Weiterbildung für die Pflege in der Onkologie (DKG) Kurs 2013-2015 Hausarbeit Sexualität in der Onkologie Judith Wermert eingereicht am 08.09.2014 Universitätsklinikum Münster – Weiterbildungsstätte für Intensivpflege & Anästhesie und Pflege in der Onkologie Sexualität in der Onkologie Inhaltsverzeichnis 1.) Kurzfassung.................................................................................................................. 2 2.) Einführung.................................................................................................................... 2 3.) Defintion Sexualität ..................................................................................................... 3 4.) Tumorerkrankungen der Geschlechtsorgane ................................................................ 3 5.) Störfaktoren beim Geschlechtsverkehr ........................................................................ 8 5.1) Körperbildstörungen ............................................................................................. 8 5.1.1 Stomaanlagen ........................................................................................ 9 5.1.2 Alopezie ............................................................................................... 11 5.2 Lustlosigkeit ........................................................................................................ 12 5.3 Vaginale Beschwerden ......................................................................................... 13 5.4 Erektile Dysfunktion (ED) ................................................................................... 15 5.5 Ejakulationsstörungen .......................................................................................... 17 5.6 Harninkontinenz................................................................................................... 18 5.7 Tumorgeruch ........................................................................................................ 19 6.) Verhütung ................................................................................................................... 20 7.) Schlusswort ................................................................................................................ 21 8.) Literaturverzeichnis .................................................................................................... 22 9.) Anhang ....................................................................................................................... 26 2 Sexualität in der Onkologie 1.) Kurzfassung Die tiefgreifenden Veränderungen im Leben von Krebspatienten erfordern viel Kraft und Bewältigungsstrategien, worüber das Pflegepersonal informiert sein und den Menschen zur Seite stehen muss. Doch dass insbesondere auch das intime Miteinander zwischen zwei Lebenspartnern beeinträchtigt ist, wird meistens verschwiegen. Diese Facharbeit bietet mit einem pflegerischen/psychologischen Schwerpunkt Einblick in das Thema „Sexualleben und Diagnose Krebs“. Dazu habe ich folgende Frage formuliert: Wie kann ein ausgefülltes Sexualleben nach der Diagnose Krebs wiedererlangt werden? 2.) Einführung Bei der Bearbeitung des Themas habe ich mir versucht vorzustellen, wie es wäre, wenn ich mit meinen 26 Jahren die Diagnose Krebs bekommen würde. Dabei legte ich die akuten Bedürfnisse und Ängste gedanklich beiseite. Ich habe mich mit der Frage auseinandergesetzt, welche zusätzlichen Langzeitfolgen der Erkrankung auf mich und in diesem Fall auch auf meinem Partner zukommen würden. Diese Facharbeit ist nicht allein auf den eigentlichen Geschlechtsakt gerichtet, da der Begriff „Sexualität“ noch einiges mehr und für jeden Menschen etwas anderes beinhaltet. Bei meinen Recherchen bin ich auf ein Zitat von der amerikanischen Psychoanalytikerin Avodah Offit gestoßen, was dieses meiner Meinung nach gut wiedergibt: "Sexualität ist das, was wir aus ihr machen: eine teure oder billige Ware, Mittel der Fortpflanzung, Abwehr der Einsamkeit, eine Kommunikationsform, eine Waffe der Aggression (Herrschaft, Macht, Strafe, Unterwerfung), ein Sport, Liebe, Kunst, Schönheit, ein idealer Zustand, das Böse, das Gute, Luxus, Entspannung, Belohnung, Flucht, ein Grund der Selbstachtung, ein Ausdruck der Zuneigung, eine Art Rebellion, eine Quelle der Freiheit, Pflicht, Vergnügen, […] eine Technik, eine biologische Funktion, Ausdruck psychischer Krankheit oder Gesundheit oder einfach eine sinnliche Erfahrung." [1] 3 Sexualität in der Onkologie 3.) Defintion Sexualität Die Sexualität wird geprägt durch biologische, psychologische und soziologische Aspekte und stellt somit ein Teil der Gesamtpersönlichkeit dar. Drei Grundfunktionen werden durch die Sexualität gelebt: Fortpflanzung Beziehung und Kommunikation Lustgewinn [2] Außerdem umfasst Sexualität Begriffe wie Erotik, Berührungen, Nähe, Intimität, Geborgenheit und Mitgefühl. [3] "Unabhängig vom Alter der Betroffenen, der Dauer der Beziehung zum Partner, der Art der Tumorerkrankung und deren Behandlung hat die Verarbeitung des lebensbedrohlichen Ereignisses Krebs oft einen bedeutsamen Einfluß auf die gelebte intime und sexuelle Beziehung des Paares" (Burbie & Polinsky , 1992). [4] Wenn man die Grundfunktionen sowie die anderen aufgeführten Aspekte betrachtet, wird sehr deutlich, dass das Sexualleben mitunter ein wichtiger Baustein einer gut funktionierenden Beziehung ist. Früher oder später wird es demnach bei jedem Paar entweder gedanklich oder im offenen Gespräch Thema sein, da das intime Miteinander auch zur Lebensqualität beiträgt. 4.) Tumorerkrankungen der Geschlechtsorgane Mammakarzinom: Bei der häufigsten Krebserkrankung der Frau kommen verschiedene Operationsmöglichkeiten je nach TNM-Klassifikation in Betracht. Dabei ist die Brusterhaltende Therapie (BET) Standard. Eine Mastektomie stellt nur eine Indikation dar, wenn die BET nicht möglich ist. Ausserdem ist die neoadjuvante Chemotherapie, Bestrahlung, Hormontherapie und Lymphknotenentfernung mit in der Therapie etabliert. [5] Die Brust der Frau wird von vielen Menschen als ein Symbol der Weiblichkeit, Erotik und der eigenen Identität gesehen. Dies unterstreicht eine Studie, die besagt, dass sich 78 % der Patientinnen nach einer Mastektomie unattraktiver empfanden. Nach einer BET waren es lediglich 3 %. 