Stochastische Heizung in Particle-in-Cell

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Stochastische Heizung in Particle-in-Cell
Simulationen von Plasmagasentladungen
Diplomarbeit in Physik von
Jasmin Aghassi
vorgelegt der
Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät
der
Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen
im November 2003
angefertigt am
Fraunhofer Institut für Lasertechnik Aachen
und
Institut für Theoretische Physik A
Lehr- und Forschungsgebiet Laserphysik
Prof. Dr. rer. nat. H.-J. Kull
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich bei den folgenden Personen herzlich bedanken:
Prof. H.J. Kull für die exzellente Betreuung,
Dr. R. Wester für die vielen hilfreichen Diskussionen und vor allem die Vermittlung
fundierter Programmierkenntnisse,
Prof. H. Schoeller für die Übernahme der Zweitkorrektur,
meiner lieben Schwester für die Rechtschreibprüfung,
sowie bei allen Freunden und Kollegen, die mich während dieser Zeit unterstützt
haben.
2
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1
5
Überblick über die Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 Plasmagasentladungen
7
9
2.1
Experimente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2
Plasmamodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
3 Particle-in-Cell-Verfahren
9
13
3.1
Grundgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
3.2
Vlasov-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
3.3
Teilchenmodell mit regularisierter Coulomb-Wechselwirkung . . . . . 14
3.4
Eindimensionales elektrostatisches Modell in dimensionslosen Einheiten 16
3.5
Algorithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
3.5.1
PIC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
3.5.2
Newtonsche Bewegungsleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . 19
3.6
Stabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
3.7
Tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
4 Energieerhaltung
23
4.1
Energiesatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
4.2
Stochastisches Heizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
5 Heizung durch Wellenbrechen
27
5.1
Wellenbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
5.2
Phasenraumensemble . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
5.3
Energieverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
5.4
Heizrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3
6 1d1v Simulation eines thermischen Plasmas
35
6.1
Simulationsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
6.2
Konstruktion der Anfangsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
6.3
Erweiterung auf bewegliche Ionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
6.4
Numerische Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
7 Thermisches Plasma mit Stößen
43
7.1
Monte-Carlo-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
7.2
1d3v Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
7.2.1
Stoßzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
7.2.2
Elastische Stöße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
7.2.3
PIC MCC-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
7.2.4
Numerische Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
8 Modell einer Gasentladung
53
8.1
1d3v Simulation mit einem externen elektrischen Feld . . . . . . . . . 53
8.2
Inelastische Stöße und Ionisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
8.3
Generation und Randüberschreitung von Quasiteilchen . . . . . . . . 56
8.4
Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
9 Zusammenfassung
61
A Dimensionslose Einheiten
63
B Generierung eines Teilchenensembles
65
B.1 Neumann-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
B.2 Methode der invertierten Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
C Geschwindigkeitsänderung durch harte Stöße
4
69
Kapitel 1
Einleitung
Seit den ersten Veröffentlichungen im Jahr 1979 [1] hat das Interesse an Pseudospark
Gasentladungen bzw. Hohlkathodenentladungen stark zugenommen. Grund hierfür
bieten die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten. Eine typische Pseudosparkgeometrie besteht aus einer Elektrodenanordnung ähnlich einem Plattenkondensator, der
mit einem Gas (z.B. Xenon, Helium) gefüllt ist. Durch Anlegen einer äußeren Spannung wird das Gas ionisiert, und es entsteht ein Plasma. Wird das Plasma leitfähig,
so findet eine Entladung statt. Anders als bei typischen Gasentladungen wird bei
der Pseudospark-Entladung der Gasdruck und der Abstand der Elektroden links des
Paschen Minimums gewählt [2].
In vielen Arbeiten wird diese Art der Gasentladung im Hinblick auf das Schalten
von hohen Strömen untersucht [3]. Auch als Quelle für intensive Elektronen bzw.
Ionenstrahlen kommt die Pseudospark-Entladung in Frage [1]. Ferner ensteht bei
dieser Entladungsart durch magnetische Kompression des Gases extrem ultraviolette Strahlung (EUV Licht) mit Wellenlängen im Bereich von 11 bis 14 nm. Derzeitige
optische Lithographieverfahren verwenden Wellenlängen um 200 nm und erreichen
durch spezielle Projektionsverfahren im besten Fall Strukturgrößen von ca. einem
Drittel der verwendeten Wellenlänge. Daher gilt EUV Licht als Hoffnungsträger für
die zukünftige Lithographie, die Strukturgrößen unter 50 nm anstrebt. Um eine
möglichst hohe Leistung der EUV Quelle zu erzielen, sind hohe Repetitionsraten
nötig. In [2] wird der Zerfall der Elektronendichte in der Hohlkathode als limitierender Prozeß gesehen. Grundsätzlich ist es für die Bestimmung einer maximalen
Repetitionsrate wichtig, die Zündungsphase der Entladung elementar zu verstehen.
Neben einer Vielzahl von experimentellen Arbeiten haben auch theoretische Arbeiten entscheidend zum Verständnis der physikalischen Prozesse von Plasmagasentladungen beigetragen. Ein wichtiges Mittel ist hier die Computersimulation. Ein
ideales Modell bestünde in der Lösung der Boltzmanngleichungen für Elektronen
und Ionen gekoppelt mit der Poissongleichung zur Bestimmung des elektrischen
Feldes. Eine solche Beschreibung ist jedoch extrem aufwendig und in den meisten
Fällen daher inpraktikabel. Einfacher ist z.B. der Ansatz eines Flüssigkeitsmodells,
5
den Pitchford und Boeuf in ihren Arbeiten gewählt haben [4], [5]. Zusätzlich zu der
Flüssigkeitsbeschreibung des Elektronen- und Ionentransports wird hier noch ein Ionisationsquellterm mit Hilfe einer Teilchensimulation (Monte-Carlo-Rechnung) bestimmt. Diese genauere Beschreibung wird jedoch nur für die hochenergetischen
Elektronen, deren Energie zur Ionisierung ausreicht, gewählt. Ähnliche Ansätze
findet man auch bei Pak und Kushner [6], die ebenfalls die Elektronen in zwei
Kategorien einteilen. Die niedrig energetischen Elektronen werden mit Hilfe eines
Flüssigkeitsmodells beschrieben, die hochenergetischen durch einen Monte-CarloAlgorithmus. Monte-Carlo-Berechnungen für die Verteilung der hochenergetischen
Elektronen in Hohlkathodenentladungen findet man auch bei Hashiguchi und Hasikuni [7]. Die Kombination aus Teilchen- und Flüssigkeitsmodell wird oft als HybridCode bezeichnet.
Reine Teilchenmodelle wie die Particle-in-Cell-Methode (PIC) wurden ebenfalls bereits erfolgreich angewendet [8], jedoch scheint eine Anwendung auf mehrere Dimensionen schwierig. Das PIC-Verfahren basiert auf Arbeiten von Buneman und
Dawson [9], [10], Hockney und Eastwood [11], Birdsall und Langdon [12] u.a. und
ist in darauf folgenden Arbeiten vielfach untersucht worden. Grundprinzip jedes Teilchenmodells ist es, mit einer wesentlich geringeren Anzahl an Simulationsteilchen
als realen Teilchen zu rechnen. Dadurch werden fluktuierende Phänomene, wie z.B.
Stöße extrem verstärkt. Durch die Verwendung einer ausgedehnten Ladungsverteilung für die Punktteilchen werden diese Effekte durch die PIC-Methode reduziert.
Jedoch besitzen die Modelle Stoßraten, die meist größer als die des physikalischen
Systems sind. Durch endliche Ort- und Zeitschrittweiten werden außerdem stochastische ”Fehlerfelder” generiert, die zu einer Energiesatzverletzung des Modells führen.
Für eine mikroskopische Beschreibung von Plasmagasentladungen auf Basis einer
PIC-Simulation ist die Erhaltung der Energie der Elektronen essentiell, da die berechneten Dichten extrem empfindlich von der Ionisationsrate, die wiederum von der
Elektronenenergie abhängig ist, beeinflußt werden.
Ziel dieser Arbeit ist es daher, die Energieerhaltung in PIC-Simulationen zu untersuchen und die Mechanismen, die zu Abweichungen führen, zu verstehen. Es
werden außerdem günstige Parameterbereiche gesucht, um unvermeidliche Abweichungen in der Energiebestimmung zu minimieren. Im Rahmen eindimensionaler
elektrostatischer PIC-Simulationen werden in der vorliegenden Arbeit die folgenden
Heizmechanismen untersucht:
(1) Wellenbrechen in kalten Plasmen
In einem kalten Plasma können elektrostatische Schwingungen mit der Plasmafrequenz ωp angeregt werden. Bei hinreichend hohen Schwingungsamplituden brechen diese Wellen und geben Schwingungsenergie an einzelne Teilchen
ab [13],[14],[15],[16]. Es wird die Frage untersucht, welches Energiespektrum
die Teilchen besitzen und mit welcher Rate die Heizung erfolgt. Dieser Heizprozeß verletzt im Gegensatz zum stochastischen Heizen nicht die Erhaltung
der Gesamtenergie.
6
(2) Stochastische Heizung in thermischen Plasmen
Ausgangspunkt ist hier ein thermisches Gleichgewicht, bei dem die Energie im
wesentlichen als kinetische Teilchenenergie vorliegt. Unvermeidliche Diskretisierungsfehler führen beim PIC-Verfahren zu einem allmählichen Anwachsen
der Gesamtenergie, welches als stochastisches Heizen bezeichnet wird [17]. Dieser Heizmechanismus wird im folgenden untersucht und seine Abhängigkeit von
Simulationsparametern angegeben.
(3) Stöße
PIC-Simulationen, die auf der Vlasov-Theorie für stoßfreie Plasmen basieren,
können mit einem Monte-Carlo-Algorithmus erweitert werden, um Stöße zu
beschreiben [18], [19]. Es werden zunächst elastische Stöße von Elektronen
und Neutralgasatomen betrachtet. Das Monte-Carlo-Verfahren wird detailliert
dargestellt und Heizraten für ein thermisches Plasma mit Stößen bestimmt.
Ferner werden verschiedene Erweiterungen des Modells wie ein äußeres, konstantes
elektrisches Feld und inelastische Stöße, die zu Anregung und Ionisierung der neutralen Gasatome führen, behandelt. Es wird der Einfluß auf die Energiebilanz der
Elektronen untersucht.
1.1
Überblick über die Arbeit
In einem einleitenden Kapitel über Plasmagasentladungen soll ein Überblick über
die physikalischen Größen und die verschiedenen Plasmamodelle gegeben werden.
Im dritten Kapitel wird dann ausgehend von der Vlasov-Theorie das eindimensionale PIC-Modell erläutert, und es werden erste Testergebnisse des Programms vorgestellt.
Das vierte Kapitel behandelt den Energiesatz und die Theorie des stochastischen
Heizens.
Im fünften Kapitel wird dann im Rahmen eines Flüssigkeitsmodells das Heizen kalter Elektronen durch Wellenbrechen dargestellt und mit Simulationsergebnissen aus
dem PIC-Modell verglichen.
