Medikamentöse Tumortherapie (Chemotherapie) Ein Ratgeber der Krebsliga für Betroffene und Angehörige Impressum Herausgeberin: Krebsliga Schweiz Effingerstrasse 40, Postfach 8219, 3001 Bern Tel. 031 389 91 00 Fax 031 389 91 60 E-Mail: [email protected] www.swisscancer.ch Autorinnen: Dr. Agnes Glaus und Dr. Anne Durrer Redaktion: Nicolas Broccard, Susanne Lanz, Martin Leutenegger Layout und Satz: Typopress Bern AG, Bern Druck: Imprimerie St-Canisius SA, Fribourg Copyright: 1999, 2002, Krebsliga Schweiz, Bern Diese Broschüre ist auch in französischer und italienischer Sprache erhältlich. Hinweis zur Schreibweise: Wird im Text abwechselnd die weibliche und männliche Form verwendet, gilt sie jeweils für beide Geschlechter. KLS/5.2002/46 000 D/2. Auflage/1101 Medikamentöse Tumortherapie (Chemotherapie) Inhalt Zu dieser Broschüre 4 Was ist Krebs? 6 Therapie nach Mass 10 Welche Medikamente? Wie wirken sie? 14 Wie verläuft eine Chemotherapie? 22 Unerwünschte Wirkungen 24 Was tun gegen… ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ Haarausfall Müdigkeit Entzündungen im Mundbereich Übelkeit und Erbrechen Verdauungsprobleme (Verstopfung, Durchfall) Appetitverlust Niedrige Blutwerte Venenprobleme bei Infusionen Störungen der Nerven- und Muskelfunktionen Hautreaktionen Störungen im Hormonhaushalt 27 29 31 32 33 33 34 36 36 37 37 Das Leben geht weiter – aber wie? ■ ■ ■ ■ ■ Essen und Trinken Arbeit Sexualität Frauen Männer Alkohol und Nikotin Andere Medikamente 38 40 40 41 42 43 44 Komplementäre Behandlungsmethoden 45 Lassen Sie sich beraten 47 Anhang 48 Persönliches Merkblatt «Unerwünschte Wirkungen» 52 Zu dieser Broschüre Liebe Leserin, lieber Leser Sie befinden sich zurzeit in einer schwierigen Situation. Sie haben eine belastende Diagnose erhalten und möchten wissen, wie die Krankheit am besten bewältigt und behandelt werden kann. Zwischen Angst und Hoffnung hin und her schwankend, möchten Sie trotzdem die Gedanken ordnen und die für Sie richtigen Entscheidungen treffen. Vielleicht haben Sie schon Verschiedenes über die Chemotherapie gehört. Dies hat bei Ihnen womöglich negative Gefühle hervorgerufen. Leider ist die Chemotherapie meist nicht frei von unerwünschten Wirkungen. Aber die medizinischen Fortschritte ermöglichen heute eine Behandlung, die wirksamer und verträglicher ist als früher. Diese Broschüre erklärt, was eine Chemotherapie ist, warum sie nötig sein kann und wie sie wirkt. Damit können Sie und Ihre Angehörigen sich ein Bild über Möglichkeiten und Grenzen machen. Gut informiert, wird es Ihnen leichter fallen, zusammen mit Ihrem Arzt und den Pflegenden die nächsten Schritte zu gehen. Eine Broschüre ersetzt niemals das Gespräch mit dem Behandlungsteam, das Sie durch die Therapie begleitet. Scheuen Sie sich nicht, alle Fragen zu stellen, die Sie beschäftigen. Im Anhang finden Sie ein Merkblatt. Hier können Sie jene unerwünschten Wirkungen eintragen lassen, mit denen Sie möglicherweise zu rechnen haben. Dies erlaubt 4 Ihnen, sich darauf vorzubereiten und vorbeugende Massnahmen zu ergreifen. Im Kapitel «Was tun gegen…» (ab Seite 27) finden Sie entsprechende Hinweise. Wenn Sie Rat und Hilfe brauchen, stehen Ihnen verschiedene Kontaktstellen offen, an die Sie sich wenden können (siehe Anhang). Wir wünschen Ihnen von Herzen alles Gute. Ihre Krebsliga 5 Was ist Krebs? Wie entsteht ein Tumor? Die kleinste Einheit eines lebendigen Organismus ist die Zelle. Zellen vermehren sich durch Teilung und gruppieren sich zu Geweben. Aus diesen formen sich die verschiedenen Organe. Normale, gesunde Zellen sind aufeinander abgestimmt und funktionieren harmonisch. Bei Krebserkrankungen haben sich normale Zellen in Krebszellen umgewandelt und teilen sich unkontrolliert. Manchmal kann das natürliche Abwehrsystem des Körpers die wuchernden Zellen zerstören. Sonst aber teilen sich die Krebszellen immer weiter und bilden schliesslich eine örtlich begrenzte Geschwulst (Tumor). Noch ist weitgehend ungeklärt, warum gewisse Zellen im Körper sich plötzlich unkontrolliert vermehren und einen bösartigen Tumor bilden können. Von gewissen Lebensweisen wie Rauchen, Ernährung und mangelnde Bewegung ist zwar bekannt, dass sie der Gesundheit schaden. Bei der Entstehung einer Krebskrankheit spielen aber verschiedene Gründe eine Rolle. Meist bleibt unklar, weshalb eine Person an Krebs erkrankt. Nach heutigem Wissensstand jedoch liegt den meisten bösartigen Tumoren ein Defekt der Gene zugrunde. Dieser führt zu einer Störung des natürlichen Ablaufs zwischen Wachstum, Teilung und Absterben der Zellen. «Der» Krebs existiert nicht. In Wirklichkeit gibt es über hundert Krebserkrankungen. Einige entwickeln sich sehr schnell: Werden sie nicht behandelt, breiten sich die Krebszellen zu6 sätzlich über die Blut- und Lymphbahnen im Körper aus. Auf diese Weise bilden sich Metastasen (vom ursprünglichen Tumor entfernte Ableger). Andere Tumoren wachsen langsam und bleiben lokal, das heisst auf den Entstehungsort begrenzt. Ausserdem kann die gleiche Krankheit – zum Beispiel Brust- oder Prostatakrebs – bei verschiedenen Personen unterschiedlich verlaufen. Weshalb gerade ich? Angesichts einer Krankheit wie Krebs ist diese Frage völlig berechtigt. Wer würde diese Frage nicht stellen? Sicher haben Sie diese schon oft aufgeworfen. Doch langes Grübeln endet meistens in einer Sackgasse und zehrt überdies an den Kräften. Das Schicksal, den Zufall, Gottes Wille oder gar sich selbst für die Krankheit verantwortlich zu machen, bringt kaum eine Antwort auf diese Frage. Auch Selbstbeschuldigungen tragen nichts zur Lösung des Problems bei. Oft machen sich Betroffene jedoch Gedanken über den Sinn ihrer Krebserkrankung. Sie entdecken, wie durch die Krankheit viele Dinge in ihrem Leben an Bedeutung gewinnen. Was einem im Leben wichtig ist, lässt sich jetzt besser von den nebensächlichen Dingen trennen. Was jemand zuvor kaum beachtete, wird plötzlich kostbar. Dies ist aber eine ganz persönliche Erfahrung. Kein Aussenstehender darf sich anmassen, eine krebskranke Person aufzumuntern mit der Bemerkung, Krebs sei ja auch eine Chance. 7 Verschiedene Behandlungsmöglichkeiten Wie es unterschiedliche Krebskrankheiten gibt, so weichen auch die Möglichkeiten der Therapie voneinander ab. Heute können mehrere Krebsformen geheilt oder über Jahre hinweg in Schranken gehalten werden. Die Betroffenen führen zum Teil ein normales Leben mit relativ wenigen Beschwerden. Andere Krebsarten sind weiterhin unheilbar. Die Hauptformen der Behandlung sind heute ■ die Chirurgie (Operation), ■ die Radiotherapie (Bestrahlung) ■ Medikamentöse Therapien Dazu gehören u.a. die Chemotherapie (mit Zytostatika, siehe Seite 14ff.), die (Anti-)Hormontherapie (siehe Seite 16) und die Immuntherapien (siehe Seite 18). Diese Behandlungsmöglichkeiten können einzeln oder kombiniert, gleichzeitig oder nacheinander angewandt werden. Entscheidend für die Therapie ist die Art der Erkrankung. Das Ziel der Behandlung ist oft eine Heilung oder eine längerfristige Stabilisierung. In anderen Fällen ist das Ziel eine Linderung von Schmerzen und anderen Krankheitsfolgen. Mehr wissen Zögern Sie nicht, Ihren Onkologen, Ihre Onkologin darauf anzusprechen: Wie steht es genau um Sie? Welche Therapien kommen infrage, und warum? Welche Alternativen gibt es? So sind Sie über Ihre Erkrankung und die Behandlungsmöglichkeiten besser im Bild. Weitere Informationen finden 8 Sie auch im Internet. Hier gilt es jedoch zu unterscheiden zwischen zuverlässigen Informationen und solchen, die unrichtige Angaben enthalten und falsche Hoffnungen wecken. Das Krebstelefon und die Beratungsstelle Ihrer regionalen Krebsliga stehen Ihnen gerne zur Seite (siehe Anhang). 