...eine faszinierende Laune der Natur s gibt kaum etwas Vielfältigeres auf dem Edelsteinsektor als Quarz mit Einschlüssen. Ein Bergkristall geschliffen mag auf den ersten Blick aussehen wie Glas, doch darin eingeschlossene Fremdmineralien machen ihn zu einem faszinierenden Objekt der Betrachtung, denn man schaut in eine Welt, die fantastische Wunder bereithält: Plättchen schweben wie im Wasser, nadelige Kristalle scheinen eingefroren zu sein und strahlen in schönem Glanz und dann wiederum erscheinen geheimnisvolle Phantomkristalle im Kristall – die Natur hat viele Wunder parat. Natürlich gibt es auch eine sachliche, wissenschaftliche Erklärung für Quarze mit Einschlüssen, denn es handelt sich um ein gleichzeitiges Wachstum von Quarz und den Einschlussmineralien in der Kristallisationslösung. Um feste und stofflich selbstständige Mineralkörper, die während des Entstehungsprozesses (syngenetisch) oder später (protogenetisch) eingeschlossen wurden. Es lohnt sich in vielen Fällen, diese Einschlüsse unter Vergrößerung anzuschauen. Gut beleuchtet mit dem punktförmigen Licht heutiger LED-Lampen, einer Lupe mit stärkerer Vergrößerung oder, am allerschönsten, mit dem Edelstein-Mikroskop (es hat einen horizontalen Tubus und eine Halterung, mit der man den Stein drehen und im durchfallenden Licht von hinten oder seitlich von allen Seiten betrachten kann) erschließt sich einem ein Mikrokosmos, der schöner nicht sein kann und unvergesslich ist. Die folgenden chemisch-physikalischen Daten beziehen sich auf den Quarz, denn außer dem Auge stehen für die Bestimmung der Einschlüsse kaum Hilfsmittel zur Verfügung. Chemische Zusammensetzung: SiO2 Siliziumdioxid (Kieselsäure) Kristallsystem: Härte: Spezif. Gewicht: Lichtbrechung: Doppelbrechung: Farbe: Glanz: 16.-18. Woche 2008 trimetrisch (trigonal) 7 2,6-2,7, meist 2,65 1,532-1,554 0,006-0,010 farblos (Bergkristall), hell- bis dunkelbraun (Rauchquarz), hell- bis dunkel-violett (Amethyst) Glasglanz Große Auswahl mit einzigartiger Schönheit Spaltbarkeit: keine, Quarz bricht muschelig Fundort: bis heute liefert Brasilien die meisten Quarze mit Einschlüssen verschiedenster Art, daneben sind es Madagaskar, die Alpen sowie viele kleinere Vorkommen weltweit Wichtige und häufige Einschlussmineralien: goldgelbe bis gelbRutil: braune bis rotbraune Fasern oder Nadeln, metallisierender Diamantglanz, quadratischer Querschnitt (tetragonales Kristallsystem), kommt in Bergkristall und in Rauchquarz vor meist schwarze, langTurmalin: gestreckte Kristalle (Schörl), auch grün oder bräunlich feinschuppig, grün, oft Chlorit: in farn- oder moosartiger Ausbildung Glimmer: mehr oder weniger sechsseitige kleine, braune Täfelchen Hämatit (Blutstein): rote bis schwärzlichrote bis schwarze Täfelchen oder Rosetten mit Metallglanz Aktinolith (Strahlstein):lange, grünliche Fasern Goethit und Lepidokrokit (Nadeleisenerz und Rubinglimmer, Eisenoxid-Hydroxid): nadelige, blättrige oder tafelige Kristalle, gelb bis bräunlichgelb, gelbrot bis rubinrot, Diamantglanz kleine, schwarze Magnetit: Oktaeder goldgelbe, metallisch Pyrit: glänzende Würfel wie Pyrit und mit diesem Gold: leicht für das Auge zu verwechseln kleine, gut kristallisierte, Calcit: farblos-durchscheinende Kriställchen Sand und ähnliche Fremdeinschlüsse: fielen während des Kristallwachstum von der Decke des Hohlraumes (Blase oder