Absorption und Emission

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Absorption und Emission
Wir wiederholen aus V4 die Anwendung der Bose-Statistik auf ein Photonengas
und berücksichtigen nun eine mögliche entartung der Zustände. Diese äußert
sich im statistischen Gewicht g = (2J + 1) des Zustandes mit Gesamtdrehimpuls
J. Stimmen die statistischen Gewichte des Anfangs- und Endzustandes überein,
so findet man, dass die Einstein-Koeffizienten für die induzierte Emission und
Absorption gleich groß sind.
Bik
Aik
=
gk
Bki (induz. Emission und Absorption),
gi
=
8πhν 3
Bik (spont. Emission).
c3
(1)
Der Vorfaktor 8πν 2/c3 der spontanen Emission ist die Anzahl der Moden des
Strahlungsfeldes pro Volumen und Frequenzintervall. Dann ist Aki/(8πν 2/c3) die
Wahrscheinlichkeit, dass das Atom aus dem Zustand mit Ek spontan ein Photon
der Energie hν in einen Mode emittiert. Bkihν ist die Wahrscheinlichkeit pro
Zeiteinheit, dass ein Photon in einem Mode die Emission eines weiteren Photons
induziert. Umschreiben von Glg. 1 liefert
Aik
= Bik hν,
2
3
8πν /c
was bedeutet, dass die spontane Emissionswahrscheinlichkeit pro Mode gleich der
induzierten Emissionswahrscheinlichkeit ist, wenn das Strahlungsfeld ein Photon
pro Mode enthält. Enthält es n Photonen pro Mode, so gilt
ind. Em.
Wik
spont. Em.
Wik
=
Bik hν
= n.
3
2
Aik c /8πν
In der Figur links ist die mittlere Photonenzahl n̄ pro Mode des Strahlungsfeldes als Funktion der Temperatur T
105
und Frequenz ν dargestellt. Offensichtlich dominiert bei Temperaturen unter
103
etwa 1000 K die spontane Emission im
102
sichtbaren Bereich (n̄ ist kleiner als 1).
Durch Erzeugen von nicht-thermischen
10
Strahlungsfeldern kann dies aber umgangen werden. Hier ist insbesondere
1
108 109 1010
1011 1012 1013 1014 1015 eine Anwendung wichtig, in der die
Photonen auf wenige Moden verteilt
ν [s−1]
werden und damit in diesen die induzierte Emission überwiegt. Das bekannteste Beispiel dafür ist der Laser, den wir
nächste Woche behandeln wollen.
10 −
sichtbares Licht
10
0
10
=
n̄
n̄
10 −
=
1
n̄
=
n̄
=
2
10 −
10
=
n̄
n̄
=
10 2
n̄
=
10 4
n̄
=
10 6
T[K]
105
Übergangswahrscheinlichkeiten für spontane Emission
Aus der Elektrodynamik wissen wir, dass ein schwingender (Hertzscher) Dipol mit
einem elektrischen Dipolmoment p~ = q~r = p~o sin ωt über alle Winkel integriert
die mittlere Leistung
2 p¯2ω 4
P̄ =
3 4π0c3
abstrahlt, wo p¯2 = p20/2. In der Quantenmechanik müssen wir nun den Mittelwert
p̄ durch den Erwartungswert ersetzen,
Z
h~
pi = eh~ri = e dτ ψi∗~rψi.
Ein Atom, welches gerade ein Photon emittiert, ist gerade daran, vom Zustand
ψi in den Zustand ψk überzugehen. Darum müssen wir auch den Erwartungswert
des Übergangsdipolmoments Mik = hpiki bestimmen:
~ ik = e
M
Z
dτ ψi∗~rψk .
Dabei gilt |Mik | = |Mki| und p¯2 = 2|Mik |2. Einsetzen in die klassische Formel
liefert
4
4 ωik
2
|M
|
.
hPik i =
ik
3
3 4π0c
Drücken wir dies mit dem Einsteinkoeffizienten Aik für die Wahrscheinlichkeit pro
Sekunde spontan zu emittieren, so
hP i = NiAik hνik ,
wo Ni die Anzahl Atome im Zustand Ei bedeutet. Vergleich liefert
Aik =
3
2 e2ωik
3 0 c 3 h
Z
2
dτ ψi∗~rψk .
