Max-Planck-Institut für Kernphysik Dunkle Energie 68,3% Dunkle Materie 26,8% Normale Materie 4,9% Zusammensetzung des Universums nach den neuen Ergebnissen des Satelliten PLANCK, der die kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung exakt vermessen hat. Dahinter Galaxien des Hubble ultra deep field. (Quelle: the Hubble Heritage) Viele verschiedene Modelle werden zur Zeit untersucht. So könnte z. B. das leichteste der zuvor erwähnten sterilen Neutrinos die Dunkle Materie sein, wenn seine Masse eine bestimmte Größenordnung hat. Darüber hinaus sind sogenannte „Weakly Interacting Massive Particles“ (WIMPs), die in vielen Erweiterungen des Standardmodells der Teilchenphysik enthalten sind, attraktive Kandidaten. Diese WIMPs könnten außerdem am Large Hadron Collider am CERN erzeugt und ihre Eigenschaften untersucht werden, wenn ihre Masse im zugänglichen Energiebereich liegt. Die Dunkle Energie, die den größten Anteil des Universums ausmacht, verursacht eine beschleunigte Expansion des Universums. Der Ursprung dieses mysteriösen Phänomens ist noch weitgehend unerforscht, doch es gibt bereits einige Erklärungsversuche. Forschungsthemen am MPIK • • • • Theoretische Modelle und Phänomenologie der dunklen Materie Neue Strategien für die experimentelle Suche nach dunkler Materie Kosmologische Bedeutung der Neutrinos Erklärung der Teilchen-Antiteilchen-Asymmetrie Titelbild: Falschfarbendarstellung des „Bullet-Clusters“. Das Bild zeigt die Kollision zweier Galaxienhaufen. Aus dem Vergleich der Röntgenemissionen (rosa) und der Stärke des Gravitationslinseneffekts (blau) kann man schließen, dass ein Großteil der Materie in diesem Cluster dunkel sein muss. (Quelle: NASA/Hubble Space Telescope) Hausanschrift: Saupfercheckweg 1 69117 Heidelberg Postanschrift: Postfach 103980 69029 Heidelberg Tel: Fax: 06221 5160 06221 516601 E-Mail:[email protected] Internet:http://www.mpi-hd.mpg.de Ansprechpartner: Prof. Dr. Manfred Lindner Tel: 06221 516800 E-Mail:[email protected] Dr. Werner Rodejohann Tel: 06221 516824 E-Mail:[email protected] Theoretische Astroteilchenphysik und Kosmologie Theoretische Astroteilchenphysik und Kosmologie Brückenschlag zwischen Teilchenphysik und Astrophysik Die moderne theoretische Physik zeigt uns, dass das Verhalten der Elementarteilchen auf kleinsten Skalen und die Entwicklung des Universums im Großen untrennbar verbunden sind. Diese faszinierenden Zusammenhänge sind das Forschungsthema der Astroteilchenphysik und der Kosmologie. Einerseits sind genaue Kenntnisse über teilchenphysikalische Prozesse nötig, um die Entwicklung des frühen Universums zu verstehen. Andererseits erlauben astrophysikalische und kosmologische Beobachtungen interessante Rückschlüsse auf die Eigenschaften der Elementarteilchen. Ein Blick zurück zu den Anfängen des Universums Fehlende Antimaterie und sterile Neutrinos Die Sterne, Planeten und Galaxien, die unser heutiges Universum ausmachen, sind ursprünglich aus einem heißen, weitgehend gleichförmigen Elementarteilchenplasma entstanden. Im Laufe seiner Entwicklung hat sich das Universum beständig ausgedehnt, wodurch das Plasma abkühlte und verschiedene „Phasenübergänge“ durchlief. So entstanden ca. 300 000 Jahre nach dem Urknall die ersten Atome, indem Atomkerne und Elektronen eine Bindung eingingen. In einer noch früheren Phase, wenige Sekunden nach dem Urknall, konnten selbst Atomkerne noch nicht existieren. Stattdessen lagen ihre Bestandteile – Protonen und Neutronen – als freie, ungebundene Teilchen vor. Doch auch diese bildeten sich erst ca. eine millionstel Sekunde nach dem Urknall aus noch fundamentaleren Bestandteilen, den Quarks. Heutige Modellrechnungen können die Entwicklung des Universums bis zu einer milliardstel Sekunde nach dem Urknall zuverlässig zurückverfolgen, doch es gibt zahlreiche Versuche, noch weiter vorzudringen – bis hin zu Epochen, die weniger als 10 –43 Sekunden nach dem Urknall liegen. In allen modernen teilchenphysikalischen Theorien gibt es zu jeder Teilchensorte so genannte Antiteilchen, die sich von den Teilchen lediglich durch ihre entgegengesetzten Ladungen unterscheiden. Treffen ein Teilchen und ein Antiteilchen aufeinander, so können beide in einem intensiven Energieblitz „annihilieren“. Im Urknall wurden Materie und Antimaterie zu gleichen Teilen produziert, das heutige Universum besteht jedoch fast ausschließlich aus Materie. Die Frage, was mit der fehlenden Antimaterie geschehen ist, stellt eine der großen ungeklärten Fragen der Kosmologie dar. Die Antwort auf diese Frage ist möglicherweise eng mit den außergewöhnlichen Eigenschaften der Neutrinos verknüpft: in „Seesaw-Modellen“, die erklären könnten, warum Neutrinos deutlich weniger Masse besitzen als alle anderen Elementarteilchen, gibt es neben den drei bekannten Neutrinoarten (Neutrinoflavours genannt) noch mehrere weitere, schwere Neutrinos. Falls dieser SeesawMechanismus tatsächlich existiert, wären die zusätzlichen schweren Neutrinos im Urknall in großer Zahl produziert worden; da sie jedoch instabil sind, wären sie innerhalb weniger Sekundenbruchteile zerfallen. Dabei besteht die Möglichkeit, dass mehr Materie als Antimaterie entsteht. Dieser Mechanismus heißt „Leptogenese“. Die theoretisch motivierten schweren Neutrinos werden als „steril“ bezeichnet, weil sie noch viel schwächer als normale Neutrinos mit anderen Teilchen wechselwirken und deshalb noch schwerer nachweisbar sind. Indirekte experimentelle Hinweise auf solche Neutrinos werden theoretisch untersucht. Dunkle Materie und Dunkle Energie Entwicklung des Universums. (Quelle: FZ Jülich) Aus astrophysikalischen und kosmologischen Beobachtungen wissen wir, dass das Universum nur zu ca. 5% aus den uns bekannten Elementarteilchensorten bestehen kann. Den Rest machen die Dunkle Materie (ca. 27%) und die Dunkle Energie (ca. 68%) aus. Dunkle Materie besteht sehr wahrscheinlich aus bislang unbekannten Sorten von Elementarteilchen. Die Entwicklung von teilchenphysikalischen Modellen, die eine Erklärung für die Existenz Dunkler Materie liefern und die Berechnung ihrer Eigenschaften erlauben, stellt eine große Herausforderung für die theoretische Teilchenphysik dar.