© Sigg Audio Design – Messprotokoll Viper Seite |1 Messprotokoll Viper 1 Inhalt Worum geht es? Auf den folgenden Seiten sollen die akustischen Eigenschaften der Viper dokumentiert und kommentiert werden um dem Leser ein Bild der klanglichen Qualitäten des Lautsprechers zu vermitteln. Viper Die Viper ist ein so genanntes 2.5 Weg System, d.h. es ist im Prinzip eine normale 2-Weg Box, die in tiefen Frequenzen durch einen zweiten Tieftöner subwoofer-artig ergänzt wird. Der erste Tiefmitteltöner läuft also zu tiefen Frequenzen hin ungefiltert. Die verwendeten Chassis sind von allerbester Qualität. Sie stammen von Scan-Speak und finden Verwendung in zahlreichen Traumlautsprechern der Superlative wie Wilson Audio, Wilson Benesch, Sonus Faber, Krell etc. Diese Chassis besitzen nicht zu Unrecht einen exzellenten Ruf, wie die folgenden Messungen zeigen werden. Das Gehäuse ist aus 22mm MDF aufgebaut und aufwändig verstrebt, die Wände sind zusätzlich mit 4mm Bitumen bedämmt. Lackiert ist es mit einem strapazierfähigen 2-Komponentenlack in einem dunkeln, matten Blauton. Mario Sigg - Februar 2009 © Sigg Audio Design – Messprotokoll Viper Seite |2 2 Messdiagramme Summenfrequenzgang unter Winkeln in 10° Schritten (0° bis 50°) Die Messungen wurden in 1 Meter Abstand und nicht kalibriert durchgeführt. Der Wirkungsgrad an 2.83V Normspannung beträgt ca. 88 dB. Unterhalb von 200 Hz besitzt der Frequenzgang aufgrund des verwendeten Zeitfensters keine Aussagekraft. Die Box spielt effektiv bis ca. 40 Hz hinunter. Der Frequenzverlauf auf 0° schwankt in einem Bereich von ca. +/- 2 dB, wobei der Bereich zwischen 600 und 1500 Hz minimal betont ist und der Hochtonbereich wieder leicht ansteigt. Unter Winkeln zeigen sich die typischen Effekte der Richtwirkungen der einzelnen Chassis. Der Hochtöner beginnt oberhalb von 6 kHz zunehmend zu bündeln, im seinem unteren Arbeitsbereich (bei etwa 2.5 kHz) strahlt er schön breit. Die minimale Zurückhaltung auf Achse im Bereich von 2.5 kHz ist notwendig, damit sich ein ausgewogener Energiefrequenzgang ergibt. Die Messsungen zeigen, dass ausserhalb der Achse der Schallpegel erst bei Winkeln von 50° deutlich abnimmt. Ähnliches gilt für die Betonung der Frequenzen zwischen 600 und 1500 Hz, diese liegen beim Mitteltöner ebenfalls im Bereich zunehmender Bündelung. Der Lautsprecher ist also nicht einfach auf hohe Linearität auf Achse ausgelegt, sondern berücksichtigt das Bündelungsverhalten der einzelnen Chassis und sorgt damit für eine über alle Frequenzen ausgewogene Energieverteilung im Raum. Mario Sigg - Februar 2009 © Sigg Audio Design – Messprotokoll Viper Seite |3 Einzelfrequenzgänge Die Einzelfrequenzgänge zeigen ein mustergültiges Verhalten der einzelnen Chassis. Hochtöner und Mitteltöner schneiden sich bei etwa 2.2 kHz (= Trennfrequenz). Die Filterflanken verlaufen annähernd perfekt spiegelbildlich zueinander. Die Schalladdition zwischen beiden Chassis gelingt damit perfekt. Durch die Neigung der Front rücken Schallentstehungsort von Mittel- und Hochtöner nahe aufeinander. Der Mitteltöner wird bei tiefen Frequenzen durch einen weiteren Tieftöner unterstützt, der sich aber sehr früh wieder verabschiedet. Er mag hier unbedeutend erscheinen, ist aber entscheidend zur Steigerung der Pegelfestigkeit und zur Ausdehnung