Weil man die Mik als Matrix anordnen kann, heissen die einzelnen Mik Matrixelemente.
Messung relativer Übergangswahrscheinlichkeiten
Die Ni Atome im Zustand mit Ei in
Ni hPik i
einer zu untersuchenden Lichtquelle emittieren ihr Licht in den vollen
S (ω )
Raum. Man sammelt das Licht aus
η (ω )
dem Raumwinkel dΩ in einen SpekdΩ
T (ω )
trographen mit Transmission T (ω)
und misst es mit einem Detektor mit spektraler Empfindlichkeit η(ω). Das Ausgangssignal S(ω) am Detektor ist dann
S(ω) = Ni hPik i dΩ T (ω) η(ω).
Nach den vorherigen Überlegungen ist also das Verhältnis Sik /Snm der gemesse-
nen Intensitäten zweier Spektrallinien ein Maß für die relativen Übergangswahrscheinlichkeiten.
Sik
Ni Aik ωik
T (ωik )η(ωik )
=
.
Snm NnAnmωnm T (ωnm)η(ωnm)
Diese Messung bestimmt offensichtlich nur die relativen Übergangswahrscheinlichkeiten für die spontante Emission.
Übergangswahrscheinlichkeiten für induzierte Emission
hν
Das elektrische Feld eines einlaufenden Photons sei durch eine ebene Welle genähert,
hν
~ =E
~ oei(~k·~r−ωt).
E
Dann ist die Wahrscheinlichkeit für
die spontane Absorption durch das Atom (untere Hälfte der Figur links)
~ · ~r|ψii|2,
Wki ∝ |hψi|E
~ der
also abhängig von der relativen Orientierung zwischen elektrischem Vektor E
Welle und Dipolmoment p~ = e~r. Ist das umgebende Strahlungsfeld isotrop, so
muss über alle Richtungen gemittelt werden. Genauere rechnungen zeigen
Z
2
2π e ∗
dτ ψk~rψi .
Bki =
2
3 0h̄
2 2
Der Zusammenhang zwischen spontaner und induzierter Emission ist tiefer, als
er durch die Formeln weiter oben erscheinen mag. Die Quantenelektrodynamik
erklärt das Phänomen der spontanen Emission als Konsequenz einer durch immer
vorhandene Vakuumfluktuationen induzierte Emission.
Auswahlregeln
Wir sind nun in der Lage, die in V3 erwähnten Auswahlregeln zu erklären.
Nicht jeder Übergang von einem Zustand mit Ei zu einem Zustand mit Ek wird
beobachtet. Die Auswahl der “erlaubten” Übergänge wird durch die Drehimpulserhaltung und andere Symmetrieüberlegungen geregelt. Wir haben bereits in
V6 gesehen, dass das Photon (als Bose-Teilchen) in zirkular polarisiertem Licht
(σ +-Licht) einen Drehimpuls +h̄ hat, in σ −-Licht den Drehimpuls −h̄. In linear
polarisiertem Licht (π-Licht), welches eine Überlagerung von σ + und σ − Licht
ist, ist der Erwartungswert für den Photonendrehimpuls gleich Null.
Absorbiert ein Atom ein Photon, so muss der Gesamtdrehimpuls erhalten bleiben,
folglich können nur die Übergänge erlaubt sein, für die gilt:
∆m = 0, ±1.
Diesen Effekt hatten wir schon bei der Diskussion des Zeeman-Effektes gesehen.
Dort werden in Feldrichtung nur zwei Komponenten sichtbar (σ + und σ − ) während
senkrecht dazu linear polarisiertes Licht und damit alle drei Komponenten sichtbar
sind.
Nebst der Auswahlregel für die magnetischen Quantenzahl m, folgt auch eine
weitere für die Drehimpulsquantenzahl l aus der Erhaltung des Drehimpulses.
Weil jedes einzelne absorbierte oder emittierte Photon einen Drehimpuls +h̄ oder
−h̄ mit sich trägt, muss sich l um ±1 ändern,
∆l = ±1.
Eine weitere Konsequenz ergibt sich bei Anwendung der Drehimpulserhaltung
auf
q
p
die Spinquantenzahl S. Das Elektron hat einen Spin |~s| = 12 (1 + 12 )h̄ = 3/4h̄.
