Millikan-Versuch Phy 12 (Rt) Der Millikan-Versuch Einstiegsfragen Welche Körper untersuchte Millikan in seinem Versuch? Welche Felder ließ er darauf wirken? Wie "erzeugte" er sie? Welche Richtungen hatten die betreffenden Feldstärken? 3. Welche physikalische Größe bestimmte er daraus? 1. 2. Theorie Eine Methode zur Bestimmung der Elementarladung e besteht darin, zuerst ein Öltröpfchen durch Einstellen einer geeigneten Spannung U in der Schwebe zu halten (Schweben im Elektrischen Feld) und dann das gleiche Öltröpfchen ‚frei’ fallen zu lassen (Fallen ohne Elektrisches Feld) und dabei seine Geschwindigkeit zu messen. Schweben mit Elektrischem Feld Durchführung und Beobachtung: An die Kondensatorplatten wird eine Spannung U angelegt und so eingestellt, dass ein Öltröpfchen schwebt – sich also nicht auf- oder abbewegt. Für ein negativ geladenes Tröpfchen muss die obere Platte positiv und die untere Platte negativ geladen werden. Erklärung: Auf das Tröpfchen wirken die Gewichtskraft FG nach unten und die betraglich gleich große Elektrische Kraft FEl nach oben, so dass keine resultierende Kraft mehr wirkt und das Tröpfchen ruht. Auswertung: Es gilt folgendes Kräftegleichgewicht: Die Elektrische Kraft FEl hat den gleichen Betrag wie die Gewichtskraft FG: FEl = FG (1) Q⋅E = m⋅g Q: Ladung des Tröpfchens E: Elektrische Feldstärke zwischen den Metallplatten m: Masse des Tröpfchens g: Erdbeschleunigung CC BY-NC-SA 3.0 Dr. F. Reuter Millikan-Versuch Phy 12 (Rt) Fallen ohne Elektrisches Feld Durchführung und Beobachtung: An die Kondensatorplatten wird keine Spannung angelegt. Ohne angelegte Spannung fällt das Tröpfchen nach einer kaum beobachtbaren Beschleunigungsphase mit konstanter Geschwindigkeit v0 nach unten. Erklärung: Auf das Tröpfen wirkt zuerst nur die Gewichtskraft FG nach unten, so dass das Tröpfchen nach unten beschleunigt wird. Durch die größer werdende Geschwindigkeit steigt nun die der Bewegung entgegen gerichtete (Stokes‘sche) Reibungskraft FR so lange an, bis sie betraglich gleich der Gravitationskraft FG ist. Ab diesem Zeitpunkt wirkt auf das Tröpfchen keine resultierende Kraft mehr und es bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit weiter nach unten. Auswertung: Es gilt folgendes Kräftegleichgewicht: Die Stokes‘sche Reibungskraft FR hat den gleichen Betrag wie die Gewichtskraft FG: FR = FG (2) 6π ⋅ η ⋅ r ⋅ v0 = m ⋅ g η [eta]: Zähigkeit der Luft r: Radius des Tröpfchens v0: Geschwindigkeit des Tröpfchens beim Fallen m: Masse des Tröpfchens g: Erdbeschleunigung Durch Einsetzen von 4 m = ρÖl ⋅V = ρÖl ⋅ π r 3 3 m: Masse des Tröpfchens ρÖl: Dichte des Öls V: Volumen des Tröpfchens r: Radius des Tröpfchens und E= U d E: Elektrische Feldstärke im Kondensator U: Spannung zwischen Platten d: Abstand der Platten erhält man (3) Q= 9 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ d η 3 ⋅ v03 U ρÖl ⋅ g Die Größen η, ρÖl und g können aus Tabellen entnommen, die Größen U, d und v0 können im Experiment gemessen werden, so dass die Ladung Q eines Öltröpfchens berechnet werden kann. CC BY-NC-SA 3.0 Dr. F. Reuter Millikan-Versuch Phy 12 (Rt) Messung und Auswertung Mit dem JAVA-Applet ‚MILLIKAN-Versuch’ von Carsten Groß soll nun eine Simulation des Versuches zur Bestimmung der Elementarladung e durchgeführt werden. Arbeitsaufträge: 1. Folge auf der Webseite http://ne.lo-net2.de/selbstlernmaterial/ den links Physik S II / Elektrizitätslehre und dort Kapitel I.7.1 MILIKAN-Versuch, e-Bestimmung. Unter Experimente und Simulationen findet sich nun der link zum JAVA-Applet. 