§9 Pythagoras–Tripel

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§9 Pythagoras–Tripel
Nach Pythagoras gilt: In einem rechtwinkligen Dreieck mit den Katheden
a und b und der Hypothenuse c ist
a2 + b 2 = c 2
Speziell gilt die sogenannte
Zimmermannsregel. Drei Latten der Länge 3, 4 und 5 Meter ergeben zusammengenagelt ein rechtwinkliges Dreieck, denn
32 + 42 = 52
Definition. x, y, z heißt Pythagoras–Tripel, wenn x, y und z positive Zahlen sind mit
x2 + y 2 = z 2
Frage: Wie verschafft man sich einen Überblick über alle Pythagoras–Tripel?
9.1 Bemerkung. Sei x, y, z ein Pythagoras–Tripel. Dann gilt:
(a) x und y sind nicht beide ungerade.
(b) Für alle λ ≥ 1 aus N ist auch λx, λy, λz ein Pythagoras–Tripel.
(c) Teilt t die Zahlen x, y und z, so ist auch xt , yt , zt ein Pythagoras–Tripel.
Beweis. x, y ungerade =⇒ x2 ≡ y 2 ≡ 1 mod 4 (siehe den Beweis von 8.1)
=⇒ x2 + y 2 ≡ 2 mod 4 =⇒ x2 + y 2 ist kein Quadrat (Beweis von 8.1).
(b) und (c) sind offensichtlich richtig.
Zur Beantwortung obiger Frage genügt es danach, diejenigen Pythagoras–
Tripel zu finden mit
(i) x, y, z sind (paarweise) teilerfremd,
(ii) x ist gerade und y ungerade.
Die übrigen Pythagoras–Tripel entstehen aus solchen durch Streckung und
evtl. Vertauschung von x und y.
1
9.2 Satz. (Indische Formeln für Pythagoras–Tripel.)
(a) Sind a ≥ 1, b ≥ 1 mit a > b, a−b ungerade und (a, b) = 1, so bilden x =
2ab, y = a2 −b2 , z = a2 +b2 ein Pythagoras–Tripel mit den Eigenschaften
(i) und (ii) (ein sogenanntes normiertes“ Pythagoras–Tripel).
”
(b) Jedes normierte Pythagoras–Tripel x, y, z ist von der Form x = 2ab, y =
a2 − b2 , z = a2 + b2 mit a ≥ 1, b ≥ 1, a − b ungerade und (a, b) = 1
(c) Es gibt unendlich viele Pythagoras–Tripel.
Beweis.
(a) Seien a, b, x, y, z wie in (a) beschrieben. Dann ist x gerade und
x2 + y 2 = 4a2 b2 + a4 − 2a2 b2 + b4 = a4 + 2a2 b2 + b4 = (a2 + b2 )2 = z 2
Wegen a − b ungerade ist auch a + b ungerade und daher
y = (a + b)(a − b) ungerade.
Noch zu zeigen: x und y sind teilerfremd.
Angenommen die Primzahl p teilt x und y. =⇒ p ist ungerade und
p2 | x2 + y 2 = z 2 =⇒ p ungerade, p | z =⇒ p | y + z = 2a2 und
p | y − z = 2b2 und p ungerade =⇒ p | a und p | b, im Widerspruch zu
(a, b) = 1.
(c) a durchlaufe alle ungeraden Primzahlen p und b := 2. Das Paar a, b
erfüllt dann die Voraussetzungen von (a).
Also ist nach (a) 4p, p2 − 4, p2 + 4 ein normiertes Pythagoras–Tripel für
alle Primzahlen p ≥ 3.
(b) Sei x, y, z ein normiertes Pythagoras–Tripel. =⇒ z 2 = x2 + y 2 ist
ungerade =⇒ z ungerade; y ungerade =⇒ z ± y gerade =⇒ x2 =
· z+y
, x0 ≥ 1.
(z − y)(z + y) = 4x20 =⇒ x = 2x0 , x20 = z−y
2
2
z+y
Behauptung. z−y
,
=1
2
2
Beweis. Angenommen die Primzahl p teilt
p2 | (z − y)(z + y) = z 2 − y 2 = x2 .
z±y
2
=⇒ p |
z+y
2
−
z−y
2
= y und
Es folgt p | y und p | x, im Widerspruch zur Voraussetzung. Also ist
z−y z+y
, 2
= 1 und z−y
· z+y
= x20 ist ein Quadrat =⇒ z−y
= b2 , z+y
=
2
2
2
2
2
2
a , a ≥ 1, b ≥ 1.
2
=⇒ x20 = a2 b2 =⇒ x0 = ab =⇒ x = 2x0 = 2ab, y = z+y
− z−y
= a2 − b 2 , z =
2
2
z+y
z−y
2
2
+ 2 = a + b =⇒ (a, b) | x und (a, b) | y und (x, y) = 1 =⇒ (a, b) = 1
2
y = a2 − b2 = (a + b)(a − b) ungerade =⇒ a − b ungerade.