Anschließend wird im sechsten Kapitel ein thermisches Plasma betrachtet und die
Gesamtenergie für lange Zeiten beobachtet. In Anlehnung an Kapitel 4 werden ferner Heizraten bestimmt, die aus stochastischen Fehlern resultieren.
Schließlich werden im siebten Kapitel zusätzlich Stöße für ein thermisches Plasma
behandelt, und die PIC-Simulation wird um einen Monte-Carlo-Algorithmus erweitert.
Im achten Kapitel wird das PIC-Monte-Carlo-Modell durch Betrachtung inelastischer Stöße erweitert. Zusätzlich wird ein äußeres elektrisches Feld eingeführt. Mit
dem erweiterten Modell lassen sich wesentliche Charakteristika einer Gasentladung
simulieren.
7
8
Kapitel 2
Plasmagasentladungen
Das folgende Kapitel soll eine Zusammenfassung der wesentlichen Charakteristika
von Hohlkathodenentladungen, wie sie aus Experimenten und Simulationen bekannt
sind, geben. Im zweiten Abschnitt wird dargestellt, auf welchen Grundlagen und
Annahmen Simulationen basieren, die solche Gasentladungen beschreiben.
2.1
Experimente
Charakteristisch für Pseudospark-Entladungen sind niedrige Gasdrücke von ca. 1025 Pa und ein extrem schneller Übergang (10-100 ns) in eine langlebige, diffuse
Entladungsphase mit hoher Stromdichte (≈ 10 kA ) [1]. Die Entladungsphase wird
oft begleitet durch einen Strahl von hochenergetischen Elektronen und Ionen. Als
Gase eignen sich Edelgase wie Argon, Xenon, etc.. Entscheidenden Einfluß auf die
Entladung haben Geometrie und Gasdruck. Die denkbar einfachste Konfiguration
für eine Hohlkathodenentladung ist ein Aufbau mit zwei Elektroden, einer planaren
Anode gegenüber einer Kathode. Für die Distanz zwischen den beiden Elektroden
muß gelten, daß das Produkt aus Abstand und Gasdruck einen Selbstdurchbruch
nicht erlaubt (Bereich unterhalb der Paschenkurve). Die der Anode zugewandte Seite der Kathode hat ein zentrales Loch, dessen Durchmesser wesentlich kleiner als
der Kathodendurchmesser ist. Das Loch führt zu einem abgeschlossenen Hohlraum
hinter der Kathode. Abmessungen einer solchen Gasentladungslampe sind im allgemeinen Millimeter bis Zentimeter. Die beschriebene Anordnung ist schematisch in
Abb. 2.1 skizziert.
Es ist sinnvoll für die spätere Simulation, einige Abschätzungen über die physikalisch
relevanten Parameter vorzunehmen. Typische Startdichten bei Plasmagasentladungen sind n ≈ 1014 m−3 −1015 m−3 . Diese Dichten resultieren entweder aus Restladungen einer voherigen Entladung oder können durch spezielle Triggerverfahren [20],[21]
injiziert werden. Die Temperaturen der Elektronen und Ionen betragen ca. 1 eV, wobei für Ionen auch niedrigere Temperaturen angenommen werden können. Als die
9
Abbildung 2.1: Hohlkathode
zu simulierende Systemlänge wird L = 0.01 m gewählt. Es wird von einem neutralen
Plasma mit gleicher Anzahl von Elektronen und Ionen ausgegangen. Aus der Vorgabe der Dichte und der Temperatur der Elektronen lassen sich die die Simulation
charakterisierenden Größen wie die Debyelänge λD , die thermische Geschwindigkeit
vth und die Plasmafrequenz ωp wie folgt berechnen:
s
0 kB T
= 2.35 · 10−4 m
nq 2
r
kB T
m
= 4.2 · 105
vth =
me
s
s
nq 2
ωp =
= 1.8 · 109 Hz
0 m e
λD =
(2.1)
(2.2)
(2.3)
Hierbei bezeichnen 0 die Dielektrizitätskonstante des elektrischen Feldes, q die Elementarladung, kB die Boltzmannkonstante, T die Temperatur in Kelvin und me die
Masse des Elektrons.
2.2
Plasmamodelle
Für die Beschreibung von Plasmen lassen sich grob zwei Modellrichtungen unterscheiden, erstens eine Flüssigkeitsbeschreibung, zweitens eine rein kinetische Beschreibung. Die exakte kinetische Beschreibung eines Vielteilchensystems ist extrem
aufwendig, da die gesamte mikroskopische Information, also Ort und Geschwindigkeit der N Teilchen, bekannt sein muß. Ferner müssen alle Teilchenwechselwirkungen
10
berücksichtigt werden. Die statistischen Eigenschaften eines solchen Vielteilchensystems werden duch die Liouville-Funktion
FN (xα1 , vα1 , ..., xβ1 , vβ1 , ..., t),
(2.4)
welche die Wahrscheinlichkeitsdichte eines Ensembles von N-Teilchensystemen darstellt, beschrieben. Der Index α bezeichnet hier die Teilchensorte und xi und vi mit
i=1,..,N Ort und Geschwindigkeit der N Teilchen respektive. Für die Dichtefunktion
F gilt die Liouville-Gleichung
d
F = 0,
(2.5)
dt
wobei darauf zu achten ist, daß die totale Zeitableitung entlang der Bahn eines
N-Teilchensystems (x(t), v(t)) zu bilden ist. Häufig wird jedoch eine reduzierte Beschreibung gewählt, die sich aus Integration von (2.4) über alle Orte und Geschwindigkeiten eines, zweier usw. Teilchen ergibt. Dadurch ensteht eine Hierarchie von
Gleichungen, die BBGKY-Hierarchie [22]. Der einfachste Fall einer solchen Beschreibung ist die Ein-Teilchen-Verteilungsfunktion, die, wenn individuelle Teilchenstöße
berücksichtigt werden, der Boltzmanngleichung (7.1) oder bei stoßfreien Plasmen
der Vlasov-Gleichung (3.6) genügt.
Im Flüssigkeitsbild wird davon ausgegangen, daß sich die Elektronen und Ionen
eines Plasmas analog zu einer geladenen Flüssigkeit beschreiben lassen. Dieses ist
eine makroskopische Beschreibung, die durch Momentenbildung bezüglich der Geschwindigkeit aus den kinetischen Gleichungen (z.B. Boltzmanngleichung) gewonnen
werden kann. Die resultierenden Gleichungen wie die Kontinuitätsgleichung
∂
nα + ∇ · nα vα = S,
(2.6)
∂t
sind identisch zu den aus der Hydrodynamik bekannten Gleichungen. Hierbei bezeichnet nα die Teilchendichte der Teilchensorte α, also z.B. Elektronen und Ionen,
und S ein Ionisationsquellterm. Die Bestimmung des Ionisationsquellterms erfolgt
z.B. durch Monte-Carlo- Rechnungen [4].
Für beide Methoden, der kinetischen und der Flüssigigkeitsbeschreibung, muß
zusäzlich noch das elektrische Feld E = −∇Φ aus dem elektrostatischen Potential
Φ bestimmt werden. Es gilt die Poisson-Gleichung
P
4Φ = −
α
ρα
,
(2.7)
0
wobei ρα = qα nα die Ladungsdichte und qα die Ladung der Teilchensorte α bezeichnen. Im Rahmen dieser Arbeit wird von einer rein kinetischen Beschreibung ausgegangen. Ein mögliches Simulationsverfahren hierfür ist die Particle-in-Cell-Methode
(PIC), die ausführlich in Kapitel 3 diskutiert wird.
11
12
Kapitel 3
Particle-in-Cell-Verfahren
Die PIC-Simulation ist eine weitverbreitete Methode zu Untersuchung von stoßfreien Plasmen. Das Prinzip dieser Methode besteht in der numerischen Lösung der
Bewegungsgleichungen einer großen Anzahl von Teilchen in einem selbstkonsistent
erzeugten mittleren Feld. Das Verfahren vernachlässigt die komplexe Dynamik von
Einzelteilchenstößen zugunsten der kollektiven Wechselwirkung und läßt sich daher
im Rahmen der Vlasov-Theorie begründen. Dieses Kapitel beschreibt die Grundzüge
und wesentlichen Annahmen der PIC-Methode. Für ausführlichere Darstellungen sei
auf [11], [12],[23] verwiesen.
3.1
Grundgleichungen
In einem Plasma wechselwirken die Ladungen, bestehend aus positiven Ionen und
negativen Elektronen, über ihre elektrischen und magnetischen Felder E und B. Die
Felder sind mit der Ladungs- und Stromdichte, ρ und j, über die Maxwellgleichungen
gekoppelt. In elektrostatischer Näherung lauten diese in SI-Einheiten:
ρ
0
∇ × ES = −∂t BS = 0
∇ · BS = 0
1
∇ × c2 BS = ∂t E + j(x, t) = 0
0
∇ · ES =
3.2
(3.1)
(3.2)
(3.3)
(3.4)
Vlasov-Theorie
Die Vlasov-Gleichung ist eine kinetische Gleichung ohne Stoßterm. Allgemeinere kinetische Gleichungen, wie z.B. die Boltzmanngleichung werden in Kapitel 7, Monte13
Carlo-Verfahren, diskutiert.
Ausgangspunkt der Vlasov-Theorie ist, daß sich jedes Teilchen im Phasenraum
(x,v) im mittleren Feld aller anderen Teilchen bewegt. Nimmt man eine Verteilungsfunktion der Teilchen von der Form f (x, v,t) an, so befinden sich im Mittel
dN = f (x, v,t)d3 xd3 v Teilchen in einem Volumenelement des Phasenraums. Das
von diesen Teilchen erzeugte mittlere elektrostatische Potential läßt sich mittels der
Poisson-Gleichung (2.7) zu
1
∆Φ(x, t) = − q
0
Z
d3 vf (x,v,t)
bestimmen. In elektrostatischer Näherung lauten die Bewegungsgleichungen der Teilchen
ẋ = v, v̇ = qE = −
q
∇Φ(x, t).
m
(3.5)
Da x und v unabhängige Variablen sind, ist das Geschwindigkeitsfeld des Phasenraumes divergenzfrei.
∂
∂
q ∂
∂
· ẋ +
· v̇ =
·v−
· ∇Φ(x, t) = 0
∂x
∂v
∂x
m ∂v
Ein beliebiges mit den Teilchen mitbewegtes Gebiet verändert daher seine Form,
nicht aber sein Volumen - wie eine inkompressible Flüssigkeit. Es folgt daraus, daß
sich die Teilchendichte f(x, v,t) entlang der Teilchenbahnen (x(t), v(t)) ebenfalls
nicht verändert. Es gilt also
df
∂f
∂f
q
∂f
=
+ v·
− ∇Φ(x, t) ·
= 0.
dt
∂t
∂x m
∂v
(3.6)
Die Beschreibung eines stoßfeien Plasmas durch die Vlasov-Gleichung (3.6) ist sinnvoll, solange die charakteristischen Längenskalen, wie z.B. die Debyelänge, weit
größer als der durchschnittliche Abstand der Elektronen und Ionen ist, und die
Zeitskala klein im Verhältnis zu Kollisionszeit der Teilchen ist.