2. Führe mit dem Applet eine erste Messung nach den folgenden Schritten durch: • Stelle die Triggerung auf ‚Spannung aus’. Betätige den Button [Pumpe] und warte, bis Öltröpfchen am unteren Bildschirmrand erscheinen. Versuche nun, ein Tröpfchen durch geeignete Spannungswahl in der Schwebe zu halten. Notiere diese Spannung. • Drücke anschließend den Button [aus], woraufhin sich das Öltröpfchen nach oben bewegt (es fällt!) und der obere Timer startet. Wähle einen Skalenstrich und versuche den Timer durch Betätigen des Buttons [Stopp] genau dann anzuhalten, wenn das Öltröpfchen den Strich passiert. Eventuell müssen diese Schritte einige Male wiederholt werden, bis die Messung exakt gelingt. • Notiere die Anzahl n der zurückgelegten Skalenstriche und die dafür benötigte Zeit t. 3. Führe eine erste Auswertung nach den folgenden Schritten durch: • Berechne die Fallgeschwindigkeit v0 unter Verwendung der Anzahl n der zurückgelegten Skalenstriche, des Skalenabstandes s = 5,33⋅10-5 m und der benötigten Zeit t. • Setze v0 und U in die Gleichung (3) ein und berechne den Wert von Q. (benötigte Größen: d = 6·10-3 m; η = 7,25·10-6 N⋅s⋅m-2; ρÖl = 875,3 kg⋅m-3; g = 9,81 m⋅s-2) 4. 5. 6. 7. Diese Messwerte liefern ein sinnvolles Ergebnis: n = 15; t = 7,73 s; U = 332 V. Nimm so insgesamt drei Messungen auf. Notiere jeweils n, t und U und den Wert für Q. Tausche die Ergebnisse mit anderen Gruppen aus, so dass Du Werte aus mindestens acht verschiedenen Messungen hast. Öffne die Excel-Datei Millikan-Auswertung und trage die Messwerte ein. Vergleiche den angegebenen Wert für Q mit dem Ergebnis der Rechnung in Aufgabe 4. Erstelle ein Balkendiagramm, in dem die Ladung q gegen die Versuchsnummer aufgetragen ist (Höhe der Balken entspricht Q) und interpretiere das Diagramm. Bonus-Aufgabe: Leite mit Hilfe der folgenden Arbeitsschritte Gleichung (3) zur Berechnung der Ladung Q her: 4 3 • Ersetze in Gleichung (2) die Größe m durch ρÖl ⋅ 3 π r , fasse so weit wie möglich zusammen und löse die Gleichung nach r auf. Die dadurch neu entstehende Gleichung sei Gleichung (2.1). 4 3 U • Ersetze in Gleichung (1) die Größe m durch ρÖl ⋅ 3 π r und die Größe E durch d und löse die Gleichung nach q auf. Die dadurch neu entstehende Gleichung sei Gleichung (1.1). • Ersetze die Größe r in Gleichung (1.1) durch den gleichwertigen Term für r aus Gleichung (2.1) und fasse die rechte Seite der neuen Gleichung so weit wie möglich zusammen. Es ergibt sich durch Zusammenfassen und Vereinfachen Gleichung (3). CC BY-NC-SA 3.0 Dr. F. Reuter Millikan-Versuch Phy 12 (Rt) Info zur Stokes’schen Reibung Strömung Die Stokes‘sche Reibung ist eine aus der Strömungslehre für laminare FR = 6π ⋅ η ⋅ r ⋅ v Strömungen bekannte Kraft auf kugelförmige Körper in einem ‚zähen’ Medium mit der Zähigkeit η. Die