des Tiefgangs. Die Filtersteilheit zwischen Mitteltöner und Hochtöner ist relativ steil. Dies erfordert etwas mehr Bauteile in der Frequenzweiche, was als Nachteil gesehen werden kann, erlaubt aber gleichzeitig die exakte Formung der Filterkurven. Dadurch wird eine optimale Schalladdition gewährleistet, Hoch- und Mitteltöner verschmelzen zu einer klanglichen Einheit, die Belastbarkeit des Hochtöners wird gesteigert und der kleine Überlappungsbereich beschränkt unvermeidbare Unregelmässigkeiten der vertikalen Abstrahlung auf einen schmaleren Frequenzbereich. Mario Sigg - Februar 2009 © Sigg Audio Design – Messprotokoll Viper Seite |4 Impedanz und Phase Die Impedanz bewegt sich zwischen 3 und 16 Ohm. Die 4 Ohm-Grenze wird im stromhungrigen Bassbereich bei 30 Hz sowie im unteren Mitteltonbereich (zwischen 250 und 500 Hz) unterschritten. Die Viper qualifiziert sich damit als 4-Ohm Lautsprecher. Das Impedanzmaximum liegt bei 3.5 kHz. Im Hochtonbereich sinkt die Impedanz nicht unter 6.5 Ohm und ist damit Verstärker- unkritisch. Bei ca. 800 Hz sowie 1800 Hz sind zwei Höcker erkennbar, die auf zwei Saugkreise zurückzuführen sind. Im Tieftonbereich führt die Überlagerung der Impedanzen der beiden Tieftöner zu einem etwas welligen Verlauf. Die elektrische Phase variiert in einem Bereich von etwa - 25° bis + 45°. Die relativ tiefe Impedanz des Lautsprechers sowie der wellige Verlauf machen einen ausreichend laststabilen Verstärker für eine optimale Wiedergabe notwendig. Röhrenverstärker sich nicht zu empfehlen, ein kräftiger Transistorverstärker mit gutem Dämpfungsfaktor kann das Potential des Lautsprechers hingegen voll ausschöpfen. Mario Sigg - Februar 2009 © Sigg Audio Design – Messprotokoll Viper Seite |5 Sprungantwort Die Sprungantwort zeigt sich sehr sauber. Der schmale erste Peak ist der Hochtöner, darauf folgt nach einem kurzen Überschwinger etwas breiter und mit langsamerem Abklingen der Mitteltöner. Der Tieftöner folgt aufgrund der tiefen Trennung ausserhalb des dargestellten Bereichs. Mario Sigg - Februar 2009 © Sigg Audio Design – Messprotokoll Viper Seite |6 Verzerrungen bei 2.83V Die Verzerrungen bei ca. 88 dB sind tadellos. Der klanglich wenig schädliche K2 liegt im Mittel bei etwa 0.4 %, K3 über weite Strecken unterhalb von 0.1%. Erst bei tiefen Frequenzen steigen die Verzerrungen an, da die Chassis stärker auslenken, sie bleiben aber selbst bei ordentlichem Membranhub noch sauber. Verzerrungen bei 9V (= maximale Auslenkung bei 40 Hz) Mario Sigg - Februar 2009 © Sigg Audio Design – Messprotokoll Viper Seite |7 Bei 9 Volt Spannung wird bei 40 Hz die maximale Auslenkung der Tieftöner erreicht. Diese Spannung entspricht einem Schallpegel von bereits 97.5 dB. K2 liegt im Durchschnitt bei ca. 1%, K3 bleibt weit unter 1% und damit kaum wahrnehmbar. Bei tiefen Frequenzen wiederum steigt der Klirr an. Verzerrungen bei 20V 20 Volt Spannung entspricht einem Pegel von über 104 dB.1 Die Messung beginnt bei 100 Hz, tiefere Frequenzen würden die Tieftöner mechanisch überlasten. K2 ist wiederum etwas angestiegen und schwankt grösstenteils zwischen 1% und 2%. Vereinzelt sind kleine Peaks feststellbar, die das Klangbild noch nicht beeinträchtigen. K3 bleibt weiterhin unter 1%. Im Weiteren sind die Verzerrungswerte konsistent über den gesamten