinn); andererseits reicht in einer komplexen Wirtschaft und in einer zunehmend Transparenz fordernden Öffentlichkeit rein
ökonomisches Denken schon lange nicht mehr aus: es bedarf der values
(vgl. Friesl 2008, S. 64 f.). Auch Porter/Kramer stellen eine hohe gegenseitige Abhängigkeit der beiden Konzepte fest: Entscheidungen in Unternehmen und Gesellschaft sollten auf den gemeinsamen Mehrwert („shared
value“) gerichtet sein (vgl. Porter/Kramer 2007, S. 22–24).
3.3
Corporate Responsibility
Corporate Responsibility (CR) meint die Forderung im Rahmen der
Unternehmensethik, dass Unternehmen bzw. Führungskräfte und Mitarbeiter auch gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen haben. Dieser
Imperativ hat in den letzten Jahren – vor allem unter dem Druck des sich
intensivierenden, globalen Wettbewerbs, der Umwelt- und Energiepolitik
und zunehmend kritischer Stakeholder – noch an Nachdrücklichkeit gewonnen.
Abbildung 17 zeigt die drei Teilbereiche des CR-Konzepts.
96
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
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Quelle: Schlange 2009, S. 305
Abb. 17
Mit Corporate Citizenship ist das unmittelbare Engagement des Unternehmens in seiner geografischen Nachbarschaft gemeint, z. B. die Übernahme ehrenamtlich ausgeübter Funktionen in NPOs. Der Begriff tritt aber
in seiner Bedeutung zugunsten des CSR-Begriffes relativ stark in den
Hintergrund (vgl. Dietzfelbinger 2008, S. 251). Daher wird im Rahmen dieser Arbeit nicht näher darauf eingegangen.
Zu den zwei übrigen Komponenten, Corporate Governance und Corporate Social Responsibility, nachfolgend im Detail:
3.3.1
Corporate Governance
Unter Corporate Governance (CG) versteht man alle Grundsätze und
Regeln, mit deren Hilfe das Verhalten der obersten Führungskräfte und die
Strukturen seiner Organe überwacht und gestaltet werden können. Sie sollen unter Wahrung der Entscheidungsfähigkeit und Effizienz auf der obersten Unternehmensebene Transparenz und ein ausgewogenes Verhältnis
von Leitung und Kontrolle sichern (vgl. Thommen/Achleitner 2006, S. 950;
vgl. Malik 2008, S. 120–125).
Gute CG bezeichnet eine Unternehmensführung, die nach transparenten Regeln und auf Basis einer effektiven und effizienten Aufgabenverteilung zwischen Aufsichtsorgan(en), Management, Eigentümern und der
97
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
übrigen Stakeholder mit dem Ziel erfolgt, den Unternehmensfortbestand
nachhaltig und auf Basis moralischer und betriebswirtschaftlicher Verantwortung zu sichern (vgl. Maak/Ulrich 2007, S. 214).
Es geht um eine verantwortungsvolle, auf nachhaltige Wertschöpfung
ausgerichtete Unternehmensführung und -kontrolle, die sämtliche Rechte
und Pflichten aller Anspruchsgruppen (Stakeholder) sowie deren Verhältnis untereinander regelt.
Das Verhalten von Unternehmen wird maßgeblich durch ihre langfristig
gültigen Regelungen über die Rechte und Pflichten der Unternehmensmitglieder sowie die Grundstruktur ihrer Organe und Ziele bestimmt. Diese
Komponenten bilden die Unternehmensverfassung. CG meint den (extern-)
rechtlichen und (intern-)normativen Ordnungs- und Regelungsrahmen für
Führung und Überwachung eines Unternehmens (vgl. von Werder 2005, Sp.
160). Dieser Rahmen muss allen und nicht nur einer oder mehreren Interessengruppen dienen.
Wenn CG das Unternehmensverhalten wirklich bestimmen soll, ist es
unumgänglich, die CG-Grundsätze in die Führungs- und in die Geschäftsprozesse zu integrieren sowie eine compliancekompatible Unternehmenskultur zu entwickeln (vgl. Grüninger 2010, S. 47–49). Es geht um folgende
wesentliche Zwecke:
• Transparenz über Führungs- und Entscheidungsregeln und deren Einhaltung
• Sicherung der Qualität der Unternehmensführung und ihrer Entscheidungen
• Unterbindung von Missmanagement und dolosen Handlungen.
Zum Aufbau eines übergreifenden einheitlichen Bewusstseins und Handelns setzen viele Unternehmen bereits folgende Systeme bzw. Maßnahmen ein:
• Erstellung und Verabschiedung eines unternehmensweiten CG-Leitfadens für Führungskräfte und Mitarbeiter
• Klare Trennung der Aufgaben zwischen Geschäftsführung, Aufsichtsorganen und Prüfungsinstanzen
• Transparente Weitergabe von Informationen an Externe (vgl. Brauer et
al. 2009, S. 16).
Am deutlichsten sichtbar wird CG in Kodizes bzw. Grundsätzen der Unternehmensführung und in der Organisationsstruktur.
Die Organisationsstruktur kann entweder nach dem
• Ein-Organ-Modell (z. B. in der OG die Gesellschafterversammlung)
• Zwei-Organ-Modell (Vereinigungsmodell, „one-tier-system“): hier sind
98
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
Geschäftsführung und Überwachung im Board of Directors (Führungsgremium) vereint; das zweite Organ ist die Gesellschafter- (Haupt-, General-)versammlung. Dieses Modell herrscht international vor.
• Drei-Organ-Modell („two-tier-system“) bestehend in der AG aus Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand. Es ist das gängige Modell in
deutschen und österreichischen Kapitalgesellschaften (vgl. Küpper 2006,
S. 160).
Eine konzeptionelle Überlegenheit einer dieser Organisationsstrukturen
kann nicht abgeleitet werden (vgl. Hofmann 2008, S. 75).
Auf Basis der „Principles of Corporate Governance“ der OECD und Initiativen der EU wurden in zahlreichen Industrie- und Entwicklungsländern
Governance-Kodizes verabschiedet, so auch der Österreichische Corporate
Governance Kodex (ÖCGK) in der Fassung 2010. Er richtet sich in erster
Linie an börsennotierte Aktiengesellschaften und wird erst mit der freiwilligen Selbstbindung verpflichtend, wobei eine zu rechtfertigende Nichtbindung oft von Konsumenten und/oder Kapitalgebern als Manko empfunden wird und Reputationsverluste nach sich ziehen kann.
Der ÖCGK hat indirekt auch Auswirkungen auf andere als kapitalmarktorientierte Unternehmen. Das Interesse der Wirtschaft und die Akzeptanzbereitschaft für solche Prinzipien ist in den letzten Jahren stark gestiegen
(vgl. Küpper 2006, S. 162).
Zur Einrichtung eines Systems einer nachhaltig-ethische Corporate Governance sollte der folgende Grundsatz gelten: Sämtliche (Führungs-)Entscheidungen und Ziele sollten sowohl auf ihre betriebswirtschaftliche
Zweckmäßigkeit als auch auf ihre moralische Legitimation überprüft werden. Das moralische Minimum, nämlich das Einhalten von Rechtsnormen,
ist dabei Voraussetzung und Nebenbedingung.
Es geht daher um die Einrichtung einer nachhaltig-ethischen Corporate Governance i. S. eines in sich stimmigen Systems von Checks and
Balances (vgl. Abbildung 18).
Dieses symbolische Gebäude für die moralisch korrekte Erfolgserzielung
hat vier Subsysteme als Säulen:
• Compliance- und Integritäts-Management (siehe Pkt. 3.5)
• Performance Management (als Systeme der strategischen und operativen Ergebnisorientierung von Management und Controlling)
• Chancen- und Risikomanagement (als Früherkennungssystem, insbesondere in Bezug auf Personen als Träger von Werten und Tugenden
und in Bezug auf Prävention vor Missmanagement und Unternehmenskriminalität)
• Internes Kontrollsystem (IKS).
99
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
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Abb. 18
Quelle: Eigene Darstellung
Das Fundament des Hauses bilden Kontrollfunktionen und -instanzen.
Andere als die genannten Prüfinstanzen sind z. B. Qualitätsmanagement,
Compliance Management und Abschlussprüfung.
Von besonderer Bedeutung ist das IKS. Im IKS geht es um Ordnungsmäßigkeit, Funktionssicherheit und Wirtschaftlichkeit der betrieblichen
Aufzeichnungen, Abläufe und Auswertungen anhand von integrierten,
prozessbegleitenden oder nachgelagerten Kontrollen (vgl. Schneider 2000,
S. 68).
Das IKS umfasst alle Maßnahmen, die dazu dienen, das Vermögen einer
Organisation zu sichern, die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Abrechnungsdaten zu gewährleisten und die Einhaltung der Geschäftspolitik zu
unterstützen (vgl. Hoffmann 2000, S. 171). Wichtige Komponenten eines IKS
sind vor allem:
• Zielorientiertes Arbeiten
• Ziel- und Aufgabenvereinbarung nach dem Grundsatz: Aufgaben =
Kompetenz = Verantwortung = Haftung
• Transparente Organisationsgrundsätze und Abläufe
• Klare Verfahrens- und Dienstanweisungen
• Systemimmanente Kontrollen
• Kontinuierliches Regelkreisdenken (Plan-Do-Check-Act)
• Trennung von anweisenden, durchführenden und aufzeichnenden Stellen (Funktionstrennung)
100
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
• Vier-Augen- (besser: Sechs-Augen-)Prinzip
• Regelmäßige Audits, ob das IKS auch tatsächlich eingehalten wird.
Aufgabe der Internen Revision als integraler Bestandteil des IKS und i. S.
ihrer Prozessunabhängigkeit ist es, die Effektivität und richtige Funktionsweise des IKS zu prüfen, zu überwachen und seine Qualität zu bewerten.
3.3.2
Corporate Social Responsibility
Corporate Social Responsibility (CSR) beschreibt ein Konzept, das verantwortungsbewusstes Verhalten der Unternehmen in ihrem Umgang mit
ihren Stakeholdern sowie beim Einsatz knapper Ressourcen fordert (vgl.
Lenzen 2007, S.17). CSR ist ein freiwilliges, über die Vorgaben einer Rechtsordnung hinausgehendes, unternehmerisches Engagement, das eine nachhaltige (sustainable) Unternehmensführung fordert.
Mit dem CSR-Konzept wird der Stakeholder-Ansatz konkretisiert und
zum sog. Triple-Bottom-Line-Ansatz (triple steht für: ökologisch, ökonomisch und sozial, weiter kurz: TBL) weiterentwickelt. Dies führt zu drei
Säulen der Verantwortung, die im Idealfall vom normativen Management
kontinuierlich und gleich stark berücksichtigt werden sollten, um ein
nachhaltiges Wirtschaften zu ermöglichen (vgl. Lenzen 2007, S. 22; vgl.
Bleicher 1991, S. 59).
Der Verantwortungsbereich für Soziales inkludiert sowohl die unternehmensinterne (z. B. Ergonomie, Arbeitssicherheit) als auch die -externe Dimension (z. B. Work-Life-Balance, familiengerechte Arbeitszeitgestaltung;
Kunst-, Kultur- und Sportsponsoring). Zusätzlich werden Umwelt-, Tierund Artenschutz als gleichrangige Verantwortungsbereiche erkannt. Dies
äußert sich z. B. in der Verwendung biologischer Nahrungsmittel, biologisch abbaubarer Reinigungsmittel, dem Energie-Recycling, der Verwendung erneuerbarer Energieträger oder der Übernahme von Patenschaften
für Tiere.
CR-Management ist die systematische Integration von Umfeldtrends
und Stakeholder-Anforderungen in die normative und strategische Unternehmensführung (vgl. Horst/Albrecht 2009, S. 297). Klar muss dabei aber
sein, dass rein kosmetische Aktionen wie z. B. Greenwashing, nicht geeignet sind, das Bild eines sich wirklich der TBL verpflichtet fühlenden Unternehmens zu zeichnen (vgl. Ostermann 2010, S. K 21).
Im Zusammenhang mit TBL wird vom sog. „magischen Dreieck” gesprochen, wobei “magisch” nur auf die zwangsläufig entstehenden Zielkonflikte zwischen dem Engagement für Soziales, Umwelt- und Tierschutz einer101
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
seits und andererseits dem betriebswirtschaftlichen Kalkül, insb. die Fragen
der sog. Umwegrentabilität und Finanzierbarkeit des nicht-ökonomischen
Engagements hindeutet (vgl. Kuhlen 2005, S. 25).
Aus Controllingsicht geht es darum, im CSR-Konzept Methoden zu entwickeln, die es dem Unternehmen ermöglichen, den Grad der Erreichung
der TBL-Ziele messbar und vergleichbar zu machen. Im Gegensatz zu rein
monetären Finanzzielen erschweren die meist „weichen“ Faktoren der beiden anderen Dimensionen aber diese Aufgabe (vgl. Kuhlen 2005, S. 28 f.).
In weiterer Folge gilt es, einheitliche Kriterien und Vorgangsweisen zur
CSR-Bewertung und CSR-Berichterstattung zu entwickeln, um eine Vergleichbarkeit der veröffentlichten Nachhaltigkeits- bzw. CSR-Berichte von
Unternehmen zu ermöglichen (vgl. Kuhlen 2005, S. 59).
Aktuell veröffentlichen die meisten ATX- und DAX-Unternehmen eigenständige CR-Berichte und orientieren sich dabei an den Vorgaben der
Global Reporting Initiative (GRI; vgl. GRI 2006). Die Leitlinien der GRI
haben sich als weltweit akzeptierter Berichtsstandard – vergleichbar den
IAS – für die Erstellung von Jahresabschlüssen etabliert. Ziel der GRI ist es,
das CSR-Profil eines Unternehmens innerhalb einer Branche darzustellen
und mit Konkurrenten vergleichbar zu machen. Die GRI hat dazu sog. Sector Supplements entwickelt (vgl. Schlange 2009, S. 305 f.).
In den letzten Jahren wurde intensiv an der Entwicklung aussagekräftiger Leistungsindikatoren, insb. Schlüsselkennzahlen (Key performance indicators, KPI) für die Finanzanalyse gearbeitet, besonders seitens
der DVFA, wo KPI für die Bereiche „ESG“ (= Environmental, Social,
Governance; also Daten über Umwelt-, soziale und qualitative Unternehmensführungsaspekte) entwickelt wurden (vgl. EFFAS 2008). ESG 8 bezieht sich z. B. auf Korruption.
Aufgabe eines (CR-)Controllings sollte es sein, das Management bei der
Integration von CR-Themen in die Unternehmensstrategie zu beraten und
zu unterstützen sowie eine zielgerichtete Planung, Überwachung der Umsetzung und Erfolgskontrolle von CR-Maßnahmen zu konzipieren und zu
koordinieren. Controllingrelevante Informationen zu CR sind nicht nur
wichtig für das interne Berichtswesen, sondern auch für die externe Berichterstattung und Kommunikation (vgl. Horst/Albrecht 2009, S. 297 f.).
Die Ergebnisse des CR-Managements und -Controllings können sich
z. B. konkret äußern in
• Wertschöpfungsrechnungen
• Wissensbilanzen
• Nachhaltigkeitsberichten
• Sozialbilanzen
• Umweltbilanzen (vgl. Küpper 2006, S. 276–280).
102
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
Diese Rechenwerke bieten die Chance, ökologische und soziale Errungenschaften bei der Befolgung des TBL-Konzepts – vor allem in Textform –
darzustellen. Aus solchen Bilanzen können auch Umweltkennzahlen, z. B.
CO2-Emissionswerte, zur Beurteilung der meist weichen Erfolgsgrößen abgeleitet werden. Die Verwendung solcher Kennzahlen soll zeigen, dass
richtig angewandte Ethik kein Nachteil oder Hemmnis für ein Unternehmen darstellt, sondern im Gegenteil nachhaltig den Unternehmenserfolg
sichert.
3.4
Unternehmenskriminalität
Ein wesentliches Augenmerk von normativem Management und Controlling muss der aktuell „grassierenden Wirtschaftskriminalität“ (Schellhorn
2010, S.17) und entsprechender vorbeugender Maßnahmen gelten. Daher
geht es vorrangig darum, ein hinreichendes Problembewusstsein zu schaffen. Pikant an diesem Thema im Kontext der normativen Führung ist die
Erfahrungstatsache, dass die Täter oft aus dem mittleren und oberen
Management kommen.
Unternehmenskriminalität ist ein Teil der Wirtschaftskriminalität
(engl.: fraud; von lat. fraus, fraudis: Betrug, Schwindel, Täuschung, Unterschlagung). Was unter Wirtschaftskriminalität zu verstehen ist, ist in der
Literatur nicht geklärt. Ein zielführender Ansatz ist die täterorientierte Betrachtungsweise („Weiße-Kragen-Kriminalität“, „White-collar-fraud“); es
handelt sich um Taten, die unter dem Mantel einer Einzelfirma oder einer
Gesellschaft begangen werden und zumeist sehr hohe Schadensfolgen aufweisen (vgl. Schneider et al. 2006, S. 29).
Für eine angemessene definitorische Fassung von Unternehmenskriminalität erscheint es sinnvoll, ihre Wesensmerkmale zu nennen; diese sind
vor allem (vgl. Hilf 2008, S. 15–17):
• die Begehung im Zusammenhang mit wirtschaftlicher Tätigkeit durch
selbständig oder unselbständig Wirtschaftstreibende
• die Komplexität (und damit schwere Durchschau- und Nachweisbarkeit) einzelner Taten
• in weiten Bereichen der Missbrauch von Vertrauen
• Auswirkungen über die Schädigung von wirtschaftlichen Einzelinteressen hinaus („überindividuelle Dimension“)
• eine reduzierte Opfereigenschaft (Opfer, die weiße Kragen tragen, erscheinen weniger schützenswert)
• i.d.R. hohe Schadenssummen
• Internationalität der Straftaten.
103
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
Unternehmenskriminalität umfasst als Sammelbegriff ein sehr breites Deliktspektrum. Dabei geht es um Straftaten, die sich vor allem durch das
Ausnutzen von speziellem Know-how zu illegalen Zwecken auszeichnen.
Dazu zählen u. a.: Anlagebetrug, Computerkriminalität, illegale Arbeitnehmerüberlassung, Diebstahl geistigen Eigentums, Insiderdelikte, Bilanzfälschung, Insolvenzdelikte, Korruption (Bestechung), Kredit-, Wechsel-,
Scheck- und Kreditkartenbetrug, Lebensmittelverfälschung, Umweltkriminalität, Untreue, Geldwäsche, Produktfälschung, Spesenbetrug, z. B. durch
den Außendienst, Schwarzarbeit, Subventionsbetrug, Versicherungsbetrug,
Wettbewerbsverstöße, Zolldelikte, Steuerhinterziehung (vgl. Kirchler et al.
2008, S. 3; vgl. Wells/Kopetzky 2006, S. 1; vgl. Schneider et al. 2006, S. 29).
Hinzu kommt Mitarbeiterkriminalität wie Sabotage, missbräuchliche Verwendung von Daten oder Diebstahl von Geld oder Sachwerten.
Doloses Verhalten (lat. dolosus, -a, -um: trügerisch, arglistig) bezeichnet
ein vorsätzliches Handeln, Dulden bzw. Unterlassen, das geeignet ist, zum
Zweck der persönlichen Bereicherung den Unternehmenserfolg zu beeinträchtigen oder Dritten Schaden zuzufügen. (vgl. ACFE 1996, S. 9). Von
kriminell spricht man, wenn das Verhalten strafrechtlich relevant ist.
Über den Umfang vieler Delikte, wie z.B. Bilanzfälschung, gibt es keine
verlässlichen Schätzungen; einig ist sich die einschlägige Literatur lediglich
hinsichtlich einer relativ hohen Dunkelziffer, d. h. die Zahl der begangenen
Straftaten liegt weit über jener der Verurteilungen.
Mit Unternehmenskriminalität ist eine besondere Form eines ethischen
Dilemmas verbunden:
Es liegt im vitalen Interesse des Unternehmens, Kriminalität zu unterbinden, da sie es ab einem gewissen Punkt moralisch und ökonomisch in die
Insolvenz führt. Aber integre Unternehmen sind am Markt durch jene Akteure angreifbar, die durch dolose Handlungen, z. B. Bestechung in großem
Ausmaß, lukrative Aufträge akquirieren. Das Dilemma ist erst dann nicht
mehr gegeben, wenn Bestechung als Wettbewerbsmittel in einem Markt effektiv unterbunden wird, oder wenn alle Marktteilnehmer bestechen.
Nur im ersten Fall sind integre Unternehmen nicht mehr angreifbar.
Das Risiko besteht darin, dass ein einzelnes Unternehmen in der Situation, in der alle anderen nicht korrumpieren, die höchsten Gewinne aus
Korruption einfahren kann. Jedes einzelne Unternehmen hat also einen
hohen Anreiz, zu Korruption als (illegalem) Mittel im Wettbewerb zu
greifen.
Interessant ist im Zusammenhang mit der Novellierung des Antikorruptionsstrafrechts 2009 eine Äußerung von Mazal, der anmerkt: „… wie stark
die Ökonomisierung aller Gedanken fortgeschritten ist: Nicht irgendwelche
ethischen Aspekte der Korruption, sondern ausschließlich die durch Kor104
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
ruption möglichen wirtschaftlichen Nachteile werden als Beweggrund für
die Regelung genannt“ (Mazal 2009, S. 739).
In der Öffentlichkeit werden manche Formen der Unternehmenskriminalität immer noch als Kavaliersdelikte gesehen; das gilt insbesondere für
Insider-Missbrauch, Korruption zwischen Unternehmen („B2B-corruption“) und Schwarzarbeit:
• Im Fall des Insider-Missbrauchsvorwurfs (damals § 48a BörseG alt) von
Generaldirektor Strucl (VOEST) wurde eine relativ geringe Geldbuße
verhängt. Die Medien akzeptierten diese Sanktion wohlwollend, weil
der Beschuldigte seinen unredlichen Gewinn (umgerechnet rund
€ 18.000) karitativen Einrichtungen spendete (vgl. Schick 2008, S. 47).
• Korruption (von lat. corrumpere: verderben, bestechen; engl.: bribery) ist
der Missbrauch einer übertragenen Macht- oder Entscheidungsbefugnis
zum eigenen materiellen oder immateriellen Vorteil oder Nutzen, auf
den kein Rechtsanspruch besteht. Es wird versucht, auf Kosten anderer
mit unlauteren Mitteln einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen. Korruption bezeichnet Bestechung und Bestechlichkeit, sprich Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme (vgl. Köck 2007, S. 66). Korruption
wurde und wird in vielen Ländern schweigend toleriert. Bis vor kurzem
war in vielen Ländern Bestechung im Ausland – oft unter dem Titel
„Geschäftsanbahnung“ – sogar steuerlich absetzbar.
Klitgaard et al. bringen eine Formel, um die Kernelemente des Problems
zu zeigen: C = M + D – A. Dabei bedeutet: C = Korruption, M = Machtmonopol, D = Ermessen (-sfreiheit, discretion) und A = Rechenschaftspflicht (accountability, transparency). D. h.: Wenn jemand das uneingeschränkte Recht zur Vergabe eines Guts oder einer Dienstleistung und
die Ermessensfreiheit hat, zu entscheiden, wer in welchem Umfang dieses Gut bzw. diese Dienstleistung erhält, und es zudem keine Rechenschaftspflicht gibt, aufgrund der transparent wird, wie die Vergabeentscheidung zustande kam, dann besteht die Tendenz zu Korruption (vgl.
Klitgaard et al. 2000, S. 27 und 32).
Der volkswirtschaftliche Schaden in Österreich durch Korruption ist in
den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen und wird 2010 voraussichtlich 26 Mrd. Euro, d. s. fast 10 % des Bruttoinlandsprodukts,
ausmachen (vgl. Schneider 2009, S. 502).
• Wachsen wird 2010 voraussichtlich auch das Ausmaß der Schattenwirtschaft, also des klassischen „Pfuschs“. Dieser dürfte heuer bei rund
21 Mrd. Euro liegen (vgl. Schneider 2009, S. 504).
In den letzten Jahren hat in Österreich, Europa und weltweit die Unternehmenskriminalität stark zugenommen. Das zeigen jüngste empirische
Untersuchungen übereinstimmend:
105
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
Unternehmensstraftäter gehören i.d.R. mittleren und oberen Sozialschichten an, verfügen über fundierte Ausbildung und sind nicht vorbestraft. Je höher die hierarchische Position, desto höher meist auch der
Schaden. Andererseits lassen empirische Studien den Schluss zu, dass mit
Tätern aus der Leitungsebene deutlich nachsichtiger umgegangen wird als
mit nachgeordneten Mitarbeitern (vgl. Hofmann 2008, S. 58 f.).
Von Cressey stammt das heute in der Kriminologie verwendete sog. „dolose Dreieck“ (fraud triangle), wonach eine Straftat i.d.R. drei Aspekte aufweist:
• ein subjektiv empfundenes, nicht mit anderen kommunizierbares finanzielles Bedürfnis (Motivation)
• eine subjektiv empfundene „gute“ Gelegenheit, und
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Quelle: in Anlehnung an Wells/Kopetzky 2006, S. 6
Im vorliegenden Kontext gilt das Hauptaugenmerk vor allem der innerlichen Rechtfertigung, d. h. den negativen Werten als Motiv, wie z. B. Gier
oder Rache.
Aufgrund empirischer Befunde zu den Gründen für illegales und unmoralisches Handeln sind vier Faktoren der Unternehmenskultur zu nennen, die ethisches Verhalten be- bzw. verhindern (vgl. Göbel 2010, S. 224):
• eine allgemeine Billigung oder Duldung unmoralischer Praktiken,
wobei vor allem das (schlechte) Beispiel von Führungskräften Schule
macht
106
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
• eine Cliquenbildung im Unternehmen, die das Aufdecken unmoralischer Praktiken verhindert
• eine starke Orientierung an materiellen Werten
• die Hemmung, über moralische Aspekte des Verhaltens zu sprechen.
Dazu kommen noch organisatorische Gründe wie vor allem
• mangelnde Koordination und Systemverständnis in der stark arbeitsteiligen Wirtschaft,
• Missverständnisse und unklare Kontrollkompetenzen;
• Ein Abschieben von Verantwortung, wenn der Einzelne jeweils nur
einen Teilschritt im gesamten Arbeitsprozess übernimmt; die starke Arbeitsteilung fördert selektives Erkennen.
• ein Abschotten gegenüber Kritik; besonders problematisch ist das im
Verhältnis zwischen Stab und Linie, wo sich Experten mangels Verantwortung für die von ihnen mitgetragene Entscheidung oft moralisch unbelastet fühlen.
• eine Filterwirkung der Hierarchie: Mitarbeiter hüten sich, negative Informationen und Kritik nach oben zu kommunizieren; Vorgesetzte ignorieren oder beschönigen negative Informationen gegenüber Externen.
Dann werden auch Hinweise auf unmoralische Praktiken von beiden
Seiten – wissentlich oder unwissentlich – übersehen.
Als Erklärung für die Bilanzfälschungs- und Korruptions- und Betrugsskandale bei Enron und WorldCom wird neben dem Versagen von Kontrollmechanismen eine Kultur verantwortlich gemacht, die schnelles Geld
als obersten Wert und z. B. aggressive Werbung und Konkurrenz als probate Mittel propagiert (vgl. Windolf 2003, S. 194 f.).
Fast 90 Prozent der Diebstähle, Veruntreuungen, Geldwäsche- und Bilanzdeliktsfälle gehen auf das Konto von Mitarbeitern aus dem eigenen
Unternehmen. Wirtschaftskriminelle Handlungen wie Zweckentfremdung
von Firmeneigentum oder Veruntreuungen dürften in Unternehmen viel
häufiger vorkommen als angenommen, der Unterschied liegt nur im Ausmaß. Der typische Wirtschaftskriminelle ist 35 bis 45 Jahre alt, männlich und Einzeltäter; nur 20 % kooperieren mit externen Komplizen (vgl.
www.kpmg.at 2010).
Eine wichtige Rolle bei der Aufdeckung von Delikten im Unternehmen
sollte die interne Revision spielen. Aber nur 17 % der Fälle von Unternehmenskriminalität werden weltweit durch die Interne Revision aufgedeckt
(S. 9); der Trend ist aber rückläufig (2007: 19 %, 2005: noch 26 %; vgl.
www.pwc.com 2009).
107
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
Für die USA liegt die Quote gemäß National Fraud Survey bei 24 %
(vgl. Wells/Kopetzky 2006, S. 48).
In Österreich wurden laut Crime Survey 2007 58 % der genannten Fälle
durch Zufall aufgedeckt, aber nur 4 % durch die interne Revision (vgl.
www.pwc.com 2007).
37 % der Unternehmen in Deutschland waren in den letzten drei Jahren
Opfer von Wirtschaftskriminalität. Mehr als zwei Drittel der Befragten
(67 %) gehen davon aus, dass das Ausmaß wirtschaftskrimineller Handlungen weiter zunehmen wird. Inhaber- oder familiengeführte Unternehmen
setzen bei ihren Mitarbeitern auf das Vertrauensprinzip. Die Erfahrung zeigt
aber, dass Maßnahmen des IKS wie die Funktionstrennung oder das VierAugen-Prinzip oft einfach nicht befolgt werden. Laut Umfrage der KPMG ist
für 69 % der mittelständischen Unternehmen die Gelegenheit zum Vertrauensmissbrauch die wichtigste Ursache für wirtschaftskriminelle Taten.
Es ist zu bedenken, dass heute selbst Konstruktionspläne auf einen USBStick und damit in jede Hosentasche passen. Der Verlust von sensiblen
Entwürfen oder Formeln kann für ein innovationsgetriebenes mittelständisches Unternehmen aber existenzbedrohend sein (vgl. www.kpmg.de
2010b).
An indirekten Schäden durch Wirtschaftskriminalität sind zu nennen (in
der Reihenfolge ihrer Bedeutung):
• Beeinträchtigung von Geschäftsbeziehungen
• Reputationsverlust für Unternehmen und handelnde Personen
• Rückgang der Arbeitsmoral.
Neben der HR-, der Compliance-Stelle und der Internen Revision ist vor
allem das normative Controlling aufgerufen, in seiner Präventionsfunktion
dem Top Management Systeme und Maßnahmen zur Vorbeugung von
Unternehmenskriminalität vorzuschlagen, wie vor allem:
• ein gezieltes Risikocontrolling
• regelmäßige Normen- und Werte-Checks
• einen durch angewandte Unternehmensethik fundierten Code of Conduct
• ein sog. „Red Flagging Management“ als Frühaufklärungssystem
zur Entdeckung von fraud, das insbesondere die Erkennung auch
"schwacher Signale" und eine Typisierung von Warnsignalen leisten
muss, die "red flags" sollten mindestens nach den drei Komponenten
des "fraud triangles" differenziert sein.
• ein sog. Incident Management mit dem sog. „Whistleblowing“ als
zentralem Instrument: Hiermit ist das Aufdecken von fraud und die entsprechende Informationsweitergabe durch Organisationsangehörige an
108
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
neutrale Ahndungsinstanzen gemeint; als problematisch stellt sich der in
der Praxis typische Umstand heraus, wenn der „Whistleblower” hierarchisch unter dem „Bezichtigten“ angesiedelt ist (vgl. Hofmann 2008,
S. 388–390).
3.5
Corporate Compliance versus Integrität
Unter einer verantwortungsvollen Unternehmensführung versteht man
die Einhaltung von Gesetzen, Richtlinien sowie internen Vorschriften.
Hierzu hat sich der Fachbegriff Compliance (engl.: to comply: Folge leisten,
erfüllen, geltende Vorschriften einhalten) im deutschen Sprachraum etabliert.
Verantwortungspflicht und unternehmerisches Handeln erfordern von
der Unternehmensführung Maßnahmen, Rechtsvorschriften ausnahmslos
einzuhalten. Compliance ist – besonders in Großunternehmen – sehr umfangreich. Daher ist es folgerichtig, Verantwortungen und Aufgaben in der
Unternehmensführung von Compliance-Erfordernissen zu trennen und
unterschiedliche Instanzen im Unternehmen mit diversen ComplianceAufgaben zu betrauen (vgl. Brauer et al. 2009, S. 4 f.).
Es gilt – über gesetzliche Regeln und Bestimmungen hinaus – das Bewusstsein für Ethik und ethisch-korrektes Verhalten des Managements
und der Mitarbeiter zu entwickeln bzw. zu stärken. Die gesetzlichen Bestimmungen berücksichtigen nur einen Teil der Ethik, die Gesellschaft verlangt jedoch ein darüber hinausgehendes Maß an Moral (vgl. Wecker/Galler
2009, S. 50 f.).
Compliance gilt heute als wichtiges Element guter Corporate Governance (vgl. Gleich et al. 2008, S. 338).
In den USA sehen die von der United States Sentencing Commission
1991 aufgestellten und 2004 verschärften „Federal Sentencing Guidelines
for Organizations“ vor, dass Unternehmen im Falle unethischen Verhaltens
einzelner Personen als gesetzliche Einheit bestraft werden können. Falls
die Organisation den Nachweis eines effektiven Ethikprogramms erbringt,
kann das Gericht das Strafausmaß reduzieren (vgl. Kreikebaum 2006,
S. 10).
In Österreich gilt das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz; demnach ist
neben der handelnden natürlichen Person auch ein Unternehmen zu bestrafen, wenn die Tat entweder durch einen Entscheidungsträger oder
durch einen Mitarbeiter begangen wird und die Tat durch ein Organisationsverschulden ermöglicht oder erleichtert wurde (vgl. Zehetner 2009,
S. 269).
109
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
Eine Umfrage von PwC und „The Economist Intelligence Unit“ unter
160 Führungskräften in nordamerikanischen, asiatischen und europäischen
Unternehmen 2003 ergab, dass unter Compliance neben der Befolgung von
externen Gesetzen und Richtlinien auch die Prüfung interner Vorgaben und
ethischer Grundsätzen von Bedeutung ist. Mehr als die Hälfte der befragten
Führungskräfte sehen Reputationsrisiken als die größte Gefahr für das
Unternehmen, gefolgt von Bonitätsrisiken. Die Bedeutung von Compliance
nimmt nach Meinung der Befragten weiter zu (vgl. www.pwc.com 2003).
Aus diesem Grund gehen zahlreiche in der Literatur zu findende Definitionen bereits auf den Begriff der Compliance auch im Zusammenhang mit
Ethik und Moral ein (vgl. Hauschka 2007, S. 3). Besonders fruchtbringend
erscheint dabei die Unterscheidung in
• Compliance als Einhalten von externen Normen und Regelungen, und
• Observance als Einhalten der intern festgelegten Normen (vgl. von
Werder/Grundei 2006, S. 19 f.).
Als Überbegriff wird der Terminus Conformance, d. h. Prüfung, ob bzw.
inwieweit zu beachtende Regeln eingehalten werden, verwendet.
Wichtigste Ziele jeder Conformance-Strategie sind Aufdeckung und
Prävention von ungesetzlichem und unethischem Handeln (vgl. Paine
1994, S. 109). Die Führung soll dadurch vor gesetzlichen Konsequenzen
und vor persönlichen Angriffen, z. B. seitens der Öffentlichkeit, geschützt
werden.
Dazu bedarf es z. B. eines konkreten Ethikprogramms, das Verhaltensleitlinien enthält und deren Überwachung garantiert. Es verbindet sich mit
einer Kultur des Misstrauens und der Angst vor Aufdeckung ungesetzlichen Verhaltens. Das Ethikprogramm umfasst neben gezielten Ausbildungs- und Trainingsmaßnahmen auch Sanktionen und disziplinäre
Mittel, um ein legales Verhalten der Belegschaft zu erreichen. Dazu gehören auch Verfahren, um Mitarbeiter vor Repressalien schützen („Whistle
Blower Protection“) sowie Audits zur Kontrolle der Umsetzung eines solchen Programms (vgl. Hunsdiek/Tams 2006, S. 47).
Positiv am Compliance-Ansatz ist zu werten
• die Reduktion von Komplexität aufgrund zahlreicher gesetzlicher Vorschriften, vor allem in einzelnen Materiengesetzen; und
• die Schaffung von Erwartungssicherheit im Unternehmen, indem Verhaltensnormen und Disziplinarmaßnahmen standardisiert werden
(vgl. Hunsdiek/Tams 2006, S. 48 f.).
110
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
Kritisch zu bemerken ist aber:
• Ethische Normen werden typischerweise nicht in einem transparenten
Prozess der Abstimmung zwischen Beteiligten und Betroffenen entwickelt, sondern vorgegeben. Die fehlende Beteiligung der Unternehmensangehörigen an der Entwicklung der Leitlinien verhindert aber oft die
erwünschte intrinsische Motivation, eine kritische Reflexion und die
Selbstverpflichtung (Ethos) der Mitarbeiter (vgl. Kreikebaum 2006,
S. 10);
• Ein „Overjustification-Effekt“ kann auftreten: Gibt man Personen
Anreize, sich in bestimmter Weise zu verhalten, obwohl sie sich bereits
aus eigenem Antrieb (Ethos) in der gewünschten Weise verhalten, kann
durch zusätzliche externe Anreize der Eigenantrieb reduziert werden
(vgl. Hunsdiek/Tams 2006, S. 52);
• Fremdkontrolle und Sanktionsmaßnahmen werden als Ausdruck einer
Misstrauenskultur gewertet. Werte werden „von oben“ vorgegeben statt
auf die Verantwortungsfähigkeit der Mitarbeiter zu setzen (vgl. Ulrich
2001b, S. 420);
• Compliance-Programme verfolgen häufig nur das moralische Minimum,
nämlich kriminelles Verhalten zu verhindern. Typisch ist auch die Besetzung entsprechender Stellen mit Juristen. Es fehlt oft an Reflexion darüber, ob alles, was legal ist, auch moralisch genannt werden kann;
• Bei den Implementierungsmaßnahmen setzt man stark auf detaillierte
(externe) Vorschriften als Richtschnur und auf Angst vor Strafe als
„Motivationsfaktor“. Leitmotiv ist: ”Keep us out of trouble!” (Göbel 2010,
S. 248).
Diese Kritik nimmt der Integritäts-Ansatz auf. Die Mitarbeiter sollen zu
eigenverantwortlichem und moralischem Handeln befähigt und ermutigt
werden. Dazu gehört vor allem die formelle Konkretisierung ethischer Erwartungen z.B. in Wertechartas, im Leitbild oder in Verhaltensgrundsätzen.
An die Stelle einer „ethischen Außensteuerung“ im Compliance-Konzept tritt im Integritäts-Ansatz ein wertorientiertes, selbstbestimmtes Engagement. Der Integritäts-Ansatz enthält zwar auch die Forderung nach
Erfüllung gesetzlicher Vorgaben als notwendigen ersten Schritt, geht aber
einen entscheidenden Schritt weiter, indem verlangt wird, die Führung
möge situativ auf die legitimen Ansprüche von Stakeholdern eingehen.
Die Einhaltung von Normen kann auf Dauer nicht erzwungen werden,
sie sind in einem Dialog zu erarbeiten. Dazu muss ein sensitiver Umgang
mit Konflikten geprobt werden. Der Integritäts-Ansatz ist tiefgehender,
umfassender und anspruchsvoller als die bloße Anpassung eines „Ethik111
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
managements“ an Gesetzesvorgaben. Aber erfahrungsgemäß überfordern
sich Unternehmen oft mit Idealvorstellungen von Integrität (vgl. Kreikebaum 2006, S. 11).
In Abbildung 20 werden die wesentlichen Merkmale von Complianceund Integritätsansatz einander gegenüber gestellt.
Kriterium
Compliance-Ansatz
Integritäts-Ansatz
Ziel
Einhaltung externer (Rechts-)
Normen, d.h. der Legalität
Moralische Selbststeuerung
von Führung und
Mitarbeitern erreichen
(Legitimität)
Philosophie
„Verhinderungslogik“:
Begrenzung von
Handlungsspielräumen, um
kriminelle Energie einzudämmen;
„rule-based“, daher relativ
einfach
Individuelle moralische
Verantwortung fördern;
„behavior-based“, daher
relativ komplex und
anspruchsvoll
Menschenbild
Person ist von materiellem
Eigennutz geleitet ;
Androhung von Sanktionen wirkt
verhaltenssteuernd
Person ist vom Eigennutz,
aber auch von Idealen,
Werten und Vorbildern
geleitet
Wirkungen
und
Maßnahmen
Einrichtung eigener ComplianceStellen, verstärkte
Dokumentation, Tendenz zu
„black lists“; Schulungen,
Schulungen, Vorbild der
Führungskräfte, Freiraum für
persönliche Verantwortung,
Kontrolle und Sanktionen
Abb. 20
Quelle: in Anlehnung an Göbel 2010, S. 246
Compliance zeugt eher von einem defensiven Verständnis. Der Integritätsansatz kommt hingegen einem proaktiven Management näher, da er auf
einen „innengeleiteten Wandel“ im Unternehmen, auf Bewusstseinsbildung und auf die Integrität jedes Einzelnen setzt.
Gefragt ist in der Praxis wohl der gesunde Mittelweg: die – eigentlich
selbst verständliche – Einhaltung von Rechtsnormen als Basis, darüber hinaus wird aber der moralischen Selbstverantwortung von Führungskräften
und Mitarbeitern ausreichend Raum zu geben sein.
112
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
3.6
Warum sich integre, nachhaltige Unternehmensführung
auch wirtschaftlich lohnt
Die Antwort von Unternehmen auf die geforderte höhere Umwelt-, Sozialund Governance-Verantwortung wird als Corporate Social Performance
(CSP) bezeichnet. Es gibt zahlreiche Studien, die den Zusammenhang zwischen CSP und der Unternehmensperformance untersuchen. Dabei sind
folgende Besonderheiten zu beachten:
• CSR bzw. CR sind nicht eindeutig definiert bzw. definierbar.
• Dies gilt besonders, wenn in Nachhaltigkeitsberichten Kennzahlen zu
CSR bzw. CR gebildet werden.
• Informationen über Nachhaltigkeit und Corporate Governance werden
von Unternehmen meist in Textform veröffentlicht und sind damit nur
mittels Textanalyse beurteilbar.
• Aufgrund dieser Faktoren sind Vergleiche zwischen Unternehmen meist
wenig aussagekräftig.
• Die Kausalität ist nicht eindeutig: Wirkt CSP auf die Unternehmensperformance? Oder gibt es auch Rückwirkungen in dem Sinne, dass Unternehmen mit guten Ergebnissen eher zu CR-Aktivitäten bereit sind? (vgl.
Bassen/Senkl 2010, S. 257).
Bassen/Hölz/Schlange (2006) analysieren CR anhand eines CSR-Ratings, das
verschiedene Nachhaltigkeitsbereiche umfasst. Es zeigt, dass eine gute CSP
des Unternehmens
• das Risiko des Eigenkapitals und damit die von Investoren geforderte
Risikoprämie verringert, und
• die Risikoeinschätzung der Fremdkapitalgeber verbessert, was sich in
niedrigeren Kreditzinsen niederschlägt (vgl. www.dsw.de 2006).
Die European Alliance for Corporate Social Responsibility untersucht im
sog. Laboratory on Market Valuation of Financial and Non-Financial Performance, welche Bereiche einer Nachhaltigkeitsberichterstattung für Investoren von Interesse sind. Die bisher bestätigte Hypothese dafür lautet:
“There is a strong correlation between the key non-financial drivers and
CSR represented by environmental, social and governance (ESG) factors”
(vgl. www.investorvalue.org 2006).
Orlitzky et al. führen eine Meta-Analyse von 52 empirischen Studien durch
und kommen zum Ergebnis, dass zwischen CSP und Corporate Financial
Performance ein positiver Zusammenhang besteht. “The meta-analytic findings suggest that corporate virtue in the form of social responsibility and, to
113
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
a lesser extent, environmental responsibility is likely to pay off …” (vgl.
www.sagepub.com 2003).
Man darf daher annehmen, dass sich aus dem Aufbau bzw. der Entwicklung
• von Normen, positiven Werten und Moral als Objekten des normativen
Managements,
• eines Stakeholder-Ansatzes nach betriebswirtschaftlich-strategischen
und nach ethischen Kriterien,
• einer Corporate Responsibility, insbesondere einer nachhaltig-ethischen
Corporate Governance, und des
• Integritätsansatzes
letztlich handfeste finanzielle Vorteile für Unternehmen ergeben (vgl.
Maak/Ulrich 2007, S. 357–361; vgl. Göbel 2010, S. 178 und S. 260), wie vor
allem:
• Höhere(s) Motivation, Engagement und Loyalität der Mitarbeiter, die
z. B. in freiwillige Leistungen und Anstrengungen für das Unternehmen
oder in Erreichbarkeit „rund um die Uhr“ münden
• Höheres Ansehen bei Stakeholdern
• Gute Reputation, die Kunden zum (Wieder-)Kauf veranlasst, das Akquisitionspotenzial für neue Mitarbeiter erhöht und Rekrutierungskosten
reduzieren kann
• Vertrauen in die Integrität des Unternehmens und der handelnden Personen, die die Kooperationen mit Stakeholdern erleichtert, das Risiko
senkt, die Vertragsqualität verbessert und die Kapitalkosten senkt.
• Gutes Image verhilft zu Standort- oder Netzwerkvorteilen.
• Unternehmen mit Charakter sind langfristig erfolgreich, Charakter zahlt
sich aus („Return on Character“).
• Geschäftspartner haben Klarheit darüber, welche ethischen Standards
das Unternehmen vertritt.
• Umweltschutzmaßnahmen z. B. können direkt Kosten sparen oder kostenneutral sein. Erzeugen sie höhere Kosten, können diese auf die Kunden überwälzt werden, wenn diese bereit sind, für umweltgerechte
(z. B. Fair-Trade-)Produkte höhere Preise zu zahlen. Ökologische Produktion kann sogar zum USP werden, wie z. B. der Boom bei Bio-Supermärkten beweist.
• Der ökologisch umsichtige Umgang von Führungskräften und Mitarbeitern mit Ressourcen führt direkt zu Kostenersparnissen
• Geringeres Risiko von Skandalen und Gerichtsverfahren, damit wiederum geringeres Risiko für Reputations- und Imageverluste
• Kein Risiko von Schadenersatzzahlungen. Die Kosten für SIEMENS für
den 2008 aufgedeckten Schmiergeldskandal lagen bei rund 2 Mrd. USD,
114
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
davon entfielen rund 1,6 Mrd. USD auf Bußgeld (vgl. Sölle 2010, o. S.).
Solche Beträge einsparen zu können, zeigt, wie ökonomisch moralisch
korrektes Verhalten sein kann.
Im Gegensatz zu den Nachteilen bzw. Schäden fehlender Moral lassen sich
die ökonomischen Vorteile der Moral erfahrungsgemäß i.d.R. bestenfalls
grob schätzen. Die in Punkt 2.1.4 formulierte Hypothese eines positiven
Vorsteuerungszusammenhangs zwischen normativem, strategischem und
operativem Management scheint damit vorläufig verifiziert zu sein.
3.7
Lessons learned
In Kapitel 3 wurden die wichtigsten ethisch-ökonomischen Konfliktfelder
analysiert.
a) Shareholder Value- versus Stakeholder-Ansatz
Nachhaltige Unternehmenswertschöpfung bedarf heute des StakeholderManagements.
Ziel des Stakeholder-Konzepts („values“) ist langsames, nachhaltiges
Wachstum i. S. von Profitabilität UND Verantwortung. StakeholderManagement aus der Sichtweise des Shareholder-Value-Ansatzes ist hingegen nur Mittel zum Zweck und erfolgsrational motiviert.
Man kann heute eher von der Annahme ausgehen, dass der Shareholder Value die Interessen anderer Stakeholder nicht in ausreichendem Maß
berücksichtigt.
Shareholder Value- und Stakeholder-Ansatz sind in der heutigen modernen Wirtschaft im Verbund zu sehen. Einerseits brauchen Unternehmen und ihre Stakeholder Gewinn („value“ im monetären Sinn); andererseits reicht rein ökonomisches Denken schon lange nicht mehr aus: es
bedarf der values. Entscheidungen in Unternehmen und Gesellschaft sollten
auf den gemeinsamen Mehrwert („shared value“) gerichtet sein.
b) Corporate Responsibility
Dieses Handlungsfeld kann in Corporate Governance und Corporate Social
Responsibility geteilt warden.
Corporate Governance (CG): Es geht um eine verantwortungsvolle, auf
nachhaltige Wertschöpfung ausgerichtete Unternehmensführung und
-kontrolle, die sämtliche Rechte und Pflichten aller Anspruchsgruppen
115
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
(Stakeholder) sowie deren Verhältnis untereinander regelt. Das anzustrebende System einer nachhaltig-ethischen CG hat vier Säulen:
• Compliance- und Integritäts-Management,
• Performance Management (als Systeme der strategischen und operativen Ergebnisorientierung von Management und Controlling),
• Chancen- und Risikomanagement (als Früherkennungs- und Überwachungssystem, insbesondere in Bezug auf Prävention vor normativen
Misfits und vor Unternehmenskriminalität), und ein
• funktionierendes Internes Kontrollsystem (IKS).