3.3
Teilchenmodell mit regularisierter CoulombWechselwirkung
Die Diskretisierung der ”Vlasov-Flüssigkeit” im Phasenraum führt zu dem Konzept
der sogenannten Superteilchen, oder auch im folgenden Zellteilchen genannt. Diese
besitzen eine ausgedehnte Ladungsverteilung, um so die Coulomb-Wechselwirkung
14
für kleine Teilchenabstände zu regularisieren. Die Regularisierung der Wechselwirkung wird erreicht, indem man die Punktladungen durch ausgedehnte
Ladungsdichten ersetzt.
qδ(x − xi ) ⇒ qS(x − xi )
wobei S(x − xi ) eine noch beliebig wählbare auf eins normierte Dichteverteilung der
Ladung q am Ort xi bezeichnet. Die Eigenschaft der Punktförmigkeit der Teilchen
wird durch diese ” Ladungsverschmierung ” jedoch nicht beeinflußt, da der Teilchenort durch einen Punkt (xi , vi ) im Phasenraum angegeben wird. Die Verteilung der
Teilchen sei durch eine Funktion fS (x, v, t) gegeben.
Die allgemeine Form des Vlasov-Poisson-Gleichungssystems bleibt unverändert, jedoch muß die Regularisierung der Wechselwirkung bei der Berechnung der Ladungsdichte ρS und der Kraft FS wie folgt berücksichtigt werden:
Z
ρS = q
3 0
0
Z
d x S(x − x )
Z
FS = q
d3 vfS (x0 , v, t)
d3 x0 S(x − x0 )E(x0 , t)
Das Raumladungsfeld E(x, t) bezeichnet hier das mittlere elektrische Feld, das aus
der Maxwellgleichung (3.1) mit der Verteilung fS zuvor bestimmt wurde. Zur Lösung
der Gleichungen für ein N-Teilchensystem wird ein repräsentatives Teilchenensemble betrachtet. Wählt man die Simulationsteilchen hinreichend dicht, so ist dieses Teilchenmodell äquivalent zur Kontinuumsbeschreibung durch die ursprüngliche
Vlasov-Gleichung (3.6). Zum Zeitpunkt t sei das N-Teilchensystem durch I Phasenraumpunkte (xi (t), vi (t)) mit i = 1, .., I repräsentiert. Die Verteilungsfunktion der
Simulationsteilchen hat dann die Gestalt
I
NX
δ(x(t) − xi (t))δ(v(t) − vi (t)),
fS (x(t), v(t), t) =
I i=1
mit der zugehörigen Ladungsdichte
Z
ρS (x) = q
3 0
0
d x (S(x − x )
Z
I
NX
d v fS (x , v, t) = q
S(x − xi (t)).
I i=1
0
3
Ein Phasenraumpunkt trägt damit die Ladung q NI , die entsprechend der Zellteilchendichte ρS verteilt ist. Die Zellteilchen erfüllen ebenfalls die Bewegungsgleichungen
(3.5), da diese mathematisch äquivalent zu der Vlasov-Gleichung der Zellteilchen
sind.
15
Das diskrete Teilchenmodell läßt sich also durch das folgende Gleichungssystem
d
xi (t) = vi (t)
dt
(3.7)
d3 x S(x − xi )E(x, t)
(3.8)
I
NX
S(x − xi (t)) + ρ0 )
∇ · E = 4π(q
I i=1
(3.9)
d
1
q
vi (t) = FS (xi (t), t) =
dt
m
m
Z
vollständig beschreiben, wobei hier eine homogene Hintergrundladungsdichte der
Ionen ρ0 angenommen wird.
3.4
Eindimensionales elektrostatisches Modell in
dimensionslosen Einheiten
Im folgenden Abschnitt wird die PIC-Methode anhand eines eindimensionalen
Plasmamodells erläutert. Die Berechnung der Kraft erfolgt mit Hilfe der Maxwellschen Feldgleichungen, die auf einem räumlichen Gitter gelöst werden. Hierbei
treten unvermeidliche Diskretisierungsfehler auf, die später im vierten Kapitel, ”
Stochastisches Heizen ”, thematisiert werden.
Um unötige Rechenzeit für Multiplikationen zu sparen, führt man in die obigen
Grundgleichungen (3.7 - 3.9) dimensionslose Variablen ein. Diese haben die Form
y = y 0 · y ∗ , wobei y 0 ein dimensionsloser und y ∗ ein dimensionsbehafteter Skalenfaktor ist. Die genaue Wahl der Skalenfaktoren und die Umrechnung in physikalische
Größen in SI-Einheiten ist im Anhang, Kapitel A zusammengefaßt. Drückt man alle dimensionslosen Größen wieder durch ungestrichene Größen aus, so folgt für die
transformierten dimensionslosen Gleichungen
dxi
= vi ,
dt
+∞
dvi
= fi = −
dx S(x − xi )E(x, t)
dt
−∞
I
X
∂E
4E
= σ0 (4I −
S(x − xi )), σ0 =
∂x
4I
i=1
(3.10)
Z
mit den beiden verbleibenden numerischen Konstanten
4E = ωp2 4t2 und 4I =
16
4x
I,
L
(3.11)
(3.12)
wobei ωp die Plasmafrequenz und ∆x und ∆t die numerischen Schrittweiten in
Ort und Zeit bezeichnen. Eine ausführliche Herleitung dieser Konstanten bzw. der
Skalenfaktoren findet sich in [23].
Zur Diskretisierung des elektrischen Feldes wird das in Abbildung 3.1 gezeigte Gitter gewählt. Das Simulationsintervall der Länge L wird in J Zellen mit zentrierten
Gitterpunkten xj unterteilt. Der Abstand zweier benachbarter Gitterpunkte beträgt
∆x = xj+1 − xj = 1. Die Simulationsteilchen können sich entlang der x-Achse auf
Abbildung 3.1: Eindimensionales Gitter
dem Intervall 0 < x < L in einem eindimensionalen Feld E(x) bewegen. In der zur
x-Achse senkrechten Ebene sei das Plasma homogen, d.h. n = n(x).
Da die Teilchenpositionen xi kontinuierlich verteilt werden, wird die Zuweisungsfunktion
Z
x+1/2
dxS(x − xi )
W (x) :=
x−1/2
definiert, die den Bruchteil einer Ladung an einem Gitterpunkt angibt. Mit der Wahl
einer rechteckigen Ladungsverteilung folgt
S(x − xi ) = Θ(1 − 2|x − xi |).
Die Ladung am Ort xi , mit xj < xi < xj+1 , wird so den beiden nächstgelegenen
Gitterpunkten xj und xj+1 mit den Gewichten
Wi j = W (xj ) = 1 − (xi − xj ),
17
Wi j+1 = W (xj+1 ) = 1 − (xj+1 − xi ) = xi − xj
zugewiesen. Das hier gewählte Gewichtungsverfahren der Ladungsverteilung ist ein
Verfahren erster Ordnung und allgemein unter dem Namen CIC - Cloud-in-Cell Verfahren bekannt. Es liefert für die meisten PIC-Anwendungen hinreichende Genauigkeit und ist auch im Rahmen dieser Arbeit sowohl für die Ladungsverteilung
als auch die Kraftinterpolation ausschließlich verwendet worden. Dieses garantiert
ferner, daß ein Teilchen auch in der diskreten Approximation keine Kraft auf sich
selbst ausübt, welches bei verschiedenen Gewichtungsfunktionen für Kraft und Ladungszuweisung der Fall wäre.
Einen Überblick über weitere mögliche Gewichtungsfunktionen und ihren Einfluß
auf numerische Fehler ist in [11] und [12] zu finden.
3.5
Algorithmen
Die folgenden zwei Abschnitte geben eine kurze Zusammenfassung der verwendeten
Algorithmen. Für eine konsequente Herleitung aus dem in Kapitel 3.4 beschriebenen
Modell sei auf die Literatur [11], [12], [23] verwiesen.
3.5.1
PIC
Der PIC-Algorithmus legt fest, in welcher Weise aus den Teilchenpositionen die entsprechende Ladungsdichte, das sich daraus ergebende elektrische Feld und die Kraft
auf die Teilchen zu berechnen sind. Die Ladungszuweisung für jeden Gitterpunkt
j erfolgt durch
σjn
= σ0 (4I −
I
X
i=1
1
n
n
),
Wijn ), σj+1/2
= (σjn + σj+1
2
(3.13)
wobei n den Zeitschritt und σj+1/2 die gemittelte Flächenladungsdichte zwischen
zwei Gitterpunkten bezeichnet.
Geht man von periodischen Randbedingungen aus, also E(0) = E(L) und Φ(0) =
Φ(L) und berücksichtigt die Ladungsneutralität des gesamten Plasmas sowie die
Impulserhaltung des Gesamtsystems, so läßt sich das elektrische Feld wie folgt
bestimmen:
E1n
J−1
1X
=−
(J − k)σk+1/2
J k=1
n
n
Ej+1
= Ej + σj+1/2
für j = 1, ..., J − 1
(3.14)
(3.15)
wobei J die dimensionslose Gitterlänge, die gleich der Anzahl der Gitterpunkte ist,
bezeichnet.
18
3.5.2
Newtonsche Bewegungsleichungen
Zur Lösung der Bewegungsgleichungen werden die kontinuierlichen Differentialgleichungen diskretisiert und in algebraische Gleichungen umgeschrieben. Dabei unterscheidet man zwischen expliziten und impliziten Integrationsverfahren. Eine möglich
Wahl für ein explizites Verfahren ist der ”Leapfrog-Algorithmus ”:
xn+1 − xn
= v n+1/2
4t
m(v n+1/2 − v n−1/2 )
= f (xn )
4t
(3.16)
(3.17)
Die bekannten Größen zum Zeitpunkt tn im n-ten Zeitschritt sind Ort und Kraft, xn
und f n . Die Geschwindigkeit ist immer einen halben Zeitschritt früher bekannt, also
1
zum Zeitpunkt tn− 2 . Die Anfangsbedingungen für eine Rechnung mit dem Start1
zeitpunkt t=0 lauten dementsprechend (x0 , v − 2 ).
Der Leapfrog-Algorithmus hat die Eigenschaft, daß er zeitzentriert ist, (3.16) um
1
tn+ 2 und (3.17) um tn . Dieses garantiert, daß die diskrete Approximation die gleiche
Symmetrie in der Zeit aufweist, wie das ursprüngliche Newtonsche Gleichungssystem
(3.7) und (3.8). Durch eine kurze Rechnung läßt sich zeigen, daß der LeapfrogAlgorithmus eine Genauigkeit 2-ter Ordnung in der Zeit besitzt [11]. Dieses ist
hinreichend genau für die später dargestellten Rechnungen unter Einhaltung des
Stabilitätskriteriums für die Zeitschrittweite. Eine kurze Zusammenfassung über die
Stabilitätskriterien des PIC-Algorithmus’ und des Zeitintegrationsverfahrens gibt
das folgende Kapitel.
