Institut für Theoretische Informatik ITI Dr. Jürgen Koslowski Einführung in die Logik Aufgabenblatt 9, 2016-06-21 Lesen Sie bitte die verbesserte Motivation für die Prädikatenlogik im Skript. Das Alphabet der Prädikatenlogik besteht aus . V, einer abzählbar unendlichen Menge von Variablen x0 , x2 , x3 , . . . , . einer Signatur Σ, . den Quantoren ∀ und ∃ . und den Hilfssymbolen Klammern )“ , (“ , Komma ,“ und Doppelpunkt :” ” ” ” ” Die Menge aller Σ-Terme ist die kleinste Menge, die . V umfaßt, d.h., jede Variable x0 , x1 , x2 . . . ist ein Term; . mit jedem n-stelliges Funktionssymbol f und n Termen ti , i < n, auch f (t0 , . . . , tn−1 ) enthält. (Im Fall n = 0 erhält man so die Konstanten.) Die Menge aller Σ-Terme deren Variablen in M ⊆ V liegen bezeichnet man mit TΣ (M). . Atomare Formeln haben die Form t0 = t1 sowie R(t0 , . . . , tn−1 ) wobei die ti Terme sind und R ein n-stelliges Prädikatssymbol aus Σ ist. . Die Formeln der Prädikatenlogik bilden die kleinste Menge, 1. die jede atomare Formel enthält, 2. bezüglich der Junktoren ¬, ∧ und ∨ abgeschlossen ist, 3. mit jeder Formel F und jeder Variable x auch (∀x : F ) und (∃x : F ) enthält. Übungsaufgabe 39 es Die Signatur Σ enthalte drei Funktionssymbole g, f , c mit den Stelligkeiten 3, 1 bzw. 0, und zwei Relationssymbole R, S mit den Stelligkeiten 2 bzw 2. Entscheiden Sie, welche der folgenden Ausdrücke korrekt gebildete prädikatenlogische Terme oder Formeln dieser Signatur sind (x, y, z seien Variablen). Falls ein Term vorliegt, zeichnen Sie den Syntaxbaum; falls weder ein Term noch eine Formel vorliegt, begründen Sie dies. (a) f (f (c)) (b) R(R(c, x), y) (c) g(f (g(x, f (y), z)), z, f (c)) (d) R(x, y) ⇒ (∃z : S(z, y)) (e) ∀x : ∃y : (R(c, f (x, c)) ∧ ((∀z : S(c, c)) ∨ R(g(h(x), c, c), z))) ( f ) x = g(x, x, f (x)) ∨ ∃c : f (x) = c (g) ∃x : ∀y : R(x, y) ∨ S(y, g(c, c, x))f (x) = g(x, z, f (y)) Lösungsvorschlag: Vorüberlegung: Sobald Relationssymbole oder die Gleichheit auftreten, kann es sich nicht mehr um Terme handeln. (a) Term mit Syntaxbaum f f c (b) R(R(c, x), y) ist weder ein Term (da Relationssymbole auftreten), noch eine atomare Formel, da das erste Argument des äußeren Relationssymbols R kein Term ist. (c) Term mit Syntaxbaum g z f c g x f f z y (d) Formel; es spielt keine Rolle, dass die Variable z nicht in S auftritt. (e) keine Formel; in der ersten Instanz von R hat das zweite Argument f zwei Argumente statt nur eins. ( f ) Da die Signatur eine Konstante c beinhaltet, dürfen wir keine Variable mit c benennen, insofern handelt es sich bei ∃c : nicht um einen zulässigen Junktor und der Ausdruck ist keine korrekte Formel. (Bei einer Signatur ohne Konstante c wäre dieser Teil des Ausdrucks aber eine korrekte Formel.) (g) keine Formel; die Konkatenation von S(y, g(c, c, x)) und f (x) ist nicht definiert. Aufgabe 40 [18 PUNKTE] Weisen Sie ¬(A ⇒ B) ⇒ (C ⇒ A) als Tautologie nach: (a) [4 punkte] mittels Wahrheitstafel; (b) [8 punkte] mittels natürlicher Deduktion, indem Sie ¬(A ⇒ B) ` C ⇒ A betrachten; (c) [3 punkte] mittels semantischer Überlegungen, indem Sie die Folgerelation ¬(A ⇒ B) |= C ⇒ A betrachten; (d) [3 punkte] mittels semantischer Umformungen. Lösungsvorschlag: (a) A 0 0 0 0 1 1 1 1 B 0 0 1 1 0 0 1 1 C 0 1 0 1 0 1 0 1 ¬(A ⇒ B) 0 0 0 0 0 0 1 1 C⇒A 0 1 0 1 0 0 0 0 ¬(A ⇒ B) ⇒ (C ⇒ A) 1 1 1 1 1 1 1 1 (b) ¬(A ⇒ B) Praemisse C Kastenpraemisse ¬A