9 Therapie nach Mass Der Chirurge, die Onkologin oder der Onkologe (Fachperson für medikamentöse Krebsbehandlung) sowie Fachleute der Radioonkologie stellen gemeinsam mit Ihnen einen auf Ihre Person und Krankheit zugeschnittenen Behandlungsplan auf. Zusammen mit dem Pflegepersonal wird dieses Team Sie während der Therapie begleiten. Verspüren Sie das Bedürfnis nach zusätzlicher Information, fragen Sie ohne Zögern. Wollen Sie mehr wissen über die Auswirkungen der Therapie? Sind Sie unsicher, inwiefern Sie diese Auswirkungen ertragen können oder wollen? Sie haben ein Recht auf umfassende Information. Auch haben Sie das Recht, mit Ihrer Ärztin über den Behandlungsplan zu diskutieren und diesen nach reiflicher Überlegung sogar abzulehnen. Ausserdem können Sie einen weiteren Arzt aufsuchen und ihn um eine Zweitmeinung bitten. Die Wahl der Behandlungsmethode Die Wahl der Behandlungsmethode hängt von vielen Umständen ab, die individuell zusammen mit Ihnen abgewogen werden: ■ der Art des Tumors, an dem Sie leiden, ■ der Grösse und der Lage des Tumors, ■ der Frage, ob der Tumor schnell oder langsam wächst, ■ der Frage, ob die Lymphbahnen in der Umgebung des Tumors befallen sind oder nicht, ■ eventuell vorhandenen Metastasen, ■ Ihrer persönlichen Verfassung wie Allgemeinzustand und Alter. Dabei spielt nicht allein Ihre körperliche Fitness eine Rolle. Wichtig sind ebenso Ihre psychische Befindlichkeit 10 sowie Ihre Einstellung der Krankheit und der Therapie gegenüber. Bei der Wahl der für Sie geeigneten Therapie kommen zwei weitere Gesichtspunkte hinzu: ■ Nicht alle Krebszellen reagieren gleich auf ein Medikament. Die kranken Zellen können auf das eine Krebsmedikament schlecht, auf ein anderes gut ansprechen. Wie bei den Antibiotika können kranke Zellen ausserdem gegen das Medikament resistent sein oder resistent werden; dieses wirkt in dem Fall nicht mehr. Aus diesen Gründen braucht es manchmal eine Änderung der Therapie. ■ Eine medikamentöse Therapie verfolgt entweder ein «kuratives» oder ein «palliatives» Ziel. Bei einer kurativen Behandlung geht es darum, die Krankheit zu heilen oder zumindest den Gesundheitszustand auf lange Sicht zu stabilisieren (Fachleute sprechen in dem Fall von Remission). Wie der Verlauf einer Krebskrankheit nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden kann, lässt sich auch der Erfolg einer Therapie nicht garantieren. Viele Patientinnen und Patienten möchten jedoch alles für eine Heilung unternehmen und sind bereit, damit verbundene Auswirkungen zu ertragen (Therapie mit kurativem Ziel). Linderung als Ziel Ist aber die Krankheit schon weit fortgeschritten und besteht keine Aussicht auf Heilung mehr, erlaubt die Chemotherapie, Schmerzen und andere schwere Krankheitsfolgen einzudäm11 men und eine gewisse Lebensqualität zu erhalten (Therapie mit palliativem Ziel). Auch in dieser Situation gelangen weitere Behandlungen wie Medikamente gegen Schmerzen oder Bestrahlung zum Einsatz (siehe die Hinweise auf die entsprechenden Broschüren auf Seite 48). Hoffnung auf die Forschung Ärztinnen und Ärzte suchen laufend nach neuen und besseren Behandlungen. Wirksamkeit und unerwünschte Wirkungen einer Behandlung überprüfen sie anhand klinischer Studien (Therapieprotokolle). Alle heute erprobten Behandlungen beruhen auf Erkenntnissen früher gemachter Studien. Klinische Studien sollen unter anderem folgende Frage beantworten: Erhöht eine neue Methode die Wirksamkeit einer Therapie? Zentral ist ausserdem die Frage, ob eine bestimmte Behandlung die Lebensqualität der Krebskranken verbessert. In diesen Studien wird entweder die Wirksamkeit eines neuen Medikaments überprüft oder eine erprobte Behandlung mit einer neuen verglichen, die mehr Erfolg verspricht. Der Unterschied kann in der Zugabe eines neuen Medikaments bestehen, einer veränderten Dosierung oder einer neuen Kombination von Medikamenten. Zuerst muss eine ethische Kommission grünes Licht geben, bevor eine wissenschaftliche Studie an Krebskranken durchgeführt werden darf. 12 Behandlung im Rahmen einer Studie? Es kann sein, dass der Arzt oder die Ärztin Ihnen eine Behandlung im Rahmen einer klinischen Studie vorschlägt. Ob Sie daran teilnehmen wollen oder nicht, ist Ihr freier Entscheid. Unbedingt sollten Sie sich vorher ausführlich über den Behandlungsplan sowie alle Vor- und Nachteile informieren lassen. Auch müssen Sie Ihre ausdrückliche Einwilligung geben. Falls Sie mitmachen, haben Sie das Recht, sich jederzeit aus der Studie zurückzuziehen. Es gibt verschiedene Gründe, sich an einer Studie zu beteiligen. Viele Betroffene erhoffen sich eine beschleunigte Besserung oder gar eine Heilung der Krankheit. Andere möchten ihren Teil zur Forschung beitragen und denken vor allem an den möglichen Nutzen für künftige Krebskranke. Wenn Ihnen die Teilnahme an einer solchen Studie vorgeschlagen wird, aber Sie sich Ihrer Sache nicht sicher sind, sollten Sie ohne Scheu die Meinung einer zusätzlichen Fachperson einholen. Mehr zu diesem Thema finden Sie in der kostenlosen Broschüre «Krebsbehandlung im Rahmen einer klinischen Studie» (siehe Seite 48). 13 Welche Medikamente? Wie wirken sie? Gleichzeitig mit den operativen Eingriffen und Bestrahlungen haben sich in den letzten zwanzig Jahren auch die Krebstherapien mit Medikamenten stark verbessert. Dazu gehören in erster Linie Zytostatika und Hormone. Deren Einsatz erfolgt nach präzisen Kriterien (vgl. unten und Seite 10). Zytostatika Zytostatika sind Medikamente, die die Teilung von Tumorzellen hemmen. Im besten Fall zerstören sie überall im Körper die Tumorzellen. Onkologen verfügen zurzeit über mehr als 100 solcher Medikamente. Die Anwendung erfolgt ■ entweder allein, sei es als einzelne Substanz (Monochemotherapie), sei es als Zusammenstellung mehrerer Substanzen (Kombinationschemotherapie) ■ oder zusammen mit einer Radiotherapie (kombinierte Radio-Chemotherapie). Zytostatika werden eingesetzt, um eine Rückbildung des Tumors zu erzielen und eine Tumorkrankheit zu heilen (kurative Chemotherapie). ■ Vor einer Operation können Zytostatika verschrieben werden in der Absicht, die Grösse des Tumors zu verkleinern. Dies ermöglicht einen kleineren Eingriff, und die Funktion des erkrankten Organs kann eher erhalten bleiben (neoadjuvante Chemotherapie). ■ Nach einer Operation, bei welcher der Tumor entfernt worden ist, können Zytostatika verabreicht werden, um einen Rückfall zu verhindern (adjuvante Chemotherapie). 14 Zytostatika kommen aber auch zum Zug, wenn bereits Metastasen vorliegen und eine Heilung nicht mehr möglich ist (palliative Chemotherapie). Hochdosis-Chemotherapie Zytostatika können auch in hohen Dosen verabreicht werden. Die Hochdosis-Chemotherapie kann die Chancen einer vollständigen Rückbildung des Tumors (Non-HodgkinLymphom), einer Leukämie oder unter anderem eines Myeloms erhöhen. Hochdosis-Chemotherapien führen zu einem Knochenmarkversagen. Deshalb muss anschliessend das Knochenmark ersetzt werden. Dies geschieht mittels Transplantation von Stammzellen. Im einen Fall werden vor der Behandlung aus dem eigenen Blut oder Knochenmark die entsprechenden Zellen entnommen, konserviert und nach der Chemotherapie wieder ins Blut zurückgeführt (autologe Transplantation). Im andern Fall sind es passende Zellen eines blutsverwandten oder eines fremden Spenders (allogene Transplantation). Nach der Transplantation beginnen Abwehrsystem und Blutzellen des Patienten oder der Patientin wieder wie vorher zu arbeiten. Hochdosis-Chemotherapien werden nur in bestimmten Zentren durchgeführt. Dort erhalten Sie auch entsprechende Unterlagen und Informationen über Ablauf, Wirkung und Nebenwirkungen solcher Therapien. 