3.6
Stabilität
Wie alle numerischen Verfahren hat auch der PIC-Algorithmus einen begrenzten
Gültigkeitsbereich. Ist sichergestellt, daß das physikalische Problem den Voraussetzungen der Vlasov-Theorie bzw. der PIC-Methode genügt, so bleibt die richtige Wahl
für die Simulationsparameter zu treffen.
Im wesentlichen markieren die folgenden vier Bedingungen den Stabilitätsbereich:
ωp 4t ≤ 2,
4x ≤ λD ,
L >> λD ,
nλD ≥ 10,
ωp Plasmafrequenz und ∆t numerische Zeitschrittweite
4x Gitterschrittweite und λD Debyelänge
L Systemlänge des 1d-Gitters
n 1d-Teilchendichte
(3.18)
Die hier benutzten Bezeichnungen sind physikalische Größen und damit einheitenbehaftet. Mit der Einhaltung dieser Begrenzungen ist garantiert, daß Plasmawellen
richtig simuliert werden und daß das Modell kollisionsfrei ist.
19
3.7
Tests
Es ist sinnvoll, zunächst das PIC-Programm anhand einiger überschaubarer physikalischer Situationen zu testen. Im folgenden wird die Ladungsdichte, das elektrische
Feld (Abb.3.2) und Plasmaschwingungen für ein System mit nur zwei Elektronen
beschrieben (Abb 3.3). Die Ergebnisse verdeutlichen ferner die charakteristischen
Eigenschaften des PIC-Verfahrens.
Es werden 10 Zellen für das eindimensionale Gitter gewählt und die Elektronen an
E
σ
1 .5
1 .0
0 .0
-0 .5
-1 .0
-1 .5
2
E ( x ) / ( ωp ∆t ) , s ( x ) / ( ωp ∆t )
2
0 .5
-2 .0
-2 .5
-3 .0
-3 .5
-4 .0
-4 .5
0 .0
0 .2
0 .4
0 .6
0 .8
1 .0
x /L
Abbildung 3.2: Ladungsdichte σ(x) und elektrisches Feld E(x) für zwei Elektronen
vor positivem Ionenhintergrund
die Positionen x1 = 3 und x2 = 8 mit anfänglicher Geschwindigkeit v1 = v2 = 0
gesetzt. Da die Kräfte zwischen zwei gleich geladen Teilchen entgegengesetzt gleich
groß sind und wegen der periodischen Randbedingungen, entspricht dieses gerade
einer möglichen Gleichgewichtslage. Die beiden Elektronen ruhen also. Das elektrische Feld steigt für Zellen mit positiver Ladungsdichte an und fällt für Zellen mit
negativer Ladungsdichte, in diesem Fall in der 3. und 8. Zelle, ab.
Die beiden Elektronen werden bewußt in eine Nichtgleichgewichtslage, hier x1 =
3.5 und x2 = 6 gesetzt. Es ensteht eine rücktreibende Kraft, die die beiden Elektro20
E le k t r o n 1
E le k t r o n 2
1 .0
0 .9
0 .8
0 .7
x /L
0 .6
0 .5
0 .4
0 .3
0 .2
0 .1
0 .0
0
2
4
6
t /T
8
1 0
p
Abbildung 3.3: Plasmaschwingungen zweier Elektronen vor positivem Ionenhintergrund bei periodischen Randbedingungen
nen in Schwingung versetzt. Auf der Abszisse ist die Zeit in Plasmaperioden angegeben. Es läßt sich erkennen, daß die Schwingungsfrequenz der beiden Elektronen
genau gleich deren Plasmafrequenz, wie gefordert, ist.
21
22
Kapitel 4
Energieerhaltung
Maßgeblich für die Güte einer Simulation ist die Energieerhaltung des Algorithmus’.
Eine möglichst genaue Erfüllung des Energiesatzes ist daher von besonderer Bedeutung.
Im folgenden Kapitel wird der Energiesatz des elektrostatischen Modells hergeleitet und diskutiert. Im Idealfall sollte die PIC-Simulation diesen exakt wiedergeben.
Aufgrund unvermeidlicher Diskretisierungsfehler sowohl in der Zeit als auch im Ort
verursacht der PIC-Algorithmus jedoch eine Abweichung. Die Fehlerfortpflanzung
führt zu einem stochastischen Heizen, das in dieser Arbeit untersucht wird.
4.1
Energiesatz
Es ist zweckmäßig, das elektrische Feld in einen elektrostatischen und einen externen
Anteil aufzuteilen
E = ES (x, t) + Eex (t).
Hierbei bezeichnet ES (x, t) das elektrostatische Feld, welches im Plasma erzeugt
wird und Eex (t) ein externes Feld, dessen Quellen außerhalb des Plasmas liegen.
In Abwesenheit eines Magnetfeldes reduzieren sich die Maxwellgleichungen (3.1-3.3)
auf
X
1
j(x, t) = 0 mit j =
qe vi δ 3 (x − xi )
0
i
X
ρ(x, t)
∇ · ES =
, mit ρ =
qe δ 3 (x − xi ) + qi ni
0
i
∂t ES (x, t) +
∇ × ES (x, t) = 0,
(4.1)
(4.2)
(4.3)
wobei hier von unbeweglichen Ionen mit einer konstanten Hintergrunddichte ni ausgegangen wird.
23
Die Newtonsche Bewegungsgleichung für die Elektronen lautet dann
me v̇i = qe ES (xi , t) + qe Eex (x)
(4.4)
Durch Multiplikation von (4.1) mit ES erhält man das Poynting-Theorem der Elektrostatik
0
∂t ( E2S ) + j · ES = 0.
2
Nach Integration über das Volumen folgt
Z +∞
Z
d
0 2
dx ES ) + dV jES = 0.
(A
dt
2
−∞
Formt man den zweiten Term durch Ausnutzung der Bewegungsgleichung (4.4) um,
so folgt
Z
Z
dV j · ES =
dV
X
3
vi qe δ (x − xi )ES (x, t) =
i
=
Ne
X
i=1
vi [
Ne
X
vi qe ES (xi , t)
i=1
Ne
Ne
X
d
d
d X
1 2
qe vi · Eex = K − P,
(mvi ) − qe Eex (t)] = (
mvi ) −
dt
dt i=1 2
dt
i=1
und man erhält den Energiesatz
d
(K + U ) = P.
dt
(4.5)
Dabei bezeichnet U die potentielle Energie aus dem Raumladungsfeld, K die kinetische Energie der Elektronen und P die von den Ladungsträgern aus dem externen
Feld aufgenommene Leistung. Die Größen sind wie folgt definiert:
Z
0
U=
dV E2S (x, t),
(4.6)
2
Ne
X
me 2
K=
vi ,
(4.7)
2
i=1
P = qe Ne < v > ·Eex ,
wobei < v >=
1
Ne
P
i
(4.8)
vi die mittlere Geschwindigkeit der Elektronen bezeichnet.
Für bewegliche Ionen, die in späteren Rechnungen behandelt werden, muß die kinetische Energie und die aufgenommene Leistung analog zu dem Fall der Elektronen
hinzuaddiert werden.
24
4.2
Stochastisches Heizen
Ein Maß für die Güte der Energieerhaltung einer Simulation ist die Heizzeit. Man
betrachte zunächst ein neutrales System im thermischen Gleichgewicht bei einer
Temperatur T. Das Plasma sei außerdem nach außen isoliert und strahle nicht.
Ferner sei die potentielle Energie des Plasmas klein im Verhältnis zur kinetischen
Energie der Teilchen. Dann gilt, daß die Temperatur konstant und die gesamte
Energie des Plasmas erhalten ist.
Bezeichnet man mit hi (t) die Abweichung der kinetischen Energie eines Teilchens i
von seinem ursprünglichen Wert, so läßt sich eine durchschnittliche Abweichung der
kinetischen Energie pro Teilchen definieren als
N
1 X
hi (t).
< h(t) >=
N i=1
(4.9)
Die Heizeit τH , ist definiert als die Zeit, in der die durchschnittliche kinetische Energie pro Teilchen um genau 21 kB T zugenommen hat, also
1
< h(τH ) >:= kB T,
2
(4.10)
wobei kB die Boltzmannkonstante und T die absolute Temperatur in Kelvin bezeichnet. In einem physikalischen System, wie oben beschrieben, gilt < h(t) >= 0
und daher τH = ∞. Es folgt, daß jede gemessene endliche Heizeit τH Ausdruck
der Energiesatzverletzung des Modells ist. Ursachen für eine endliche Heizeit sind
z.B. Diskretisierungsfehler in Ort und Zeit, Rundungsfehler usw.. Nach [11] kann
man diese Fehler alle zu einem einzigen ”Fehlerfeld” δE zusammenfassen, das von
zufälliger Richtung aber konstantem Betrag ist. Das Fehlerfeld wirkt auf jedes Teilchen und verursacht eine Impulsänderung gemäß
m δv = q · δE · DT,
(4.11)
wobei DT die Dauer des Zeitschritts bezeichnet, für die das Teilchen dem Feld
ausgesetzt ist. Der Effekt einer großen Anzahl von Schritten der Länge |δv| ist
eine Random-Walk- Bewegung der Teilchen im Geschwindigkeitsraum um ihre ursprüngliche Geschwindigkeit v0 . Nach n Schritten hat sich das Teilchen i um ∆vi
weiterbewegt. Unter diesen Annahmen lassen sich die Erwartungswerte der mittleren und der mittleren quadratischen Geschwindigkeitsabweichung pro Teilchen leicht
berechnen:
1 X
∆vi = 0,
N i
(4.12)
q 2
) · DT 2 · |δE|2 .
m
(4.13)
< ∆v >=
< |∆v|2 >= n|δv|2 = n(
25
Gleichung (4.13) gilt für alle Anfangsgeschwindigkeiten v0 also auch für beliebige
Geschwindigkeitsverteilungen, wie zum Beispiel eine Maxwellverteilung (thermisches Plasma). Wichtigstes Ergebnis dieser Überlegung ist, daß die durchschnittliche
kinetische Energie in Modellen mit ”stochastischen” Fehlern linear mit der Anzahl
der Zeitschritte ansteigt. Ferner sollten Ionen wegen ihrer größeren Masse einen
wesentlich kleineren Beitrag zur Temperaturerhöhung als die Elektronen liefern.
Diesen Effekt nennt man stochastisches Heizen.
Für bewegliche Elektronen vor einem unbeweglichen homogenen Ionenhintergrund
hat Birdsall [12] das stochastische Heizen in einer Dimension untersucht. Man
nimmt einen allgemeinen Zusammenhang zwischen Simulationsparametern und der
Heizeit τH der Form,
ωp τH ∝
λD 2
1
) · ND
·
(
η 2 ∆x
(4.14)
an, wobei η −2 von der Wahl der Gewichtungsfunktion für die Ladungs- und Kraftzuweisung abhängt und ND = nλD , die Anzahl der Teilchen in einem Debyevolumen
λD
bezeichnet. Speziell für Bereiche mit 0.1 . ωp ∆t . 0.6 und 0.5 < ∆x
¡ 10 läßt sich
die Heizzeit je nach gewählter Gewichtungsfunktion maximieren.
