(villa rustica) und Biblis-Nordheim (spätrömischer Burgus)

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Exkursion an die Bergstrasse nach Ladenburg, Hirschberg (villa
rustica)
und Biblis-Nordheim (spätrömischer Burgus) am 8. September 2012
Herr Reichel berichtet:
Dieses Jahr sollte uns die Exkursion des Fördervereins an die Bergstrasse nach Ladenburg,
Hirschberg (villa rustica) sowie Biblis-Nordheim (spätrömischer Burgus) führen. Bei herrlichem
spätsommerlichen Wetter brachen wir auf. Wie bereits bei zahlreichen früheren Exkursionen wurden
wir während der Reise von Herrn Prof. Dr. Schallmayer wissenschaftlich begleitet
Bereits auf der Hinfahrt nach Ladenburg erklärte uns Herr Prof. Schallmayer die Entwicklung der
römischen Besiedlung an der Bergstraße und die damalige Bedeutung von Ladenburg für das
römische Heer. Bei strahlendem Sonnenschein kamen wir in Ladenburg an und wurden am
Wasserturm vom Vorsitzenden des Heimatbundes Ladenburg e.V., Herrn Dr. Georg, sowie zwei
seiner Mitarbeiter herzlich begrüßt.
Die Geschichte der Stadt reicht bis in die römische Zeit zurück.
Die Erstbesiedlung des Ortes erfolgte irgendwann zwischen 3000 - 200 v. Chr. (Funde aus der
Steinzeit und Bronzezeit). Ladenburg bestand zunächst als keltische Siedlung „Lopodunon“. Im Jahr
40 n. Chr. wurden suebische Elbgermanen von den Römern als Bauernmiliz angesiedelt. In den
römischen Quellen werden sie "Suebi Nicrenses" („Neckarsueben“) genannt. 74 n. Chr. gründeten die
Römer dort Auxiliarkastelle mit einem Lagerdorf (vicus), die Keimzelle der späteren Stadt. Zur
Garnison zählte eine Auxilien-Reiterabteilung der Cananefaten. Im Jahr 98 n. Chr. erhob der römische
Kaiser Trajan die Siedlung „Lopodunum“ zur civitas und zum Hauptort der Civitas Ulpia Sueborum
Nicrensium; nach dem Gentilnamen des Kaisers – Ulpius – erhielt der Ort den Beinamen Ulpia. Die
Siedlung erlebte im zweiten und frühen dritten Jahrhundert ihre Blüte, worauf auch zahlreiche
archäologische Funde hinweisen. 220 n. Chr. besaß Lopodunum ein Forum mit Marktbasilika, einen
Wochenmarkt, Tempel, ein Schauspieltheater, Thermen, Paläste und eine Stadtmauer. Die
ummauerte Fläche betrug rund 32 Hektar, Streufunde belegen sogar eine Siedlungsfläche von rund 45
Hektar. Damit war Ladenburg vor Rottenburg, Bad Cannstatt, Bad Wimpfen, Heidenheim, Rottweil und
Heidelberg die größte römische Stadt im heutigen Baden-Württemberg. Um 260 n. Chr. zerstörten
Alamannen die Stadt. Einige Römer blieben aber und tradierten den römischen Ortsnamen. Kaiser
Valentinian I nahm 369 n. Chr. die Stadt ein und ließ einen Burgus (röm. Kleinfestung) errichten, der
nur vom Neckar aus betreten werden konnte. Mitte des 5. Jahrhunderts endete die römische
Herrschaft im Raum Ladenburg dann endgültig.
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Prof. Schallmayer erläutert den „römischen Stadtplan“
Wir sahen zunächst im Carl Benz-Haus eine Nachbildung des ersten „Benz-Automobils“ – ein
Meilenstein in der deutschen Geschichte des Automobilbaus. Danach besichtigten wir das römische
Forum (mit einem dort zu sehenden Prunkportal als Rekonstruktion, einer der bedeutendsten
Hortfunde aus römischer Zeit in Deutschland) und die Krypta der St. Gallus-Kirche.
Kopie eines römischen Prunkportals
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Der frühgotische Chor der St. Gallus-Kirche wurde auf den noch vorhandenen Fundamenten der
halbrunden Curia der römischen Marktbasilika errichtet. Schließlich besuchten wir den römischen Teil
des Lobdengau-Museums und erfuhren viel Wissenswertes u.a. über die berühmte Ladenburger
Jupiter-Gigantensäule sowie ein Sol-Mithras-Relief.
Blick in die Römerwelt des Lobdengau-Museums
Wir danken den kompetenten Mitarbeitern des Heimatbundes Ladenburg e.V. herzlich für die vielfältigen,
interessanten und professionellen Erläuterungen während unseres gemeinsamen Stadtrundgangs und
beim Museumsbesuch.