15 Bei der Behandlung mit Zytostatika werden gesunde Zellen ebenfalls geschädigt. Die Medikamente wirken nicht nur auf kranke Zellen, sondern verhindern zeitweise auch die Vermehrung besonders der schnell wachsenden, gesunden Körperzellen, zum Beispiel ■ der Zellen des Knochenmarks, aus denen sich die weissen und roten Blutkörperchen sowie die Blutplättchen bilden, ■ der Zellen der Schleimhaut (Mund, Magen, Genitalbereich), ■ der Zellen der Haarwurzeln, aus denen das Kopfhaar, die Wimpern und andere Körperhaare entstehen. Folgen der vorübergehenden Schädigung gesunder Zellen sind unerwünschte Wirkungen beziehungsweise Nebenwirkungen (siehe Seite 24). Während sich die gesunden Körperzellen wieder erholen, sterben die Krebszellen jedoch ab. (Anti-)Hormontherapie Das Wachstum gewisser Krebsarten kann hormonabhängig sein. Dies trifft vor allem auf Brust-, Gebärmutter- und Prostatakrebs zu. Der menschliche Körper produziert auf natürliche Weise Hormone. Diese binden sich an Rezeptoren von Zellen bestimmter hormonabhängiger Organe. Stellen Sie sich ein Hormon wie einen Schlüssel vor: Sobald dieser ein passendes Schloss (Rezeptor) findet, öffnet er eine Türe, mit anderen Worten, das Hormon regt das Wachstum der entsprechenden 16 Zellen an. Zum Beispiel führt das männliche Geschlechtshormon Testosteron zur Vermehrung von Prostatazellen. Dasselbe gilt für das weibliche Geschlechtshormon Östrogen, das die Bildung der Zellen der weiblichen Brust fördert. Diese Hormone können aber auch das Wachstum von Krebszellen anregen. Eine Behandlung mit entsprechenden Medikamenten (Antihormonen) kann das Wachstum hormonabhängiger Tumoren einschränken oder zu deren Rückbildung beitragen. Bei einer (Anti-)Hormontherapie verschreibt die Ärztin also Medikamente, die die Wirkung eines Hormons unterbinden: ■ Gewisse Medikamente «besetzen» die Rezeptoren; das heisst, das Hormon kann sich dort nicht mehr festmachen. ■ Andere Medikamente verunmöglichen die Bildung eines bestimmten Hormons im Körper. Sie wirken auf das entsprechende Organ ein, beispielsweise auf die Hoden, die das Testosteron produzieren. Sie beeinflussen aber auch zwei Drüsen im Gehirn, den Hypothalamus und die Hypophyse, die beide die Hormonproduktion steuern. ■ Gewisse Medikamente wiederum vermindern die Menge eines Hormons im Blut. Ärzte setzen diese Therapie entweder allein ein oder zusätzlich zu anderen Therapien. Die unerwünschten Wirkungen sind weniger ausgeprägt als bei einer Behandlung mit Zytostatika und bestehen etwa in Hitzewallungen, Kopfweh oder Schlafstörungen; sie gehen im Verlauf der Therapie, die häufig Monate oder gar Jahre dauert, meistens zurück. 17 Immuntherapien Eine Immuntherapie auf der Basis von Zytokinen (Eiweissmolekülen von Immunzellen) regt das Abwehrsystem an, gegen Krebszellen vorzugehen und diese ausser Gefecht zu setzen. Noch können Tumorzellen durch diese Immuntherapie nur beschränkt zerstört werden. Dieser viel versprechende Ansatz wird bislang erst bei einigen wenigen Krebsarten eingesetzt. Dasselbe gilt auch für die Impftherapie gegen gewisse Krebsarten. Es handelt sich dabei ebenfalls um eine Immuntherapie und nicht um eine vorbeugende Impfung, wie sich aufgrund des Wortes «Impfung» vermuten liesse. Diese Immuntherapien verursachen zum Teil starke unerwünschte Wirkungen (Fieber, Schüttelfrost, grippeähnliche Symptome). Seit Mitte der 90er Jahre sind Medikamente auf der Grundlage von monoklonalen Antikörpern verfügbar. In gewissen Fällen können diese eine Chemotherapie ergänzen oder ersetzen. Ein Antikörper ist ein Bestandteil des Abwehrsystems. Er hat die Aufgabe, ein bestimmtes Antigen zu suchen. Antigene sitzen auf der Oberfläche einer Zelle wie die Stacheln auf einem Igel. Der Antikörper bindet sich am Antigen fest. Dank des Antikörpers erkennt nun auch das Abwehrsystem diese Zellen und kann sie zerstören oder blockieren. 18 «Monoklonal» bedeutet, dass alle Antikörper von ein und derselben Zelle abstammen, also vollkommen identisch sind. Grundsätzlich können solche Antikörper benutzt werden, um Krebszellen mit einem bestimmten Antigen auf der Oberfläche ausfindig zu machen. Behandlungen mit monoklonalen Antikörpern gibt es heute unter anderem für gewisse Lymphomarten, einige Formen von fortgeschrittenem Brustkrebs und zunehmend auch für andere Tumorarten. Diese Behandlungsart ist viel versprechend und Gegenstand zahlreicher klinischer Studien. Die Radioimmuntherapie ist eine Weiterentwicklung der Therapie mit monoklonalen Antikörpern, deren Prinzipien mit der Radiotherapie kombiniert werden. Der Antikörper wird zusätzlich mit einem strahlenden Element bestückt. Diese Strahlenquelle wird mit dem Antikörper gezielt an die Krebszellen herangetragen und kann diese durch Bestrahlung zerstören. Diese Therapie ist erst für wenige Indikationen (gewisse Lymphomarten in fortgeschrittenem Stadium) zugelassen; die Durchführung muss in jedem einzelnen Fall bewilligt werden. Zukunft Forschungsarbeiten (siehe auch Seite 13) und Fortschritte ermöglichen es der Wissenschaft, die Eigenarten von Krebszellen immer besser kennen zu lernen. Man arbeitet an der Entwicklung von Therapien, die völlig anders als die «traditionellen» Zytostatika wirken, weil sie sich die Unter19 schiede zwischen gesunden und kranken Zellen zunutze machen. Auch die Gentherapie ist ein Forschungsthema. Jede Krebszelle weist kranke Gene auf, die für das bösartige Verhalten verantwortlich gemacht werden. Bei der Gentherapie geht es darum, gesundes genetisches Material von aussen in die Zelle einzuführen. Bis zum heutigen Zeitpunkt konnten jedoch noch bei keiner Tumorerkrankung echte Erfolge erzielt werden. Tabletten, Spritzen, Infusionen Chemotherapeutika oder andere Tumormedikamente können in Form von ■ Tabletten/Kapseln ■ Spritzen ■ Infusionen verabreicht werden. Über 90% der Tumormedikamente werden heute direkt in die Venen (intravenös) verabreicht. Die Flüssigkeit fliesst während einer bestimmten Zeit durch eine Kanüle in die Vene (siehe auch S. 36). Unabhängig von der Art, wie die Medikamente verabreicht werden, gelangen die Wirkstoffe schliesslich ins Blut: ■ auf direktem Weg, wenn sie in die Vene gespritzt oder über eine Infusion abgegeben werden, 20 ■ ■ über die Darmschleimhaut und die Leber, wenn die Medikamente durch den Mund eingenommen werden, über die Haut, wenn die Injektion unter die Haut erfolgt. Befindet sich der Wirkstoff einmal im Blutkreislauf, verteilt er sich im ganzen Körper und erreicht den Tumor und seine Metastasen. Im gemeinsamen Gespräch lässt sich die Verabreichungsform finden, die Ihnen am ehesten entspricht, ohne die Behandlung zu beeinträchtigen. Das Spritzen unter die Haut können Sie oder eine nahe stehende Person bei längerer Behandlung selbst lernen. So sind Sie unabhängig von Spital und Arzt. Injektionen in den Muskel oder in die Venen hingegen dürfen einzig ausgebildete Fachleute vornehmen (vgl. Seite 36). 21 Wie verläuft eine Chemotherapie? Der Ablauf einer medikamentösen Krebstherapie ist von Mensch zu Mensch verschieden. Er hängt in erster Linie ab vom Behandlungsplan und der Art und Weise, wie Sie das Medikament vertragen. Therapiezyklen In der Regel erfolgt eine Chemotherapie in Abständen von drei bis vier Wochen während jeweils ein bis fünf Tagen. Aus diesem Grund spricht man von «Therapiezyklen». Eine Behandlung umfasst vier bis sechs oder mehr Zyklen. Die Pause zwischen zwei Zyklen dient vor allem den gesunden Zellen zur Erholung. Weil die meisten Zytostatika die Blutproduktion im Knochenmark hemmen und dadurch die Zahl der weissen Blutkörperchen und der Blutplättchen vorübergehend sinkt, sind die Blutwerte wöchentlich zu kontrollieren. Haben diese einen bestimmten Grenzwert wieder überschritten, kann ein neuer Zyklus einsetzen. Spitalaufenthalt oder ambulant? Eine Behandlung kann ambulant oder im Spital beginnen. Heute ist es möglich, gewisse Zytostatika mit Hilfe von Medikamentenpumpen über Tage und Wochen ambulant zu verabreichen. Die meisten Behandlungen sind ambulant möglich. Gewisse Therapien erfordern jedoch einen Spitalaufenthalt und eine spezielle Überwachung. Behandlungsziel und -ablauf Der Onkologe informiert Sie über das Behandlungsziel und den vorgesehenen Ablauf, er bespricht mit Ihnen den Zeit22 plan. Die regelmässigen Kontrollen der Blutwerte macht in der Regel die Hausärztin. Geplante Abwesenheiten wie Ferien sollten Sie Ihrem Behandlungsteam möglichst frühzeitig mitteilen. Erkundigen Sie sich vor einer Reise, ob Sie am Ferienort unter Umständen die Therapie weiterführen können. 