Corporate Social Responsibility (CSR): Es steht für ein Konzept, das verantwortungsbewusstes Handeln der Unternehmen in Zielen und Entscheidungen, in ihrem Umgang mit Stakeholdern sowie beim Einsatz knapper
Ressourcen fordert. Aufgabe des Controllings sollte es hier vor allem sein,
das Management bei der Integration von CSR-Themen in die Unternehmensstrategie zu beraten und zu unterstützen. In den letzten Jahren wurden aussagekräftige Schlüsselindikatoren (Key performance indicators, KPI)
für die Finanzanalyse entwickelt, besonders für die Bereiche „ESG“ (Environmental, Social, Governance); also Daten über Umwelt-, soziale und
qualitative Unternehmensführungsaspekte.
c) Unternehmenskriminalität
Dies ist ein Thema, weil bei ihrem Auftreten das moralische Minimum,
d. h. die Einhaltung von Rechtsnormen, unterschritten wird, weil Wirtschaftsdelikte oft unter Missbrauch von Vertrauen geschehen, weil die
Unternehmensführung dann nicht mehr als integer wahrgenommen wird,
weil viele Täter aus dem mittleren und Top Management stammen und
weil zur Kriminalprävention Werte-basiert gearbeitet werden muss.
Das normative Controlling ist aufgerufen, in seiner Präventionsfunktion
dem Top Management Systeme und Maßnahmen zur Vorbeugung von
Unternehmenskriminalität vorzuschlagen, wie z.B.:
• Ein funktionierendes IKS
• Einen durch angewandte Unternehmensethik fundierten Code of Conduct
• Ein sog. „Red Flagging Management” als Frühaufklärungssystem
• Ein sog. Incident Management mit dem sog. „Whistleblowing” (Hinweisgebersystem) als zentralem Instrument zum Aufdecken von fraud.
116
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
d) Corporate Compliance versus Integrität
Eine verantwortungsvolle Unternehmensführung verlangt die Einhaltung
von Gesetzen, Richtlinien sowie internen Vorschriften (engl.: to comply:
Folge leisten, erfüllen, geltende Vorschriften einhalten). Während Compliance regelbasiert und mit Sanktionen bei Regelverstößen als Push-Strategie konzipiert ist, geht der Integritätsansatz als Pull-Strategie von der Internalisierung von Prinzipien durch die Führungskräfte und Mitarbeiter aus.
Compliance zeugt eher von einem defensiven Verständnis. Der Integritätsansatz kommt hingegen einem proaktiven Management näher, da er
auf einen „innengeleiteten Wandel“ im Unternehmen, auf Bewusstseinsbildung und auf die Integrität jedes Einzelnen setzt.
Lohnt sich eigentlich integre, nachhaltige Unternehmensführung wirtschaftlich?
Diese Frage kann bejaht werden, Folgen einer solchen Unternehmenspolitik sind u. a.:
• Höheres Ansehen bei Stakeholdern
• Kein Risiko von Gerichtsverfahren bzw. Schadenersatzzahlungen
• Vertrauen in die Integrität des Unternehmens und der handelnden Personen
• Gutes Image und dadurch Standort- oder Netzwerkvorteile
• Charakter zahlt sich auf lange Sicht aus („Return on Character“).
3.8
Learning by doing
A 3.1
Recherchieren Sie im Internet bitte den oben erwähnten Schmiergeldskandal bei SIEMENS! Welche Lehren sind daraus zu ziehen?
A 3.2
Recherchieren Sie bitte die aktuelle Akzeptanzrate des Österreichischen
Corporate Governance Kodex und seiner Reglungen durch die Normadressaten!
A 3.3
Ist es legitim, wenn ein Management 25 % Eigenkapitalrentabilität anstrebt, zwecks Erreichung dieses Ziels aber 1.000 Arbeitsplätze streicht?
Diskutieren Sie bitte, ob bzw. unter welchen Umständen die Erfüllung
dieses Ziels die Kündigung von Mitarbeitern rechtfertigt?
117
Wesentliche Spannungsfelder zwischen Ethik und Betriebswirtschaft
A 3.4
Transparency International, eine NGO mit Sitz in Berlin, kämpft gegen
Korruption. Recherchieren Sie bitte im Internet die Business Principles
(http://www.transparency.org/) und den „Integritätspakt“, die TI entwickelt hat und diskutieren Sie bitte die vorgeschlagenen (Präventions-)
Maßnahmen!
118
„Strategisches Management und Corporate Governance fangen aber dort erst an, wo das
Rechnungswesen … zwangsläufig enden muss, weil wir die wirklich entscheidenden Fragen
der Unternehmensführung nicht in Geldgrößen quantifizieren können.“
(Malik 2008, S. 49)
4
Normatives intellektuelles Kapital
Ziele des Kapitels
Nach der Lektüre dieses Kapitels wissen Sie,
• welche Bedeutung immaterielle Werte haben,
• wie immaterielle von materiellen Gütern abgegrenzt werden können,
• wie immaterielle Werte kategorisiert werden können,
• welche Elemente das normative intellektuelle Kapital (NIK) umfasst,
• wie immaterielle Werte operationalisiert werden können,
• welche Besonderheiten die Elemente des normativen intellektuellen
Kapitals (NIK) aus Controlling-Sicht haben
• wie immaterielle Werte bewertet werden können.
4.1
Bedeutung immaterieller Werte
Moral, Werte, Unternehmenskultur und weitere interne Normen sind immaterielle (Vermögens-)Werte (Intangibles). Aufgrund der weiter wachsenden Bedeutung des Dienstleistungssektors in der modernen Wirtschaft
und damit des Know-hows von Führungskräften und Mitarbeitern kommt
den immateriellen Werten als Werttreibern große und voraussichtlich
ebenfalls weiter wachsende Bedeutung zu.
Immaterielle Werte sind im „Resource based view“ (als Teilbereich der
Theorie des strategischen Managements, vgl. Pralahad/Hamel 1990, S. 80)
wichtige Determinanten von Erfolgspotenzialen (vgl. Velte 2008, S. 1; vgl.
Linder/Wolf 2008, S. 160 f.).
Empirische Untersuchungen zeigen, dass immaterielles Human-, Struktur- und Beziehungskapital an Bedeutung gewinnt, um die Erfolgspotenziale von Unternehmen vollständig zu beurteilen (vgl. Fischer/Zirkler 2007,
S. 593).
Das Ausmaß der Bedeutung immaterieller Werte lässt sich u. a. an der
Höhe des bei Unternehmensübernahmen entstehenden Goodwills erkennen. Untersuchungen auf dem Kapitalmarkt belegen, dass der Wert vieler
Unternehmen zu 50–90 % auf Intangibles und den Goodwill entfällt (vgl.
119
Normatives intellektuelles Kapital
IFAC 1998, S. 1). So ergab sich z. B. bei der Übernahme von Mannesmann
durch Vodafone im Jahr 2000 ein Goodwill von ca. 150 Mrd € (vgl. Arbeitskreis SG 2005, S. 224).
Dem entspricht der wachsende Bedarf nach einer Weiterentwicklung
des externen Reportings um nicht-finanzielle Größen. Seit Mitte der
1990er Jahre sind Bemühungen auf internationaler Ebene (AICPA, FASB,
IASB) im Gange, um das herkömmliche „Financial Reporting“ durch ein
„Business Reporting“ zu ergänzen. Besonders relevant sind die sog. ESGFaktoren.
Das Bilanzrechtsreformgesetz 2004 in Deutschland zwingt große Kapitalgesellschaften dazu, nicht-finanzielle Leistungsgrößen und Indikatoren
über Umwelt- und Arbeitnehmerbelange, soweit sie für den Geschäftsverlauf und die Lage des Unternehmens von Bedeutung sind, zu veröffentlichen (vgl. § 289 Abs. 1und 3 sowie § 315 Abs 1 dHGB). In Frankreich,
Großbritannien, Dänemark und Schweden sind börsennotierte Unternehmen ebenfalls verpflichtet, über ihre CR-Leistungen Rechenschaft abzulegen (vgl. Schlange 2009, S. 304; vgl. Stoi 2003, S. 8).
Für Österreich verlangt das UGB, dass der Konzernlagebericht eine ausgewogene und umfassende Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage des
Konzerns enthält. Abhängig von seiner Größe und der Komplexität seines
Geschäftsbetriebs ist in der Analyse auf die „… wichtigsten finanziellen
und nicht-finanziellen Leistungsindikatoren, einschließlich Informationen
über Umwelt- und Arbeitnehmerbelange, einzugehen …“ (§ 267 UGB
Abs. 2).
Die Vermittlung von Informationen über die künftige, nachhaltige Entwicklung von immateriellen Wertsteigerungspotenzialen stellt einen
Schwerpunkt des sog. Strategic Advantage Reportings (vgl. Fischer/Zirkler
2007, S. 593) dar.
4.2
Abgrenzung materieller von immateriellen Werten
Unter Gütern werden im ökonomischen Sinn Mittel bzw. Werte zur Bedürfnisbefriedigung verstanden werden. Nach der physischen, stofflichen
Substanz von Gütern (Werten) können unterschieden werden (vgl. Buchtela et al. 2010, S. 9):
• materielle Güter, d. s. räumlich abgrenzbare Güter mit stofflicher Substanz, und
• immaterielle Güter, d. s. substanzlose Güter, die „nur“ als Gedanke oder
Wirkung von etwas real Existierendem auftreten
120
Normatives intellektuelles Kapital
Dabei ist besonders die Unterscheidung zwischen „Verbundgütern“ und
„materialisierten immateriellen Gütern“ problematisch, da beide Kombinationen von materiellen und immateriellen Gütern sind. Ein Gut ist als immateriell einzustufen, wenn bzw. solange dem materiellen Anteil nur eine
Träger- bzw. Transportfunktion der geistigen Leistung, z. B. auf einen anderen Besitzer, zukommt. Hat hingegen die materielle Komponente eines
Guts eine eigenständige Bedeutung, ohne die Bedeutung der immateriellen Komponente zu schmälern, liegt ein „Verbundgut“ vor (vgl. Lutz-Ingold
2005, S. 9; vgl. Abbildung 21).
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Quelle: in Anlehnung an Lutz-Ingold 2005, S. 7–9
Werte, die sich sowohl aus immateriellen als auch aus materiellen Komponenten zusammensetzen, sind dann als immateriell zu klassifizieren, wenn
die materielle Komponente nur untergeordnete Bedeutung hat und vornehmlich Transport-, Dokumentations-, Speicherungs- oder Lagerungszwecken dient, wie das z. B. bei auf einem Datenträger gespeicherter Software der Fall ist. Finanzielle Werte, wie z. B. liquide Mittel, Forderungen,
Verbindlichkeiten, Wertpapiere und Beteiligungen zeichnen sich zwar –
ähnlich wie immaterielle Werte – durch die fehlende körperliche Substanz
aus; sie lassen sich aber von den echten immateriellen Werten durch das
Kriterium „monetär“ unterscheiden.
121
Normatives intellektuelles Kapital
Immaterielle Werte (Güter) sind – negativ abgegrenzt – nicht-monetäre Werte ohne körperliche Substanz. Moral, Werte, Unternehmenskultur
und Normen sind Güter ohne materielle Bestandteile, mit anderen Worten
die Gesamtheit jener Handlungsoptionen, die eine gesellschaftliche Zusammenarbeit zum Vorteil der Allgemeinheit fördern bzw. moralische Konflikte auflösen bzw. vermeiden können.
Ein immaterieller Vermögensgegenstand ist ein nicht-physischer Vermögenswert im Eigentum eines Unternehmens (vgl. Ewert/Wagenhofer, 2005,
S. 562).
Der Deutsche-Standardisierungs-Rat (DSR) regelt im DRS 12 die Bilanzierung immaterieller Vermögenswerte des Anlagevermögens für den Konzernabschluss. Vermögenswert wird in DRS 12 definiert als „identifizierbare, in der Verfügungsmacht des Unternehmens stehende, nicht monetäre
Vermögenswerte ohne physische Substanz, welche für die Herstellung von
Produkten oder das Erbringen von Dienstleistungen, die entgeltliche Überlassung an Dritte oder für die eigene Nutzung verwendet werden können“
(www.standardsetter.de 2011).
Gemäß IFRS ist ein bilanzierungspflichtiger immaterieller Vermögenswert dadurch gekennzeichnet, dass er eindeutig identifizierbar, ohne physische Substanz und nicht-monetär ist (vgl. IAS 38.8; vgl. Hayn/Waldersee
2006, S. 118). Auch die US-GAAP definieren einen bilanzierungsfähigen,
immateriellen Vermögenswert als eindeutig identifizierbaren, nicht-monetären Wert ohne physische Substanz.
4.3
Verwandte Begriffe für immaterielle Werte
Häufig werden auch folgende Begriffe für immaterielle Werte verwendet
(vgl. Arbeitskreis SG 2005, S. 225):
• Immaterielle Güter
• Immaterielle Vermögensgegenstände (Wirtschaftsgüter)
• Intangible assets (Intangibles)
• Knowledge assets
• Intellectual property
• Intellectual capital
• Goodwill.
Dazu im einzelnen:
• Immaterielle Güter: dieser Begriff deckt sich sowohl im Inhalt als auch
im Umfang mit dem Begriff des immateriellen Werts.
• Das Handelsrecht spricht von „Vermögensgegenstand“, das Steuerrecht
122
Normatives intellektuelles Kapital
•
•
•
•
•
spricht von „Wirtschaftsgut“. Immaterielle Vermögensgegenstände bzw.
Wirtschaftsgüter stellen abstrakt aktivierungsfähige Werte dar und sind
enger gefasst als der Begriff „immaterieller Wert“ (vgl. Arbeitskreis SG
2005, S. 225).
Intangible asset kann als angelsächsisches Äquivalent für den Begriff immaterieller Wert verstanden werden (vgl. Lev 2001: „… intangible (intellectual, knowledge) assets …: vgl. www.papers.ssrn 2001). Der Begriff
intangible asset wird vor allem in der Rechnungslegung verwendet.
Knowledge assets sind wissensbezogene Vermögensgegenstände bzw.
Kompetenzen wie z. B. Problemerkennung, Abstraktion, learning by
doing. Wissen kann als Gesamtheit der Kenntnisse, Fertigkeiten und
Fähigkeiten, die Personen zur Lösung von Problemen anwenden, verstanden werden. Dies umfasst sowohl theoretische als auch praktische
Erkenntnisse und Regeln (vgl. Probst et al. 2006, S. 22), und damit auch
das bewusste oder unbewusste Wissen über Werte, Moral, Tugenden
und Normen.
Unter dem Begriff des geistigen Eigentums (auch intellektuelles Eigentum, engl.: intellectual property) werden absolute Rechte an immateriellen
Gütern verstanden. Inhaber eines solchen Rechts ist z. B. der Inhaber
eines Patents oder der Schöpfer eines urheberrechtlich geschützten
Werks oder eines Gebrauchsmusters. Dieser Begriff ist enger als der Begriff „Intellectual Capital“.
„Intellectual Capital“ umfasst auch rechtlich nicht geschützte und in
der Handels- bzw. Steuerbilanz nicht aktivierbare immaterielle Werte
wie z. B. Beziehungen zu Kunden oder Lieferanten. „Capital“ geht dabei
über den Begriff des Kapitals in der Bilanz hinaus; er bezieht sich im
weiteren Sinn auf Vermögen – verstanden als Ressource, Potenzial oder
Quelle künftiger Erfolge, Produkte oder Dienstleistungen (vgl. Arbeitskreis SG 2003, S. 1234; vgl. Mertins et al. 2005, S. 3). „Intellectual Capital“
steht vor allem bei der Wissensbilanzierung im Vordergrund: So wird
der Begriff Wissensbilanz als Synonym für Intellectual Capital Statement verwendet (vgl. Fischer/Zirkler 2007, S. 594).
Der Goodwill (Geschäfts-, Firmenwert) entspricht dem Betrag, den der
Käufer eines Unternehmens als Ganzes unter Berücksichtigung zukünftiger Ertragserwartungen über den Wert aller materiellen und bilanzierten immateriellen Vermögensgegenstände hinaus und nach Abzug der
Schulden zu zahlen bereit ist. Ein selbstgeschaffener (originärer) Goodwill setzt sich aus nicht bzw. schwer objektivierbaren Werten wie z. B.
Know-how von Mitarbeitern bzw. Management, Kundenstamm, Forschungsprojekten, Marketingaktionen, Image, Managementqualität
oder Organisation zusammen (vgl. Schmidt 2007, S. 49).
123
Normatives intellektuelles Kapital
Der Goodwill enthält neben den nicht separat aktivierbaren immateriellen
Werten auch Komponenten, die zwar in den Goodwill einfließen, die aber
nicht zu den immateriellen Werten zählen, wie z. B. das Verhandlungsgeschick des Verkäufers bei der Festlegung des Verkaufspreises (vgl. Arbeitskreis 2005, S. 227). Die immateriellen Werte wiederum umfassen neben
den nicht einzeln aktivierbaren immateriellen Werten – die auch GoodwillBestandteil sind – die nicht dem Goodwill zuzuordnenden separat aktivierbaren immateriellen Werte wie Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte
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u. a. (vgl. § 224 (2) UGB). Siehe dazu Abbildung 22:
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Abb. 22
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Quelle: vgl. Arbeitskreis SG 2005, S. 227
Zu den separat aktivierbaren immateriellen Werten zählen i.d.R. gewerbliche Schutzrechte (z. B. Patente, Marken, Gebrauchsmuster), Urheberschutzrechte, Konzessionen, Nutzungsrechte und Lizenzen sowie wirtschaftliche Werte (sog. Immaterialgüter) wie z. B. rechtlich nicht geschützte
Verfahren, Erfindungen, Prototypen oder Rezepte (vgl. Schmidt 2007, S. 48).
Die sechs Elemente Normen, Moral, Ethos, Werten, Tugenden und Unternehmenskultur wollen wir hier als normatives, intellektuelles Kapitel
(weiter kurz: „NIK“) bezeichnen. Es ist Teil der nicht separat aktivierbaren
immateriellen Werte und somit auch Teil des Goodwills.
4.4
Systematisierung immaterieller Werte
§ 224 (2) UGB nennt als immaterielle Vermögensgegenstände:
• Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte, ähnliche Rechte und Vorteile
sowie daraus abgeleitete Lizenzen
• Geschäfts- (Firmen-)wert
• Geleistete Anzahlungen.
124
Normatives intellektuelles Kapital
Die geleisteten Anzahlungen sind nach obigem Begriffsverständnis keine
rein immateriellen Werte. Diese Aufzählung hilft im vorliegenden Kontext
nicht weiter. Anders ist das mit den Ansätzen zu Wissensmanagement und
Wissensbilanzierung.
Nach dem Träger des Wissens lässt sich kollektives und individuelles
Wissen unterscheiden. Kollektives Wissen beruht auf den individuellen
Fähigkeiten Einzelner. Es ist für lernende Unternehmen von besonderer
Bedeutung. Unter individuellem Wissen wird das bewusste und das implizite Wissen zusammengefasst. Letzteres basiert auf den Idealen, Werten
und Gefühlen des/r Einzelnen. Implizites Wissen beeinflusst Erfahrungen
und das Verhalten eines Menschen, sei es ihm bewusst, unbewusst oder
nur im Unterbewusstsein vorhanden (vgl. Probst et al. 2006, S. 20 f.). Die
Elemente des NIK sind daher Teil des impliziten Wissens.
Die Entwicklung von Wissen und Unternehmenskultur hängen unentwirrbar zusammen: Nach einer europaweit durchgeführten Studie ist die
Unternehmenskultur mit 47 % der wichtigste Faktor für ein erfolgreiches
Wissensmanagement. Mit 28 % folgen die Motivation und die Qualifikation der Mitarbeiter (vgl. Heisig/Vorbeck 2001, S. 106).
Das intellektuelle Kapital aus Sicht des Wissensmanagements ist in folgende Kapitalarten gegliedert:
• Humankapital, d. i. individuelle Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wissen, Erfahrung, Motivation und Innovationsfähigkeit, Führungskompetenz
und soziale Kompetenz.
• Strukturkapital, d. i. Wissen, das in Strukturen, Prozessen, Aspekten der
Unternehmenskultur gespeichert ist. Dazu gehören u. a. geistiges Eigentum, Lizenzen, Patente, Rechte, selbst erstellte Software, Geschäftsgeheimnisse, Kommunikation, Innovationen und spezifisches Organisationswissen.
• Beziehungskapital, d. s. Beziehungen einer Organisation zu Stakeholdern
(vgl. www.wissensbilanz.net 2008).
Eine Wissensbilanz ist die strukturierte Darstellung des Stands und der Entwicklung des intellektuellen Kapitals einer Organisation. Sie zeigt und beschreibt die Zusammenhänge zwischen den Zielen, den Prozessen, dem
intellektuellen Kapital („Ressource Wissen“) und dem Erfolg einer Organisation. Eine Wissensbilanz ergänzt die Handelsbilanz um weiche Faktoren
und ermöglicht so eine umfassendere Sicht auf die Treiber des Unternehmenserfolgs.
Wissen deckt sich mit den dem Einzelnen tw. unbewussten Einstellungen, Ethos, Tugenden und Charakter aber nur zum Teil. Dieser Aspekt wird
125
Normatives intellektuelles Kapital
von Suchanek berücksichtigt. Er unterscheidet folgende Kategorien immaterieller Vermögenswerte (2005, S. 77):
• Humankapital: individuelle Einstellungen und Dispositionen, z. B. Leistungsbereitschaft, Loyalität, Vertrauenswürdigkeit
• Organisatorisches Kapital: Unternehmenskultur, Vertrauensatmosphäre
(Innenperspektive des Unternehmens), Unternehmensintegrität, Reputation des Unternehmens als verlässlicher Partner (Außenperspektive)
• Institutionelles Kapital: stabile formale (rechtliche) und informelle (soziale, kulturelle) Normen und Institutionen, die gesellschaftlich erwünschte Handlungen fördern.
Am detailliertesten ist das Konzept des Arbeitskreises „Immaterielle Werte
im Rechnungswesen“, das sieben Kategorien immaterieller Werte unterscheidet. Die im Original (Arbeitskreis SG 2005, S. 226 f.) verwendeten englischsprachigen Bezeichnungen sind hier übersetzt:
• Innovationskapital: Produkt-, Dienstleistungs-, Verfahrensinnovationen,
wie z. B. Patente, Rechte, Lizenzen, Software, Marken, Copyrights, Rezepturen, Projekte in Entwicklung
• Humankapital, wie z. B. Know-how, Führungsqualität, Kreativität,
Durchsetzungskraft, Führungsstil, Mitarbeiterbeziehungen, Mitarbeiterpotenzial
• Kundenkapital, wie z. B. Marktanteile, Kundenbasis, Kundenzufriedenheit, Kundenloyalität, (langfristige) Abnahmeverträge, Kundenpotenzial
• Partnerkapital, wie z. B. Partner- und Lieferantenbasis, (langfristige) Bezugsverträge, Partnerbeziehungen, Partnerloyalität, Partnerschaftspotenzial
• Imagekapital, wie z. B. Imagebasis, Rating, gesellschaftliche Reputation,
Image, Bekanntheits- bzw. Beliebtheitsgrad des Unternehmens am
Markt, Imagepotenzial
• Organisationskapital, wie z. B. Qualität der Aufbaustruktur, der Prozessstruktur, der Ablauforganisation, Vertriebsnetz, Kommunikationsstruktur und -potenzial, Unternehmenskultur
• Standortkapital, wie z. B. Standortattraktivität, Kundenfrequenz, Infrastruktur- und Steuervorteile, Standortpotenzial.
In dieser uE sehr praxisnahen Kategorisierung kommt es zu zahlreichen
Überschneidungen, z. B. ist Know-how auch die Basis für Innovationskapital; andererseits hat Unternehmenskultur viel mit Humankapital zu
tun.
Die Elemente des NIK (Normen, Moral, Ethos, Werte, Tugenden und
Unternehmenskultur) gehören nach dieser Gliederung zum
126
Normatives intellektuelles Kapital
• Innovations-,
• Human- und zum
• Organisationskapital.
Sie sind Teil der nicht separat aktivierbaren immateriellen Werte und
gleichzeitig Teil des Goodwills.
Stoi (2003, S. 2) unterscheidet das intellektuelle Kapital weiter in externe (nicht im Eigentum des Unternehmens befindliche) und interne (im Eigentum des Unternehmens
Komponenten.
Zum externen, intel$ stehende)
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lektuellen Kapital zählt er Human-, Kunden- und Partnerkapital, zum
internen Teil zählt er Image- und Organisationskapital (vgl. Abbildung 23):
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Quelle: In Anlehnung an Stoi 2003, S. 2; vgl. Arbeitskreis SG 2005, S. 226 f.
Die Elemente des NIK zerfallen in eine externe Komponente (nämlich
Humankapital) und in interne Komponenten (nämlich Innovations- und
Organisationskapital).
4.5
Besonderheiten des normativen intellektuellen Kapitals
(NIK) aus Controlling-Sicht
Die Unternehmenskultur, vor allem die Art und Weise, wie Mitarbeiter
und Führungskräfte miteinander kommunizieren, Informationsverhalten
gegenüber Internen und Externen, Verhalten in Besprechungen und Kon127
Normatives intellektuelles Kapital
flikten, Umgang miteinander und mit Ressourcen, wie man mit Fehlern
(Fehlerkultur), anderen Meinungen und Mitarbeitervorschlägen umgeht,
und der Stellenwert, den der Kunde tatsächlich hat, zählt zu den Ressourcen (Gütern) eines Unternehmens, die nur langsam und mit viel Sozialenergie entwickelt werden können. Unternehmenskultur ist von Wettbewerbern auch kaum kopierbar.
So gesehen ist Unternehmenskultur das größte Erfolgspotenzial, das ein
Unternehmen haben kann (vgl. von Eiff/Stachel 2007, S. 18). Die Fähigkeit
einer Kultur der Selbsterneuerung, zu Innovationen und deren mutiger
Realisierung impliziert das Vermögen möglichst vieler Mitarbeiter, kreativ
zu sein und Problemlösungsfähigkeiten im Tagesgeschäft zur kontinuierlichen Verbesserung zu nutzen.
Moral als immaterieller Wert kann aus Management- und Controllingsicht wie folgt charakterisiert werden (vgl. Waibl 2005, S. 21):
• Moral stellt einen Wettbewerbsvorteil dar, wenn sie im Unternehmen
ernster genommen wird als Konkurrenten das tun.
• Moral ist ein Erfolgspotenzial höherer Ordnung, weil aus moralisch korrekten Grundhaltungen, „Reputational Capital“ (Maak/Ulrich 2007,
S. 305), Normen und Werten gut fundierte Strategien entwickelt werden können, die wiederum zu Gewinnen höherer weil auch moralischer
Qualität führen.
• Moral ist Vorsorge: Wenn Wettbewerber unlautere Praktiken (z. B. Abwerbung, Dumping, Korruption, Produktfälschung) anwenden, müssen
sie – früher oder später – mit Vergeltungsmaßnahmen rechnen. Um dem
zuvorzukommen, sollte ein Unternehmen i. S. einer präventiven Vermeidungsstrategie moralisch einwandfrei, d. h. integer agieren.
• Moral ist Investition in die Stakeholder, wenn klug austariertes, d. h. die
Interessen aller Stakeholder bestmöglich befriedigendes Management
i. S. eines Stakeholder-Dialogs verantwortungsvoll umgesetzt wird.
• Moral als Managementaufgabe heißt sich klar werden, wie wichtig
Worte und Argumentationen sind. Bestimmte Formulierungen gegenüber Mitarbeitern können erheblich motivierende bzw. demotivierende
Wirkung haben. Wenn etwa Vorgesetzte Mitarbeiter unter Druck setzen,
„ohne Rücksicht auf Verluste (anderer)“ Umsatz zu machen oder Kosten
zu senken, werden vermutlich im Tagesgeschäft auch keine Rücksichten
mehr genommen – und das auch zum Schaden des Unternehmens (vgl.
Suchanek 2005, S. 78). Das Bestehen auf Integrität muss z. B. dazu führen, konsequent keine Provisionen für Aufträge zu zahlen, die unter
Einsatz von Korruption akquiriert wurden.
128
Normatives intellektuelles Kapital
So wie sich vor rund zwanzig Jahren erst einige „Enlightened Leaders“ mit
CSR auseinander gesetzt haben, sollte sich modernes, professionelles
Management immaterieller Werte mit Unterstützung des Controllings proaktiv mit den Potenzialen des NIK auseinandersetzen, um früher als Konkurrenten Wettbewerbsvorteile im Human-, Innovations- und Organisationskapital zu schaffen, kontinuierlich zu entwickeln und konsequent zu
nutzen.
Investition bezeichnet i. S. der Rechnungslegung den Erwerb von Anlagevermögen. Im vorliegenden breiteren Zusammenhang ist aber „Investieren in die Zukunft“ gemeint, d. h. der Einsatz finanzieller Mittel für ein
immaterielles Gut bzw. einen Wert, das bzw. der erst später (unsicheren
und nicht verlässlich schätzbaren) Nutzen abwirft.
Analyse, Entwicklung und Pflege des NIK (Normen, Moral, Ethos,
Werte, Tugenden und Unternehmenskultur) sollte als Ziel einer Investition
gesehen werden, die zwar zunächst zu (nur tw. in Geld messbarem) Aufwand führt, bei konsequent richtiger Anwendung und ausreichend „langem Atem“ aber langfristig Zahlungsüberschüsse bringt und Geld spart.
Die mangelnde materielle Greifbarkeit erzeugt Unsicherheit beim Nutzer
bzw. Adressaten der Gegenstands bzw. der Leistung. Es bedarf daher materieller Ausdrucksformen für eine immaterielle Leistung, wie z. B.
• die Person des bzw. der Ehrlichen bzw. Integren,
• ein moralisch beurteilbares sichtbares Verhalten, oder
• ein Symbols, z. B. eines Patents, einer Argumentationskette oder eines
normativen Konzepts (vgl. Kotler/Bliemel 2006, S. 775 f.).
Normatives Management und Controlling des NIK haben sich auf folgende
Besonderheiten einzustellen:
• Bei vielen moralisch motivierten Maßnahmen, wie z. B. Umweltschutz,
über die gesetzlichen Anforderungen hinaus fallen Kosten sofort an, positive Wirkungen stellen sich aber erst später ein. Die Bereinigung des
Sortiments um umweltschädliche Produkte (z. B. Tropenhölzer) oder
Produkte unter Umgehung des Artenschutzes (z. B. Elfenbein) bedeutet
zunächst Umsatz- und Gewinneinbußen, aber erst später und auch
dann nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit einen Nutzen (die
„ökonomischen Vorteile der Moralität“, Göbel 2010, S. 176) als Differenzierungs- bzw. Qualitätsvorteil im Wettbewerb.
• Da es sich bei der Entwicklung von NIK vor allem um Zeitaufwand für
Reflexion, Bewusstseinsbildung, Analyse, Diskussion („Diskurs“), Trainings, Workshops, u. ä. handelt, ist dieser Mitteleinsatz nicht einmal in
der GuV erkennbar.
129
Normatives intellektuelles Kapital
• Demgegenüber verursacht die Nutzung normativer, immaterieller Werte, wie z. B. der Einsatz von Werten und Tugenden in Entscheidungsoder Konfliktsituationen keine (erkenn- bzw. messbaren) Kosten.
• Die gleichzeitige oder vielfache Verwendbarkeit des moralischen, Werteund kulturellen Gedankenguts zieht keine Wertminderung (weder über
Abschreibungen noch über Abwertungen) nach sich; ganz im Gegenteil:
durch häufigen Einsatz gewonnener Einsichten, Tugenden und Werte
steigt ihr Nutzwert und die Erfahrung im Umgang mit solchen Werten,
wodurch neue, gestärkte Werte, stärker ausgeprägte Tugenden, Empathie gegenüber Gesprächspartnern usw. entstehen.
• Der Nutzen von Maßnahmen in NIK zeigt sich i.d.R. wiederum nur in
einem Mehr an immateriellen Werten wie Image, Legitimation, Reputation, Motivation der Mitarbeiter, Loyalität, Vertrauen und im Wegfall
bestimmter Risiken. Diese Werte bzw. Sachverhalte sind i.d.R. auch
nicht mit Geld „aufzuwiegen“ bzw. nicht zu kaufen, wie z. B. Freundschaft.
• Da ein quantitativer Zusammenhang zwischen NIK und dem Unternehmens- bzw. Marktwert weder bestimmt noch für künftige Perioden seriös geschätzt werden kann, können sie auch keiner investitionsrechnerischen Beurteilung unterzogen werden.
• Das Risiko von Investitionen in Elemente des NIK unterscheidet sich
von Investitionen in materielle Vermögenswerte. Es liegt vor allem
– im Abgang von Mitarbeitern als Trägern des Humankapitals,
– in einem z. B. trotz laufender Schulungen weiterhin nicht integren
Verhalten von Mitarbeitern,
– in einem wesentlich höheren Zeitaufwand, bis sich Verhaltensänderungen einstellen, oder
– im Ausbleiben immaterieller Erlöse.
• In Krisenzeiten besteht oft die Versuchung, Schulungs-, Entwicklungszeit und -aufwand einzusparen; dies bringt kurzfristig zwar geringeren
Aufwand, strategisch und erst recht normativ ist dies aber kontraproduktiv, weil die Kontinuität der Investition fehlt.
• Elemente des NIK sind nicht selbständig ermittel- bzw. veräußerbar.
• Nicht rechenbare Investitionen in immaterielle Werte werden tendenziell durch rechenbare Investitionen in aktivierbare Sachanlagen substituiert (vgl. Ewert/Wagenhofer 2005, S. 563).
• Unternehmen erzielen laufend immaterielle Erlöse, d. h. nicht eindeutig identifizierbare Erlöse, wie z. B. Reputations- und Imagegewinne
aufgrund verantwortungsvoller Entscheidungen, integrer Mitarbeiter
bzw. integrer Geschäftspolitik oder aufgrund vorbildlicher Corporate Governance.
130
Normatives intellektuelles Kapital
• Ebenso werden laufend immaterielle Aufwendungen realisiert, d. h.
nicht eindeutig identifizierbare Aufwendungen wie Reputationsverluste,
z. B. durch sog. „schiefe Optik“ im Verhalten von Führungskräften oder
Mitarbeitern, z. B. im Fall von Interessenkonflikten, im Fall außergewöhnlich hoher Bezüge oder Gratifikationen von Führungskräften, oder
im Falle der Inanspruchnahme von Mitarbeitern eines Unternehmens
bei der Renovierung des Privathauses des Unternehmers.
Die grundlegende Alternative: „Gewinn jetzt oder Gewinn später?“ kann
auch wie folgt formuliert werden:
• Nicht in Elemente des NIK (Normen, Moral, Ethos, Werte, Tugenden
und Unternehmenskultur) investieren, weil die künftigen Erträge, mögliche Wettbewerbsvorteile unsicher und nicht bezifferbar sind, oder
• in NIK bzw. in Ethik investieren und mit späteren, aber nachhaltig wirksamen immateriellen Erlösen und der Umwegrentabilität rechnen.
Wesentliche Aufgaben des Controllings der Elemente des NIK sind:
• die Beschreibung der Bedeutungsinhalte der NIK als immaterielle Erträge im konkreten Unternehmen
• die Klärung der Frage, ob bzw. wann immaterielle Erträge voraussichtlich anfallen;
• wenn Moral nicht quantitativ gemessen werden kann, sollte zumindest
eine qualitative Beurteilung angestrebt werden;
• die Zuordnung immaterieller Erlöse und Aufwendungen auf bestimmte
Maßnahmen, Kostenstellen, Investitionen und Kostenträger (direkt);
• zu beachten, dass die Absage an eine Korruptionsmentalität in einer
Branche dem Unternehmen die Existenz kosten kann. Eine mögliche
Lösung sind kollektive Anstrengungen der betroffenen Unternehmen
oder Appelle an die Politik, die Regeln i. S. der Institutionenethik zu ändern, um zu vermeiden, dass die moralisch korrekt Agierenden Wettbewerbsnachteile hinnehmen müssen;
• es zu vermeiden, überzogene Erwartungen bei Stakeholdern zu wecken:
Unternehmen, die moralischen Ansprüchen im Umgang mit Stakeholdern genügen wollen, werden auch daran (und an den Fortschritten im
Zeitablauf) gemessen;
• jede Scheinmoral zu unterlassen: Investitionen in Moral können relativ
leicht behauptet werden, z. B. durch die verbale Darstellung eines solchen Verhaltens im externen Reporting. Insofern ist insbesondere der
Beweis durch konsequent moralisches Verhalten und damit die Glaubwürdigkeit eine der größten Herausforderungen für das normative Management und das normative Controlling.
131
Normatives intellektuelles Kapital
Immaterielle Erlöse bzw. Aufwendungen werden in herkömmlichen Rechnungen – weder qualitativ noch quantitativ – erfasst, ändern aber Stand,
Wert und Potenzial der immateriellen Werte im allgemeinen und des NIK
im besonderen.
Controlling muss in seiner Transparenzverantwortung diese Elemente in
Umfang und Bedeutung für das betreffende Unternehmen offen zu legen
versuchen, sie in weiterer Folge zu analysieren und zu bewerten, um sie
für das normative Management plan-, steuerbar und operativ nutzbar zu
machen.
4.6
Operationalisierung der Elemente des NIK
Operationalisierung bedeutet Messbar- bzw. Beurteilbarmachung. Von
Beurteilung wird gesprochen, wenn Sachverhalte nur qualitativ erfassbar
sind, ohne dass den Merkmalsausprägungen numerische Werte zugeordnet
werden (können).
Unter Messung versteht man die Zuordnung einer Menge von Zahlen
oder Symbolen zu den Ausprägungen eines Merkmals in einer systematischen Weise, so dass die Relationen unter den Zahlenwerten den Relationen unter den Objekten entsprechen (vgl. Friedrichs 1990, S. 97).
Können Eigenschaften oder Sachverhalte nicht direkt gemessen werden, wie z. B. Moral, Einstellungen, Werte oder Tugenden, so benötigt man
Indikatoren (= beobachtbare Sachverhalte), in denen sich die nicht direkt
sichtbaren Eigenschaften manifestieren. Antworten (= Indikatoren) auf bestimmte Fragen nach der Einstellung geben dann Aufschluss über die Einstellung.
Indikatoren („Anzeiger“) gehören zu den Kennzahlen. Die Größe, die
durch einen Indikator angezeigt wird bzw. werden soll, nennt man Indikandum (d. i. die eigentlich interessierende Zielvariable; vgl. Krystek/MüllerStewens 1993, S. 76). Durch die Auswahl einer Stellvertretergröße (Maßstab, Parameter), die in kausaler Beziehung zur Zielvariablen steht, sollen
Informationen über die Zielvariable, gewonnen werden (vgl. Baum et al.
2007, S. 332; vgl. Schermann/Volcic 2009, S. 334 f.).
Indikatoren müssen folgenden fünf Kriterien genügen (vgl. Krystek/Müller-Stewens 1993, S. 103 f.):
• Indikatoren müssen genau beschrieben werden.
• Eindeutigkeit: Die Zielvariable soll eindeutig, sicher, nachvollziehbar
und zuverlässig erkennbar sein.
• Indikatoren müssen akzeptanz- und konsensfähig sein, damit sie der intersubjektiven Bewertung komplexer Sachverhalte dienlich sein können.
132
Normatives intellektuelles Kapital
• Vollständigkeit: Der Indikator soll den gesamten Beobachtungsbereich
abdecken.
• Wirtschaftlichkeit: Die Verwendung von Indikatoren muss zu den erzielbaren Erkenntnissen in einem vertretbaren Kosten-/Nutzen-Verhältnis
stehen.
Operationalisieren heißt auch, die Erhebungsmethode und das Erhebungsinstrument festzulegen und ein Meßobjekt in eine Skala übertragen. Ihr
Zweck ist es, ein theoretisches Konstrukt wie z. B. die Intensität von Moral
oder Tugenden zu beurteilen. Operationalisierung umfasst zudem eine genaue Anleitung zur Messung bzw. Beurteilung, also das/die Messinstrument/e sowie das verwendete Mess- bzw. Skalenniveau (vgl. Ebster/Stalzer
2003, S. 169).
Folgende Skalenniveaus sind denkbar:
• Nominalskala, d. h. es kann nur festgestellt werden, ob etwas zutrifft
oder nicht (Ja/Nein bzw. 0/1-Zustände), im konkreten Kontext z. B. der
(positive) Wert Rücksicht wird nicht gelebt;
• Ordinalskala, d. h. es kann ein Vergleich zwischen zwei Merkmalsauprägungen gemacht werden (besser/schlechter, intensiver/weniger intensiv,
u. a.), im konkreten Kontext z. B. bestimmte Personen nehmen in bestimmten Situationen mehr Rücksicht als vor einem Monat;
• Kardinalskala, d. h. hier liegt ein objektiv feststellbarer Nullpunkt vor (in
der Betriebswirtschaft i.d.R. Mengen- oder Wertgrößen); im normativen
Kontext, hier bei Werten, ist diese Art der Skala kaum einsetzbar. Eine
Ausnahme wäre z. B. die Pünktlichkeit, wo sich Verspätung bzw. Verzug
in Zeiteinheiten messen lässt.
Messgrößen für materielles Vermögen zu finden, bereitet in der Regel
weder in Theorie noch in der Praxis allzu große Probleme. Ganz anders ist
die Situation in bezug auf immaterielles Vermögen bzw. konkret im vorliegenden Fall bei den Elementen des NIK (d. s. Normen, Moral, Ethos, Werten, Tugenden und Unternehmenskultur). Diese sind
• dem Träger des Vermögens, einer Person, oft gar nicht bewusst, wie z. B.
seine eigene Werteordnung;
• als Phänomen in der Praxis kaum abgrenzbar, wie z. B. Unternehmenskultur;
• in seiner Wirkung auf finanzielle Messgrößen für die Unternehmensperformance, wie z. B. Umsatz oder Deckungsbeitrag, nicht seriös schätzbar;
• durch Überschneidungen innerhalb der Elemente des immateriellen
Vermögens geprägt, z. B. wird die Unternehmenskultur von den Werten
133
Normatives intellektuelles Kapital
und der Moral jedes Einzelnen im Unternehmen und der Stakeholder
beeinflusst;
• nicht direkt mess- und bewertbar, vor allem Moral und Unternehmenskultur. Daher bedarf es dazu einzelner Indikatoren;
• meist (nur) mittels Ordinalskala operationalisierbar. Im Controlling erfahrungsgemäß gut geeignet sind hier die Bewertung nach Schulnoten
und die Vergabe von Punkten (scores), um einen Vergleich anstellen zu
können; zu warnen ist hier vor einer Scheingenauigkeit, denn Punktesummen oder Noten sind zwar Zahlen, die aber nicht die gleiche Qualität wie Mengen oder (Geld-)Werte haben.
4.7
Bewertung und Bilanzierung der Elemente des NIK
4.7.1
Bewertung
Ziel der Bewertung eines immateriellen Werts ist es, ihm einen qualitativen oder monetären Wert zuzuordnen, der den Vermögenswert möglichst
realistisch repräsentiert. Der Bewertungsprozess ist komplex, da es der Zusammenführung psychologischer, ethischer, rechtlicher, forensischer und
ökonomischer Aspekte bedarf.
In der Theorie werden zwecks Messung immaterieller Werte quantitative Methoden ebenso diskutiert wie qualitative Ansätze (vgl. den Überblick
bei Andriessen 2004, S. 12–14; vgl. Bischoff 2006, S. 3–11; vgl. Arbeitskreis SG
2003, S. 1234).
Grundsätzlich sind drei Ansätze einer quantitativen Bewertung denkbar:
• Marktorientierte Bewertung (Market Approach)
• Kostenorientierte Bewertung (Cost Approach)
• Ertragsorientierte Bewertung (Income Approach).
Jeder Ansatz hat in bezug auf immaterielle Werte bedeutende Schwächen
(vgl. Bodrow/Bergmann 2003, S. 77 und 92–95; vgl. Stoi 2003, S. 9–11).
Generell ist zu sagen, dass es wenig sinnvoll erscheint, einen monetären
Wert für immaterielle Werte im allgemeinen und für die Elemente des normativen intellektuellen Kapitals im besonderen ermitteln zu wollen, weil
ein solcher erst bei (Teil-)Veräußerung des Unternehmens oder von immateriellen Werten von Interesse wäre (vgl. Stoi 2003, S. 11; vgl. Andriessen
2004, S. 4). Elemente des NIK sind zudem nicht selbständig veräußerbar.
Die Überlegung: „What you measure is what you get“ (Kaplan/Norton 1992,
S. 71) ist für immaterielle Werte eben nur eingeschränkt gültig.
134
Normatives intellektuelles Kapital
Die Elemente des NIK sind keine separat erfassbaren immateriellen
Güter, sie sind nicht wie Rechte oder wirtschaftliche Vorteile bewertbar,
sondern nur aufgrund der Wirkung erfassbar. Weit wichtiger als eine quantitative Bewertung ist es für das normative Management und das normative Controlling, immaterielle Werte im allgemeinen und die Elemente des
NIK im besonderen möglichst detailliert zu beschreiben, vollständig zu erfassen und systematisch zu entwickeln. Dazu bedarf es einer qualitativen
Bewertung.
Die meisten Ansätze zur Bewertung immaterieller Werte in Theorie und
Praxis sind qualitative Indikatormodelle, die die eigentlich interessierenden
Größen anhand verschiedener Indikatoren zu messen suchen. Prominente
Beispiele sind
• der Skandia Navigator
• der Intangible Assets Monitor
• der Intellectual Capital Navigator
• die Wissensbilanz
• das Intellectual Capital Statement.
Scorecard-Konzepte nach dem Muster der Balanced Scorecard von Kaplan/Norton eignen sich grundsätzlich zur qualitativen Bewertung nicht separat aktivierbarer immaterieller Werte: Komponenten werden identifiziert, klassifiziert und anschließend mittels Kennzahlen oder Indikatoren
beurteilt. Nach diesem Muster sind konzipiert:
• Skandia Navigator (vgl. Edvinsson/Brünig 2000, S. 58): Kunden-, Prozess-, Mitarbeiter- und Entwicklungsfokus zeigen das intellektuelle Kapital. Für diese und den Finanzfokus werden Kennzahlen gebildet und
laufend ermittelt.
• Der Intangible Asset Monitor (vgl. Sveiby 2001: vgl. Bodrow/Bergmann
2003, S. 83–91) misst drei Komponenten des intellektuellen Kapitals:
externe Struktur (Beziehungen zu Stakeholdern, Marke, Image), interne Struktur (Konzepte, Modelle, Unternehmenskultur) und die Kompetenz der Mitarbeiter. Die drei Komponenten werden mittels Kennzahlen
auf ihren Beitrag zu Wachstum, Effektivität, Effizienz und Stabilität des
Unternehmens beurteilt.
Scorecards eignen sich zwar nicht zur Ermittlung eines konkreten monetären Werts des intellektuellen Kapitals, sind aber sehr praxistauglich und
können an die konkrete Situation des Unternehmens angepasst werden
(vgl. Stoi 2003, S. 11).
Als weiteres qualitatives Verfahren steht grundsätzlich die Scoring(Nutzwert-)analyse zur Verfügung. Dabei werden Kriterien, die einen
135
Normatives intellektuelles Kapital
Sachverhalt möglichst vollständig und genau beschreiben sollen, bewertet;
die Kriterien können dabei – je nach (aktueller) Bedeutung – auch noch
unterschiedlich stark gewichtet werden; das Ergebnis („Gesamtscore“)
stellt keinen kardinalen, sondern nur einen ordinalen Wert zum Zweck
von Vergleichen bzw. für Benchmarking dar.
Die Wissensbilanz wird z. B. auf Grundlage des folgenden Modells erarbeitet. Es werden zunächst die für die Organisation entscheidenden Einflussfaktoren des intellektuellen Kapitals ermittelt und definiert. Diese
sind:
• für Humankapital: Fachkompetenz, Mitarbeitermotivation, Soziale Kompetenz und Führungskompetenz;
• für Strukturkapital: Kooperation und Wissenstransfer, IT und dokumentiertes Wissen, Prozess-, Produkt- und Verfahrensinnovationen, Unternehmenskultur;
• für Beziehungskapital: Kunden- und Lieferantenbeziehungen, Öffentlichkeitsarbeit, Beziehungen zu Kooperationspartnern, Beziehungen zu
Kapitalgebern.
Diese gilt es im nächsten Schritt nach den Kriterien Quantität (Ist die
Menge des Einflussfaktors ausreichend, um die strategischen Ziele zu erreichen?), Qualität (Ist die Qualität des Einflussfaktors ausreichend, um die
strategischen Ziele zu erreichen?) und Systematik („Wird der Einflussfaktor
systematisch genug gepflegt und entwickelt?) auf einer Ordinalskala zu bewerten.
Die DFVA hat einzelne, messbare Leistungsindikatoren entwickelt, anhand derer ein Unternehmen berichten kann, welche Leistungen es im
ESG-Bereich erbracht hat (vgl. www.dvfa.de 2010).
Die European Alliance for Corporate Social Responsibility untersucht im
sog. Laboratory on Market Valuation of Financial and Non-Financial Performance, welche Bereiche einer Nachhaltigkeitsberichterstattung für Investoren von Interesse sind. Untersucht wird, was den Marktwert eines
Unternehmens beeinflusst: es sind dies finanzielle und nicht-finanzielle
Werttreiber. Diese sind: Humankapital, Kundenbeziehungen, Partnerschaften, Umwelt, Innovation und Corporate Governance. Im nächsten Schritt
werden diese Werttreiber messbar gemacht: “Our focus has been on identifying a small number of key non-financial performance factors that most
directly and demonstrably link to financial performance across sectors and
markets and then explore how ESG factors relate to these” (vgl. www.investorvalue.org 2006). Folgende Schlüsselfaktoren („key metrics“) werden genannt:
136
Normatives intellektuelles Kapital
• für Humankapital: Engagement der Mitarbeiter
• für Kundenbeziehungen: Kundenzufriedenheit
• für Partnerschaften: Öffentliche Wahrnehmung solcher Partnerschaften,
Supply Chain Management
• für Umwelt: CO2-Emissionen, Abfallmanagement, Produktlebenszyklus
• für Innovation: Produktentwicklung
• für Corporate Governance: Ethische Integrität, Zusammensetzung der
Geschäftsführung
Der letzte Schritt betrifft die Festlegung von (quantitativen oder qualitativen) Kennzahlen bzw. Indikatoren („ESG factors“) wie z. B. der Abwesenheitsrate bei Mitarbeitern, Wert der Patente oder Reputation.