Für die CIC-Gewichtungsfunktion wählt man für die thermische Geschwindigkeit
∆t
≈ 0.5 und erhält
vth ∆x
ωp τH ≈ 600(
λD 2
) · (ND + NC )
∆x
(4.15)
mit ND + NC = n · (λD + ∆x).
Da der Proportionalitätsfaktor η −2 individuell von dem benutzten Modell abhängt,
ist es schwer eine verlässliche Aussage über die Heizzeit für ein spezielles Modell zu
treffen. Daher sind eigene Testläufe zu diesem Thema durchgeführt worden, deren
numerische Ergebnisse in Kapitel 6 dargestellt sind.
26
Kapitel 5
Heizung durch Wellenbrechen
Im folgenden betrachten wir ein homogenes kaltes Plasma, in dem eine elektrostatische Schwingung als stehende Welle angeregt wird. Überschreitet die Amplitude der
Welle einen kritischen Wert, so bricht die Welle. Dabei wird die geordnete Schwingungsbewegung einzelner Elektronen gestört und es entsteht eine Komponente heißer Elektronen. Bei der Heizung durch Wellenbrechen wird die potentielle Energie
der Welle in ungeordnete kinetische Energie umgewandelt. Dabei bleibt die Gesamtenergie des Systems erhalten. Anhand einer PIC-Simulation wird die Entwicklung
eines Phasenraumensembles beim Wellenbrechen untersucht und die Energieverteilung sowie die Heizrate der heißen Elektronen bestimmt.
5.1
Wellenbrechen
Nichtlineare Plasmaschwingungen in einem kalten Plasma können im Rahmen eines
Flüssigkeitsmodells beschrieben werden. Die Grundgleichungen für die Elektronendichte n(x, t), die Elektronengeschwindigkeit v(x, t) und das elektrostatische Feld
E(x, t) sind:
∂t n + ∂x (nv) = 0,
m(∂t + v∂x )v = qE,
∂x E = 4πq(n − n0 ),
(5.1)
wobei n0 eine homogene Gleichgewichtsdichte bezeichnet. Ein Punkt der Flüssigkeit,
der sich zur Zeit t = 0 am Ort x = a befindet, werde zur Zeit t an den Ort
x(a, t) = a + ξ(a, t)
(5.2)
abgebildet. Hierbei ist ξ(a, t) die Auslenkung des Punktes aus der Anfangslage. Die
Anfangskoordinate a wird als Lagrangekoordinate bezeichnet. Bei einer Koordina27
tentransformation, (x, t) 7→ (a, t), können die Flüssigkeitsgleichungen (5.1) durch
n0
n0
=
∂a x(a, t)
1 + ∂a ξ(a, t)
E(a, t) = −4πn0 ξ(a, t)
n(a, t) =
ersetzt werden, wobei die Verschiebung für jeden Ausgangspunkt a einer harmonischen Schwingungsgleichung mit der Plasmafrequenz ωp genügt,
∂t2 ξ(a, t) + ωp2 ξ(a, t) = 0,
ωp2 =
4πq 2 n0
.
m
(5.3)
Die Lösung der Schwingungsgleichung zu den Anfangsbedingungen ξ(a, 0) = ξ0 (a)
und ∂t ξ(a, 0) = ξ˙0 (a) ist,
ξ(a, t) = ξ0 (a) cos(ωp t) +
ξ˙0 (a)
sin(ωp t).
ωp
(5.4)
Die Nichtlinearität der Gleichungen wird hierbei vollständig durch die Nichtlinearität der Abbildung (5.2) beschrieben. Zur Rücktransformation von der Lagrangekoordinate a zur Ortskoordinate x wird die Umkehrabbildung a = a(x, t) von
x = x(a, t) benötigt. Das Modell besitzt nur dann eine Lösung, wenn die Umkehrabbildung existiert. In der Umgebung eines Punktes x0 = x(a0 , t) gilt,
x − x0 =
∂x(a0 , t)
(a − a0 ).
∂a
(5.5)
Die Abbildung x = x(a, t) ist daher lokal umkehrbar, falls
∂ξ(a0 , t)
∂x(a0 , t)
=1+
> 0.
∂a
∂a
(5.6)
Verschwindet die Ableitung (5.6), so kommen sich benachbarte Punkte beliebig nahe
und die Dichte divergiert. Dies wird als Wellenbrechen bezeichnet. Die Bedingung
∂x(a, t)
= 0,
∂a
⇐⇒
∂ξ(a, t)
= −1
∂a
(5.7)
an einer Stelle a = a0 stellt das Kriterium für Wellenbrechen dar und markiert das
Ende des Gültigkeitsbereichs für das Flüssigkeitsmodell.
5.2
Phasenraumensemble
Als Beispiel betrachten wir ein homogenes Plasma der Länge L mit einer Anfangsstörung der Geschwindigkeit
ξ0 (a) = 0,
ξ˙0 (a) = v0 cos(ka),
28
k=
2π
.
L
(5.8)
2
orbit
2.5 T
2.675 T
2.75 T
2.875
3.0 T
v / v0
1
0
-1
-2
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
x/L
Abbildung 5.1: Phasenraum
Die Schwingung der Auslenkungen besitzt hier die Form
ξ(a, t) =
v0
cos(ka) sin(ωp t).
ωp
(5.9)
Das Kriterium (5.7) für das Wellenbrechen lautet in diesem Fall
kv0
sin(ka) sin(ωp t) = 1 .
ωp
(5.10)
Die Welle bricht demnach, falls die Geschwindigkeitsamplitude größer ist als die
Phasengeschwindigkeit der Welle,
v0 >
ωp
.
k
(5.11)
In einer PIC-Simulation wurde das Wellenbrechen für den Grenzfall v0 = ωp /k untersucht. Abbildung 5.1 zeigt die Entwicklung des Ensemble der Elektronen im Phasenraum innerhalb einer Halbperiode zwischen 2.5 und 3 Plasmaperioden. Zu Beginn
der Halbperiode (2.5T ) ist die Auslenkung der Elektronen nahezu Null, während
die Geschwindigkeiten die maximale Amplitude v0 erreichen. Man erkennt bereits,
daß sich aufgrund des Wellenbrechens in den vorangegangenen Halbperioden neben
dem Maximum zwei zusätzliche Geschwindigkeitsgruppen gebildet haben. Nach einer 1/8 Periode hat sich die Welle am ersten Knoten, x = 0.25L, geglättet und
am zweiten Knoten, x = 0.75L, aufgesteilt. Nach einer weiteren 1/8 Periode sind
die Auslenkungen maximal, die Geschwindigkeiten minimal und die Welle bricht bei
29
x = 0.75L. Hierbei entstehen um die Geschwindigkeit v = 0 neben den schon bestehenden äußeren Seitengruppen zwei neue innere Seitengruppen. Im weiteren Verlauf
werden die Teilchen der äußeren Seitengruppen beschleunigt, die inneren Seitengruppen bilden neue Nebenmaxima, die am Ende der Halbperiode ähnlich sind zu denen
am Beginn der Halbperiode. Das Brechen der Welle kann sich somit als ein quasiperiodischer Vorgang fortsetzen. Die Abbildung zeigt auch die Teilchentrajektorie
des schnellsten Teilchens. Während die meisten Teilchen auf gebundenen Bahnen
umlaufen, können sich die schnellen Teilchen frei entlang der x-Achse bewegen.
5.3
Energieverteilung
Die Heizung der Elektronen durch Wellenbrechen führt zu einer charakteristischen
Energieverteilung mit einem Plateau heißer Elektronen. Im Anfangszustand sind die
Elektronen räumlich homogen verteilt und besitzen an jedem Ort x genau die durch
die Anfangsstörung (5.8) vorgegeben Geschwindigkeit. Die zugehörige Phasenraumverteilung ist
f0 (x, v) = n0 δ(v − ξ˙0 (x)).
(5.12)
Durch Integration über die Ortskoordinate x erhält man mit der Substitution
q
˙
dξ0 = −v0 sin(kx) kdx = − v02 − ξ˙02 kdx
die Geschwindigkeitsverteilung der Elektronen,
f˜0 (v) =
ZL
dxf (x, v) =
0
n0 L Θ(v0 − |v|)
p
.
π
v02 − v 2
(5.13)
Die Energieverteilung erhält man daraus mit der Variablentransformation
1
W = mv 2 ,
2
1
W0 = mv02 .
2
(5.14)
Sei F0 dW die Anzahl der Elektronen im Energieinterval dW = mvdv, dann gilt
F0 =
n0 L Θ(W0 − W )
2f˜0 dv
p
=
.
dW
π
W (W0 − W )
(5.15)
In der PIC-Simulation kann die Energieverteilung numerisch berechnet werden, wobei genauso wie bei der Berechnung der Ladungsdichte vorgegangen wird. Auch
30
6
10
F(v)
Analytical
Numerical
5
10
4
10
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
v/vph
Abbildung 5.2: Anfangsverteilung
hier wurde zur Glättung der Verteilung die CIC - Zuweisungsfunktion verwendet.
Abbildung 5.2 zeigt den Vergleich zwischen der numerischen und der analytischen
Verteilung für ein Ensemble mit n0 L = 5 · 104 Teilchen. Man erkennt die sehr gute
Übereinstimmung im gesamten Gebiet zwischen den Singularitäten der Verteilung
bei v = 0 und v = v0 .
Die Elektronenenergieverteilung wurde numerisch mit derselben Methode nach 20,
30, 50 und 90 Plasmaperioden berechnet und in Abbildung 5.3 dargestellt. Da sich
die Plasmaperiode langsam verschiebt, wurden zur besseren Vergleichbarkeit der
Ergebnisse immer die Zeitpunkte bestimmt, in denen die kinetische Energie ihr Maximum erreicht: t/T = 20.0, 30.03, 50.29, 90.31. Man erkennt unterhalb der Phasengeschwindigkeit die periodisch wiederkehrende Anfangsverteilung der kalten Elektronen. Die Amplitude der Schwingung wird allmählich gedämpft. Oberhalb der Phasengeschwindigkeit bildet sich das Plateau der heißen Elektronen. Es erstreckt sich
bis zu einer Maximalenergie, die der 5-6-fachen Phasengeschwindigkeit entspricht.
In diesem Bereich sind die Energien nahezu gleichverteilt.
5.4
Heizrate
Über einen längeren Zeitraum beobachtet man die allmähliche Umwandlung der potentiellen Energie der Schwingung in kinetische Energie der ungeordneten Bewegung
(Abb.5.4). Die schnellen Variationen der Energie stellen die Plasmaschwingungen
dar. Die langsame Variation der Einhüllenden zeigt die Dämpfung der Schwingungs31
10
4
F(v)
10
10
10
20 T
30 T
50 T
90 T
5
3
2
0
1
2
3
v/vph
4
5
Abbildung 5.3: Plateau in der Energieverteilung
amplitude. Die Gesamtenergie ist über den gesamten Zeitraum mit hoher Genauigkeit erhalten.