23 Unerwünschte Wirkungen Zusätzlich zur Krankheit kann auch die medikamentöse Tumortherapie Sie körperlich und seelisch belasten. Unerwünschte Wirkungen kommen häufig vor, weil diese Medikamente auch auf gesunde Körperzellen wirken (vgl. Seite 16). Solche Wirkungen hängen ab von: ■ der Art des Medikaments (ein Krebsmedikament kann eine Reihe unerwünschter Wirkungen auslösen, aber niemals werden bei Ihnen alle auftreten), ■ der verschriebenen Dosis, ■ der individuellen Verträglichkeit des Medikaments, ■ Ihrem Allgemeinzustand. Sind die unerwünschten Wirkungen für Sie zu stark, versucht der Arzt entweder ein anderes Medikament einzusetzen oder eine niedrigere Dosis anzuordnen. So wird die Therapie für Sie erträglicher. Doch sollte die gewünschte Wirkung der Chemotherapie dadurch nicht geschmälert werden. Um unerwünschten Wirkungen wie Übelkeit vorzubeugen, erhalten Sie routinemässig zusätzliche Medikamente. Diese sind unbedingt nach Vorschrift einzunehmen. Wenn Sie einem kleinen Kind erläutern wollen, was eine Chemotherapie ist, Sie aber nur mit Mühe die richtigen Worte finden, können Sie auf das Buch «Der Chemo-Kasper und seine Jagd auf die bösen Krebszellen» zurückgreifen. Diese Geschichte macht mit viel Mitgefühl verständlich, wie eine Chemotherapie wirkt und warum sich unerwünschte Wirkungen einstellen. 24 Nutzen und Risiken abwägen In den letzten Jahren haben sich medizinische Forschung und Pflege bemüht, unerwünschte Wirkungen möglichst zu verringern. Die Onkologin kann dadurch den Behandlungsplan viel besser dem persönlichen Krankheitsbild anpassen. Aber sie kann kaum alle unerwünschten Wirkungen ausschliessen. Das Gespräch mit ihr wird Ihnen helfen abzuwägen, welchen Nutzen Ihnen eine medikamentöse Behandlung bringen kann und welche Nachteile damit verbunden sind. Das Vertrauen ist ausschlaggebend Die Erfahrung hat gezeigt, dass die innere Einstellung bis zu einem gewissen Grad die Verträglichkeit einer Behandlung beeinflussen kann. Manchmal löst bereits das Wort «Chemotherapie» Ängste aus, die teilweise durchaus berechtigt sind; negative Gefühle entstehen aber auch aufgrund ungenauer, falscher oder veralteter Informationen. Wenn solche Sorgen Sie plagen, reden Sie unverzüglich mit Ihrem Behandlungsteam darüber. Sprechen Sie alle Ihre Befürchtungen aus. Besonders wichtig ist, dass Sie Vertrauen in Ihr Behandlungsteam haben können. Vielleicht verspüren Sie auch das Bedürfnis, Unterstützung von einer psychologisch geschulten Fachperson zu erhalten. Denn Sie müssen nicht nur die Therapie und deren Auswirkungen durchstehen. Auch die ganze Situation, in der Sie sich aufgrund der Krankheit befinden, ist sehr belastend. Womöglich ist es sinnvoll, Ihre Angehörigen in eine psychologische Begleitung einzubeziehen. Von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin bekommen Sie alle 25 nötigen Informationen. In dieser Situation können gewisse komplementäre Methoden eine grosse Hilfe sein, zum Beispiel solche, die entspannen helfen. Das Krebstelefon und die Krebsliga Ihrer Region (siehe Seite 50ff.) stehen Ihnen ebenfalls für Informationen zur Verfügung. Während der einzelnen Chemotherapien mag es Ihnen leichter fallen, sich zu entspannen, wenn Ihnen eine nahe stehende Person Gesellschaft leistet oder Sie sich eine Kassette mit Lieblingsmusik anhören. Unerwünschte Wirkungen unverzüglich melden In jedem Fall wird Ihr Arzt Sie über die möglichen unerwünschten Wirkungen informieren. Warten Sie im Zweifelsfall nicht bis zur nächsten Sprechstunde, sondern rufen Sie ihn sofort an. Das ist die beste Art, Beschwerden rechtzeitig zu erkennen, bevor sie sich verschlimmern. Auch bei den für Sie zuständigen Pflegefachpersonen können Sie sich bezüglich Vorbeugung und Umgang mit unerwünschten Wirkungen beraten lassen. 26 Was tun gegen… Auf den nächsten Seiten gehen wir auf die unerwünschten Wirkungen ein, die bei einer medikamentösen Tumortherapie am häufigsten auftreten. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen akuten, verzögerten und späten (chronischen) Auswirkungen. Die akuten Folgen (z.B. Erbrechen) stellen sich während der Therapie ein, die verzögerten (z.B. Müdigkeit, Haarausfall, Abfall der Blutkörperchen) in den darauf folgenden Wochen. Hingegen können Spätfolgen erst Jahre danach auftreten. Aber in keinem Fall werden Sie von allen erwähnten unerwünschten Wirkungen betroffen sein! Im Anhang finden Sie das persönliche Merkblatt «Unerwünschte Wirkungen» (Seite 52). Lassen Sie es vom Behandlungsteam ausfüllen. Auf diese Weise können Sie sich eine Vorstellung davon machen, was möglicherweise auf Sie zukommen wird. Haarausfall Einige Zytostatika verursachen bloss einen geringfügigen Haarausfall, der zwar sichtbar ist, aber keine Perücke erfordert. Andere bewirken einen starken Haarausfall, der meist zwei bis drei Wochen nach dem ersten oder zweiten Therapiezyklus einsetzt. Innert vier bis acht Wochen fallen schubweise alle Haare aus; manchmal nicht nur auf dem Kopf, sondern ebenfalls an anderen Körperstellen. Aber Ihre Haare werden immer wieder nachwachsen, in der Regel zwei bis drei Monate nach Ende der Therapie. In den ersten Monaten können sich die neuen von den alten Haaren unterscheiden, indem sie etwa leicht gekräuselt sind. Betrof27 fene berichten zuweilen, dass die nachwachsenden Haare «grauer» seien als früher. Dieser Eindruck kann entstehen, weil die ausgefallenen Haare teilweise noch die ursprüngliche Farbe aufgewiesen haben; die neuen wären aber auch ohne Therapie ergraut. Bei einigen Zytostatika wird versucht, den Haarausfall durch eine Abkühlung der Kopfhaut zu vermeiden. Das gelingt nicht immer. Das Ergebnis kann individuell sehr unterschiedlich sein. Fragen Sie die Ärztin, ob eine Kopfhautabkühlung in Ihrem Fall sinnvoll sei. Ist zeitweise eine Perücke nötig? Erkundigen Sie sich frühzeitig, womit Sie zu rechnen haben. Werden Sie Ihr Haar verlieren? Wie lange? In welchem Ausmass? Ihre Coiffeuse oder Ihr Coiffeur kann sich dann ein Bild von Ihrem natürlichen Haarwuchs machen und eine Zweitfrisur nach Ihren Wünschen gestalten. Wenn Sie die gleiche Frisur wünschen, lassen Sie die Perücke schon bei Therapiebeginn anfertigen. Informieren Sie sich bei Ihrem Behandlungsteam, beim Sozialdienst des Spitals oder bei der Beratungsstelle Ihrer kantonalen Krebsliga, wer in Ihrem Fall einen Kostenbeitrag an eine Perücke oder einen andern Haar-Ersatz (z. B. HairWeaving) leistet. In der Regel (bei Männern leider nicht immer) bezahlt die IV pro Kalenderjahr max. Fr. 1500.–. 28 Haben Sie das AHV-Alter erreicht, übernimmt die AHV 75% des Nettopreises einer Perücke, maximal Fr. 1000.