4.7.2
Bilanzierung
Typisches Merkmal für selbst geschaffenes immaterielles Vermögen ist, dass
es grundsätzlich nicht bilanzierungsfähig ist. Dies liegt vor allem daran, dass
die Kosten seiner Erstellung bzw. Entwicklung nicht zuverlässig bzw. nicht
seriös abschätzbar sind, es meist keine selbständige Verwertbarkeit hat oder
dass das Unternehmen nicht Eigentümer dieser Werte (z. B. des Humankapitals) ist bzw. nur in eingeschränktem Maß darüber verfügen kann.
Grundsätzlich erscheinen immaterielle Werte in der Handels- bzw. Steuerbilanz nur, wenn sie entgeltlich erworben wurden oder als Entwicklungsaufwand aktiviert werden können. Um dem Grunde nach bilanzierungsfähig zu sein, muss ein immaterielles Vermögensgut i.d.R. der
Veräußer- oder -verwertbarkeit genügen. Zudem wird meist eine selbständige Bewertbarkeit i. S. des Vorliegens abgrenzbarer Aufwendungen verlangt (vgl. Schmidt 2007, S. 48). Beides ist bei der Generierung bzw. Weiterentwicklung von Elementen des NIK nicht der Fall.
Weitaus wichtiger als eine monetäre Bewertung der Elemente des NIK
und ihre Erfassung in der Handels- oder Steuerbilanz Bilanz ist ihre zielgerichtete Erfassung in einer eigenen, der normativen Bilanz zum Zweck der
(Weiter-)Entwicklung einer lernenden Organisation und zur Transformation von Intangibles in monetäre Resultate höherer moralischer Qualität.
Der Schwerpunkt des normativen Controllings sollte daher auf einer
qualitativen Bewertung des intellektuellen Kapitals und einer Beurteilung
der Chancen und Risiken aufgrund der Entwicklung bzw. -verwertung der
Elemente des NIK bzw. deren Qualität liegen.
Die Erfassung immaterieller Erlöse bzw. Aufwendungen stellt eine Form
der Früherkennung durch das normative Controlling dar, da damit das
137
Normatives intellektuelles Kapital
normative Erlös- bzw. Aufwandspotenzial erkennbar wäre, bevor strategische Erfolgspotenziale und (lange) bevor Erlöse bzw. Aufwendungen in
monetärer Form eintreten. Die Ergebnisse dieser Früherkennung sollen
dem normativen Management eine Vorsteuerung (i. S. des Navigationssystems der Führung) ermöglichen.
4.8
Lessons learned
Immaterielle Werte (Intangibles) sind – negativ abgegrenzt – nicht-monetäre Werte ohne körperliche Substanz. Aufgrund der weiter wachsenden
Bedeutung des Dienstleistungssektors in der modernen Wirtschaft und des
Know-hows von Führungskräften und Mitarbeitern kommt den immateriellen, nicht-finanziellen Werten als Werttreibern große und voraussichtlich weiter wachsende Bedeutung zu.
Dementsprechend wächst der Bedarf nach einer Weiterentwicklung des
externen Reportings. Besonders relevant sind die sog. ESG- (Environmental, Social and Governance)-Faktoren, d. h. Informationen über Umwelt-,
soziale und qualitative Unternehmensführungsaspekte sowie über die
künftige, nachhaltige Entwicklung von immateriellen Wertsteigerungspotenzialen. Diese sind Gegenstand des sog. Strategic Advantage Reportings.
„Intellectual Capital“ umfasst rechtlich nicht geschützte und in der Handels- bzw. Steuerbilanz nicht aktivierbare immaterielle Werte wie z.B. Beziehungen zu Kunden oder Lieferanten. Die sechs Elemente Normen,
Moral, Ethos, Werten, Tugenden und Unternehmenskultur werden im vorliegenden Buch als normatives intellektuelles Kapital (weiter kurz: NIK)
bezeichnet. Es ist Teil der nicht separat aktivierbaren immateriellen Werte
und somit auch Teil des Goodwills.
Eines der Elemente des NIK, die Unternehmenskultur, zählt zu den
Werten eines Unternehmens, die nur langsam und mit viel Sozialenergie
entwickelt werden können. Sie ist von Wettbewerbern auch kaum kopierbar. So gesehen ist Unternehmenskultur das größte Erfolgspotenzial, das
ein Unternehmen haben kann.
Normatives Management und Controlling haben sich auf folgende Charakteristika des NIK einzustellen:
• Bei vielen moralisch motivierten Maßnahmen, wie z.B. Umweltschutz fallen Kosten sofort an, positive Wirkungen stellen sich aber erst später ein,
und das nur mit einer schwer zu bestimmenden Wahrscheinlichkeit.
• Da es sich bei der Entwicklung von NIK vor allem um Zeitaufwand für
Reflexion, Bewusstseinsbildung, Analyse, Diskussion („Diskurs“), Trai138
Normatives intellektuelles Kapital
•
•
•
•
•
•
•
nings, Workshops, u.ä. handelt, ist dieser Mitteleinsatz nicht einmal in
der GuV erkennbar.
Demgegenüber verursacht die Nutzung normativer, immaterieller
Werte, wie z. B. der Einsatz von Werten und Tugenden in Entscheidungs- oder Konfliktsituationen keine (erkenn- bzw. messbaren) Kosten.
Der Nutzen von Maßnahmen in NIK zeigt sich i.d.R. wiederum nur in
einem Mehr an immateriellen Werten wie Image oder Motivation der
Mitarbeiter.
Das Risiko von Investitionen in Elemente des NIK unterscheidet sich
von Investitionen in materielle Vermögenswerte. Es liegt vor allem im
Abgang von Mitarbeitern als Trägern des Humankapitals und im Ausbleiben immaterieller Erlöse.
In Krisenzeiten besteht oft die Versuchung, Schulungs-, Entwicklungszeit und -aufwand einzusparen; dies bringt kurzfristig zwar geringeren
Aufwand, strategisch und erst recht normativ ist dies aber kontraproduktiv, weil die Kontinuität der Investition fehlt.
Elemente des NIK sind nicht selbständig ermittel- bzw. veräußerbar.
Unternehmen erzielen laufend immaterielle Erlöse, d. h. nicht eindeutig
identifizierbare Erlöse, wie z. B. Reputations- und Imagegewinne aufgrund verantwortungsvoller Entscheidungen.
Ebenso werden laufend immaterielle Aufwendungen, d. h. nicht eindeutig identifizierbare Aufwendungen wie Reputationsverluste realisiert, z. B. durch sog. „schiefe Optik“ im Verhalten von Führungskräften
oder Mitarbeitern.
Analyse, Entwicklung und Pflege des NIK sollte als Ziel einer Investition
gesehen werden, die zwar zunächst zu (nur tw. in Geld messbarem) Aufwand führt, bei konsequent richtiger Anwendung und Geduld aber langfristig Zahlungsüberschüsse bringt und Geld spart.
Management des NIK heißt, nicht nur die im wirtschaftlichen Eigentum
des Unternehmens stehende Elemente zu gestalten und zu entwickeln,
sondern auch das Humanpotenzial in Richtung der Erreichung des Unternehmenszwecks und der Unternehmensziele effektiv und effizient zum
Einsatz zu bringen, dies aber nur im Rahmen legaler Geschäftsmethoden
und legitimer Ansprüche an die Stakeholder.
Der Schwerpunkt des normativen Controllings sollte auf einer Operationalisierung i. S. einer qualitativen Bewertung des intellektuellen Kapitals
und einer Beurteilung der Chancen und Risiken aufgrund der Entwicklung
bzw. -verwertung der Elemente des NIK liegen.
139
Normatives intellektuelles Kapital
4.9
Learning by Doing
A 4.1
Recherchieren Sie bitte im Internet
a) börsennotierte Unternehmen
b) nicht börsennotierte Unternehmen,
die nicht-finanzielle Kennzahlen publizieren! Beschreiben und diskutieren
Sie bitte diese Kennzahlen!
A 4.2
Recherchieren Sie bitte im Internet
a) börsennotierte Unternehmen
b) nicht börsennotierte Unternehmen,
die Wissensbilanzen publizieren! Beschreiben und diskutieren Sie bitte
deren Inhalte!
A 4.3
Recherchieren Sie bitte, wie der Skandia Navigator aufgebaut ist!
140
Controlling hat mit Ethik zu tun
(vgl. Lingnau/Schäffer 2009, S. 284; vgl. Suchanek 2009, S. 282).
5
Konzept und Aufgaben des normativen
Controllings
Ziele des Kapitels
Nach der Lektüre dieses Kapitels wissen Sie,
• was wir unter modernem Controlling verstehen
• worin das Wesen des normativen Controllings liegt
• welche Konzepte ethikorientierten Controllings es gibt
• wie das Konzept eines integrierten, normativen Controllings aufgebaut
ist
• welche Ziele und Aufgaben das normative Controlling im integrierten
Konzept hat, und
• wie die Rolle des normativen Controllers zu sehen ist.
5.1
Controlling
Controlling ist – ähnlich wie Marketing – einer der schillerndsten Begriffe
in der Betriebswirtschaft geblieben. Das liegt schon am Wort Controlling
selbst. Es leitet sich einerseits vom englischen Verb to control ab, das zahlreiche Bedeutungen hat wie vor allem: (1) lenken, steuern, leiten, führen,
(2) regulieren, regeln, bedienen, (3) kontrollieren, prüfen, (4) beherrschen, beaufsichtigen, in Schranken halten, (5) planen. Der im Deutschen
alternativ für Management verwendete Ausdruck „Gestionierung“ wird in
den wichtigsten romanischen Sprachen statt dem Anglizismus „Controlling“ verwendet: so im Italienischen: controllo di gestione, im Französischen:
contrôle de gestion, im Spanischen: control de gestión, und im Portugiesischen:
controle de gestão.
Bis dato gibt es andererseits keine einheitliche wissenschaftliche Definition und Konzeption für Controlling. Es nimmt in der Praxis die unterschiedlichsten Ausformungen an, angefangen bei einer Beschränkung auf
eine einfache Kostenrechnung bis hin zur umfassenden und einflussreichen Beratungsfunktion für die Geschäftsführung.
141
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
Im betriebswirtschaftlichen Bereich dominiert heute die systemtheoretisch orientierte Definition des Begriffs als Lenkung und Regelung von Systemen und Prozessen. Control im kybernetischen Sinn ist daher grundsätzlich die Eigenschaft eines Systems, sich selbst zu regeln, d. h. sich unter
Kontrolle zu halten.
Grundlegendes Modell im Controlling ist der kybernetische Regelkreis,
d. h. der PDCA-Zyklus („Plan – Do – Check – Act“) i. S. einer lückenlosen
Abfolge dieser Schritte auf allen Managementebenen, wobei nach jedem
neuerlichen Durchlauf$die Qualität
$ $ der Handlungen und Entscheidungen
kontinuierlich steigen sollte (vgl. Abbildung 24).
• +
!T*
\,+.
SA(T0
G1
x-+,7*C*).7R(+-
Abb. 24
Quelle: Kerzner 2003, S. 678
Controlling sollte verstanden werden als eine die Unternehmensführung
• ergänzende Funktion i. S. des Ausgleichs von Defiziten bei Führungskräften im methodischen wie im betriebswirtschaftlichen Wissen und
Denken. Das Management hat die Ergebnisverantwortung, das Controlling hat die Transparenzverantwortung;
• entlastende Funktion i. S. der Übernahme von Aufgaben, die zwar dem
Management obliegen, die dieses aber aus Kapazitätsgründen temporär
(z. B. Vorbereitung bestimmter Entscheidungen) oder dauerhaft (z. B.
interne Beratung) an das Controlling delegiert;
• präventive Funktion i. S. einer Verhinderung nicht legitimer Ziele und
Entscheidungen, zur Abwehr nicht legitimer Ansprüche von Stakeholdern, zur Verhinderung eines zu hohen Risikoappetits der Führung,
142
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
einem „Schönfärben“ von Resultaten und Sachverhalten sowie der Vorsorge vor Missmanagement und Unternehmenskriminalität.
Controlling verstehen wir als betriebswirtschaftlich fundierte normen-,
strategie-, finanz-, markt-, prozess-, informations- und verhaltensorientierte Regelung in Unternehmen. Zweck des Controllings ist Führungsunterstützung, um durch transparentes Monitoring gemeinsam vereinbarte
Unternehmensziele zu erreichen (vgl. Eschenbach/Siller 2009, S. 40).
Controlling ist eine umfassend angelegte Führungskonzeption, die auf
allen Ebenen des Navigationssystems der Führung ansetzt. Monitoring bedeutet die laufende, systematische Beobachtung und Überwachung von
führungsrelevanten Zielen, Plänen, Prozessen, Situationen und Ergebnissen. Das hat transparent zu erfolgen, d. h. alle Akteure sind in ihrem Entscheidungsfeld über die normative, strategische und operative Position des
Unternehmens zu informieren (vgl. Eschenbach/Siller 2009, S. 40; ähnlich
IGC 2005, S. VII und S. 56; vgl. Weber/Schäffer 2008, S. 19).
Ebenso wie erfolgreiche Unternehmen Vision und Leitbild benötigen,
sollte auch Controlling selbst eine Vision und Leitbild haben. Diese könnten wie folgt lauten:
• Vision des Controllings:
Professionell und objektiv zur nachhaltig erfolgreichen und möglichst
überraschungsfreien Unternehmensentwicklung beitragen
• Controlling-Leitbild:
1. Controlling ist Teil der Führung. Es ergänzt und entlastet das Management und versucht Risiken sowie unethischem und illegalem
Verhalten vorzubeugen.
2. Controlling dient dem professionellen Finden und Erreichen von Zielen der normativen, strategischen und operativen Führung.
3. Controlling verantwortet Transparenz von Entscheidungen, Handlungen und Ergebnissen gegenüber internen und externen Stakeholdern.
Zu weiteren Überlegungen zum Controlling darf hier auf die nahezu unüberschaubare Literatur zum Controlling und insb. auf Eschenbach/Siller
2009, S. 36–70, verweisen werden.
5.2
Normatives Controlling
Ziel des normativen Controllings ist die Unterstützung des Managements bei der Sicherung der nachhaltigen Fortschrittsfähigkeit durch
innengeleitetem Wandel, der Analyse und Entwicklung der Elemente des
143
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
NIK (d. s. Normen, Moral, Ethos, Werten, Tugenden und Unternehmenskultur) und der Erhaltung und Entwicklung der Unternehmensidentität.
Regelgrößen und Objekte des normativen Controllings sind ident mit
den Objekten des normativen Managements und der Unternehmenspolitik, d. h.:
• Vision
• Mission
• Werte und Tugenden
• Unternehmenskultur
• Leitbild und
• weitere interne Normen
sowie die Handlungsfelder
• Stakeholder-Management und -dialog
• Corporate Governance
• Corporate Social Responsibility
• Compliance
• Sicherung der Integrität der Unternehmensführung, und
• Prävention vor Missmanagement und geschäftsschädigenden Handlungen.
Das normative Controlling ist das „missing link“ im Navigationssystem der
$ $
$ $
Führung$ (vgl.$ Abbildung 25).
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Abb. 25
144
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Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Gälweiler 2005, S. 34;
vgl. Eschenbach/Siller 2009, S. 24
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
Das normative Controlling (Controlling der normative Ziele) ergänzt das
Controlling der strategischen Ziele (strategisches Controlling) und
das Controlling der operativen Ziele (operatives Controlling) durch
eine weitere Ebene an Vorsteuerungsgrößen.
Der Begriff des normativen Controllings findet sich erstmals bei Gaubinger, der darunter das Controlling von Unternehmenspolitik und Unternehmenskultur versteht (vgl. Gaubinger 2000, S. 228). Inhaltlich geht es um
einen Check des Leitbilderstellungsprozesses und dem Abgleich zwischen
Soll- und Ist-Unternehmenskultur (vgl. Gaubinger 2000, S. 232–235). Weitere Überlegungen, insb. in Richtung Ethik oder Werte stellt Gaubinger aufgrund des Marketing-Fokus seiner Arbeit aber nicht an.
In einem systematischen Kontext wurde der Begriff erstmals von Eschenbach geprägt (vgl. Eschenbach et al. 2007, S. 34 f.). In der Literatur finden
sich verwandte Begriffe wie: „Ethisches Controlling“ (Göbel 2010, S. 278 f.)
sowie „Reflexionsorientiertes Controlling“ (Pietsch/Scherm 2004, S. 529).
Bei Göbel findet sich aber kein geschlossenes Controlling-Konzept, auf das
„Reflexionsorientierte Controlling“ werden wir näher eingehen.
Bevor die einzelnen Ansätze zum normativen Controlling analysiert
werden, ist die Frage zu klären, welche Argumente eigentlich für (Abb. 26)
und welche gegen (Abb. 27) normatives Controlling als Unterstützung des
normativen Managements sprechen; vgl. dazu Abbildung 26 und 27.
• Know-how des Controllings dient zur Operationalisierung der Elemente des normativen intellektuellen Kapitals als immaterielle Vermögenswerte
• Bewusstseinsbildung für die ethische Dimension in Entscheidungen
• Entlastung, Begrenzung, Ergänzung bzw. Überhöhung des operativen und des
strategischen Managements und Controllings
• Prävention vor unternehmenskriminellen Handlungen
• Bedarf an Unterstützung bei der Findung normativer Ziele und Entscheidungen im
normativen Management
• Förderung der Entwicklung von Controlling-Instrumenten, z. B. der normativen Bilanz, der Stakeholder-Analyse, Erfassung der Kosten des „falschen“ Führungsstils,
Erfassung der Kosten korrupten bzw. destruktiven Verhaltens und seiner Wirkungen
• Möglichkeit bzw. Erfordernis zur Entwicklung eines Regelkreissystems auf normativer, strategischer und operativer Ebene
• Ethik als Disziplin gewinnt stark an Bedeutung
• Controller sehen Ergebnisorientierung für sich allein genommen überwiegend
nicht als ethisch akzeptable Zielfunktion
• Das normative Controlling sollte durch Personalpolitik, Compliance u.a. unterstützt
werden
• Es gibt bereits Ansätze zu ethikorientiertem Controlling.
Abb. 26
Quelle: Eigene Darstellung
145
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
• Controlling hat traditionell mit Zahlen zu tun, und das soll auch so bleiben („Schuster, bleib’ bei Deinem Leisten!“)
• Controller spielen sich zum „Moralapostel“ und Lehrer für unmoralisch agierende
Manager und Aufsichtsorgane auf
• Controlling hat mit Ethik von Führungskräften und Mitarbeitern nichts zu tun, das ist
deren und HR-Aufgabe
• Controller sind keine Ethik-Experten
• Immaterielle Werte lassen sich nicht seriös operationalisieren bzw. bewerten
• Normatives Controlling ist durch strategisches Controlling schon abgedeckt
• Was ein normativer Controller tun kann, wird durch die HR-Stelle und den Compliance Manager schon abgedeckt.
Abb. 27
Quelle: Eigene Darstellung
Gerade aufgrund der Kernkompetenzen des Controllings (wie u. a. als
interner Berater, in der Erstellung qualitativer und quantitativer Analysen,
in der Konzeption von Frühaufklärungssystemen oder bei Soll-Ist- bzw.
Soll-Wird-Vergleichen) hat Controlling sehr gute Voraussetzungen, sich im
Unternehmen Gehör auch in Bezug auf Unternehmensethik zu verschaffen. Mit einer möglichst glaubwürdigen Operationalisierung von soft facts
wie den Elementen des NIK lässt sich am besten Zweifeln, Ethik- oder
Compliance-Leitlinien, Engagement im Umweltschutz oder CSR hätten
nichts mit Controlling zu tun, entgegen treten.
Dem in Abbildung 27 letztgenannten Contra-Argument kann wie folgt
begegnet werden:
• Gegenüber Controlling ist Compliance i.d.R. stärker mit juristischen als
mit betriebswirtschaftlichen Fragen befasst.
• Gegenüber Controlling deckt Compliance nur einen Teil der Führungsberatung ab.
• Controlling verfügt gegenüber Compliance über die Orientierungsgrundlagen und Rechensysteme zur Vorsteuerung und Regelung von
Strategie, Erfolg und Liquidität.
Wir gehen daher in weiterer Folge von einem klaren Überwiegen der Argumente pro normatives Controlling aus.
146
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
5.3
Konzepte ethikorientierten Controllings
5.3.1
Überblick
An Konzepten eines ethikorientierten Controllings in der Literatur können
u. a. die folgenden sechs genannt werden:
• Nachhaltigkeitsorientiertes Controlling (vgl. Pkt. 5.3.2)
• Organisationscontrolling (vgl. Pkt. 5.3.3)
• Korruptionscontrolling (vgl. Pkt. 5.3.4)
• Controlling als Metaführung (vgl. Pkt. 5.3.5)
• Controlling als Rationalitätssicherung (vgl. Pkt. 5.3.6)
• Reflexionsorientiertes Controlling (vgl. Pkt. 5.3.7).
Während die ersten drei Konzepte jeweils nur Teilaspekte der normativen
Führung bzw. des normativen Managements beleuchten, stellen die letzten
drei Konzepte ganzheitliche, u. E. aber ergänzungsbedürftige Ansätze eines
normativen Controllings dar.
Das zu entwickelnde Konzept eines integrierten, normativen Controllings soll für sich in Anspruch nehmen können, alle relevanten Teilaspekte unter einem ethischen, nachhaltigen und Governance-orientierten
Blickwinkel zu vereinen.
5.3.2
Nachhaltigkeitsorientiertes Controlling
Mit der Thematisierung der Corporate Responsibility (CR), und hierbei
insb von CSR und Nachhaltigkeit (sustainability) kamen auch Konzepte
eines Nachhaltigkeits-, eines Öko- und eines Sozial-Controllings auf. Auf
Grund der immer strenger werdenden Umweltschutzbestimmungen und
der Forderung der Gesellschaft nach verantwortungsbewussten Unternehmen, wurde in vielen Unternehmen ein Öko- bzw. Umweltcontrolling eingeführt. Voraussetzung ist es, Ziele der Triple-Bottom-Line (TBL), vor allem
des Umweltschutzes, der Energieeffizienz, der Arbeitssicherheit, der Gesundheit der Mitarbeiter und des Gender und Diversity Managements in
das Zielsystem aufzunehmen.
In der Literatur ist einerseits vom neuen Berufsbild des CSR-Managers
die Rede (vgl. Lenzen 2007, S. 22). Andererseits ergibt sich aber auch für
den traditionellen Controller direkt die Möglichkeit (bzw. Anforderung)
einer Erweiterung seiner Aufgaben und Verantwortung in Richtung Nachhaltigkeit. In diesem Zusammenhang verwenden Fischer et al. (vgl. 2010,
S. 226) den Begriff des nachhaltigkeitsorientierten Controllings.
147
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
Dieses umfasst grundsätzlich die gleichen Tätigkeitsfelder wie das „traditionelle“ Controlling. Der Unterschied liegt in der Erweiterung des Aufgabenfelds um die soziale und die ökologische Dimension in der Zielfindung
und -verfolgung. Dies hat Auswirkungen auf Controllingobjekte, -prozesse
und -instrumente. Nachhaltigkeitsziele müssen operationalisiert werden,
um sie messbar und vergleichbar zu machen. Des weiteren müssen nachhaltigkeitsorientierte Anreiz-Systeme für Mitarbeiter geschaffen, Planungsinstrumente sowie spätere Abweichungsanalysen auf die neuen Anforderungen ausgerichtet werden.
Zu der rein ökonomischen Ausrichtung kommen auch eine ökologische
und soziale Dimension, jeweils mit eigenen finanziellen und nicht-finanziellen Indikatoren. Zudem entsteht Bedarf an einem speziellen internen
und externen Berichtswesen (vgl. Fischer et al. 2010, S. 226).
Hauptaufgabe eines Nachhaltigkeitscontrollings ist es in erster Linie, das
unternehmensspezifische TBL-Konzept auf seinen Beitrag zum Unternehmenserfolg zu analysieren, Maßnahmen einer ökologisch-sozial-ökonomischen Unternehmensführung vorzuschlagen, ihre Durchsetzung zu überwachen sowie Schwachstellen aufzuzeigen und Potenziale zur stetigen
Verbesserung und Optimierung des bestehenden Systems zu schaffen.
Es gilt, innovative Instrumente zu entwickeln, die den erweiterten Ansprüchen eines nachhaltigkeitsorientierten Controllings gerecht werden. Die
Global Reporting Initiative (GRI) hat in diesem Zusammenhang eine Reihe
an branchenspezifischen Leistungsindikatoren für den ökonomischen, ökologischen sowie sozialen Bereich entwickelt (vgl. GRI 2006, S. 25–36).
Eine zusätzliche Möglichkeit ist, CR-Kennzahlen, Ziele und Indikatoren
in eine Balanced Scorecard (BSC) zu integrieren. Die daraus resultierende
Sustainability-BSC wird in der Literatur als ein mögliches Tool für den
CSR-Controller vorgeschlagen. Konkrete detaillierte Konzepte sind jedoch
noch kaum zu finden (vgl. Fischer et al. 2010, S. 228; Lingnau/Schäffer 2009,
S. 286).
Es gibt eine Reihe von Werkzeugen, die eingesetzt werden können, um
die Ziele und Aufgaben eines Sustainability-Controlling zu erfüllen, wie
z. B.:
• Frühaufklärung für Fragen der TBL
• SWOT-Analyse unter TBL-Aspekten
• Technologiefolgenprüfung
• Personalentwicklungssysteme
• Öko-Bilanz und Öko-Kosten- und Leistungsrechnung
• Sozial-Bilanz und Sozial-Kosten- und Leistungsrechnung
• Scoring-Modelle bzw. Nutzwertanalysen
• Nachhaltigkeitsberichte.
148
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
Kritisch anzumerken ist zu diesem Konzept
• die Beschränkung auf Aspekte der Nachhaltigkeit;
• dass es erst beim strategischen Controlling ansetzt und keine normativen Aspekte enthält. Das Konzept von Fischer setzt einen bewussten
ethisch-normativen Prozess der Unternehmensführung bereits voraus;
• dass detaillierte Konzepte vermutlich nur branchenspezifisch gestaltet
werden können.
Positiv ist zu vermerken, dass ein nachhaltigkeitsorientiertes Controlling
heute ein unverzichtbarer Bestandteil einer legitimen Unternehmensführung und eines normativen Controllings sein muss.
5.3.3
Organisationscontrolling
Von Werder/Grundei unterscheiden in ihrem Ansatz des OrganisationsControllings zwischen Performance-Controlling, das die ökonomische
Zweckmäßigkeit von organisatorischen Maßnahmen sicherstellen soll, und
Conformance-Controlling. Dieses soll gewährleisten, dass die ausgewählten
Organisationssysteme rechtlichen Vorgaben entsprechen (vgl. v. Werder/
Grundei 2006, S. 19–21; vgl. Becker/Grundei 2009, S. 117).
Conformance-Controlling hat zwei Komponenten:
• Compliance-Controlling als Einhalten von externen, gesetzlichen Regelungen, und
• Observance-Controlling als Einhalten der von Unternehmen selbst festgelegten Richtlinien und Normen.
Unter Organisations-Controlling verstehen v. Werder/Grundei (2006, S. 1) –
unter Anwendung der traditionellen Controlling-Aufgaben – Methoden
und Techniken zur Planung, Steuerung, Überwachung und Kontrolle der
Unternehmensorganisation.
Organisations-Controlling umfasst mehrere Teilschritte. Zunächst muss
der Controlling-Gegenstand festgelegt werden, meist ein Ausschnitt der Aufbau- oder Prozessorganisation oder auch der Reorganisationsprozess selbst.
Weiters müssen passende Bewertungsmaßstäbe gefunden werden, um das
Analyseobjekt hinsichtlich Performance und Conformance bewerten zu
können. Die Festlegung der Soll-Maßstäbe stellt die größte Herausforderung
im Organisations-Controlling dar (vgl. v. Werder/Grundei 2006, S. 6). Hierzu
bieten Becker/Grundei (vgl. 2009, S. 120) einen Kriterienkatalog an, aus dem
die jeweils passenden Kriterien gewählt werden können. Ein Beispiel wäre
die Überprüfung, inwiefern eine Unternehmensstruktur zur Strategie des
149
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
Unternehmens passt. Im Falle mangelnder Passung wären z. B. Reorganisationsmaßnahmen einzuleiten (vgl. v. Werder/Grundei 2006, S. 5 f.).
Positiv ist an diesem Ansatz vor allem die Unterscheidung zwischen Performance und Conformance als Tätigkeitsbereiche des normativen Controllings zu nennen.
Kritisch anzumerken ist zu diesem Konzept aber:
• Der Fokus liegt auf Aspekten der Organisationsgestaltung;
• Aspekte der Nachhaltigkeit fehlen;
• es setzt einen bewussten ethisch-normativen Prozess der Unternehmensführung voraus, bei dem eine moralisch tragfähige Unternehmensvision formuliert wurde;
Das Konzept eignet sich aber gut als Ergänzung eines umfassenderen Controlling-Konzepts.
5.3.4
Korruptions-Controlling
Die Literatur kennt im Zusammenhang mit Compliance noch weitere Konzepte, bei denen zwar von Controlling die Rede ist, wo aber keine Aufgabe
des traditionellen Controllings angesprochen wird. Das gilt z. B. für das sog.
Korruptions-Controlling von Stierle.
Er versteht darunter die planmäßige, systematische Minimierung korruptionsbezogener Risiken durch die Führung mittels Implementierung
eines Frühwarnsystems und durch Maßnahmen betreffend Organisation
und Unternehmenskultur, Steuerung der Mitarbeiter und der Geschäftspartner (vgl. Stierle 2008, S. 20).
Als Korruptionscontroller bzw. Compliance-Beauftragter wird hier eine
Führungskraft aus den Bereichen Personal, Organisation, Recht oder Revision vorgeschlagen. Das traditionelle Controlling spielt eine wichtige Rolle,
nämlich als Informationslieferant, z. B. in Form von Indikatoren oder
Kennzahlen (vgl. Stierle 2008, S. 112–118).
Während die Kosten für die Implementierung eines solchen Konzeptes
im Unternehmen relativ einfach ermittelbar sind, ist der unmittelbare Nutzen nicht so leicht erkennbar bzw. mit Fakten belegbar. Bei einem gut ausbalancierten Compliance-Konzept, das auch Komponenten eines IntegrityAnsatzes berücksichtigt, könnte die Verbesserung der Unternehmenskultur
sowie eine Image-Verbesserung zu den positiven Ergebnissen zählen. Vor
allem die durch ein Kriminalitätspräventionskonzept eingesparten Kosten
für verhinderte materielle und Imageschäden sind als direkter Nutzen zu
berücksichtigen.
150
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
Das Konzept des Korruptions-Controllings trägt aufgrund der vielfältigen Aufgaben des Korruptions-Controllers (vgl. Stierle 2008, S. 150–165)
eher Züge eines Management- und Internes Kontroll- als eines reinen
Controlling-Konzepts.
Positiv anzumerken ist, dass
• mit diesem Ansatz dolose Handlungen im allgemeinen und Korruption
im besonderen sowie Controlling als eines der mögliche Mittel zu ihrer
Bekämpfung systematisch thematisiert werden;
• zahlreiche organisatorische und personalpolitische Maßnahmen diskutiert werden;
• dabei Aspekte der Ethik und der Integrität erörtert werden;
• das Konzept als Ergänzung zu anderen Controlling-Konzepten gut geeignet ist.
Kritisch anzumerken ist zu diesem Konzept aber
• der Controlling-Fokus auf dolose Handlungen, und dabei beschränkt auf
Korruption,
• und dass Aspekte der Nachhaltigkeit fehlen.
5.3.5
Controlling als Metaführung
Metaführung bezeichnet eine der Führung übergeordnete Funktion, vergleichbar einem Aufsichtsorgan. Dem Controlling könnte die Aufgabe zukommen, Führungshandlungen bzw. die Unternehmenspolitik nach Inhalt
und Qualität kritisch zu reflektieren und auf eine verantwortungsbewusste
Unternehmensführung hinzuarbeiten (vgl. Weibler/Lucht 2004, S. 881 f.)
Dabei ginge es zunächst darum, das ökonomische Rationalitätsverständnis zu hinterfragen (Fundamentalkritik). Der Controller sollte z. B. die
Kommunikation über ethische Fragen fördern, er könnte als „kritischer
Counterpart“ (Weibler/Lucht 2004, S. 886) der Führungskräfte agieren und/
oder eine Art Personalentwicklungsfunktion übernehmen.
Kritisch ist dazu folgendes anzumerken:
• Controlling mit der Aufgabe der Metaführung wäre mit mehr Kompetenz und Verantwortung als die Führung selbst ausgestattet. Das würde
Controlling eine hohe formelle, aber vor allem auch informelle Machtfülle geben. Controlling wäre damit eine Art „Ethikkontrollstelle“, der
Controller der „Moralapostel“ im Unternehmen. Das verliehe ihm einen
Omnipotenzanspruch, der schon vom Konzept her und erst recht als in
der Praxis nicht umsetzbar erscheint.
151
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
• Damit wäre auch die Aufgabe des Aufsichtsorgans im Unternehmen
unterminiert.
• Die Idee der Metaführung würde zudem bedeuten, dem Management,
d. h. Geschäftsführung und Aufsichtsgremien, a priori die Fähigkeit zur
moralischen Verantwortung abzusprechen.
• Aspekte eines ethikorientierten Controllings können auch realisiert werden, ohne Controlling als Metaführung bzw. als Ethik-Reflexionsstelle
zu konzipieren.
Positiv ist aber die Rolle des Controllers als „kritischen Counterpart“ für das
Management und die wichtige Rolle der Moral in diesem Konzept zu werten.
5.3.6
Controlling als Rationalitätssicherung
Ab der 7. Auflage seines Lehrbuchs nennt Weber die Sicherstellung der Rationalität der Führung und die Vermeidung von Rationalitätsdefiziten als
Kernaufgabe des Controllings (vgl. Weber/Schäffer 2008, S. 24 und 33–53).
Angelpunkt dieser Konzeption ist die bekannte Tatsache, dass sich Menschen in Organisationen nur zum Teil rational verhalten (vgl. das Konzept
der „bounded rationality“), Entscheidungen oft emotional getroffen werden, neben formellen auch informelle Wege der Informationsbeschaffung
begangen werden und Führungskräfte sich oft opportunistisch und i. S. des
eigenen Vorteils verhalten.
Rationalität wird dabei als Zweck-Mittel-Rationalität verstanden: als effiziente Mittelverwendung bei gegebenen Zwecken (vgl. Weber/Schäffer
2008, S. 44). Aus der Emotion, bestimmten Werthaltungen oder aus traditionellen oder historischen Motiven getroffene Entscheidungen werden
dabei explizit ausgeklammert. Weber/Schäffer orientieren sich an Max Weber:
Dieser beschrieb zweckrationales Handeln als Handeln, bei dem man sowohl die Mittel gegen die Zwecke wie die Zwecke gegen die Nebenfolgen
und die verschiedenen Zwecke untereinander rational abwägt (vgl. Weber
1964, S. 17).
Die Rationalitätssicherung soll auf den miteinander verbundenen Ebenen der Input-, Prozess- und Ergebnisrationalität erfolgen. Controller
sollen die Problemlösungen des Managements i. S. einer „second opinion“
kritisch überprüfen (dies entspricht einer Sparring-Funktion).
Kritisch ist folgendes anzumerken (vgl. Küpper 2005, S. 19; vgl. Zenz
1999, S. 31, vgl. Pietsch/Scherm 2004, S. 550; vgl. Reimer 2005, S. 152):
152
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
• Der Ansatz von Weber/Schäffer weist ein hohes Abstraktionsniveau auf,
da sich daraus kaum konkrete Aufgaben – außer sich „kaufmännisch
richtig zu verhalten“ – formulieren lassen.
• Situationen, deren Grundmuster durch einfache Zweckrationalität gekennzeichnet ist, sind meist unproblematisch. Schwieriger wird es,
wenn verschiedene Handlungsoptionen gegeben sind, deren Konsequenzen nur geschätzt werden können.
• Weber/Schäffer beschränken sich auf zweckrationales Handeln. Wertrationales Handeln i. S. von Max Weber, d. h. Handeln, das durch den bewussten
Glauben an den ethischen, ästhetischen oder religiösen Eigenwert eines
Verhaltens, und zwar unabhängig vom Erfolg bestimmt ist, wird nicht
beachtet. Es wäre aber im normativen Bereich der Führung essentiell.
• Unhaltbar ist die induktive Herleitung der Konzeption: „Bezugspunkt
für das Vorliegen von Rationalität ist die „herrschende Meinung von
Fachleuten“ (Weber/Schäffer, 2008, S. 51). Aber: Wie kann man die herrschende Meinung bzw. deren Änderung empirisch erfassen? Welcher
Stellenwert kommt der Theorie zu? Können Fachleute nicht auch irren?
Und sind Fachleute immer einer Meinung?
Positiv am Ansatz ist aber zu werten, dass
• die Rationalität im modernen Unternehmen sicher gestärkt werden
muss, zumal Wirtschaft heute generell stark mit Risiken und Unsicherheit, information overload und (sehr viel) mit Psychologie zu tun hat.
• Controller als „Hüter der ökonomischen Moral“ (Weber/Schäffer 2008,
S. 40) und als ökonomisches Gewissen gesehen werden. Obwohl beide
Begriffe nicht definiert werden, schafft dies Raum, dem Controller die
Aufgabe zuzuweisen, bei jeder Zweck-Mittel-Beziehung auch den Zweck
zu hinterfragen und die moralisch entscheidende Frage zu stellen: „Heiligt
der ökonomische Zweck jedes Mittel?“
• die Nichtbeachtung des wertorientierten Handelns durch Erweiterung
der Konzeption um diese Komponente beseitigt werden kann. Dies wird
im integralen Ansatz gezeigt und in Form der Rationalitätsreflexion statt
einer Rationalitätssicherung berücksichtigt.
5.3.7
Reflexionsorientiertes Controlling
Unternehmen sind heute gekennzeichnet durch die Notwendigkeit der Bewältigung seiner eigenen sowie der Komplexität und Dynamik seines Umfelds, aber auch durch eine beschränkte Informationsaufnahme- und -verarbeitungskapazität der handelnden Personen.
153
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
Zwei grundlegende Möglichkeiten zur Komplexitätsbewältigung sind
gegeben:
• Selektion; selektiert werden Ziele und Handlungsmöglichkeiten; eine Entscheidung ist der „… Kulminationspunkt einer Vielzahl von – häufig unbewussten – Selektionen …“ (Pietsch/Scherm 2004, S. 534). Der Idealfall,
nämlich eine rationale Selektion, lässt sich in der Praxis nur ausnahmsweise realisieren. Die Gefahr unvollständiger, und daher im Ergebnis
möglicherweise falscher Selektion lässt sich durch Reflexion verringern.
• Reflexion bedeutet distanzierend-kritische Gedankenarbeit. Reflexion ist
die Voraussetzung für Flexibilität und Lernen sowie für die Sicherung
der Anpassungsfähigkeit von Unternehmen. Es wird zwischen abweichungsorientierter (= Kontrolle) und perspektivenorientierter Reflexion
(= Entdecken innovativer Gestaltungsperspektiven) unterschieden. Perspektiven legen quasi die „Brille“ fest, mit der Entscheidungen vorbereitet werden (vgl. Pietsch/Scherm 2004, S. 538).
Reflexion wird als eigenständige Führungsfunktion und Auftrag zur Fundamentalkritik verstanden und dem Controlling zugewiesen. „Die Führungsfunktion des Controllings ergibt sich somit als Reflexion der Entscheidungen, die im Rahmen der anderen Führungsfunktionen (Planung,
Organisation, Personaleinsatz und -führung, Anm. d. Verf.) getroffen wurden“ (Pietsch/Scherm 2004, S. 536).
Der Controller kann somit vorrangig als Innovator tätig sein, er kann
auf Perspektivenänderungen oder -wechsel drängen, wie auch in der
(Radar-)Funktion, Frühaufklärung zu betreiben. Das Gestaltungsfeld erweitert sich daher um mentale Prozesse innerhalb gegebener kognitiver
Strukturen (d. s. mentale Prozesse erster Ordnung) und zweiter Ordnung;
solche Prozesse führen zu einer kognitiven Neuorientierung bzw. zu einem
Perspektivenwechsel (vgl. Pietsch/Scherm 2004, S. 539).
Kritisch ist zu diesem Konzept zu sagen:
• Reflexion als Aufgabe dominiert das Aufgabenfeld des Controllers, andere Funktionen scheinen zu kurz zu kommen;
• eine instrumentelle Entwicklung dieses Ansatzes liegt noch nicht vor.
Positiv zu werten ist:
• Der Fokus liegt auf Fundamentalkritik und Nachdenken im Top-Management;
• Aspekte der normativen Führung, Nachhaltigkeit, der Organisationsentwicklung und der Unternehmenskriminalität sind im Blickfeld;
• Ethik wird als Gegenstand der Diskussion explizit genannt;
• der Controller wird als Sparring-Partner gesehen.
154
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
Ähnlich versteht Hemel unter Ethik-Controlling die Überprüfung der Wertesteuerung. Dabei geht es zum einen um die Dokumentation der Wertelandschaft im Unternehmen und andererseits um deren Veränderung im
Rahmen von Personalentwicklungsprogrammen (vgl. Hemel 2007, S. 289).
5.3.8
Integriertes normatives Controlling
Das integrierte Konzept des normativen Controllings weist die folgenden
Charakteristika auf (vgl. Eschenbach/Siller 2009, S. 54–56):
• Integriert heißt Service für alle Management-Ebenen und Unterstützung
der Corporate Governance auf normativer, strategischer und operativer
Ebene. Damit wird im Controlling das nachgeholt, was in der Balanced
Scorecard schon seit über 15 Jahren state-of-the-art ist: das Herstellen
und Nutzen der kausalen Verbindung zwischen Vision, Strategie und Erreichung operativer Zielwerte und Kennzahlen.
• Normatives Controlling unterstützt nicht nur eine der Conformance, der
Nachhaltigkeit und dem Stakeholder-Dialog verpflichtete Unternehmensführung, sondern versteht sich als „moralisches Gewissen“ im
Unternehmen und als Prophylaxe vor dolosen Handlungen und Missmanagement.
• Controlling unterstützt die Führung in seiner Innovations- und Gestaltungsleistung im Bereich der Normen- und Wert-(weiter-)entwicklung.
• Controlling leistet Entwicklungshilfe in Unternehmen, indem es normatives intellektuelles Kapital identifiziert und systematisch laufend
auf erforderliche Entwicklungs- und Gestaltungsmaßnahmen analysiert.
• Der professionelle, moderne Controller hat die Rollen eines Navigators
(in Richtung Zielerreichung), Innovators (in Richtung nachhaltiger Problemlösung) und Moderators im Kommunikations- und normativen
Problemlösungsprozess mit Management und Mitarbeitern.
• Streben nach Transparenz in Analysen, Überlegungen und Sachverhalten
und der ganzheitliche betriebswirtschaftlich-unternehmensethische Blick auf
Probleme, Sachverhalte und Ideen.
Herkömmliches, operatives Controlling, bei dem vor allem quantitative
Werte und hard facts im Vordergrund stehen, Risiken oft ebenso ausgeblendet werden wie Langfristbetrachtungen oder schwer messbare Folgen, ist für eine Umsetzung unternehmensethischer Ziele immer dann
schädlich, wenn die verantwortungsvolleren, moralisch richtigen Handlungsmöglichkeiten nach den Maßstäben der Gewinnerzielung schlecht
155
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
abschneiden. Das gilt z. B. für die Abschätzung von Folgen fehlerhaft ausgelieferter Pkw auf die Reputation des Unternehmens oder für grob fahrlässig entstandene Umweltschäden. Warum sollte ein operativer Controller
eine Alternative vorschlagen, die kurzfristig weniger Gewinn verspricht
gegenüber einer erst auf Dauer und nur möglicherweise, aber nicht sicher
eintretenden besseren Reputation?
Um diese Barriere abzubauen, muss sich das Controlling von der einseitigen Orientierung an monetären Erfolgsgrößen lösen und zu einer langfristigeren, qualitative und indirekte Folgen einbeziehenden Bewertung
von Handlungsoptionen bekennen, wie es im Grunde auch schon seit Jahren für das strategische Controlling gefordert wird.
Abbildung 28 zeigt die wesentlichen Charakteristika des Konzepts des
integrierten,
$ $ normativen Controllings.
$ $
$
Nr.
Kriterium
Normatives Controlling
1
Controlling-Support für ...:
Management der normativen Ziele
2
Ziele
Sicherung der nachhaltigen Fortschrittsfähigkeit;
Unterstützung der Umsetzung der Unternehmenspolitik
3
Steuerungs- und
Regelungsgrößen
Elemente des NIK, Verhaltensgrundsätze, Corporate
Responsibility, Prävention gegen dolose Handlungen und
Missmanagement
4
Zeitbezug
langfristig und grundsätzlich
5
Orientierungsgrundlagen
CSR, Führungsethik, Werthaltung, Risiko- und
Chancenorientierung, Normen,
Corporate Governance
6
Fragestellung
Verhalten wir uns ethisch korrekt? Sind unsere Ansprüche
legitim?
7
Aufgabenart
Innovativ, grundsätzlich
8
Informationsart
Qualitativ
9
Rolle bzw. Profil des
Controllers
Moderator, Berater, Coach, Treiber bzw. Bremser
10
Typisches Arbeitsmittel
Reflexion
11
Typische Ergebnisse der
Controller-Arbeit
Stakeholder-Analyse, Entwurf einer Wertecharta, Entwurf
eines Leitbilds, Werte-Check, Normen-Check, Normative
Bilanz
Abb. 28
Quelle: in Anlehnung an Eschenbach/Siller 2009, S. 136
Der normativen Controller/die normative Controllerin
1. sorgt für Problembewusstsein bei den Führungskräften auf normativer
Ebene
2. bringt einen unternehmensinternen Diskussions- und Sparringprozess
über Fragen der normativen Unternehmensführung in Gang
156
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
3. analysiert kritisch Status und Potenzial der Umsetzung der Elemente des
NIK sowie der Chancen und Risiken für die künftige Entwicklung des
Unternehmens
4. sorgt innerhalb der Führung für einen Konsens, dass ein Problemlösungsprozess über Vision, Mission, weitere interne Normen, Werte,
Unternehmenskultur und Leitbild zu organisieren und zu einem bestimmten Zeitpunkt abzuschließen ist
5. initiiert, moderiert und koordiniert den Kommunikations- und Diskussionsprozess über Konsens- und Konfliktpotenziale, unterschiedliche
Standpunkte, Werte, Meinungen, Interessen, Vorbehalte, Widerstände
usw. zur Wertefindung und zur Normenbildung
6. institutionalisiert normative Soll-Ist-Vergleiche und bereitet bei Abweichungen Steuerungs- und Regelungsmaßnahmen vor
7. installiert und pflegt ein Früherkennungs- und Berichtssystem über den
Grad der Akzeptanz der Elemente des NIK und leitet bei Bedarf die
Überprüfung bzw. Maßnahmen zur Anpassung bzw. Entwicklung der
Elemente des NIK an geänderte Bedingungen in Unternehmen und Umfeld ein
8. sorgt für die Koordination zwischen normativem, strategischem und
operativem Management und Controlling.
5.4
Ziele und Grundsätze des normativen Controllings
Ziel des normativen Controllings ist die Unterstützung des normativen Managements bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung der nachhaltigen
moralischen Fortschrittsfähigkeit. Diese wird auf lange Sicht nur gegeben
sein, wenn die Unternehmensleistung
• gesellschaftlich, insb. von der Mehrzahl der Stakeholder, akzeptiert wird
• nicht nur effizient und effektiv, sondern – gleich wichtig – auch legitim
zustande kam
• aufgrund einer vorbildhaften weil moralisch einwandfreien Leistung
von Führungskräften und Mitarbeitern zustande kam.
Normatives Controlling sollte den Grundsätzen des Controllings verpflichtet sein. Als Grundsätze des Controllings wurden bisher folgende fünf
entwickelt (vgl. Eschenbach/Siller 2009, S. 44–48; vgl. Siller 1985, S. 111–
169):
• Grundsatz des Treibens und Bremsens
• Grundsatz der Rechtzeitigkeit
• Grundsatz der Objektivität
157
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
• Grundsatz der Balance zwischen normativem, strategischem und operativem Controlling
• Grundsatz der Dokumentation.
Hier soll detailliert nur auf den Grundsatz der Balance zwischen normativem, strategischem und operativem Controlling eingegangen werden:
Der Grundsatz fordert,
• Aspekte des normativen Controllings gleich stark wie strategische und
operative Agenden zu berücksichtigen und damit der Werte- und Strategieentwicklung und -umsetzung annähernd gleich viel Aufmerksamkeit
zu schenken wie für die operative Zielvereinbarung und -umsetzung;
und
• periodisch (z. B. im Reporting) die Wirkungen operativer Entscheidungen auf die normative und die strategische Position des Unternehmens
zu prüfen und bei Bedarf zu diskutieren.
Für die konkrete Anwendung dieses Grundsatzes heißt das folgendes:
• Der Wettbewerbsdruck lässt Führungskräften wenig Zeit für grundsätzliche, normative und strategische Überlegungen. Controlling sollte in
seiner Entlastungsfunktion den Führungskräften solche Aufgaben abnehmen.
