Fliegender Hochofen

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Wissenschaft
Bahn zieht, desto seltener
Begleiter um ein Vielfaches.
kommt es zum Transit. Aus
Alle über 100 Planeten, die
großer Entfernung betrachbislang außerhalb des Sontet, deckt die Erde nur 13
nensystems gefunden wurStunden im Jahr einen Teil
den, ließen sich daher nur
der Sonnenscheibe ab –
indirekt nachweisen. Die
viele Nächte müsste ein
Forscher registrierten winAstronom von der Wega
zige Schlingerbewegungen
auf der Lauer liegen, bis er
Mit einer neuen Fahndungstechnik der Sterne, die durch die
die Menschenwelt findet.
Schwerkraft ihrer Trabanten
geht die Jagd nach fernen
„Einen extrasolaren Plahervorgerufen werden. So
Planeten in die nächste Runde.
neten zufällig bei der Verlassen sich jedoch nur riesifinsterung seines Sterns zu
ge Gasplaneten mit mördeWerden die Forscher
erwischen, ist so unwahrrischer Schwerkraft aufbald eine zweite Erde finden?
scheinlich wie ein Lotteriespüren; für erdähnliche
gewinn“, sagt Heike Rauer,
uf dem heißesten Planeten der Ga- Himmelskörper ist die Techlaxis wabern Wolken aus Metall. nik einstweilen zu ungenau. Teleskop zur Planetensuche* Chefin der DLR-Planetenfahnder. „Aber auch bei eiMit der neuen, empfind- Erste Verdächtige im Netz
Manchmal kondensieren glühende
ner Lotterie kann ich ja
Tropfen. Dann regnet es Eisen und Platin licheren Transitmethode
könnte es nun möglich werden, auch klei- meine Chancen erhöhen, indem ich viele
vom Himmel.
Tausende Lichtjahre entfernt sind Astro- nere Sternenbegleiter ausfindig zu machen. Lose kaufe. Genau das machen wir.“
Nacht für Nacht wird in Tautenburg das
physiker auf einen Planeten gestoßen, der Der Trick: Wenn sich ein unbekannter Plaeinen ungemütlich nahen Platz an der Son- net zwischen seine Sonne und den Beob- Licht von über 30 000 Sternen vermessen.
ne hat: Nur 28,5 Stunden braucht er, um achter schiebt („Transit“), verdeckt er ei- Eine Auswertelektronik bewältigt die Daseinen Heimatstern einmal zu umkreisen – nen winzigen Teil des Sternenlichts – ähn- tenflut. Dennoch rechnet Rauer nur mit
Rekord. Fast ein Wunder, dass der bren- lich wie eine Motte, die durch einen einer Hand voll Kandidaten pro Jahr: „Uns
sind schon Verdächtige ins Netz gegangen,
nende Atem des Sterns den Trabanten Scheinwerferstrahl flattert (siehe Grafik).
Im großen Stil halten Astrophysiker jetzt mehr kann ich noch nicht verraten.“
noch nicht abgefackelt hat.
So mühsam das Geschäft auch ist: Im„Das ist aber nur eine Frage der Zeit“, nach Sternen Ausschau, die plötzlich um
prophezeit der Tübinger Astrophysiker Ste- ein paar Promille dunkler leuchten und mer mehr Forscher stürzen sich in diese
fan Dreizler, der am Aufspüren des na- nach wenigen Stunden wieder in der ge- Fleißarbeit – sogar Amateurastronomen
menlosen Planeten beteiligt war. „Die 2000 wohnten Helligkeit. Erstaunlicherweise sind helfen mit. Kein Wunder, lockt doch als
Grad Celsius heiße Atmosphäre des Jupi- für die galaktische Rasterfahndung keine Hauptgewinn die Entdeckung einer belebter-großen Himmelskörpers wird sich nach Super-Teleskope erforderlich. Die Entde- ten Zwillingserde.
Einstweilen sind die Chancen dafür zwar
ckung des ultraheißen Planeten gelang mit
und nach auflösen.“
So lebensfeindlich der fliegende Hoch- einem vergleichsweise bescheidenen 1,3- eher gering. Aber schon in wenigen Jahren
werden neue Weltraumteleskope ins All
ofen auch sein mag: Astronomen feiern Meter-Teleskop in Chile.
Sternenforscher des Deutschen Zentrums geschossen, die gezielt nach erdähnlichen
seine Entdeckung als einen Durchbruch
auf der Suche nach fernem Leben. Denn für Luft- und Raumfahrt (DLR) gehen nun Planeten suchen sollen. Den Anfang macht
die Forscher kamen ihm mit einer völlig sogar mit einem noch kleineren Instrument Ende 2005 die Corot-Sonde, an der auch
neuen Suchtechnik auf die Spur. Die ver- auf Planetenjagd. An der Thüringer Lan- das DLR beteiligt ist. Außerhalb der störenblüffend simpel erscheinende Methode dessternwarte in Tautenburg betreiben sie den Erdatmosphäre soll das fliegende Obkönnte der Planetenfahndung einen wei- ein 20-Zentimeter-Teleskop, wie es auch vie- servatorium 60 000 Sterne überwachen.
Corot, so hoffen die Astronomen, könnte
teren Schub verschaffen – und bald sogar le Hobby-Astronomen benutzen.
Was die Forscher mehr brauchen als viele neue Welten finden. Später folgt die
zur Entdeckung einer zweiten Erde führen.
Mit wachsender Begeisterung betreiben Riesenobservatorien, ist Geduld: Je weiter europäische Eddington-Sonde, die gezielt
Astronomen die Planetensuche. Was das ein Planet von seiner Sonne entfernt seine nach einer Zwillingserde suchen soll.
Nur: Wie lässt sich anschließend festVorhaben so schwierig macht: Die Sterne
stellen, ob auf einem erdähnlichen Planeüberstrahlen ihre kleinen, lichtschwachen * Instrument der DLR in Tautenburg.
ten tatsächlich außerirdisches Leben
vorkommt? Auch hier hilft eine MiniStern
Finsternis weiter.
Während ein Planet vor seiner SonNachweis fremder Planeten mit der Transitmethode ne entlangzieht, wird seine Atmosphäre von ihr durchleuchtet – dabei
Wandert ein ferner Planet vor
hinterlässt der Planet im Sternenlicht
seine Sonne, erscheint der Stern
eine Art Fingerabdruck seiner chefür
einen
irdischen
Beobachter
Planet
mischen Zusammensetzung.
geringfügig dunkler.
Schon der Sauerstoffgehalt liefert
dann
klare Hinweise, ob auf der neu
Je schwächer die Verfinsteentdeckten Welt irgendwelche Krearung, desto kleiner ist der
turen existieren: Liegt der Anteil des
Planet, der sie auslöst.
reaktionsfreudigen Gases hoch, gibt
Im
Prinzip
lassen
sich
mit
SternPhase der
es dort sehr wahrscheinlich Organisdieser Technik erstmals
helligkeit
Bedeckung
men, die den Sauerstoff ständig neu
erdähnliche Himmelsproduzieren.
körper außerhalb des
In diesem Fall wachsen auch unter
Sonnensystems aufspüren.
der fremden Sonne die Bäume in den
Himmel.
Olaf Stampf
ASTRONOMIE
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Fliegender
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A
Verräterische Finsternis
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