– pro Jahr. Statt eine Perücke zu tragen, ziehen es Frauen oft vor, sich Kopftücher umzubinden oder einen Hut aufzusetzen. Zuhause oder nachts bevorzugen viele einen bequemen Frotteeturban. Die Beratungsstellen der Krebsliga informieren Sie gern über die verschiedenen Möglichkeiten und geben Bezugsadressen bekannt. Die Broschüre «Die Krebstherapie hat mein Aussehen verändert» (siehe Seite 48) vermittelt Ideen, wie sich ein Kopftuch geschickt umbinden und das Gesicht vorteilhaft schminken lässt, sodass der Ausfall von Kopfhaar und Wimpern weniger auffällt. Müdigkeit Viele Patientinnen und Patienten beklagen sich während einer Chemotherapie über Müdigkeit. Die Ursachen dafür sind nicht nur die Therapie, sondern auch die Krankheit selbst und die damit verbundenen Belastungen. Möglicherweise spielen auch Abbauprodukte des Tumors und Reaktionen des Körpers auf den Tumor eine Rolle. Soweit die Müdigkeit durch die medikamentöse Behandlung bedingt ist, lässt sie nach deren Abschluss wieder nach. Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung und trinken Sie viel. Entspannen Sie sich wann immer möglich. Das erlaubt Ihnen, erneut Energie zu tanken und sich wohler zu fühlen. Eine andere Lösung besteht darin, die Arbeit zu reduzieren, die man sich selber zumutet, sei es zuhause oder am 29 Arbeitsplatz. Vielleicht haben Sie sogar Anrecht auf eine Haushaltshilfe: Ihre kantonale Liga gibt Ihnen gerne alle nötigen Auskünfte, auch was Ihre Rechte gegenüber dem Arbeitgeber betrifft. Körperliche Aktivität Eine individuell auf Sie und Ihre Möglichkeiten abgestimmte körperliche Betätigung gibt Ihnen das Vertrauen in Ihren Körper zurück und wirkt auch gegen traurig machende Gedanken. Versuchen Sie deshalb, sich fit zu halten ohne sich dabei zu viel zuzumuten. In der Broschüre «Körperliche Aktivität bei Krebs» (siehe Anhang) finden Sie zahlreiche Anregungen. Es gibt keine allgemeinen Richtlinien für das richtige Mass körperlicher Aktivität. Aber eines ist sicher: Bewegung tut gut! Besonders die Bewegung an der frischen Luft wird Ihnen wieder neue Energie geben und kann allfällige Schlafstörungen beheben, die mit Müdigkeit oft einhergehen. Hingegen können sich übermässige Schonung und Passivität auf das körperliche Wohlbefinden und Ihre Moral ungünstig auswirken. Sie selber spüren am besten, was Ihnen gut tut. Manchmal lässt sich allerdings kaum etwas gegen die Müdigkeit tun. In dem Fall ist es wohl am besten, die Müdigkeit anzunehmen und sich häufig längere Ruhepausen zu gönnen. Sagen Sie «Ja» zur Hilfe, die Ihnen Angehörige oder weitere 30 Personen anbieten. Sparen Sie Ihre Energie auf für Tätigkeiten, die Ihnen Freude bereiten. In der Broschüre «Rundum müde» finden Sie viele wertvolle Hinweise (siehe Seite 48). Entzündungen im Mundbereich Die Zellen der Mundschleimhaut werden durch bestimmte Medikamente besonders in Mitleidenschaft gezogen. Die Therapie kann die Schleimhaut reizen und entzünden. Mundtrockenheit macht sich bemerkbar, man verspürt ständig Durst, und der Geschmackssinn verändert sich oder fällt ganz aus. Bei einer starken Schädigung der Mundschleimhaut können sich schmerzende offene Stellen (Aphten) bilden. Diese Störungen treten in der Regel – je nach Medikament – einige Tage nach Therapiebeginn auf. Verzichten Sie in dieser Zeit auf scharfe oder stark säurehaltige Nahrungsmittel. Diese reizen zusätzlich die Schleimhaut. Diese unerwünschten Wirkungen können Sie durch eine gute Mundhygiene verhindern oder zumindest mildern. Oft genügt es, wenn Sie die Zähne mit einer sauberen, weichen Bürste nach jedem Essen und vor dem Schlafengehen reinigen und gründlich mit viel Wasser nachspülen. In schweren Fällen ist die Anwendung eines besonderen Mundspülmittels angebracht, das die Zahl der Bakterien reduziert. Aber auch das beste Spülmittel ersetzt nie die sorgfältige Mundpflege. Vermeiden Sie scharfe oder alkoholhaltige Mundwasser. Gute Ergebnisse werden mit Kamille und Salbei erzielt; beide sind mild, gut verträglich und haben eine leicht desinfizierende Wirkung. 31 Das Kauen von zuckerfreiem Kaugummi kann die Speichelproduktion wohltuend anregen. Im Übermass genossen können künstlich gesüsste Bonbons und Kaugummis allerdings zu Blähungen oder Durchfall führen. Doch auch von zuckerhaltigen Bonbons und Kaugummis ist abzuraten, da sie die Karies fördern. Benachrichtigen Sie unverzüglich das Pflegeteam bei Problemen mit der Mundschleimhaut, selbst wenn es sich bloss um ein leichtes Brennen oder eine leichte Rötung handelt. Auf diese Weise ist es möglich, rechtzeitig etwas dagegen zu tun oder beim nächsten Therapiezyklus die Dosis zu ändern. In der Broschüre «Ernährungsprobleme bei Krebs» finden Sie manche nützliche Tipps bei Problemen im Mundbereich (siehe Seite 48). Übelkeit und Erbrechen Übelkeit und Erbrechen können auftreten, weil die Medikamente auf den für den Brechreiz zuständigen Bereich im Magen-Darm-Trakt und im Gehirn einwirken und einen Brechreflex auslösen. Dank intensiver Forschung sind neue Medikamente gegen das Erbrechen entwickelt worden, die heute Chemotherapien erträglicher machen. Diese Medikamente müssen aber genau nach Vorschrift genommen werden, damit sie ihre Wirkung voll entfalten. Auch hier gilt: reichlich trinken. Falls trotz aller Massnahmen Übelkeit und Erbrechen auftreten, sollten Sie mit Ihrem Behandlungsteam unbedingt darüber sprechen. 32 Verdauungsprobleme (Verstopfung, Durchfall) Gewisse Zytostatika, manchmal auch andere Medikamente, können die Darmtätigkeit verlangsamen und zu einer Verstopfung führen. Ein guter Stuhlgang ist wichtig. Wenn sich Ihr gewohnter Stuhlgang verzögert, können Sie es mit Feigensirup oder Zwetschgensaft oder einem leichten Abführmittel aus der Apotheke probieren (Quellmittel sind ungeeignet). Essen Sie ausgewogen und trinken Sie vor allem viel. Orientieren Sie das medizinische Personal, wenn diese Massnahmen nichts nützen. Andere Zytostatika können Durchfall zur Folge haben. Auch bei Durchfall sollten Sie genügend trinken, am besten in kleinen Mengen, aber häufig. Sehr empfehlenswert ist Bouillon, diese behebt den durch Durchfall verursachten Salzverlust. Meiden Sie Nahrungsmittel, die die Verdauung anregen, wie Trauben oder Rohkost. Reichen diese Massnahmen nicht aus, wird Ihnen der Arzt ein Gegenmittel verschreiben. Orientieren Sie Ihr Behandlungsteam unbedingt über das Auftreten von Durchfall. Appetitverlust Im Verlauf einer medikamentösen Behandlung kann der Appetit zurückgehen. Manchmal beruht der Appetitverlust auf unerwünschten Begleiterscheinungen der Chemotherapie – Übelkeit, Erbrechen oder einer Schleimhautentzündung im Mund. Diese Beschwerden gehen vorüber und verschwinden nach Abschluss der Behandlung gänzlich. 33 Lassen Sie sich von Ihren persönlichen Vorlieben leiten, dies ist für Ihr Wohlbefinden wichtig: Essen Sie, was Ihnen schmeckt, ziehen Sie kleine, aber häufige Mahlzeiten vor und teilen Sie diese Momente mit Menschen, deren Gesellschaft Ihnen Freude bereitet. Machen Sie einen grossen Bogen um alle Gerüche, die Ihnen zuwider sind. Viele Betroffene bevorzugen während der Therapie leichte, frische und eher gesalzene Nahrungsmittel. Viele greifen gerne zu Cola-Getränken; diese enthalten aber Koffein, das den Schlaf beeinträchtigen kann. Wählen Sie das, was Ihnen am ehesten zusagt. Mehr Informationen über die Ernährung finden Sie auf Seite 38ff. Niedrige Blutwerte Die weissen Blutkörperchen (Leukozyten) werden im Knochenmark gebildet. Sie reagieren besonders empfindlich auf Zytostatika. Als Folge geht die Anzahl weisser Blutkörperchen zurück. Diese haben aber die Funktion, den menschlichen Körper vor Infektionen zu schützen. Nimmt ihre Anzahl zu stark ab, steigt das Risiko für Infektionen. Aus diesem Grund wird das Blut während der Therapie mindestens einmal pro Woche untersucht. Die wöchentlichen Blutkontrollen können je nachdem auch bei Ihrem Hausarzt erfolgen. Unterschreitet die Anzahl der weissen Blutkörperchen – meist nur während einiger Tage – einen bestimmten