4 Sexualität in der Onkologie Ebenfalls wird in diesem Fachartikel darauf hingewiesen, dass sich nicht allein die Art der Operation auf die Sexualität auswirken kann, sondern auch der allgemeine Gesundheitszustand, die Qualität der Partnerschaft, die Wahrnehmung des eigenen Körperbildes sowie auch ein niedriger Bildungsstand und das Sexualleben vor dem Ausbruch der Erkrankung. [6] Bei einem so sensiblen Thema wie der Verlust der Brust ist es wichtig, dass das Pflegepersonal die Thematik nicht bagatellisiert, sondern den Patientinnen den nötigen Raum zur Verarbeitung des Verlustes zu geben. Hier haben sich Selbsthilfegruppen oft als gute Plattform erwiesen. Mittels Fragebögen kann erfasst werden, in wie weit sich die Einstellung zum eigenem Körper geändert hat. Der Einsatz solcher Fragebögen im Klinikalltag ist dagegen schwieriger zu realisieren, da die Rahmenbedingungen im stationären Aufenthalt dagegen sprechen. Dies sollte in der Hand der Psychotherapeuten bleiben. [7] Im Klinikalltag ist es zum Beispiel sinnvoll, die Patientin an den ersten Verbandswechsel nach der Operation langsam heranzuführen. Auch die Einbeziehung des Partners hierbei kann die Akzeptanz der körperlichen Veränderung der Patientin positiv beeinflussen. Voraussetzung dafür ist das beidseitige Einverständnis der Partner. Neben der Krebspatientin selbst, stellt die Erkrankung und Therapie auch für den Lebensgefährten eine neue Situation dar, wobei dieser ebenso auf Bewältigungsstrategien angewiesen ist. Es besteht die Möglichkeit, dass es dem Partner schwerfällt seiner Frau Zärtlichkeiten zu signalisieren, ohne dass sie es als sexuelles Bedrängen versteht. Ferner können Unsicherheiten auftreten, wenn die Brust oder auch Brustwarzen im Liebesakt von zentraler Bedeutung waren. Daher spielt eine detaillierte und fachliche Aufklärung des Paares vor der Operation eine wichtige Rolle. Mögliche Nebenwirkungen bei einer BET sind beispielsweise Taubheitsgefühle, Missempfindungen und Schmerzen im Operationsgebiet. So haben beide Partner die Möglichkeit aufeinander Acht zu geben und eventuelle Missempfindungen direkt anzusprechen. [8] Zudem haben Therapeuten Körperwahrnehmung sich spezialisiert auf Angebote (Konzentrative 5 zu einer verbesserten Bewegungstherapie oder Sexualität in der Onkologie Tanztherapie). Hier wird der Fokus auf den ganzen Körper gelegt und nicht allein auf das erkrankte Organ. [9] Wenn bei einer betroffenen Frau nach dem Eingriff Schamgefühle aufkommen, sich vor dem Partner aus- oder umzuziehen, hat sie die Möglichkeit auf extra hergestellte Dessous zurückzugreifen. Je nach Krankenkasse können die Frauen Zuschüsse für den Einkauf der Spezialunterwäsche erhalten. [10] Ferner gibt es medizinisches Camouflage-Make-Up für sichtbare Narben. [11] Zervixkarzinom Bei dem Zervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs) kann je nach Ausbreitung eine organerhaltende oder radikale Operation durchgeführt werden. Vor allem die radikale Operation, die Hysterektomie, wird von Frauen als großer Verlust der Weiblichkeit empfunden. Aber auch in Bezug auf eine noch nicht abgeschlossene Familienplanung beeinträchtigt dieser Eingriff das Paar sehr. Neben der zusätzlichen Chemotherapie kann auch die Bestrahlung, im Besonderen die Brachytherapie (Lokale Kontaktbestrahlung), durchgeführt werden. Über Schmerzen beim sexuellen Verkehr berichten in den ersten Monaten nach der Therapie etwa 40– 50% der Frauen, später geht die Häufigkeit auf 8–15% zurück. [13] Vulva- und Vaginalkarzinom Die Tumorerkrankung der äußeren Geschlechtsorgane und der Scheide betrifft häufig Frauen im höheren Alter. Die Therapie (Operation und/oder Bestrahlung, evtl. Chemotherapie) muss nicht zwangsweise die sexuelle Aktivität der Betroffenen dauerhaft beeinflussen. Bei einem Orgasmus ist die Klitoris mit involviert, das sogenannte „Lustorgan“ der Frau. Bei einer operativen Entfernung der Klitoris kann demnach die Fähigkeit einen Orgasmus zu bekommen, eingeschränkt sein. Dieses wäre der Fall bei einer radikalen Vulvektomie, die bei massivem Tumorwachstum durchgeführt wird. In einer kurativen Behandlung kann eine Rekonstruktion der Vagina zu einem annähernd verbesserten Körperbild verhelfen, wobei Nervenschädigungen in dem Bereich bestehen bleiben können. 6 Sexualität in der Onkologie Endometriumkarzinom Die Erkrankung der Gebärmutterschleimhaut betrifft häufiger Frauen nach der Menopause und muss nicht zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung des sexuellen Erlebens führen. Wenn der Tumor noch nicht weit fortgeschritten ist, sind die Organe für das Lustempfinden (Klitoris, Schamlippen und der Scheideneingang) bei der Operation nicht betroffen. Daher kann das normale Sexualleben nach abgeklungener Wundheilung (meist 4-6 Wochen) wieder aufgenommen werden [13]. Ovarialkarzinom Bei dem Ovarialkarzinom ist das Ausmaß der Beeinträchtigung auf das Sexualleben davon abhängig, ob beide Eierstöcke entfernt werden mussten. Neben der Unfruchtbarkeit kommt es bei beidseitiger Ovarektomie durch den Östrogenmangel zu einer Atrophie der Intimschleimhaut. Des Weiteren treten typische Beschwerden der Menopause wie zum Beispiel Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Depression und Reizbarkeit auf. Maßnahmen gegen die aufkommenden Symptome wie Schmerzen, Vaginismus, radiogene Kolpitis und weiter Veränderungen der Schleimhäute können im Kapitel 5.3 „Vaginale Probleme“ entnommen werden. Nach der gynäkologischen Behandlung der betroffenen Frau, sollte auch die Situation des Partners Beachtung erhalten. Auch bei ihm können sich Ängste und Unsicherheiten vor der ersten sexuellen Begegnung nach der Operation entwickeln. Dies kann sich zum Beispiel auf Unsicherheiten vor Berührungen beziehen. Hier wird nochmal deutlich, wie wichtig ein offener Umgang untereinander und die Möglichkeit der Inanspruchnahme von psychologischer Hilfe ist. [14] Peniskarzinom Je größer das Karzinom am männlichen Glied, desto radikaler ist die Operation. Obwohl die Eichel zu der empfindlichsten Region des Glieds gehört, kann der Mann bei der Entfernung weiterhin einen Orgasmus und Samenerguss bekommen. Anders ist es bei der totalen Penisamputation. In diesem Fall sollten dem Patienten Möglichkeiten aufgezeigt werden, sexuelle Bedürfnisse über andere erogene Zonen zu befriedigen. 