Kastenpraemisse A Kastenpraemisse ⊥ (⊥i), 3, 4 B (⊥e), 5 A⇒B (⇒i), 4 − 6 ⊥ (⊥i), 1, 7 ¬¬A (¬i), 3 − 8 A (¬¬e), 9 C⇒A (⇒i), 2 − 10 (c) Jede Belegung α, die ¬(A ⇒ B) ≡ A ∧ ¬B erfüllt, muß A erfüllen, folglich auch A ∨ ¬C ≡ C ⇒ A. (d) ¬(A ⇒ B) ⇒ (C ⇒ A) ≡ ¬(¬(¬A ∨ B)) ∨ ¬C ∨ A ≡ ¬A ∨ B ∨ ¬C ∨ A ≡ > Aufgabe 41 [12 PUNKTE] Die Signatur Σ enthalte ein 2-stelliges Prädikatensymbol P , Funktionssymbole c (0-stellig, Konstante), f (1-stellig) und g (2-stellig). Welche der folgenden Ausdrücke in den Variablen x, y und z sind korrekt gebildete Formeln über Σ? (a) [2 punkte] ∀x : (∃x : ((x = z) ∧ (P (f (c), g(c, x)) ∨ (f (x) = x)) ⇒ z)) (b) [2 punkte] (x = c) ∨ (∀x : (P (x) ∧ (f (g(z, y)) = c)) (c) [2 punkte] ∃y : (∀x : ((g(x, y) = c) ∧ ¬(c = x))) (d) [2 punkte] (f (x) = c) ∧ (∃c : (c = x)) (e) [2 punkte] ∃x : (y = f (g(x, x), x)) ( f ) [2 punkte] ∀x : (P (f (g(f (f (f (x))), f (g(x, x)))))) Identifizieren Sie die Fehler bei den unzulässigen Formeln und geben Sie bei den zulässigen Formeln jeweils die freien und die gebundenen Variablen an. Lösungsvorschlag: (a) Korrekt; gebunden: x, frei: z (b) Falsch: P (x) widerspricht der 2-Stelligkeit von P (c) Korrekt; gebunden: x und y, keine freien Variablen (d) Falsch: über die Konstante c kann nicht quantifiziert werden. (e) Falsch: f ist nur 1-stellig, wird hier aber 2-stellig verwendet. ( f ) Korrekt; gebunden: x Aufgabe 42 [15 PUNKTE] (a) [5 punkte] Identifizieren Sie die Menge FRM (M) der aussagenlogischen Formeln mit Variablen in M als Term-Algebra für eine geeignete Signatur Σ. (b) [5 punkte] Wie genau sind die konkreten Operationen auf dieser Term-Algebra definiert? Bitte unterscheiden Sie deutlich zwischen den Funktionssymbolen in Σ und deren Interpretation auf FRM (M). (c) [5 punkte] Wie sehen die resultierenden atomaren prädikatenlogischen Formeln für Ihre Signatur Σ aus? Erweitern Sie ggf. Ihre Signatur, so dass Sie im Wesentlichen die Semantik der Aussagenlogik wiederfinden. Lösungsvorschlag: (a) Die Signatur Σ enthalte zunächst nur eine Konstante (= 0-stelliges Funktionssymbol) ⊥, ein einstelliges Funktionssymbol ¬ und zwei 2-stellige Funktionssymbole ∧ und ∨. Die resultierenden Terme in Präfixschreibweise entsprechen genau den Formeln aus Definition 2.1.3. in Infix-Schreibweise. Alternativ kann man Terme wie Formeln als geordnete Bäume auffassen, mit Variablen bzw. Konstanten als Blätter und positiv-stelligen Funktionssymbolen als inneren Knoten, die nur unterschiedlich bezeichnet werden. (b) Wir bezeichnen die Funktionen auf der Termalgebra mit den entsprechenden roten Symbolen. Dann gilt ¬(F ) = ¬F ∧(F, G) = F ∧ G ∨(F, G) = F ∨ G (c) Ohne explizites Prädikat in Σ sind die einzigen atomaren prädikatenlogischen Formeln solche, die die (syntaktische) Gleichheit zwischen zwei aussagenlogischen Formeln behaupten. Interessanter ist der Fall, in dem es ein 2-stelliges Prädikatssymbol ≡ in Σ gibt. Die intendierte Interpretation ist natürlich die semantische Äquivalenz aussagenlogischer Formeln. Neu gegenüber der Aussagenlogik in Teil 1 der VL sind die Quantifizierungen über Variablen. Dort kann man praktisch überall implizite All-Quantoren ergänzen, z.B. beim Absorbtionsgesetz: ∀A : ∀B : A ≡ A ∧ (A ∨ B) Existenz-Quantoren kommen eher selten vor. Betrachte z.B. ∀A : ∃B : A ∨ B ≡ ¬⊥ sowie ∃A : ∀B : A ∨ B ≡ ⊥ Die erste dieser prädikatenlogischen Formeln ist wahr, die zweite nicht.