Solange die Spin-Bahn-Kopplung schwach ist, kann der Spin des Elektrons nicht
geändert werden, deshalb gilt
∆S = 0.
Bei stärkerer Spin-Bahn-Kopplung muss der erhaltene Gesamtdrehimpuls einer
Auswahlregel unterliegen:
∆J = 0, ±1 aber J = 0 −→ J = 0 bleibt verboten.
Zsammenfassend:
∆l = ±1
∆L = ±1
∆M = 0, ±1
∆S =
∆J = 0, ±1
für Einelektronenatome
für Mehrelektronenatome
~ S-Kopplung
~
mit L∆M = 0 für linear polarisiertes Licht
∆M = ±1 für zirkular-polarisiertes Licht
leichte Atome
schwere Atome mit starker
~ S-Kopplung
~
L-
gilt immer
Ausnahmen bei starker
~ S-Kopplung
~
LJ = 0 −→ J = 0 verboten
Lebensdauern angeregter Zustände
Wird ein Atom im nicht angeregten Zustand E0 durch Absorption eines Photons
hν oder durch einen Elektronenstoss in einen angeregten Zustand Ei versetzt,
so geht das Atom von selbst durch Emission eines Photons hν oder durch
inelastische Stösse in einen energetisch tieferen Zustand Ej bzw. E0 über.
Man bezeichnet den Übergang Ei → Ej unter
Aussendung eines Photons als Fluoreszenz.
Aij (j=0,1,2) bezeichnen hier die EinsteinKoeffizienten, d.h. die Wahrscheinlichkeit pro
Zeiteinheit, dass ein Atom vom angeregten Zustand Ei spontan durch Emission eines Photons
hν in den energetisch tieferen Zustand Ej übergeht.
Sei Ni die Zahl der Atome, die sich im Zustand Ei befinden, so ist die Zahl der
Atome, die im Zeitintervall dt spontan in den Zustand Ej übegehen, gegeben
durch
dNi = −Aij Nidt.
Definiert man
X
Ai =
Aij
j
als die Wahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit, dass das Atom vom Zustand Ei in
einen beliebigen erlaubten Zustand Ej (Ei > Ej ) übergeht, ergibt sich für die
Änderung der Zahl der Atome im Zustand Ei:
dNi = −AiNidt.
Durch Integration erhält man die zeitabhängige Besetzungsdichte:
Ni(t) = Ni(0) · e−Ai t.
Ni(0) bezeichnet die Besetzungsdichte
zum Zeitpunkt t = 0. Die Konstante
1
Ai =
τi
bezeichnet dann die reziproke mittlere Lebensdauer des Zustandes Ei, d.h. nach
der Zeit τi ist die Besetzungsdichte des Zustandes Ei auf den 1/e ten Teil
abgesunken.
Durch Messung der mittleren Lebensdauer eines Zustandes Ei lässt sich die
Summe der Einstein-Koeffizienten Ai besimmen. Darüber hinaus lassen sich
durch Messung der Intensitäten Iik der unterschiedlichen Übergänge Ei → Ek
die entsprechenden Einstein-Koefizienten Aik bestimmen durch
Iik /h · νik
.
Aik = Ai P
j (Iij /h · νij )
Der Zustand Ei wird jedoch nicht nur durch
Fluoreszenz sondern auch durch inelastische
Stösse entvölkert. Definiert man Ri als die
Wahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit, dass ein
Atom im Zustand Ei durch inelastische
Stösse in einen energetisch tieferen Zustand
übergeht, dann ergibt sich analog zur bisherigen Betrachtung:
dNi = −(Ai + Ri)Nidt,
Ni(t) = Ni(0) · e−(Ai +Ri)t.
Die mittlere effektive Lebensdauer τief f ergibt sich dann zu
τief f
1
=
.
Ai + Ri
Im Falle, dass das Niveau Ei der Atome A durch inelastische Stösse mit anderen
Atomen B entvölkert wird, lässt sich Ri schreiben als
Ri = nB · v AB · σiinel .
Dabei ist nB die Teilchenzahldichte der Stosspartner B, v AB die mittlere Relativgeschwindigkeit und σiinel der Stossquerschnitt. v AB lässt sich wiederum
schreiben als
s
8kT
.