7 Sexualität in der Onkologie Diese könnten beim Mann der Hodensack oder After sein. Die Spermatogenese kann durch Streustrahlung bei Radiatio beeinträchtigt werden.[ 43] Hodenkarzinom Besonders das niedrige Durchschnittsalter des Mannes (20-35 Jahre) beim Ausbruch der Erkrankung kann stark dazu beitragen, dass es zu einer Beeinträchtigung des sexuellen Lebens kommt. Nicht allein die Bedeutung und Entfaltung der eigenen Sexualität ist in diesem Altersabschnitt von zentraler Bedeutung, sondern auch ein möglicher Kinderwunsch kann im Raum stehen. Durch moderne minimalinvasive Operationsverfahren werden die Nervenbahnen verschont und somit die Risiken einer erektilen Dysfunktionen und Harninkontinenz minimiert. Dennoch wird den betroffenen Männern die Möglichkeit einer präoperativen Samenspende (Kryokonservierung) angeboten, um bei einer nicht abgeschlossenen Familienplanung alle Möglichkeiten offen zu haben. Durch Hodenprothesen kann versucht werden ein annäherndes Körperbild wiederherzustellen, da der Tumorbefall zu 95% nur eine Hodenseite betrifft. Die Beeinträchtigung der Spermatogenese ist meist reversibel, wobei der irreversible Hypogonadismus mittels Testosteronsubstitution ausgeglichen werden muss. [12] Prostatakarzinom Die maligne Erkrankung der Vorsteherdrüse hat oft eine radikale Prostatektomie als Folge. Auch hier herrscht bei den Erkrankten oft die Angst vor einer erektiler Dysfunktion und einer Harninkontinenz. Die Nebenwirkungen der Strahlentherapie (Strahlenzystitis, Strahlenproktitis, Harnretention, penoskrotales Ödem) bilden sich in der Regel zurück. Je nach Strahlendosis, Tumorstadium sowie Alter des Patienten liegt das Risiko einer Erektionsstörung je nach Strahlentherapietechnik zwischen 14-50%. Maßnahmen gegen die aufkommenden Symptome wie erektile Dysfunktion, Harninkontinenz und Ejakulationsstörungen können ab Kapitel 5.4 entnommen werden. 8 Sexualität in der Onkologie 5.) Störfaktoren beim Geschlechtsverkehr Auch bei Patienten deren Sexualorgane nicht direkt betroffen sind, können sich sexuelle Probleme entwickeln. Alle Tumorerkrankungen und Therapieansätze haben Auswirkungen auf das Körperbild und Selbstkonzept des Menschen. [42] Sexualitätsprobleme sind neben den körperlichen Beschwerden eine Mischung aus dem Attraktivitätsverlust, Depressionen, Angst, unausgesprochene Erwartungen an den Partner und zuvor latente Partnerschaftskonflikte, die sich im Rahmen der Krankheit zu spitzen. [15] Weitere Beispiele werden im folgenden Text beschrieben. 5.1) Körperbildstörungen Definition: "Eine Körperbildstörung bedeutet eine einschneidende Veränderung, bei der eine Person negative Gefühle oder Wahrnehmungen bezüglich der Eigenschaften, Funktionen oder Grenzen des eigenen Körpers oder eines Körperteils erfährt." (Abt-Zegelin & Georg, 2007) [16] Im Hinblick auf das Thema dieser Facharbeit ist dies wohl mit einer der Hauptgründe, weshalb der Betroffene sich möglicherweise vom Partner zurückzieht oder kaum intime Zärtlichkeiten zulässt. Denn eine positive Selbstwahrnehmung und ein gesundes Selbstempfinden hat viel mit der Bereitschaft zur sexuellen Hingabe zu tun. Operationen oder andere Eingriffe nehmen immer Einfluss auf die persönliche Wahrnehmung des eigenen Körpers. Hierbei kann es zu unterschiedlich großen Veränderungen kommen, die der Patient verarbeiten muss. Daher ist es verständlich, dass die Person sich erst einmal selbst wieder entdecken und definieren muss, bevor sie bereit ist, mit dem Partner intim zu werden. Je nach Ausmaß an vorhandenen Bewältigungsstrategien kann sich eine Körperbildstörung unterschiedlich entwickeln. So wirkt sich ein gut ausgeprägtes soziales Netz beispielsweise positiv aus. [17] Mögliche Ursachen im Rahmen einer onkologischen Therapie können sein: Organverluste: Mastektomie, Vulvektomie, Hysterektomie, Orchiektomie Amputationen der Extremitäten Stomaanlagen: Colo-, Tracheostoma etc. 9 Sexualität in der Onkologie Malignes Melanom→ Hautabtragung/ -transplantation exulzerierende Tumoren Venöse Zugänge: Port, Groshong, Hickman PEG- und SPK-Anlage starke Gewichtsabnahme/ -zunahme durch Kortisongabe Hautirritationen durch Strahlentherapie, Cushingsyndrom, Hand-Fuß-Syndrom, EGFR-Therapie, Tyrosinkinasehemmer Alopezie Lymphödeme [18] Neben der medizinischen Bekämpfung des Tumors steht auch die Steigerung der Lebensqualität des Menschen im Mittelpunkt. Wo früher Patienten mit den aufgelisteten Auswirkungen allein gelassen wurde, wird heute versucht, die Betroffenen psychosozial zu unterstützen und Hilfsmittel anzubieten. Auf folgende Faktoren in Bezug auf die Sexualität möchte ich näher eingehen: 5.1.1 Stomaanlagen Bei Erkrankungen, die den Verdauungstrakt oder das harnableitende System betreffen, ist manchmal eine Operation mit künstlichem Ausgang unumgänglich. Im nachfolgenden Text geht es um Patienten mit einem Colo-, Ileu- oder Urostoma. Die Betroffenen haben es im Bereich der Sexualität oft mit Körperbildstörungen und Ängsten zu tun, beispielsweise: Bedenken / Ängste im Zusammenhang mit ihrer sexuellen Leistungsfähigkeit Angst vor dem Abfallen/Auslaufen des Stomabeutels falsche Erwartungen: z.B. dass der Partner keinen sexuellen Verkehr mehr wünscht [19] Der Verlust des Selbstwertgefühls kann zu Orgasmusstörungen und erektiler Dysfunktion führen, was eine Depression zur Folge haben kann. [20] Neben einem professionellen