Spektroskopie leichter Mesonen Seminar zur Hadronenphysik 14.11.2006 Pierre Voigtländer 1 Überblick Aufbau und Eigenschaften leichter Mesonen Spektroskopie leichter Mesonen Beispieldetektor: Crystal Barrel Massenbestimmung Spinbestimmung Spektrum der leichten Mesonen Zerfall von Mesonen 2 Aufbau leichter Mesonen I Bestehen aus einem Quark und einem Antiquark Haben negative Parität (falls Bahndrehimpuls L=0) Unterliegen der starken WW und sind somit Hadronen Besitzen einen ganzzähligen Spin J, sind also Bosonen Kopplung zu J=1 (Vektormesonen) oder zu J=0 (pseudoskalare Mesonen) u d s u d s B +1/3 +1/3 +1/3 -1/3 -1/3 -1/3 J 1/2 1/2 1/2 1/2 1/2 1/2 I 1/2 1/2 0 1/2 1/2 0 I3 +1/2 -1/2 0 -1/2 +1/2 0 S 0 0 -1 0 0 +1 Q/e +2/3 -1/3 -1/3 -2/3 +1/3 +1/3 3 Aufbau leichter Mesonen II Erste Annahme: Je ein Quark und ein Antiquark kombinieren. Diese Annahme trifft auch für die meisten Mesonen zu, jedoch gibt es einige Mesonen, die eine Überlagung mehrerer Zustände sind, so dass sich die folgenden Kombinationen ergeben: ← Vektormesonen pseudosk. Mesonen → 4 Aufbau leichter Mesonen III Trägt man die Strangeness S gegen die dritte Komponente des Isospins I3 auf, so ergibt sich für die Vektormesonen (links) und die pseudoskalaren Mesonen (rechts) jeweils ein Oktett: 5 Spektroskopie Signifikantes Merkmal der Mesonen ist ihre Masse (Analogie zum Lichtspektrum, wo die Energie signifikant ist). Aufbau der Mesonen (vgl. Quarktabelle auf Folie 3) lässt diese auch noch gut über Strangeness S und Isospin I klassifizieren. Historisch: Gerade durch die Mesonenspektroskopie wurde das Quarkmodell erst vorangetrieben. Leichte Mesonen nicht durch QCD direkt berechenbar (Modelle notwendig). Mesonenspektroskopie soll Modelle liefern, ähnlich wie Atomspektren Modelle für die QED lieferten. 6 Ermittlung der Masse Aus dem (lorenztinvarianten) Quadrat des Viererimpules erhält man: Mit der relativistischen Energie-Impuls-Beziehung ergibt sich für den Viererimpuls und schließlich für die invariante Masse: (1) Wie den Impuls p und die Energie E ermitteln? 7 Beispieldetektor: Crystal Barrel 1. 2. 3. 4. 5. 6. Eisenjoch Magnetspule EM-Kalorimeter (CäsiumJodit) Drahtkammer Vertexdetektor Protonentarget (flüssiger Wasserstoff) 8 Bestimmung des Impulses p Betrachtet wird ein Teilchen (Meson), welches sich senkrecht zu einem Magnetfeld bewegt, so wie es auch im Detektor geschieht. Geladene Teilchen werden im Magnetfeld abgelenkt gemäß der Lorentzkraft FZ v FL r1 r2 Gleichgesetzt mit der Zentrifugalkraft erhält man für den Impuls 9 Bestimmung der Energie E Im Kalorimeter wird das zu untersuchende Teilchen auf v=0 abgebremst, und die freiwerdende Energie wird gemessen. Unter anderem können hochenergetische Teilchen eine ganze Kaskade von Teilchen im Kalorimeter freisetzen, wobei man diese Sekundärteilchen als Teilchenschauer bezeichnet. Elektromagnetischer Schauer in der ICARUS LAr Driftkammer 10 Die resultierende Masse Somit sind alle Werte bekannt, um nach Gleichung (1) die Masse des gefundenen Teilchens (Mesons) zu ermitteln. Neben einer endlichen Detektorauflösung bei Bestimmung der Energie (Gaußkurve) und einer natürlichen Breit-Wigner-Verteilung der Mesonenmasse, ergibt sich kein scharfer δ-Peak, sondern einer Kurve, die eine Überlagung von Gauß- und Breit-Wigner-Kurve darstellt, wenn man die Mesonenmasse betrachtet. Dies ist auch am Beispiel des ρ0 in der Reaktion ρ0→ π++πzu erkennen: 11 Bestimmung des Spins I Zunächst wird der Fall betrachtet, in dem ein Teilchen in zwei zerfällt: Die Drehimpulse der Zerfallsprodukte B und C koppeln hierbei zum Drehimpuls von A (beschrieben durch die Clebsch-GordonKoeffizienten). Hierzu sei zunächst daran erinnert, dass die Wellenfunktion eines Teilchens über die Legendre-Polynome in einen radialen und winkelabhängigen Teil separiert werden kann. Der winkelabhängige Teil wird durch die Kugelflächenfunktionen beschrieben, wobei diese wiederum die normierten Eigenfunktionen der Operatoren L2 und Lz des Bahndrehimpulses in Ortsdarstellung sind. 12 Bestimmung des Spins II Die ersten drei Legendrepolynome lauten: Betrachtet man den winkelabhängigen Teil der Wellenfunktion und dazu den Zerfall A → B + C (siehe Abbildung), so lässt sich über die Winkelverteilung