Wert, ist der Schutz gegen Infektionen unerlässlich. Sauberkeit und Hygiene bilden die ersten und wichtigsten Massnahmen. Meiden Sie während dieser Zeit grosse Menschenansammlungen sowie den Kontakt mit erkälteten Leuten. Verschie34 ben Sie zahnärztliche Eingriffe, die nicht dringend sind, auf später. Infektionen sind ernst zu nehmen Wenn sich trotz aller Vorsicht eine Infektion entwickelt (z.B. eine Erkältung, eine Blasenentzündung oder ein Eiterherd) und wenn die Körpertemperatur über 37,5 Grad steigt, benachrichtigen Sie umgehend den Arzt. Eine Infektion ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, wenn die Zahl der weissen Blutkörperchen vermindert ist. Auch die Blutplättchen (Thrombozyten) entstehen im Knochenmark. Sie sind zuständig für die Blutgerinnung. Während einer Therapie kann ihre Anzahl sinken. Dadurch erhöht sich das Risiko einer Blutung. Achten Sie darauf, möglichst nicht anzustossen, um Blutergüsse und blaue Flecken zu vermeiden. Seien Sie vorsichtig im Umgang mit scharfen Gegenständen. Zahnärztliche Eingriffe oder Spritzen in den Muskel sind in dieser Zeit zu unterlassen. Wenn Sie bluten, ohne den Blutfluss stillen zu können, wie etwa beim Nasenbluten, oder wenn Sie viele blaue Flecken haben, sollten Sie die Ärztin aufsuchen. Auch ist es besser, in dieser Zeit auf sportliche Aktivitäten zu verzichten, die mit einer Verletzungsgefahr verbunden sind. 35 Venenprobleme bei Infusionen Wenn Sie während der Medikamenten-Infusion oder später zu Hause im Umfeld der Einstichstelle Schmerzen haben oder wenn sich die Haut rötet, informieren Sie bitte unverzüglich Ihr Behandlungsteam, damit Massnahmen dagegen ergriffen werden können. Mit einem so genannten Port-a-cath®-System lassen sich solche Komplikationen umgehen. Es handelt sich dabei um ein Kästchen, das unterhalb des Schlüsselbeins unsichtbar unter die Haut eingelegt (implantiert) und mittels Katheter an eine grosse Körpervene angeschlossen wird. Die feinen Armvenen müssen dann nicht mehr punktiert werden. Die Tumormedikamente gelangen via Kästchen und Katheter sicher in die Vene, ohne dass etwas davon ins Gewebe ausfliessen und Entzündungen verursachen könnte. Dadurch lässt sich eine schmerzhafte und schlecht heilende Einstichstelle vermeiden. Störungen der Nerven- und Muskelfunktionen Einige Zytostatika können zu einer zeitweisen Schädigung der Nervenenden führen. Anzeichen dafür sind ein Kribbeln an den Fingerenden oder Zehen, aber auch Ameisenlaufen und Gefühllosigkeit in Händen und Füssen. Andere Medikamente können ein Gefühl der Muskelschwäche in den Beinen auslösen. Orientieren Sie das Behandlungsteam über solche Beschwerden. 36 Hautreaktionen In einer höheren Dosis können einige wenige Medikamente eine vorübergehende Rötung, Schuppung oder Schwellung der Haut verursachen. Dies betrifft vor allem Stellen wie Ellbogen, Hände und Füsse. Solche Erscheinungen bilden sich in der Regel innert ein bis zwei Wochen zurück. Selten kommt es zu geringfügiger, jedoch bleibender Pigmentierung (Bräunung) gewisser Hautpartien oder Nägel. Störungen im Hormonhaushalt Einige Zytostatika beeinflussen die Bildung der Eizellen bzw. Samenzellen. Bei der Frau kann dadurch die Monatsblutung vorübergehend oder – je nach Stärke der Therapie und Alter der Frau – längerfristig oder vollständig ausbleiben. Lösen die Zytostatika oder die Hormontherapie vorzeitig die Menopause aus, kann es zu Wechseljahrbeschwerden kommen. Beim Mann kann die Therapie die Samenbildung einschränken (siehe auch Seite 40, Sexualität). Machen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin auf derartige Beschwerden, die individuell sehr unterschiedlich auftreten und entsprechend auch unterschiedliche Massnahmen erfordern, aufmerksam. 37 Das Leben geht weiter – aber wie? Eine medikamentöse Tumortherapie kann eine beschwerliche Zeit sein, voll von Ungewissheit, Zwängen, Unwohlsein und Müdigkeit… Trotzdem geht das Leben weiter. Verzichten Sie nicht auf die vielen kleinen Dinge, die Ihnen Freude machen. Essen und Trinken Eine gute Ernährung erfreut den Gaumen und liefert dem Körper die nötige Energie (Kalorien) sowie die notwendigen Nährstoffe (Vitamine, Spurenelemente usw.). Achten Sie während einer medikamentösen Krebstherapie auf eine ausreichende und vielfältige Ernährung. So stärken Sie Ihren Organismus, der durch Krankheit und Therapie geschwächt ist. In dieser Zeit steigt der Bedarf an Nährstoffen. Anderseits nimmt der Appetit oft ab. Dadurch können Lücken in der Versorgung mit Nährstoffen auftreten. Sorgen Sie deshalb für eine ausgewogene Ernährung: Fleisch, Fisch, Getreide, Tofu, Hülsenfrüchte, Ölfrüchte wie Haselnüsse oder Sonnenblumenkerne, Milchprodukte, Früchte und Gemüse sollten sich auf dem Speisezettel abwechseln, entsprechend Ihren Gewohnheiten und Vorlieben. Unterlassen Sie grosse Essen und nehmen Sie stattdessen täglich mehrere kleinere Mahlzeiten zu sich (5 bis 7). Fragen Sie Ihre Ärztin oder den Ernährungsberater, ob es in Ihrem Fall sinnvoll ist, mögliche Lücken durch Vitaminpräparate, eiweisshaltige Drinks usw. zu schliessen. Wenn eine Ernährungsberatung ärztlich angeordnet und von einer von der Krankenversicherung zugelassenen Er38 nährungsberaterin durchgeführt wird, übernimmt die Grundversicherung die Kosten für eine beschränkte Anzahl von Sitzungen. Klären Sie dies unbedingt vorher ab. Die Ernährungsberatung hilft Ihnen, Menüs so zusammenzustellen, dass sie Ihrem Geschmack entsprechen und auch dann bekömmlich sind, wenn Sie an Appetitlosigkeit, Verdauungsstörungen, Kau- oder Schluckbeschwerden leiden sollten. In der Broschüre «Ernährungsprobleme bei Krebs» (siehe Seite 48) finden Sie weitere nützliche Hinweise. Während einer Chemotherapie sollten Sie viel trinken (zwei bis drei Liter pro Tag), um gewissen Nebenwirkungen vorzubeugen. Das entspricht etwa drei bis vier Gläsern Wasser oder Tee über Ihre üblichen Trinkgewohnheiten hinaus. Muss ich eine Diät einhalten? Eine eigentliche Diät ist nur selten nötig, höchstens bei zu viel Kalzium im Blut oder wenn Sie ausserdem an einer Nieren- oder Zuckerkrankheit leiden. Hungerkuren oder einseitige Diäten sind sogar schädlich. Eine mangelhafte Ernährung schwächt Ihren Körper und kann die Wirksamkeit der Therapie einschränken. Behauptungen, wonach so genannte «Krebsdiäten» den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen oder den Krebs «aushungern» würden, entbehren jeglicher Grundlage. 39 Verzichten Sie auf Speisen aus heiklen Nahrungsmitteln wie rohen Eiern oder rohem Fleisch. Eine Infektion würde Sie unnötig belasten. Achten Sie auf eine gute Hygiene in der Küche. Arbeit Vielleicht fragen Sie sich, ob Sie trotz der Chemotherapie arbeiten können. Dies hängt ab von der Stärke der Behandlung, der Art und Weise, wie Sie die Behandlung vertragen, Ihrem Allgemeinzustand und der Tätigkeit, die Sie ausüben. Unter Umständen unterbrechen Sie zu Beginn der Therapie Ihre Tätigkeit und nehmen diese später wieder auf, gegebenenfalls nur teilweise. Häufig finden Menschen, die ganz oder teilweise ihre Beschäftigung ausüben, rascher das seelische Gleichgewicht wieder. Besprechen Sie mit Ihrem Onkologen, wie Sie persönlich die Sache sehen und was für Sie das richtige Mass ist. Inwieweit Sie Ihre Arbeitskolleginnen und -kollegen über den Grund Ihrer Abwesenheit informieren möchten, liegt in Ihrem Ermessen. Die kantonalen Ligen beraten Sie gerne über alle Schritte, die hinsichtlich Lohnausfall usw. nötig sind (Adressen siehe Seite 50ff.). Sexualität Die Krankheit und die Begleitumstände der Therapie (Müdigkeit, Übelkeit usw.) können die sexuelle Lust vorübergehend einschränken. Ihr Selbstvertrauen ist womöglich erschüttert, vor allem auch dann, wenn Krankheit