Stomatherapeuten, der nach dem stationären Aufenthalt die Patienten ausreichend im Umgang mit dem Stoma und dessen Versorgung schult, 10 Sexualität in der Onkologie wirken sich offene Gespräche mit dem Partner über diese Ängste positiv aus. So können Missverständnisse geklärt und Wünsche und Bedürfnisse geäußert werden. Tipps und Hinweise für den Betroffenen: Wechseln/Entleeren der Versorgung vor dem Geschlechtsverkehr Spezieller Beutelüberzug aus Satin oder Baumwolle (damit der Kunststoff nicht an der Haut klebt und die Ausscheidung ist nicht direkt sichtbar) Geschlechtsverkehr ist für das Stoma nicht schädlich Geschlechtsverkehr über das Stoma kann gefährlich sein und wird nicht empfohlen Solange die Versorgung sicher sitzt, kann jede Stellung gewählt werden, solange sie von beiden Partnern als angenehm empfunden wird Bedenken des Partners sollen nicht als Abweisung gewertet werden [19] evtl. Stellungen wählen, bei der sich der Partner hinter dem Betroffenen befindet, so sind Stoma oder andere Narben auf der Körpervorderseite für den Partner nicht direkt sichtbar [21] Selbsthilfegruppen (z.B. Ilco) ermöglichen einen Austausch mit anderen Betroffenen und fachliche Beratung über das Leben mit einem Stoma Außerdem gibt es Möglichkeiten das Stoma beim Koitus zu kaschieren. Bei einem Colostoma gibt es die Option vorher eine Irrigation durchzuführen und es danach mit einer Stomaplatte zu versorgen. Dadurch kann eine ausscheidungsfreie Zeit von 24-48 Stunden erreicht werden. Dieses Verfahren ist aber mit dem Stomatherapeut ausführlich zu besprechen und erst bei länger liegenden Stomatas durchzuführen. [13] Falls dieses nicht möglich ist, können auch speziell für Stomaträger entwickelte Unterwäsche und Dessous angewandt werden. So können anfängliche Schamgefühle reduziert werden. Diese äußern sich oftmals besonders am Anfang einer Beziehung und können auf beiden Seiten bestehen (Siehe Anhang 9.1). [22] 11 Sexualität in der Onkologie 5.1.2 Alopezie Unter Alopezie versteht man den teilweisen oder vollständigen Haarausfall, der im Rahmen der onkologischen Therapie auftreten kann. Je nach Art der Chemo- und/oder Strahlentherapie sowie der Dosis und der Applikationsart und -dauer kann der Schweregrad der Alopezie variieren. Des Weiteren spielen patientenbezogene Faktoren wie z. B. Beschaffenheit des Haares, Alter, Ernährungszustand und evtl. bestehende Begleiterkrankungen wie Infekte, eine zusätzliche Rolle. Nicht nur die Zytostatika sondern auch andere Medikamente (Herparin, orale Antikoagulantien,Betablocker, Allopurinol etc.) greifen die Haarfollikel an. Während die Haare bei der Chemotherapie nach ca 10-28 Tagen nach der ersten Zytostatikagabe reversibel ausfallen, können die Haarfollikel bei einer hohen Ganzschädelbestrahlung ( >60 Gy) irreversibel geschädigt werden. [23] Besonders diese Hinweise sollten unter anderem wesentlicher Bestandteil einer Beratung in onkologischen Einrichtungen sein. So erhalten die Patienten Informationen über den Ablauf der Alopezie und wissen wann sie ungefähr damit rechnen können, dass die Haare wieder anfangen zu wachsen. Die Patienten reagieren sehr unterschiedlich auf diese Nebenwirkung. Besonders für Frauen stellt dies oft eine der belastendsten Nebenwirkungen der Therapie dar. So wird für sie ihre Erkrankung „öffentlich“ gemacht. Außerdem scheinen die Haare oft ein Bewertungszeichen für Attraktivität zu sein. Wenn die Patienten erfahren, dass bei ihrer Therapie eine Alopezie wahrscheinlich ist, sollten sie dies mit dem Partner thematisieren. Die Patienten können sich dann z. B. schrittweise einer Kurzhaarfrisur annähern und den endgültigen Schritt, einer komplette Rasur, eventuell mit ihrem Partner zusammen durchführen. Viele Patienten spiegeln das Entfernen der Haare vor der Therapie als weniger belastend, im Vergleich zu dem Miterleben des langsamen Haarausfalls. Zeigen sich dennoch Probleme oder Schamgefühle sich dem Partner haarlos zu zeigen, helfen spezielle Klebstoffe für Perücken dabei, dass bei sexuellen verrutscht. 12 Aktivitäten nichts Sexualität in der Onkologie 5.2 Lustlosigkeit Je nach Krebserkrankung, Stadium, Behandlungsart und ganz besonders je nach individuellen Befinden, kann sich eine Lustlosigkeit unterschiedlich ausprägen. Das sexuelle Verlangen spielt am Anfang einer Therapie eine eher untergeordnete Rolle. Mit der Zeit wird es aber zum Thema werden. Ursachen für eine sexuelle Lustlosigkeit können neben seelischen Belastungen, Nausea, Hormonschwankungen das zuvor beschriebene veränderte Körperbild und Schmerzen auch Fatigue sein.[24] Als Fatigue wird die zunehmende pathologische Ermüdbarkeit im Rahmen der onkologischen Therapie bezeichnet, welche bei über zwei Drittel der Patienten auftritt. [25] Zusätzlich hemmen bestimmte Medikamente die Libido. Beispiele dafür wären: Benzodiazepine, Neuroleptika, Metoclopramid, Antidepressiva (Serotonin- Rückaufnahmehemmer), Antihistaminika und Kortisonlangszeitbehandlung. [26] Ratschläge zur Verminderung der Lustlosigkeit: 1.) Miteinander reden: Der Patient sollte versuchen mit dem Partner über die aktuelle Situation zu reden. Nicht allein nur über Gründe, warum aktuell kein Bedürfnis nach Sex besteht, sondern auch über mögliche Wünsche und Bedürfnisse. Falls es schwer fällt das Thema anzusprechen, können Paare sich Hilfe bei Sexualtherapeuten suchen. 2.) Den Kopf entlasten: Durch Entspannungsübungen wie Autogenes Training, Yoga und Traumreisen kann Stress vermindert werden, da sich emotionale und geistige Belastungen negativ auf die Lust auswirken. 3.) Erotische Fantasien: Wenn das Paar dafür offen ist, können Erotikmagazine und Filme die Lust auf Sexualität wieder aufflammen lassen. Auch Wünsche, die eventuell als peinlich empfunden werden, können so angesprochen werden. 4.) Partnermassagen: Oft hilft es, wenn vorher abgemacht wird wo man sich berühren darf, besonders in Bezug auf Narben oder Amputationen. Außerdem kann es hilfreich und zudem erotisierender sein, wenn sich beide Seiten einig sind, dass der Geschlechtsakt nicht vollzogen wird. Dies nimmt den Druck beider Seiten. 