Frequenzbereich, so bleibt z.B. auch der Hochtöner bei Höchstpegeln absolut stressfrei. Diese Verzerrungswerte sind für einen Hifi-Lautsprecher nicht anders als aussergewöhnlich zu bezeichnen. Die hohen dynamischen Reserven sind entscheidend dafür verantwortlich, dass Musik als dynamisches Ereignis livehaftig, impulsiv und frei von Kompressionseffekten wiedergeben werden kann. 1 20 Volt Verstärkerspannung bei einer minimalen Impedanz des Lautsprechers von 3.5 Ohm führen zu einer Leistungsabgabe von über 100 Watt. Mario Sigg - Februar 2009 © Sigg Audio Design – Messprotokoll Viper Seite |8 Wasserfalldiagramm Das Wasserfalldiagramm zeigt, wie schnell der Lautsprecher nach Anregung wieder zur Ruhe kommt. Die Viper klingt über den ganzen Frequenzbereich zügig ab, es sind keine lang anhaltenden Resonanzen erkennbar. Naturgemäss dauert es im Grund und Mitteltonbereich etwas länger, bis wieder Ruhe eingekehrt ist. Eine leichte Verzögerung ist um 5 kHz erkennbar. Mario Sigg - Februar 2009 © Sigg Audio Design – Messprotokoll Viper Seite |9 Burst Decay Hier wird das Ausklingen des Lautsprechers in Anzahl Schwingungsperioden angegeben. Es wird deutlich, dass die Verzögerung im Bass- und Mitteltonbereich in Relation zur Frequenz unbedeutend ist, die festgestellte Verzögerung im Hochtonbereich bleibt bestehen, klingt aber trotzdem schnell ab. Auf beiden Diagrammen ist wiederum der lineare Frequenzgang erkennbar. Das Abklingen kann insgesamt als sehr gut bezeichnet werden, was eine klare und transparente Wiedergabe erwarten lässt. Mario Sigg - Februar 2009 © Sigg Audio Design – Messprotokoll Viper S e i t e | 10 Directivity Pattern Die Grafik zeigt das seitliche Rundstrahlverhalten des Lautsprechers in 5°-Schritten über den Bereich von +/- 55°. Die Bündelung im Hochtonbereich ist deutlich erkennbar. Bei 20 kHz und unter 55° ist der Pegel etwa 15 dB leiser als auf Achse, ein typisches Verhalten für Hochtonkalotten. Mario Sigg - Februar 2009 © Sigg Audio Design – Messprotokoll Viper S e i t e | 11 Directivity Pattern 2 (normalized) Hier wird dasselbe Datenmaterial wie vorhin in anderer Form dargestellt. Der wellige Frequenzgang wurde zur einfacheren Interpretation linearisiert. Wiederum ist im Hochtonbereich die ausgeprägte Richtwirkung erkennbar. Darüber hinaus wird deutlich, dass der Mitteltöner ab 500 Hz zunehmend bündelt, bis bei 2 kHz der Hochtöner ins Spiel kommt. Um 2.5 kHz unter kleinen Winkeln nimmt der Schallpegel zuerst zu, bevor er unter grösseren Winkeln ebenfalls abfällt. D.H. es wird in diesem Bereich relativ viel Energie abgestrahlt, weshalb hier der Pegel auf Achse wie erwähnt etwas zurückgenommen wurde. Eine Optimierung des Frequenzverlaufs auf 0° würde zu einer überpräsenten Wiedergabe führen und könnte je nach Musikrichtung das Klangbild etwas vorlaut wirken lassen. Mario Sigg - Februar 2009 © Sigg Audio Design – Messprotokoll Viper S e i t e | 12 Frequenzweiche Bass Der Bass ist mit 12 dB/Oktave gefiltert. Damit das Filter optimal funktioniert, wurde die Grundresonanz mit einem RCL-Glied linearisiert. Durch Variation des Wiederstands im RCL-Glied oder durch ein Verschliessen des Reflexrohrs lässt sich der Bass an den eigenen Geschmack oder Hörraum anpassen. Mitteltöner Der Mitteltöner läuft gegen unten ungefiltert, nach oben