• Gewinnstreben kann strategischen und normativen Entwicklungen
schaden. Investitionen in Normen, Moral, Werte und Unternehmenskultur sollten heute getätigt werden, obwohl der Nutzen an sich und der
Zeitpunkt eventueller positiver Rückflüsse unsicher ist.
• Normative und strategische Entscheidungen brauchen im Vergleich zu
Routineentscheidungen (wesentlich) mehr Vorbereitungszeit und oft die
Genehmigung der Organe des Unternehmens.
• Das im Vergleich zu operativen Entscheidungen wesentlich höhere Risiko und die Dominanz eher qualitativer, weicher Daten bei normativen
und strategischen Aufgaben führen tendenziell zu einer längeren Entscheidungsfindung.
• Die Diskussion über Normen, Werte, Unternehmenskriminalität oder
Unternehmenskultur erscheint vielen Praktikern in Führungspositionen
als Fremdkörper, Neuland bzw. als Tabu; hier hat das normative Controlling professionelle Aufklärungsarbeit zu leisten.
Die analytische Unterscheidung zwischen den drei Aufgabenbereichen
(normative, strategische und operative Führung) des Managements darf
nicht darüber hinweg täuschen, dass zwischen ihnen laufende inhaltliche
Abstimmungen zu erfolgen haben – d. i. die Koordinationsaufgabe des
158
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
Controllings –, da zwischen ihnen eben sachlogische und zeitliche Zusammenhänge bestehen.
5.5
Aufgaben des Controllings im Konzept des integrierten,
normativen Controllings
5.5.1
Überblick
Das von Jürgen Weber als langfristig angelegte, empirische Untersuchung
konzipierte WHU-Controllerpanel bezweckt einen repräsentativen Einblick
in die Controllership im deutschen Sprachraum zu vermitteln (vgl. Weber
2008, S. 9 f.). Die Ergebnisse der Befragung von Führungskräften von 382
Unternehmen 2008 zeichnen folgendes Bild des Aufgabenspektrums von
Controllern und ihrer damit verbundenen zeitlichen Inanspruchnahme:
• Berichtswesen (rund 22 %)
• Operative Planung und Kontrolle (rd. 18 %)
• Kostenrechnung (rd. 15 %)
• Sonstige Beratung des Managements (rd. 11 %)
• Spezifische Projekte (rd. 11 %)
• Sonstiges (rd. 8 %)
• Strategische Planung und Kontrolle (rd. 8 %)
• Investitionscontrolling (rd. 7 %).
Nach Einschätzung der befragten Controller werden Beratungs- bzw. beratungsnahe Aufgaben eindeutig an Gewicht gewinnen, allen voran Aufgaben der strategischen Planung und Kontrolle, gefolgt von der Beratung des
Managements und der Übernahme von bzw. Mitarbeit des Controllings in
spezifischen Projekten (vgl. Weber 2008, S. 16). Hier scheint genügend Platz
für normatives Controlling zu sein.
Ein Tätigkeitsfeld beschreibt den Bereich einer bestimmten Art von Aktivitäten. Im Konzept eines professionellen Controllings sind die folgenden
Funktionen Aufgaben des Controllings: Planung, Kontrolle, Information,
Innovation, Sparring und Koordination (vgl. Eschenbach/Siller 2009, S. 79).
Dieser Katalog an Tätigkeitsfeldern ist für Zwecke des normativen Controllings anzupassen. Die Beschäftigung mit qualitativen, oft nicht sichtbaren, wie z. B. in der Unternehmenskultur, oder den Akteuren oft nicht einmal bewussten Handlungsfeldern des normativen Managements und
Controllings erfordert eine Änderung der Bedeutung (Gewichte) der einzelnen Aufgaben.
159
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
Die Tätigkeitsfelder
sind die$ folgenden (vgl.
$ $ $ des normativen Controllings
$ $
Abbildung 29):
!.+,`)(8$E(u(c71.$
-.;$L3+==7./
P11=;7.+O1.
Q..1R+O1.
y"(=<+TA-./
Q.M1=?+O1.
\,+.-./
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 29
Dazu im einzelnen:
5.5.2
Analyse, Reflexion und Sparring
Vorrangige Aufgabe des Controllings ist die Erfassung der (aus Sicht des
Unternehmens) externen und der internen Komponenten des normativen
intellektuellen Kapitals (NIK). Externe Komponenten sind Moral, Ethos,
Tugenden und Werte, die internen Komponenten sind Normen (z.B. Vision, Mission und Leitbild) und Unternehmenskultur. Grundgedanke ist
die Vornahme einer Bestandsaufnahme bzw. mit anderen Worten, einer
„Inventur der Annahmen“ (Risak 2010b, S. 270) der Unternehmenspolitik.
Auf die Erfassung folgt die Analyse und die Reflexion, beide Prozesse
stellen Denkarbeit dar.
Analysieren (altgriechisch: analysein: „auflösen“) bedeutet das systematische Untersuchen durch Zerlegen eines Objekts bzw. Zustands in seine einzelnen Bestandteile (Elemente und Zusammenhänge zwischen ihnen), um
sie anschließend zu ordnen, zu untersuchen und zu kommentieren. Voraussetzung für eine Analyse ist die (Primär- oder Sekundär-)Erhebung von
Daten über das Objekt bzw. den Zustand.
Ziel einer Analyse ist die Beschreibung und nachfolgende Erklärung
eines Istzustands (des „Ist“, z. B. eines Sachverhalts, einer Abweichung
160
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
oder eines Fehlers) bzw. die Erforschung der Ursachen dieses Zustands. Die
Qualität einer Analyse wird durch die Tiefe wie durch die Breite der Recherche bestimmt.
Unbestreitbar entscheidet andererseits die Qualität der Analyse über die
Qualität der auf die Analyse folgenden Schritte.
Es geht darum, das Ist in alle Bestandteile bzw. Aspekte zu zerlegen, Beziehungen (lineare und netzartige) zwischen den einzelnen Bestandteilen zu
ermitteln, die wesentlichen Einfluss- bzw. Bestimmungsfaktoren zu erkennen, und daraus die möglichen Ansatzpunkte für Lösungen zu erkennen.
Dabei geht es auch um Abstraktion vom spezifischen, vorliegenden Fall,
um Strukturen des Ist zu erkennen und diese Muster auf andere Fälle umzulegen, also zu verallgemeinern.
Gründliches analytisches Denken stellt die Basis für Reflexion und das
nachfolgende kreative Denken dar. Reflexion steht für prüfendes, kritisches Hinterfragen und vergleichendes Nachdenken über etwas, das „in
sich gehen” und etwas „Revue passieren lassen”. Dabei wird über Erlebtes
oder Erfahrenes nachgedacht („Fundamentalkritik“, Bea/Haas 1997, S. 22),
um weitere Erkenntnisse zu erlangen. Alle unternehmensethischen Konzepte (vgl. Pkt. 2.3.3) betonen die Bedeutung der Reflexion.
Reflexion ist distanzierend-kritische, perspektivensuchende Gedankenarbeit, durch die sich neue Perspektiven zur Selbsterneuerung, Hinterfragung eigener Positionen, Motive, Werte, Erwartungen und kultureller
Muster sowie zu Gestaltbarkeit und dem Willen zur Gestaltung auftun (vgl.
Schadler 2010, S. 5). Reflexion umfasst Rückkopplungs- und Lernprozesse.
Dabei werden sowohl Feedback- als auch feed-forward-Informationen systematisch durchdacht und in weiterer Folge zu neuen bzw. neuartigen Lösungen verarbeitet.
Während in der individuellen Reflexion vor allem die Überprüfung des
eigenen Gedankenguts in Denkprozessen im Vordergrund steht, kommt in
der Gruppenreflexion der Kommunikation in der Gruppe und der dadurch
auslösbaren gegenseitigen gedanklichen Befruchtung wesentliche Bedeutung zu.
Bei moralischen Problemen ist es aufgrund der Komplexität der Sachverhalte und der persönlichen Wertkonstellationen mit Analyse und Reflexion allein nicht getan, Konsequenzen für das Handeln sind oft nur schwer
richtig zu bewerten. Daher ist der Versuch einer Lösung zusammen mit
den Führungskräften in Geschäftsführung und Aufsichtsrat („Sparring“)
eine sinnvolle Alternative zur einsamen Gewissensentscheidung.
Sparring kommt aus dem Boxsport und bedeutet die Vorbereitung auf
einen Wettkampf mit einem etwa gleich starken Athleten bzw. Partner, der
dem einen Boxer Paroli bieten soll. Auf Controlling übertragen ist dieses
161
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
Aufgabenfeld eine Form der internen Unternehmensberatung und die Renaissance der Counterpart-Funktion des Controllers.
Der moderne Controller sollte – über seine Beratungsfunktion hinaus –
als Sparring- bzw. Gesprächspartner zum Zweck eines offenen Meinungsund Informationsaustausches agieren. Als Sparringpartner für Manager
kommen nur annähernd gleich kompetente und unternehmerisch denkende Personen mit Profil in Betracht. Wenn es dem Controlling gelingt,
seine Informations- und Beratungskompetenz entsprechend zu entwickeln, wird es als Gesprächspartner vom Management akzeptiert werden
(vgl. Eschenbach et al. 2007, S. 25), wo er seine qualifizierte fachliche Meinung („Second opinion“) vorbringen kann.
Werden Controller als Berater und Sparringpartner von der Riege der
Führungskräfte ernst genommen, können sie im Kommunikationsprozess
ihre Rolle als Fachpromotor bzw. -opponent am besten ausspielen. Controlling wirkt dann nicht nur als Mitgestalter, sondern kann auch ex-ante
Kontrolle (= Aufsicht) in dem Sinn ausüben, dass es geschäftsschädigende
Handlungen frühzeitig erkennen und die Einhaltung der Vorgaben des
normativen Managements überwachen kann.
Beim Sparring über normative Inhalte geht es um Bewusstseinsschaffung für die Bedeutung immaterieller Werte und ihre Sichtbarmachung,
um Dialog, die Transparenz von Tabus und um eine Klärung der Standpunkte und Perspektiven.
5.5.3
Innovation
Innovation als Wandel bzw. Neuerung liegt nicht nur bei Eintreten von
objektiv Neuem, sondern schon dann vor, wenn eine Neuerung erstmals in
einer Organisation erfolgt und dort etwas Neues darstellt (vgl. Witte 1973,
S. 3). Innovation ist das Ergebnis kreativen Denkens und Handelns und abhängig von der Fähigkeit zum schöpferischen Denken und Handeln. Die
reine Hervorbringung einer Idee genügt aus wirtschaftlicher Sicht aber
nicht – erst Nutzung bzw. Vermarktung unterscheidet eine Innovation von
der Erfindung (Invention).
Innovationen können nach dem Objekt Geschäftsmodell-, Produkt-,
Verfahrens- (Prozess-) innovationen, die erstmalige Bearbeitung bestimmter Märkte, organisatorische Neuerungen und/oder Sozialinnovationen
sein.
Soziale Innovationen sind neue Wege im Verhalten von Führungskräften und Mitarbeitern, um Ziele zu erreichen, z. B. neue Diskussions- Zielfindungs-, Entscheidungs- oder Organisationsformen, neue Regelungen,
162
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
die die Richtung des sozialen Wandels in Unternehmen verändern, Probleme qualitativ besser lösen helfen als bisher, und die es daher wert sind,
nachgeahmt und institutionalisiert zu werden (vgl. Zapf 1989, S. 177).
Es ist vor allem eine Herausforderung für die Entrepreneure und Leader
unter den Führungskräften, im normativen Bereich laufend kreativ nach
neuen Geschäfts- oder Produktideen, Strukturen, Geschäftsmodellen oder
Lösungen für Kundenprobleme zu suchen; Aufgabe des Controllings ist, sie
dabei aktiv zu unterstützen. Innovation bedeutet dabei – vom Umfang her
– nicht nur einen Geniestreich, sondern auch Verbesserungen in kleinen
Schritten im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses bzw. des
japanischen Kaizen-Prinzips (d.h. auch kleine Änderungen sind positiv).
Innovation erfordert ein entsprechendes Klima und eine Wertehaltung
im Unternehmen, die Neuerungen fördern. Da es sich bei Innovationsprozessen um schlecht strukturierte Probleme handelt, bedarf es einer besonderen Sorgfalt, gestalterischer Kraft und Mut aller Beteiligten, um Gewohnheit, Tradition, Übung, Routine ebenso zu überwinden wie Vorbehalte,
Angst vor Risiko und Ungewissheit vor dem Neuen.
Ergebnis einer Sozialinnovation kann z. B. eine neuartige, ethisch fundierte Form der Ziel- und Entscheidungsfindung sein.
Innovativ sind oft auch Inhalt und Wege der Datenerfassung, z. B. über
ein Unternehmenskulturprofil oder die CO2-Emissionen.
Und die Einrichtung einer normativen Controllingebene selbst ist eine
Innovation.
5.5.4
Information
Information ist zweck- und aktionsorientiertes Wissen. Es lassen sich (für
den Einzelnen nicht zweckorientierte) Nachrichten und Daten von (zweckdienlichen) Informationen abgrenzen. Diese Unterscheidung erhält in Zeiten des zunehmenden Information overload immer größere Bedeutung.
Information ist der Rohstoff des Controllings. Sie ist gleichermaßen
Input wie Output, abhängig von der zu lösenden Herausforderung bzw.
vom betreffenden Prozess. Informationen sind Mittel zum Zweck, nicht
Selbstzweck. Zweck von Information ist ihre Verwendung für Aktionen,
vor allem von Entscheidungen. Durch die immer größer werdende Nachfrage nach Ethik verändert sich die Struktur von Entscheidungen und
somit auch die benötigten Informationen (vgl. Feldbauer-Durstmüller 2009,
S. 235).
Im Anschluss an die Analyse, Reflexion und Sparring übernimmt das
Controlling die Versorgung des Managements mit Informationen über das
163
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
Ist (Entwicklungsstand) und Entwicklungsziele als Ausgangspunkt für konkrete Maßnahmen der Nutzung und Gestaltung. Im Kontext des normativen Controllings geht es vor allem um die Bewertung der Elemente des
NIK.
Wird das Zielsystem eines Unternehmens um ethische Ziele ergänzt, bedarf es auch Anpassungen beim Controlling, da so neue, weitere Informationserfordernisse entstehen. Ein Informationsbedarf, der mit den bislang
üblichen Kennzahlen nicht befriedigt werden kann, entsteht in den Fällen,
wenn sich ein Unternehmen z. B.:
• zu einer nachhaltigen Unternehmensführung mit ganzheitlicher Verantwortung bekennt
• für die Bezahlung der Führungskräfte nach ihren nachhaltigen bzw. sozialen Erfolgen entscheidet
• zur Einhaltung bestimmter Ethik- bzw. Sozialstandards und deren Überprüfung auch bei Geschäftspartnern („Business Partner Due Diligence“)
verpflichtet
• der Herstellung bzw. Vermarktung ökologisch unbedenklicher Produkte
verschreibt, z. B. Bio-, „Demeter-“ oder „Fair trade“-Produkte
• entschließt, vor Entwicklung neuer Verfahren Technologiefolgenprüfungen durchzuführen
• für die Erstellung und Veröffentlichung von Sozial-, Umwelt-, Nachhaltigkeits- oder Wissensbilanzen entscheidet.
Zwischen der Ermittlung des endgültigen Bedarfs an Informationen und
der tatsächlich beschafften Information steht das Controlling vor vier Herausforderungen:
• Beschränkte Informationsrechte des Controllings (Zugangsproblem)
• Vielzahl (Fülle) an einzelnen Informationen (Mengenproblem)
• Tauglichkeit der Informationen bzw. der Quelle/n (Qualitätsproblem)
• Aktualität der Information (Zeitproblem).
Bei genauer Betrachtung der Herausforderungen, die eine transparente
und aussagekräftige CR-Berichterstattung an ein Unternehmen stellt, wird
erkennbar, dass hierbei jene Kernkompetenzen gefragt sind, die der Controller bereits durch die Beschäftigung mit dem traditionellen Berichtswesen gesammelt hat.
Um nachhaltigkeitsorientierten Bericht-Leitlinien folgen und einen aussagekräftigen externen CR-Bericht nach dem TBL-Ansatz erstellen zu können, bedarf es eigener CR-Daten, -Informationen und -Wissen. Diese gilt es
im Unternehmen zu erheben, zu konsolidieren, zu aggregieren und zu bewerten. Außerdem sollte eine Vergleichbarkeit mit Benchmarkingpartnern
164
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
(insb. innerhalb der angestammten Branche) und zwischen mehreren IstZeitpunkten gewährleistet sein. Daraus folgt, dass ein effizientes Datenmanagement mit einer umfassenden und verlässlichen Datenbasis zu nachhaltigen Zielen, Maßnahmen und Kennzahlen notwendig wird (vgl.
Schlange 2009, S. 307; vgl. Fischer et al. 2010, S. 228). Ergebnis wäre ein
nachhaltigkeits- und ethikorientiertes internes wie externes Berichtswesen
des Controllings.
5.5.5
Planung
Planung bedeutet in der Theorie das gedankliche Vorwegnehmen künftigen Verhaltens; in der Praxis das erfahrungsgestützte Schätzen („guesstimate“) künftig möglicher Sachverhalte. Wesentlich ist jedenfalls das sich
aktiv Beschäftigen mit möglichen Zukünften. Planung gerät bei sich rasch
wandelnden Verhältnissen immer mehr zu einem Ersetzen des Zufalls (falls
gar nicht geplant würde) durch Irrtum.
Das Planungssystem eines Unternehmens ist die Gesamtheit der im
Unternehmen erstellten bzw. zu erstellenden Pläne sowie der konzeptionellen, funktionalen und institutionellen Beziehungen zwischen ihnen.
Controller haben im normativen Bereich für das Vorhandensein der geeigneten Pläne, Planungsmethoden, -objekte, -träger, -empfänger, -prämissen, -ressourcen, -prozesse und -terminpläne sowie Kosten-/Nutzen Überlegungen und für eine stimmige, d. h. in sich konsistente und mit allen
betroffenen Bereichen koordinierte Gesamtplanung zu sorgen.
Als wesentliche Qualitätskriterien für Pläne können genannt werden:
• Grad der Realisierbarkeit
• Vollständigkeit
• Widerspruchsfreiheit (Konsistenz)
• Stimmigkeit mit anderen relevanten Plänen
• Operationalität (d. h. beurteilbare Umsetzbarkeit von Plänen in Aktionen).
Besonders das letzte genannte Kriterium ist im normativen Controlling die
eigentliche Herausforderung.
Objekte der normativen Planung sind:
• Vision und Leitbild
• Normen, Moral, Ethos, Tugenden, Werte, Unternehmenskultur (= Elemente des NIK)
• Verhaltensgrundsätze (Code of Ethics)
• Ziele bzw. Zielsysteme auf verschiedenen Ebenen
165
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
•
•
•
•
System zur Früherkennung geschäftsschädigender Handlungen
Maßnahmen zur Umsetzung normativer Maßnahmen
Ansatzpunkte für die Überwachung normativer Sachverhalte
Ressourcen bzw. das „normative Budget“: die beabsichtigte Realisierung
normativer Pläne bedarf immaterieller, materieller, personeller, informatorischer und vor allem zeitlicher Ressourcen.
Die Planung von Maßnahmen bzw. eines (Überwachungs-)Systems im Zusammenhang mit dolosen Handlungen muss umfassen:
• Risikomanagement
• Prophylaxe (Issue Management Planning)
• Schadensfallbehandlung (Incident Management) und
• Schadensnachbehandlung (Business Recovery Planning).
5.5.6
Überwachung
Der Überwachungsbegriff beschreibt den Aufgabenteil der Geschäftsführung, der sich mit
• Aufsicht
• Kontrolle
• Prüfung
• Audits,
• Revision und
• Checks
im Unternehmen befasst. Die Überwachung kann sowohl intern als auch
extern sein, d. h. sie kann von unternehmensinternen Stellen/Personen
oder Unternehmensexternen durchgeführt werden (vgl. Schneider 2000,
S. 67).
Aufsicht ist Überwachung ex ante; darunter fallen sämtliche Methoden, die im Vorfeld von Aktivitäten vorgenommen werden, um Fehler zu
verhindern. Fehler wird hier i. S. von Verhalten, das nicht den Anforderungen entspricht, verstanden.
Überwachung durch Aufsicht wird in der System- bzw. Prozessplanung
konkretisiert. Aufsicht als Form der Überwachung ist im normativen Controlling von herausragender Bedeutung, geht es doch um Prävention vor
• Missmanagement,
• dolosen Handlungen sowie der daraus möglichweise entstehenden
• Risiken infolge der Verletzung von Normen.
166
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
Kontrolle wird i.d.R. als Kontrolle eines Plans, Vorhabens oder Projekts
verstanden; es ist die Durchführung eines Vergleichs zwischen Soll- und
Ist-Größen sowie die Analyse der Abweichungsursachen. Kontrolle kann
auch als begleitende Überwachung gesehen werden. Durch sie sollen Fehler und Abweichungen sofort festgestellt und zeitnah beseitigt werden.
Laufende Soll-Ist-Vergleiche sollen dies ermöglichen.
Prüfung ist einerseits Analyse bzw. Aufarbeitung von Fakten ex-post
(Nachprüfung) bzw. andererseits die gründliche Analyse eines Sachverhalts
oder Prozesses ex-ante; Gegenstand einer Prüfung sind Ereignisse bzw. Prozesse bzw. die Erkenntnis, ob sie ordnungs- oder plankonform bzw. richtig
zustande kommen können bzw. kamen bzw. abliefen. Es sollen mögliche
bzw. tatsächlich geschehene Fehler bzw. Abweichungen festgestellt und die
(potenziellen) Ursachen ermittelt werden.
Ein Audit ist die Prüfung von Prozessen, Aktivitäten, Ergebnissen oder
des IKS hinsichtlich des Grads ihrer Erfüllung von definierten Anforderungen, Normen oder Standards, z. B. dienen sog. „Ethik-“ oder „Sozialaudits“
der Prüfung der Einhaltung bestimmter Ethik- bzw. Sozialstandards.
Revision (lat.: re = „wieder, zurück“, videre = „ansehen) bedeutet nochmalige, prüfende Durchsicht. Durch die Revision sollen Geschäftsfälle auf
ihre Richtigkeit, Ordnungs-, Gesetz- und Zweckmäßigkeit hin überprüft
werden. Die Revision kann von unternehmensinternen Mitarbeitern
(interne Revision) oder von Unternehmensexternen, wie z. B. im Falle der
Abschlussprüfung, durchgeführt werden.
Check: To check bedeutet im Englischen: prüfen, kontrollieren, nachrechnen, testen, überwachen. Als Substantiv bedeutet es Prüfung, Nachprüfung, Kontrolle. Der Begriff bezieht sich sowohl auf ex-ante- als auch
auf ex-post-Überwachungshandlungen, ist im angelsächsischen Sprachraum weit verbreitet und seit langem auch im Deutschen in Verwendung.
Im Unternehmen kommt i.d.R. ein bestimmter Mix an Überwachungsformen zum Einsatz.
Neben der Geschäftsführung und den Aufsichtsorganen sind Controlling und – in größeren Unternehmen – die Interne Revision die hauptsächlichen Träger der unternehmensinternen Überwachung. Während
Controlling in seiner Präventivfunktion sich eher auf Prüfung ex-ante,
der begleitenden Kontrolle sowie auf Checks und Aufsicht konzentriert,
liegt der Schwerpunkt der Internen Revision i.d.R. auf der (prozessunabhängigen) Prüfung ex-post, der Revision sowie Kontrollen und Audits des
IKS.
Es können die folgenden Überwachungstypen unterschieden werden
nach:
• dem Objekt: ergebnis- und/oder prozessorientiert
167
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
• dem Zeitpunkt: antizipativ, begleitend und/oder nachfolgend
• der Form: automatisch oder manuell bzw. persönlich.
Aus Controlling-Sicht ist die Unterscheidung nach dem Zeitpunkt wesentlich:
1. Feed-forward (Vorkopplung; ex-ante): zum Zweck der Abwehr von
oder der Warnung vor Störgrößen auf die Umsetzung eines Plans, z. B.
durch Frühaufklärung und Prämissenprüfung
2. Begleitende (mitlaufende) Überwachung (zwecks Steuerung und Regelung) der Umsetzung
3. Feed-back (Rückkopplung; ex post): zum Zweck der Beseitigung der
Folgen von störenden Einflüssen, z. B. durch Korrekturmaßnahmen
(vgl. Staehle 1999, S. 546).
In der Praxis werden sich diese Schritte kombiniert finden, doch gilt als
Grundsatz: je mehr Schritte vom Typ 1 und 2 und je weniger Schritte vom
Typ 3 erforderlich sind, umso näher ist das Controlling am Geschehen.
Damit Korrekturmaßnahmen eingeleitet werden, bedarf es eines Meldesystems, das die Entscheidungsträger über voraussichtliche bzw. bereits
eingetretene Abweichungen und deren Ursachen möglichst zeitnah informiert.
Ein Überwachungssystem ist inhaltlich analog dem Planungssystem zu
gestalten (= Erfordernis der Isomorphie zwischen Plan- und Ist-Betrachtung). Das Controlling hat im normativen Bereich – analog zum Planungssystem – für die geeigneten Überwachungsformen, -methoden, -felder
(-objekte), -träger, -empfänger, -prämissen, -ressourcen, -prozesse und termine sowie Kosten-/Nutzen-Überlegungen und für eine abgestimmte
Gesamtüberwachung zu sorgen.
Vom Ablauf her gesehen ist Überwachung ein Prozess der Informationsverarbeitung, dessen Qualität sich danach richtet, wie zeitnah und vollständig die Ergebnisse des Kontrollvorgangs sind. Es ist ein sechsstufiger
Prozess:
1. Festlegen der Bedingungen zur Ermittlung der Istwerte
2. Vergleich von Ziel- und Ist-Mengen und Werten
3. Analyse der Abweichungen auf ihre Ursachen
4. Abweichungsdurchsprache mit den Verantwortlichen
5. Erstellen eines Maßnahmenkatalogs
6. Erstellen einer Vorschaurechnung (Forecast), wie trotz eingetretener
Abweichungen das Ziel dennoch erreicht werden kann.
168
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
5.5.7
Koordination
Die Umsetzung ethischer Grundsätze im Controlling und in Folge dessen
auch in der Unternehmensführung ist, wie bereits erwähnt, sehr eng mit
dem Denken des Einzelnen verbunden. Jeder Mitarbeiter bringt seine eigenen Werte und Normen mit und beeinflusst so die Entscheidungen und
Prozesse innerhalb eines Unternehmens. Eine wichtige Bedeutung für das
Controlling stellt daher die Koordination und Abgleichung dieser Wertesysteme dar.
Oft kann die Abstimmung der Wertvorstellungen zu einer großen Herausforderung werden, da sich die verschiedenen Einstellungen stark voneinander unterscheiden und vielleicht nur schwer miteinander vereinbar
sind. Die Notwendigkeit einer solchen Koordination lässt sich nicht abstreiten, da Normen und Werte die Grundlage einer jeden Unternehmensführung bilden. Denn driften die Vorstellungen der Einzelnen innerhalb eines
Unternehmens zu weit voneinander ab, wird das Vorankommen und der
flüssige Ablauf innerbetrieblicher Prozesse erheblich verlangsamt.
Koordination ist neben Informationsversorgung eine der wichtigsten
Aufgaben auf allen Controllingebenen. Koordination bedeutet Abstimmung, „Fit“ bzw. Harmonisierung ebenso wie Zusammenführen von Kontaktstellen (Interfaces; statt „Schnittstellen“).
Folgende sechs Dimensionen der Koordination sind im normativen
Controlling wesentlich:
• Sachliche Koordination: Normative, strategische und operative Führungs-, Planungs- und Kontrollregelkreise sind nach dem Grundsatz der
Balance zwischen normativer, strategischer und operativer Führung so
auf einander abzustimmen, dass operative Entscheidungen nicht Erfolgspotenziale oder die Entwicklung der Elemente des NIK beeinträchtigen.
• Die zeitliche Koordination meint die Abstimmung von Normen, Werten,
Zielen, Plänen und Entscheidungen mit unterschiedlichem Zeithorizont,
insbesondere zwischen grundsätzlichen (normativen), eher lang- und
mittelfristig wirksamen (strategischen) und eher kurzfristigen (operativen) Plänen, wie vor allem dem Budget.
• Die horizontale Koordination zielt auf eine Abstimmung der Normen,
Strategien, Pläne, Entscheidungen und Prozesse zwischen Funktionsbereichen auf gleicher Ebene, z. B. Produktion, Absatz, Finanzierung und
Personal.
• Vertikale Koordination bedeutet die Abstimmung von Werten, Kultur,
Zielen, Plänen, Prozessen, Entscheidungen und Informationen auf verschiedenen Ebenen innerhalb eines Funktionsbereichs bzw. zwischen den
Ebenen des Top-, Mittel- und unteren Managements im Unternehmen.
169
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
• Koordination zwischen Planung und der Erfassung der Daten im Ist,
d. h. es muss Strukturidentität zwischen Planungs- und Ist-Rechnung
bestehen. Das betrifft im normativen Bereich Terminologie, Analyseschemata und Bewertungsansätze, die für Planungs- und für Überwachungszwecke gleichermaßen herangezogen werden.
• Koordination zwischen Personen bzw. Abteilungen, die das normative
Management und das normative Controlling bei der Erfüllung von Aufgaben im normativen Bereich unterstützen sollten, d. s. insb. Überwachungsorgane, Compliance-, HR- und Rechtsabteilung.
5.6
Die Person des normativen Controllers/der normativen
Controllerin
Unbeschadet des in Eschenbach/Siller (2009, S. 58–62) skizzierten Anforderungsprofils$ (vgl.
in Abbildung 30)
für Aufga$ die $Zusammenfassung
$
$
$ gelten
$
benträger im normativen Controlling die nachstehenden Spezifika:
• +
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Abb. 30
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Quelle: Eschenbach/Siller 2009, S. 61
Der normative Controller ist in seiner Beratungsfunktion für das TopManagement einerseits und in seiner Position als Führungskraft andererseits im hohen Maße eigenverantwortlich für sein Handeln. Dies setzt die
Fähigkeit zu Selbstkritik sowie soziale und moralische Kompetenzen voraus, die durch laufende Lernprozesse in der (beruflichen) Alltagspraxis
aber auch durch spezifische Trainingsmaßnahmen erhöht werden können
(vgl. Noll 2002, S. 157).
170
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
Durch die aktive Auseinandersetzung mit den Themen Unternehmensund Individualethik kann sich der Controller seiner moralischen Verantwortung besser bewusst werden. Dadurch kann er in ethischen Konfliktsituationen die möglichen Reaktionsmöglichkeiten der Konfliktparteien und
deren Konsequenzen besser einschätzen sowie als Sparringpartner den
Führungskräften beratend bzw. Dilemma-lösend (vgl. dazu Pkt. 2.3.2) zur
Seite stehen.
Der Controller in seiner Beratungs-, Sparring- und Informationsfunktion kann sich – wie Führungskräfte auch – nicht ethisch neutral verhalten
und hat daher auch die Verantwortung, sich mit Unternehmens- und Individualethik aktiv auseinander zu setzen und sich das erforderliche Wissen
anzueignen. Dieses Wissen um die moralischen Implikationen von Entscheidungen und Verhalten ist dann in seiner täglichen Arbeit an normativen, strategischen und operativen Aufgaben anzuwenden.
Es geht um persönliche Einstellungen und Werthaltungen, damit auch
um Emotionen, Gefühle und Empathie. Controlling kann – falls im Unternehmen Handlungsbedarf bzw. Defizite auf normativer Ebene bestehen –
helfen, Werte und Einstellungen bewusst zu machen, zu enttabuisieren und
(Wert-) Konflikte anzusprechen.
Der normative Controller eckt an, polarisiert (oft bewusst), um Führungskräfte wach zu rütteln, er forciert Diskussionen über bisher nicht –
zumindest nicht offen – Diskutiertes, wie z. B. persönliche Werte und Maximen. Er braucht daher ein gerütteltes Maß an Einfühlungsvermögen, an
Fähigkeiten zur konstruktiven Handhabung von Konflikten und zum Vorhalten des Spiegels an Führungskräfte, um kontinuierlich ihre moralische
Vorbildverantwortung einzufordern.
Die Funktion eines normativen Controllers werden im Unternehmen
daher i.d.R. nur Senior Controller einnehmen (können), d. h. erfahrene,
integre Persönlichkeiten, die mit Führungskräften „auf gleicher Augenhöhe“ kommunizieren können und wollen, und die als Controller selbst Vorbildfunktion ausüben.
5.7
Lessons learned
Controlling verstehen wir als betriebswirtschaftlich fundierte normen-,
strategie-, finanz-, markt-, prozess-, informations- und verhaltensorientierte Regelung in Unternehmen. Zweck des Controllings ist Führungsunterstützung, um gemeinsam vereinbarte Unternehmensziele zu erreichen
(transparentes Monitoring).
171
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
Ziel des normativen Controllings ist die Unterstützung des Managements bei der Sicherung der nachhaltigen Fortschrittsfähigkeit durch
innengeleitetem Wandel, der Analyse und Entwicklung der Elemente des
NIK (d. s. Normen, Moral, Ethos, Werten, Tugenden und Unternehmenskultur) und der Erhaltung und Entwicklung der Unternehmensidentität.
Normatives Controlling soll das strategische und das operative Controlling ergänzen.
Gerade aufgrund der Kompetenzen des Controllings (wie z. B. in der Erstellung qualitativer und quantitativer Analysen oder von Soll-Ist-Vergleichen) hat Controlling sehr gute Voraussetzungen, sich im Unternehmen
Gehör auch in Bezug auf Unternehmensethik zu verschaffen. Mit einer
möglichst glaubwürdigen Operationalisierung von soft facts wie den Elementen des NIK lässt sich am besten Zweifeln, Ethik- oder ComplianceLeitlinien, Engagement im Umweltschutz oder CSR hätten nichts mit Controlling zu tun, entgegen treten.
An Konzepten eines ethikorientierten Controllings in der Literatur wurden die folgenden sechs analysiert:
• Nachhaltigkeitsorientiertes Controlling
• Organisationscontrolling
• Korruptionscontrolling
• Controlling als Metaführung
• Controlling als Rationalitätssicherung
• Reflexionsorientiertes Controlling.
Während die ersten drei Konzepte jeweils nur Teilaspekte der normativen
Führung bzw. des normativen Managements beleuchten, stellen die letzten
drei Konzepte ganzheitliche, uE aber ergänzungsbedürftige Ansätze eines
normativen Controllings dar.
Das Konzept eines integrierten, normativen Controllings nimmt für sich
in Anspruch, alle relevanten Teilaspekte unter einem ethischen, nachhaltigen und Governance-orientierten Blickwinkel zu vereinen. Es weist die
folgenden wesentlichen Charakteristika auf:
• Integriert heißt Service für alle Management-Ebenen und Unterstützung
der Corporate Governance auf normativer, strategischer und operativer
Ebene.
• Normatives Controlling unterstützt nicht nur eine der Nachhaltigkeit
verpflichtete Unternehmensführung, sondern versteht sich als „moralisches Gewissen“ im Unternehmen und als Prophylaxe vor dolosen
Handlungen und Missmanagement.
• Controlling unterstützt die Führung in seiner Innovations- und Gestaltungsleistung im Bereich der Normen- und Wert-(weiter-)entwicklung.
172
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
• Controlling leistet Entwicklungshilfe in Unternehmen, indem es normatives, intellektuelles Kapital identifiziert und systematisch laufend auf
erforderliche Entwicklungs- und Gestaltungsmaßnahmen analysiert.
Der Grundsatz der Balance zwischen normativem, strategischem und operativem Controlling fordert, dass Aspekten der moralischen bzw. der Werteentwicklung und -umsetzung annähernd gleich viel Aufmerksamkeit geschenkt wird wie der operativen Zielvereinbarung und -umsetzung, und
dass periodisch die Wirkungen operativer Entscheidungen auf die normative und die strategische Position des Unternehmens geprüft und bei Bedarf
diskutiert werden.
Nur wenn den drei Bereichen annähernd gleich große Bedeutung beigemessen und Ungleichgewichte behoben werden können, wird ein Unternehmen eine gute nachhaltig-ethische Corporate Governance auch leben
können. Gelingt das, kann man von der Wirksamkeit der „faktischen Kraft
des Normativen“ sprechen.
Die Aufgaben des normativen Controllings umfassen:
• Analyse, Reflexion und Sparring
• Innovation
• Information
• Planung
• Überwachung und
• Koordination.
Der normative Controller ist in seiner Beratungsfunktion für das TopManagement einerseits und in seiner Position als Führungskraft andererseits in hohem Maße eigenverantwortlich für sein Handeln. Dies setzt die
Fähigkeit zu Selbstkritik sowie soziale und moralische Kompetenzen voraus. Der normative Controller in seiner Beratungs-, Sparring- und Informationsfunktion kann sich – wie Führungskräfte auch – nicht ethisch neutral verhalten und hat daher die Verantwortung, sich mit Unternehmensund Individualethik aktiv auseinander zu setzen.
5.8
Learning by doing
A 5.1
Recherchieren Sie bitte im Internet nach drei Unternehmen, die Öko- bzw.
Sozialbilanzen veröffentlichen! Diskutieren Sie ihre Inhalte auf Aussagekraft, Plausibilität und Glaubwürdigkeit!
173
Konzept und Aufgaben des normativen Controllings
A 5.2
Recherchieren Sie bitte im Internet nach drei Unternehmen, die Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen! Diskutieren Sie ihre Inhalte auf Aussagekraft, Plausibilität und Glaubwürdigkeit!
A 5.3
Welche praktisch wichtigen Mittel der Koordination zwischen den einzelnen Funktionsbereichen hat das Controlling nach dem integrativen Konzept?
A 5.4
Diskutieren Sie bitte die Potenziale bzw. Hindernisse, die sich einem normativen Controller beim Ausfüllen seiner Rolle in Ihrem Unternehmen
bieten bzw. entgegenstellen!
174
“Not everything that can be counted counts, and not everything
that counts can be counted.”
(Albert Einstein 1879–1955)
6
Instrumente im normativen Controlling
Ziele des Kapitels
Nach der Lektüre dieses Kapitels wissen Sie,
• welchen Kriterien Instrumente des normativen Controllings genügen
müssen
• zwischen welchen allgemeinen Problemlösungsansätzen und spezifischen Methoden des normativen Controllings unterschieden werden
kann
• welche Schritte ein Check umfasst
• welche spezifischen Methoden des normativen Controllings zur Verfügung stehen
• wie ein Report über normative Sachverhalte aussehen kann.
6.1
Überblick
Die in diesem Buch als Instrumente des normativen Controllings behandelten Methoden müssen folgenden drei Kriterien genügen (vgl. Eschenbach/Siller 2009, S. 94):
1. Sie sollen den im Controlling Tätigen direkt oder indirekt (d. h. im Zusammenspiel mit anderen Methoden) zur Bewältigung der ControllingAufgabe dienen.
2. Sie sollen nicht zu komplex und differenziert in Aufbau und Einsatzbedingungen sein. Zu komplexe Methoden werden in der Praxis erfahrungsgemäß nicht angenommen bzw. eingesetzt, weil der Erkenntnis- bzw.
Nutzenzuwachs in der Regel durch relativ hohe Kosten oder hohen Erklärungs- und Zeitaufwand überkompensiert wird (vgl. Eschenbach 1990,
S. 171). Hinzu kommt, dass der Controller, falls er zu komplex erscheinende und/oder schwer erklärbare Instrumente anwendet, relativ rasch
das Image des praxisfernen Wissenschaftlers bekommt und damit beim
Management an Vertrauen einbüßt.
3. Die Methoden sollen in Unternehmen jeder Größe, also auch in Einzel-,
Kleinst- und Kleinunternehmen, und damit auch im Selbst-Controlling,
sinnvoll einsetz- und anwendbar sein.
175
Instrumente im normativen Controlling
Im normativen Controlling bedarf es einer spezifisch geeigneten Toolbox,
um die Aufgaben im Controlling nachvollziehbar und professionell zu erfüllen. Dazu soll zwischen allgemeinen Methoden zur Problemlösung und
den eigentlichen Methoden des normativen Controllings unterschieden
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werden (vgl. Abbildung
31).
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Abb. 31
Quelle: Eigene Darstellung
Unter den allgemeinen Problemlösungsansätzen soll hier die Nutzwertanalyse hervorgehoben werden, da sie das Grundschema für die Methoden des normativen Controllings zeigt. Dieses Verfahren eignet sich zur Bewertung, zum Vergleich von Alternativen, Plänen oder Maßnahmen im
Hinblick auf ihre Zielwirksamkeit und Erfüllung von Voraussetzungen
(Kriterien bzw. deren Gewichte) und zur Entscheidungsvorbereitung.
Auf Basis subjektiver Zielgewichtungen wird ein score (Punktesumme)
als Maß der Vorziehenswürdigkeit einer Variante oder Alternative ermittelt. Normative, d. s. i.d.R. nicht-monetär ausdrückbare bzw. subjektive
Komponenten wie Werte (z. B. Prestige, Unabhängigkeit, Transparenz, Motivationssteigerung) werden so in vergleichbare Größen umgewandelt.
Die Methoden des normativen Controllings sind zum Großteil als qualitative Checks konzipiert. In diesem Kontext stellt „Check“ inhaltlich einen
Soll-Ist-Vergleich bzw. eine Prüfung mit den folgenden Schritten dar:
• Das Feststellen des Soll
• Das Erfassen des Ist
176
Instrumente im normativen Controlling
• Das Vergleichen des Ist mit dem Soll
• Die Analyse einer etwaigen Abweichung auf ihre Ursachen
• Durchsprache der Gründe der Nicht-Einhaltung mit den Betreffenden
und möglicher Verbesserungsmaßnahmen mit den normsetzenden Führungskräften
• Maßnahmen planen (Festlegen und Visualisieren eines Maßnahmenkatalogs), um die Norm und das individuelle Verhalten mit dem Sinn
der Norm in Übereinstimmung zu bringen.
• Berücksichtigung im Berichtswesen
• Follow up-Untersuchung zwecks Überprüfung der Umsetzung der Beschlüsse und Maßnahmen des Managements.
Es wird angestrebt, qualitative Sachverhalte auf einer Ordinalskala miteinander zu vergleichen bzw. durch die Vergabe von Punkten zu bewerten.
Eine praktikable, weil einfache Bewertung des jeweiligen Ist (als Ergebnis
eines Vergleichs bzw. Checks) kann nach folgendem Vierer-Schlüssel erfolgen:
0 = nein bzw. nicht vorhanden
1 = kaum bzw. selten bzw. in eingeschränktem Maße
2 = öfters bzw. überwiegend vorhanden
3 = (uneingeschränkt) ja bzw. zutreffend.
Ein Vorteil dieser Bewertungsskala ist der fehlende – weil oft wenig aussagefähige – Mittelwert. Die Analyse kann weiter verfeinert werden, indem
einzelne Kriterien – je nach aktueller oder unternehmensspezifischer Bedeutung – unterschiedlich gewichtet werden.
Im Sinne einer controllinggerechten Analyse sollten die einzelnen Analyseblätter (Checklisten) jeweils neben der Ist-Spalte weitere Spalten
aufweisen, wie vor allem Plan-Spalte, Abweichung, Kommentar, Trendund Erwartungswert-Spalte.
Je Analyse ist schließlich ist der Gesamtpunktewert zu ermitteln. Dieser
(Ist-)Wert dient als Ausgangswert für die nächste Periode und als Vergleichswert für den nächsten Check. Ein follow up-Check im normativen
Management und Controlling wäre im Abstand jeweils eines Jahres, bei
Bedarf auch in kürzeren Zeiträumen, denkbar.
Als Erhebungsmethoden kommen Dokumentenanalyse, Befragung und
(teilnehmende bzw. nicht-teilnehmende) Beobachtung in Betracht; ein
taugliches Erhebungsinstrument wird i.d.R. ein (IT-gestützter) Frage- oder
Erhebungsbogen bzw. eine Checklist sein.
Ein Check interner Normen ist Ausdruck des in Pkt. 5.3.3. genannten
Observance-Controllings. Controlling lebt von der regelmäßigen Wieder177
Instrumente im normativen Controlling
holung der Checks, wodurch sich die Qualität der Handlungen des normativen Managements (und auch des normativen Controllings) kontinuierlich steigern sollte.
Die im folgenden vorgestellten Instrumente sind – mit Ausnahme des
Kulturprofil-Checks und des Werteprofils – neu und als Vorschläge für die
Diskussion um das normative Controlling in Theorie und Praxis gedacht.
Sie sind daher in der betrieblichen Praxis noch nicht getestet. Methodisch
stellen sie jedenfalls keine besonderen Anforderungen an den Anwender.
6.2
Normen-Check
Als Norm werden alle internen, verhaltensnormierenden Richtlinien verstanden, vor allem
• Vision
• Mission
• Unternehmenspolitische Grundsätze
• Verhaltenskodex und
• Leitbild.
Das Soll ist hier der Text der Norm, das Ist die konkrete Auslegung bzw.
Anwendung. Voraussetzung für die Prüfung ist eine eindeutige Formulierung und ein weitgehend einheitliches Verständnis der Norm bei den
Adressaten.
Gegenstand des Normen-Checks sollte auch der Weg der Formulierung der Norm sein. Im ersten Fall geht es um eine Ergebnisprüfung, im
zweiten Fall um eine Prozessprüfung.
Die Prüfung sollte sich zuerst auf die Frage konzentrieren, ob die gegenständliche Norm überhaupt und – falls ja, in welchem Umfang – benötigt
wird, ob sie in der gegenwärtigen Fassung Sinn macht, oder ob sie geändert bzw. aktualisiert werden sollte, weil sie z. B. nicht mehr den Gegebenheiten oder Erfordernissen entspricht.
Folgende Fragen sind im Normen-Check zu stellen (vgl. Abbildung 32):
178
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$
$Instrumente im normativen Controlling
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Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 32
6.3
Moral-Check
Zweck des Moral-Checks ist die Analyse der ethischen Position. Küpper
spricht sich in diesem Zusammenhang für ein „EthikAudit“ (Küpper 2006,
S. 201 f.) aus.
Zunächst ist Moral zu operationalisieren, d. h. zu beschreiben und danach in seinen Komponenten zu bewerten. Moral lässt sich – ausgehend
von sozialer Kompetenz – wie folgt beschreiben:
Soziale Kompetenz umfasst alle persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften, die dazu beitragen, das eigene Verhalten weg von ausschließlich
individuellen auch auf gemeinschaftliche Einstellungen und Werte auszurichten. Aufgrund sozialer Kompetenzen kann der Mensch mit seinen Mitmenschen entsprechend umgehen und kommunizieren (vgl. Olfert 2010,
S. 378).
Ein Teilbereich der sozialen Kompetenz ist die moralische Kompetenz.
Diese meint vier Teilkompetenzen (vgl. Göbel 2010, S. 256):
• Moralische Sensibilität ist die Kompetenz zur adäquaten Wahrnehmung
moralischer Probleme. Dies hat eine kognitive und eine affektive Komponente. Die kognitive Komponente betrifft das Wissen um die nicht
nur ökonomischen Folgen des eigenen Handelns für andere und die
Kenntnis von Werten und Normen. Die affektive Komponente betrifft
179
Instrumente im normativen Controlling
die innere Bereitschaft, die Rechte und Interessen anderer als grundsätzlich gleichwertig anzuerkennen, in der Fähigkeit, sich in andere einzufühlen (Empathie) und auf sie Rücksicht zu nehmen.
• Moralische Urteilskraft, d. i. die Kompetenz, sich in einer konkreten Situation ein Urteil darüber zu bilden, was das sittlich Richtige (das
„Gute“) ist.
• Moralische Motivation, d. s. die Gründe für die Bereitschaft zum sittlichen Handeln in der Praxis. Moralische Motivation entwickelt sich,
wenn eine Verlagerung der Gründe für moralisches Handeln weg von
den externen Anreizen (Bestrafung, Belohnung) hin zu einer stärkeren
inneren Bindung an die Moral bzw. eine moralische Gesinnung erfolgt.
• Verständigungskompetenz, d. i. die Voraussetzung dafür, dass moralische
Konflikte im multipersonalen Kontext diskursiv, d. h. im Weg der offenen Diskussion und der Konsenssuche, gelöst werden können. Bei der
moralischen Verständnisfähigkeit kommt es nicht darauf an, den anderen zu überreden, zu manipulieren, sich durchzusetzen oder „zu
tricksen“. Vielmehr kommt es auf einen ehrlichen Konsenswillen, auf
Offenheit und auf den Willen zur wechselseitigen Anerkennung der
Standpunkte an (vgl. Göbel 2010, S. 261).
Abbildung 33 fasst$ die vier
$ Komponenten von Moral
$ zusammen:
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P113(=+O1.)MCA7/0(7*8
P1.u70]CA7/0(7*
Quelle: Eigene Darstellung
Instrumente im normativen Controlling
Der Moral-Check selbst kann auf Basis des folgenden Beurteilungsbogens
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erfolgen (vgl. Abbildung
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L-??($aI(<(=*-./)(=/(".7)5
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 34
6.4
Werte- und Tugend-Check
Damit normatives Controlling dem Management Unterstützung bei der
Personalführung und der Lenkung des Verhaltens der Mitarbeiter in eine
bestimmte (strategische) Richtung leisten kann, muss es die grundlegenden
Wertvorstellungen erkennen, die der künftigen unternehmenspolitischen
Ausrichtung zugrunde liegen.