5.) Selbststimulierung: Da eine Tumorerkrankung oft mit einer Körperbildstörung 13 Sexualität in der Onkologie verbunden ist, kann es helfen, vorerst alleine seinen Körper neu zu entdecken. Auch wenn es in manchen Kulturen und Religionen als „schädlich“ bezeichnet wird, ist es eine natürliche Möglichkeit sexuelle Lust zu erleben. Dies bedeutet gleichzeitig positive Gefühle gegenüber des eigenen Körpers zu erfahren. 6.) Professionelle Massagen: Steigern die eigene Körperwahrnehmung. 7.) Sinnliche Atmosphäre schaffen: Kerzenlicht, Lieblingsmusik und dezente Düfte. 8.) Hormonbehandlung: Gibt es in Form von Tabletten, Spritzen, Pflaster und Gele. Nur sinnvoll wenn der Testosteronspiegel zu niedrig ist. Diese Form der Behandlung muss gemeinsam mit dem Arzt entschieden werden, da es Tumore gibt, die hormonabhängig wachsen. (bei Prostata-Ca) [24] 5.3 Vaginale Beschwerden Vaginale Beschwerden können sich aufgrund psychische und physische Ursachen entwickeln. Oft beeinflussen die Ursachen sich gegenseitig. 1.) Trockene Intimschleimhäute: Eine mangelnde Feuchtigkeit ist die Folge einer Atrophie der Intimschleimhäute. Diese kann durch Östrogenmangel (Ovarektomie/Antihormontherapie), Bestrahlungen oder durch neurotoxischen Nebenwirkungen bestimmter Chemotherapien entstehen. Aber auch sexuelles Desinteresse kann sich durch trockene Schleimhäute bemerkbar machen. Hier kann ein klärendes Gespräch mit dem Partner hilfreich sein. Weitere Empfehlungen können sein: wasserlösliche, unparfümierte Gleitgele (keine fetthaltigen Lösungen benutzen, denn diese begünstigen Mykosen und Entzündungen Beratung durch den Gynäkologen bzgl. östrogenhaltiger Salben (Kontraindikation = hormonabhängiger Tumor) [27] 2.) Vaginitis/Vulvitis/Mykosen Patientinnen sollten darüber aufgeklärt werden, dass sie sich bei Anzeichen von Labienschwellungen, ungewöhnlichen Ausfluss, Juckreiz, Brennen oder Schmerzen im Genitalbereich bei dem behandelnden Arzt melden sollen. 14 Sexualität in der Onkologie Gerade bei Patienten, die mit einer hochdosierten Chemotherapie (Methotrexat, Fluorouracil) behandelt werden oder die sich in einer Immunsupression oder Granulozytopenie befinden, ist das Risiko einer Infektion erhöht. Bei der Bestrahlung im Beckenbereich kann je nach Dosis und Dauer eine radiogene Kolpitis entstehen. Die Dauer der Infektion richtet sich nach der Art der Bestrahlung. So kann bei der perkutanen Bestrahlung die Infektion der Intimschleimhaut ein paar Tagen anhalten, während bei der intrakavitären Bestrahlung die Infektion bis zu Wochen vorhanden sein kann. Die Behandlung kann neben den vom Arzt verschriebenen lokal und systemisch wirksamen Antibiotikum, auch folgenende pflegerische Maßnahmen beinhalten: regelmäßige Kontrollen mittels Handspiegel pH-neutrale wasserlösliche Waschutensilien Kamillosan-Duschen; Sitzbäder werden nicht empfohlen nach dem Toilettengang mit Einmaltüchern abtupfen oder abduschen, kein Toilettenpapier benutzen kalt föhnen wird als angenehm empfunden regelmäßiges Wechseln der Slipeinlage lokal Lidocaingel und orale Schmerzmittel nach Anordnung kein Geschlechtsverkehr bis zu Abheilung Partner aufklären und Ausschließen einer Ansteckung [28] 3.) Elastizitätsverlust der Vagina Durch Operationen, Nähte oder einer intrakavitären Bestrahlung im Becken- und Genitalbereich kommt es zur Einschränkung der Dehnbarkeit und einer Verkürzung der Scheide. Um diesem Elastizitätsverlust der Vagina entgegenzuwirken, kann folgendes unternommen werden: Einhaltung der empfohlenen sexuellen Enthaltsamkeit, danach regelmäßiger Genitalverkehr östrogenhaltige Salbe nach Arztanordnung Benutzung von Gleitgel Benutzung von Vaginaldilatoren oder Vaginaltrainer (siehe Anhang 9.2) 15 Sexualität in der Onkologie Beratung durch den Gynäkologen / Sexualtherapeuten evtl. chirurgische Maßnahmen [27] 4.) Vaginismus Die Verkrampfung der Scheide hat oft psychische Belastungen und Ängste als Ursache. Daher steht in diesem Fall die fachliche Beratung durch den Frauenarzt und evtl. durch den Sexualtherapeuten im Vordergrund. Außerdem sollte der Partner durch offene Gespräche mit in das Thema einbezogen werden. Alle genannten vaginalen Beschwerden haben eine Dyspareunie zur Folge, die die Schmerzen beim Geschlechtsverkehr beschreiben. Neben den bereits aufgelisteten Maßnahmen, kann auch das Ausprobieren verschiedener Stellungen hilfreich sein. Zum Beispiel kann die Frau die Intensität und den Rhythmus beim Koitus selbst bestimmen, in dem sie oben liegt. Oder der Mann liegt hinter seiner Partnerin. So können nicht nur Schmerzen reduziert, sondern auch „kritische“ Stellen verborgen werden (verändertes Körperbild). [27] 5.4 Erektile Dysfunktion (ED) Eine ED beschreibt die Unfähigkeit eine, für den Geschlechtsakt ausreichende, Steifheit des Glieds zu erreichen bzw. aufrecht zu erhalten. [29] In den Köpfen der meisten Menschen (besonders bei den Männern selbst) wird die Erektion als Synonym für Potenz (lat. Potentia = Kraft) in Verbindung gebracht. [29] Aufgrund dessen äußern wahrscheinlich viele Männer einen Verlust der Männlichkeit, wenn sie unter einer ED leiden. Mögliche Ursachen können sein: [30] allgemein: Herz- und Gefäßerkrankungen, Über- /Untergewicht psychisch: Depressionen, Versagensängste, Stress, Unattratkivität toxisch: Medikamente (Antiepileptika, Psychopharmaka), Alkohol, Nikotin, Drogen gefäßbedingt: Arteriosklerose, Beckenfraktur nach Trauma endokrin: Testosteronmangel 16 Sexualität in der Onkologie neurologisch: Querschnittverletzung, Nervenschädigung organisch: Peniskarzinom, nach beckenchirurgischen Eingriffen (Prostatektomie, Zystektomie, Rektumextirpation etc. ) Erst durch die genaue Anamnese seitens des Arztes kann eine geeignete Therapie erfolgen. Je nach Ursache variiert auch die Behandlungsform. Wichtig dafür ist die Offenheit und Ehrlichkeit des Betroffenen, denn nur so kann das Problem bestmöglichst behoben werden. Manchmal reicht eine Lebensumstellung (Gewichtsab- bzw. zunahme, Vermeidung von Noxen), eine Medikamentenumstellung oder eine psychologische Behandlung (Psychoonkologe/Sexualtherapeut) aus, um eine vollständige Erektion wieder zu erlangen. Dennoch können, besonders bei den physischen Ursachen, Hilfsmittel eingesetzt werden: 1.) Phosphodiesterase-5-Hemmer: Die bekanntesten Vertreter dieser Gruppe sind Sildenafil (Viagra®), Vardenafil (Levitra®) und Tadalafil (Cialis®). Diese Präparate hemmen den Abbau von cGMP (zyklisches Guanosinmonophosphat), wodurch es zur Vasodilatation in den Schwellkörpern kommt. Der Eintritt der Erektion kann nach ca. 30 Minuten erwartet werden. 