πµ
µ ist die reduzierte Masse der beiden Stosspartner A und B
v AB =
µ=
MA · MB
.
MA + MB
Somit ergibt sich die reziproke effektive Lebensdauer zu
1
τief f
Trägt
lässt
man
sich
1
ef f
τi
aus
gegen
dem
=
1
τispont
das
+ nB · v AB · σiinel .
Produkt
Schnittpunkt
der
nB · v AB
Geraden
graphisch
mit
der
auf,
so
Ordina-
te
1
spont
τi
,
und
aus
der
Steigung
der
Stossquerschnitt
σiinel
bestim-
men. Eine solche graphische Darstellung wird Stern-Volmer-Plot genannt.
1
τief f
Für nB gilt nach der allgemeinen Gasgleichung
N
p
nB =
=
.
V
kT
Damit erhält man die Geradengleichung der
reziproken effektiven Lebensdauer
r
8
1
· σiinel .
= spont + p ·
πµkT
τi
als Funktion der Temperatur T und des Druckes p, welche experimentell besser
zu bestimmen sind als nB und v AB .
Linienbreiten der Spektrallinien
Bei einem Übergang zwischen unterschiedlichen Niveaus eines Atoms Ei → Ej
ist das ausgesandte Licht nicht streng monochomatisch. Man beobachtet vielmehr eine Verteilung der Absorptions- bzw. Emissionsfrequenzen um eine Mittenfrequenz ν0 = νij . Bezeichnet man mit Pν (ν) die spektrale Leistungsdichte, d.h. die Leistung, die von der Lichtquelle im Intervall ∆ν = 1s−1
um die Frequenz ν abgestrahlt wird, so zeigt Pν (ν − ν0) ein Linienprofil.
ν1 und ν2 markieren die Frequenzen, bei
denen die spektrale Leistungsdichte auf die
Hälfte des Maximalwertes abgesunken ist.
Das Intervall δν = |ν1 − ν2| heisst volle Halbwertsbreite (FWHM = Full Width Half Maximum). Man bezeichnet den Bereich zwischen
ν1 und ν2 als Linienkern, ausserhalb dieser Grenzen als Linienflügel.
Die endliche Linienbreite hat drei Ursachen:
• Die Energienieveaus sind wegen ihrer endlichen Lebensdauer nicht beliebig
scharf. D.h. die Unschärfe, die sich aus ∆E · ∆t = h ergibt, bedingt auch eine
Unschärfe im Frequenzbereich.
• Aufgrund thermischer Bewegung der einzelnen Atome kommt es zu Dopplerverschiebungen im Absorptions- und Emissionsspektrum.
• Durch Wechselwirkungen zwischen Nachbaratomen kommt es zu Verschiebungen der Energieniveaus.
Natürliche Linienbreite
Das angeregte Atom, welches seine Anregungsenergie durch Emission eines Photons abgibt, kann klassisch durch einen gedämpften harmonischen Oszillator
approximiert werde. Zu lösen ist also folgende Differentialgleichung
ẍ + γ ẋ + ω02x = 0,
wobei γ die Dämpfungkonstante und ω0 die Eigenfrequenz ist. Mit den Anfangsbedingungen x0 = x(t = 0) und ẋ0 = ẋ(t = 0) = 0 erhält man die reelle
Lösung:
−(γ/2)t
x(t)
=
x
·
e
· (cos(ωt) + (γ/2ω)sin(ωt))
0
p
mit ω = ω02 − (γ/2)2.
Im allgemeinen gilt γ ω0. Daher vereinfacht sich die Lösung näherungsweise zu
x(t) ≈ x0 · e−(γ/2)t · cos(ω0t)
Anders als bei einer zeitlich ungedämpften
Schwingung ist die Amplitude zeitlich nicht
mehr konstant, und die abgestrahlte Welle ist
nicht monochromatisch. Durch eine FourierTransformation erhält man dazugehörige Frequenzspektrum.
1
A(ω) = √ ·
2π
Z
+∞
−∞
x(t) · e−iωtdt.
Durch Integration erhält man die komplexe Amplitudenverteilung
x0 1
1
A(ω) = √ ·
.