und Behandlung Ihr 40 Aussehen verändert haben. Zweifel steigen in Ihnen auf: Bin ich noch attraktiv? Gerade in diesen Fällen erweist sich das Gespräch mit der Partnerin oder dem Partner als sehr wertvoll. Aus medizinischer Sicht gibt es keinen Grund, auf sexuelle Beziehungen zu verzichten. Weder beeinträchtigen diese die Therapie noch begünstigen sie das Fortschreiten der Krankheit. Krebs ist nicht ansteckend, er kann nicht durch Sexualkontakte übertragen werden; Ihre Partnerin oder Ihr Partner geht also kein Risiko ein. Frauen Während oder nach der Therapie verspüren Frauen manchmal Beschwerden, die Wechseljahrbeschwerden gleichen. Beispielsweise kann eine trockene Scheide den Geschlechtsverkehr schmerzhaft machen. Gute Hilfe leisten hier befeuchtende, wasserlösliche Gleitmittel, die rezeptfrei in Apotheken, Drogerien oder Warenhäusern erhältlich sind (im Umfeld der Kondome). Die Anwendung wasserlöslicher Gleitmittel ist überdies empfehlenswert, wenn Ihr Partner als Verhütungsmittel das Kondom benützt. Obschon medikamentöse Krebstherapien die Bildung von Eizellen verlangsamen, lässt sich eine Schwangerschaft nicht ausschliessen. Eine Chemotherapie während der Schwangerschaft kann dem werdenden Kind schaden. Sie sollten also während der ganzen Dauer der Chemotherapie und eine gewisse Zeit darüber hinaus sicher verhüten. Besprechen 41 Sie die Art und Dauer der Verhütung unbedingt mit Ihrer Ärztin, Ihrem Arzt. Sie können, sofern nichts dagegen spricht (z. B. Thromboseneigung, hormonabhängiges Tumorwachstum), die Pille nehmen. Wenn sich der Menstruationszyklus nach einer Chemotherapie erneut einstellt, kann eine Frau grundsätzlich wieder schwanger werden und ein gesundes Kind gebären. Beraten Sie sich vor einer allfälligen Schwangerschaft mit Ihrer Ärztin. Männer Die Chemotherapie an sich macht nicht impotent. Doch kann eine starke Chemotherapie, unter Umständen kombiniert mit einer Bestrahlung, die Bildung der Samenzellen herabsetzen oder gar eine bleibende Sterilität bewirken. Junge Männer können, zum Beispiel nach einer Behandlung von Lymph- oder Hodentumoren, vielfach gesunde Kinder zeugen. Einige Männer lassen vor der Behandlung ihren Samen tiefgefrieren. Beschäftigt Sie eine zukünftige Vaterschaft, sprechen Sie ohne Zurückhaltung mit Ihrem Arzt darüber. 42 Das Gespräch ist unersetzlich Welches auch immer Ihre Probleme sind: Entscheidend ist das Gespräch mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin. Wenn es Ihnen schwer fällt, offen miteinander zu reden, kann es sinnvoll sein, eine Paartherapeutin oder einen anderen Spezialisten beizuziehen. Eine Fachperson weiss, wie Sie den Gesprächsfaden wieder aufnehmen können. Gegenseitiges Schweigen – selbst aus der guten Absicht heraus, die Partnerin oder den Partner zu schonen – belastet eine Beziehung unnötig. Alkohol und Nikotin Die Therapie setzt die Abwehrkräfte des Körpers herab. Alkohol kann die Abwehrkräfte zusätzlich vermindern, was sich als gefährlich erweisen mag. Vom Alkoholgenuss ist folglich abzuraten. Wahrscheinlich schmeckt Ihnen während der Therapie der Wein ohnehin nicht. Vorsicht geboten ist ferner bei gewissen Medikamenten und Hausmittelchen, die viel Alkohol enthalten. Zwischen zwei Therapiezyklen wird Ihnen aber «einen guten Tropfen in Ehren» niemand verwehren. Das Rauchen hat keinen direkten Einfluss auf die Behandlung, kann aber gewisse unerwünschte Wirkungen der Therapie verstärken. Der Tabakrauch reizt zusätzlich die Schleimhäute in Mund und Atemwegen. Wer auf das Rauchen verzichtet, erweist sich selbst sicher einen guten Dienst. 43 Wenn Sie aufhören möchten, es allein aber nicht schaffen, wenden Sie sich an Ihren Arzt; zudem gibt es viele Broschüren, in denen Sie praktische Tipps zum Rauchstopp finden (erhältlich bei der Krebsliga Ihrer Region: siehe Adressen Seite 50ff.). Lassen Sie sich aber von einem Rauchstopp nicht unnötig stressen: Vorrang haben jetzt die Therapie und Ihr Wohlbefinden. Nikotinhaltige Ersatzprodukte vermindern die Entzugserscheinungen und erleichtern so das Aufhören. Fragen Sie die Hausärztin, welches Produkt sich für Sie am besten eignet. Andere Medikamente Bestimmte Arzneimittel vertragen sich schlecht mit einer Chemotherapie. Bevor Sie sich andere Medikamente verschreiben lassen oder solche selber kaufen, informieren Sie den Onkologen und die Apothekerin über die Medikamente, die Sie bereits einnehmen. Überhaupt muss der Onkologe wissen, welche Medikamente Sie sonst noch einnehmen. Diese Empfehlung gilt auch für die so genannt natürlichen Heilmittel (Pflanzen) oder jene Arzneien, die Sie im Rahmen einer komplementären Behandlung bekommen (früher Alternativmedizin genannt). Vergewissern Sie sich bei Ihrem Onkologen, dass diese Mittel sich mit Ihrer Chemotherapie vertragen und sich nicht schädlich auswirken. 44 Komplementäre Behandlungsmethoden Zu Recht verspüren zahlreiche Krebskranke das Bedürfnis, selbst etwas zur Behandlung beitragen zu wollen. Etwa die Hälfte von ihnen vertraut auf eine komplementäre Methode, als Ergänzung zur schulmedizinischen Therapie. Es gibt eine Vielzahl komplementärer Methoden, die in den Augen der Betroffenen die Lebensqualität verbessern. Hingegen hat bisher keine wissenschaftliche Studie nachgewiesen, dass komplementäre Methoden eine Krebserkrankung heilen können. Hüten Sie sich demnach vor Therapeutinnen und Therapeuten, die behaupten, sie alleine könnten Ihre Krankheit heilen. Solche Versprechen sind ohne seriöse Grundlage. Gewisse «natürliche» Behandlungen und Heilmittel sind nicht ohne Gefahr – abgesehen davon, dass sie falsche Hoffnungen wecken und sehr teuer sein können. Anderseits steigern verschiedene komplementäre Methoden zweifelsohne das allgemeine Wohlbefinden, was durchaus positiv ist. Gewisse komplementäre Verfahren werden zumindest teilweise von der obligatorischen Krankenversicherung übernommen, falls von einer Ärztin oder einem Arzt verschrieben. Haben Sie eine Zusatzversicherung abgeschlossen, trägt die Krankenkasse weitere Kosten. Fragen Sie bei Ihrer Kasse nach, welche Leistungen diese in Ihrem Fall bezahlt, bevor Sie sich für eine komplementäre Behandlung entscheiden; verlangen Sie von der Kasse eine schriftliche Antwort. 45 Erkundigen Sie sich ausserdem über das fachliche Können des Therapeuten, dem Sie sich anvertrauen möchten. Lassen Sie sich auf alle Fälle von Ihrem gesunden Menschenverstand leiten. Mehr Informationen zu einzelnen Verfahren erhalten Sie bei der Krebsliga oder vom Krebstelefon (siehe Seite 50ff.). 46 Lassen Sie sich beraten Ihr Behandlungsteam … wird Ihnen gerne weiterführende Hinweise geben, was Sie gegen krankheits- und behandlungsbedingte Schwierigkeiten tun können. Scheuen Sie sich nicht, sich allenfalls zusätzliche (komplementäre) Therapien verschreiben zu lassen, die Ihr Wohlbefinden stärken können. Ihre kantonale Krebsliga … berät, begleitet und unterstützt Sie auf vielfältige Weise bei der Bewältigung Ihrer Krankheit. Dazu gehören auch Kursangebote, die Klärung von Versicherungsfragen, Vermittlung usw. (Adressen siehe Anhang). Das Krebstelefon 0800 55 88 38 Hier hört Ihnen eine Fachperson zu, informiert Sie über mögliche Schritte und geht auf Ihre Fragen im Zusammenhang mit Ihrer Krebserkrankung und -behandlung ein. Anruf und Auskunft sind kostenlos. Sie brauchen Ihren Namen nicht zu nennen. Andere Betroffene Sie können Ihre Anliegen auch in einem Internetforum diskutieren. Dazu empfehlen sich www.krebsforum.ch – eine Dienstleistung des Krebstelefons – und www.forum.krebs-kompass.de. Bitte beachten Sie dabei, dass vieles, was einem anderen Menschen geholfen oder geschadet hat, auf Sie nicht zuzutreffen braucht. Umgekehrt kann es aber Mut machen zu lesen, wie andere als Betroffene oder Angehörige damit umgegangen sind. Eine Selbsthilfeorganisation Hier tauschen sich Betroffene über ihre Erfahrungen aus und informieren sich gegenseitig. Im vertrauten Kreis von Menschen, die Ähnliches durchgemacht haben, fällt es manchmal leichter, Probleme aller Art zur Sprache zu bringen und Lösungen zu finden (siehe Anhang). 