Die Abnahme der potentiellen Energie ist von der Zahl I der Simulationsteilchen
abhängig. Man kann jedoch Größen definieren, die von der Teilchenzahl weitgehend
unabhängig sind. Hierzu betrachten wir nur die heißen Elektronen, die dadurch
definiert sind, daß ihre Geschwindigkeit oberhalb der Phasengeschwindigkeit liegt.
Genauer, wurde als untere Grenze die Geschwindigkeit v = 1.2vph gewählt, um
Teilchen mit Geschwindigkeitsschwankungen um die Phasengeschwindigkeit herum
auszuschließen.
Der Bruchteil der heißen Elektronen, Ih /I, ist in Abb.5.5 als Funktion der Zeit
dargestellt. Bei Variation von I zwischen 10000 und 50000 ergab sich keine wesentliche Änderung des Verlaufs der Kurve. Man kann drei Phasen unterscheiden. In
einer Anfangsphase, die etwa 30 Plasmaperioden umfasst, ist die Bildung der heißen
Elektronen durch Wellenbrechen bestimmt. Die Bildungsrate kann hier durch die
Näherungsformel
˙ ≈ 4 · 10−4 /T
I/I
(5.16)
angegeben werden.
In einer zweiten Phase zwischen 30 und 50 Plasmaperioden steigt die Bildungsrate
stärker an. Ein Vergleich mit der Energieverteilung (5.3) legt nahe, daß in diesem
Zeitintervall eine Energieverteilung mit einer steilen Flanke bei der Phasengeschwindigkeit vorliegt. Unter diesen Bedingungen kann die Welle durch Landaudämpfung
gedämpft werden.
In der dritten Phase zwischen 50 und 100 Plasmaperioden ist der Anstieg wieder
32
1
W / W0
0.8
0.6
0.4
Kinetic energy
Potential energy
Total energy
0.2
0
20
40
60
80
100
t/T
Abbildung 5.4: Kinetische Energie, potentielle Energie und Gesamtenergie
geringer. Hier ist die Welle bereits so stark gedämpft, daß die Phasengeschwindigkeit im Bereich des Plateaus der Verteilungsfunktion liegt. Dadurch ist die Landaudämpfung stark reduziert. Abschließend zeigt Abb.5.6 die mittlere Energie der
heißen Elektronen als Funktion der Zeit. Sie schwankt in allen drei Phasen um
die 3-fache Phasengeschwindigkeit, wobei die Schwankungen im Laufe der Zeit mit
wachsender Teilchenzahl abnehmen.
33
0.14
0.12
-4
Ih/I = 4 · 10 t/T + 0.003
Ih / I
0.1
0.08
0.06
0.04
0.02
0
0
20
40
60
80
100
t/T
Abbildung 5.5: Bruchteil der Elektronen mit v > 1.2v0
5
w h / w ph
4
3
2
1
0
20
40
60
80
100
t/T
Abbildung 5.6: Mittlere kinetische Energie der Elektronen mit v > 1.2v0
34
Kapitel 6
1d1v Simulation eines thermischen
Plasmas
In diesem Kapitel wird die PIC-Methode benutzt, um ein thermisches neutrales Plasma in einer Dimension (1d) zu simulieren. Die Geschwindigkeiten werden ebenfalls
in einer Dimension (1v) betrachtet. Als Anfangsbedingung wird eine Maxwellverteilung vorgegeben. Es wird der Energiesatz überprüft und die Temperaturentwicklung
für verschiedene Parametereinstellungen dargestellt. Alle benutzten Größen sind dimensionlos (siehe Anhang A), sofern sie nicht ausdrücklich durch die Angabe der
SI-Einheit gekennzeichnet sind.
6.1
Simulationsparameter
Alle zu lösenden Gleichungen der PIC-Simulation werden auf dem in Abb. 3.1 gezeigten Gitter gelöst. Die dimensionslosen Schrittweiten in Zeit ∆t und Ort ∆x
werden gleich eins gesetzt. Für eine systematische Wahl der dimensionlosen PICParameter müssen alle Stabilitätskriterien aus (3.18) berücksichtigt werden. Es ist
sinnvoll, zunächst die Größe der Debyelänge λD festzulegen. Eine mögliche Wahl ist
λD ∈ [1, 10].
(6.1)
So ist garantiert, daß λD ≥ ∆x ist und damit gerade noch durch das Gitter aufgelöst
werden kann. Für Debyelängen kleiner als der Abstand zweier Gitterpunkte wird der
PIC-Algorithmus instabil. In [12] findet man eine ausführliche Beschreibung dieses
Gittereffekts. Eine zweite davon unabhängige Wahl trifft man dann für das Produkt
aus Plasmafrequenz und Zeitschrittweite. Hierbei wird oft
ωp ∆t = 0.1
(6.2)
gesetzt, da so die Zeitschrittweite wesentlich kleiner als die Plasmaperiodendauer Tp
ist und damit eine genügend gute Auflösung sichergestellt wird. Wegen ∆t = 1 ist
35
damit die dimensionslose Plasmafrequenz ωp = 0.1 ebenfalls festgelegt. Es gibt im
Grunde genommen keine untere Schranke für dieses Produkt, jedoch wirkt sich ein zu
kleiner Zeitschritt verlängernd auf die Rechenzeit aus. Eine obere Schranke ist aber
durch den Leapfrog-Algorithmus gegeben, der für ωp ∆t ≥ 2 instabil wird. Die Wahl
von λD und ωp bestimmt automatisch die thermische Geschwindigkeit vth = λωDp . Eine
dritte unabhängige Wahl läßt sich für die Anzahl der Gitterpunkte J, die gleich der
dimensionlosen Systemlänge ist, treffen. Diese sollte laut (3.18) wesentlich größer als
die Debyelänge sein (ca. eine Größenordnung). Desweiteren gilt, daß sich genügend
Simulationsteilchen in einem Debyevolumen, welches in einer Dimension durch λD
gegeben ist, befinden müssen. Wegen (6.1) und aufgrund des Stabilitätkriteriums
λD n ≥ 10
folgt dann für die Dichte der Simualtionsteilchen n = JI > λ10D . Für J = 100 ist
demnach I & 1000 eine sinnvolle Wahl. Im allgemeinen wird die Rechnung genauer,
je mehr Simulationsteilchen verwendet werden, jedoch wirkt sich dieses gleichzeitig
verlängernd auf die Rechenzeit aus.
Die entsprechenden Skalenfaktoren der dimensionslosen Größen lassen sich, wie in
Anhang A beschrieben, nun sukzessive daraus bestimmen.
Für die in Kapitel 6.4 dargestellten Ergebnisse der 1d1v Simulation wurde der folgende Paramtersatz gewählt:
∆x = ∆t = 1
I = 10000, J = 100, n = JI = 100,
vth
vth = 0.235, ωp = 0.1, λD = ωp = 2.35
6.2
Konstruktion der Anfangsbedingungen
Die I Simulationsteilchen (im folgenden Quasielektronen genannt) werden zufällig
über die Systemlänge J verteilt. Als Zufallsgenerator wird der Standardalgorithmus
der C++ Bibliothek verwendet.
Um die Elektronen gemäß einer Maxwellverteilung zu verteilen, wird die Methode
der invertierten Verteilung, kurz MIV, angewandt. Anhang B gibt eine Zusammenfassung über mögliche Verfahren zur Generierung eines Teilchenensembles gemäß
einer vorgegebenen Verteilung. Bezeichnet man mit v0 die dimensionslose thermische Anfangsgeschwindigkeit der Quasielektronen, so läßt sich die Maxwellverteilung
in einer Dimension schreiben als
−v 2
2
f (v) = C · e 2v0 ,
wobei C = C(v0 ) die Normierungskonstante bezeichnet. Man definiert eine Funktion
Z ṽ
h(ṽ) :=
dv f (v).
(6.3)
0
36
Wegen
Z
∞
f (v) dv = 1
0
und da f (v 0 ) eine positive Funktion ist, gilt, daß h(ṽ) in dem Intervall [0,ṽ] monoton
steigend ist und im Wertebereich 0 ≤ h(ṽ) ≤ 1 liegt. Dieses garantiert die Eindeutigkeit der Umkehrfunktion. Nach dem Auswürfeln einer Zufallzahl z mit 0 ≤ z ≤ 1
setzt man
z = h(ṽ)
und berechnet dann ṽ= h−1 (z) numerisch, da die Umkehrfunktion in vielen Fällen
nicht explizit angegeben werden kann. Oft reicht es aus ṽmax = 3v0 zu wählen, da
die normierte Maxwellverteilung genügend schnell abfällt. In einer zweidimensionalen Verteilung sind beispielsweise 99% aller Teilchen in dem Intervall [0, 3v0 ] zu
finden [11].
Für die numerische Bestimmung des Integrals (6.3) wird die Sehnentrapezformel
verwendet. Das gesamte Geschwindigkeitsintervall [0, 3v0 ] wird in n = 100 Gitterv0
.
punkte aufgeteilt mit der Intervallgröße dv = 3 · (n−1)
Es gilt
−vi−1
−vi
1
h(vi ) = h(vi−1 ) + C(v0 ) · (e 2v0 + e 2v0 )dv, mit i = 1..(n − 1)
2
(6.4)
wobei v0 = 0 und h(v0 ) = 0. Die Normierungskonstante C wird so gewählt, daß
h(vn−1 ) = 1. So ist garantiert, daß 0 ≤ h ≤ 1 ist.
Nach diesem Schema ergibt sich eine Tabelle der Form
h(ṽ) z
ṽ
0
0
·
dv
·
·
2dv
·
·
·
·
·
·
≤1 ·
(n-1) dv = 1 ·
Für Zufallszahlen z, die zwischen zwei numerisch errechneten h(ṽ) Werten liegen,
also hi−1 ≤ z ≤ hi , wird linear interpoliert, also
ṽ =
(z − hi−1 )
(z − hi )
· vi + vi−1 ·
.
hi − hi−1
hi−1 − hi
Die auf diese Weise ausgewählten Geschwindigkeiten entsprechen gerade einer Maxwellverteilung (Beweis Anhang B). Zuletzt wird durch eine zweite unabhängige Zufallszahl mit konstanter Wahrscheinlichkeitsverteilung das Vorzeichen ausgewürfelt.
37
6.3
Erweiterung auf bewegliche Ionen
Die Behandlung beweglicher Ionen erfolgt analog zu der der Elektronen. Bei der
Berechnung der Ladungsdichte wird dieselbe Verteilungsfunktion S(x − xi ) wie für
die Elektronen benutzt. Die Kraftgleichung (3.11) wird zu
Z +∞
d
1
vi = fi =
dx · · S(x − xi )E(x),
dt
c
−∞
mi
wobei c = m
die größere Trägheit der Ionen berücksichtigt und auf das positive
e
Vorzeichen zu achten ist. Der Massenverhältnisfaktor c muß außerdem bei der Berechnung der kinetischen Energie und der thermischen Geschwindigkeit entsprechend
berücksichtigt werden.