Geode) im Gestein in die Lösungsflüssigkeit und wurden vom wachsenden Bergkristall eingeschlossen Mehrphaseneinschlüsse: s. nachfolgenden Text entstanden beim WachsHeilungsrisse: tum des Kristalls durch Druck- und Temperaturschwankungen. Sie verheilten kurz danach wieder, wobei Lösungsflüssigkeit auf den Rissen eingeschlossen wurde. Sehen oft aus wie zarte Schleier im Wind. Kann in vielen Edelsteinen beobachtet werden, aber wohl nirgends so schön und charakteristisch wie im Quarz Phantomkristalle: s. nachfolgenden Text 16.-18. Woche 2008 ...mit Büscheln, Bündeln und Blättchen Dendriten: Rheinkiesel: Irisbergkristall: entstehen durch eindringende Manganlösungen (Psilomelan) in natürliche Risse des Quarzes und bilden baum- oder farnartige Gebilde (berühmt dafür ist auch der Solnhofener Plattenkalk) früher verstand man darunter Quarzgerölle, die man im Rhein fand. Beim Transport am Flussgrund entstanden Risse, in die Altöl von den Schiffen eindrang und dadurch, ähnlich wie bei einer Seifenblase oder einer dünnen Ölschicht auf Wasser, irisierende Farben erzeugte. Seit vielen Jahren bezeichnet man aber damit geschliffenes, künstliches Glas, das mehrfarbig metallisch bedampft wurde ein vom Menschen behandelter Bergkristall, der erhitzt und dann im Wasser abgeschreckt wurde, so dass sich feine Risse bildeten. Ähnlich wie beim Rheinkiesel wird das Licht an den dünnen Luftschichten irisierend gebrochen bis Brauntönungen bis hin zum Kupferrot. Sind diese Nädelchen goldgelb, dann spricht man von Goldrutilquarz oder bei besonders feiner Ausbildung von Venushaar. Hin und wieder, seltener, sind die Rutilnadeln (meist rötlich) gitterartig zum sogen. Sagenit-Gitter verwachsen. Dabei schneiden sich die Rutilnadeln exakt unter 60° nach dem trimetrischen (trigonalen) Kristallsystem. Hämatit kommt im Bergkristall als feine, rot durchscheinende Blättchen vor. Wer darauf achtet, der wird bei radialfaserigen Büscheln von Rutilnadeln im Quarz feststellen, dass sie oft von millimetergroßen schwarzen bis bläulichschwarzen abgeplatteten Hämatitkristallen ausgehen.Neben Hämatit kommen noch andere Erzmineralien vor: schwarze Oktaeder aus Magnetit und metallisch glänzende von Pyrit oder Gold. Nur aus Brasilien bekannt ist der sogenannte Cocoxionit, der aus Bergkristall und Amethyst besteht mit Lagen aus gelben, parallel verwachsenen Goethitnadeln. Das im Quarz eingeschlossene Nadeleisenerz (Goethit) bezeichnete man früher auch als Liebespfeile. Der oft nadelige bis faserige Das bekannteste Einschlussmineral in der „Miniaturwelt“ des Quarzes ist der Rutil, ein Titanoxid. Er tritt auf in nadeliger, oft büscheliger Form, in verschiedenen Gelb16.-18. Woche 2008 Der Geheimtip für Sammler Aktinolith oder Strahlstein, der z.B. auch als Asbest oder als Neprit (s. Newsletter, Jade) auftritt, kommt manchmal im Quarz in haarförmiger Ausbildung vor und wurde als Thetishaar bezeichnet. Thetis war in der griech. Sage eine Wassernymphe (Nereide) und wurde von dem sterblichen Peleus bei einem Ringkampf, bei dem sie sich in verschiedene Tiere verwandelte, besiegt. Warum soll sie dann nicht auch Haare aus Strahlstein getragen haben? Eher für Sammler, auf alle Fälle etwas ganz Besonderes und Geheimnisvolles sind die Phantomquarze! Diese Quarze sind peri- solchen Zonen die physikalisch-chemischen Bedingungen während des Wachstums veränderten bzw. unterbrochen wurden. Etwas, das nicht nur beim Quarz, sondern auch bei vielen anderen Mineralien bzw. Edelsteinen vorkommt, sind Flüssigkeitseinschlüsse, oft auf sogen. Heilungsrissen (s. oben) zu beobachten. Sie enthalten in kleinen Hohlräumen im Kristall eingeschlossenes Wasser oder flüssige Kohlensäure (CO2) aus der Kristallisationslösung (Einphasen-Einschlüsse), Flüssigkeit mit Gasblase (Zweiphasen-Einschlüsse) oder sogar zusätzlich noch ein Kriställchen, odisch mit Wachstumsunterbrechungen gewachsen und während dieser Zeit wurden die Kristallflächen des Quarzes mit Fremdsubstanzen bedeckt; am häufigsten ist es feinschuppiger, grüner Chlorit. Etwas später wurden diese dann beim Weiterwachsen eingeschlossen, blieben somit erhalten und bilden im Inneren des Bergkristalls ein früheres Kristallstadium ab. Oftmals wiederholen sich solche feinen Umrisse mehr oder weniger regelmäßig, so dass man deutlich sehen kann, dass sich in meist Steinsalz oder Halit, NaCl (Dreiphasen-Einschlüsse). Berühmt für Zwei- oder Dreiphasen-Einschlüsse sind neben Quarz u.a. die Smaragde aus Kolumbien. Eine besondere und nicht nur von Sammlern gesuchte und hochbezahlte Rarität sind die Sternrutil-Quarze, die hauptsächlich in Brasilien gefunden werden. Bei ihnen sind Büschel oder Bündel aus faserigen, parallelen Rutilnadeln zu einem sechsstrahligen, sich unter 60° schneidendem Stern verwachsen. Oft sind solche Sterne 16.-18. Woche 2008 Kein Stein gleicht dem anderen nur teilweise ausgebildet; ein perfekter Sternrutilquarz ist sehr selten und entsprechend teuer. Weitere und auch nicht so selten vorkommende Einschlüsse im Bergkristall (oft auch im Rauchquarz) sind braune Glimmerplättchen (Biotit) und natürlich langgestreckte, nadelige Turmalinkristalle. Er kann grün, auch braun sein, doch sehr typisch ist der gemeine oder gewöhnliche Turmalin, der schwarze Schörl. Neben der länglichen Form ist er besonders gut zu identifizieren an der feinen Längsriefung und senkrecht dazu an dem dreiseitigen Querschnitt, dessen Kanten leicht gerundet sind. Beim Quarz mit Einschlüssen kann man wirklich mit Fug und Recht behaupten: Kein Stein gleicht dem anderen und jedes Stück ist unverwechselbar. Empfindlichkeit und Verarbeitung: Quarz, besonders Bergkristall, Rauchquarz, Citrin und Amethyst besitzen keine Spaltbarkeit, unter größerem Druck brechen sie allerdings muschelig. Da Quarz eine gewisse Sprödigkeit besitzt, sollte beim Fassen beachtet werden, dass feine Kanten oder dünn geschliffene Rundisten relativ leicht splittern. Ansonsten haben sie mit ihrer recht hohen Härte von 7 sehr gute Trageeigenschaften. Natürlich ist Bergkristall ein Mineral, dessen ästhetischer Anblick zu allen Zeiten auf den Betrachter gewirkt und dem immer geheime Kräfte zugeschrieben wurden. Doch was nun als Besonderheit hinzukommt, sind die Einschlüsse, die nur für das Auge erreichbar, sonst aber fest vom Quarz umschlossen sind. Was diese Einschlusssteine vielleicht deshalb so besonders faszinierend macht, ist der Gedanke und die Vorstellung, dass diese sicht- und gleichzeitig unerreichbaren Einschlüsse die Ereignisse während der Kristallisation vor über hundert Millionen Jahren widerspiegeln und uns daran teilhaben lassen, als wäre es gestern erst passiert. Sie sind gleichzeitig eine Laune, aber auch ein Wunder der Natur. 16.-18. Woche 2008