2.) SKAT-Therapie: Die Schwellkörperautoinjektionstechnik erfolgt durch Injektion von vasoaktiven Substanzen (Prostaglandine) in den Schwellkörper vom Penis kurz vor dem Sex, Eintritt der Erektion nach 10-20 Minuten. 3.) MUSE-Therapie: Das Medikamentöse Urethrale System zur Erektion beinhaltet die Applikation von Prostaglandin-Pellets direkt in die Harnröhre. Eintritt der Erektion wird nach wenigen Minuten erwartet. 4.) Testosteroneinnahme bei nachgewiesenem Androgenmangel 5.) Vakuumpumpe mit Penisring: Der über den Penis gestülpte Kunststoffzylinder erzeugt einen Unterdruck, wodurch das Blut vermehrt in den Penis strömt. Bei gewünschter Erektion verhindert der Ring ein zu rasches Zurückfließen. Die maximale Anwendungsdauer beträgt 30 Minuten. 6.) Penisprothesen: Schwellkörperimplantate werden selten durchgeführt, meist wenn die oben genannten Verfahren nicht (mehr ) in Frage kommen. Es gibt 17 Sexualität in der Onkologie diese als biegsame Silikonprothesen oder hydraulische Implantate. Letzteres kann durch eine Pumpvorrichtung die Erektion verursachen. Die Benutzer der oben genannten Methoden sollten über die Nebenwirkung eines Priapismus aufgeklärt werden. Dieses bedeutet eine schmerzhafte Dauererektion, welche aufgrund der irreversibel Schädigung des Penisgewebes zu einem urologischen Notfall werden kann. Um medizinische Interventionen (z.B. Medikamentengabe und Anlage eines Shunts) frühzeitig einzuleiten, sollte schnell ein Arzt aufgesucht werden. [31] 5.5 Ejakulationsstörungen Neben der ED sind auch Ejakulationsstörungen für Männer ein oft schwerwiegend empfundener Verlust der Männlichkeit. Vor allem bei Prostataoperationen tauchen diese Beschwerden auf, da es neben der Samenblase die Drüse ist, die einen Teil der Samenflüssigkeit produziert. 1.) Vorzeitiger Samenerguss ( Ejaculatio praecox) Hierbei handelt es sich um den unwillkürlichen Orgasmus vor, bei oder kurz nach der Penetration. Mögliche Ursachen dafür können eine längere sexuelle Enthaltsamkeit, Stress, Erfolgsdruck oder Erektionsstörungen sein. Unter anderem hilft das Definieren und Minimieren der Ursachen, zum Beispiel durch Gespräche mit dem Partner und/oder mit einem Sexualtherapeuten. Hilfsmittel wie aktverlängernde Kondome oder Cremes können zusätzlich benutzt werden, da diese die Empfindungsfähigkeit herabsetzen. Diese Cremes beinhalten Lokalanästhetika, die 15-20 Minuten vor dem Geschlechtsverkehr auf dem Penis aufgetragen werden. [32] Auch durch Masturbation mit der „Start-und-Stopp-Technik“ lässt sich der verzögerte Orgasmus teilweise antrainieren. Hierbei wird der Samenerguss erst provoziert und dann kurz vor dem Einsetzen unterdrückt. [33] 2.) Retrograde Ejakulation Eine Fehlfunktion des inneren Blasenschließmuskels ist häufig die Ursache für einen 18 Sexualität in der Onkologie rückwärts in die Harnblase gerichteten Samenerguss. Diese kann iatrogen (Operationen Prostata/Becken) oder durch neurogene Schädigungen entstehen. Das Ejakulat wird bei der nächsten Miktion ausgeschieden. Bei dem Orgasmus und dem Geschlechtsakt selbst hat die retrograde Ejakulation keine größeren Auswirkungen. Es kann eher zu Problemen beim Kinderwunsch kommen. 3.) Anejakulation Der fehlende Samenerguss muss nicht zwangsläufig mit einem fehlenden Orgasmus gekoppelt sein. Ursachen hierfür können sein: Der Verlust der Prostata und Samenblase, die Bestrahlung in diesem Gebiet oder auch Schädigung der Nerven, die für die Spermaausstoßung zuständig sind. 5.6 Harninkontinenz Der unkontrollierte Verlust von Urin ist oft eine Folge von gynäkologischen oder urologischen Operationen im Beckenbereich (Prostata-, Blasen-, Zervixkarzinomen). Frauen leiden aufgrund ihrer anatomischen Beschaffenheiten (kürzere Urethra) und einer beanspruchten Beckenbodenmuskulatur durch Schwangerschaften, häufiger unter einer Harninkontinenz als Männer. Da Östrogen für eine bessere Durchblutung der Blasenmuskulatur und somit für eine höhere Verschlussfähigkeit sorgt, wirkt sich ein Mangel des Hormons zusätzlich auf die Inkontinenz aus. Neben den geläufigen Inkontinenzformen ( Belastungs- /Drang- /Reflex- und Überlaufinkontinenz), gibt es auch die Bildung von Harnfisteln, die zu einem nicht steuerbaren Urinabgang führen können. Dabei ist es zu einer Verbindung zwischen dem harnableitenden System und der Vagina oder des Rektums gekommen. Dies entwickelt sich oft als Folge von Bestrahlungen im Beckenbereich.[34] Alle Formen der „Blasenschwäche“ können Auswirkungen auf das Intimverhalten haben. Patienten befürchten, dass sie bei Erregung zum Beispiel „tröpfeln“.