Es geht zunächst vor allem um eine Bewusstmachung bisher vielleicht
nur implizit wirksamer Werte und Werthierarchien. Zweck ist zunächst die
Selbstaufklärung des Einzelnen über die eigenen normativen Grundlagen
und die Kritik und Auseinandersetzung mit moralischen und Wertvorstellungen Anderer. Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen kann Abbildung 3 (das Positive Werte-Portfolio) in Pkt. 1.4 sein.
Anlass für einen Werte-Check kann z. B. sein:
• Prüfung, ob ein zu verabschiedender Wertekatalog zur bestehenden
bzw. zu einer zu entwickelnden Vision, Mission oder Unternehmenskultur passt (Prüfung ex-ante)
• Prüfung der Übereinstimmung von Vision, Mission oder Unternehmens181
Instrumente im normativen Controlling
kultur mit dem verabschiedeten Wertekatalog (Prüfung ex-post); Anlass
für die Prüfung kann ein Konflikt oder das Verletzen des Wertekatalogs
sein, z. B. Mobbing oder innere Kündigung.
Das Soll kann sein:
• gewollte Soll-Wertordnung bzw. (grafisch) ein Soll-Profil an Werten
• bestimmte Mindestausprägungen einzelner positiver Werte
• das Nicht-Auftreten bestimmter negativer Werte wie Rücksichtslosigkeit,
Intoleranz, Illoyalität.
Der Werte-Check sollte in folgenden Stufen bzw. mit den folgenden Fragen
ablaufen (in Anlehnung an Schlager 2007, S. 171–178):
• Wie kam bzw. kommt der Wertekatalog (Wertecharta) zustande?
• Welche Werte definiert der Wertekatalog (= Soll) eines Unternehmens?
• Wie definiert das Unternehmen einen bestimmten Wert bzw. wie versteht
ihn die Führungskraft in einer konkreten (Entscheidungs-)Situation?
• Welchen Stellenwert hat ein bestimmter Wert im persönlichen Wertesystem für das berufliche Umfeld? Für jeden Wert ist ein Stellenwert auf
einer Skala von 0 (geringste Ausprägung) bis 3 (stärkste Ausprägung).
• Ist dieser Wert Bestandteil der Wertecharta des Unternehmens? Falls
nein, besteht hier das grundsätzliche Problem der fehlenden Übereinstimmung („Misfit“) der Unternehmens- mit der individuellen Werteordnung. Falls ja, wird der Werte-Check fortgesetzt:
• Welche Werte möchte
– die Führungskraft
– eine andere Führungskraft
– ein Mitarbeiter
vorrangig gelebt sehen und fühlen?
• Welche Werte zu leben fällt
– der Führungskraft
– der anderen Führungskraft
– dem Mitarbeiter
am leichtesten?
• Welche Werte zu leben fällt
– der Führungskraft
– der anderen Führungskraft
– dem Mitarbeiter
am schwersten?
• Welche gelebten Werte wünscht sich eine Führungskraft von jeder einzelnen anderen bzw. von einem Mitarbeiter im jeweiligen Team am meisten?
• Welche Werte werden dabei am häufigsten genannt?
182
Instrumente im normativen Controlling
• Auf dieser Basis kann ein Werteprofil erstellt werden.
• Was kann in einer konkreten Situation im Detail getan werden, um
diese Werte in der professionellen Zusammenarbeit stärker zu leben?
Durch Diskussion und Harmonisierung werden die individuellen Wertprofile zu einem gemeinsamen Profil, das keine offensichtlichen oder eklatanten Widersprüche mehr aufweist (wie z. B. hinsichtlich Risikoscheu), verdichtet. Die Diskussion über die Wertvorstellungen deckt oft bisher nicht
bewusst wahrgenommene Wertedefizite bzw. Gemeinsamkeiten bzw. Widersprüche auf. Letztere würden die Entwicklung von Vision, Mission und
Leitbild ver- bzw. behindern, die in weiterer Folge aufgrund von Wertedefiziten bzw. -diskrepanzen („Misfits“) nur halbherzig verwirklicht oder gar
z. T. abgelehnt würden.
Der Werte-Check ist nicht auf die Anwendung durch das Controlling beschränkt, er kann im Prinzip auch in anderen Bereichen (vor allem im HRBereich) bzw. von den Führungskräften selbst angewendet werden.
Zusätzlich zu den Werten sollten auch die wichtigsten Tugenden auf den
Grad ihres Vorhandenseins untersucht werden. In einer tugendethischen
Sichtweise ist bzw. sind der Maßstab für richtiges Handeln das Ideal bzw.
die Handlungen eines tugendhaften Menschen. Was konkret tugendhaft
ist, ergibt sich insbesondere aus den konkreten Rahmenbedingungen in
Unternehmen und in der Branche. Die vier klassischen Kardinaltugenden
Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung lassen sich aufgrund
ihrer Abstraktheit nicht für Zwecke des Managens konkretisieren.
Anders sieht es aber mit den sog. Sekundärtugenden aus. Zu den Sekundärtugenden gehören in Mitteleuropa z.B. Aufrichtigkeit, Disziplin, Fleiß,
Mut, Ordnungssinn, Treue und Sparsamkeit. Beim konkreten, unternehmensspezifischen Werte- und Tugend-Check ist darauf zu achten, dass
• erstens die für das Unternehmen bzw. für einzelne Abteilungen konkret
wichtigen Tugenden als Soll ermittelt werden,
• zweitens keine Überschneidungen zwischen Tugenden und Werten erfolgen, und erst
• drittens der Soll-Ist-Vergleich durchgeführt wird.
Abbildung 35 stellt wesentliche Sekundärtugenden in Form eines Erhebungsbogens dar.
183
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Instrumente im normativen Controlling
W3,(+4(+.\f]
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Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 35
Hofstede/Hofstede (2005, S. 21) weisen auf ein Bewertungsproblem hin: Es
gibt einen Unterschied zwischen dem Wünschenswerten (desirable), d. h.
wie Menschen denken, was moralisch richtig oder falsch sein sollte, und
dem (für sich selbst) Gewünschten (desired). Grundsätzlich und abstrakt gefragt ist jeder Befragte für Tugenden und gegen negative Werte, das muss
aber in einer konkreten Situation nicht (mehr) gelten. Zudem muss das aktuelle Verhalten mit dem eigentlich wünschenswerten bzw. vom Einzelnen
selbst gewünschten Verhalten nicht übereinstimmen.
6.5
Kulturprofil-Check
Von Mitarbeitern kann ein Unternehmen unter zwei Voraussetzungen Einsatz und Ergebnisse bekommen: Hohe Motivation und hohe Identifikation
mit dem Unternehmen. Motivation entsteht durch interessante Arbeit, anspruchsvolle Aufgaben und angemessene Handlungsspielräume. Identifikation setzt eine starke, auf Offenheit und Vertrauen beruhende Unternehmenskultur voraus, also etwas, das man nicht von heute auf morgen,
sondern nur durch sorgfältige Entwicklung aufbauen kann (vgl. Doppler/
Lauterburg 2008, S. 67).
Als Instrumente zur Analyse der Unternehmenskultur dienen Fragebögen, Interviewleitfäden, Beobachtungsraster, Dokumentenanalysen und
Checklisten. Ferner liefern Einzelgespräche mit ausgewählten Mitarbeitern
verschiedener Hierarchiestufen vertiefte Einsichten, die mittels Fragebogen
184
Instrumente im normativen Controlling
kaum zu gewinnen sind. Beim Einsatz solcher Instrumente stehen Analytiker und Controller aber bald vor einem Überfluss an – teilweise widersprüchlichen – und vor allem „weichen“ Informationen. Diese sind
überdies oft nur schwer interpretierbar. Daher ist am ehesten mit einer
einfachen und überschaubaren Vorgehensweise ein praktisch nutzbares Ergebnis zu erzielen (vgl. Lombriser/Abplanalp 2004, S. 163).
Bevor die Ist-Unternehmenskultur beurteilt (Kulturprofil-Check) und
gestaltet werden kann, muss sie beschrieben werden. Dazu sind die geeigneten Fragen zu stellen, wie z. B. die folgenden (vgl. Lombriser/Abplanalp
2004, S. 161):
• Welche Elemente der Unternehmenskultur erklären den bisherigen Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens?
• Besteht eine Übereinstimmung zwischen Unternehmenspolitik und der
bestehenden Kultur?
• Welche Strategie wird am ehesten durch die Unternehmenskultur
unterstützt?
• Welche Elemente der Unternehmenskultur müssen in Zukunft gefördert
oder verändert werden?
• Welche Strategie erfordert eine Änderung der bestehenden Kultur oder
ein umfassendes Management des Wandels?
• Soll die Unternehmenskultur an die Strategie angepasst oder eine kulturkonforme Strategie gewählt werden?
Risak entwirft ein sog. „Kulturhaus“ und nennt als Ansatzpunkte zum Erkennen und Gestalten Faktoren wie: Abschaffen, Konsequenz, Führungsarbeit, Arbeiten mit dem Regelkreis, Fehler, Vorbild, Vertrauen, Verantwortung, Zeit, u. a. (vgl. Risak 2003, S. 22).
Die Ebene der Symbole und Zeichen ist unmittelbar sicht- bzw. spürbar,
kann aber unterschiedlich interpretiert werden. Normen und Regeln sind
nur teilweise sichtbar, und ein Teil ist auf den ersten Blick nicht sichtbar.
Basisannahmen sind unsichtbar und meist auch unbewusst. Will man Besonderes der Unternehmenskultur herausarbeiten, muss man fragen:
• Was ist auf der jeweiligen Ebene im Konzept von Edgar Schein (vgl. Pkt.
1.5) spezifisch?
• Was ist besonders auffällig?
• Was ist besonders wichtig?
Abbildung 36 zeigt zwecks Kulturprofil-Checks die folgende Checklist:
185
Instrumente im normativen Controlling
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Abb. 36
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Quelle: in Anlehnung an Lombriser/Abplanalp (2004), S. 162
Abbildung 36 geht auf wesentliche unternehmenskulturelle Orientierungen ein und dient als Ergänzung zum Werte-, Normen- und Moral-Check.
Die einzelnen Scores je Kriterium können in weiterer Folge grafisch zu
einem Ist-Profil verbunden werden, wie in Abbildung 37 beispielhaft gezeigt wird.
Die Soll-Kultur lässt sich aus der angestrebten Vision, Mission, Leitbild
und der Wertecharta sowie aus der geplanten Strategie ableiten. Die tatsächlich gelebte Unternehmenskultur kann ebenso wie die informellen
Werte und Normen von der offiziell propagierten Kultur und den formalen
Werten und Normen abweichen. Oft gehen die offiziell erwünschten Verhaltensweisen und die offizielle Kultur weit auseinander. Die Mitarbeiter
beobachten z. B., was den Führungskräften wichtig oder unwichtig ist, wer
aufgrund welcher Kriterien Karriere macht, was belohnt oder bestraft
wird, nach welchen Kriterien Ressourcen zugeteilt werden, welche Umgangsformen üblich sind, wie Pünktlichkeit gelebt wird, u. a. Sie ziehen
nicht nur ihre Schlüsse daraus, sondern passen ihr Verhalten dort an, wo
es ihren Normen und Werten am besten entgegenkommt (vgl. Göbel 2010,
S. 223).
186
$
$
$
$
$
Instrumente im normativen Controlling
Einzelkämpfer
Teamorientierung
Partizipativer
Führungsstil
Harte Arbeit ist keine Tugend
Autokratischer
Führungsstil
IST
Toleranz für
abweichende Meinungen
Wenig explizite Normen
Generalisten und
Common Sense
Motiviert und
leistungsorientiert
Emotionale Beziehung
zum Unternehmen
Modern/innovativ
Konsensbedürfnis
+
Viele explizite Normen
Spezialisten und
Expertenwissen
Demotiviert und Dienst
nach Vorschrift
Rein rationale Beziehung
zum Unternehmen
antiquiert
Quelle: Eschenbach/Siller 2009, S. 347
Abb. 37
6.6
Harte Arbeit ist eine Tugend
Stakeholder-Analyse
Die Stakeholder-Analyse wird in der Theorie i.d.R. als Instrument der
strategischen Umfeldanalyse thematisiert. Die Praxis ist gekennzeichnet
von einer oft mangelnden Außenorientierung vieler Unternehmen, die
sich zu selten die Frage stellen, was sie für ihre Anspruchsgruppen tun sollten, um weiterhin erfolgreich zu sein. Andere Unternehmen setzen sich
nicht intensiv genug mit den Erwartungen der Anspruchsgruppen auseinander und büßen dafür positive Außenwirkung und damit an Attraktivität
bei den wesentlichen Anspruchsgruppen ein (vgl. Risak 2010b, S. 289).
Im vorliegenden Kontext geht es um Stakeholder, ihre Hauptanliegen,
Werthaltungen und ihre Einflussmöglichkeiten sowie um Stakeholder als
Adressaten einer ganzheitlichen Unternehmensverantwortung (vgl. Lombriser/Abplanalp 2004, S. 223).
Ziel der Stakeholder-Analyse ist es, in einer sog. vorgesetzlichen Phase,
also freiwillig, ohne durch rechtliche Normen dazu gezwungen zu werden,
Themen und Anforderungen der Gesellschaft bzw. der Allgemeinheit zu
erkennen, zu diskutieren und daraus (möglicherweise) entstehende Chancen und Risiken aus Unternehmenssicht zu analysieren.
Die Stakeholder-Analyse kann in zwei Arten vorgenommen werden:
• Strategische Stakeholder-Analyse: Die Beschäftigung mit den Interessen187
Instrumente im normativen Controlling
gruppen wird zum Instrument der normativen und strategischen Führung
und ist ein Gebot der ökonomischen Klugheit. Als Stakeholder anerkannt
werden nur Personen, die dem Unternehmen knappe und für die Leistungserstellung erforderliche Ressourcen liefern, wobei zu den Ressourcen i.w.S. auch der gute Ruf gehört. Die Frage lautet: Welche Stakeholder
können auf das Unternehmen positiv oder negativ einwirken?
• Ethische Stakeholder-Analyse & Dialog: Die Anerkennung als Stakeholder verdient derjenige, der gegenüber dem Unternehmen Ansprüche
hat bzw. vertritt, die sich (möglicherweise) als legitim erweisen, ganz
unabhängig davon, ob er/sie dem Unternehmen schaden oder nützen
kann. Die Fragestellung ist: Auf wen oder worauf hat das Unternehmen
positiven oder negativen Einfluss? Wie weit reicht die Verantwortung
des Unternehmens bzw. der Führungskräfte für die Handlungsfolgen?
(vgl. Maak/Ulrich 2007, S. 185 f.)
Die Stakeholder-Analyse sollte in drei Phasen ablaufen, die vom Controlling vorbereitet, begleitet und nachbereitet werden (vgl. Göbel 2010,
S. 129):
1. Identifikation möglicher Stakeholder (Scanning)
2. Gezielt und strukturiert möglichst viele Informationen über die relevant
erscheinenden Stakeholder und ihre Anliegen sammeln und analysieren
(Monitoring) und prognostizieren (Forecasting)
3. Stakeholder-Ansprüche bewerten (Assessment).
Zu 1)
Welche Relationen zwischen Unternehmen und Stakeholder relevant sind,
variiert nicht nur von Unternehmen zu Unternehmen, sondern auch von
Projekt zu Projekt. Für Stakeholder-Management in ethischer Hinsicht ist
nicht entscheidend, von wem das Unternehmen abhängt, sondern wer sich
durch das unternehmerische Handeln selbst oder stellvertretend für andere
betroffen fühlt oder betroffen fühlen könnte.
Der größte Vorteil einer Umweltwahrnehmung „von außen nach innen“,
nämlich die Fülle an Informationen, ist zugleich das größte Problem. Selbst
für einzelne Projekte können oft hunderte von Stakeholdern identifiziert
werden. Um die Komplexität bewältigen zu können, ist daher schon in der
ersten Phase eine (grobe) Bewertung der Anliegen nötig, um eine Vorauswahl besonders relevanter Stakeholder zu treffen, die anschließend einer
eingehenden Analyse unterzogen werden. Dabei sollte man sich der unvermeidlichen subjektiven Selektivität solcher Abgrenzungen bewusst bleiben und für neue Anliegen und Gruppen offen bleiben.
188
Instrumente im normativen Controlling
Zu 2)
Die Analyse kann von folgenden Fragen geleitet sein (vgl. Göbel 2010,
S. 140 f.; vgl. Lombriser/Abplanalp 2004, S. 223):
• Welche Anliegen vertreten Stakeholder? Welche Risiken/Schäden befürchten sie?
• Welche kurzfristigen und langfristigen Ziele haben sie?
• Welche Motive haben sie?
• Welche Mittel setzen sie ein?
• Wie verhalten sich Stakeholdergruppen zueinander? Welche Interessenkonflikte sind zu orten? Welche Interessens-(dis-)harmonien? Sind sie
sich dessen bewusst?
• Worauf basiert ein möglicher Einfluss auf das Unternehmen? Welche
Rechte bzw. Art des Einflusses bestehen?
• Wie fundiert sind Vorwürfe bzw. Befürchtungen?
• Wie gravierend sind negative Folgen des Unternehmenshandelns? Wer
ist wie stark davon betroffen?
Bei der Prognose der Stakeholderanliegen sollte versucht werden, Richtung, Intensität, Dialog- und Konsens- bzw. Kompromissbereitschaft der
Stakeholder zu ermitteln (vgl. Schermann/Volcic 2009, S. 256). Eine rasche
Weiterentwicklung eines Stakeholder-Anliegens erscheint umso wahrscheinlicher, je
• gravierendere negative Folgen die Betroffenen für sich oder andere befürchten
• größer die Macht der Stakeholder ist
• konkreter und berechtigter die Anliegen sind
• weniger die Anliegen mit denen anderer Gruppen konkurrieren
• schwächer die Legitimation des Unternehmens erscheint, und
• deutlicher zentrale gesellschaftliche Werte verletzt werden.
Als Datenquellen für Analyse und Prognose bieten sich an: die Auswertung
der Massenmedien, gezielte Umfragen, Experteninterviews und der direkte
Stakeholder-Dialog, worin die Diskursethik am stärksten zum Ausdruck
kommt.
Mit allen Betroffenen direkt ins Gespräch zu kommen und bis zum
allseitigen Konsens zu diskutieren, ist aber im Unternehmensalltag unmöglich; daher kann der Stakeholder-Dialog nur als regulative Leitidee aufgefasst werden (vgl. Maak/Ulrich 2007, S. 184).
189
Instrumente im normativen Controlling
Zu 3)
In dieser Phase sollte sich die ethische Ausrichtung der Analyse zeigen. Im
herkömmlichen, „strategischen“ Anspruchsgruppenmanagement ist das
ökonomische Kalkül ausschlaggebend. Kann es dem Unternehmen nutzen,
auf die Interessen der Stakeholder einzugehen bzw. was kann es das Unternehmen kosten, die Anliegen zu ignorieren? Wenn z. B. von Wert für Stakeholder gesprochen wird, steht i.d.R. die Frage im Vordergrund, welchen
Wert ein Stakeholder für das Unternehmen hat (vgl. Göbel 2010, S. 143 f.).
Modernes Stakeholdermanagement strebt einen gerechten Ausgleich
verschiedener, legitimer, möglicherweise aber konkurrierender Forderungen an. Es geht mehr um Akzeptanz-Management als um strategische List.
Dazu ist eine zweifache ethische Bewertung notwendig: Erstens ist die Legitimität der Ansprüche zu beurteilen, zweitens ist bei konfligierenden legitimen Ansprüchen zu entscheiden, wessen Anspruch Vorrang haben soll
bzw. wie ein Kompromiss oder Konsens aussehen könnte.
Es ist daher zu klären, wessen Ansprüche als legitim, d. h. im normativen
Sinn als gültig anzusehen sind. Handelt es sich um legitime Ansprüche, dann
liegt ein normativ relevanter Stakeholder vor (vgl. Göbel 2010, S. 144 f.). Vor
allem wenn moralisches Handeln zu Gewinneinbußen führen würde (im
ökonomischen Konfliktfall; vgl. Pkt. 2.3.2, Quadrant 4), kommt es zu Interessenkollisionen zwischen den Stakeholdern. Dann geht es um die Abwägung konfligierender Ansprüche, z. B. anhand der Vorzugsregeln in Pkt. 7.8.
6.7
Normative Bilanz
Auf der operativen Ebene erfasst die Bilanz nach handels- bzw. steuerrechtlichen Vorschriften die Geschäftsfälle im Unternehmen sowie zwischen Unternehmen und Geschäftspartnern. Da in der Handels- und Steuerbilanz normative, immaterielle Werte nicht aktiviert werden können
bzw. dürfen, andererseits der Unternehmenswert aber erheblich durch sie
beeinflusst wird, bedarf es einer eigenen Rechnung, um die normativen,
immateriellen Werte zu dokumentieren.
Auf der strategischen Ebene kennt Literatur und Praxis die sog. strategische Bilanz (vgl. Mann 1988, S. 54 f.). Sie ist eine Gegenüberstellung
der Aktiva und Passiva eines Unternehmens i. S. der Abhängigkeiten des
Umfelds von den Leistungen des Unternehmens dar (aktive Abhängigkeiten) und – umgekehrt – der Abhängigkeiten des Unternehmens vom Umfeld (passive Abhängigkeiten). Aktive Abhängigkeiten sind Vorsteuergrößen für Erträge (das Umfeld nimmt höhere Preise in Kauf), während
190
Instrumente im normativen Controlling
passive Abhängigkeiten Vorsteuergrößen für Kosten sind (das Unternehmen nimmt höhere Kosten in Kauf).
Zweck der Erstellung einer strategischen Bilanz ist die Ermittlung des
strategischen Engpasses, d. h. jenes Tätigkeitsfelds, das ein Unternehmen
als Ganzes am stärksten in seiner strategischen (Weiter-)Entwicklung behindert.
Auf der normativen Ebene macht – in Entsprechung des Navigationssystems und der drei Ebenen der Führung sowie in Ergänzung der Handelsund der strategischen Bilanz – die Erstellung einer normativen Bilanz
Sinn.
Der Inhalt deckt sich mit den Elementen des NIK und berücksichtigt zusätzlich
• die Ergebnisse der Stakeholder-Analyse und des Stakeholder-Dialogs
• Vorzüge bzw. Defizite der nachhaltigen Corporate Governance
• die Ergebnisse der Conformance-Bemühungen
• Systeme bzw. Maßnahmen zur Überwachung und Vorbeugung vor
Missmanagement und von dolosen Handlungen
• die Wirkungen des normativen Controllings.
Die Aktiva und Passiva der normativen Bilanz haben z. B. den folgenden
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Inhalt (vgl. Abbildung 38):$
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Abb. 38
Quelle: Eigene Darstellung
191
Instrumente im normativen Controlling
Im Gegensatz zur Handelsbilanz, aber analog zur strategischen Bilanz
sind die Einträge in der normativen Bilanz vor allem qualitativ-verbaler
Natur. Hinzu kommen Gesamtscores aus den betreffenden Einzelanaly-sen.
Ziel der normativen Bilanz ist die Ermittlung des normativen Engpasses,
d. h. jenes Bereichs, der ein Unternehmen am stärksten bei der angestrebten Entwicklung der Unternehmensidentität hindert.
Die normative (Ist-)Bilanz als Stichtagsbild dient als Basis für ein entsprechende Abweichungsanalyse („normative Bilanzanalyse“) und als Ausgangspunkt für das Controlling, um mit Perspektive nächster „Bilanzstichtag“ eine normative Planbilanz zu erstellen, die dann wieder mit dem Ist
am nächsten Bilanzstichtag vergleichen werden kann.
6.8
Leitbild-Check
Anlass für einen Leitbild-Check kann sein:
• Prüfung, ob ein zu verabschiedendes Leitbild zur bestehenden bzw. zu
der zu entwickelnden Unternehmenskultur, zur Vision, zur Mission bzw.
zum Gefüge interner Normen passt (Prüfung ex-ante)
• Prüfung der Übereinstimmung der Unternehmensidentität mit einem
bestehenden Leitbild (Prüfung ex-post); Anlass für die Prüfung kann ein
Konflikt oder können eine oder mehrere Bestimmungen im Text des
Leitbilds sein.
Der Leitbild-Check ist ein vom Controlling zu institutionalisierender Prozess des Vergleichs des Soll-Leitbilds mit dem von der Führung (Top-,
Mittel- und Lower-Management, Aufsichtsorgan) und von den Mitarbeitern gelebten Ist-Leitbild. Der Leitbild-Check sollte in folgenden Stufen ablaufen und z. B. die folgenden Fragen umfassen:
• Detaillieren der Inhalte des Leitbilds als Soll (= Maßstab); das Soll ist der
Text des Leitbilds und der Sinn seiner Festlegung.
• Analyse der einzelnen Passagen bzw. Aussagen auf ihre ev. unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten, am besten anhand konkreter Situationen bzw. Verhaltensmöglichkeiten
• Ist der Inhalt des Leitbilds realistisch in Anbetracht der Bedingungen im
Umfeld?
• Wurde das Leitbild gemeinsam mit Vision, Mission, Normen und Wertecharter ausreichend in Breite und Tiefe kommuniziert?
• Wird bei jeder passenden Gelegenheit auf das Leitbild Bezug genommen, und werden seine Inhalte anhand fiktiver oder konkreter Situationen konkretisiert?
192
Instrumente im normativen Controlling
• Werden Situationen erfasst und thematisiert, in denen nicht leitbildkonformes Verhalten festzustellen war?
• Wird vorbildliches und leitbildgerechtes Verhalten gelebt?
• Gehen Führungskräfte als Vorbild für leitbildgerechtes Verhalten voran?
• Wie hat sich die Unternehmensidentität seit dem letzten Check verändert?
• Dient das Leitbild als Basis für die Entwicklung und Umsetzung der Strategie?
Die Häufigkeit des Leitbild-Checks richtet sich nach dem Bedarf, d. h. nach
der Häufigkeit des Auftretens von Abweichungen von dem im Leitbild
skizzierten Verhaltens.
6.9
Normativer Plan
Der normative Plan hat die normative Bilanz zum Ausgangspunkt. In ihm
als Maßnahmenplan werden Entwicklungsschritte festgelegt, dabei vor
allem:
• welche Normen zu konzipieren sind und wie der Prozess der Normenfindung aussehen soll,
• welche Werte und Tugenden anzustreben sind, und wie der Prozess
dazu aussieht,
• welche Unternehmenskultur anzustreben ist und wie der Prozess dazu
aussieht,
• welche Teile der moralischen Kompetenz forciert werden sollen und wie
der Prozess aussieht,
• welche Planergebnisse (Gesamtscores) von
– Normencheck
– Moral-Check
– Kulturprofil-Check
– Werte- und Tugendcheck
– Stakeholder-Analyse
– Leitbild-Check
in der Planperiode anzustreben sind;
• welche Bemühungen um eine nachhaltige Corporate Governance zu
setzen sind,
• wie die Integrität im Unternehmen gestärkt werden kann,
• welche Maßnahmen zur Stärkung des Risikomanagements in bezug auf
die Vorbeugung vor Missmanagement ergriffen werden sollen,
• wie das IKS gestärkt werden kann,
193
Instrumente im normativen Controlling
• was zur Kriminalitätsprävention unternommen werden soll,
• welchen Umfang und welche Struktur das „normative Budget“ hat, und
• wie die jeweiligen Terminleisten aussehen.
Der normative Plan ist i.d.R. ein qualitativer Plan, Zahlen finden sich in
Form normativer Kennzahlen. In Abbildung 39 ist der Inhalt des norma$ $
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tiven Plans an einem Beispiel skizziert:
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Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 39
Der Erfüllungsgrad des normativen Plans ist durch Controlling regelmäßig
– mindestens einmal p.a. durch einen Soll-Ist-Vergleich zu überprüfen; Abweichungen sind – wie gehabt – auf ihre Ursachen zu analysieren, und
Korrekturmaßnahmen sind zu planen bzw. vorzuschlagen.
6.10
Normative Kennzahlen
Unter Kennzahlen versteht man im weiteren Sinne alle Zahlen, die über
betriebswirtschaftliche Sachverhalte und Entwicklungen in konzentrierter
Form Auskunft geben. Schlüsselkennzahlen sind für ein bestimmtes Unternehmen oder bestimmte Bereiche besonders bedeutende Leistungsindikatoren.
Normatives intellektuelles Kapital ist im allgemeinen aufgrund seiner
Eigenschaften nicht über finanzielle Kennzahlen erfass- bzw. abbildbar. Für
Management und Controlling solcher Werte bieten sich daher nicht-finanzielle Kennzahlen an (vgl. Ewert/Wagenhofer 2005, S. 563).
194
Instrumente im normativen Controlling
Für das normative Management, z.B. für die Vor- und Nachbereitung
eines CR-Programms, für die Umsetzung des normativen Plans, als Instrument im normativen Controlling und für das Reporting sind normative
Kennzahlen unverzichtbar. Zudem können so gezielt Schwachstellen und
Optimierungspotenziale identifiziert und Verbesserungsmaßnahmen geplant, gesteuert, bewertet und kontrolliert werden.
Eine Steigerung der Qualität im Umgang mit Kennzahlen erreicht Controlling, wenn es gelingt, aus einzelnen Kennzahlen ein System an Kennzahlen zusammenzustellen, das aus wenigen, aber aussagekräftigen Kennzahlen besteht, die in einer definierten Beziehung zueinander stehen.
Diese Kennzahlen können ein eigenständiges Kennzahlensystem bilden
oder z. B. in eine Balanced Scorecard integriert werden.
Kennzahlen und Indikatoren sollten in drei Kategorien (in aufsteigender
Reihenfolge ihrer Aussagekraft) gegliedert werden:
• Inputkennzahlen, z. B. Anzahl der Ideen für die Konzeption eines Leitbilds
• Prozesskennzahlen, z. B. Dauer der Arbeiten zur Formulierung eines
Codes of Ethics
• Outputkennzahlen, z. B. Normdichte im Unternehmen bzw. in einem
Geschäftsbereich
Kennzahlen im normativen Controlling haben folgende Funktionen:
• Frühaufklärung: Kennzahlen in Form von Indikatoren haben zeitlich
eine Vorlauffunktion
• Analyse: Kennzahlen können einen zu analysierenden Sachverhalt präzisieren
• Vereinbarung von Zielen: Ziele können in Form von Kennzahlen formuliert sein
• Prozesssteuerung und -regelung
• Kontrolle: Kennzahlen können zur laufenden oder nachträglichen Kontrolle des Zielerreichungsgrads eingesetzt werden
• Vergleiche: Kennzahlen erlauben eine Vielzahl möglicher Vergleiche
• Kommunikation: Kennzahlen dienen der raschen Kommunikation
• Verschlüsselung: Für zwischenbetriebliche Vergleiche haben Kennzahlen den Vorteil, dass sie in bestimmtem Ausmaß eine Verschlüsselungsfunktion haben.
Normative Kennzahlen können vor allem die folgenden sein (vgl. Abbildung 40):
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Instrumente im normativen Controlling
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Abb. 40
Quelle: Eigene Darstellung
Kennzahlen stellen für das Controlling ein wertvolles Arbeitsmittel dar.
Folgendes ist zu beachten:
• Aus einer Fülle möglicher Kennzahlen sollten im Unternehmen bzw. je
Bereich einige wenige, aber wichtige Kennzahlen gebildet werden, die
den Charakter von Schlüsselkennzahlen (KPI) haben, also für das konkrete Unternehmen von großer (grundlegender) Bedeutung sind; diese
sind besonders genau zu planen bzw. laufend zu kontrollieren und ihr
Erfüllungsgrad im Detail zu analysieren.
• Wichtig ist es, die Modalitäten der Kennzahlenermittlung bzw. der Messung festzulegen.
• Für jede normative Kennzahl sollte ein Definitionsblatt mit folgendem
Inhalt erstellt werden:
– Name der Kennzahl
– Formel zur Ermittlung der Kennzahl
– Definition der Formelbestandteile (Zähler und Nenner)
– Betriebswirtschaftliche Interpretation
– Bisherige Soll- und Istwerte der Kennzahl.
Die Ermittlung der Kennzahlen im normativen Bereich erfordert dabei
i.d.R. neuartige Datenerhebungs- und -verdichtungsprozesse. Besondere
Herausforderungen bereitet die Datenerfassung. Meist wird es ausreichen,
Daten über Elemente des NIK mittels eines Tabellenkalkulationspro196
Instrumente im normativen Controlling
gramms zu sammeln, zu strukturieren und auszuwerten. Für eine effiziente Datenerhebung sollten jedenfalls eine Mehrfacherfassung in mehreren
Unternehmensbereichen vermieden werden.
6.11
Reporting über normative Sachverhalte
Hier werden sowohl das interne als auch das externe Reporting über normative Sachverhalte thematisiert. Die Federführung für das Reporting in
beiden Bereichen sollte in der Hand des Controllings liegen, um die Einheitlichkeit des Berichtswesens über normative, strategische und operative
Sachverhalte zu sichern und die Bedeutung des normativen Controllings
und des normativen Managements für eine nachhaltige Unternehmenspolitik zu unterstreichen.
Die Führung braucht Informationen über die Entwicklung normativer
Sachverhalte zur kontinuierlichen, moralisch-ökonomisch ausgewogenen
Weiterentwicklung des Unternehmens. Es bedarf daher
• eines durchgehenden (Feed-forward-)Informationsflusses aus der Ebene
der normativen in die Ebene der strategischen Ziele und deren Erreichung, und
• umgekehrt eines (Feed-back-)Informationsflusses aus der operativen
und der strategischen Ebene in die Ebene der normativen Ziele und
deren Erreichung.
Der Bedarf an einer Weiterentwicklung des internen Reportings zum
Zweck einer systematischen Identifikation, Erfassung, Bewertung, Steuerung und Erfolgskontrolle der Elemente des NIK ist aus Controllingsicht in
vielen Unternehmen gegeben. Zu beachten ist im Zusammenhang mit normativen Inhalten: Wahrnehmbarkeit und Beschreibbarkeit decken sich
nicht. Nur ein sehr kleiner Teil dessen, was wahrnehmbar ist, ist auch beschreibbar (vgl. Malik 2001, S. 239). Daher kommt der verbalen Berichterstattung im normativen Bereich und der Wahl der Ausdrucksweise und
Worte eine überragende Bedeutung zu.
Geschäftsführung und – falls vorhanden – Aufsichtsorgane sollten regelmäßig über normative Leistungen bzw. Defizite bzw. geplante Maßnahmen
und den Umsetzungsstand des normativen Plans informiert werden.
Die Nutzung des Berichtswesens über normative Sachverhalte soll den
Entscheidungsträgern im Unternehmen so problemlos möglich sein, wie
sie – um einen Vergleich anzustellen – beim Autofahren auf das Armaturenbrett schauen, ohne dabei besonderen Aufwand zu empfinden.
197
Instrumente im normativen Controlling
Warum und zu welchem Zweck sollte über normative Sachverhalte
auch an Unternehmensexterne berichtet werden? Aktivitäten von Management und Controlling in diesem Bereich beeinflussen nicht nur das
immaterielle Vermögen und den Goodwill, sondern verstärken die Stakeholder-Orientierung, zielen auf immaterielle Aufwände und Erlöse wie
z. B. Reputationsgewinne bzw. -verluste, beeinflussen die Art der Strategiefindung und -umsetzung und in hohem Maße Personalpolitik und Mitarbeitermotivation.
Allgemeine Kriterien der Berichterstattung über Non-financials sind
(vgl. Bassen/Senkl 2010, S. 258; vgl. Arbeitskreis SG 2002, S. 2339 f.):
• Relevanz aus Sicht der internen bzw. externen Empfänger
• Vergleichbarkeit, d. h. Kontinuität zwischen zwei bzw. mehreren Berichtszeitpunkten und Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen, z. B.
zwecks Benchmarking
• Angemessenheit der Berichterstattung i. S. der Wirtschaftlichkeit, z. B.
Einmaligkeit der Datenerfassung bzw. Verwendung der für interne Berichtszwecke verwendeten Daten auch für das externe Reporting, und
Nutzenstiftung aus Sicht der Empfänger
• Klarheit und inhaltliche Nachvollziehbarkeit der Daten im Bericht
durch interne wie externe Empfänger
• Regelmäßigkeit des Reportings.
Als Stellhebel (Gestaltungsparameter) im Berichtswesen kommen in Betracht:
1. Berichtsinhalt: um welche Informationen handelt es sich?
Es geht um Sachverhalte und Ergebnisse normativer Analysen, Pläne,
Soll-Ist-Vergleiche und Checks des normativen Controllings.
2. Berichtsempfänger: wer soll informiert werden?
Informiert werden sollen Führungskräfte und externe Stakeholder, darunter nicht zuletzt Investoren, die an der Entwicklung des normativen
intellektuellen Kapitals interessiert sind.
3. Berichtszeitpunkt
Hier besteht ein Spannungsverhältnis zwischen Aktualität und Vollständigkeit. Je aktueller Informationen sind, umso höher ist i.d.R. der Nutzen für das Management. Die Forderung nach Vollständigkeit resultiert
aus dem Wunsch nach höherer Detaillierung. Oft sind gerade Details
z. B. über bestimmte Standpunkte, relevant um ein umfassendes Bild zu
erhalten. Daher kommt im Zweifelsfall der Genauigkeit mehr Bedeutung zu als der Aktualität.
4. Berichtsform: wie sollen die Informationen aufbereitet werden?
Als Formen der Aufbereitung von Informationen bieten sich an: verbale
198
Instrumente im normativen Controlling
Kommentare, Benchmarking, Kennzahlen, Ursache-Wirkungs-Beziehungen bzw. (grafisch) Profile. Auch eine tabellarische Auflistung zu den
einzelnen NIK-Kategorien erscheint sinnvoll. Diese könnte um Grafiken,
z. B. zur Entwicklung der Indikatoren bzw. Kennzahlen über die Zeit ergänzt werden.
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Abbildung 41 zeigt beispielhaft eine Zeile aus einem normativen Bericht.
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Abb. 41
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Quelle: Eigene Darstellung
Das externe Reporting über Elemente des intellektuellen Kapitals wird in
der Literatur unter dem Stichwort „Value Reporting“ diskutiert. Ihr Gegenstand sind Informationen, die über die Pflichtberichterstattung hinaus
gehen. Sie dienen dem Ziel, Investoren eine bessere Einschätzung des
Unternehmenswerts zu ermöglichen. Es soll daher dazu beitragen, den
Unterschied zwischen dem bilanziellen Eigenkapital und dem Unternehmenswert aus Sicht des Markts und aus Sicht des Managements zu erklären (vgl. Gleich et al. 2008, S. 379).
Der Arbeitskreis SG formuliert folgende allgemeine Grundsätze für das
Value Reporting (vgl. Arbeitskreis SG 2002, S. 2339 f.; vgl. Arbeitskreis SG
2003, S. 1234 f.), die auch im vorliegenden Kontext sinnvoll erscheinen:
• Grundsätzliche Orientierung an der unternehmensinternen Berichterstattung („Management Approach“), d. h. es werden jene Berichtselemente gewählt, die auch für die interne Unternehmenssteuerung relevant sind.
• Das Management kommentiert die berichteten Informationen, die
Adressaten interpretieren sie aber zusätzlich aus ihrem Blickwinkel bzw.
vor dem Hintergrund ihres Informationsbedarfs.
• Ort der Berichterstattung ist idealerweise der Lagebericht.
199
Instrumente im normativen Controlling
Innerhalb des Value Reporting als Bezugsrahmen zur Identifizierung der
Schlüssel-Leistungsindikatoren hat das sog. Strategic Advantage Reporting
die Aufgabe, Informationen über die nachhaltigen Wertsteigerungspotenziale und über die nicht-finanziellen Werttreiber zu geben (vgl. Fischer/Zirkler
2008, S. 590; vgl. Gleich et al. 2008, S. 379). Dabei spielt das intellektuelle
Kapital die Hauptrolle. Ergebnisse empirischer Untersuchungen 2003 bis
2006 belegen, dass die Berichterstattung über immaterielle Werte zunehmend an Bedeutung gewinnt (vgl. Gleich et al. 2008, S. 383).
Werte spielen im Reporting auch eine wichtige Rolle auf Seiten des Controllings als Berichterstatter, und hier vor allem das Vertrauen. Das Vertrauen der Empfänger zu genießen ist eines der wichtigsten Assets von
Controllern als Berichterstatter; Vertrauen lässt sich nur langfristig bilden
und erwerben, es geht aber relativ rasch verloren.
6.12
Lessons learned
Die in diesem Buch als Instrumente des normativen Controllings behandelten Methoden müssen folgenden drei Kriterien genügen:
• Sie sollen den im Controlling Tätigen direkt oder indirekt (d. h. im Zusammenspiel mit anderen Methoden) zur Bewältigung der ControllingAufgabe dienen.
• Sie sollen nicht zu komplex und differenziert in Aufbau und Einsatzbedingungen sein. Zu komplexe Methoden werden in der Praxis erfahrungsgemäß nicht angenommen bzw. eingesetzt, weil der Erkenntnis- bzw.
Nutzenzuwachs in der Regel durch relativ hohe Kosten oder hohen Erklärungs- und Zeitaufwand überkompensiert wird.
• Die Methoden sollen in Unternehmen jeder Größe, also auch in Einzel-,
Kleinst- und Kleinunternehmen, und damit auch im Selbst-Controlling,
sinnvoll einsetz- und anwendbar sein.
Die nachstehend genannten Instrumente sind – mit Ausnahme des Kulturprofil-Checks und des Werteprofils – neu und als Vorschläge für die Diskussion um das normative Controlling in Theorie und Praxis gedacht. Sie sind
daher in der betrieblichen Praxis noch nicht getestet.
• Normen-Check
• Moral-Check
• Werte- und Tugend-Check
• Kulturprofil-Check
• Stakeholder-Analyse
• Normative Bilanz
200
Instrumente im normativen Controlling
•
•
•
•
Leitbild-Check
Normativer Plan
Normative Kennzahlen
Bericht über normative Sachverhalte.
Die Methoden des normativen Controllings sind zum Großteil als qualitative Checks konzipiert. Qualitative Sachverhalte sollten auf einer Ordinalskala miteinander verglichen bzw. durch die Vergabe von Punkten bewertet
werden. Eine praktikable, weil einfache Bewertung des jeweiligen Ist (als
Ergebnis eines Vergleichs bzw. Checks) kann nach folgendem ViererSchlüssel erfolgen:
0 = nein bzw. nicht vorhanden
1 = kaum bzw. selten bzw. in eingeschränktem Maße
2 = öfters bzw. überwiegend vorhanden
3 = (uneingeschränkt) ja bzw. zutreffend.
6.13
Learning by doing
A 6.1
Diskutieren Sie bitte die Folgen von Unpünktlichkeit im Unternehmen auf
a) auf das Verhalten anderer
b) auf die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens
A 6.2
Diskutieren Sie bitte die Folgen von mangelndem Ordnungssinn im Unternehmen! …
A 6.3
Wie kann sich Vertrauen in der Berichterstattung ausdrücken?
A 6.4
Erproben Sie bitte einige der vorgestellten Checklisten in der Unternehmenspraxis!
A 6.5
Welche weiteren normativen Kennzahlen sind – über die in Pkt. 6.10 genannten hinaus – noch denkbar?
201
„Alles Renditestreben darf die Menschlichkeit nicht in den Hintergrund drängen. Management ohne Unternehmensethik wird auf Dauer zum Scheitern verurteilt sein.“
(Lautenschläger 2009, S. 288)
7
Umsetzung des normativen Managements
und des normativen Controllings
Ziele des Kapitels
Nach der Lektüre dieses Kapitels wissen Sie,
• worauf bei der Einführung des normativen Controllings zu achten ist
• wie beim Werte- und Kulturmanagement vorzugehen wäre
• wie ein Code of Ethics aufgebaut sein sollte
• wie ethikorientiertes strategisches Management gestaltet sein sollte
• welche Rolle die Personalpolitik in der Umsetzung des normativen Managements und des normativen Controllings spielen sollte
• mit welchen Stellen das normative Controlling zusammenarbeiten sollte.
7.1
Überblick
Umsetzung normativer Inhalte bedeutet das aktive Ergreifen von Maßnahmen, die das Scheitern der Verwirklichung normativer Konzepte systematisch zu verhindern suchen.
Damit normatives Management und normatives Controlling nicht nur
Konzepte und theoretisches Konstrukt bleiben, muss das Management
• Vision,
• Mission,
• moralische Grundsätze,
• Werte und Tugenden,
• Unternehmenskultur,
• Leitbild und
• sonstige interne Normen
als Soll möglichst realistisch konzipieren, verständlich formulieren, die
Normadressaten intrinsisch motivieren und die Umsetzung so konsequent
steuern, dass die Normen auch eingehalten und gelebt werden.
Als Unterstützung dazu sollte es sich des normativen Controllings bedienen, wenn Bedarf danach besteht. In der Rolle von Macht- und Fachpro202
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
motoren versuchen dann beide gemeinsam, die Voraussetzungen zu schaffen, damit
• die Elemente des NIK konsequent erfasst, bewertet und weiterentwickelt werden
• nachhaltige Corporate Governance systematisch betrieben wird
• Corporate Responsibility ernst genommen wird
• eine integre Unternehmensführung entsteht bzw. sich weiterentwickelt
• wirksam gegen Missmanagement und dolose Handlungen vorgesorgt
wird.
Die Einführung eines systematischen, nicht nur punktuellen, normativen
Managements und Controllings bedarf einiger Voraussetzungen, und zwar
vor allem in ethischer Hinsicht entwicklungswilliger und -fähiger Führungskräfte, Controller und Mitarbeiter.
Die Einführung des normativen Controllings im Unternehmen trägt alle
Züge einer organisatorischen Innovation. Innovationen bedürfen als conditio sine qua non zu ihrer erfolgreichen Realisierung der ungeteilten Unterstützung durch das Top Management.
Je stärker sich die neuen von den bislang gelebten Werten und Normen,
von der Vision oder der Unternehmenskultur unterscheiden, umso wichtiger ist die Steuerung dieses Innovationprozesses. Dieser muss systematisch,
ziel- und durchsetzungsorientiert geplant, gelenkt und kontrolliert werden
(„Change Management“). Dabei geht es vor allem um das Verhalten der
Beteiligten im Vordergrund, und erst an zweiter Stelle um die technischinstrumentelle Unterstützung.
Change Management umfasst alle Maßnahmen, die eine umfassende
und weitreichende Veränderung im Unternehmen bewirken sollen. Und
dieser Managementprozess ist durch den Controller – ggf. in Zusammenarbeit mit anderen internen Stellen (insb. HR, Compliance bzw. mit externen, auf normative Sachverhalte spezialisierten Beratern) als Fachpromotoren („Change Agents“) zu unterstützen (vgl. Schreyögg 2008,
S. 413–420).
Erfolgreiche Veränderungsprozesse durchlaufen grundsätzlich und
zwingend die drei regelmäßig wiederkehrenden Phasen nach Lewin (1958,
S. 210 f.):
• Auftauen (unfreezing): Kräfte der Beharrung verringern, den Wandel
initiieren.
• Bewegen (moving): den Übergang in Richtung neuem Soll-Zustand gestalten.
• Stabilisieren (refreezing): Verfestigen der neuen Situation bis zur nächsten Veränderung.
203
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
Doppler/Lauterburg (2008, S. 68–71) nennen fünf Schlüsselfaktoren für ein
dynamisches Management des Wandels:
• Kreativität und kreative Unruhe
• Konfliktfähigkeit
• Zusammengehörigkeitsgefühl
• Sinnvermittlung
• Kommunikation.
Voraussetzung einer gelungenen Veränderung ist die Akzeptanz dieser Veränderung durch alle Beteiligten. In Bezug auf die einzelnen Widerstände
und Barrieren, die einer gelungenen Einführung von Controlling entgegenstehen, darf hier auf Eschenbach/Siller (2009, S. 165–167) verweisen
werden.
Die effektivsten Mittel des Managements sind in der Praxis Analyse, Planung, Überzeugung, und Konsens im Verhandlungsweg, aber auch Anweisungen an Mitarbeiter; am wenigsten zielführend ist Zwang.
Zur Umsetzung des normativen Managements bedarf es neben des
Change Managements der Vermaschung der Regelkreise zwischen der
normativen, strategischen und operativen Ebene in der in Abbildung 42
dargestellten Form:
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Abb. 42
204
Quelle: Eigene Darstellung
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
Im Mittelpunkt der Umsetzung des normativen Controllings stehen vor
allem Begleitmaßnahmen im normativen Bereich, im strategischen Management und durch die Personalpolitik.
7.2
Einführung des normativen Controllings
Zwischen Managementqualität und der konkreten Gestaltung des Controllingsystems und der -prozesse besteht ein positiver Zusammenhang.
Damit Controlling daher die beabsichtigten Wirkungen erzielt und wirksames normatives Controlling möglich wird, muss – abhängig von der Entwicklungsstufe eines Unternehmens – geklärt werden, ob überhaupt die
Voraussetzungen für die Einführung von Controlling im Unternehmen gegeben sind.
Controlling stellt Mindestanforderungen an die Führung und die Unternehmenskultur. Die vier wichtigsten sind:
• Die Führung muss visions-, leitbild-, ziel-, normenorientiert sowie
werte- und kulturbewusst sein.
• Der Wille zum normativen Controlling muss vorhanden sein: Wesentlich ist die Beantwortung der Frage: Soll bzw. in welcher Form und Intensität soll Controlling in den Check von Normen, Vision und Werten
eingebunden sein?