6.4
Numerische Ergebnisse
Bewegliche Elektronen vor festem Ionenhintergrund
In Abb. 6.1 ist die Gesamtenergie sowie die kinetische und potentielle Energie eines thermischen Plasmas über mehrere Plasmaperioden Tp = ω2πp dargstellt.
Die Gesamtengergie Eges ist auf die Anfangsenergie E0 = E(t = 0) ≈ 21 kB T
normiert. Es ist zu sehen, daß die potentielle Energie aus dem Raumladungsfeld
verschwindend gering im Vergleich zur kinetischen Energie aus der Temperaturbewegung ist. Daher gilt in guter Näherung Eges = Ekin . Der PIC-Code zeigt
≈ 10−5 .
eine sehr genaue Energieerhaltung. Die Abweichungen liegen im Bereich E(t)
E0
Betrachtet man jedoch Simulationen mit erheblich längerer Laufzeit, z.B. 105 Tp ,
so ist ein linearer Anstieg der Energie mit der Anzahl der Zeitschritte festzustellen (siehe Abb. 6.2). Dieses ist in Übereinstimmung mit Kapitel 4.2 ein stochastischer Heizprozeß, der auf den Einfluß des Gitters zurückzuführen ist. Abb. 6.2 zeigt
die normierte Gesamtenergie aufgetragen in Abhängigkeit der Zeit für verschiedene
Anfangstemperaturen bzw. thermische Geschwindigkeiten. Für die Gesamtenergie
ergibt sich eine Geradengleichung
E(t) = E0 + < r > t := E0 (1 + mt),
(6.5)
wobei ¡r¿ die zeitliche Heizrate bezeichnet. Laut Definition der Heizzeit aus Kapitel
4 gilt ferner
1
E0
< r > τH = kB T = E0 bzw. τH =
2
<r>
1
und damit folgt für den auf E0 normierten Fall τH = m . Die Steigungen der Geraden
wurden durch einen linearen Fit ermittelt, der übersichtlichkeitshalber nicht in Abb.
38
1 .2
1 .1
1 .0
0 .9
0 .8
E _ k in
E _ p o t
E _ g e s
E /E
0
0 .7
0 .6
0 .5
0 .4
0 .3
0 .2
0 .1
0 .0
-0 .1
0
2
4
6
t /T
8
1 0
p
Abbildung 6.1: Gesamtenergie, kinetische Energie und potentielle Energie in
Abhängigkeit der Zeit
6.2 dargestellt ist. Die folgende Tabelle faßt die Ergebnisse für die aus der Simulation
bestimmten Heizzeiten zusammen.
v0
0.235
0.47
0.704
0.94
1.175
1.41
1.645
1.88
Te [eV ] τHsim. [Tp ]
1
4
9
16
25
36
49
64
3.8 · 105
2.9 · 106
2.8 · 106
1.4 · 106
9.5 · 105
7.5 · 105
6.2 · 105
6.3 · 105
Die Ergebnisse sind hinsichtlich der Größenordnungen in Übereinstimmung zu
den nach (4.15) berechenbaren Heizzeiten. Es fällt auf, daß die Einstellung
39
v 0= 0 .2 3 5
v 0= 0 .4 7
v 0= 0 .7 0 4
1 .2 5
v 0= 0 .9 4
v 0= 1 .1 7 5
1 .2 0
v 0= 1 .4 1
v 0= 1 .6 4 5
1 .1 5
E / E
0
v 0= 1 .8 8
1 .1 0
1 .0 5
1 .0 0
0
2 0 0 0 0
4 0 0 0 0
6 0 0 0 0
t /T
8 0 0 0 0
1 0 0 0 0 0
p
Abbildung 6.2: Gesamtenergie in Abhängigkeit der Zeit für verschiedene Anfangstemperaturen
v0 = 0.47 ≈ 0.5 die Heizrate minimiert bzw. die Heizzeit maximiert. Anschaulich
bedeutet das, daß es für die Energieerhaltung besonders günstig ist, wenn die
Quasielektronen in einem Zeitschritt im Mittel genau eine halbe Zellschrittweite
im Gitter zurücklegen. Grund hierfür ist, daß die Fluktuationen des elektrischen
Feldes so besonders gering sind. Wird der Wert v0 = 1 erreicht bzw. überschritten,
so ändert sich das Rauschverhalten des elektrischen Feldes stark, da dann viele
Teilchen in einem Zeitschritt mehrere Zellen weit kommen. Das Modell wird so
weniger gut Energie erhaltend, d.h. die Heizzeiten werden kürzer. Für Anfangsgeschwindigkeiten v0 < 0.1 wird der Algorithmus unter Umständen sogar instabil.
Das hängt damit zusammen, daß dann das Stabilitätskriterium λD ≥ ∆x = 1
verletzt wird. Abbildung 6.3 zeigt die Gesamtenergie für verschiedene Einstellungen
von v0 . Bei den gewählten Parametern gilt wegen ωp = 0.1 , λD = ωv0p = 10v0 .
Für den kleinsten Wert λD = 0.2 ergibt sich die größte Heizrate. Nach einem
starken, nicht linearen Heizen hat sich die Temperatur gerade so stark erhöht,
daß die neue Temperatur zu dem gewählten Gitter paßt. Ab diesem Zeitpunkt
40
3 0
v 0= 0 .0 2
v 0= 0 .0 4
2 5
v 0= 0 .0 6
v 0= 0 .0 8
2 0
E /E
0
v 0= 0 .1 0
1 5
1 0
5
0
0
2 0 0 0 0
4 0 0 0 0
6 0 0 0 0
t /T
8 0 0 0 0
1 0 0 0 0 0
p
Abbildung 6.3: Gesamtenergie für verschiedene Anfangstemperaturen bzw. Debyelängen
wächst dann die Energie wieder linear durch das stochastische Heizen an. Als
neue Anfangsenergie E0 gilt dann die bis zu diesem Zeitpunkt bereits erreichte
Energie. Dieser Prozeß zeigt, daß die Instabilität, hervorgerufen durch zu kleine
Debyelängen, nicht vollständig destruktiv für den Algorithmus ist. Vielmehr wird
die Temperatur so angepaßt, daß die PIC-Parameter wieder in einem für den
PIC-Code gültigen Bereich liegen. Die physikalische Situation wird dadurch jedoch
verändert und daher nicht mehr richtig simuliert.
Zusammenfassend gilt nach obigen Betrachtungen, daß für eine optimale Energieerhaltung zum einen eine kleine thermische Geschwindigkeit, zum anderen eine
nicht zu kleine Debyelänge nötig sind. Diese Bedingung ist gerade für v0 ≈ 21
optimal erfüllt. Für niedrige Heizraten bestimmt außerdem die Debyelänge bzw.
die thermische Geschwindigkeit zum Zeitpunkt t=0 die Heizrate für den gesamten
Verlauf der Rechnung.
Bewegliche Elektronen und Ionen
41
Ordnet man den Ionen ebenfalls eine thermische Geschwindigkeit zu und nimmt man
dieselbe Temperatur wie für die Elektronen an, so beträgt die gesamte kinetische
Energie jetzt Eges ≈ kB T = E0 . Wegen ihrer viel größeren Masse sollten die Ionen
praktisch nicht zu dem stochastischen Heizprozeß beitragen. In Abb. 6.4 ist die kinetische Energie der Ionen und Elektronen sowie die potentielle Energie des Plasmas
und die sich daraus ergebende Gesamtenergie aufgetragen. Der tatsächliche Massenverhältnisfaktor von Xenon Ionen, die in Plasmagasentladungen enstehen, und
Elektronen beträgt ca. c = 105 . In der hier gezeigten Simulationsrechnung reicht
jedoch schon ein Massenfaktor von c = 100 aus, um das stochastische Heizen der
Ionen weitgehend zu unterdrücken. Die aus der Steigung berechnete Heizzeit be-
1 .2
1 .1
1 .0
E _ k
E _ k
E _ p
E _ t
0 .9
0 .8
E /E
0
0 .7
in _ e l
in _ io n
o t
o t
0 .6
0 .5
c = 1 0 0
T _ e = T _ i= 1 e V
I= 1 0 0 0 0
0 .4
0 .3
0 .2
0 .1
0 .0
0
1 0 0 0 0
2 0 0 0 0
3 0 0 0 0
t /T
4 0 0 0 0
5 0 0 0 0
p
Abbildung 6.4: Energieverlauf bei beweglichen Elektronen und Ionen
trägt τH = 2.3 · 105 Tp ist also nur wenig kleiner als der Wert aus dem Fall von
ausschließlich beweglichen Elektronen bei v0 = 0.235.
42
Kapitel 7
Thermisches Plasma mit Stößen
In diesem Kapitel wird ein thermisches Plasma mit Stößen (elastisch) untersucht und
die Erhaltung der Gesamtenergie überprüft. Im Anfangsstadium einer Plasmagasentladung, der Zündungsphase, ist das Gas nur schwach ionisiert. Für einen Ionisationsgrad von weniger als 10−3 ist die Annahme von Neutralgasstößen gerechtfertigt
[24], d.h. Elekton-Elektron und Ion-Elektron Stöße können vernachlässigt werden.
Da die Ionen sehr langsam sind, ist es ausreichend, lediglich Stöße von Elektronen
mit neutralen Gasatomen zu betrachten.
Laut Kapitel 3 setzt die PIC-Methode jedoch voraus, daß die Vlasov-Gleichung (3.6)
gilt und damit individuelle Stöße der Teilchen nicht berücksichtigt werden können.
Zur Erweiterung des PIC-Modells wird daher ein Monte-Carlo-Algorithmus verwendet, der die Beschreibung der Stöße leistet. Es wird von beweglichen Elektronen
und Ionen ausgegangen. Um Verwechslungen mit den reinen PIC-Simulationen zu
vermeiden, wird im folgenden dieses Modell mit PIC MCC bezeichnet.
7.1
Monte-Carlo-Verfahren
Formal gesehen muß nun an Stelle der Vlasov-Gleichung eine Boltzmanngleichung
der Form
∂f
∂f
q
∂f
df
=
+ v·
− ∇Φ(x, t) ·
=
dt
∂t
∂x m
∂v
∂f
∂t
(7.1)
coll.
gelöst werden. Die rechte Seite von (7.1) bezeichnet man als Stoßterm. Die zur
Vlasov-Gleichung äquivalenten Bewegungsleichungen (3.7) und (3.8) sind daher
nicht mehr gültig. Nimmt man an, daß die Zeitdauer eines Stoßes wesentlich geringer als die Zeitspanne zwischen zwei Stößen ist, läßt sich eine Kraft F(t) der
Form
43
F(t) =
X
δ(t − ti )Fi
i
definieren, die den Stoß beschreibt. Hierbei bezeichnet ti den Zeitpunkt des i-ten
Stoßes. Die Bewegungsgleichung lautet dann
m · v̇ = qES + F,
(7.2)
wobei mit ES das elektrostatische Raumladungsfeld gemeint ist.