+
i(ω
−
ω)
+
γ/2
i(ω
+
ω)
+
γ/2
8π
0
0
Da in der Umgebung der Resonanzfrequenz |ω0 − ω| |ω0 + ω| lässt sich A(ω)
approximieren durch
x0 1
.
A(ω) = √ ·
8π i(ω0 − ω) + γ/2
Für die abgestrahlte spektrale Leistungsdichte gilt
Pω (ω) ∝ A(ω) · A∗(ω),
und damit folgt
Pω (ω) =
C
.
2
2
(ω0 − ω) + (γ/2)
Die Konstante C wird so gewählt, dass für
die Gesamtleistung P0 gilt
Z
∞
Pω (ω) = P0.
0
Man erhält C = P0 · γ/2π und damit
Pω (ω) = P0 ·
γ/2π
.
2
2
(ω0 − ω) + (γ/2)
Dies ist ein Lorentzprofil mit der Halbwertsbreite γ = δω bzw. γ = δν · 2π.
γ wird natürliche Linienbreite genannt, weil sie ohne äussere Einflüsse nur durch die
endliche Abstrahldauer des Atoms entsteht. Sie steht in direktem Zusammenhang
mit den zuvor eingeführten Einstein-Koeffizienten in der Form
1
1
+
,
γ = Ai + Aj =
τi τj
wobei i, j die an dem Übergang beteiligten Niveaus indizieren.
Doppler-Verbreiterung
Ein von einem angeregten Atom in
Richtung des Wellenvektors ~k ausgesandtes Photon mit der Kreisfrequenz
ω0 wird von einem ruhenden Beobachter registriert als ein Photon mit der
Kreisfrequenz
ωe = ω0 + ~k~v ,
wenn sich das Atom mit der Geschwindigkeit ~v = {vx, vy , vz } bewegt. Ebenso
kann ein Atom, das sich mit der Geschwindigkeit ~v bewegt, nur Photonen
absorbieren, welche die Bedingung ωa = ω0 + ~k~v efüllen. Fällt die Lichtwelle
(o.B.d.A) in z-Richtung auf das Atom, so gilt mit kz = 2π/λ
ωa = ω0 + kz vz = ω0(1 + vz /c).
Befinden sich die absorbierenden Atome im thermischen Gleichgewicht, so gilt
ni(vz )dvz =
2
Ni
√ · e−(vz /vw ) dvz .
vw · π
Dabei ist
• ni(vz )dvz die Zahl der Atome pro Volumeneinheit im absorbierenden Zustand
Ei mit Geschwindigkeitskomponenten vz im Intervall vz bis vz + dvz ,
R +∞
• Ni = −∞ ni(vz )dvz die Gesamtzahl aller Atome im Zustand Ei pro Volumeneinheit,
p
• vw = 2kB T /m die wahrscheinlichste Geschwindigkeit als Funktion der Temperatur T und der Masse m (kB ist die Boltzmann-Konstante).
Durch die Variablentransformation vz = c(ω/ω0 − 1) bzw. dvz = (c/ω0)dω erhält
man die Anzahl der Atome, die im Frequenzintervall zwischen ω und ω + dω
absorbieren bzw. emittieren.
2
c · Ni
√ · e− c(ω−ω0)/(ω0·vw ) dω.
ni(ω)dω =
ω0 · vw · π
Die absorbierte bzw. emittierte Strahlungsleistung P (ω) ist proportional zu ni (ω).
Daher ergibt sich das Profil der dopplerverbreiterten Spektrallinie zu
P (ω) = P (ω0) · e−
c(ω−ω0 )/(ω0 ·vw )
2
.
Die volle Halbwertsbreite δωD dieser Verteilung heisst Dopplerbreite und ergibt sich zu
√
δωD = 2 · ln2 · ω0 · vw /c,
p
bzw. mit vw = 2kB T /m zu
p
δωD = (ω0/c) (8kB T · ln2)/m.
Die Dopplerbreite δωD steigt also
√ linear mit
ω0 an. Bei steigender Temperatur steigt δωD proportional
zu T und mit
√
zunehmender Masse nimmt δωD proportional zu 1/ m ab.
Stossverbreiterung von Spektrallinien
Eine Annäherung zweier Teilchen bis zu einem Abstand R, bei dem sie sich
merklich gegenseitig beeinflussen, bezeichnet man als Stoss. Deswegen ist in
diesem Zusammenhang die Rede von Stosspaaren.