Der große Satz von Fermat. (Andrew Wiles, Oktober 1994)
Für n ≥ 3 hat die Gleichung X n +Y n = Z n keine positive ganzzahlige Lösung
x, y, z. (Ein Highlight der Mathematik.)
Wir notieren hier den Beweis für n = 4, der von Fermat stammt. Euler hat
den (schwierigen) Fall n = 3 bewiesen.
9.3 Satz. Die Gleichung
(1)
X4 + Y 4 = Z4
hat keine Lösung in positiven ganzen Zahlen x, y, z.
Beweis. Zeige, daß die Gleichung
(2)
X4 + Y 2 = Z4
keine positive ganzzahlige Lösung hat.
Dann hat auch (1) keine solche Lösung; denn wäre x4 + y 4 = z 4 so wäre
x4 + w2 = z 4 mit w = y 2 eine Lösung von (2).
Angenommen es gibt positive ganze Zahlen x, y, z mit x4 + y 2 = z 4 .
Sei x, y, z ein solches Tripel mit minimalen z.
Dann sind x, y, z paarweise teilerfremd, denn: Ist p ein gemeinsamer Primteiler von zwei dieser Zahlen, so teilt p (wegen x4 + y 2 = z 4 ) auch die dritte
4 2 4
x
y
z
4
2
4
4
2
+
=
, im
Zahl und p | y = z − x , also p | y. Es folgt
2
p
p
p
Widerspruch zur Minimalität von z.
Es gilt: (x2 )2 +y 2 = (z 2 )2 , also ist x2 , y, z 2 ein Pythagoras Tripel aus paarweise
teilerfremden Zahlen.
1. Fall. x2 ist ungerade und y gerade. Nach 9.2 gibt es a ≥ 1, b ≥ 1 mit
(a, b) = 1, a − b > 0 ungerade und x2 = a2 − b2 , y = 2ab und z 2 = a2 + b2 .
Es folgt: (xz)2 = x2 z 2 = (a2 − b2 )(a2 + b2 ) = a4 − b4 , also b4 + (xz)2 = a4 und
a2 < z 2 , also a < z. Dies steht im Widerspruch zur Minimalität von z.
2. Fall. x2 ist gerade und y ungerade. Nach 9.2 gibt es a > b ≥ 1 mit
x2 = 2ab, y = a2 − b2 , z 2 = a2 + b2 und (a, b) = 1. Wegen y = a2 − b2 ungerade
3
ist a − b ungerade. Es folgt x2 = 2αβ, z 2 = α2 + β 2 , α ungerade, β gerade
(α, β) = 1.
Wende erneut 9.2 an und zwar auf z 2 = α2 + β 2 : Es gibt r ≥ 1, s ≥ 1 mit
z = r2 + s2 , α = r2 − s2 , β = 2rs und (r, s) = 1. Es ist x2 = 2αβ = (r2 −
s2 )4rs; r, s und r2 − s2 sind paarweise teilerfremd. Wegen x2 = (r2 − s2 )4 · r · s
sind daher r, s und r2 − s2 Quadrate: r = u2 , s = v 2 , r2 − s2 = w2 , also
v 4 + w2 = s2 + (r2 − s2 ) = r2 = u4 .
Ferner ist u ≤ u4 = r2 < r2 + s2 = z. Dies steht im Widerspruch zur
Minimalität von z.
Also ist die zu Anfang des Beweises gemachte Annahme falsch und (2) hat
keine positive ganzzahlige Lösung.
9.4 Korollar.
x
(a) Auf dem EinheitskreisK = {
∈ R2 | x2 + y 2 = 1} liegen unendlich
y
viele Punkte mit rationalen Koordinaten x und y.
x
(b) Auf der Kurve C = {
∈ R2 | x4 +y 4 = 1} liegen außer den Punkten
y
±1
0
und
keine Punkte mit rationalen Koordinaten.
0
±1
Beweis.
(a) Ist a, b, c ein normiertes Pythagoras–Tripel,
so ist a2 + b2 = c2 , also
!
a
c
b
c
( ac )2 + ( cb )2 = 1, d.h. der Punkt
liegt auf dem Kreis K und hat
rationale Koordinaten.
Für verschiedene normierte
Pythagoras
Tripel a, b, c und a0 , b0 , c0 sind
!
!
0
auch die Punkte
a
c
b
c
und
a
c0
b0
c0
0
0
verschieden, denn die Brüche ac , cb , ac0 , cb0
liegen in gekürzter Form vor. Aus 9.2(c) folgt die Behauptung.
x
(b) Sei
∈ C mit rationalen Zahlen x, y. Ist x = 0 oder y = 0, so ist
y
y = ±1 oder x = ±1.
4
Angenommen x 6= 0 und y 6= 0, o.E. x > 0 und y > 0. Sei d der
Hauptnenner von x und y: Dann ist d4 (x4 + y 4 ) = d4 · 1 = d4 , also
(dx)4 + (dy)4 = d4
mit positiven ganzen Zahlen dx, dy und d, im Widerspruch zu 9.3.
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