[ 35] Besonders Männer fühlen sich durch das Tragen von Vorlagen als weniger sexuell begehrenswert und meiden aus Scham den intimen Kontakt zur Partnerin. [13] Daher ist es wichtig, dass auch diese Beschwerden bei einer auftretenden Inkontinenz dem Arzt 19 Sexualität in der Onkologie offen mitgeteilt werden, um Interventionen dagegen einzuleiten. Diese könnten beispielsweise Beckenbodentraining mittels Physiotherapie, Vaginalkonen (kleine Gewichte die bei Belastungsituationen in der Scheide festzuhalten sind) oder Biofeedback-Verfahren ( elektronische Stimulierung der Muskulatur) sein. Je nach Form der Urininkontinenz können auch Operationen in Betracht kommen. Außerdem ist es sinnvoll vor dem Intimverkehr die Toilette aufzusuchen, um die Angst vor dem unwillkürlichen Urinabgang beim Geschlechtsverkehr zu verringern. [34] 5.7 Tumorgeruch Die Sexualität erlebt der Mensch oft mit allen Sinnen. Natürlich ist auch der Geruchssinn stark ausgeprägt, was manchem Patienten ein Problem bereitet. Denn besonders bei exulcerierenden Wunden, wie vor allem beim Mammakarzinom und bei Tumoren im HNO-Bereich, können unangenehme Gerüche entstehen und diese die Stimmung beeinträchtigen. Die psychische Belastung der HNO-Tumorpatienten ist schwer vorstellbar. Nicht nur, dass bei vielen Betroffenen die Erkrankung immer sichtbar ist, sondern auch der oft resultierende Foetor ex ore (Mundgeruch) kann belastend sein. Um diesen zu verringern sollten die Patienten in eine gewissenhafte Mundhygiene geschult werden. Außerdem kann durch Einnahme von Chlorophyll (Stozzon®) die Geruchsbildung reduziert werden. Bei den exulcerierenden Wunden sind oft palliative Patienten betroffen. Auch wenn in dieser Lebensphase der Geschlechtsverkehr für viele keinen hohen Stellenwert mehr hat, so ist die körperliche Zuwendung von Angehörigen doch oft ein starkes Bedürnis. Um störende Faktoren wie den Geruch zu minimieren, hat das moderne Wundmanagement spezielle Auflagen entwickelt. Diese können beispielsweise viel Exsudat aufnehmen oder den Geruch binden (Kohleabsorber). Bei der Herausforderung der Behandlung von exulcerierenden Wunden darf nicht vergessen werden, dass diese trotz aller Empathie und Verständnis für die Angehörigen und das Pflegepersonal ebenfalls eine Belastung darstellen könnte. Das Pflegepersonal 20 Sexualität in der Onkologie kann zum Beispiel dem nahestehenden Personenkreis des Patienten Gesprächbereitschaft anbieten, um offen über Ängste, Hilflosigkeit, Unbehagen und auch Ekel zu sprechen. Um eine stabile Partnerschaft zu fördern, kann es oft hilfreich sein, wenn dem Partner die Aufgabe des Verbandwechsels abgenommen wird, oder er die Wahlmöglichkeit erhält, beim Verbandswechsel das Zimmer zu verlassen. [36] Weitere allgemeine Möglichkeiten zur Geruchsminderung können das Spülen mit Metronidazol nach Arztanordnung und regelmäßige Verbandswechsel sein. Bei der Auswahl an Duftölen sollte man auf süßliche Düfte verzichten, da diese den unangenehmen Geruch oft verstärken. Effektiver ist die Benutzung von anderen Geruchsbinder wie z.. B. Nilodor ® oder ein Schälchen mit Kaffee. [37] 6.) Verhütung In erster Linie ist es aufgrund der toxischen Wirkung der Chemotherapie und der Nebenwirkungen der anderen Säulen der Tumortherapie wichtig, eine sichere Empfängnisverhütung während der Therapie anzuwenden. Neben den Barriere-Methoden, wie Kondome oder dem Diaphragma, müssen andere Verhütungsmaßnahmen gut mit dem behandelnden Arzt besprochen werden, denn einige hormonhaltige Mittel sind bei hormonabhängigen Tumoren kontraindiziert. [38] Des Weiteren sollten Patientinnen mit einem Darmstoma mit ihrem Gynäkologen über die Einnahme der Antibabypille sprechen. Die Resorption kann bei den Betroffenen gestört sein und somit ist eine Verhütung nicht mehr ausreichend. [39] Andere nicht-hormonelle Kontrazeptiva, wie zum Beispiel die Basaltemperaturmessung und Coitus interruptus, sind aufgrund der Effektivität zu überdenken, da besonders durch Infekte oder der B-Symptomatik die Temperatur schwanken kann. [40] Allgemein wird gesagt, dass Betroffene bis zu zwei Jahre nach der abgeschlossenen Therapie warten sollten, bevor ein Kinderwunsch in Betracht gezogen wird. [41] 21 Sexualität in der Onkologie 7.) Schlusswort Die einzelnen Faktoren, die sich auf die Sexualität während und nach einer Krebserkrankung auf das körperliche wie auch das seelische Wohlbefinden des Menschen auswirken können, wurden nun beleuchtet. Zusammenfassend wird deutlich, dass die sexuelle Zufriedenheit eines Paares am meisten von dem Ausmaß der enstandenen Läsionen abhängt. [42] Oft habe ich während meiner Recherchen gelesen, dass der Betroffene sich mit seinem Partner offen über Gedanken, Gefühle und Wünsche austauschen soll. Dabei kam mir der Gedanke, dass dies nicht für jedes Paar so umsetzbar ist. Viele Paare haben wahrscheinlich auch schon vor dem Ausbruch der Erkrankung kaum über Sex, intime Themen oder sexuelle Wünsche geredet. Von den Menschen kann man schlecht erwarten, dass sie nun offen darüber reden möchten/können. Dies kann man auch auf das Pflegepersonal beziehen, das eventuell auch Hemmungen hat, mit dem Patienten über dieses Thema zu reden. Hier komme ich wieder auf das Zitat aus der Einleitung zurück: Jeder Mensch pflegt seinen eigenen Umgang mit seiner Sexualität und hat individuelle Erwartungen und Wünsche. Somit hat auch jeder Patient ein Recht auf einen individuellen Beratungsansatz, aber auch das Recht dies abzulehnen. Auch ist der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zum Patienten und dessen Partner abhängig von der Umgebung und Atmosphäre im Krankenhaus. Es ist durchaus schwierig, ein positives Grundvertrauen aufzubauen und angenehme Situationen zu schaffen, um mit dem Patienten über solche intimen Themen zu sprechen. Denn die frühzeitigen Informationen über das vielfältige Angebot würden eine Chronifizierung sexueller Störungen vorbeugen. [13] Mein Fazit von den Recherchen: Mit viel Einfühlungsvermögen, dem Siganlisieren der Gesprächsbereitschaft und dem Verweis auf Informationsmaterial, Sexualtherapeuten und Selbsthilfegruppen können wir den Anfang zur Auseinandersetzung mit dem Thema „Sexualität in der Onkologie“ schaffen und somit den Betroffenen helfen, ein ausgefülltes Sexualleben nach der Diagnose Krebs wiederzuerlangen! 22 Sexualität in der Onkologie 8.) Literaturverzeichnis 1. AIDS-Aufklärung Schweiz: Sexuelle Gesundheit; Was ist Sexualität http://www.aids-info.ch/index.php?page=451 (23.08.2014) 2. Zettl S, Kroner T. Sexualität und Fertilität. In: Margulies A, Kroner Th, Gaisser A, Bachmann-Mettler (Hrsg). Onkologische Krankenpflege 5. Auflage. Berlin: Springer, 2010: 544 3. Student J-C, Napiwotzky A: Thieme CNE.online - Palliative Care wahrnehmenverstehen-schützen https://cne.thieme.de/cne-webapp/r/library/page/9783131429421_1_1 (23.08.2014) 4. Joachim Kepplinger. Partnerschaft und Krebserkrankung , Band 8 . Münster: LIT Verlag, 1996: 39 5. Gaisser A. Mammakarzinom und gynäkologische Tumore. In: Margulies A, Kroner Th, Gaisser A, Bachmann-Mettler (Hrsg). Onkologische Krankenpflege 5. Auflage, Berlin: Springer, 2010: 749 6. Zettl, Stefan: Krebs und Sexualität. Heidelberg: Ernst Reinhardt Verlag http://www.reinhardt-verlag.de/pdf/pmprobe-zettl.pdf (23.08.2014) 7. Zettl S. Veränderungen des Körperbildes. In: Margulies A, Kroner Th, Gaisser A, Bachmann-Mettler (Hrsg). Onkologische Krankenpflege 5. Auflage, Berlin: Springer 2010: 540 8. Frauenselbsthilfegruppe nach Krebs Bundesverband e.V. Patientenratgeber Krebs und Sexualität Heidelberg, 2013: 18 9. Zettl S. Veränderungen des Körperbildes. In: Margulies A, Kroner Th, Gaisser A, Bachmann-Mettler (Hrsg). Onkologische Krankenpflege 5. Auflage, Berlin: Springer 2010: 540 10. Frauenselbsthilfegruppe nach Krebs Bundesverband e.V. Patientenratgeber. Krebs und Sexualität Heidelberg. 2013: 29 11. Zettl S. Veränderungen des Körperbildes. In: Margulies A, Kroner Th, Gaisser A, Bachmann-Mettler (Hrsg). Onkologische Krankenpflege 5. Auflage, Berlin: Springer 2010: 540 23 Sexualität in der Onkologie 12. Zettl S, Kroner T. Sexualität und Fertilität. In: Margulies A, Kroner Th, Gaisser A, Bachmann-Mettler (Hrsg). Onkologische Krankenpflege 5. Auflage. Berlin: Springer, 2010: 550 13. Zettl, Stefan: Krebs und Sexualität. Heidelberg: Ernst Reinhardt Verlag http://www.reinhardt-verlag.de/pdf/pmprobe-zettl.pdf (23.08.2014) 14. Joachim Kepplinger, Partnerschaft und Krebserkrankung , Band 8 , Münster, LIT Verlag, 1996: 43 15. Student J-C, Napiwotzky A: Thieme CNE.online - Palliative Care wahrnehmenverstehen-schützen. https://cne.thieme.de/cne-webapp/r/library/page/9783131429421_1_1 (23.08.2014) 16. Abt-Zegelin A, Georg J. „Sieht man was?“ Körperbildstörungen in der Pflege. http://www.mabuse-verlag.de/Downloads/1681/168_AbtZegelin_Georg.pdf (28.08.2014) 17. Höhere Fachschule Gesundheit Zentralschweiz: Das veränderte Körperbild (Price,1999). http://hfgz.educanet2.ch/onkologie/daten/4bc3b67270657262696c64766572c3a4 6e646572756e67.pdf (28.08.2014) 18. Zettl S. Veränderungen des Körperbildes. In: Margulies A, Kroner Th, Gaisser A, Bachmann-Mettler (Hrsg). Onkologische Krankenpflege 5. Auflage, Berlin: Springer 2010: 538 19. Dansac GmbH. Urostomieratgeber. Hürth. 01/2009:27 20. Grond E: ThiemeCNE.online; Sexuelle Funktionstörungen - Krank,alt, asexuell?https://cne.thieme.de/cnewebapp/r/training/learningunits/details/10.105 5_s-0034-1372500 (23.08.2014) 21. 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Die Schwester Der Pfleger 50. Jahrg. 07/11 Seite 638 Interview mit Thomas Montag „Was zählt, sind die Wünsche des Patienten“ http://www.pflegeportal.ch/pflegeportal/pub/Was_zaehlt_sind_die_Wuensche_S _P_07_11_2286_1.pdf (23.08.2014) 37. Margulies A. Haut- und Nagelveränderungen. In: Margulies A, Kroner Th, Gaisser A, Bachmann-Mettler (Hrsg). Onkologische Krankenpflege 5. Auflage, Berlin: Springer 2010:455 38. Frauenselbsthilfegruppe nach Krebs Bundesverband e.V. Patientenratgeber Krebs und Sexualität Heidelberg, 2013:19 39. Coloplast. Verhütungund Schwangerschaft. . http://www.mein.coloplast.de/lebenmitstoma/nachderop/sexualit%C3%A4t_und _schwangerschaft/verhuetungundschwangerschaft (23.08.2014) 40. Skibbe X, Löseke A: Thieme CNE.online; Gynäkologie und Geburtshilfe für Pflegeberufe https://cne.thieme.de/cnewebapp/r/library/page/9783131241634_2_1 (23.08.2014) 41. Frauenselbsthilfegruppe nach Krebs Bundesverband e.V. Patientenratgeber Krebs und Sexualität Heidelberg, 2013:20 42. Joachim Kepplinger, Partnerschaft und Krebserkrankung , Band 8 , Münster, LIT Verlag, 1996: 44 26 Sexualität in der Onkologie 9.) Anhang 9.1) Dessous für Stomaträger www.life-care-products.de/produkte-damen.html www.stoma-na-und.de 27 Sexualität in der Onkologie www.viktoriafashion.com 9.2) Vaginaldilator Durch Bindegewebsvermehrung auf dem Schleimhautgewebe, der verminderten Elastizität, den Schmerzen und den psychischen Belastungen, wie Angst, kann es zum Vaginismus bei Bestrahlung im Intimbereich kommen. Aufgrunddessen wurde vom National Forum of Gynaecological Oncology Nurses (NFGON) Richtlinien bei Patientinnen in der Strahlentherapie verfasst, welche vorwiegend an Gynäkologiepatientinnen zum Einsatz kommen. Aber auch für Patientinnen, die im Beckenbereich bestrahlt werden, kann es in Betracht kommen. Die vaginalen Veränderungen können in den nächsten 5 Jahren nach der Behandlung auftreten und durch Benutzung des Vaginaldilators und durch regelmäßigem Geschlechtsverkehr reduziert werden. Zum genauen Startpunkt der Dilatation gibt es verschiedene Angaben. Oft wird eine Spanne von 2 bis 4 Wochen nach der Behandlung als Erholungszeit für die Scheidenschleimhaut eingeräumt. Im Folgendem einige Anwendungshinweise: ausführliche Schulung durch Ärzte / qualifiziertes Pflegepersonal, evtl. mit Partner am Anfang am besten mit der kleinsten Größe beginnen mindestens dreimal wöchentlich (erforderliche Frequenz kann auch mit Geschlechtsverkehr kombiniert werden) für ca. 5 bis 10 Minuten entspannte, ruhige Atmosphäre 28 Sexualität in der Onkologie Muskeln des Beckenbodens müssen entspannt sein (liegend, stehend) Partner kann mit einbezogen werden wasserlösliches Gleitmittel vorher auftragen Einführung mit sanften Druck, ohne Gewalt einige Male nach vorne und hinten schieben, dann von links nach rechts drehen langsam durch drehende Bewegungen entfernen wenn nach mehrmaliger, problemloser Durchführung kann auf die nächste Größe umgestellt werden Ausfluss und leichte Blutung können bei der Verwendung auftreten, wenn diese aber zu stark werden bzw. starke Schmerzen auftreten Abbruch der Durchführung und Vorstellung beim verantwortlichen Arzt http://www.dynamicare.ch/images/dynamicare/dokumente/Richtlinien_fuer_die_beste_ Praxis_Anwendung_Amielle.pdf 29