Durch derartige Stösse können die Energieniveaus eines Atoms bzw. Moleküls
verschoben und das Linienprofil im Frequenzspektrum verbreitert werden.
Niveauverschiebungen hängen zum einen von der Struktur der Elektronenhüllen
der interagierenden Teilchen und zum anderen von der Entfernung R ihrer
Schwerpunkte ab.
In der Regel sind diese Verschiebungen für verschiedene Niveaus unterschiedlich
gross und können sowohl positiv als auch negativ sein.
Schematisch ist hier der Verlauf der Energien zweier Niveaus Ei und Ek als Funktion
des Abstandes R zu einem Stosspartner dargestellt. Für R → ∞ ergeben sich die ungestörten Niveaus. Findet nun ein strahlender Übergang zwischen den Niveaus Ei und
Ek während eines Stosses statt, so gilt für
die Energie des emittierten bzw. absorbierten
Photons
h · νik (R) = |Ek (R) − Ei(R)|.
Die Abstände der Teilchen in einem Gasgemisch sind statistisch verteilt um einen
Mittelwert R. Dieser ist abhängig vom Druck p und von der Temperatur T . Daher
sind auch die Energien bzw. Frequenzen νik der absorbierten bzw. emittierten
Photonen um einen Mittelwert ν ik statistisch verteilt.
Für einen Übergang Ei → Ek ergibt
sich effektiv also eine Verschiebung der
Mittenfrequenz im Emissions- und Absorptionsspektrum
∆νik = νik (R = ∞) − ν ik .
ν ik = νik (R = Rm).
Rm ist hier der Abstand, bei dem das
Maximum der verschobenen Spektrallinie liegt. Darüber hinaus kommt es durch
die statistisch verteilten Abstände der Teilchen und der dadurch bedingten statistischen Verteilung der Emissions- und Absorptionslinien zu einer Verbreiterung des
Linienprofils mit der verbreiterten vollen Halbwertsbreite δν. Wegen der Abhängikeit dieses Effektes vom Druck p, spricht man auch von Druckverbreiterung.
Ist die Energiedifferenz h · ∆ν = |Ek (R = ∞) − Ei(R = ∞)| − |Ek (R) − Ei(R)|
positiv, so wird diese Energie in kinetische Energie der Stosspartner umgewandelt.
Ist die Energiedifferenz negativ, wird die Energie durch die kinetische Energie die
Stosspartner geliefert.
Werden die Energieniveaus nur während der Wechselwirkungszeit verschoben und
nehmen danach wieder ihren ursprünglichen Energiewert an, so spricht man von
elastischen Stössen.
Darüber hinaus gibt es auch inelastische Stösse, bei denen die Anregungsenergie
Ei − Ek eines Atoms ganz oder teilweise in innere Energie des Stosspartners bzw.
in kinetische Energie beider Stosspartner umgewandelt wird.
Inelastische Stösse verringern die Besetzungszahl des Niveaus Ei, ohne
Fluoreszens-Photonen auszusenden, daher bezeichnet man sie als löschende
Stösse. Derartige Prozesse werden als stossinduzierte Relaxation bezeichnet und
führen zu einer weiteren Verbreiterung des Linienprofils im Frequenzspektrum.
Röntgenstrahlung
Röntgenstrahlung ist elektromagnetische Strahlung mit Energien zwischen einigen
keV bis hin zu mehreren MeV pro Photon. Dies entspricht einer Wellenlänge von
λ ≤ 0.5nm. Entdeckt wurden sie 1895 vom Physiker Wilhelm Conrad Röntgen.
Röntgenstrahlen können künstlich mit
einer Röntgenröhre hergestellt werden.
Aus einer Glühkathode werden durch
thermische Anregung Elektronen herausgelöst, die mittels einer Spannung
U zur Anode hin bescheunigt werden.
Die Energie des Elektrons e · U wird
beim Auftreffen auf Materie (in diesem
Fall sind dies die Atome aus denen die
Anode besteht) ganz oder teilweise in hochfrequente elektromagnetische Strahlung umgewandelt.