ist er 18 dB/Oktave gefiltert. Hier wurde für ein optimales Funktionieren des Filters der Impedanzanstieg des Chassis linearisiert, zudem kommen zwei Saugkreise zum Einsatz. Der erste linearisiert den Frequenzanstieg des Bafflesteps, der zweite eine Resonanzspitze um 1500 Hz. Mario Sigg - Februar 2009 © Sigg Audio Design – Messprotokoll Viper S e i t e | 13 Hochtöner Der Hochtoner wird ebenfalls mit 18 dB/Oktave gefiltert. Ein L-Glied sorgt für eine Anpassung des Pegels an den Mitteltöner. Der notwendige Spulenwert des Parallelglieds wird durch Serienschaltung zweier separaten Spulen erreicht. Zusätzlich sorgt ein Widerstand für eine Verrundung der Filterkurve. Durch Variation dieses Widerstands kann der Präsenzbereich des Lautsprechers justiert werden. 3 Fazit Die Viper kombiniert herausragendes Chassismaterial zu einem stimmigen Gesamtkonzept. In allen messtechnischen Kategorien glänzt sie mit sehr guten Werten. Besonders hervorzuheben sind die tiefen Verzerrungen selbst bei höchsten Pegeln - eine Voraussatzung um Musik dynamisch zu erleben. Und wie steht’s jetzt mit dem Klang? Man könnte zwar sagen: sie klingt so, wie sie sich misst, aber das mag auch nur dem Techniker genügen. Es soll bei der folgenden Klangbeschreibung nicht von Superlativen Gebrauch gemacht werden, sondern nüchtern der Klang beschrieben werden. Das Hauptmerkmal der Viper ist nach Ansicht des Autors die Eigenschaft, Musik absolut natürlich, zum Greifen nah und aus einem Guss in den Raum zu stellen. Grob- und Feindynamik verschmelzen und passen zusammen. Das Klangbild bleibt über grosse Lautstärkebereiche konstant, bereits leise wird ein Grossteil des ganzen Klangspektrums wahrgenommen, es darf aber gern mal lauter werden, ohne dass dabei der Klang gestresst wirkt. Präferenzen bezüglich Musikrichtung? Keine - solange die Aufnahme über eine ordentliche Qualität verfügt. Allerdings ist es nicht so, dass nur noch ein paar wenige Alben toll klingen, sondern man erst jetzt auf vielen Alben Nuancen entdeckt, die vorhin schlicht verborgen blieben. Einzig bei der heute leider verbreiteten hohen Dynamik-Kompression im Pop-Bereich kommt die grosse Dynamikfähigkeit der Scan-Speak Chassis nicht zum tragen, da reicht oft auch weniger. Mario Sigg - Februar 2009 © Sigg Audio Design – Messprotokoll Viper S e i t e | 14 Die räumliche Abbildung ist sehr exakt, mit ein Verdienst der bis jetzt noch nicht erwähnten geringen Chassistoleranzen. Tonalität? Der Frequenzgang ist sehr linear, d.h. der Bass ist verglichen mit üblichen Hifi-Boxen eher schlank, reicht aber tief und ist schnell. Die Box ist präsent, ein Hi-Hat ist als solches zu erkennen, Bläser können wenn‘s sein muss richtig strahlen oder auch mal tatsächlich blechern klingen, allerdings ohne zu kreischen. Wenn man dem Lautsprecher eine gewisse Abweichung vom linearen Ideal „vorwerfen“ kann, ist es eine minimale Betonung im Mitteltonbereich und eine minimale Zurückhaltung im Präsenzbereich, damit erweist sie sich als absolut langzeittauglich. Da der subjektive klangliche Eindruck individuell verschieden ist, ist auch der obige Klangbeschrieb als solches zu betrachten. Da ist es gut zu wissen, dass die Frequenzweiche genügend Spielraum bietet, den Klang den individuellen Präferenzen anzupassen. Mario Sigg - Februar 2009