47 Anhang Broschüren Die Publikationen der Krebsliga können Ihnen helfen, mit Ihrer Situation besser umzugehen. Sie werden Ihnen, sofern nichts anderes vermerkt ist, von Ihrer kantonalen Krebsliga kostenlos zur Verfügung gestellt – ein Service, der nur dank unserer Spenderinnen und Spender möglich ist. ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ Radio-Onkologie Ernährungsprobleme bei Krebs Leben mit Krebs, ohne Schmerz Rundum müde Körperliche Aktivität bei Krebs Krebs trifft auch die Nächsten Die Krebstherapie hat mein Aussehen verändert Alternativ? Komplementär? Familiäre Krebsrisiken Lymphödem – Ratgeber für Betroffene Krebs – von den Genen zum Menschen Eine CD-ROM, die in Bild und Text (zum Hören und/oder Lesen) einfach und klar Einblick in das komplexe Krebsgeschehen gibt (Fr. 25.– plus Versandspesen). Bestellmöglichkeiten ■ Krebsliga Ihres Kantons ■ [email protected] ■ ■ Telefon 0844 85 00 00 www.swisscancer.ch Auf www.swisscancer.ch finden Sie zudem das vollständige Verzeichnis aller bei der Krebsliga erhältlichen Broschüren sowie eine kurze Beschreibung jedes Ratgebers. Krebsbehandlung im Rahmen einer klinischen Studie Kostenlose Informationsbroschüre, erhältlich beim Schweizerischen Institut für angewandte Krebsforschung SIAK, Tel. 031 389 91 91, www.siak.ch 48 Selbsthilfeorganisationen von Krebsbetroffenen ilco, Schweizerische Vereinigung der regionalen Ileostomie-, Colostomie- und Urostomie-Gruppen Selbsthilfeorganisation für Menschen mit einem künstlichen Darm- oder Urinausgang Präsident: Bruno Leiseder Rothenburgerstrasse 10 6274 Eschenbach Tel. 041 448 29 22 Mobile 079 317 49 65 Sekretariat: Peter Schneeberger Buchenweg 35 3054 Schüpfen Tel. 031 879 24 68 [email protected] www.ilco.ch Kinderkrebshilfe Schweiz Kontakt: Marianne Würsch Geschäftsleiterin Sonnenrain 4 4534 Flumenthal Tel. 032 637 30 85 Fax 032 637 30 16 [email protected] www.kinderkrebshilfe.ch Leben wie zuvor, Schweizer Verein brustoperierter Frauen Selbsthilfeorganisation für Frauen nach einer Brustkrebserkrankung Kontakt: Dr. h.c. Susi Gaillard Geschäftsleiterin Postfach 336 4153 Reinach 1 Tel./Fax 061 711 91 43 [email protected] www.leben-wie-zuvor.ch Union Schweizerischer KehlkopflosenVereinigungen Selbsthilfeorganisation für kehlkopflose Menschen Kontakt: Claire Monney Sekretariat av. de la Piscine 18 1020 Renens Tel. 021 635 65 46 Fax 021 635 65 61 [email protected] www.kehlkopfoperiert.ch ho/noho Schweizerische Patientenorganisation für Lymphbetroffene und Angehörige Rosmarie Pfau Weidenweg 39 4147 Aesch Tel. 061 421 09 27 [email protected] www.lymphome.ch Schweizer Selbsthilfegruppe für Pankreaserkrankungen SSP Präsident: Conrad Rytz chemin du Chêne 10 1260 Nyon Tel. 022 361 55 92 Fax 022 361 56 53 [email protected] Kontakt: Barbara Rubitschon Zollikerstrasse 237 8008 Zürich Tel. 044 422 72 90 www.pancreas-help.com SFK, Stiftung zur Förderung der Knochenmarktransplantation Candy Heberlein Vorder Rainholzstrasse 3 8123 Ebmatingen Tel. 044 982 12 12 Fax 044 982 12 13 [email protected] www.knochenmark.ch Myelom Kontaktgruppe Schweiz (MKgS) Präsidentin: Ruth Bähler Grenzweg 5 4144 Arlesheim Tel. 061 701 57 19 (nachmittags) [email protected] www.multiples-myelom.ch 49 Unterstützung und Beratung – die Krebsliga in Ihrer Region Krebsliga Aargau Milchgasse 41 5000 Aarau Tel. 062 824 08 86 Fax 062 824 80 50 [email protected] www.krebsliga-aargau.ch PK 50-12121-7 Krebsliga beider Basel Mittlere Strasse 35 4056 Basel Tel. 061 319 99 88 Fax 061 319 99 89 [email protected] www.krebsliga-basel.ch PK 40-28150-6 Bernische Krebsliga Ligue bernoise contre le cancer Marktgasse 55 Postfach 184 3000 Bern 7 Tel. 031 313 24 24 Fax 031 313 24 20 [email protected] www.bernischekrebsliga.ch PK 30-22695-4 Ligue fribourgeoise contre le cancer Krebsliga Freiburg Route des Daillettes 1 case postale 181 1709 Fribourg tél. 026 426 02 90 fax 026 426 02 88 [email protected] www.liguecancer-fr.ch CCP 17-6131-3 50 Ligue genevoise contre le cancer 17, bvd. des Philosophes 1205 Genève tél. 022 322 13 33 fax 022 322 13 39 [email protected] www.lgc.ch CCP 12-380-8 Krebsliga Glarus Kantonsspital 8750 Glarus Tel. 055 646 32 47 Fax 055 646 43 00 [email protected] PK 87-2462-9 Krebsliga Graubünden Alexanderstrasse 38 7000 Chur Tel. 081 252 50 90 Fax 081 253 76 08 [email protected] www.krebsliga-gr.ch PK 70-1442-0 Ligue jurassienne contre le cancer Rue de l’Hôpital 40 case postale 2210 2800 Delémont tél. 032 422 20 30 fax 032 422 26 10 [email protected] CCP 25-7881-3 Ligue neuchâteloise contre le cancer Faubourg du Lac 17 case postale 2001 Neuchâtel tél. 032 721 23 25 [email protected] CCP 20-6717-9 Krebsliga Schaffhausen Kantonsspital 8208 Schaffhausen Tel. 052 634 29 33 Fax 052 634 29 34 [email protected] PK 82-3096-2 Krebsliga Solothurn Dornacherstrasse 33 4500 Solothurn Tel. 032 628 68 10 Fax 032 628 68 11 [email protected] www.krebsliga-so.ch PK 45-1044-7 Krebsliga St. Gallen-Appenzell Flurhofstrasse 7 9000 St. Gallen Tel. 071 242 70 00 Fax 071 242 70 30 [email protected] www.krebsliga-sg.ch PK 90-15390-1 Thurgauische Krebsliga Bahnhofstrasse 5 8570 Weinfelden Tel. 071 626 70 00 Fax 071 626 70 01 [email protected] www.tgkl.ch PK 85-4796-4 Lega ticinese contro il cancro Via Colombi 1 6500 Bellinzona 4 tel. 091 820 64 20 fax 091 826 32 68 [email protected] www.legacancro.ch CCP 65-126-6 Ligue valaisanne contre le cancer Krebsliga Wallis Siège central: Rue de la Dixence 19 1950 Sion tél. 027 322 99 74 fax 027 322 99 75 [email protected] www.lvcc.ch Beratungsbüro: Spitalstrasse 5 3900 Brig Tel. 027 922 93 21 Mobile 079 644 80 18 Fax 027 922 93 25 [email protected] www.walliserkrebsliga.ch CCP/PK 19-340-2 Ligue vaudoise contre le cancer Av. Gratta-Paille 2 case postale 411 1000 Lausanne 30 Grey tél. 021 641 15 15 fax 021 641 15 40 [email protected] www.lvc.ch CCP 10-22260-0 Krebsliga Zentralschweiz Hirschmattstrasse 29 6003 Luzern Tel. 041 210 25 50 Fax 041 210 26 50 [email protected] www.krebsliga.info PK 60-13232-5 Krebsliga Zug Alpenstrasse 14 6300 Zug Tel. 041 720 20 45 Fax 041 720 20 46 [email protected] www.krebsliga-zug.ch PK 80-56342-6 Krebsliga Zürich Klosbachstrasse 2 8032 Zürich Tel. 044 388 55 00 Fax 044 388 55 11 [email protected] www.krebsliga-zh.ch PK 80-868-5 Krebshilfe Liechtenstein Im Malarsch 4 FL-9494 Schaan Tel. 00423 233 18 45 Fax 00423 233 18 55 [email protected] www.krebshilfe.li PK 90-4828-8 Krebsliga Schweiz Effingerstrasse 40 Postfach 8219 3001 Bern Tel. 031 389 91 00 Fax 031 389 91 60 [email protected] www.swisscancer.ch PK 30-4843-9 Krebstelefon Tel. 0800 11 88 11 Montag, Dienstag und Mittwoch 10.00–18.00 Uhr, Donnerstag und Freitag 14.00–18.00 Uhr Anruf kostenlos [email protected] www.krebsforum.ch Broschüren-Bestellung Tel. 0844 85 00 00 [email protected] Ihre Spende freut uns. 51 Persönliches Merkblatt «Unerwünschte Wirkungen» Für Sie persönlich zutreffende Informationen Mit dieser Behandlungsform sind möglicherweise folgende unerwünschte Nebenwirkungen zu erwarten (Auflistung der potenziellen unerwünschten Nebenwirkungen, und was Sie dagegen tun können, Seite 27): Unerwünschte Wirkung/Intensität Ihre Beobachtungen (Datum/Art) 52 Zur Behandlung Ihrer Krankheit erhalten Sie derzeit folgende tumorhemmende Medikamente Telefonnummer für Rückfragen Kontaktperson Stempel Praxis/Spital 53 Überreicht durch Ihre Krebsliga: