Gunter Ochs Analysis 1 für Informatik Polynome sind reelle Funktionen, die sich ausschlieÿlich mit den Rechenoperation Addition, Subtraktion und Multiplikation berechnen lassen. Die allgemeine Funktionsgleichung eines Polynoms p in Normalform ist p(x) = Ist Pn k=0 an 6= 0, ak ak = an xn + an−1 xn−1 + ... + a1 x + a0 so ist n∈N der Grad p, von Bezeichnung Koezienten a0 , ..., an ∈ R. mit n = deg p(x) (von englisch degree). Beispiel (1) p(x) = −2x4 +x3 −x+3 ist ein Polynom vom Grad n = 4 mit den Koezienten a4 = −2, a3 = 1, a2 = 0 (da x2 nicht vorkommt), a1 = −1 und a0 = 3. Beispiel (2) p1 (x) = x2 +2x+2, p2 (x) = −x3 , p3 (x) = 2−x−x2 +3x4 und p4 (x) = 2x7 −4x4 +3x2 −1 sind Polynome mit Grad deg p1 (x) = 2, deg p2 (x) = 3, deg p3 (x) = 4 und deg p4 (x) = 7. Beispiel (3) Die Funktionsgleichung f (x) = (x − 2) · (x2 + 4) − (2x + 5) · (6 − x · 3) beinhaltet nur die Grundrechenarten plus, minus und mal. Somit handelt es sich um ein Polynom. Die Normalform erhält man, indem die Klammern ausmultipliziert und Terme geeignet zusammengefasst werden: f (x) = x3 − 2x2 + 4x − 8 − 12x − 30 + 6x2 + 15x = x3 + 4x2 − 23x − 38. Allgemein ist der Grad die höchste Potenz der Variablen x, Der Grad ist somit 3. die in der Normalform der Funktions- gleichung auftritt. Bemerkungen und Eigenschaften • Polynome • Konstante Funktion Grad • −∞ Polynome p(x) sind für alle x∈R p(x) = a0 deniert. sind Polynome vom Grad 0, der Nullfunktion p(x) = 0 wird der zugeordnet. p(x) = a1 x + a0 sind lineare Funktionen, ihr Funktionsgraph ist eine Gerade. • Quadratische Polynome p(x) = a2 x2 + a1 x + a0 haben den Grad 2, ihr Funktionsgraph Parabel. Dabei wird der Graph von f (x) = x2 als Normalparabel bezeichnet. • Ein die ist eine p(x0 ) = 0 heiÿt Nullstelle des Polynoms p(x). Hat ein Polynom p(x) vom Grad n Nullstelle x0 , so gibt es ein Polynom q(x) vom Grad n − 1 mit p(x) = (x − x0 ) · q(x). q(x) x0 mit kann mittels einer Polynomdivision berechnet werden. Dies kann mit Hilfe des Horner Schemas geschehen (siehe unten). Der Fundamentalsatz der Algebra besagt, dass jedes nichtkonstante Polynom eine Nullstelle im R, z. B. Bereich der komplexen Zahlen besitzt. Es gibt jedoch Polynome ohne Nullstelle in p(x) = x2 + 1. Die Anzahl der Nullstellen eines Polynoms (welches nicht konstant 0 ist) ist immer kleiner gleich seinem Grad. • Die Nullstellen eines quadratischen Polynoms der Form f (x) = x2 + py + q erhält man durch die pq Formel: x1,2 = − p2 ± q p 2 2 − q. Dabei treten 3 Fälle auf: Fall 1: Ist der Ausdruck unter der Wurzel > 0, so hat f (x) zwei verschiedene reelle Nullstellen. Beispiel: fq(x) = x2 − x − 2 (d. h. p = −1 und q q = −2) hat x1 = 12 − 14 + 2 = 21 − 32 = −1 und x2 = 12 + 14 + 2 = 2. Fall 2: Ist der Ausdruck unter der Wurzel Beispiel: p(x) = x2 + 4x + 4 Fall 3: = 0, hat als einzige Nullstelle Ist der Ausdruck unter der Wurzel < 0, f (x) so hat so hat die Nullstellen eine reelle Nullstelle x0 = −2 ± f (x) √ x0 = − p2 . 22 − 4 = −2. keine reellen Nullstellen. In diesem Fall erhält man zwei Nullstellen im Bereich der komplexen Zahlen. Beispiel: Für f (x) = x2 − x + 2 ist p 2 2 Nullstellen. Die komplexen Nullstellen • Ein Polynom vom Grad gilt • n heiÿt − q = 41 −√2 = − 74 < 0. 1 sind ± j · 27 . 2 normiert, Somit hat wenn für den Koezient an f (x) keine reellen der höchsten Potenz xn an = 1. 2 Sollen die Nullstellen eines nicht normierten quadratischen Polynoms p(x) = ax + bx + c 1 berechnet werden, so kann p(x) durch Multiplikation mit zunächst normiert und dann die a pq Formel angewendet werden. Beispiel: −2x2 + 4x + 6 = 0 ⇔ x2 − 2x − 3 = 0 ⇔ x = 1 ± Nullstellen x1 = −1 und x2 = 3. Alternativ können die Nullstellen auch direkt mit der √ 1 + 3 = 1 ± 2, abcFormel x1,2 = also sind die √ −b± b2 −4ac berechnet 2a werden. • Für die Nullstellen eines Polynoms vom Grad ≥ 3 gibt es keine einfachen Formeln mehr. Bei p(x) vom Grad 3 kann wie folgt vorgegangen der Bestimmung der Nullstellen eines Polynoms werden. Zunächst wird eine Nullstelle Satz von Vieta: Sind a0 des Ploynoms sein. Folgerung aus dem konstanten Terms x1 durch Probieren geraten. Hilfreich ist dabei oft eine alle Nullstellen ganzzahlig, so müssen sie Teiler des q(x) = p(x) : (x − x1 ) q(x) (Beispiel folgt). Dann führt man die Polynomdivsion p(x) sind dann die Nullstellen von durch. Die übrigen Nullstellen von Berechnung von Polynomen mit Hornerschema Durch geschicktes Ausklammern lässt sich der Rechenaufwand bei der Auswertung eines Polynoms signikant reduzieren. Dies ist vor allem bei Berechnungen hilfreich, in denen eine groÿe Zahl von Polynomauswertungen durchgeführt wird. Beispielsweise lässt sich ein Polynom 3. Grades wie folgt umschreiben: p(x) = a3 x3 + a2 x2 + a1 x + a0 = ((a3 x + a2 )x + a1 )x + a0 Führt man jetzt die Berechnung ausgehend von der inneren Klammer durch, so erfordert die Berechnung von p(x) neben 3 Additionen noch 3 Multiplikationen, im Gegensatz zu 6 Multiplikationen bei Auswertung der ursprünglichen Funktionsgleichung. Allgemein kann die Auswertung eines Polynoms rekursiven Algorithmus erfolgen: p(x) = Pn k=0 ak x k vom Grad n mit folgendem Algorithmus: Startwert für y 1 = an , i = 1, ..., n Dann ist berechne yi+1 = yi · x + an−i . yn+1 = p(x). Beispiel (1) Zu p(x) = 2x3 − 3x2 + 4x − 5 und x=2 erhält man y1 = a3 = 2, y2 = y1 · x + a2 = a3 · x + a2 = 2 · 2 − 3 = 1, y3 = y2 · x + a1 = (a3 · x + a2 ) · x + a1 = 1 · 2 + 4 = 6 und schlieÿlich y4 = y3 · x + a0 = ((a3 · x + a2 ) · x + a1 ) · x + a0 = p(x) = 6 · 2 − 5 = 7. (2) Berechne p(−1) für p(x) = 2x4 − 3x3 + x2 + 3x − 3. y1 = a4 = 2, y2 = y1 · x + a3 = 2 · (−1) − 3 = −5, y3 = y2 · x + a2 = −5 · (−1) + 1 = 6, y4 = y3 · x + a1 = 6 · (−1) + 3 = −3 und schlieÿlich p(x) = y5 = y4 · x + a0 = −3 · (−1) − 3 = 0 Man erhält: Die Berechnung lässt sich übersichtlich im rechts dargestellten Schema durchführen. Erläuterung: Die obere Zeile enthält die Koezienten a4 = 2, a3 = −3, a2 = 1, a1 = 3 und a0 = −3 des Polynoms. Die untere Zeile ergibt sich als Summe der beiden ersten Zeilen. In der mittleren Zeile startet man links mit 0, die übrigen Werte sind der Wert jeweils links darunter x = −1 (durch Pfeile markiert). f (x) = 0 erscheint rechts unten. multipliziert mit Das Ergebnis Für andere xWerte ist das Vorgehen das gleiche. Z. B. für x = 3 wird in Richtung der grünen Pfeile jeweils mit 3 multipliziert und man erhält 2 −3 1 3 −3 0 6 9 30 99 ⇒ p(3) = 96. 2 3 10 33 96 Polynomdivision r(x) p(x) lässt sich in der Form f (x) = k(x) + mit Polynomen q(x) q(x) schreiben, wobei der Grad von r(x) kleiner dem von q(x) ist. Jeder Quotient zweier Polynome k(x) und r(x) f (x) = k(x) der ganzrationale und k(x) der echt gebrochenrationale Anteil von f (x). Die Berechnung q(x) k(x) und r(x) erfolgt durch eine Polynomdivision mit Rest. Dabei ist von Division ganzer Zahlen mit Rest: Diese ist analog zur Zahlen k k, r ∈ N0 mit 0≤r<q und Ganzzahlquotient p : q = k , Rest r. ist dabei der schreibt Beispiel: Zu 13 : 5 = 2, p = 13 Rest 3, und da q=5 ist p q p=k·q+r ⇔ oder k=2 13 = 2 · 5 + 3 ⇔ =k Zu + qr . p, q ∈ N gibt es eindeutig bestimmte ganzzahlige Anteil der Division, r und 13 5 r = 3, =2+ der Divisionsrest. Man d. h. 3 . 5 Mit Polynomen lässt sich analog eine Division mit Rest durchführen: Zu gegebenen Polynomen p(x) und q(x), für die der Grad von ist, gibt es eindeutig bestimmte Polynome k(x) und r(x), p(x) gröÿer gleich dem Grad von wobei der Grad von r(x) q(x) kleiner dem von q(x) ist, so dass p(x) = k(x) · q(x) + r(x) ⇔ Der Grad von k(x) ist dann gleich dem Grad von p(x) r(x) = k(x) + . q(x) q(x) p(x) p(x) : q(x) = k(x) k(x) ganzrationale Anteil ist der Beispiel: Mit minus dem von Rest der Polynomdivision, r(x) q(x). Man schreibt r(x). der Divisionsrest. p(x) = x3 − 2x + 1, q(x) = x − 3, k(x) = x2 + 3x + 7 und r(x) = 22 gilt k(x)·q(x)+r(x) = (x2 +3x+7)·(x−3)+22 = x3 +3x2 +7x−3x2 −9x−21+22 = x3 −2x+1 = p(x). Somit ist (x3 − 2x + 1) : (x − 3) = x2 + 3x + 7 Rest Das vorstehende Beispiel zeigt jedoch nicht, wie 22 ⇔ x3 − 2x + 1 22 = x2 + 3x + 7 + x−3 x−3 k(x) und r(x) bei gegebenen p(x) und q(x) bestimmt werden können. Dies wird im Folgenden erläutert: Berechnung der Polynomdivision am Beispiel: 2 q(x) = x − x + 1. p(x) = 2x3 − x2 + 1 und 3 − 2 = 1 sowie ein Polynom r(x) Gegeben seien k(x) vom Grad p(x) = k(x) · q(x) + r(x). Dies erhält man Gesucht ist also ein Polynom mit Grad kleiner 2, so dass durch folgende Rechnung: 2x3 −x2 +1 : x2 − x + 1 = 2x + 1 −2x3 +2x2 −2x Rest −x 0 +x2 −2x +1 −x2 +x −1 0 −x +0 Oben rechts steht der ganzrationale Anteil k(x) = 2x + 1, den Rest r(x) erhält man aus der untersten Zeile. Die durchgeführte Rechnung besteht aus folgenden Schritten: Zunächst werden die Summanden mit der jeweils gröÿten Potenz von p(x) und 3 2 ergibt den ersten Summanden des ganzrationalen Anteils k(x): 2x : x = 2x 2xfache von q(x) von p(x) −2x · q(x) = −2x + 2x − 2x unterhalb von p(x) notiert Im nächsten Schritt wird das 3 2 q(x) dividiert. Dies subtrahiert. Dazu wird und der erste Divisionsrest bestimmt: r1 (x) = p(x) − 2x · q(x) = 2x3 − x2 + 1 − 2x3 + 2x2 − 2x = x2 − 2x + 1, welcher in der 3. Zeile notiert wird. Der (hier 2) kleiner als der Grad von p(x) x3 Term hebt sich dabei weg, so dass der Grad von r1 (x) (hier 3) ist. r1 (x) noch nicht kleiner dem von q(x) (hier 2) ist, werden die beiden vorhergehenden r1 (x) statt p(x) wiederholt. Da der Grad von Schritte mit x2 : x2 = 1, was den 2. Summanden des ganzrationalen Anteils k(x) subtrahiert 1 · q(x) von r1 (x) und erhält damit den nächsten Divisionsrest r2 (x) = r1 (x) − 1 · q(x) = x2 − 2x + 1 − (x2 − x + 1) = x2 − 2x + 1 − x2 + x − 1 = −x. D. h. man rechnet Der Grad von r2 (x) = −x r2 (x) ist jetzt kleiner als der Grad von q(x), entspricht dann dem endgültigen Divisionsrest ergibt, und womit die Rechnung abgeschlossen ist. r(x). Berechnung von p(x) : q(x) allgemein p(x) Man subtrahiert von schrittweise Vielfache von q(x), sodass in jedem Schritt der Grad des verbleibenden Restes kleiner wird, solange, bis der Grad des Restes kleiner als der Grad von Konkreter: Zu p(x) = an xn + ... + a0 und q(x) = bm xm + ... + b0 mit n≥m q(x) ist. bestimmt man im ersten Schritt k1 (x) = an xn : bm xm = an n−m x und bm r1 (x) = p(x) − k1 (x) · q(x) = p(x) − Dann ist an n−m x bm · q(x). deg r1 (x) < deg p(x). Nun wiederholt man den ersten Schritt mit führenden Summanden r1 (x) von r2 (x) = r1 (x) − k2 (x) · q(x) und r1 (x) statt p(x) und bildet den Quotienten k2 (x) aus den q(x). Dann erhält man einen neuen Divisionsrest usw. Dies wird solange fortgesetzt, bis der Grad des erhaltenen Divisionsrestes von q(x) ri (x) kleiner als der Grad ist. k(x) setzt sich zusammen aus allen in den Zwischenschritten auftretenden k1 (x), k2 (x), ... k1 (x) = 2x3 : x2 = 2x und k2 (x) = −x2 : x2 = −1 und somit k(x) = k1 (x) + k2 (x) = 2x − 1). Als endgültigen Rest r(x) erhält man den im letzten Schritt aufgetretenen Rest ri (x). Das Ergebnis (im letzten Beispiel war Bemerkung p(x) : q(x) und Vereinfachung: Hat q(x) die Form q(x) = x − a, auf das Polynom p(x) an. Die letzte Zeile enthält dann von links gelesen die Koezienten sowie als letzten Eintrag rechts unten den (konstanten) Rest Beispiel 1: Für p(x) = 2x3 − 3x2 + 4x − 5 2 −3 4 −5 0 4 2 12 2 1 6 7 Beispiel 2: so kann die Polynomdivision x=a von k(x) mit dem HornerSchema durchgeführt werden. Dazu wendet mit das Schema für Es folgt und a=2 r. ergibt das HornerSchema 2x3 − 3x2 + 4x − 5 : x − 2 = 2x2 + x + 6, Gesucht sind die Nullstellen von Rest 7. p(x) = x3 + 2x2 − 5x − 6. p(−1) = 0 gilt. Im nächsten Schritt wird mit dem Hornerschema q(x) = p(x) : (x + 1) durchgeführt: Durch Probieren stellt man fest, dass die Polynomdivision 1 2 −5 −6 0 −1 −1 6 1 1 −6 0 Wegen p(−1) = 0 lässt sich p(x) ohne Rest durch x+1 teilen mit dem Ergebnis q(x) = 1·x2 +1·x−6. Die restlichen Nullstellen von x = − 12 ± d. h. p(x) q 1 4 + 6 = − 12 ± q hat die Nullstellen p(x) 25 4 sind die Nullstellen von = − 12 ± q(x), also x3 = 4 2 5 , 2 x1 = −1, x2 = − 62 = −3 und = 2.