Dabei beobachtet man zum einen
ein kontinuierliches Röntgenspektrum,
was darauf zurückzuführen ist, dass
die Elektronen im Coulombfeld der
Anodenatome abgelenkt bzw. abgebremst werden. Diese Strahlung
wird als Bremsstrahlung bezeichnet.
Zum anderen gibt es diskrete Linien
im Röntgenspektrum, die bestimmten
atomaren Übergängen entsprechen. In
diesem Zusammenhang ist von charakteristischer Röntgenstrahlung die Rede.
Diese Linien entstehen, wenn Hüllenelektronen
der Anodenatome von den beschleunigten Elektronen mit E = e · U in einen höheren energetischen Zustand angeregt werden.
−
∗
−
0
e + Ekin + A(Ek ) ⇒ A (Ei) + e + Ekin
0
Ekin − Ekin = Ei − Ek
Es wird dann beim Zurückfallen des angeregten
Elektrons in den ursprünglichen nicht angeregten
Zustand ein Photon mit einer charakteristischen
Energie emittiert.
A∗(Ei) ⇒ A(Ek ) + h · νik
Ebenso können Anodenatome ionisiert werden, indem Elektronen aus den inneren
Schalen herausgelöst werden. Geht nun ein Elektron aus einer höheren Bahn
in das tiefere nun f reie Niveau über, wird ebenfalls ein Photon mit einer
charakteristischen Energie emittiert.
A(Ek ) + e− ⇒ A+ + 2e−
Die Intensitätsverteilung der emittierten
Bremsstrahlung ist abhängig von der Beschleunigungsspannung zwischen Glühkathode und Anode. Die höchste Energie
Emax = h · νmax = e · U,
die ein Röntgenquant haben kann, wird
durch die angelegte Spannung bestimmt.
Für die kleinste Wellenlänge gilt:
λmin
h·c
,
=
e·U
λmin = 1234, 5 (U [V ])−1nm.
Effektiv ergibt sich also in der Intensitätsverteilung ein Linienspektrum, welches mit einem kontinuierlichen Spektrum
überlagert ist.
Für das häufig verwendete Anodenmaterial Wolfram steigt das Verhältnis von charakteristischer zu kontinuierlicher Strahlung mit zunehmender Spannung bis 250
kV an.
Bei 250 kV beträgt das Verhältnis dennoch nur 0,1.
Absorption und Streuung von Röntgenstrahlung
Fällt ein Bündel elektromagnetischer Strahlung
auf Materie der Dicke dx, so beobachtet man
beim Austritt aus der Materie eine Abnahme
dP der Strahlungsleistung im Vergleich zur Leistung P0 vor Eintritt in die Materie. Die Abnahme ist proportional zur Anfangsleistung und
zur Schichtdicke dx. Diese Gesetzmässigkeit gilt
auch für Röntgenstrahlung. Es gilt:
dP = −µP dx.
Durch Integration folgt:
P (x) = P0 · e−µ·x.
µ wird Abschwächungskoeffizient genannt und setzt sich zusammen aus zwei
Komponenten,
µ = µs + α.
Dabei ist µs der Streukoeffizient und α der Absorptionskoeffizient.
Neben der elastischen Streuung treten bei der Durchdringung von Materie auch
Absorptionseffekte auf. Diese sind auf drei Effekte zurückzuführen:
Photoeffekt
Beim Photoeffekt ionisiert die Strahlung das absorbierende Atom, indem es ein Elektron aus der
Hülle des Atoms herausschlägt. Die Energien der
Röntgenquanten reichen aus, um auch Elektronenlöcher in kernnahen Schalen schwerer Atome
zu erzeugen. Dieser Vorgang wird beschrieben
durch
h · ν + A(Ek ) → A+(Eion) + e−(Ekin)
mit
Ekin(e−) = h · ν − (Eion − Ek ).
Compton-Effekt
Beim Compton-Effekt wird das absorbierende
Atom ionisiert durch Herausschlagen eines Elektrons aus der äusseren Schale. Die Energie des
Röntgenquants wird dadurch herabgesetzt, jedoch nicht wie beim Photoeffekt ganz in Auslösearbeit und kinetische Energie des ausgelösten
Elektrons umgewandelt. Dieser vorgang wird beschrieben durch
−
−
0
h · ν + e → e (Ekin) + h · ν ,
mit
0
h · (ν − ν ) = Ekin(e−).