Stokes‘sche Reibungskraft tritt nur dann auf, wenn sich das Tröpfchen bewegt und wirkt dann der Bewegungsrichtung entgegen. Die Kraft wächst zudem mit der Geschwindigkeit und zwar so lange, bis sich das Tröpfchen nur noch mit konstanter Geschwindigkeit bewegt. Für eine präzisere Messauswertung des Millikan-Versuches, die wir an dieser Stelle nicht durchführen werden, müssen weitere Kräfte bzw. Korrekturfaktoren berücksichtigt werden: Die Auftriebskraft in der Luft Da die Dichte von Luft gegenüber der Dichte von Öl sehr klein ist, kann man aber vereinfachend die Auftriebskraft des Tröpfchens in Luft vernachlässigen. FA = ρ Luft ⋅V ⋅ g Die Cunningham‘sche Korrektur der Stokes‘schen Reibungskraft Beim Zerstäuben von Öl erhält man so kleine Kugeln, dass der Radius der beobachteten Tröpfchen in der gleichen Größenordnung liegt wie die mittlere freie Weglänge der Luftmoleküle und das Gesetz von Stokes nur noch bedingt gilt. Die Tröpfchen bewegen sich nicht wie Kugeln durch eine Front von Luftmasse, sondern manövrieren sich zwischen den Luftmolekülen hindurch und erfahren durch Stöße mit einzelnen Molekülen Bremskräfte. Der mittlere Abstand der Luftmoleküle beträgt etwa 10-7 m. Erstaunlicherweise lässt sich auch diese Situation pauschal erfassen. Man muss lediglich einen Korrekturfaktor in das Stokes‘sche Gesetz einbauen. Als Erfahrungswert erhält man für die Zähigkeit von Luft η' = η 10 −7 m (1+ 0,83⋅ ) r Für ein Tröpfchen mit dem Radius r = 2,8 · 10-8 m wäre η‘ = 0,25η, also nur noch ein Viertel des Wertes für eine Kugel. Für den Radius r = 8,3 · 10-7 m wäre η‘ = 0,9η. Je kleiner also die Tröpfchen, desto größer die Abweichung vom Stokes‘schen Gesetz. CC BY-NC-SA 3.0 Dr. F. Reuter Millikan-Versuch Phy 12 (Rt) Die Elementarladung Aufgaben 1. Fasse die Ergebnisse des Millikan-Versuches zusammen. Benutze dabei die Begriffe Elementarladung, Elektron, vielfaches, 1,602·10-19 C. Größen, die ausschließlich als Vielfache eines Grund- oder Elementarwertes (Quantum) vorkommen, nennt man gequantelte Werte. 2. Können Objekte eine Ladung von 0,801·10-19 C oder 2,0 C haben? Begründe. 3. Nenne mindestens drei Sportarten, in denen gequantelte Größen vorkommen. 4. Die Elektrische Stromstärke I gibt an, welche Ladung Q pro Zeiteinheit t durch einen Leiter fließt: . Bei konstanter Stromstärke I fließt daher während der Zeit t die Ladungsmenge . Die Einheit der Ladung Coulomb (C) ist dabei eine Abkürzung für Amperesekunden (As). Für Batterien oder Akkumulatoren wird gelegentlich eine „Kapazität“ in Milliamperestunden (mAh) angegeben. • Was gibt diese Größe an? • Wie viele Elektronen müssten demnach in einer 1,5 V AA-Batterie mit 2000 mAh verfügbar sein? 5. Ionen können geladene Atome sein. Erkläre die Bezeichnungen Na+ für ein Natrium-Ion, Ca2+ für ein Calcium-Ion, Cl– für ein Chlorid-Ion und F– für ein Fluorid-Ion. • Welche Ladung in Coulomb haben die genannten Ionen? • Wie hängt die Quantelung der Ladung mit der chemischen Zusammensetzung von Salzen wie Natriumchlorid (NaCl) oder Calciumfluorid (CaF2) zusammen? • Stelle eine allgemeine Formulierung für mögliche Zusammensetzungen von Salzen auf. CC BY-NC-SA 3.0 Dr. F. Reuter