Begrüßung durch Herrn Ziegler, Bürgermeister von Ladenburg
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Zum Mittagessen kehrten wir in das gutbürgerliche Restaurant „Würzburger Hof“ mit schwäbischbadischer Küche (seit 119 Jahren in Familienbesitz) ein, wo wir im Sommergarten in entspannter
Atmosphäre die lokalen Köstlichkeiten bei gutem Wein und Bier genossen.
Danach ging es nach Hirschberg an der Bergstraße.
Der Bergsträßer Raum war schon früh besiedelt. Die zahlreichen Ausgrabungsfunde reichen bis in die
Zeit der Ackerbau und Viehzucht treibenden Band- und Schnurkeramiker (ca. 2500 bis 1500 v. Chr.)
zurück. In römischer Zeit wurde die Besiedelung weiter vorangetrieben und unterschiedlich große
Landgüter, sog. villae rusticae, angelegt, die zwischen 120 bis 260 n. Chr. die dominierenden
Wirtschaftseinheiten des Gebirgsrandes der Bergstraße darstellten.
Die bedeutendste Ausgrabung einer villa rustica an der Bergstraße befindet sich in Hirschberg. Hier
wurden in den Jahren 1984 bis 1987 der komplette Grundriss eines aufwändig ausgestatteten
römischen Bades sowie das Hauptgebäude mit mehrteiligem Raumprogramm und einem Zierteich aus
dem 1. Jhd. n. Chr. ausgegraben.
Unterricht in „römischer Grundrisskunde“
Um die Mitte d. 2. Jhd. n. Chr. folgten großzügige Umbaumaßnahmen, die von wachsendem Wohlstand
des Gutsbesitzers zeugen. Herr Prof. Schallmayer erläuterte uns zunächst den Grundriss der villa rustica
und schilderte die Bedeutung dieses landwirtschaftlichen Großbetriebs für die Gegend um Ladenburg.
Anschließend ging er auf viele interessante Fragen der Exkursions-Teilnehmer ein und vermittelte
anschaulich das damalige Leben auf einem Bauernhof.
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Villenbesichtigung
Im Anschluß fuhren wir Richtung Biblis-Nordheim. Die letzte Station unserer Exkursion war die Burg
Stein, auch "Zullestein" genannt, die an der Weschnitzmündung bei Biblis liegt. Die Anlage kann bis zur
römischen Zeit im 4. Jhdt. n. Chr. zurückverfolgt werden. Unter den mächtigen Mauern ist bei
Ausgrabungen ein römischer Burgus bzw. ein Schiffsgelände aufgetaucht. Solche Anlagen sind bekannt
aus der Zeit des römischen Kaisers Valentinian I. (364-375 n. Chr.), die man damals auf dem
germanischen Gegenufer als Brückenkopf-Kastell errichten ließ. Mittlerweile steht auch fest, dass die
Römer aus ihren Steinbrüchen am Felsberg im Odenwald mit Schleppkähnen die Granitquader und
Säulen über die Weschnitz, den Rhein und die Mosel bis nach Trier brachten, um dort ihre Bauten zu
errichten.
Der „lange Marsch“ an der Weschnitz
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Nach einer „kleinen Wanderung“ durch das Gelände fanden wir die versteckt im Wald liegenden
Ruinen des Zullesteins. Mittlerweile wird das Ausgrabungsgebiet durch sehr anschauliche Stelltafeln
illustriert. Herr Prof. Schallmayer ließ durch seine sachlich äußerst fundierten, breit angelegten
Ausführungen und plastischen Erzählungen förmlich die Burg mit ihren Mauern wieder auferstehen.
Auch wurden Zusammenhänge für viele Exkursions-Teilnehmer durch seine Erklärungen deutlicher
erkennbar. So wurde uns ein Einblick in eine vergangene Welt gewährt, die uns heute Lebenden
ansonsten verschlossen wäre. Denn außer den Grundmauern und wenigen Ruinen ist von der
einstmals mächtigen Anlage nicht mehr viel zu sehen.
Am römischen Burgus
Bei einem kühlen Bier oder auch einer Bratwurst konnten wir im direkt am Rhein gelegenen
Ausflugslokal "Zur Rheinfähre" den Tag Revue passieren und vergnügt ausklingen lassen.
Wir danken Herrn Prof. Dr. Schallmayer sehr herzlich für seine wissenschaftlich profunden und sehr
umfassenden Erklärungen, Erläuterungen und Hinweise im Bus und während der Exkursion und
freuen uns bereits auf die nächste gemeinsame Exkursion !
Fotos: Jürgen Roth
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