Paarbildung
Das Energieäquivalent zur Ruhemasse eines Elektrons (E = me · c2) beträgt
511 keV. Ist nun die Energie eines Röntgenquants grösser als 1022 keV, kann ein
Elektron-Positron Paar erzeugt werden. Die Energiedifferenz
h · ∆ν = h · ν − 1022 keV
wird zu gleichen Teilen in kinetische Energie des Elektrons bzw. Positrons umgewandelt.
Dieser Vorgang wird beschrieben durch
h · ν → e− + e+ + 2Ekin.
Der Absorptionskoeffizient α ist definiert
als Produkt aus Teilchenzahldichte der absorbierenden Atome und deren Absorptionsquerschnitt (α = na · σa).
Die relativen Anteile von Photoeffekt,
Compton-Effekt und Paarbildung am
Absorptionskoeffizienten α hängen zum
einen vom Targetmaterial und von der
Energie der Strahlung ab. Trägt man beispielsweise für Blei als Absorbermaterial
α gegen die Energie der Röntgenstrahlung auf, so sieht man, dass bei Energien
unter 500 keV der Photoeffekt überwiegt.
Bei Energien über 5000 keV dominiert die
Paarbildung.
Für den Absorptionsquerschnitt findet
man experimentell die stückweise geltende Beziehung
σa(Z, λ) = C · Z 4 · λ3.
Z ist die Kernladungszahl des Absorbermaterials und C eine materialspezifische Konstante.
Trägt man nun die dritte Wurzel aus
σa gegen die Wellenlänge der Röntgenstrahlung auf, so erkennt man einen
stückweise linearen Verlauf mit materialspezifischen Kanten.
Bei bestimmten Wellenlängen reicht
die Energie der Röntgenstrahlung aus,
um Elektronen aus tieferen Schalen in
höhergelegene zu versetzen bzw. das
Targetatom zu ionisieren.
Bei kleiner werdendem λ tragen also
bei bestimmten Wellenlängen sprunghaft mehr Elektronen zur Absorption
der Strahlung bei, was einen sprunghaften Anstieg des Absorptionsquerschnittes σa zur Folge hat.
Für die Wellenzahl ν̄ik = νik /c eines Überganges zwischen den Niveaus i und k
gilt
1
1
ν̄ik = (Z − S)2 · Ry
−
.
2
2
nk ni
wobei (Z − S) die effektive Kernladungszahl ist, die auf das Elektron wirkt. S ist
also ein Mass für die Abschirmung der Kernladung durch die übrigen Elektronen
des Atoms. Für ni = ∞ und nk = 1, also für eine Ionisation durch Herausschlagen
eines Elektrons aus der K-Schale gilt
ν̄k = (Z − S)2 · Ry .
Bei bekannter Kernladungszahl Z und Messung der Wellenzahl ν̄k lässt sich so
die Abschirmkonstante S für die K-Schale berechnen mit
q
S = Z − ν̄k /Ry .
Messung von Röntgenwellenlängen
Da Röntgenquanten sehr kurzwellig
sind (λ ≤ 0.5nm), benutzt man zur
Messung der Wellenlängen Beugungsgitter, welche in einem Winkel ϑ zur
Gitterebene bestrahlt werden. Ist d die
tatsächliche Gitterkonstante, so ergibt
sich durch die schräge“ Bestrahlung
”
eine effektive Gitterkonstante
def f = d · sinϑ.
Mit Hilfe der Gittergleichung
d · (sin α − sin β) = m · λ,
wobei α der Einfallswinkel und β
der Winkel ist, unter dem das m-te
Interferenzmaximum erscheint, lassen
sich Wellenlängen elektromagnetischer
Strahlung messen.
Mit den Ersetzungen ϑ = 90◦ − α und
γ = 90◦ − (β + ϑ) ergibt sich
d · [cos ϑ − cos(ϑ + γ)] = m · λ
Setzt man zusätzlich ∆ = 2 · ϑ + γ
erhält man schliesslich
m · λ = 2d · sin
∆
γ
d
· sin ≈ · ∆ · γ.
2
2 2
Durch Messung der Ablenkwinkel der
0-ten und m-ten Ordnung lässt sich so
die Wellenlänge der Röntgenstrahlung
ermitteln.
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