der Zerfallsprodukte B direkt auf den Drehimpuls von Teilchen A und somit auf seinen Spin A θ rückschließen. Trägt man den Wirkungsquerschnitt C von B gegen θ auf, erhält man über die Winkelverteilung von B die Aufenthaltswahrscheinlichkeit |Ψ|2 von A. 13 Bestimmung des Spins III Bei einem 3-Teilchen-Endzustand muss eine andere Möglichkeit gewählt werden, um den Spin zu bestimmen. Eine Möglichkeit ist hier der sogenannte Dalitzplot. Beim Dalitzplot werden Zefälle gesucht, bei denen etwas in zwei von den drei Teilchen zerfällt. Betrachtung von Fermis goldener Regel: W = Übergangswahrscheinlichkeit, Mfi = Matrixelement, P = Phasenraumfaktor Mfi: beschreibt Dynamik der Reaktion (Wechselwirkung) P: beschreibt Kinematik der Reaktion 14 Bestimmung des Spins IV Es werden Koordinaten gesucht, für die der Phasenraum konstant ist. Diese Koordinaten spiegeln sich u.a. in der folgenden Zuordnung wider: Abszisse: (m1+m2)2 Ordinate: (m1+m3)2 m1, m2 und m3 bezeichnen hierbei die Massen der Endteilchen 1, 2 und 3. Gilt Mfi=1, so ergibt sich eine homogene Verteilung (Phasenraum-Verteilung) Für Mfi≠1 ergeben sich charakteristische Strukturen, über die man Rückschlüsse auf Bahndrehimpuls L und Masse m beteiligter Teilchen ziehen kann. Mfi=1, Reaktion pp→ηηπ 15 Bestimmung des Spins V ⇒L=2 L=1⇐ CB@Lear pp-Annihilation in Ruhe: pp→KLKLπ0 16 Bestimmung des Spins VI Da der Gesamtdrehimpuls J erhalten bleibt, gilt für eine Reaktion A→B+C J(A)=J(B)+J(C) Mit J(A)=J(A)+L(A) und bekanntem L(A) (vgl. vorherige Folie), erhält man schließlich auch J(A). Isospin und Strangeness Isospin I und Strangeness S sind bei der Starken und EM WW Erhaltungsgrößen, so dass man diese Werte für unbekannte Mesonen kombinieren kann. 17 Das resultierende Mesonenspektrum Vektormesonen (V) Pseudoskalare Mesonen (P) m(V)>m(P) 18 Diskussion des Mesonenspektrums I Man erkennt, dass die Mesonen mit J=1 größere Massen haben als Mesonen mit J=0 Grund ist die Spin-Spin-Wechselwirkung (durch die Starke WW). Das hierzu gehörige Spin-Spinpotential lautet Hierbei gilt: So dass sich eine Massenverschiebung ergibt von: für Vektormesonen für pseudoskalare Mesonen 19 Diskussion des Mesonenspektrums II Die Gesamtmassen der einzelnen leichten Mesonen ergeben sich ziemlich genau zu (2) Hierbei beschreiben mq bzw. mq die Konstituentenmassen der Quarks, die sich hauptsächlich aus der Gluonenwolke zwischen den Quarks und den virtuellen Quark-Antiquark-Paaren ergeben, und lauten für u-, dund s-Quark: Zum Vergleich: Die intrinsische Massen der 3 leichten Quarks betragen: 20 Diskussion des Mesonenspektrums III Die Gültigkeit der zuvor genannten Gleichung (2) zeigt sich bei Gegenüberstellung der durch diese Gleichung berechneten Massen und der gemessenen Massen der einzelnen leichten Mesonen, was die folgende Tabelle verdeutlicht: 21 Zerfall von Mesonen I Im Folgenden soll der Zerfall einiger ausgewählter Mesonen betrachtet werden: π0: Als leichtestes Meson kann das π0-Meson nicht über Starke WW zerfallen, aber unter EM WW (zumeist in 2 γ). π+, π−: Als leichtestes geladenes Meson Zerfall nur über Schwacher WW, da auf Grund von Ladungs- und Leptonenerhaltung geladenes Lepton (zumeist ein µ) und Neutrino entstehen muss. (→ lange Lebensdauer) K: Als leichtestes Meson mit s-Quark ist nur ein Zerfall über die Schwache WW möglich, da sich das s-Quark umwandeln muss. Vektormesonen: Zerfallen größtenteils unter Starker WW in die leichteren pseudoskalaren Mesonen. 22 Zerfall von Mesonen II 23 Literatur B. Povh, K. Rith, C. Scholz, F. Zetsche: Teilchen und Kerne, 2004, 6. Auflage, Springer-Verlag G. Källén: Elementarteilchenphysik, 1974, 2. Auflage, Addison-Wesley F. Hinterberger: Physik der Teilchenbeschleuniger, 1997, Springer-Verlag Journal of Physics G: Nuclear and Particle Physics, Volume 33, July 2006, Institute of Physics Publishing A. Messiah: Quantum Mechanics Volume II, 1962, North-Holland Publishing Company K. Peters: A Primer on Partial Wave Analysis, Institut für Experimentalphysik K. Müller, O. Steinkamp, P. Truoel: Vorlesungsskript WS 03/04: http://www.physik.unizh.ch/teaching/teilchen/ws0304/unterlagen.html R. Schlickeiser: Vorlesungsskript WS 04/05: http://www.tp4.ruhr-uni-bochum.de/skripte/qmV8.pdf 24