• Neben einem gut ausgebauten operativen Controlling muss aufgrund
der Navigationssystematik auch ein zumindest in Ansätzen vorhandenes
strategisches Controlling zu den Voraussetzungen gezählt werden.
• Bedarf an einer „moralischen Runderneuerung“, an Reflexion und
Sparring über ethische Sachverhalte und an der Operationalisierung der
Elemente des NIK (Normen, Moral, Ethos, Werte, Tugenden, Unternehmenskultur).
Grundsätzlich sollte von vornherein ein möglichst hoher Grad an Übereinstimmung zwischen dem Wirkpotenzial von Controlling und dem faktischen Spielraum für normative Gestaltungen im Unternehmen bestehen;
Normatives Controlling sollte als Konzeption zur „Baustelle Unternehmen“
passen und die erforderlich erscheinenden Veränderungen bewirken können („Controlling-Unternehmens-Fit“ als Bedarfsprüfung).
Bei Einführung des normativen Controllings ist folgendes zu beachten:
• Normatives Controlling ist ein führungsergänzendes Subsystem mit
zahlreichen Schnitt- (besser: Kontakt-)stellen. Dementsprechend umfassend und detailliert muss daher der Einführungsprozess geplant und
vorbereitet werden. Dieser Prozess hat stets zwei Aspekte: Verhaltens205
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
und technisch-organisatorische. Im Falle des normativen Controllings
dominieren eindeutig Verhaltensaspekte.
• Jeder Einführungsprozess ist kontextabhängig; es können wichtige
interne Faktoren wie z.B. Malversationen in der Vergangenheit, der Entwicklungspfad oder Werte-Misfits, und externe Faktoren wie z. B. – typisch für börsennotierte Unternehmen, Banken und Versicherungen –
hohe Anforderungen an Compliance oder an Corporate Governance
vorliegen.
• Für den Prozess der Einführung von normativem Controlling gibt es
kein Patentrezept, er ist situativ und unternehmensspezifisch auszurichten. „Es kommt darauf an ...“, wie die „Betroffenen“ in Geschäftsführung, Aufsichtsorganen und die Mitarbeiter reagieren, je nachdem, ob
bzw. in wie weit nach einer Einführung die Machtverhältnisse im Unternehmen verschoben werden und wie die Person des normativen Controllers agiert bzw. reagiert.
• Bezüglich der organisatorischen Eingliederung des normativen Controlling ergibt sich kein zusätzlicher Handlungs- bzw. Änderungsbedarf, sofern ein bestehendes operatives bzw. strategisches Controlling schon als
Linienstelle konzipiert und – aus Objektivitäts- und Neutralitätsgründen
– in der zweiten Führungsebene, d. h. unterhalb des Top Managements,
angesiedelt ist.
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Die Einführung des normativen Controllings sollte konzeptgesteuert erfol$ $ Soll-Konzept ist$ in Abbildung 43 dargestellt.
gen. Ein mögliches
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Abb. 43
206
Quelle: In Anlehnung an Eschenbach/Siller 2009, S. 320 f.
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
Dazu im einzelnen:
1. Grundlage für die Einführung ist die Prüfung der Voraussetzungen und
Rahmenbedingungen, d. h. die Diagnose des Entwicklungsstands des
Controllings, des normativen Managements und des Vorhandenseins
bzw. der Qualität der Elemente des NIK.
2. Normatives Controlling-Bewusstsein bedeutet den prinzipiellen Willen zu
Veränderung, zu nachhaltiger Unternehmensbestandssicherung ebenso
wie die Überzeugung, dass ein Unternehmen besser mit klaren Wertmaßstäben und normativen Checks als ohne sie geführt werden kann.
3. Controlling-Vision und -leitbild sollen Antwort auf folgende Fragen
geben:
– Wie (Führungs- bzw. Arbeitsstil) will das normative Controlling agieren?
– Welchen Werten fühlt sich Controlling dabei verpflichtet?
– Welche Art und welcher Stil der Kommunikation soll gepflegt werden?
– Sollen bzw. wie sollen „Betroffene“ zu „Beteiligten“ gemacht werden?
– Wie sind Selbst- und Fremdbild des normativen Controllings?
Welche sind die konkreten quantifizierten und terminierten Ziele des
normativen Controllings? Welchen messbaren Nutzen soll es für wen
stiften? Nach welchen Grundsätzen soll gehandelt werden? Wie werden
diese Grundsätze für alle Beteiligten transparent gemacht?
4. Hier sind die konkreten Problem-, Aufgaben- bzw. Entscheidungsfelder
und Funktionen ebenso zu nennen wie die Stellung bzw. Rolle des normativen Controllers in den Prozessen Analyse, Reflexion, Sparring, Innovation, Information, Planung, Überwachung und Koordination.
5. Daran anschließend ist festzulegen, welcher Methoden, Verfahren, Konzepte und Ansätze sich das normative Controlling bedienen wird; welche Prozesse werden künftig als typische normative Controllingprozesse
angesehen werden, in denen Controller die „Process Owners“ sind (wie
z. B. die Prozesse der Erstellung einer normativen Bilanz, die Diskussion
und Reflexion über Werte oder über die Unternehmenskultur)?
6. Wesentlich sind hier die folgenden Überlegungen:
– Wie ist das Soll-Anforderungsprofil des normativen Controllings?
– Braucht es eine neue Controlling-Stelle oder kann es die bestehende
Controlling- Stelle bzw. -Abteilung zusätzlich übernehmen?
– Falls eine neue Stelle erforderlich erscheint: Kann die Funktion intern besetzt werden?
– Wie ist die Prozessorganisation anzupassen?
7. Hier gilt es, alle Mitglieder des normativen Managements in Geschäftsführung und Aufsichtsorganen von der bevorstehenden Einrichtung des
normativen Controllings
207
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
– im Detail zu informieren
– darüber zu diskutieren
– schrittweise Bewusstsein für die Bedeutung normativer Fragestellungen, bestehender Probleme, z. B. Wertekonflikte, und möglicher Lösungen zu entwickeln.
8. Ein Controlling-Handbuch sollte Struktur, geplante Prozesse, den aktuellen normativen Plan und die Ergebnisse der einzelnen ControllingChecks ebenso enthalten wie ein Glossar wichtiger Controlling-Begriffe,
eine Erklärung von Arbeitsblättern und Checklisten sowie der normativen Kennzahlen und Berichtsinhalte.
Wie wichtig ethisches Verhalten ist, kann am Beispiel der US-amerikanischen Rechtsprechung gezeigt werden, die ein sog. Ethik-ManagementSystem als Argument zur Entlastung der Führung erst akzeptiert, wenn es
nachprüfbar implementiert und gelebt wird (vgl. Fischer et al. 2000, S. 25).
Eine erfolgreiche Implementierung des normativen Controllings kann
nur von einer Koalition aus Macht- und Fachpromotoren bewältigt werden, durch deren gemeinsame Anstrengungen sowohl kognitive, als auch
Willens- und Fähigkeitsbarrieren überwunden werden können.
Fachpromotoren können dabei der/die neue(n) Controller, (ein) externe(r) Berater, Mitarbeiter des HR- oder des Compliance-Bereichs sein; letztere nicht selten aufgrund der Hoffnung, dass der Stellenwert ihres Bereichs durch das normative Controlling gesteigert und nun mit Hilfe von
Controlling den – tatsächlichen oder vermuteten – moralischen Defiziten
wie z. B. Kultur-Misfits im Unternehmen „der Kampf angesagt“ wird.
Die Rolle der Machtpromotoren kann das Top Management bzw. auch
Teile des mittleren Managements übernehmen, z. B. aus Bereichen, wo
Konflikte, laufender Dissens oder unterschiedliche Werte eine Zusammenarbeit behindern.
”…, in any national culture it makes sense to distinguish the two roles.
Both are crucial for culture innovations.” (Hofstede/Hofstede 2005, S. 311)
7.3
Werte- und Kulturmanagement
Im Wertemanagement geht es um die bewusste Gestaltung der Werthaltungen und Wertekataloge der einzelnen Mitarbeiter und Führungskräfte.
Mit Recht kann von „Wertschöpfung durch Wertemanagement“ (vgl.
Hemel 2007, S. 289) gesprochen werden.
Mitarbeiter verfolgen i.d.R. genau, was Führungskräfte tatsächlich tun,
welche Werte sie – ungeachtet verbaler Statements und Appelle – selbst in
208
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
welchem Ausmaß und mit welcher Priorität vertreten und leben. So entstehen bzw. vergehen Vor-Bilder.
Ein konsequent gefördertes ethisches Klima im Unternehmen senkt aufgrund des gemeinsamen Vorverständnisses über erwünschtes bzw. unerwünschtes Verhalten die Kommunikations- und Transaktionskosten, weil
z. B. weniger Grundsatzdebatten geführt werden müssen.
Es geht um folgende Schritte im einzelnen (vgl. Hemel 2007, S. 287–290):
• Bewusstmachen von Werten
• Analyse der persönlichen Werte und ihrer Intensität zwecks Ermittlung
des Ist
• Wertevorgabe durch die Unternehmensleitung: einerseits der wesentlichen und andererseits der erwünschten Werte und Handlungsweisen.
• Wertekommunikation: Nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Investoren,
Kunden, Lieferanten und interessierte Teile der (kritischen) Öffentlichkeit sind an Aussagen über die normative Position interessiert.
• Aktive Wertesteuerung, ggf. mit Unterstützung des normativen Controllings.
• Konfliktmanagement wird institutionalisiert bzw. professionalisiert. Es
muss klargestellt werden, was geht und was nicht geht, um das Vertrauen der Mitarbeiter, sich wertekonform zu verhalten, zu erhöhen.
Kulturmanagement ist auf lange Sicht lohnend, aber schwierig und
langwierig, vor allem aus folgenden Gründen:
• Kulturen sind in den unbewussten und unhinterfragten Basisannahmen
und Wertvorstellungen tief verankert.
• Mitarbeiter und Führungskräfte geben eine einmal erlernte Kultur oft
nur ungern auf, weil die Verhaltensmuster bei der Orientierung helfen.
• Ein absehbarer Kulturwandel kann Positionen bestimmter Führungskräfte und Mitarbeiter bedrohen.
• Änderungen in der gewünschten Unternehmenskultur betreffen immer
auch emotionale Komponenten, insb. Gefühle und Gewohnheiten.
• Die Unternehmenskultur ist oft uneinheitlich und besteht aus verschiedenen Subkulturen.
Für ein aktives Kulturmanagement bieten sich zahlreiche Ansatzpunkte
(vgl. Lombriser/Abplanalp 2004, S. 351 f.):
• Das Management kann eine neue Kultur vorleben (z. B. Werte, Tugenden, Umgangsformen, Sprache, Form der Entscheidungsfindung, Meetinggestaltung).
• Die Organisation kann die neue Kultur ausdrücken (z. B. durch Struktur, Architektur, Arbeitsplatz- und Raumgestaltung).
209
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
• Führungsinstrumente können auf die neue Kultur hinwirken (Leitbild,
Führungsstil, Verhaltensgrundsätze, Regelungsdichte, Kommunikationsund Informationspolitik, Partizipation, Kooperation).
• Unterstützung kommt von der Personalpolitik (z. B. durch die Form von
Beförderungen, Besetzung von Schlüsselpositionen, Fort- und Weiterbildung, Anpassung von Belohnungs- und Sanktionssystemen).
• Eine Corporate Identity kann die neue Kultur auch visuell kommunizieren (z. B. eine Homepage mit geänderten Unternehmensgrundsätzen
oder ein neuer Code of Ethics).
Mit Unternehmensethik vereinbar erscheint nur ein Management, das darauf abzielt, die Kultur ethikorientierter, offener und mit mehr Partizipation
der Mitarbeiter zu gestalten. Die Qualität der sozialen Beziehungen im
Unternehmen („Sozialqualität“) wird dann zum Erfolgsfaktor („enabler“)
einer moralisch zielführenden und zeitökonomischen Gestaltung von Entscheidungs- und Leistungsprozessen. Es sind die sozialen Spielregeln, die
über Effizienz und Effektivität von Unternehmen sowie über die praktische
Wirksamkeit theoretischer Managementkonzepte mit entscheiden (vgl. von
Eiff/Stachel 2007, S. 19).
Eine ausgeprägte Unternehmenskultur kann sich hemmend auf Reflexionsprozesse auswirken, wenn es zu einer Überbetonung der Gemeinsamkeiten vor dem Trennenden kommt, was einer Kultur der „Ja-Sager“
Vorschub leisten könnte (vgl. Feldbauer-Durstmüller/Ther 2009, S. 260); das
wäre für den Controller als kritischem Counterpart ggf. ein bedenkliches
Phänomen.
Die Erfahrungen des Autors in der Praxis können das folgende Zitat von
Malik nur unterstreichen: „Ich habe nur zwei Wege kennengelernt, die zu
einem echten, tiefgreifenden, andauernden und raschen Kulturwandel geführt haben. Der erste Weg ist die Krise. Der zweite sind die Personalentscheidungen für die Schlüsselstellen. Ihr Zweck ist es, Menschen in einer
Organisation in Positionen zu bringen, wo sie sichtbar das richtige Beispiel
geben. Alle anderen Wege sind fragwürdig“ (Malik 2005, S. 212).
7.4
Code of Ethics (Ethikkodex)
Ein Code of Ethics soll Standards, Richtlinien und Soll-Werte als verbindliche Rahmenbedingungen für individuelles und institutionelles Handeln
enthalten, an die sich alle Mitarbeiter im Unternehmen zu halten haben,
und welche die Zusammenarbeit untereinander und mit Außenstehenden
wie Lieferanten, Behörden usw. definieren. Er stellt klar, mit welchen Mit210
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
teln die Wertschöpfungs- und Performance-Ziele realisiert werden sollen
und mit welchen sie nicht realisiert werden dürfen.
Synonym werden die Begriffe Verhaltensrichtlinien, Code of Conduct
oder Business Code verwendet. Verhaltenskodizes sollen die in Vision und
Mission enthaltenen Wert- und Moralvorstellungen in schriftlicher Form
erklären. Ein wichtiger Punkt im Code of Ethics ist die Klärung des Verhaltens im Umgang mit moralischen bzw. ökonomischen Dilemma-Situationen. Durch dieses Dokument der moralischen Selbstbindung bekennt sich
ein Unternehmen nachprüfbar zu bestimmten Werten und Normen (vgl.
Maak/Ulrich 2007, S. 247; vgl. Grabner-Kräuter 2009, S. 90).
Verhaltensrichtlinien bzw. -grundsätze sollen eine bestimmte gewünschte Moral vermitteln und ein bestimmtes Ethos fordern. Ziel dabei ist in
erster Linie, unethisches, jedenfalls aber kriminelles Verhalten im Geschäftsverkehr zu unterbinden. Verhaltensgrundsätze sollen Erwartungen
hinsichtlich konkreter positiver Handlungsweisen der Führungskräfte und
Mitarbeiter formulieren.
Adressaten von Verhaltensgrundsätzen sind eine größere Gruppe von
Mitarbeitern, nicht nur einzelne Personen. Extern ausgerichtet werden sie
ein Instrument zur Kommunikation der Unternehmensidentität und der
Unternehmenspolitik und zur Öffentlichkeitsarbeit.
Durch klare Verhaltensrichtlinien ist sukzessive eine Integritäts- und
Compliance-Kultur („Zero tolerance policy“) und das Bewusstsein für die
Bedeutung der Elemente des NIK und der Schädlichkeit von Missmanagement und von dolosen Handlungen aufzubauen bzw. zu stärken. Die Überwachungs- und die Vorbildfunktion aller Führungskräfte ist hier gefordert.
Fast 90 % der amerikanischen Fortune 100-Unternehmen haben einen
formellen Code of Ethics erstellt (vgl. Robbins/DeCenzo 2008, S. 54) und
47 % der 200 weltweit größten Unternehmen (vgl. Maak/Ulrich 2007,
S. 247). In österreichischen Unternehmen zählt ein Ethikkodex zu den
gegenwärtig gängigsten Instrumenten zur Korruptionsprävention.
Typische Inhalte eines Code of Ethics können sein (vgl. Saitz 2010,
S. 163 f.):
• Allgemeine Verhaltensgrundsätze:
Integres Verhalten, Akzeptanz zur Einhaltung von Gesetzen, unternehmensinternen Richtlinien sowie vertraglichen Vereinbarungen; Transparenz, Respekt gegenüber allen, Ehrlichkeit, Vertraulichkeit, gesellschaftliches Vorbild, Vorbildfunktion der Führungskräfte; Wertschätzung
und Schätzung persönlicher Meinungsunterschiede.
• Umgang mit Dritten:
Umgang mit Geschäftspartnern, mit Partnern in Behörden und Politik,
mit Arbeitnehmervertretern und mit ausländischen Geschäftspartnern;
211
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
Befolgung von Kartell- und Wettbewerbsrecht; Geldwäscheverbot; keine
Geschenkannahme (kein „Anfüttern“)
• Vermeidung von Interessenkonflikten:
Wettbewerbsklauseln; Privatbeteiligungen an Unternehmen; Nebenbeschäftigungen
• Umgang mit Informationen:
Vertrauliche Behandlung von Geschäftsinformationen, Berichten, Betriebsgeheimnissen; Verbot von Insiderhandel; Datenschutz und Datensicherheit.
Je nachdem, ob im Unternehmen eher ein Compliance- oder ein Integritätsansatz verfolgt wird, kann ein Verhaltenskodex entweder als
• regelbasiert („rules-based“) oder als
• grundsatzbasiert („principles-based“)
aufgebaut sein. Während erstere vorwiegend konkrete Handlungsanweisungen enthalten, fehlen in den i.d.R. kürzeren letzteren die konkreten
Anweisungen. Stattdessen wird das „Wir“-Gefühl wesentlich stärker betont; die ethische Selbstverpflichtung des Unternehmens und der Mitarbeiter zu Werten steht im Vordergrund (vgl. Weidinger 2009, S. 629).
Im Idealfall ist ein Ethik-Kodex so spezifisch zu formulieren, dass sie
klare Verhaltensleitlinien darstellen, aber dennoch so flexibel sind, dass
Raum für persönliche Urteile und Wertvorstellungen bleibt. Die Wirkung
eines solchen Codes hängt entscheidend ab
• von der uneingeschränkten Unterstützung des Top Managements,
• von der Einhaltung der Vorgaben durch die Führung selbst (Vorbildwirkung),
• ob es der Führung gelingt, die Leitlinien in die Unternehmenskultur zu
integrieren,
• wie konsequent Regelverstöße geahndet und Sanktionen gesetzt werden,
• ob sie laufend auf ihre Aktualität geprüft werden, und
• ob die Einhaltung der Regeln laufend geprüft (auditiert) wird.
Es kommt vorrangig auf den Sinn („Geist“) der Vereinbarung bzw. Vorgabe
und in zweiter Linie auf die Formulierung an. Entscheidend ist die Umsetzung. Im negativen Extremfall sind solche Kodizes nichts weiter als „Corporate window dressing“ (auch Enron z. B. hatte einen solchen Kodex; vgl.
Robbins/DeCenzo 2008, S. 54). Was bringt einem Mitarbeiter ein (im Rahmen des Qualitätsmanagements) eingerichteter Prozess für Beschwerden
von Mitarbeitern, wenn die Mitarbeiter wissen, dass das Sich Beschweren
212
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
und das Einleiten eines solchen Prozesses von der Führung als Zeichen der
Illoyalität gesehen wird und sich beschwerende Mitarbeiter auf eine
schwarze Liste gesetzt werden?
Der Kodex ist allen Mitarbeitern und Geschäftspartnern zu kommunizieren; in allen Verträgen ist auf ihn zu verweisen. Das bloße Veröffentlichen der Regeln, Verhaltensgrundsätze und Verhaltensrichtlinien, z. B. im
Intranet des Unternehmens, wird aber selten ausreichend sein. Vielmehr
muss der Inhalt des Kodex im Detail erklärt und begründet und unternehmensweit angewendet werden (vgl. Wieland/Grüninger 2010, S. 118 f.).
7.5
Ethikorientiertes strategisches Management
Sich „strategisch“ zu verhalten, wird manchmal mit Anwendung einer
strategischen List und als Gegenteil von Moral verstanden. „Strategisch“
verhält sich dann derjenige, der nicht nach der gemeinsamen Lösung
sucht, sondern den Gegner besiegen will. Strategische und „ethische Rationalität“ (Feldbauer-Durstmüller/Ther 2009, S. 245) werden in diesem Fall als
Gegensätze aufgefasst. Entscheidend für diesen Gegensatz ist die Gesinnung des bzw. der Strategen, aber nicht die Wahl zwischen Strategien.
Für die moralische Bewertung von zentraler Bedeutung ist, ob die strategischen Entscheidungen in der konkreten Situation mit einer auf Nachhaltigkeit angelegten und auf Konsens ausgerichteten Moral vermittelt
werden, d. h. ob sich das Unternehmen in der Wahl der Strategien um die
Vermittlung der Interessen aller Betroffenen bemüht oder nicht.
Dem strategischen Management vorgeschaltet wird im normativen Management die grundsätzliche Entscheidung für bzw. gegen die Übernahme
von Verantwortung gegenüber den Stakeholdern. Bei einer verantwortungsvollen Führung basieren alle Strategien auf einer ganzheitlichen,
unternehmensethisch-betriebswirtschaftlich ausgewogenen Wertordnung.
Bei Unternehmensethik handelt es sich nicht um eine Zusatzmaßnahme, die neben der „normalen“ (strategischen) Unternehmensführung läuft
(also z. B. um Spenden für karitative Zwecke), sondern um die verantwortungsvolle Gestaltung der Corporate Governance. Alle Entscheidungen im
Unternehmen, insb. die weit reichenden normativen und strategischen
Entscheidungen, sind unter Legitimitätsvorbehalt zu treffen. Es erscheint
wenig sinnvoll, zunächst im Rahmen des „profit making“ unmoralisch zu
handeln, um anschließend aus dem so erzielten Gewinn im Namen der
Moral und zur Beruhigung des Gewissens und der sog. Öffentlichen Meinung „profit spending“ zu betreiben (vgl. Ulrich 2001b, S. 423).
213
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
Die negativen Folgen sittlichen Handelns können durch Maßnahmen
abgeschwächt oder verhindert werden. Die eleganteste Lösung von Stakeholderkonflikten sind Maßnahmen zur Harmonisierung von Moral und
ökonomischen Interessen. Es gilt, den positiven Kompatibilitätsfall (d. h.
moralische und ökonomische Ziele können parallel verfolgt werden;
= Quadrant 1; vgl. Pkt. 2.3.2) durch entsprechende Wettbewerbsstrategien
anstreben. Das sind Strategien, die auf den legitimen Erfolg des Unternehmens im Wettbewerb zielen, sei es auf Unternehmens-, auf Geschäftsbereichs- oder auf Funktionsebene.
Ausgehend von den Dilemma-Situationen (vgl. Pkt. 2.3.2) können
Unternehmen auf ethisch einwandfreier Grundlage zwei Arten von Handlungsstrategien entwickeln:
• Wettbewerbsstrategien
• Ordnungspolitische Strategien.
Eine Wettbewerbsstrategie für den Konfliktfall in Quadrant 2 (d. i. der moralische Konflikt, d. h. die Verfolgung des Gewinnziels erfüllt nur einen Teil
der moralischen Anforderungen) könnte z. B. die Entwicklung von Produkten oder Verfahren sein, die eine höhere moralische Akzeptanz aufweisen. Die Investition in gesellschaftliche Akzeptanz durch moralisches Verhalten dient langfristig dem Aufbau von Glaubwürdigkeitskapital.
Parallel könnte über eine ordnungspolitische Strategie versucht werden,
durch Interventionen bei der öffentlichen Hand und einer entsprechenden
Kommunikationspolitik auf eine Veränderung der punktuell defizitären
Rahmenordnung hinzuwirken; dies dann, wenn es dem Unternehmen
nicht gelingen sollte, die Kosten für moralisches Handeln durch Realisierung von Wettbewerbsvorteilen zu kompensieren.
In Fällen, die zu Quadrant 4 (d. i. der ökonomische Konfliktfall, d. h. die
Realisierung moralischer Anforderungen kann nur zulasten der Rentabilität erfolgen) passen, erscheint die ordnungspoltische Strategie angezeigt.
Dabei sind zwei Alternativen denkbar:
a) als direkte Einflussnahme auf die Politik bzw. ihre Repräsentanten, und
b) Initiativen zur kollektiven Selbstbindung an Integritätsregeln.
Ein weiteres Problem stellt die grundsätzliche Unsicherheit hinsichtlich der
Reaktion der anderen Marktteilnehmer dar. Ob sich moralisches Handeln
für das Unternehmen auszahlt oder ob der moralische Konflikt nur durch
Hinnahme eines ökonomischen Konflikts zu lösen ist, wird zu einem erheblichen Teil von der Reaktion der Marktteilnehmer mitbestimmt.
214
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
Moralisch korrekt agierende Manager werden daher im ökonomischen
Konfliktfall auch versuchen, Einfluss auf die Marktteilnehmer zu nehmen,
und zwar in der folgenden Form:
• An die Verantwortung der Konsumenten appellieren, Verständnis für
die Beachtung ethischer Standards zu haben und z. B. für faire Produkte
mehr zu zahlen und damit das „gute Gewissen“ als Zusatznutzen anzubieten; so kann der ökonomische Konfliktfall gelöst werden. Der Appell
muss aber glaubwürdig kommuniziert werden.
• Auch Mitarbeiter, Lieferanten und Kooperationspartner sollten eine
faire Behandlung durch das Unternehmen mit Loyalität, Vertrauen und
Engagement honorieren. Nur so können Mehrkosten durch Nutzen
kompensiert werden.
Neben Wettbewerbsstrategien sind vor allem Marktaustrittsstrategien von
praktischer Bedeutung: Obwohl sie im öffentlichen Bewusstsein oft als
Zeichen des Versagens der Führung gelten, sollte der Marktaustritt
Ergebnis eines proaktiven Desinvestitionsmanagements sein. Unternehmen ziehen sich immer wieder planmäßig aus bestimmten Geschäftsbereichen zurück, streichen Produkte aus ihrem Sortiment, geben bestimmte Produktlinien auf oder stellen Lieferungen in bestimmte Regionen
ein.
Ausschlaggebend ist i.d.R. das betriebswirtschaftliche Kalkül.
Der Rückzug kann aber auch das Ergebnis einer ethischen Güterabwägung sein. Als problematisch gilt der Marktaustritt aus ethischen Gründen
wegen der oft negativen Folgen für zahlreiche Stakeholder. Diese müssen
z. B. auf Gewinn verzichten, Arbeitsplätze gehen verloren, dem Staat fehlen Steuern, Kunden werden schlechter versorgt, Lieferanten
verlieren Kunden, usw.
Der Marktaustritt wird das Mittel der Wahl sein, wenn es z. B. um das
Einstellen der Produktion gesundheitsgefährdender Produkte geht oder
wenn man einen Markt verlässt, der durch grassierende Korruption gekennzeichnet ist.
Unternehmen sollten jede Anstrengung unternehmen, um Widersprüche zwischen Strategie und Kultur möglichst gering zu halten. Ist dies z. B.
wegen eines strukturellen Wandels in der Branche oder wegen ungenügender Leistungen nicht möglich, sollten die Maßnahmen so kombiniert
werden (d. h. Strategie bzw. Aktionsplan anpassen oder die Kultur beeinflussen), dass sich das Risiko eines Misfits auf akzeptablem Niveau halten
lässt (vgl. Lombriser/Abplanalp 2004, S. 352).
215
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
7.6
Personalpolitik
In den nächsten Punkten ist zu zeigen, weshalb die Individualmoral der
Führungskräfte und der Mitarbeiter für das Management der Verantwortung von entscheidender Bedeutung ist.
Dabei spielt das Prinzipal-Agent-Problem eine Rolle.
Unter dem Begriff Prinzipal-Agent-Problem wird in der Literatur das
Problem behandelt, dass Arbeitnehmer ihre Leistung vermindern können,
weil Arbeitgeber nicht jede ihrer Aktivitäten kontrollieren können. Der
Prinzipal beauftragt den Agenten in der Hoffnung, dass dieser seine Aufgabe im Sinne des Prinzipals erledigt. Er kann jedoch das Engagement
und/oder die Qualitäten seines Agenten nur mit Einschränkungen erkennen und sieht oft nur das Ergebnis seiner Bemühungen. Demgegenüber
hat der Agent einen Informationsvorsprung, da er das eigene Verhalten
selbst festlegen und beurteilen kann. Er kann diese Informationsasymmetrie zu Ungunsten des Prinzipals ausnutzen, wenn es seinen eigenen Zwecken dient. Aber auch ein Arbeitgeber verfügt über Exklusivwissen, das
er zu seinen Gunsten opportunistisch ausnützen kann (vgl. Picot et al. 2008,
S. 72 f.; vgl. Stierle 2008, S. 125 f.).
7.6.1
Führungsethik
Führungsethik (Managerethik) umfasst ethische Überlegungen der und
für die Führungskräfte, d. h. sie werden auf ihre moralische Verantwortung
angesprochen (vgl. Göbel 2010, S. 191). Es geht „… um die normativen
Grundsätze der Gestaltung der Beziehungen oder Relationen zwischen
Vorgesetzten und Mitarbeitern“ (Ulrich 1999, S. 230).
Im engeren Sinn beschäftigt sich Führungsethik mit der fairen und verantwortungsvollen Gestaltung der Beziehung zwischen Vorgesetzten und
Mitarbeitern. Vor allem die oben genannte Informationsassymetrie kann
hier schlagend werden. Wird die Zwangslage eines Arbeitnehmers ausgenützt, um Druck auszuüben, sodass dieser z. B. schlechteren Arbeitsbedingungen zustimmt, oder nützt die Führungskraft die schlechtere Informationslage eines Arbeitnehmers, um ihn über wesentliche Vertragsinhalte zu
täuschen, kommt trotz rechtgültigen Vertrags kein legitimes Führungs-Geführten-Verhältnis zustande.
Während Führungstechnik den Menschen als Ressource und Mittel zum
Zweck sieht, ist der Mensch unter führungsethischer Perspektive Person
und Subjekt (vgl. Maak/Ulrich 2007, S. 381). Mit anderen Worten: Ökonomisch gesehen ist der Mitarbeiter ein Produktionsfaktor zum Zweck der
216
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
Gewinnerzielung. Moralisch kann hingegen mit Kants kategorischem Imperativ gefordert werden, ihn eben nicht nur als Mittel, sondern zum
Zweck an sich und als Person mit Persönlichkeit zu sehen.
Sehr häufig ist im Wettbewerb die Scheinmoral anzutreffen, wonach
Mitarbeiter als wichtigste Ressource im Unternehmen beschworen werden,
tatsächlich aber, und oft bis zum Burn-out, „genutzt“ werden.
Ethisch-verantwortliches Führen verlangt von Führungskräften u. a.:
• Kommunikation zwischen mündigen Personen, statt Befehl und Unterordnung
• Motivierende Erklärungen statt Diktieren von Entscheidungen
• Offene, ehrliche und vollständige Information
• Anerkennung guter Leistungen
• Konstruktive Kritik unter vier Augen („audiatur et altera pars“)
• In geradliniger Weise und nachvollziehbar zu argumentieren
• Einen bestimmten Fehler einmal machen dürfen bzw. ihn bei anderen
akzeptieren, ihn als solchen erkennen und ihn nach Möglichkeit nicht
zu wiederholen.
Ethisch-verantwortliche Arbeitsbedingungen umfassen z. B.:
• Sinnstiftende, ganzheitliche Aufgaben
• Spielraum für Handlungen und Selbstverwirklichung
• Partizipation an Entscheidungsprozessen
• Selbstmanagement (vgl. Göbel 2010, S. 196).
Besonderes Augenmerk ist auf ein verantwortungsvolles Outplacement zu
richten. Outplacement bezeichnet die Trennung des Unternehmens von
einem oder mehreren Mitarbeitern, wobei das Unternehmen den ausscheidenden Mitarbeiter dabei unterstützt, den einen neuen Arbeitsplatz zu suchen (vgl. Olfert 2010, S. 449). Vor allem die psycho-emotionale Verarbeitung des Arbeitsplatzverlusts beim scheidenden Mitarbeiter wird in der
Praxis oft krass unterschätzt.
Solche oder ähnliche führungsethische Forderungen nach einer „guten
Personalführung“ werden in der Literatur schon seit langem erhoben (vgl.
z. B. Mayrhofer 2002, S. 286 f.)
Basis einer Führungsethik ist die persönliche Entscheidung der Führungskräfte, dem allgemeinen ethischen Prinzip folgen zu wollen, nämlich
Gutes zu tun. Sie sollen sich ihrer Verantwortung für den unternehmerischen Erfolg stellen, aber dabei immer auch auf die Folgen, Spät-Nebenfolgen und Rückwirkungen ihrer Entscheidungen für die Betroffenen und die
moralische Position des Unternehmens achten.
217
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
Ohne moralische Gesinnung der Führungskräfte bliebe das richtige Handeln aber auf die Fälle beschränkt, in denen es sich auch betriebswirtschaftlich „rechnet“. Entscheidend sind all jene Fälle, in denen Rentabilität
gegen das moralisch Verantwortbare steht (vgl. Ulrich 1999, S. 243 f.). Hier
sollte der Moral, also dem Guten, der Vorrang gegenüber dem Profitablen
eingeräumt werden (vgl. Göbel 2010, S. 200).
7.6.2
Mitarbeiterethik
Unternehmensethik muss auch von den Mitarbeitern gelebt werden. Zur
Loyalität der Mitarbeiter gegenüber Führungskräften bzw. Eigentümern
gehört vorrangig ein bestimmtes Arbeitsethos, d. h. sich in angemessener
und kollegialer Weise für die Erreichung der Unternehmensziele einzusetzen, wie vor allem:
• Fleißig, zuverlässig und gewissenhaft zu sein,
• auf Qualität und möglichst wenig Fehler bei der Arbeit zu achten,
• mit Betriebsmitteln sorgfältig umzugehen,
• Verbesserungsvorschläge zu machen,
• kein Mobbing zu betreiben, und
• Informationen nicht mit dem Ziel zurückzuhalten, sich dadurch Vorteile
zu verschaffen.
Zudem kann Mitarbeiterethik i. S. von Integrität vor allem in folgender
Hinsicht erwartet werden:
• keine „consumption on the job” (z. B. durch übermäßiges privates Telefonieren, privates Surfen im Internet),
• keine Veruntreuung von Firmenvermögen,
• keine Bestechlichkeit oder Bestechung,
• Kunden über die Qualität einer angebotenen Leistung nicht zu täuschen, und
• illegitime oder illegale Aktivitäten im Unternehmen nicht einfach hinzunehmen.
Besonders schwierig wird das moralische Handeln für den einzelnen Mitarbeiter, wenn er damit gegen seine eigenen Interessen verstoßen muss, z. B.
wenn offiziell erwartet wird, dass Fehler aufgedeckt werden, aber ein Mitarbeiter, der tatsächlich Unzulänglichkeiten moniert, dafür direkt oder indirekt bestraft wird.
Illegitime oder illegale Aktivitäten im Unternehmen gegenüber Vorgesetzten oder – falls das nichts ändert – der Öffentlichkeit aufzuzeigen, wird
218
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
als „Whistle Blowing“ (dt.: „Verpfeifen“, besser: „Hinweisgebersystem“) bezeichnet. Die Bewertung von Whistle Blowing ist sehr ambivalent. Einerseits handelt der Mitarbeiter gegen die Interessen u. a. von Führungskräften bzw. Kollegen, dem gegenüber stehen aber die durch die illegitimen
und illegalen Praktiken Geschädigten (z. B. Kunden, Patienten). Da der
Whistle Blower i.d.R. nicht beweisen kann, dass er eine Gewissensentscheidung getroffen hat, könnten ihm unlautere Motive wie Neid, Rachegelüste oder Profilierungssucht unterstellt werden. Sanktionen reichen von
der sozialen Ächtung bis hin zur erzwungenen Kündigung. Es erfordert
daher ein beträchtliches Maß an Mut und Zivilcourage, um unethische
Praktiken zur Sprache zu bringen (vgl. Hitt et al. 2009, S. 69 f.).
Es ist eine spezifische Ausprägung der Treuepflicht, dass der Arbeitnehmer ihm bekannt gewordene drohende Schäden oder Störungen des Arbeitsablaufs, die Nachteile für den Arbeitgeber zur Folge haben können,
selbständig anzuzeigen hat. Diese Informations- und Anzeigepflicht ist
grundsätzlich von der Position des Arbeitnehmers abhängig, wobei sie sich
mit steigender Position verstärkt. Dasselbe gilt für schwerwiegendere Verdachtsmomente. Bereits ein einfacher Mitarbeiter hat die Pflicht, ihm erteilte unzulässige Weisungen durch einen Vorgesetzten dem Arbeitgeber zu
melden (vgl. Brodil 2009, S. 1025).
Hinsichtlich des Principal-Agent-Problems geht es für Arbeitnehmer
darum, zunächst den Fit bzw. Misfit zwischen persönlicher Wertestruktur
und jener des Unternehmens zu prüfen, Auffassungsunterschiede zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer umgehend und offen zur Sprache zu
bringen, gegenüber dem Arbeitgeber loyal zu sein, sich dessen Vertrauen
durch klar kalkulierbares Verhalten einerseits und Ergebnisse andererseits
zu verdienen und Kontrollen als selbstverständliche Komponente in jedem
Prozess und als Aufgabe der Führung zu akzeptieren.
Weder externe Normen noch interne Anreiz- oder Kontrollsysteme können das individuelle Ethos der Mitarbeiter vollständig ersetzen, es geht um
den nicht endgültig reglementierbaren, aber verantwortungsrelevanten
und Werte-vollen Handlungsspielraum jedes Mitarbeiters. Dieses „Goodwill“-Potenzial der Mitarbeiter zu aktivieren, um mit ihnen dann die
sprichwörtlichen „Berge versetzen zu können“, ist die eigentliche Aufgabe
der Führungskräfte.
7.6.3
Personalauswahl
Die Auswahl und Aufnahme der richtigen und moralisch einwandfreien
Mitarbeiter und vor allem Führungskräften gilt als eine der bedeutendsten
219
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
und zugleich komplexesten Aufgaben im Unternehmen. Bedeutend, weil
sich Unternehmen und Mitarbeiter i.d.R. lange aneinander binden, und
komplex, da viele der gewünschten Eigenschaften des Bewerbers nur
schwer schon zu Beginn festgestellt werden können.
Damit werden nicht nur personelle Ressourcen akquiriert, sondern die
Entscheidung hat auch Kostenfolgen. Nicht nur die Gehalts-, Gehaltsnebenkosten und die freiwilligen Sozialaufwendungen werden in dieser
Phase fixiert, sondern es geht auch um die soft skills der Bewerber und um
Fragen wie z. B. den folgenden:
• Wie hoch können die Kosten eines falschen Führungsstils sein?
• Wie hoch werden die Kosten einer eigenwilligen, umständlichen, zeitraubenden usw. Kommunikation?
• Wie ist die „Chemie“ und die „Tugendlandschaft“ des/r „Neuen“ mit den
bestehenden Führungskräften und Mitarbeitern?
Diese Kosten sind Folgen der Rekrutierungsentscheidung, werden aber in
einer herkömmlichen Kosten- und Leistungsrechnung i.d.R. nicht sichtbar.
Alle Bemühungen, die moralische Qualität des unternehmerischen Handelns mit Hilfe von Verhaltensleitlinien und Kulturmanagement zu erhöhen, scheitern in der Praxis, wenn die Mitarbeiter und Führungskräfte individualethische Defizite aufweisen. Eine Entscheidung für Mitarbeiter und
besonders Führungskräfte, die aus Gründen des individuellen Ethos auf die
sittliche Orientierung achten, ist nicht nur für die Umsetzung der einer
moralisch fundierten Corporate Governance, sondern auch für den respektvollen Umgang miteinander im Tagesgeschäft, entscheidend. Opportunistische, vorrangig materiell orientierte und rücksichtslos agierende Führungskräfte sind mit Sicherheit auch ökonomisch für ein Unternehmen so
schädlich wie opportunistische, vorrangig materiell orientierte und rücksichtslos agierende Mitarbeiter.
Um Mitarbeiter zu rekrutieren und weiter zu entwickeln, die sich von
ihrer Haltung gut in das Unternehmen einfügen und es menschlich und
hinsichtlich der Kommunikationsfähigkeit bereichern, muss darauf geachtet werden, Persönlichkeitsmerkmale potenzieller Mitarbeitern mit den
ethischen Anforderungen der betreffenden Position abzustimmen. Die Bestellung der geeigneten Person setzt ein Anforderungsprofil voraus. Dann
muss das Persönlichkeitsprofil des Bewerbers möglichst exakt erfasst werden, um es mit dem Anforderungsprofil zu vergleichen.
Bei bestehenden Mitarbeitern muss darauf geachtet werden, Handlungsspielräume so zu gestalten, dass sie den Präferenzen der Angestellten
entsprechen und es ihnen ermöglicht wird, unter Einhaltung des Code of
Ethics ihre Fähigkeiten zu entfalten. Dies wirkt sich positiv auf deren Mo220
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
tivation aus (vgl. Olfert 2010, S. 281–290). Es ist essentiell, die Wertesysteme der Entscheidungsträger untereinander und sie mit dem Zielsystem
des Unternehmens abzugleichen. Divergenzen sind offen und umgehend
anzusprechen und auf konsensuale Lösungsmöglichkeiten zu untersuchen.
Nach einer Analyse von Stellenanzeigen für Führungskräfte in verschiedenen überregionalen Zeitungen kommt Schneider (1993, S. 82–86) zum
Schluss, dass moralische Aspekte bei der Formulierung von Anforderungsprofilen nur eine sehr geringe Rolle spielt. Es werden aber doch einige Eigenschaften gefordert, die eine sittliche Orientierung ansprechen, wie z.B.
Verantwortungsbewusstsein, Integrität oder Gewissenhaftigkeit.
7.6.4
Entgeltsysteme
Entgelt umfasst nicht nur die monetäre Honorierung der Tätigkeit, sondern
auch die immaterielle Komponente (Lob, Anerkennung, Status, interessante Aufgabe). Zu einem nicht unerheblichen Teil hängt die Beurteilung
von Mitarbeitern i.d.R. von der persönlichen Einschätzung und Wertschätzung durch den Vorgesetzten ab.
Moralität muss belohnt oder darf zumindest nicht bestraft werden: In
der Kritik stehen auch die Determinanten der Vergütung: Insb. Aktienoptionsprogramme führen dazu, dass Führungskräfte oft schon dann Prämien
erhalten, wenn der Aktienkurs steigt, selbst wenn die Leistungen des
Unternehmens zurückbleiben. Das fördert oft die Kurzfristorientierung.
Auch kann die Ankündigung von Kosteneinsparungen durch Kündigungen den Aktienkurs treiben. Dazu kommt, dass solche Kündigungen betriebswirtschaftlich oft gar nicht erforderlich sind, sondern nur das Gewinnniveau weiter steigern.
Es hieße, die Moralität des Einzelnen stark auf die Probe zu stellen,
wenn der Ehrliche bzw. Verantwortungsbewusste letztlich der Dumme wäre. Was nutzt das Bekenntnis zum Verzicht auf Korruption, wenn derjenige
befördert wird, der mithilfe von Bestechung den größten Auftrag an Land
zieht? Oder wenn der Manager, der im Einklang mit den öffentlichen Bekenntnissen zur Nachhaltigkeit Umweltschutzinvestitionen vornimmt,
wegen der hohen Abschreibungskosten gerügt wird? Das führt à la longue
zu einer Erosion der moralischen Gesinnung und zur Bestätigung der Tatsache, dass Opportunismus gewinnt. Das wäre das falsche Signal.
Eine Erhöhung des Objektivitätsgrads der Beurteilung, die ja i.d.R. auf
nicht quantifizierbaren persönlichen Eindrücken beruht, ist durch die Einbeziehung mehrerer Urteile möglich, wenn nicht sogar geboten, so z. B. des
221
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
direkten Vorgesetzten, von Kollegen, externen und internen Kunden,
durch wichtige Stakeholder und durch den zu Beurteilenden selbst.
Was honoriert wird, wird auch gemacht. Daher müssen ethische Gesichtspunkte auch konsequent in die Leistungsbeurteilungs- und Honorierungssysteme integriert werden. Entgeltsysteme sollten grundsätzlich mehr
normative und strategische Kriterien umfassen. Heute überwiegt noch die
Konzentration auf operativen und damit eher kurzfristig beeinflussbaren
Faktoren.
Sinnvoll erscheinen Vergütungsschemata, die
• der Erzielung nachhaltiger Ergebnisse höheren Wert als der Erzielung
hoher Gewinne auf kurze Sicht und auf Kosten der Erfolgspotenziale
einräumen
• die Art der Entstehung der Ergebnisse unter moralischen Aspekten beurteilen, und die
• den Wert einer integren Unternehmensführung hoch gewichten, und
• als System gerecht und transparent gestaltet sind.
In Umsetzung der EU-Vergütungsempfehlung 2009 sieht der Entwurf des
ÖCGK 2010 vor, dass die Vergütung von Vorständen auch variable Vergütungsbestandteile umfassen soll. Diese sollen insb. an nachhaltigen (d. h.
für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren) und auch nicht-finanziellen Leistungskriterien anknüpfen und nicht zum Eingehen unangemessener Risiken veranlassen (vgl. www.wienerboerse.at 2010).
Auch § 39b BWG und die Arbeiterkammer fordern in ihrer jüngsten
empirischen Untersuchung ein auf Nachhaltigkeit zielendes Vergütungsschema (vgl. www.arbeiterkammer.at 2010).
7.6.5
Personalentwicklung
Eine moralorientierte Personalentwicklung muss das Spannungsverhältnis
Mensch – Führungskraft thematisieren. Es muss klar werden, dass die
Moral in der Praxis nicht etwas vom Wirtschaftshandeln zu Trennendes ist
und dass Wirtschaftsakteure nicht im moralfreien Raum agieren (vgl. Göbel
2010, S. 253). Ziel der moralischen Persönlichkeitsentwicklung sollte das
Erreichen eines prinzipienorientierten Bewusstseins sein, das sowohl das
unkritische Unterordnen unter Konventionen als auch bloße Nützlichkeitserwägungen hinter sich lässt (vgl. Maak/Ulrich 2007, S. 480).
Eine Ethik-Aus- und Weiterbildung des Personals gehört zu den sehr
häufig genannten Maßnahmen in der Umsetzung der Unternehmensethik
(vgl. z. B.: Crane/Matten 2007, S. 146 f.; vgl. Noll 2002, S. 142 f.). Wichtiges
222
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
Entwicklungsziel ist die Steigerung der moralischen Kompetenz als Teilbereich der sozialen Kompetenz.
Wie schon erörtert, umfasst die moralische Kompetenz vier Teilkompetenzen:
• Moralische Sensibilität: Zur Stärkung der kognitiven Komponente ist
z. B. die Diskussion über Inhalte des Leitbilds sinnvoll. Zur Stärkung der
affektiven Komponente eignen sich Diskussionen über Fälle, in denen
sich verschiedene berechtigte Ansprüche gegenüberstehen (Dilemmata),
oder Rollenspiele.
• Moralische Urteilskraft: Gefördert werden sollte das Interesse, sich von
der Fremdvorgabe von Normen zu lösen und zu einem eigenen Urteil
und Ethos zu kommen.
• Moralische Motivation: Zu fördern ist die moralische Gesinnung.
• Verständigungskompetenz: Hier sind Konfliktfähigkeit und Diskussionsbereitschaft zu fördern. Die Teilnehmer müssen z. B. schon mit dem Willen zur Offenheit, Ehrlichkeit und mit einer Konsensorientierung in den
Diskurs eintreten.
Zur moralischen Kompetenz gehört auch die Fähigkeit zur Rollendistanz:
Aufgezeigt werden kann die praktische Bedeutung moralischer Aspekte betriebswirtschaftlicher Entscheidungen insb. über Fallstudien aus der Praxis.
Zur besseren Vermittlung zwischen den Bereichen Ethik und Betriebswirtschaft sollte auch auf die zahlreichen direkten bzw. indirekten („Umwegrentabilitäten“) ökonomischen Vorteile einer angewandten Unternehmensethik hingewiesen werden. Es muss auch klar gemacht werden, dass der
wirtschaftliche Vorteil ein positiver Nebeneffekt des moralischen Handelns,
nicht aber sein zentrales Ziel ist (vgl. Göbel 2010, S. 260).
Waibl nennt folgende Entwicklungsrichtungen (vgl. Waibl 2005, S. 14–16):
• Entwicklung von moralischem Sinn. Aus ethischer Sicht kommt es darauf an, die moralisch richtigen Dinge richtig zu tun.
• Entwicklung von Gespür für das moralische Gewicht von Problemen
• Entwicklung von Einfühlungsvermögen (Empathie: von sich selbst abstrahieren)
• Entwicklung der Fähigkeit, moralische Konfliktsituationen rechtzeitig
und klar als solche zu erfassen
• Entwicklung der Fähigkeit, Probleme umfassend zu evaluieren, d. h. von
verschiedenen Gesichtspunkten aus zu betrachten
• Entwicklung der Fähigkeit, konstruktive Lösungen zu entwerfen
• Entwicklung der Fähigkeit, Handlungsfolgen abzuschätzen
• Entwicklung von Augenmaß für das Mögliche und Angemessene
• Entwicklung von Selbstkritik und Urteilsvermögen.
223
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
7.7
Organisationsstruktur
Im Verhalten kommt es auf die persönliche Absicht (Gesinnung) und die
Bereitschaft und Fähigkeit an, alle Folgen einer Entscheidung abzuwägen
und zu berücksichtigen. Verantwortung beinhaltet neben der Leistungsauch die moralische Perspektive. Die funktionale Arbeitsteilung verstärkt
aber die Tendenz, die Folgen des Handelns nur partiell zu erkennen.
Empfehlungen zum Abbau organisatorischer Barrieren basieren hauptsächlich auf der Idee einer Re-Integration iS, dass in Prozessen Teilaktivitäten wieder zusammengeführt werden und Selbstabstimmung, Job Rotation, flache Hierarchien u. a. forciert werden. Hier ist auf die zahlreichen
Vorschläge in der personalwirtschaftlichen Literatur zur Humanisierung
der Organisation bzw. der Arbeitsbedingungen zu verweisen (vgl. z. B.
Wunderer/Jaritz 2006, S. 228–234).
Zur vollinhaltlichen Umsetzung ethischer Aspekte bedarf es der aufbauorganisatorischen Unterstützung für Top Management und normatives
Controlling in Gestalt eines Ethik-Beauftragten, eines Compliance Managers oder eines „Ethics Officers“. Seine Aufgaben sind vor allem (vgl.
Maak/Ulrich 2007, S. 502):
• Compliance in Bezug auf externe Normen und auch hinsichtlich Einhaltung von Selbstbindungsmaßnahmen
• Prävention, Analyse von moralischen Risiken bzw. von tatsächlichen
Fällen moralischen Fehlverhaltens
• Schlichtung bei auftretenden Problemen oder Konflikten (als Ombudsperson). In dieser Funktion soll er bzw. sie Hemmschwellen in der
Kommunikation abbauen und offen sein für Stakeholder-Anliegen, sie
soll Konflikte abfangen, bevor sie eskalieren.
• Training zur ethischen Weiter- und Kompetenzbildung
• Diskussion mit internen und externen Stakeholdern
• (Weiter-)Entwicklung der normativen und ethischen Position im Unternehmen.
In der Praxis herrscht oft die Meinung, die entsprechenden Aufgaben könnten von den Führungskräften selbst übernommen werden. Dem entgegen stehen aber zeitliche Kapazitätsdefizite bzw. das fehlende Spezialwissen.
Andererseits besteht oft die Gefahr, dass ein Einzelbeauftragter oder eine
Stelle den Eindruck erwecken könnte, nur diese(r) sei für Ethik zuständig,
alle anderen bräuchten sich daher darum nicht mehr zu kümmern.
Es sollte auch weder eine Alibi-Funktion noch als „Moralpolizei“ (Maak/
Ulrich 2007, S. 500) fungieren, sondern die Einrichtung bzw. (Weiter-)
224
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
Entwicklung normativer Fragestellungen vorantreiben und professionalisieren.
Der gesetzliche Zwang zur Etablierung bestimmter Beauftragter, wie
z. B. im Bereich der Geldwäsche, ist aber ein Indiz für eine erhoffte positive
Wirkung einer eigenen Stelle: Ein Mitarbeiter kann mit seinem (Whistleblower-)Anliegen, z. B. einem Korruptionsverdacht oder dem Verdacht auf
Untreue, zu einer neutralen Person kommen und hat bessere Chancen, gehört und ernst genommen zu werden, als wenn er sich an seinen Vorgesetzten wenden würde (vgl. Göbel 2010, S. 270–277). Ist das intern nicht
möglich, könnte auch eine externe Stelle, z. B. ein Rechtsanwalt, diese
Funktion übernehmen.
Zu diesen aufbauorganisatorischen Überlegungen kommen noch zwei
erforderliche Änderungen in der Prozessorganisation:
• Geschäftspartner-Due Diligence: Gemeint ist ein systematisches
Screening von Geschäftspartnern auf ihre Integrität, Glaubwürdigkeit
und vertrauensbildende Maßnahmen. „Red flags“ wären z. B. Nebenfunktionen und damit Interessenskonflikte des Geschäftsführers einer
ausländischen Konzerntochter oder die Weigerung eines Kunden oder
eines Lieferanten, seine Eigentümerstruktur offenzulegen.
• Erhöhung des Stellenwerts von Prozessen im Zusammenhang mit dem
IKS durch Workshops, vor allem zur Stärkung des Problembewusstseins
und zur Durchsprache tatsächlich passierter Fälle („Könnte so etwas
auch bei uns passieren?“). Vor allem bedarf es regelmäßiger Audits, ob
die Bestimmungen des IKS auch tatsächlich eingehalten werden bzw.
wurden bzw. warum das nicht der Fall ist bzw. war.
7.8
Zusammenarbeit zwischen dem normativen Controlling und
anderen Stellen bzw. Funktionsträgern
Die Einrichtung eines normativen Controllings bedarf neben der Unterstützung durch die Personalpolitik und die Aufbau- und Prozessorganisation auch der systematischen, strukturierten Zusammenarbeit zwischen
dem normativen Controlling und vor allem den folgenden Stellen:
• Führung
• Aufsichtsorgan
• Interne Revision
• Risikomanagement
• Compliance Management bzw. Ethics Officer.
Dazu im einzelnen:
225
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
Führung
Die Aufgabenteilung zwischen
und normativem
$ $ normativem Management
$
Controlling kann wie folgt detailliert werden (vgl. Abbildung 44 und 45):
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Abb. 44
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$ Quelle: Eigene Darstellung
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Abb. 45
226
Quelle: Eigene Darstellung
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
Zur Erhöhung der moralischen Qualität der Führung bedarf es neben
dem ökonomischen Kalkül der systematischen Anwendung und Beherzigung ethischer Prinzipien und Regeln.
In der Literatur finden sich zahlreiche (fundamental-)ethische Grundsätze, wie vor allem die nachstehenden (vgl. Reimer 2005, S. 56; vgl. Thommen/Achleitner 2006, S. 1048; vgl. Waibl 2005, S. 60 und 188; vgl. Hemel
2007, S. 107):
• Der kategorische Imperativ Kants: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die Du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde!“
• Das Postulat der Biophilie (Lay): „Handle so, dass Du das personale (soziale, emotionale, musische, sittliche, religiöse) Leben in dir und anderen eher mehrst denn minderst oder verkürzst!“
• Goldene Regel: „Was Du nicht willst, dass man Dir tu’, das füg’ auch
keinem anderen zu!“
• „Primum non nocere“ („Zumindest dem Patienten nicht schaden!“) in
der Medizin; warum soll dieser Grundsatz nicht auch im Unternehmen
gelten?
• „Das tut man nicht!“ bzw. „Lügen haben kurze Beine!“ bzw. „Ehrlich
währt am längsten!“ als einfache, aber tiefgründige Alltagsregeln.
Wesentlicher Vorteil dieser Grundsätze ist der Ausdruck ethischer Werte,
der große Nachteil aber ist die hohe Abstraktheit, aufgrund derer im konkreten Anwendungsfall ein solcher Grundsatz erst umfangreich bzw. langwierig interpretiert und die konkrete situative Anwendbarkeit überlegt
werden muss („Was heißt das auf unseren Fall bezogen?“).
Daher bedarf es zusätzlicher, konkreter Regeln zur Güter- bzw. Übelabwägung, wie vor allem folgender (vgl. Laubach 2000, S. 268–275; vgl.
Korff 1979, S. 68–74):
• Feststellung, ob ein ethisches Dilemma vorliegt bzw. welche Konstellation gegeben ist
• Umfassende, gründliche und systematische Analyse der geltenden Umfeldbedingungen (insbesondere der rechtlichen und der ethischen Anforderungen) sowie die Berücksichtigung der öffentlichen Meinung
• Umfassende, gründliche und systematische Auseinandersetzung mit
Pro- und Contra-Argumenten, Interessen („cui bono“? Wem nützt es?),
Motiven und Werten der Betroffenen/Betreffenden
• Systematische Entwicklung von Handlungsalternativen
• Umfassende, gründliche und systematische Entwicklung der direkten
und indirekten, der unmittelbaren und der später einsetzenden sowie
227
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
•
•
•
•
•
•
der sicheren, wahrscheinlichen und möglichen Folgen der einzelnen
Handlungsalternativen auf Unternehmen und Stakeholder
Fundamentalere Güter und Werte haben Vorrang vor weniger wichtigen, z. B. Arbeitssicherheit geht vor Zeitersparnis im Arbeitsprozess.
Nachhaltigkeit hat Vorrang vor Kurzfristdenken.
Das legitime Interesse einer Stakeholdergruppe soll Vorrang haben vor
dem legitimen Interesse einer anderen Stakeholdergruppe, wenn das der
ersteren voraussichtlich gravierendere Folgen für das Unternehmen hat.
Im Konfliktfall ist c.p. zugunsten der Mehrheit der Stakeholderinteressen zu entscheiden.
Entscheidungen mit reversiblen Folgen sind solchen mit irreversiblen
Folgen vorzuziehen.
Bei unvermeidlichen Übeln ist das kürzer dauernde dem länger dauernden vorzuziehen.
Solche Grundsätze und Regeln können dem für eine Entscheidung Verantwortlichen die Abwägung zwischen Gütern bzw. Übeln zwar nicht abnehmen, liefern aber doch wertvolle Anhaltspunkte für ein Agieren i. S. der
angewandten Unternehmensethik und für ein Austarieren und Ausbalancieren der unterschiedlichen, oft höchst heterogenen und überdies komplexen und im Zeitablauf veränderlichen Ansprüche und Interessen einzelner Stakeholder.
Aufsichtsorgan
Aufsichtsorgane wie z. B. Aufsichts- oder Verwaltungsrat überwachen die
Tätigkeit der Führung. Diese Aufgabe haben die Mitglieder dieser Gremien
ernst zu nehmen, das ist bereits eine Frage des Arbeitsethos. Hinzu kommen grundsätzliche Anforderungen an eine qualitativ hochwertige Aufgabenerfüllung, wie insbesondere
• Unabhängigkeit,
• Objektivität,
• Commitment,
• Annahme nur einer bewältigbaren Anzahl von Aufsichtsratsmandaten,
und
• der Komplexität der Aufgabe angemessener Sachverstand.
Maak/Ulrich (vgl. 2007, S. 233) nennen weitere Prinzipien, denen die Arbeit des Aufsichtsorgans genügen sollte:
• das (kritische) Loyalitätsprinzip, um im besten Interesse des Unternehmens zu handeln.
• Das Fürsorgeprinzip, d. h. sich über das Unternehmen so zu informieren,
dass verantwortbare Entscheidungen getroffen werden können.
228
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
• Nachhaltigkeitsprinzip, wonach Entscheidungen den strategischen Zielen des Unternehmens und den Interessen möglichst vieler Stakeholder
dienen sollen.
Auch Aufsichtsratsmitglieder haben sich vor jeder Entscheidung folgende
entscheidende Frage zu stellen: Würden Sie die Entscheidung/-en auch so
treffen, wenn es nicht um das Geld des Unternehmens, sondern um Ihr
eigenes ginge?
Überwachung ist aber auch eine Aufgabe des Controllings. Dennoch
dürfen Aufsichtsrat und Controlling nicht hinter dem Rücken der Geschäftsführung agieren, sondern es geht darum, transparent, offen und
unter einander abgestimmt die Aufgaben im jeweiligen eigenen Wirkungsbereich zu erfüllen.
Interne Revision
Die optimale Erfüllung der Rollen von Controlling und interner Revision
erfordert eine enge Kooperation. Die Zusammenarbeit kann wie folgt skizziert werden:
• Controller unterrichten die internen Revisoren über Mängel im IKS, die
bei Prüfungen des Controllings festgestellt wurden, sowie über Verdachtsmomente bezüglich Malversationen (Missmanagement oder doloser Handlungen) und können somit Sonderprüfungen veranlassen.
• Die interne Revision berät sich bei der Prüfungsplanung mit dem Controlling über Schwerpunkte ihrer Prüfung.
• Prüfungen der internen Revision münden in Verbesserungsvorschlägen,
jedoch sind diese i.d.R. wegen der unregelmäßigen Revisionstätigkeit,
dem oft großen zeitlichen Abstand zwischen Audit und Follow-up (Folgeprüfung) und der oft langwierigen Umsetzung nicht für Regelungsmaßnahmen geeignet. Hier sollte Controlling die interne Revision
unterstützen.
• Controlling ist selbst Prüfungsgegenstand der internen Revision (z. B.
Prüfung auf Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit, etc.).
• In Unternehmen, in denen aufgrund ihrer geringen Größe eine interne
Revision als eigene Stelle wirtschaftlich keinen Sinn macht, kann Controlling die wichtigsten Überwachungsfunktionen der internen Revision
übernehmen.
Risikomanagement
Berührungspunkt der Zusammenarbeit ist die Einrichtung bzw. Weiterentwicklung eines gezielten Risikomanagements, nämlich mit dem Fokus auf
229
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
Schwachstellen im IKS und auf Risiken für Missmanagement und dolose
Handlungen.
In Bezug auf Korruption zielt Risikomanagement z. B. auf Gefahrenquellen wie Bevorzugung bestimmter Lieferanten, Überfakturierung durch
Lieferanten, Verkäufe unter Wert, intransparente Forderungsabschreibung,
Verstoß gegen das Konkurrenzverbot (§ 7 Abs. 1 AngG), Umgehung von
Regeln zur Zahlungsfreigabe, „schwarze Kassen“ oder die Manipulation
von Ausschreibungen.
Während in einer Untersuchung 14 % wirtschaftskrimineller Handlungen durch Risikomanagementmaßnahmen aufgedeckt werden, sind es nur
7 % durch Whistle-blowing (vgl. www.pwc.com 2009).
Compliance Management
Compliance ist ebenso wie Controlling eine Funktion zur Überwachung
des Unternehmensgeschehens (vgl. Lühn 2009, S. 233).
Die gegenseitige Abstimmung der Aufgaben zwischen Compliance und
Controlling bezieht sich
• einerseits auf die Formulierung interner Normen auf Basis der und in
Abstimmung mit externen Normen und
• andererseits auf die Einhaltung von externen Normen (durch Compliance bzw. durch Stellen in der Rechtsabteilung) und von internen Normen (durch Controlling).
Compliance Management kann die Frühaufklärungsfunktion des normativen Controllings verstärken, da es i.d.R. frühzeitig Informationen über
Normierungsvorhaben im legistischen Bereich an das Controlling weitergeben kann bzw. sollte, worauf dieses i. S. eines „vorauseilenden Gehorsams“
mit Vorschlägen zur Anpassung der entsprechenden internen Normen reagieren kann.
Ethics Officer
Hier ist ebenfalls eine enge Kooperation mit dem Controlling zu etablieren:
• Ein Ethics Officer wird vor allem den Stakeholder-Dialog initiieren, koordinieren und pflegen.
• Das Controlling werden die Erkenntnisse der Analysen des Ethics Officers interessieren.
• Der Ethics Officer wird das normative Controlling auch bei der Moderation von Workshops zu normativen Fragstellungen unterstützen bzw.
diese federführend bestreiten.
• Und das normative Controlling wird entlastet bei der Weiterentwicklung
z. B. der „Werte- und Tugendenlandschaft“ im Unternehmen.
230
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
7.9
Lessons learned
Die Umsetzung normativer Inhalte bedeutet das aktive Ergreifen von Maßnahmen, die das Scheitern der Verwirklichung normativer Konzepte systematisch zu verhindern suchen.
Damit normatives Management und normatives Controlling nicht nur
Konzepte und theoretisches Konstrukt bleiben, muss das Management
• Vision,
• Mission,
• moralische Grundsätze,
• Werte und Tugenden,
• Unternehmenskultur,
• Leitbild und
• sonstige interne Normen
als Soll möglichst realistisch konzipieren, verständlich formulieren, die
Normadressaten intrinsisch motivieren und die Umsetzung so konsequent
steuern, dass die Normen auch eingehalten und gelebt werden. Als Unterstützung dazu sollte es sich des normativen Controllings bedienen, wenn
Bedarf danach besteht.
Die Einführung des normativen Controllings im Unternehmen ist eine
organisatorische Innovation. Innovationen bedürfen als conditio sine qua
non zu ihrer erfolgreichen Realisierung der ungeteilten Unterstützung
durch das Top Management.
Im Mittelpunkt der Umsetzung des normativen Controllings stehen vor
allem Begleitmaßnahmen im normativen Bereich, im strategischen Management und durch die Personalpolitik.
Die Einführung des normativen Controllings sollte jedenfalls konzeptgesteuert erfolgen. Die Umsetzung sollte dabei folgende Elemente umfassen:
• Im Wertemanagement geht es um die bewusste Gestaltung der Werthaltungen und Wertekataloge der einzelnen Mitarbeiter und Führungskräfte.
• Es ist ein Ethikkodex (Code of Ethics) zu entwickeln. Er soll Standards,
Richtlinien und Werte als verbindliche Rahmenbedingungen für individuelles und institutionelles Handeln enthalten, an die sich alle Mitarbeiter im Unternehmen zu halten haben und die die Zusammenarbeit
untereinander und mit Außenstehenden wie Lieferanten, Behörden
usw. definieren.
• In einem ethikorientierten strategischen Management ist es für die moralische Bewertung von zentraler Bedeutung, ob die strategischen Entscheidungen in der konkreten Situation mit einer auf Nachhaltigkeit angelegten und auf Konsens ausgerichteten Moral vermittelt werden, d. h.
231
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
ob sich das Unternehmen in der Wahl der Strategien um die Vermittlung
der Interessen aller Betroffenen bemüht oder nicht.
• Auch in der Personalpolitik ist auf eine ausgewogen ökonomisch-ethische Handhabung zu achten; das gilt insb. für Personalauswahl, -entwicklung, -vergütung sowie für den Führungsprozess.
Bei der Umsetzung des normativen Managements und des normativen
Controllings sind ethische Grundsätze, wie z.B. der kategorische Imperativ
Kants, und Regeln zur Güter- bzw. Übelabwägung, wie z.B. Nachhaltigkeit
hat Vorrang vor Kurzfristdenken, beachtenswert.
Das normative Controlling wird i.d.R. nicht die einzige beratende Stelle
des normativen Managements sein; Kontakt- und Abstimmungsbedarf bestehen vor allem mit den folgenden Stellen:
• Aufsichtsorgan
• Interne Revision
• Risikomanagement
• Compliance Management
• Ethics Officer.
7.10
Learning by doing
A 7.1
Einige Institutionen bieten an, Unternehmen bei der Formulierung ethischer Verhaltensleitlinien zu unterstützen. Worauf ist bei solchen Dienstleistungsangeboten zu achten?
A 7.2
Im Zuge einer Organisationsänderung wurde eine Holding eines internationalen Konzerns, die als Ebene zwischen operativen Gesellschaften und
der Konzernholding fungierte, aufgelöst und die in ihr tätigen drei Mitarbeiter und ihr Vorgesetzter gekündigt. Die aus der Konzernzentrale angereiste zuständige Führungskraft fand es nicht für nötig, mit den ausscheidenden Mitarbeitern ein Gespräch zu führen, sondern delegierte dies an
den Vorgesetzten der drei Mitarbeiter. Wie sehen Sie das aus moralischer
Sicht?
A 7.3
Kommentieren Sie bitte den folgenden Spruch: „Wenn etwas erfolgreich
war, war es der Chef. Wenn etwas danebenging, waren es die Mitarbeiter.“
232
Umsetzung der normativen Managementaufgaben
A 7.4
Bitte recherchieren Sie im Internet über das Kulturmanagement im Fall
der Fusion zwischen
Daimler-Chrysler!
A 7.5
Bitte analysieren Sie den Code of Ethics von drei ATX- bzw. DAX-Unternehmen Ihrer Wahl.
Welche Besonderheiten, Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede fallen Ihnen
auf?
233
8
Zusammenfassung und Ausblick
Die Beschäftigung mit Ethos, Moral und Ethik zeigt, welche Mächtigkeit
und welchen Erkenntnisreichtum Ethik als Lehre vermitteln kann, und
dass viele Teilgebiete und -aspekte der Ethik berücksichtigt werden müssen, um zu relevanten Aussagen für eine moralische Unternehmensführung zu kommen. Vor allem drängt sich die folgende Einsicht auf: Kein
Verhalten, auch nicht im Kontext von Management und Controlling, ist
ohne Rekurs auf ethische Grundsätze durchgängig verständlich bzw. interpretierbar.
Die Zeit erscheint reif, Ethik als Führungsthema ernster zu nehmen als
dies in der Praxis bisher geschah. Ethik ist daher auch ein Thema für Controlling. So wie
• operatives Controlling die operative Führung und
• strategisches Controlling die strategische Führung
ergänzen, bietet sich das normative Controlling zum Zweck der Ergänzung,
Entlastung und Professionalisierung des normativen Managements an.
Unter Norm verstehen wir im vorliegenden Kontext: Vision, Mission, Werte, Tugenden, Unternehmenskultur, Leitbild und weitere interne unternehmenspolitische Regelungen, wie z.B. einen Ethik-Kodex.
Normatives Management bedeutet aktive Unternehmenspolitik, es geht
um policies und um politics, um Sinngebung und um das Sichern der Sinnverwirklichung.
Die grundsätzliche Entscheidung der normativen Führung ist jene über
die Seite der Wertemedaille (vgl. Abb. 4), die das Verhalten im Unternehmen und zwischen Unternehmen und Umfeld bestimmen soll; ob also im
Unternehmen Vertrauen und Glaubwürdigkeit oder eine von Misstrauen
geprägte Kontrollkultur die Unternehmenskultur bestimmen.
Ziel des normativen Controllings ist, die normative Führung bei der Entwicklung bzw. Stärkung der moralischen Fortschrittsfähigkeit des Unternehmens, seiner Akteure und der internen Stakeholder zu unterstützen.
Dabei ist auf die untrennbare Verquickung von Moral einerseits und den
normativen, strategischen und operativen Entscheidungen andererseits
hinzuweisen.
Als Aufgaben des normativen Controllings im integrierten normativen
Konzept wurden folgende vorgestellt:
• Analyse, Reflexion und Sparring
• Innovation
• Information
• Planung
234
Zusammenfassung und Ausblick
• Überwachung und
• Koordination.
Warum soll das aber ein normatives Controlling machen? Gibt es für solche Aufgaben nicht ohnehin eine Human Relations- bzw. eine Compliance-Stelle im Unternehmen? Reicht dafür nicht eine Ethik-Ombudsstelle?
Soll also der Controller nicht besser den Schuster, der „bei seinem Leisten“
(Budgetierung, Kennzahlen, Soll-Ist-Vergleiche, Reporting, hin und wieder
strategische Analysen, u.a.) bleibt, spielen? Auf Basis der Überlegungen in
diesem Buch lautet die Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: NEIN.
Denn aufgrund des ihm von der Literatur und in der Praxis zugeschriebenen analytischen Denkens und seiner Zahlenaffinität, aber zunehmend
auch aufgrund der immer stärker geforderten Kreativität kann das normative Controlling als interner „Think-tank“ einen wertvollen Beitrag leisten,
um das normative intellektuelle Kapital (NIK) im Unternehmen, d.h.
• Vision und Mission
• Normen
• Werte
• Tugenden und
• Unternehmenskultur,
zu thematisieren, diese Elemente als intangibles und als Erfolgspotenziale zu
begreifen, zu erfassen, zu operationalisieren, qualitativ zu bewerten, und
so für die normative Führung gestalt- und managebar zu machen. Controlling kann sich so zum Balanced Controlling entwickeln, d.h. zur Integration von operativem, strategischem und normativem Controlling.
So wie es einen positiven Vorsteuerungszusammenhang zwischen strategischem und operativem Management gibt, gibt es ihn auch an zwischen normativem, strategischem und operativem Management. Die aufgrund der genannten empirischen Befunde vorläufig bestätigte Hypothese dazu lautet:
Je mehr es der normativen Führung gelingt, Werte, eine positive Grundhaltung und Kultur und eine vorbildhafte Moral aller Führungskräfte und
Mitarbeiter zu schaffen und zu fördern, umso eher stellen sich strategischer
Erfolg (d.h. die zielentsprechende Umsetzung der Strategien), operativer
Erfolg (definiert z.B. als EGT, EBIT, ROI) und finanzieller Erfolg (gemessen
z.B. am Cash flow) ein.
Das normative Synergiepotenzial kann dabei auf rund 20 % oder rund
100 Minuten pro Acht-Stunden-Arbeitstag geschätzt werden; so hoch sind
die Folgen destruktiven persönlichen Verhaltens, gemessen in Zeit aufgrund der Ablenkung eines Mitarbeiters von den eigentlichen Aufgaben
infolge von Demotivation, innerer Kündigung oder Konflikten.
235
Zusammenfassung und Ausblick
Als Instrumente des normativen Controllings wurden folgende genannt
bzw. entwickelt:
• Normen-Check
• Moral-Check
• Werte- und Tugend-Check
• Kulturprofil-Check
• Stakeholder-Analyse
• Normative Bilanz
• Leitbild-Check
• Normativer Plan
• Normative Kennzahlen
• Bericht über normative Sachverhalte, insb. im Rahmen des Strategic
Advantage Reportings.
Diese Instrumente sind – mit Ausnahme des Kulturprofil-Checks und des
Werteprofils – neu und als Vorschläge für die weiterführende Diskussion
um das normative Controlling in Theorie und Praxis gedacht.
Aber die im vorliegenden Buch diskutierten unternehmensinternen
Normen, Vorzugsregeln, Appelle und Instrumente oder das Beschwören
der Institutionen (insb. Politik, Rechtssetzung und Rechtsprechung, Kirche) als Hüter der Moral sind in der heutigen, von wirtschaftlichen Interessen dominierten Gesellschaft wirkungslos, weil letztere dieser ihrer Funktion oft einfach nicht gerecht werden.
Es reicht auch nicht, die Unternehmen als „Orte der Moral“ in die
Pflicht nehmen zu wollen, gemäß einem Ausspruch, der Drucker zugeschrieben wird: „Whenever an institution malfunctions as … board of directors have in nearly every major fiasco of the last 40 or 50 years, it is futile to blame men. It is the institution that malfunctions.“
Es ist zu akzeptieren, dass die letztgültige Instanz der Grundsatzentscheidung: „Gut oder böse“ der bzw. die Einzelne, sein bzw. ihr Ethos und sein
bzw. ihr Gewissen ist und bleibt. Diese höchstpersönliche Verantwortung
vor sich selbst ist nicht wegschiebbar. Und dies gilt im modernen Unternehmen für alle Akteure, vor allem aber für jene im Top Management, sprich in
Aufsichtsorganen, Geschäftsführung, und für deren Support-Stellen.
So gesehen kann jedes Bemühen um organisatorische Vorkehrungen,
Kennzahlen oder Prävention vor Unternehmenskriminalität u.s.w. nur als
Versuch und Stückwerk verstanden werden, um dem Integren in der Führungskraft bzw. im Mitarbeiter zum Durchbruch zu verhelfen.
Eine moralisch richtige, legitime Unternehmensführung wird neben Effektivität und Effizienz zu einem dritten, gleichberechtigten Maßstab für
Führungsverhalten werden.
236
Zusammenfassung und Ausblick
Das normative Controlling muss dieses Bewusstsein professionell und
systematisch vertreten. Es bleibt damit aber nicht allein. Neben der Unterstützung durch eine professionelle Personalpolitik und ggf. auch externer
Berater bedarf es der Zusammenarbeit zwischen normativem Controlling
und
• Normativer Führung
• Aufsichtsorgan
• Interner Revision
• Risikomanagement
• Compliance Management
• Ethik-Stelle.
Dort, wo Führungskräfte diesen Prozess der laufenden Güterabwägung
und Prüfung von Vorhaben auf ihre Legitimierung durch die Mehrheit der
betroffenen Stakeholder – zum Wohle des Unternehmens, nicht unbedingt
zu ihrem eigenen Wohl – mit kompetenter Unterstützung gestalten wollen,
kann das normative Controlling am besten seinen Beitrag leisten. Vom
Konzept her ist die Idee des normativen Controllings fraglos auch im EinPersonen-Unternehmen umsetzbar.
Da Sachverhalte selten so eindeutig zu beurteilen sind, wie es das
Schwarz-Weiß-Schema von Gut und Böse in der Ethik suggeriert, sollte in
den meisten Fällen die Frage moralischer Verantwortung weniger nach
vorhanden/nicht vorhanden, sondern im Sinne einer ordinalen (d.h.
mehr/weniger bzw. besser/schlechter) Messung graduell (in welchem Ausmaß?) und kontextuell (vor welchem Hintergrund? Bei welchen Vorgaben?) gestellt werden.
Die Unternehmensethik versucht, Führungskräften und Mitarbeitern
Regeln an die Hand zu geben, damit sie zu
• legalem,
• moralisch korrektem (legitimem), nachhaltigem und zugleich
• ökonomisch vertretbaren Entscheidungen
kommen können und sollte damit das betriebswirtschaftliche Denken und
Kalkül – stärker als bisher oft der Fall – unterstützen.
Auch Mitglieder in Aufsichtsorganen und Mitarbeiter müssen den Mut
und die Kraft aufbringen, moralisch bedenkliches Verhalten gegenüber der
Geschäftsführung bzw. Vorgesetzten offen anzusprechen und die Frage der
Legitimität von Problemlösungen stellen bzw. stellen dürfen.
Die im Unternehmen tätigen Führungskräfte und Mitarbeiter, aber auch
die übrigen Stakeholder sollten ein Moralbewusstsein entwickeln bzw.
pflegen, das sich auszeichnet durch
237
Zusammenfassung und Ausblick
• ein Verständnis von Moral, das an universalen Prinzipien und positiven
Werten festgemacht ist,
• kritische (nicht blinde) Loyalität,
• das Wissen, was ethisch richtig und ökonomisch sinnvoll ist,
• das Fühlen, warum es richtig ist, durch Einfühlungsvermögen und Empathie,
• moralische Innovationskraft, eine möglichst „gerechte“ Lösung zu suchen, und
• moralischen Mut, d.h. zu sagen: „So etwas kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren“ und dann entsprechend zu handeln.
Die Bedeutung der immateriellen Werte im Unternehmen wird weiter
deutlich zunehmen. Das Rennen um die „letzten“ Erfolgspotenziale im
Unternehmen, nämlich die Bestandteile der Unternehmenskultur und des
normativen intellektuellen Kapitals (NIK), ist am Markt schon im vollen
Gang! Und mithilfe des Konzepts des integrierten normativen Controllings
kann hier mit Sicherheit ein werte-voller Wettbewerbsvorteil geschaffen
werden.
238
9
Lösungen zu: Learning by Doing
A 1.1
Juristisch ist die Sache klar: Ohne Gewerbeberechtigung kann Anna Wagner das Restaurant nicht führen.
Franz Berger hat aber moralisch falsch gehandelt: Die Freundschaft zu
Anna Wagner wurde auf das Spiel gesetzt.
Eine Lösung könnte sein, dass Franz Berger seine Anzeige zurückzieht
und beide sich am Unternehmen des jeweils Anderen beteiligen bzw. fusionieren.
A 1.2
Nein, die Vorgehensweise ist eher als List zu qualifizieren (Klugheit) denn
als moralisch fragwürdig. Der Student hat Glück beim gewählten Timing
bei der Themenzuteilung.
A 1.3
“RESPONSIBILITY, n. A detachable burden easily shifted to the shoulders
of God, Fate, Fortune, Luck or one’s neighbor. —“
Verantwortung, die jemand mit einer Aufgabe automatisch übernommen hat, darf moralisch nicht auf andere abgewälzt werden.
A 1.4
Beispiele für Paare positiver und negativer Werte:
Authentizität – Gekünstelt sein; Entschlossenheit – Unentschlossenheit;
Genauigkeit – Ungenauigkeit; Mut – Furcht; Sparsamkeit – Verschwendungssucht; Toleranz – Intoleranz.
A 1.5
Die Betreibergesellschaft eines Atomkraftwerks oder Rohstoffgewinnungsbetriebs haben zwar eine Betriebsgenehmigung, missachtet aber Bedenken
von Teilen der Bevölkerung.
Aggressive, moralisch bedenkliche Werbestrategien, deren Hauptzweck
das Auffallen des Unternehmens in der Öffentlichkeit ist.
Erfolglose Manager, die dennoch gemäß ihrem Arbeitsvertrag eine – und
zudem von großen Teilen der Öffentlichkeit als zu hoch erachtete – Abfertigung erhalten.
239
Lösungen zu: Learning by doing
A 2.1
• Der Markt reizt aufgrund der Seltenheit und hoher Gewinnspannen
zum Handel mit bestimmten Waren (z. B. Menschen, Drogen, Waffen,
seltene Tiere, Produktfälschungen).
• Da die Umwelt teilweise immer noch als freies Gut gilt, z. B. Luft, kann
es dazu kommen, dass sie ausgebeutet wird und nicht nachhaltig mit ihr
umgegangen wird.
• Der Markt hat Probleme im Umgang mit öffentlichen Gütern, wie z. B.
Sicherheit: Nutzen haben auch andere, die Kosten bzw. Investitionserfordernisse dafür sind dem Einzelnen oft nicht bewusst oder nicht transparent.
• Auf vielen Märkten herrscht keine vollkommene Transparenz, nicht
einmal auf hoch automatisierten Märkten wie Börsen. Entspricht ein
mit „Bio“ gekennzeichnetes Produkt tatsächlich „Bio-Richtlinien“? Hier
liegt i.d.R. eine Informationsassymetrie zwischen Produzenten und
Konsumenten vor.
• Der Markt kann nicht für Bedürfnisgerechtigkeit sorgen: Die Kaufkraft
entscheidet, nicht die Bedürftigkeit.
• Legistische Regeln gegen den unlauteren Wettbewerb sind oft weder
„wasserdicht“ noch übersichtlich noch umfassend i. S. der Abdeckung
aller möglichen Formen unlauteren Handelns.
A 2.2
Aus Unsicherheit und Eitelkeit sagt der Kaiser nicht, was er sich denkt.
Das Märchen ist ein gutes Beispiel, wohin Leichtgläubigkeit und unkritische Akzeptanz angeblicher Experten, z. B. Aufsichtsräte, führen kann.
Aus Furcht um seine Stellung und seinen Ruf spricht im Märchen entgegen besserem Wissen niemand, nicht einmal die dem Kaiser treu ergebenen Minister die offensichtliche Wahrheit aus; vor die Entscheidung „Ansehen und Wohlstand oder Wahrheit?“ gestellt, wählen sie die materiellen
und ökonomischen Vorteile statt der Wahrheit.
A 2.3
—
A 3.1
—
A 3.2
—
240
Lösungen zu: Learning by doing
A 3.3
Was sind legitime Ansprüche? Inwieweit sind Ansprüche einer Anspruchsgruppe (einer) anderen zumutbar? Einseitige Ansprüche, so wie hier der
Shareholder, gehen immer zu Lasten anderer Stakeholder. Niemand wird
den Anspruch der Shareholder auf eine angemessene Verzinsung seines Eigenkapitals ablehnen, den nach einer höchstmöglichen Verzinsung hingegen schon, zumal er auf Kosten der Ansprüche von Mitarbeitern geht.
A 3.4
—
A 4.1
—
A 4.2
—
A 4.3
—
A 5.1
—
A 5.2
—
A 5.3
Für das Controlling praktisch wichtige Mittel der Koordination zwischen
unterschiedlichen Funktionsbereichen sind:
• Vision, Mission und Leitbild
• Weiter interne Normen
• Werte
• Tugenden
• Unternehmenskultur
• Kriminalitätsprävention
• Ziele
• Pläne (Feedforward-Koordination)
• Überwachungshandlungen (Feedback-Koordination)
• Informationen
• Kommunikation (Austausch bzw. Abtausch; auch Kompromisse schließen ist eine Form der Koordination).
241
Lösungen zu: Learning by doing
A 5.4
—
A 6.1
Schon fehlendes oder mangelhaftes Zeitmanagement bei einem einzigen
Mitarbeiter wirkt sich in Zeitverzögerungen bzw. -verlusten bei mehreren
anderen Mitarbeitern aus; bei Führungskräften wirkt sich ein solcher Mangel aufgrund der höheren hierarchischen Stellung noch rascher aus bzw.
zieht noch weitere Kreise.
A 6.2
Ähnlich wie in A 6.1 wirkt sich mangelnder Ordnungssinn in einem verzögerten Auffinden von Dokumenten, Dateien etc. aus. Je stärker diese Untugend ausgeprägt ist, umso mehr Effizienzverluste sind zu erwarten.
A 6.3
Es kann sich in mehreren Formen ausdrücken, wie z. B.:
• Der Berichterstatter muss den Empfänger über Umstände und Ergebnisse richtig und umfassend informiert und aufklären.
• „Schönfärben“ bedeutet falsch verstandene Rücksichtnahme und schadet auf lange Sicht Empfänger wie Berichterstatter.
• Übertriebener Ehrgeiz des Controllers stellt seine Loyalität in Frage.
• Informationen müssen aus zuverlässigen Quellen stammen.
• Berichtsinhalte müssen kompetent und nachvollziehbar recherchiert
sein.
• Berichte müssen professionell formuliert sein; Controller müssen in
Aktionen denken, schreiben und sprechen; sie stehen aber nicht im diplomatischen Dienst.
• Erfahrungen der Empfänger mit Controlling-Berichten und Controllern
werden beim Empfänger mit jedem neuen Bericht wieder aktiviert.
A 6.4
—
A 6.5
—
A 7.1
Für andere Unternehmen als Außenstehender solche Kodizes zu formulieren, bedarf einer genauen Ist-Analyse des betreffenden Unternehmens. Ein
„0815“-Text bzw. das Übernehmen einer Textvorlage von einem anderen
242
Lösungen zu: Learning by doing
Unternehmen, um Zeit und Aufwand sparen zu wollen, ist in höchstem
Maße kontraproduktiv.
A 7.2
Eine moralisch korrekt agierende Führungskraft sollte sich ausreichend
Zeit für ein Gespräch nehmen. Ein aufrichtiges und auch so kommuniziertes „Danke“ für die vollbrachten Leistungen eines – nicht aus disziplinären
Gründen – freigesetzten Mitarbeiters sollte dabei aus moralischer Sicht das
absolute Minimum darstellen.
A 7.3
Dabei handelt es sich um einen leider nicht wenig verbreiteten Habitus bei
Führungskräften. Hier ist die Tugend der Aufrichtigkeit gegenüber sich
selbst und in der Mitarbeiterführung (Führungsethik) gefragt.
A 7.4
—
A 7.5
—
243
10
Glossar
Bei jedem Substantiv findet sich in Klammern der passendste angelsächsische Ausdruck – es sei denn, der angelsächsische Ausdruck entspricht dem
deutschen.
A
Abschlussprüfer (Auditor, Certified Public Accountant)
Nimmt im Unternehmen Überwachungsaufgaben wahr, ist Teil der externen Revision. Abschlussprüfer bzw. Prüfungsgesellschaften prüfen den Jahresabschluss bestimmter Unternehmen und müssen unabhängig vom geprüften Unternehmen
sein. Ziel der Prüfung ist die Beurteilung, ob die Rechnungslegungsvorschriften eingehalten wurden.
Abweichungsanalyse (Variance analysis)
Suche nach den Gründen einer Abweichung; integraler Bestandteil des Soll-/Istoder des Soll-/Wird-Vergleichs.
Analyse (Analysis)
Systematisches Untersuchen durch Zerlegen eines Objekts bzw. Zustands in seine
einzelnen Bestandteile und der Zusammenhänge zwischen ihnen.
Audit
Prüfung von Prozessen bzw. Aktivitäten auf ihre Erfüllung von Anforderungen,
Normen oder Standards.
Aufrichtigkeit (Honesty)
Ehrlichkeit gegenüber anderen und sich selbst, d. h. sich nicht in Selbstüberschätzung größer machen bzw. andere herabsetzen, zu seinen Fehlern stehen und den
Grund für seinen Misserfolg nicht bei Anderen suchen und jene(n) anerkennen,
denen Erfolg zu verdanken ist.
Aufsicht (Supervision)
Überwachung ex ante; darunter fallen sämtliche Methoden, die im Vorfeld von Aktivitäten vorgenommen werden, um Fehler zu verhindern.
Aufwand, immaterieller (intangible expense)
Nicht eindeutig identifizierbarer Aufwand, z.B. Verluste an Reputation oder Glaubwürdigkeit, Schaden durch sog. „schiefe Optik“ im Verhalten von Führungskräften
oder Mitarbeitern.
244
Glossar
B
Balanced Controlling (Balanced Management Control)
Balanced Controlling stellt die höchste Stufe im Entwicklungspfad des Controllings
dar. Ausgewogenes (= balanced) Controlling meint eine gleichgewichtige Berücksichtigung von normativen, strategischen und operativen Aspekten in Führung und
Controlling.
Balanced Scorecard
Management- und Kennzahlensystem, in dem die Leistungsmessung nach mehreren Perspektiven (im ursprünglichen Modell: Finanz-, Kunden-, interne Prozesssowie Lern- und Entwicklungsperspektive) vorgenommen wird; es dient als Verbindung zwischen normativem, strategischem und operativem Management.
Benchmarking
Analyse- und Planungsinstrument, das Prozesse und Systeme des eigenen Unternehmens mit der „best practice“ der Konkurrenz oder branchenfremder Unternehmen vergleicht.
Bericht (Report)
Medium zur Übermittlung von Informationen an Führungskräfte und Entscheidungsträger.
Berichtswesen (Reporting system)
Formelles System zur Versorgung des Managements mit führungsrelevanten Informationen bzw. der Externen mit entscheidungsrelevanten Informationen.
Bestechlichkeit (Corruptibility)
Negativer Wert; Gegenteil von Integrität. Sich in seinem Verhalten nicht von inneren Werten und Prinzipien, sondern von äußeren Versprechen bzw. Verlockungen
(ver-)leiten zu lassen.
Beurteilung (Assessment, Evaluation)
Von Beurteilung wird gesprochen, wenn Sachverhalte nur qualitativ durch Vergleich oder durch Feststellung eines Zustands erfassbar sind, ohne dass den Merkmalsausprägungen numerische Werte zugeordnet werden (können).
Bewertung (Valuation)
Einem Objekt (Gut) in definierter Mengeneinheit einen Wert beizulegen bzw. beizumessen. Die Bewertung kann quantitativ oder qualitativ oder in Kombination erfolgen.
Bilanz, normative (Normative balance sheet)
Analyse, um die normativen Erfolgspotenziale zu listen und qualitativ zu bewerten.
Inhalte sind: die Elemente des NIK, Ergebnisse der Stakeholder-Analyse, Vorzüge
245
Glossar
bzw. Defizite der nachhaltigen Corporate Governance, Stärken und Schwächen der
Systeme bzw. Maßnahmen zur Überwachung und Vorbeugung vor Missmanagement und von dolosen Handlungen sowie die Wirkungen des normativen Controllings.
Bounded rationality
Empirisch abgesichertes Konzept, wonach sich Menschen in Organisationen nur
zum Teil rational verhalten, da Entscheidungen oft emotional getroffen werden,
neben formellen auch informelle Wege der Informationsbeschaffung begangen werden und Führungskräfte sich oft opportunistisch und i. S. des eigenen Vorteils verhalten.
C
Capital, intellectual
Siehe: Kapital, intellektuelles
Chance (Opportunity)
Möglichkeit einer positiven Abweichung von einem Ziel.
Change Agent
Unterstützung zum Zweck des konstruktiven Herbeiführens von Innovationen und
organisatorischen Veränderungen.
Check
Prüfung, die folgende Schritte umfasst das Feststellen des Soll und des Ist, den Vergleich des Ist mit dem Soll, die Analyse einer etwaigen Abweichung auf ihre Ursachen, die Durchsprache der Gründe der Abweichung mit den Betreffenden, das
Planen von Maßnahmen und die Berichterstattung über den Sachverhalt.
Code of Ethics
(Code of Conduct) enthält eine Reihe von Standards, Richtlinien und Werten, an
die sich alle Mitarbeiter im Unternehmen zu halten haben und die die Zusammenarbeit untereinander und mit Außenstehenden wie Lieferanten, Behörden usw. definieren.
Compliance
Gesamtheit an Maßnahmen zur Einhaltung externer Gesetze und Richtlinien. =Teil
der Conformance.
Conformance
Prüfung, ob bzw. inwieweit zu beachtende (interne und extern vorgegebene) Regeln eingehalten werden. Überbegriff für Compliance und Observance.
246
Glossar
Controller/Controllerin
Partner des Managers im Führungsprozess, interner Berater bzw. Lotse; ergänzt das
Management, um zu einer professionellen Führung beizutragen, durch die Wahrnehmung von Controlling- und Managementaufgaben.
Controlling (Controlling, Management control)
Systematische, betriebswirtschaftlich fundierte normen-, strategie-, finanz-, markt-,
prozess-, informations- und verhaltensorientierte Regelung in Unternehmen.
Zweck des Controllings ist das Leisten von Führungsunterstützung, um gemeinsam
vereinbarte Unternehmensziele zu erreichen (transparentes Monitoring).
Controlling, nachhaltigkeitsorientiertes (Sustainability-oriented Management Control)
Es umfasst grundsätzlich die gleichen Tätigkeitsfelder wie das „traditionelle“ Controlling. Der Unterschied liegt in der Erweiterung des Aufgabenfelds um die soziale
und die ökologische Dimension in der Zielausrichtung. Dies hat auch unmittelbare
Auswirkungen auf Controllingobjekte, Prozesse und Instrumente.
Controlling, integriertes normatives (Integrated Normative Management
Control)
Charakteristika des integrierten Konzepts des normativen Controllings: Unterstützung des Managements auf normativer Ebene als „moralisches Gewissen“ im Unternehmen zur Identifikation, Analyse, Bewertung und (Weiter-)Entwicklung des
normativen, intellektuellen Kapitals unter betriebswirtschaftlich-unternehmensethischen Aspekten sowie als Prophylaxe vor dolosen Handlungen und Missmanagement.
Controlling, normatives (Normative Controlling, Normative Management
Control)
Unterstützt das Management in der Erreichung unternehmenspolitischer Ziele,
insb. im Prozess der Wertefindung und -umsetzung, Gestaltung der Unternehmenskultur, Einhaltung interner Normen und der Formulierung des Leitbilds und durch
Checks und Audits.
Controlling der operativen Ziele (Operative Controlling, Operative Management Control)
Unterstützung des operativen Managements zur Erreichung von erfolgs- und finanzwirtschaftlichen Zielen.
Controlling der strategischen Ziele (Strategic Controlling, Strategic Management Control)
Unterstützung des strategischen Managements zur Erreichung von Zielen zur Schaffung oder Erhaltung von strategischen Erfolgspotenzialen.
247
Glossar
Corporate Citizenship
Gemeinnütziges Engagement eines Unternehmens jenseits des eigenen Wertschöpfungsbereichs. Teilbereich der CR.
Corporate Governance
Grundsätze und Regeln, mit deren Hilfe das Verhalten der obersten Führungskräfte
und die Strukturen seiner Organe überwacht und gestaltet werden können. Teilbereich der CR.
Corporate Governance, nachhaltig-ethische (Sustainability- and Ethicsoriented Corporate Governance)
Transparente Struktur für eine moralisch korrekte Erfolgserzielung, bestehend aus:
Integritäts- und Compliance Management, Performance Management als Ergebnisorientierung von Management und Controlling, Chancen- und Risikomanagement,
und einem effektiven internen Kontrollsystem (IKS). Das Fundament bilden Kontrollfunktionen und -instanzen.
Corporate Responsibility (CR)
Forderung im Rahmen der Unternehmensethik, wonach Unternehmen bzw. Führungskräfte und Mitarbeiter auch gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen
haben.
Corporate Social Performance (CSP)
Leistungen von Unternehmen, um der geforderten Umwelt-, Sozial- und Governance-Verantwortung gerecht zu werden.
Corporate Social Responsibility (CSR)
Integration einer ökologischen Sichtweise, ethischer Grundsätze und sozialer Gedanken im Wirtschaften, um Unternehmen nachhaltigen Erfolg zu ermöglichen.
Teilbereich der CR.
D
Dilemma, ethisches (Ethical dilemma)
„Ethisches Dilemma“ ist eine Situation, wenn den Beteiligten unklar ist, ob ein bestimmtes Handeln unter Anlegung moralischer Wertmaßstäben gut (richtig) oder
schlecht (falsch) ist.
Dreieck, doloses (fraud triangle)
Eine Straftat weist immer drei Aspekte auf: erstens ein subjektiv empfundenes,
nicht mit anderen kommunizierbares finanzielles Bedürfnis (Motivation), zweitens
eine subjektiv empfundene Gelegenheit, und drittens eine persönliche Rechtfertigung (Rationalisierung) gegenwärtigen und zukünftigen Handelns
248
Glossar
Durchsetzungsfähigkeit (Assertiveness)
Dafür sorgen können, dass im Unternehmens strategische bzw. operative Pläne bzw.
Vorhaben und Projekte wie geplant umgesetzt bzw. realisiert werden.
E
Effektivität (Effectiveness)
Verhältnis zwischen den angestrebten und den tatsächlich erreichten Leistungswirkungen (Outcome), es misst den Zielerreichungsgrad.
Effizienz (Efficiency, Economy)
Verhältnis von bewertetem Output zu bewertetem Input (Efficiency) bzw. von – bei
gegebener Qualität – Ist- und Soll-Kosten (economy) und stellt ein Maß für die Wirtschaftlichkeit dar.
Entrepreneur
Manager mit der Fähigkeit (Eigenschaft), Geschäftsideen zu kreieren, Chancen zu
identifizieren und sie zu nutzen. Manager müssen einen Sinn (Gespür) für Innovationen haben bzw. entwickeln.
Erfolg (Success)
Erfolg ist das positive Resultat persönlichen Handelns oder das Ergebnis eines Plans
oder einer wirtschaftlichen Tätigkeit eines Unternehmens.
Erfolgspotenzial (Potential for success)
Alle Vorteile und Stärken eines Unternehmens, die Voraussetzungen für künftigen
(strategischen oder operativen) Erfolg darstellen; = Ziel und Gestaltungsobjekt im
normativen und strategischen Management.
Ergebnisverantwortung (Accountability for Results)
Verantwortung des Managers, Ziele zu erreichen und Strategien umzusetzen.
Erlös, immaterieller (intangible revenue)
Nicht eindeutig identifizierbarer Erlös, z.B. Reputationsgewinn oder Vertrauenszuwachs
ESG
= Environmental, Social and Governance-Faktoren; sie bezeichnen Daten über Umwelt-, soziale und qualitative Unternehmensführungsbelange.
Ethics Officer
Ethik-Beauftragter, d.h. eine Person mit Zuständigkeit für ethische Fragen, vergleichbar einem Compliance Officer.
249
Glossar
Ethik (Ethics)
Lehre von Moral und Ethos bzw. die Reflexionstheorie der Moral.
Ethos
Ist die innere Moral (Moralität, Tugend), die moralische Gesinnung, die innere Verpflichtung zum Guten; = Moralität.
F
Fachpromotor (Promotor using expert knowledge)
Handelt chancen- und innovationsorientiert, bewegt bzw. beschleunigt Prozesse
bzw. Projekte, provoziert, liefert Impulse, damit sie planmäßig beendet bzw. umgesetzt werden können.
Feed-back-Information
(Rückkopplung); Rückmeldung realisierter Istwerte zwecks Vergleichs mit Planwerten. Voraussetzung für die Durchführung einer Abweichungsanalyse.
Feed-forward-Information
(Vorkopplung); Vormeldung oder Vorwarnung vor künftigen Störungen bzw. Abweichungsursachen, um rechtzeitig Maßnahmen vorbereiten zu können.
Fit
(Reibungsloses) Zusammen- bzw. Zueinanderpassen von Elementen, Kompatibilität, Passung
Fortschrittsfähigkeit (Structural responsiveness)
Fähigkeit eines Unternehmens, die eigene Identität durch geplante Evolution aufgrund seiner Fähigkeiten und Erfahrungen weiter zu entwickeln.
Frühaufklärung (Early recognition)
Erkennen von Entwicklungen und sich abzeichnenden Ereignissen, bevor sie eintreten, vor allem anhand schwacher Signale.
Führung (Management)
Führung ist der laufende, geplante und kontrollierbare Versuch, die Prozesse der
Leistungserstellung und -verwertung und damit die Entwicklung eines Unternehmens so zu gestalten, dass ihre Ziele laufend – wenn möglich proaktiv und innovativ – den Umfeldanforderungen angepasst und bestmöglich erreicht werden. = Prozess der Willensbildung, Willensdurchsetzung und Willenssicherung.
Führung, normative (Normative management)
Normative Führung beschäftigt sich mit den Zielen, Grundsätzen, Normen, Regeln
und Werten im und des Unternehmens, die insgesamt darauf zielen, die Lebens250
Glossar
und Entwicklungsfähigkeit der Organisation zu stärken. Umfasst die Formulierung
von Vision, Werten, Normen und Gestaltung der Unternehmenskultur.
Führungsethik (Managerial ethics)
Führungs- (Managerethik) umfasst ethische Überlegungen für die Führungskräfte,
sie werden auf ihre moralische Verantwortung angesprochen. Es geht um die normative Gestaltung der Beziehungen oder Relationen zwischen Vorgesetzten und
Mitarbeitern.
G
Gerechtigkeit (Fairness)
Zentraler Wert, Tugend und wesentliches Handlungsmotiv; Fähigkeit, unvoreingenommen und unparteiisch abzuwägen, angemessen zu handeln und niemanden
absichtlich zu benachteiligen.
Geschäftspartner-Due Diligence (Partner Due Diligence)
Systematisches Screening von Geschäftspartnern auf ihre Integrität, Glaubwürdigkeit und vertrauensbildende Maßnahmen.
Gewinnqualität (Moral quality of profit making)
Aus moralischer Sicht kann es nicht gleichgültig sein, wie Gewinn zustande kommt,
und was (z.B. Umwelt) oder wer (welche Stakeholder) darunter möglicherweise leiden.
Glaubwürdigkeit (Credibility)
Zentraler Wert; Fähigkeit, ehrlich, verlässlich und verantwortungsbewusst zu handeln. Je mehr Glaubwürdigkeit gelebt wird, umso vertrauenswürdiger wird man.
Global Reporting Initiative (GRI)
Eine 1997 gegründete Multistakeholder-Initiative. Die Leitlinien der GRI haben sich
als weltweit akzeptierter Berichtsstandard für die Erstellung von Jahresabschlüssen
etabliert. Ziel der GRI ist es, das CR-Profil eines Unternehmens branchenspezifisch
darzustellen und mit Konkurrenten vergleichbar zu machen.
Goodwill
(Geschäfts-, Firmenwert) entspricht dem Betrag, den ein Käufer eines Unternehmens als Ganzes unter Berücksichtigung zukünftiger Ertragserwartungen über den
Wert aller materiellen und bilanzierbaren immateriellen Vermögensgegenstände
hinaus und nach Abzug der Schulden zu zahlen bereit ist. Goodwill ≠ Immaterielle
Werte
251
Glossar
Grundsatz (Principle)
„Grund-Satz“, Basis-Satz, Verhaltensstandard, Prinzip; sie sollen über eine längere
Zeit und für eine Vielzahl von konkreten Aktionsentscheidungen bzw. Sachverhalte
gelten und sie normieren (regeln). Ein Grundsatz hat normativen Charakter.
Grundsätze des Controllings (Principles of Controlling)
Fünf Verhaltensleitsätze für Controller wurden formuliert: Grundsatz des Treibens
und Bremsens, Grundsatz der Objektivität, Grundsatz der Rechtzeitigkeit, Grundsatz der Balance zwischen normativem, strategischem und operativem Controlling,
Grundsatz der Dokumentation.
Gut (Good)
Im ökonomischen Sinn: Mittel zur Bedürfnisbefriedigung. Im moralischen Sinn:
Verwirklichung des moralisch „Guten“; = Wert
H
Haftung (Liability)
Einstehen für Verhalten und Entscheidungen im Verantwortungsbereich und das
Ziehen von persönlichen Konsequenzen aufgrund des (Arbeits-)Ethos.
Handeln (Acting)
Handeln in Unternehmen ist vorwiegend soziales Handeln, d.i. Handeln, dessen
Zweck auf das Verhalten anderer bezogen ist. Vier Typen sozialen Handelns können
unterschieden werden: Zweckrationales Handeln, Wertrationales Handeln, Affektuelles Handeln und Traditionales Handeln.
Hazard, moral
Gefahr, dass ein Mitarbeiter Informations- und Kontrolldefizite des Arbeitgebers
(„Prinzipal“) opportunistisch für seine Zwecke ausnützt.
Homo oeconomicus
Theoretische Figur eines vor allem rational handelnden und auf den eigenen Nutzen bedachten Wirtschaftssubjekts.
I
IFRS (International Financial Reporting Standards)
Internationales Regelwerk zur Vereinheitlichung der Rechnungslegung; Zweck ist
es, die Jahresabschlüsse und den Inhalt der Geschäftsberichte international vergleichbar zu machen.
252
Glossar
Imperativ, kategorischer (Categorical imperative)
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die Du zugleich wollen kannst, dass
sie ein allgemeines Gesetz werde!“ (Kant)
Implementierung (Implementation)
(lat. implementum = Erfüllung); in die Tat umsetzen, Realisieren einer Konzeption
oder eines Plans.
Incident Management
Aufdecken von geschäftsschädigenden Handlungen und Informationsweitergabe an
kompetente Ahndungsinstanzen.
Indikator (Indicator)
Messgröße („Anzeiger“), die – als Hilfsgröße – Informationen über Menge bzw.
Qualität von eigentlich gemeinten, aber nicht unmittelbar wahrnehmbaren, komplexen und i.d.R. mehrdimensionalen Phänomenen geben. Ersatzgröße, deren Ausprägung oder Veränderung einen Schluss auf Ausprägung oder Veränderung der eigentlich interessierenden Größe zulässt.
Individualethik (Personal ethics)
(Akteursmoral); thematisiert das moralische Handeln jedes Einzelnen.
Information
Zweck- und aktionsorientierte Nachricht.
Innovation
Neuerung; Aufgabe des Controllings, im Unternehmen Neuerungen zu initiieren.
Auch die Einführung des normativen Controllings ist eine Innovation.
Intangible
Angelsächsisches Äquivalent für „immateriellen Wert“ als nicht greifbarem Gut.
Integrität (Integrity)
Zentraler Wert; Fähigkeit, vertrauenswürdig zu handeln und unbestechlich zu bleiben. Je mehr Integrität gelebt wird, desto sicherer kann man sich sein, dass eine
Person zu dem steht, was sie sagt, und desto klarer wird echte Charakterstärke erkennbar.
Integritäts-Ansatz (Integrity Approach)
Leitmotiv: „Make our business better”. Führungskräfte und Mitarbeiter sollen zu eigenverantwortlichem und moralischem Handeln und zur Einhaltung interner und
externer Normen aus eigenem Antrieb (Ethos) befähigt und ermutigt werden. Zu
dieser Ermutigung gehört die Formalisierung ethischer Erwartungen z.B. im Leitbild.
253
Glossar
International Financial Reporting Standards
siehe IFRS
Interne Revision (Internal Audit)
Unternehmensinterne Prüfung, die von prozessunabhängigen Mitarbeitern durchgeführt wird. Die Prüfungen werden von der (Stabs-)Stelle Interne Revision – auch
Innenrevision genannt – durchgeführt.
Internes Kontrollsystem (IKS, Internal control system, ICS)
Gesamtheit aller prozessbezogenen, organisatorischen Überwachungsmaßnahmen
und Kontrollmechanismen eines Unternehmens.
Investition (Investment)
Ökonomisch: Anschaffung eines aktivierbaren Wirtschaftsguts des Anlagevermögens.
Moralisch: Auszahlung bzw. Ausgabe bzw. Aufwand, die/der – i.d.R. über die Umwegrentabilität – auf längere Sicht Einzahlungsüberschüsse bringen bzw. Geld oder
Aufwand sparen soll.
K
Kaizen
Streben nach ständiger, systematischer und schrittweiser Verbesserung (jap.: kai =
Ändern, Zen = Güte). (vgl. IGC 2005, S. 142).
Kapital, intellektuelles (Intellectual Capital)
umfasst rechtlich nicht geschützte und in der Handels- bzw. Steuerbilanz nicht aktivierbare immaterielle Werte wie z.B. Beziehungen zu Kunden oder Lieferanten.
„Kapital“ bezieht sich dabei auf Vermögen – verstanden als Ressource, Potenzial
oder Quelle künftiger Erfolge, Produkte oder Dienstleistungen – und umfasst auch
nicht aktivierbare immaterielle Werte wie z. B. Know-how.
Kapital, normatives intellektuelles (NIK; normative intellectual capital)
Gesamtheit von Normen, Moral, Ethos, Werten, Tugenden und Unternehmenskultur. Es ist Teil der nicht separat aktivierbaren immateriellen Werte und auch Teil des
Goodwills.
Kennzahl (Ratio)
Zahl oder Zahlenverhältnis, die/das einen wirtschaftlichen Tatbestand knapp, aber
aussagekräftig darstellt; wesentliches Analyse-, Planungs-, Führungs- und Kontrollinstrument.
254
Glossar
Kennzahl, normative (Ratio, normative)
Eine normative Kennzahl kann sein: eine Inputkennzahl, z.B. Anzahl der Ideen für
die Konzeption eines Leitbilds, eine Prozesskennzahl, z.B. Dauer der Formulierung
eines Codes of Ethics, oder eine Outputkennzahl, z.B. die Normdichte im Unternehmen.
Key performance indicator (KPI)
Kennzahlen, mit deren Hilfe der Erfüllungsgrad wichtiger Zielen oder kritischer Erfolgsfaktoren gemessen oder beurteilt werden kann.
Knowledge assets
Wissensbezogene Vermögensgegenstände bzw. Kompetenzen wie z.B. Problemerkennung, Abstraktion, learning by doing.
Koalitionär (Stakeholder)
siehe Stakeholder
Konflikt, moralischer (Moral conflict)
Ist gegeben, wenn die Verfolgung des Gewinnziels nur einen Teil der moralischen
Anforderungen erfüllt, z.B. der Einsatz von Bestechungsgeldern zur Kundenakquise, Ölbohrungen off-shore unter Inkaufnahme des Risikos der Umweltverschmutzung oder Bilanzverschleierung.
Konflikt, ökonomischer (Economic conflict)
Die Realisierung moralischer Anforderungen kann nur zulasten der Rentabilität erfolgen, z.B. wenn im Verkauf strikt integer gehandelt wird oder wenn die sog. „soziale Ader“ statt eines rigorosen Sparkurses beim Personal zum Tragen kommt.
Kontrolle (Control)
Form der Überwachung. Die Kontrolle findet in oder nach der Realisationsphase des
Prozesses statt. Durch sie sollen Fehler und Abweichungen festgestellt und möglichst zeitnah beseitigt werden.
Koordination (Coordination, Matching)
Abstimmung; Aufgabe des Controllers ist die Abstimmung der Ziele und Prozesse
der Subsysteme der Führung unter mehreren Aspekten (vertikal, horizontal, zeitlich, sachlich, Plan-Ist, und Abstimmung zwecks Umsetzung des normativen Controllings).
Korruption (Bribery)
Missbrauch einer übertragenen Macht- oder Entscheidungsbefugnis zum eigenen
materiellen oder immateriellen Vorteil oder Nutzen, auf den kein Rechtsanspruch
besteht. Es wird versucht, auf Kosten Anderer mit unlauteren Mitteln einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen. Korruption bezeichnet Bestechung und Bestechlichkeit, sprich Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme.
255
Glossar
Korruptions-Controlling (Corruption controlling)
Planmäßige, systematische Minimierung korruptionsbezogener Risiken durch die
Führung mittels Implementierung eines Frühwarnsystems und durch Steuerung
der Unternehmenskultur, der Mitarbeiter und der Geschäftspartner.
Kreativität (Creativity)
Fähigkeit schöpferischen Denkens, Handelns und Problemlösens.
Kulturmanagement (Culture management)
Aktive, systematische Gestaltung der Unternehmenskultur.
Kulturprofil-Check (Culture profile check)
Prüfung der Übereinstimmung zwischen Soll- und Ist-Unternehmenskultur.
L
Leadership
Bezeichnet ein Bündel von Fähigkeiten bzw. Kompetenzen eines Leaders, der ins
Deutsche am treffendsten mit Führungspersönlichkeit zu übersetzen ist.
Legitimität (Legitimacy)
Berechtigung eines Anliegens. Legitimes Interesse heißt ethisch akzeptabel, illegitim
bedeutet ethisch nicht akzeptabel. Im juristischen Sinn legitime Ansprüche an ein
Unternehmen kann jeder anmelden, der sich auf ein Gesetz als legale Grundlage berufen kann. Im philosophisch-ethischen Kontext sind Anliegen legitim, für deren
Anerkennung „gute Gründe“ geltend gemacht werden können.
Legitimitätsvorbehalt (Reservation of Legitimacy)
Gewinnerzielung soll nicht zum obersten moralischen Handlungsprinzip erhoben
werden, sondern ist nur – wie auch Arbeitsplatzerhaltung oder Umweltschutz – ein
legitimes Interesse unter anderen. Gewinnstreben ist nur unbedenklich, wenn
sämtlichen legitimen Ansprüchen von Stakeholdern Rechnung getragen wird.
Leitbild (Mission Statement)
Aussagen über die Unternehmensidentität, grundlegende Werthaltungen und
Grundsätze des Wettbewerbsverhaltens. Dient als Mittel zur Kommunikation der
Vision und der Mission.
Leitbild-Check (Mission statement check)
Qualitativer Soll-Ist-Vergleich im normativen Controlling, ob das tatsächliche Verhalten von Führungskräften und Mitarbeitern dem Sinn und Text des Leitbilds entspricht.
256
Glossar
M
Management
Management (Führung) ist der laufende, geplante und kontrollierbare Versuch, die
Prozesse der Leistungserstellung und -verwertung und damit die Entwicklung eines
Unternehmens so zu gestalten, dass ihre Ziele laufend – wenn möglich proaktiv und
innovativ – den Umfeldanforderungen angepasst und bestmöglich erreicht werden.
= Prozess der Willensbildung, Willensdurchsetzung und Willenssicherung.
Management, normatives (Normative management)
Normative Führung beschäftigt sich mit den Zielen, Grundsätzen, Normen, Regeln
und Werten im und des Unternehmens, die insgesamt darauf zielen, die Lebens- und
Entwicklungsfähigkeit der Organisation zu stärken. Umfasst die Formulierung von Vision, Werten, weiteren internen Normen und Gestaltung der Unternehmenskultur.
Maßnahmenkatalog (Action plan)
(Schriftliche) Auflistung, welche(r) Aufgabenträger bis wann welche Maßnahme zu
welchem Ziel und ggf. in welchem Budgetrahmen zu erledigen hat.
Maxime (Maxim)
die oberste persönliche Lebensregel bzw. einen persönlichen Grundsatz des Verhaltens.
Messung (Measurement)
Zuordnung einer Menge von Zahlen oder Symbolen zu den Ausprägungen eines
Merkmals in einer systematischen Weise, so dass die Relationen unter den Zahlenwerten den Relationen unter den Objekten entsprechen.
Misfit
Nicht-Zusammen- bzw. Zueinanderpassen von Elementen, Inkompatibilität, Übereinstimmungsdefizit, Schnittstellenproblem
Minimum, moralisches (Moral minimum)
Das moralische Minimum ist erreicht, wenn nur die zwingenden Rechtsvorschriften
eingehalten und kriminelle Handlungen im Unternehmen verhindert werden.
Mission
Die Mission („Unternehmensphilosophie“) konkretisiert die Vision, umschreibt den
Geschäftszweck, die Grenzen der Geschäftstätigkeit und die Daseinsberechtigung
des Unternehmens
Missmanagement (Mismanagement)
Fehlen von Effektivität oder Effizienz oder beidem im Verhalten von Führungskräften. = Fahrlässiges, aber nicht vorsätzlich geschäftsschädigendes Verhalten im Management.
257
Glossar
Mitarbeiterethik (Employee ethics)
In der Unternehmensethik unentbehrliches Pendant zur Führungsethik. Zur Loyalität der Mitarbeiter gegenüber Führungskräften bzw. Eigentümern gehört vorrangig ein bestimmtes Arbeitsethos, d.h. sich in angemessener und kollegialer Weise für
die Erreichung der Unternehmensziele einzusetzen.
Monitoring
Laufende, systematische Beobachtung und Überwachung bestimmter Ziele, Pläne,
Prozesse und Ereignisse.
Moral (Morale)
(Sittlichkeit, Anständigkeit); Sammelbegriff für das, was zu einer bestimmten Zeit in
einer bestimmten Gesellschaft oder in Teilen davon (z.B. Wirtschaft, einzelne Unternehmen) für gut bzw. böse gehalten wird, ein Set von Wertmaßstäben für das Verhalten.
Moral-Check (Morale check)
Zweck des Moral-Checks ist die Analyse der ethischen Position, d.h. der moralischen Sensibilität, der moralischen Urteilskraft, der moralischen Motivation und der
Verständigungskompetenz.
Moralität (Morality)
Bereitschaft, aus Verantwortungsbewusstsein moralisch korrekt zu handeln, ohne
von Rechtsnormen dazu gezwungen zu werden; = Ethos.
Moralökonomie (Primacy of economics to morale)
Ausdruck des Vorrangs der Ökonomie vor der Moral: Dort, wo Moral den wirtschaftlichen Interessen dient, kann bzw. soll sie angewandt werden, aber auch umgekehrt: Ein moralisches Verhalten ist nur dann zu erwägen, wenn es dem Wirtschaftsakteur Vorteile verspricht. Moralische Bedenken sind unwirksam, wenn sie
etwas kosten.
N
Nachhaltigkeit (Sustainability)
Eine nachhaltige Entwicklung ist gekennzeichnet durch die Integration einer ökologischen Sichtweise, ethischer Grundsätze und sozialer Gedanken, um Unternehmen
nachhaltigen Erfolg und in weiterer Folge künftigen Generationen qualitativ hochwertige Lebens- und Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. Man spricht von der ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit, der sog. „triple-bottom-line“.
Navigationssystem der Führung (Management navigation system)
Dreistufiges Führungskonzept bestehend aus normativem, strategischem und operativem Management mit jeweils spezifischen Regelungsgrößen, Treibern und Rechensystemen.
258
Glossar
NIK
Siehe Kapital, normatives intellektuelles
Nonprofit-Organisation (NPO)
Zielgerichtetes, produktives, soziales System, dessen Ziel die Befriedigung der Interessen seiner Stakeholder durch Erbringung von Sach- und Dienstleistungen ist,
wobei erzielte Gewinne nicht an Organisationsmitglieder ausgeschüttet werden.
Norm
Im Unternehmen als vereinbarte oder vorgegebene Festlegungen, Regeln und Maßstäbe. Gesetz, Prinzip, Direktive. Norm steht hier für einen allgemein anerkannten
Standard, eine Rechtsvorschrift (Rechtsnorm), eine Ordnung in einer Gesellschaft
oder einem Unternehmen (soziale Norm). Als Normen gelten im vorliegenden Kontext nur interne Normen, und zwar Vision, Mission, Werte, Tugenden, Unternehmenskultur und Leitbild.
Normen-Check (Norm check)
Qualitativer Soll-Ist-Vergleich im normativen Controlling, ob Normen (unternehmensspezifische Regeln und Richtlinien) auch tatsächlich eingehalten werden.
Normen-Strategie-Fit (Norm-Strategy-Fit)
(Einwandfreie) Passung zwischen dem Output der normativen Führung und den
Aufgaben der (im Prozess nachgelagerten) strategischen Führung
Norminhalt (Norm content)
Inhalt einer Norm kann sein: Gebot, Verbot, Erlaubnis oder eine Freistellung
(„Kann“) des Verhaltens
Nutzwertanalyse (Cost Benefit Analysis)
Verfahren zur mehrdimensionalen (d.h. nicht nur quantitativen) Bewertung von
Varianten durch Vergabe von Punkten (Scores).
O
Observance
Einhalten von intern festgelegten Normen, Werten und des Inhalts des Leitbilds
Ombudsperson (Officer, ombudsman)
Ansprechstelle für Anliegen externer oder interner Gruppierungen. Diese Stelle soll
Hemmschwellen in der Kommunikation abbauen und offen sein für StakeholderAnliegen. Diese Stelle kann auch ein breiteres Aufgabenspektrum haben; dann
kann sie z.B. – i.d.R. in enger Abstimmung mit der HR-Abteilung – Konflikte, insbesondere Interessenskonflikte, antizipieren und handhaben.
259
Glossar
Operation
Maßnahmen zur Nutzung von Erfolgspotenzialen.
Operatives Controlling (Operative Management Control)
Teil des operativen Managements; unterstützt das Management im Prozess der Budgetierung, Budgetkontrolle und Erreichung der erfolgs- und finanzwirtschaftlichen
Ziele.
Operationalisierung (Operationalization)
Beurteilbar- bzw. Messbarmachung; einen Sachverhalt greifbar bzw. gestaltbar machen.
Organisationscontrolling (Organisational Management Control)
Umfasst – in Übertragung der traditionellen Controlling-Aufgaben – Instrumente zur
Planung, Steuerung, Überwachung und Kontrolle der Unternehmensorganisation.
Ort der Moral (Area of moral behavior)
Bereich, wo moralisch verantwortungsvolle Verhaltensweisen und Entscheidungen
erforderlich sind.
Overjustification-Effekt (Overjustification effect)
Gibt man Personen Anreize, sich in bestimmter Weise zu verhalten, obwohl sie sich
bereits aus eigenem Antrieb (Ethos) in der gewünschten Weise verhalten, kann
durch zusätzliche externe Anreize der Eigenantrieb reduziert werden.
P
Plan-Do-Check-Act-Zyklus (PDCA-Cycle)
Allgemeiner Prozess der Lösung einer Aufgabe in den vier Phasen Planung – Umsetzung – Kontrolle – Korrekturmaßnahme; auch „Deming-Rad“ genannt.
Plan, normativer (Normative plan)
Qualitativer Plan für normative Maßnahmen, insb. welche Normen zu konzipieren,
welche Werte und welche Unternehmenskultur anzustreben ist, und wie die jeweiligen Prozesse aussehen, und welche Ergebnisse von Normen-, Moral-, Kulturprofil-, Werte- und Tugendcheck u.a. geplant werden.
Planung (Planning)
Gedankliche Vorwegnahme künftigen Handelns. Aufgabe des Controllers ist die
Unterstützung des Managements bei der Planung.
Prinzipal-Agent-Problem (Principal-Agent-Problem)
Der Prinzipal beauftragt den Agenten in der Hoffnung, dass dieser seine Aufgabe im
Sinne des Prinzipals erledigt. Er kann jedoch das Engagement und/oder die Qualitä260
Glossar
ten seines Agenten nur mit Einschränkungen erkennen und sieht oft nur das Ergebnis von dessen Bemühungen. Der Agent hat einen Informationsvorsprung, da er
das eigene Verhalten selbst festlegen und beurteilen kann. Er kann diese Informationsasymmetrie zu Ungunsten des Prinzipals ausnutzen, wenn dies seinen eigenen
Zwecken dient.
Produktivität (Productivity)
Produktivität ist das Verhältnis zwischen Output zu Input an Produktionsfaktoren
(in Mengeneinheiten). Produktivitätsmessung ist die Messung der technischen Leistung
Promotoren (Promotors)
Unternehmensangehörige, die Innovationen oder Pläne durch ihr Fachwissen
(Fach-) oder ihren Einfluss (Macht-) vorantreiben.
Prozess (Process)
ist eine Reihe von Aktivitäten, die aus einem bestimmten Input einen bestimmten
Output (Ergebnis) erzeugen, der beim (internen oder externen) Kunden Nutzen
stiftet.
Prüfung (Test, Check)
einerseits Überwachung ex-post, andererseits Analyse eines Sachverhalts oder Prozesses ex-ante.
Q
Qualität, moralische (Moral quality)
(Höheres) Niveau des moralischen Verhaltens, entsprechend den Anforderungen an
moderne Moral
R
Rationalität (Rationality)
Rationalität hat drei Bedeutungen: Erstens die Beziehung zwischen angestrebtem
Zweck und den zu seiner Erreichung angewandten Mitteln (Mittel-Zweck-Rationalität), zweitens die Angemessenheit bzw. Nachvollziehbarkeit eines Verhaltens und
drittens die Erklärung für eine Handlung (Rationalisierung).
Recht (Law, Right)
Recht kann als Summe aller Normen oder Vorschriften in bestimmten Bereichen
(z.B. Unternehmensrecht) verstanden werden. Recht ist eine Zwangsordnung, die
das menschliche Gemeinwesen in verbindlicher Weise regelt.
261
Glossar
Red Flagging Management
Frühaufklärungssystem zur Entdeckung potenziell geschäftsschädigenden Verhaltens, das vor allem „schwache Signale” für dolose Handlungen erkennen und Warnsignale generieren muss.
Reflexion
Prüfendes, kritisches Hinterfragen und vergleichendes Nachdenken über etwas, das
„in sich gehen” und etwas „Revue passieren lassen”; distanzierend-kritische Gedankenarbeit („Fundamentalkritik“) und Prüfung auf moralisch verträgliches Verhalten.
Reflexionsorientiertes Controlling (Reflection-oriented Management Control)
Unterscheidet zwei grundlegende Operationen der Komplexitätsbewältigung: Selektion (d.i. die Auswahl aus einer Gesamtheit von Möglichkeiten und bewirkt daher
eine Reduktion von Komplexität) und Reflexion.
Regel (Rule)
Kann eine zweifache Bedeutung haben: einerseits als Empfehlung (eine Regel hat
im herkömmlichen Sprachgebrauch einen niedrigeren Anspruch als eine Norm),
andererseits als Ausdruck eines regelmäßigen bzw. gewohnheitsmäßigen Tuns.
Regelkreis (Control loop)
In sich geschlossenes Rückkopplungssystem, das auf Störungen durch Regelmechanismen reagieren kann.
Regelung (Regulating, closed loop control)
Rückkoppelnder Eingriff im Falle einer Soll-Ist-Abweichung.
Rentabilität (Profitability)
drückt ein Verhältnis einer Gewinngröße zu anderen betrieblichen Größen aus, die
diesen Gewinn erwirtschaften.
Reporting
Siehe Berichtswesen
Risiko (Risk)
Möglichkeit einer negativen Abweichung von einem Ziel.
Rückkopplung (Feed-back)
siehe Feed-back
262
Glossar
S
Schlüsselkennzahl (Key ratio)
Kennzahl, die den Erfolg oder die unternehmerische Leistung bzw. Leistungsfähigkeit widerspiegelt bzw. beschreibt. Meist hoch aggregiert; kein direkter Rückschluss
auf das operative Geschehen möglich.
Scoring-Analyse
(Punktbewertungsmodell); Verfahren zum Vergleich und zur Bewertung von Sachverhalten, Konzepten, Plänen, Maßnahmen, u.a. anhand von entscheidungsrelevanten Kriterien. Diese können auch gewichtet werden. Die Ausprägungen der Kriterien werden mit Hilfe von Punktzahlen (scores) beurteilt. Mit Scoring-Modellen
versucht man, qualitative Faktoren und subjektive Erwartungen zu quantifizieren
und vergleichbar zu machen.
Shareholder Value
Durch Abzinsung künftiger Cash-flows ermittelte Größe, die ausdrückt, welchen
Wert das Unternehmen für die Eigenkapitalgeber erwirtschaftet.
Shareholder Value-Ansatz (Shareholder Value Approach)
Ziel des Shareholder Value-Konzepts („Value-based management“) ist eher rasches
Wachstum des Unternehmenswerts, sein Schwerpunkt lautet: Die Profitabilität für
Eigentümer bzw. Gesellschafter hat Vorrang vor Berücksichtigung anderer Stakeholder.
Soll-Ist-Vergleich (Operative budget-vs. actual-comparison)
Gegenüberstellung der Budget- zu den Ist-Werten und die Ermittlung von Abweichungen.
Sozialqualität (Quality of social relations)
Qualität der sozialen Beziehungen im Unternehmen.
Sparring
Aufgabe des Controllings; Meinungs- und Informationsaustausch zwischen Führungskraft und Controller; Facette der internen Unternehmensberatung („Second
opinion“) und die Renaissance der Counterpart-Funktion des Controllers bei moralischen Problemen.
Stakeholder
Personen (-gruppen) und Institutionen, die Interessen (Ansprüche) an Unternehmen haben und bereit sind, sich für die Durchsetzung ihrer Interessen einzusetzen
(Anspruchsgruppen). Kapital, Mitarbeiter und Umfeld sind Anspruchsgruppen des
Unternehmens.
263
Glossar
Stakeholder-Analyse (Stakeholder Analysis)
Umfasst die Identifikation möglicher Stakeholder (scanning), die gezielte, strukturierte Sammlung von Informationen über die relevant erscheinenden Stakeholder
und ihre Anliegen (monitoring) sowie die Bewertung der Stakeholder-Ansprüche
(assessing).
Stakeholder-Ansatz (Stakeholder approach)
Ziel des Stakeholder-Konzepts („values“) ist nachhaltiges Wachstum, sein Motto lautet: Profitabilität UND Verantwortung. Es sieht harmonische Umfeldbeziehungen als
Basis langfristiger Erfolge. Vertrauen zu anderen Anspruchsgruppen und von ihnen
in das Unternehmen wird wesentlich stärker berücksichtigt als im Shareholder
Value-Konzept.
Steuerung (Steering, Open loop control)
Anordnen von Maßnahmen bzw. Ergreifen von präventiven Maßnahmen zur Vermeidung von Abweichungen. Beeinflussung des Verhaltens von Personen und von
Prozessen.
Strategic Advantage Reporting
Berichtswesen über die nachhaltigen Wertsteigerungspotenziale und die nicht-finanziellen Werttreiber im Unternehmen.
Strategie (Strategy)
Maßnahmen zur Schaffung bzw. Erhaltung von Erfolgspotenzialen.
Strategische Bilanz (Strategic Balance Sheet)
Methode im Controlling der strategischen Ziele; dient der Einschätzung der Stärken
(aktiven Abhängigkeiten) und Schwächen (passiven Abhängigkeiten) eines Unternehmens gegenüber seinen Stakeholdern mit dem Ziel, den strategischen Engpass
zu ermitteln.
Strategischer Engpass (Strategically scarce resource)
Faktor, der die künftige Entwicklung eines Unternehmens am stärksten behindert
und dessen Beseitigung zusätzliche Potenziale sichtbar macht.
Strategisches Controlling (Strategic management control)
Teil des strategischen Managements; unterstützt das Management im Prozess der
Strategieplanung und -umsetzung.
Strategisches Management (Strategic management)
Führungsaktivitäten zur Schaffung, Erhaltung und Pflege von Erfolgspotenzialen.
System
Menge von Elementen und der Beziehungen zwischen den Elementen.
264
Glossar
T
Transparenzverantwortung (Accountability for transparency)
Verantwortung des Controllers für die Ergebnisse und dafür, die Führung über Prozess und Grad der Erreichung der normativen, strategischen und operativen Ziele
zu informieren.
Triple-Bottom-Line-(TBL-)Ansatz
(triple = ökologisch, ökonomisch und sozial); Kern des CSR-Konzepts. TBL bedeutet
drei Säulen der Verantwortung, die im Idealfall im Management kontinuierlich
gleich stark berücksichtigt werden sollen, um ein nachhaltiges Wirtschaften zu ermöglichen.
Tugend (Virtue)
Geisteshaltung, das Gute aus innerer Neigung und Bereitschaft zu tun. Tugend ist
eine positive (Charakter-) Eigenschaft.
U
Überwachung (Surveillance, monitoring)
Überwachung umfasst Aufsicht, Kontrolle, Prüfung, Audit/s, Revision und Checks
im Unternehmen. Neben der Geschäftsführung und den Aufsichtsorganen sind
Controlling und – in größeren Unternehmen – die Interne Revision die hauptsächlichen Träger der unternehmensinternen Überwachung.
Umfeld (Environment)
Umsystem; Außenumgebung eines Systems.
Umsetzung (Implementation, Realization)
Realisierung eines Plans bzw. Vorhabens.
Unternehmen (Company, Organization)
Organisation, die – unabhängig von ihrer Größe – planmäßig auf Ziele hin geführt
wird, und in der Menschen tätig sind. Außer Industrie- und Dienstleistungsunternehmen wie Banken, Versicherungen und Beratungsunternehmen gehören dazu
auch Handelsunternehmen jeder Art, Handwerks- und Gewerbebetriebe, Land- und
Forstwirtschaften, Krankenhäuser, Museen, Sportvereine, Kirchengemeinden,
Schulen, Hochschulen und öffentlichen Verwaltungen.
Unternehmensethik (Business ethics)
Beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen Moral und Gewinn in der Unternehmensführung und mit der Frage, wie Unternehmen Moral, Normen und Ideale in
der modernen Wirtschaft zur Geltung bringen können. Thematisiert auf der Ebene
der Mesoethik das moralisch gerechtfertigte Verhalten in und von Organisationen.
265
Glossar
Unternehmensverfassung (Bill of Stakeholder Rights)
Dokumentation der legitimen Rechte der externen und internen Anspruchsgruppen.
Unternehmensidentität (Corporate identity)
= Objekt des normativen Managements, d.i. das Selbstverständnis des Unternehmens. Ihre Komponenten sind: Vision, Werte, Normen und Unternehmenskultur.
Unternehmenskriminalität (Corporate fraud)
Teil der Wirtschaftskriminalität; wichtige Wesensmerkmale: Begehung durch selbständig oder unselbständig Wirtschaftstreibende; schwer durchschau- und nachweisbare Taten, Begehung oft unter Missbrauch von Vertrauen, Auswirkungen über
die Schädigung von wirtschaftlichen Einzelinteressen hinaus, hohe bzw. weit gestreute Schadenssummen, Internationalität der Straftat.
Unternehmenskultur (Corporate culture)
Die unternehmensspezifische Häufung von Einstellungen, Werten, Normen, Überzeugungen und Symbolen, die das Verhalten von Führung und Mitarbeitern eines
Unternehmens leiten und beeinflussen.
Unternehmenspolitik (Corporate policy)
Unternehmenspolitik bedeutet Sinngebung und Sinnverwirklichung; bedeutet, bereichsübergreifende Ziele für das Unternehmen und seine Mitarbeiter zu vereinbaren und zu verfolgen, die Machtverteilung und die Kompetenzen im Unternehmen
zu regeln und die Grundstruktur der Aufgabenverteilung und der Abläufe festzulegen.
V
Verantwortlichkeit (Accountability)
Zentraler Wert; Fähigkeit, sich für bestehende Pflichten voll einzusetzen und dabei
nach bestem Wissen und Gewissen so gut wie möglich und zum Wohle aller Beteiligten zu handeln.
Verantwortung (Responsibility)
Angelpunkt der Ethik; drei Formen: Rollenverantwortung, d.h. ein Stelleninhaber
bzw. ein Unternehmen ist für sein Verhalten rechenschaftspflichtig; Kausale Verantwortung, d.h. für sein Verhalten und dessen Folgen hat der Einzelne bzw. ein
Unternehmen einzustehen; Fähigkeitsverantwortung, d.h. der Einzelne bzw. ein
Unternehmen ist verantwortlich, eine Problemlösung anzubieten, wenn er bzw. es
dazu von seinen Ressourcen her fähig ist.
266
Glossar
Verantwortungsbewusstsein (Sense of responsibility)
einer Person. Dieses bemisst sich vor allem nach der Denk- und Erkenntnisfähigkeit, insb. hinsichtlich der Folgen des Verhaltens und von Entscheidungen, und
nach der moralischen Urteilsfähigkeit, d.h. in wie weit Handeln dem Eigennutz
und/oder dem Gemeinwohl dient.
Verhalten (Behavior)
umfasst drei Dimensionen: Handeln, Dulden (Stillhalten, Zulassen) und Unterlassen
als Nicht-Handeln. In einer weitergehenden Differenzierung können drei Ebenen
von Verhalten unterschieden werden: Unbewusste, physiologische Reaktionen des
Organismus; gelernte, routinierte, aber nicht bewusst oder nur unterbewusst gesteuerte Verhaltensweisen; und bewusstes, gesteuertes Handeln.
Verhalten, doloses (fraudulent behavior)
Doloses Verhalten (lat. dolosus, -a, -um: trügerisch, arglistig) bezeichnet vorsätzliches Handeln, Dulden bzw. Unterlassen, das geeignet ist, zum Zweck der persönlichen Bereicherung den Unternehmenserfolg zu beeinträchtigen oder Dritten Schaden zuzufügen.
Vermaschung (Linking, Coupling)
Kopplung bzw. Verbindung von Netzen bzw. Netzwerken bzw. Netzteilen, um – wie
bei Zahnrädern – ein reibungsloses Ineinandergreifen zwecks Abstimmung zu gewährleisten.
Vermögenswert, immaterieller (Intangible asset)
Siehe: Wert, immaterieller
Vertrauen (Trust)
Vertrauen als Wert ist die Überzeugung, dass der (Gesprächs-)Partner zuverlässig,
ehrlich und berechenbar ist bzw. agiert. Jemandem zu vertrauen bedeutet, sein Verhalten als vorhersagbar einzuschätzen. Vertrauen ist der Glaube an die Integrität des
Anderen.
Vision
Vision ist der Ausgangspunkt des normativen Managements, das Bild, das Gründer/innen, Unternehmer/innen und Leader darüber haben, wie ihr Unternehmen
in Zukunft positioniert sein soll bzw. wird.
Vorkopplung (Feed-forward)
siehe Feed-foward
Vorschaurechnung (Forecast)
Erwartungsrechnung; Ergänzung einer controllinggerechten Abweichungsanalyse
um eine zukunftorientierte Betrachtung bis zum Ende des Planzeitraums.
267
Glossar
Vorsteuergrösse (Steering lever)
„Vorsteuern heißt, etwas frühzeitiger bemerken und sein Verhalten danach ausrichten“ (Gälweiler 2005, S. 29). Eine Vorsteuergrösse ist eine notwendige, aber nicht
hinreichende Bedingung für das Erreichen der vorgesteuerten Größe.
W
Wert (Value)
Werte sind persönliche Vorstellungen über Eigenschaften, die Einzelne, Gruppen,
Unternehmen oder die Gesellschaft bestimmten Einstellungen, Ideen, Prozessen,
Ergebnissen und Beziehungen) beimessen, und die für den/die Wertenden emotional wichtig sind. Werte sind Auffassungen vom Wünschenswerten; = Gut (im moralischen Sinn).
Wert, immaterieller (Intangible asset)
Eindeutig identifizierbarer, nicht-monetärer Vermögensgegenstand ohne physische
Substanz. Gesamtheit des Human-, Struktur- und Beziehungskapitals. Immaterielle
Werte ≠ Goodwill.
Wertemanagement (Values Management)
Im Wertemanagement geht es um die bewusste Gestaltung der Werthaltungen und
Wertekataloge der einzelnen Mitarbeiter und Führungskräfte („Wertschöpfung
durch Wertemanagement“).
Wertemedaille (Values medal)
Zeigt die positiven Werte Vertrauen, Integrität, Verantwortung und Glaubwürdigkeit und stellt ihnen die entsprechenden negativen Werte (Misstrauen, Bestechlichkeit, Verantwortungslosigkeit und Unglaubwürdigkeit) gegenüber.
Werte- und Tugend-Check (Value check)
Qualitativer Soll-Ist-Vergleich im normativen Controlling, ob die tatsächlich gelebten Werte und Tugenden den Soll-Werten und –Tugenden bzw. der Soll-WerteCharta entsprechen.
Wertschöpfung (Value Added)
Differenz zwischen dem Wert für extern bezogene Güter und Leistungen und dem
Umsatzerlös; mit anderen Worten: der Beitrag an eigenen Leistungen, der zu den
von anderen Unternehmen empfangenen Vorleistungen hinzugefügt wird.
Wettbewerbsvorteil (Competitive advantage)
Vorsprung eines Wirtschaftssubjekts gegenüber seinen Konkurrenten im Wettbewerb. Wer keinen eigentlichen Wettbewerbsvorteil hat, kann am Markt nur über
den Verkaufspreis reüssieren.
268
Glossar
Whistle blowing
Illegitime oder illegale Aktivitäten im Unternehmen dem Vorgesetzten bzw. einem
Ethik-Beauftragten melden; dt.: Hinweisgebersystem („Verpfeifen“).
Wirtschaftlichkeit (Efficiency)
Ist das wertmäßige Verhältnis von Output zu Input (wertmäßige Produktivität) bzw.
– als Gradmesser für Effizienz verstanden – zwischen Ist- zu Soll-Aufwand bzw. kosten.
Wissen (Knowledge)
Gesamtheit der Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten, die Personen zur Lösung
von Problemen anwenden, verstanden werden. Dies umfasst theoretische und
praktische Erkenntnisse und Regeln.
Wissensbilanz (Intellectual capital statement)
Strukturierte Darstellung des Stands und der Entwicklung des intellektuellen Kapitals einer Organisation. Zeigt und beschreibt die Zusammenhänge zwischen Zielen,
Prozessen, dem intellektuellen Kapital („Ressource Wissen“) und dem Erfolg einer
Organisation.
Z
Ziel (Goal, Objective, Target)
Ein Ziel liegt vor, wenn es nach Inhalt, Ausmaß, Zeitbezug und dem Träger (wer soll
das Ziel erreichen?), definiert ist. Andernfalls handelt es sich mangels Operationalisier- und Überprüfbarkeit nicht um ein Ziel, sondern nur um eine Absichtserklärung.
Ziele, normative (Normative objectives)
Ziele des normativen Managements. Umfassen das aktive Betreiben von Unternehmenspolitik, die Entwicklung einer Unternehmenskultur und einer moralisch korrekten Werthaltung, die Sicherung der Legitimität der Führung auf Basis einer professionellen, moralisch einwandfreien und der Nachhaltigkeit verpflichteten
Corporate Governance, das Festlegen von Maßstäben für ethisch tadelloses Handeln
im Unternehmen, das Sicherung des Normen-Strategie-Fit und die Sicherung der
moralischen Fortschrittsfähigkeit durch innengeleiteten Wandel.
269
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www.wissensbilanz.net (2008); http://www.wissensbilanz.net/pdf/BMWI_Broschuere_Wissenbilanz_Made_in_Germany_2008.pdf [Zugriff 13.1.2011], (2008)
281
Stichwortverzeichnis
A
Abschlussprüfung 100
Analyse 160
Analyse der Abweichungen 168
Audit 101
Aufrichtigkeit 42
Aufsicht 166
Aufsichtsorgan 228
B
Balanced Controlling 235
Balanced Scorecard 135
Benchmarking 199
Bericht 198
Bestechlichkeit 42
Beurteilung 132
Bewertung 134
bounded rationality 71
C
Check 167
Code of Ethics 84
Compliance 109
Compliance Management 230
Conformance 110
Controlling der operativen Ziele
(operatives Controlling) 145
Controlling der strategischen Ziele
(strategisches Controlling) 145
Corporate Citizenship 97
Corporate Governance 97
Corporate Social Performance 113
Corporate Social Responsibility 101
D
dolose Dreieck 106
Doloses Verhalten 104
E
Effektivität 59
Effizienz 59
Entrepreneur 56
282
Erfolg 39
Erfolgspotenziale 67
Ergebnisverantwortung 142
Ethics Officer 224, 230
Ethik 35
ethisches Dilemma 76
Ethos 32
F
Fachpromotoren („Change
Agents“) 203
Feed-back (Rückkopplung) 168
Feed-forward (Vorkopplung) 168
Fortschrittsfähigkeit 65
Frühaufklärung 108
Führung 53, 226
G
Gerechtigkeit 42
Geschäftspartner-Due 225
Glaubwürdigkeit 43
Global Reporting Initiative 102
Grundsatz 29
Grundsätze des Controllings 157
H
Handeln 26
homo oeconomicus 70
I
IFRS 122
immaterielle Aufwendungen 131
immaterielle Erlöse 130
Immaterielle Werte (Güter) 122
Implementierung 83
Incident Management 109
Individualethik 76
Information 163
integriertes, normatives Controllings 147
Integrität 42
Integritäts-Ansatz 111
Stichwortverzeichnis
Intellectual Capital 123
Interne Revision 101, 229
Internes Kontrollsystem (IKS) 99
Investition 129
K
Kaizen 163
kategorischer Imperativ 28
Kennzahlen 194
Knowledge assets 123
Koalitionär 94
Kontrolle 167
Koordination 169
Korruption 104
Korruptions-Controlling 151
Kreativität 204
Kulturmanagement 209
Kulturprofil-Check 185
L
Leadership 56
Legitimität 72
Legitimitätsvorbehalt 86
Leitbild 47
M
Management 63
Management-Modell 69
Maßnahmenkatalogs 177
Maxime 28
Messung 132
Misfit 182
Mission 38
Missmanagement 58
Mitarbeiterethik 218
Monitoring 143
Moral 31
Moral Hazard 71
Moral-Check 179
moralische Qualität 227
moralischer Konflikt 77
moralisches Minimum 35
Moralökonomie 79
N
nachhaltig-ethische Corporate Governance 99
Nachhaltigkeit 48
nachhaltigkeitsorientiertes Controlling 147
Navigationssystem 68
normative Bilanz 191
Normative Führung 65
normative Kennzahlen 195
normativer Controller 170
normativer Plan 193
normatives Controlling 143
normatives Management 64
normatives Ziel 65
Normen-Check 178
Norminhalt 30
Nutzwertanalyse 176
O
Observance 110
ökonomischer Konflikt 78
Ombudsperson 224
Operationalisierung 132
operatives Management 68
Organisations-Controlling 149
Orte der Moral 44
Overjustification-Effekt 111
P
PDCA-Zyklus 142
Planung 165
Prinzipal-Agent-Problem 216
Promotoren 208
Prozesse 50, 205
Prüfung 167
R
Rationalität 70
Recht 33
Red Flagging Management 108
Reflexion 161
Reflexionsorientiertes Controlling 147
Regel 27
Regelkreis 204
283
Stichwortverzeichnis
Reporting 195
Risikomanagement 229
S
Schlüsselkennzahlen (Key performance
indicators, KPI) 102
Scoringanalyse 135
Shareholder Value 85
Shareholder Value-Ansatz 93
Sozialqualität 210
Sparring 161
Stakeholder 43
Stakeholder-Analyse 187
Stakeholder-Ansatz 93
Strategic Advantage Reportings 138
Strategien 57
strategische Bilanz 190
strategisches Management 68
Systeme 33
T
Transparenzverantwortung 142
Triple-Bottom-Line 101
Tugend 36
U
Überwachung 62
Umfeld 55
Unternehmensethik 72
Unternehmensgrundsätze 29
Unternehmenskriminalität 103
Unternehmenskultur 45
Unternehmenspolitik 26
284
V
Verantwortlichkeit 43
Verantwortung 44
Verantwortungsbewusstsein 44
Verhalten 26
Vermaschung 204
Vertrauen 40
Vision 37
Vorschaurechnung 168
Vorsteuergrößen 68
W
Wert 39
Werte- und Tugend-Check 183
Wertemanagement 208
Wertemedaille 44
Wettbewerbsvorteil 128
Whistleblowing 109
Wirtschaftlichkeit 59
Wissen 123
Wissensbilanz 123
Z
Ziel 55
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