Die Behandlung der Stöße erfolgt auf statistischer Basis mit Hilfe von Zufallszahlen und wird daher als Monte-Carlo-Teil bezeichnet. Die Monte-Carlo-Methode geht
zurück auf Metropolis et al. aus dem Jahr 1953 [25]. Grundidee der Methode ist
es, bestimmte Größen oder Konfigurationen gemäß einer vorgegebenen Verteilung
zufällig zu generieren und unter gewissen Bedingungen in die Simulationsrechnung
zu übernehmen. Mit Konfiguration kann zum Beispiel eine spezielle Konfiguration
eines Teilchenensembles gemeint sein.
Ein Monte-Carlo-Versuch läßt sich im wesentlichen durch die beiden folgenden Charakteristika definieren:
(α) Vorschrift zur Generation einer Zufallsgröße
(β) Kriterium, ob die erzeugte Größe akzeptiert oder verworfen wird.
Es ist darauf zu achten, daß in Schritt (α) alle möglichen Größen beziehungsweise
Konfigurationen nach endlicher Zeit erzeugt werden können, d.h. die Ergodizität des
Algorithmus muß gewährleistet sein. Desweiteren ist zu berücksichtigen, daß Pseudozufallszahlen, d.h. Zufallszahlen, die durch einen deterministischen Algorithmus
erzeugt werden, Korrelationen aufweisen, die möglicherweise für das jeweilige Simulationsproblem störend sein können. Der in (α) benutzte Zufallsgenerator sollte
daher problemspezifisch gewählt werden.
7.2
1d3v Simulation
Es werden alle drei Geschwindigkeitskomponenten der Zellteilchen, Quasielektronen
und Quasiionen, verfolgt (3v). Das Gitter verläuft wie zuvor eindimensional in xRichtung. In y- und z-Richtung sei das Plasma homogen. Typische Gasarten in
Plasmagasentladungslampen sind Edelgase. Hier wird von einer Xenondichte von
ca. 6.25 · 1021 m−3 ausgegangen. Als Temperatur wird sowohl für Elektronen als
auch Ionen 1eV angenommen. Die Simulationsparameter werden wie in dem PICModell aus Kapitel 6 gewählt. Die Zellteilchen werden zufällig über die Systemlänge
44
verteilt und mit einer 3d- Maxwellverteilung nach der MIV-Methode initialisiert
(Anhang B). Ferner wird jedem Quasielektron eine individuelle Stoßzeit zugewiesen.
Es werden ausschließlich elastische Stöße zwischen Elektronen und Xenonatomen
betrachtet, wobei als Wechselwirkungspotential ein hard-core-Potential der Form
0 r > ra
V =
∞ r ≤ ra
wobei ra den Bohrschen Atomradius bezeichnet, angenommen wird. Im folgenden
soll die Verteilung und Generationsvorschrift der zufälligen Stoßzeiten hergeleitet
werden. Es ist hierfür sinnvoll, die Bahnbewegung eines Elektrons genauer zu
betrachten.
7.2.1
Stoßzeiten
Zum Zeitpunkt t = t0 seien sämtliche Plasmaparameter gegeben. Die Stoßfrequenz
der Elektronen νt in Abhängigkeit der Elektronenenergie E und der Orte x der
Stoßpartner ist definiert als
νt (x, E) =
X
νk (x, E) =
X
r
nk (x) · σk (E) ·
k
k
2E
,
me
(7.3)
wobei k alle möglichen Stoßarten (elastisch, inelastisch), σk und nk die dazugehörigen
Stoßwirkungsquerschnitte und Dichten der Stoßpartner bezeichnen. Die Wahrscheinlichkeit P(t) für ein Elektron nicht zu stoßen, läßt sich dann schreiben als
−
P (t) = e
Rt
t0
νt (t0 )dt0
.
(7.4)
Es soll nun die Wahrscheinlichkeit p(t) berechnet werden, mit der ein Teilchen den
ersten Stoß nach einer Zeit t im Zeitintervall [t, t+dt] erleidet. Hierfür muß die
Wahrscheinlichkeit dafür, daß ein Teilchen im Zeitintervall [t0 , t] nicht stößt, multipliziert werden mit der Wahrscheinlichkeit, daß ein Teilchen im Intervall [t, t+dt]
stößt. Demnach gilt
−
p(t)dt = e
Rt
t0
νt (t0 )dt0
−
= (e
Rt
t0
νt
· [1 − e−
(t0 )dt0
−
R t+dt
t
R t+dt
νt (t0 )dt0
ν
]
(t0 )dt0
− e t0 t
)
=: P (t) − P (t + dt).
(7.5)
Wegen der letzten Gleichheit läßt sich die Stoßwahrscheinlichkeit p(t) also schreiben
als
45
R
d
− t ν(t0 )dt0
.
(7.6)
P (t) = νt (t)e t0
dt
Es läßt sich nun eine zufällige Stoßzeit tc aus dem Intervall [0, ∞) definieren als
p(t) = −
Z
tc
−
[νt (t)e
Rt
t0
νt (t0 )dt0
∞
Z
]dt = r1
t0
−
[νt (t)e
Rt
t0
νt (t0 )dt0
]dt,
(7.7)
t0
wobei r1 eine Zufallszahl zwischen 0 und 1 ist. Es ist oft aufwendig die Stoßzeit durch
diese Bedingung auszurechnen. Eine Methode, um diese Bestimmung zu umgehen,
ist die ”Nullstoß-Methode”. Hierbei wird das Integral stark vereinfacht, indem die
(möglicherweise komplizierte) Stoßquerschnittsfunktion zu einer Konstanten ergänzt
wird. Man definiert also
νt0 = ν0 (x, E) + νt (x, E) = max νt (x, E) = const.
(7.8)
und benutzt νt0 anstelle von νt in (7.6.). Es folgt
Z
tc
−νt0 (t−t0 )
(νt0 · e
Z
∞
)dt = r1
t0
(νt0 · e−νt0 (t−t0 ) )dt
t0
und nach wenigen Umformungen schließlich
1
ln(1 − r1 ) + t0 .
(7.9)
νt0
Es wird angenommen, daß die Quasiteilchen zum Startzeitpunkt der Rechnung alle
gerade gestoßen haben, also t0 = 0. Außerdem ist r2 = 1 − r1 wieder eine Zufallszahl
zwischen 0 und 1, so daß jedem Quasielektron zu Beginn eine individuelle Stoßzeit
durch die Vorschrift
tc = −
tc = −
1
ln(r1 ), mit νt0 = max νt (x, E)
νt0
(7.10)
zugewiesen wird.
Nullstoß-Methode
Die Nullstoß-Methode ist im Grunde genommen ein Neumann-Verfahren (Anhang
B) zur Generierung von zufälligen Stoßzeiten, die einer vorgegeben Verteilung νt (v)
genügen. Die aus (7.10) gewonnenen Stoßzeiten entsprechen, wie oben erläutert,
ausschließlich einer konstanten Stoßfrequenz. Bei rein elastischen Stößen nimmt man
an, daß die physikalisch reale Stoßfrequenz sich schreiben läßt als
νt (v) = σelast. nv,
46
wobei σelast. = πra2 den geometrischen Wirkungsquerschnitt für elastische Stöße
bezeichnet. Da die Stoßfrequenz νt mit der Energie der Quasielektronen bzw. ihrer Geschwindigkeit monoton ansteigt, wählt man einen ”cut-off”-Wert vcut , für
den gilt νt (vcut ) = νmax . Es ist sinnvoll, vcut so zu wählen, daß die entsprechende Energie ungefähr der Ionisierungsenergie von Xenon Atomen entspricht, also
2
≈ EIon . In der später vorgestellten Simulation wurde vcut = 30v0 ,
Ecut = 12 mvcut
wobei v0 gleich dem Betrag der thermischen Anfangsgeschwindigkeit ist, gewählt.
Die genaue Auswahl der Stoßzeiten erfolgt dann nach folgendem Schema:
Zu einer gegeben Zeit sind die Energie bzw. der Betrag der Geschwindigkeit v(t)
bekannt. Es wird dann eine zweite unabhängige Zufallszahl r2 ∈ (0, 1) gezogen, die
die ”Art ”des Stoßes bestimmt.
Man unterscheidet zwei Fälle
(a) r2 νt0 < νt (v)
(b) r2 νt0 > νt (v)
wobei a) dem physikalischen elastischen Stoß und b) dem Nullstoß ensprechen. Ein
Nullstoß läßt den Geschwindigkeitsvektor unbeeinflußt. Zwischen t0 und tc bleibt
die Bewegung der Quasielektronen ungestört, d.h. es gelten die Newtonschen Bewegungsgleichungen (3.7) und (3.8), die mit dem Leapfrog-Algorithmus (3.15) gelöst
werden. Zum Zeitpunkt tc erfolgt dann der Stoß und die Geschwindigkeitskomponenten werden für den Fall a) nach den Gesetzen für elastische Stöße neu ermittelt bzw.
bleiben im Fall b) unverändert. Auf diese Weise selektierte Stoßzeiten entsprechen
dann der geforderten Verteilung νt (Anhang B).
7.2.2
Elastische Stöße
Die Beschreibung der Stöße zwischen Quasielektronen und neutralen Xenon Atomen
erfolgt in Relativ- und Schwerpunktskoordinaten. t bezeichne den Zeitpunkt kurz vor
dem Stoß und t+dt kurz nach dem Stoß. Für die Berechnung der Geschwindigkeiten
t+dt
nach dem Stoß, vet+dt für Elektronen und vXe
für Neutralgasatome, gilt
µ
∆ut
me
µ
t
= vXe −
∆ut ,
mXe
vet+dt = vet +
t+dt
vXe
(7.11)
(7.12)
wobei u := ve − vXe den Relativgeschwindigkeitsvektor im ruhenden Laborsystem
I bezeichnet und µ die reduzierte Masse. Für das Gleichungssystem (7.11)-(7.12)
t+dt
t
gilt die Erhaltung des Gesamtimpulses Pges
= Pges
= me ve + mXe vXe , wie es der
elastische Stoß erfordert. Unter der Annahme, daß die Masse der Xenon Atome mXe
viel größer als die Masse der Elektronen me ist, folgt für die reduzierte Masse µ
47
µ=
me mXe
≈ me .
(me + mXe )
Außerdem gilt
|vXe | << |ve | ⇔ u ≈ ve .
(7.13)
Der Vektor der Relativgeschwindigkeit ut ist ein beliebiger Vektor im Raum und
läßt sich daher schreiben als


sin ϑ cos ϕ
ut = u ·  sin ϑ sin ϕ , 
cos ϑ
(7.14)
Abbildung 7.1: Relativgeschwindigkeit
wobei ϕ den Azimuthalwinkel und ϑ den Winkel zwischen u und der z-Achse des Laborsystems I bezeichnen (siehe Abb. 7.1). Da der Betrag der Relativgeschwindigkeit
bei einem elastischen Stoß erhalten ist, folgt
|ut | = |ut+dt |.
Die Transformation von ut zur Basis des Laborsystems I in ein mit u mitbewegtes
System I’ wird durch die Drehmatrix


cos ϑ cos ϕ cos ϑ sin ϕ − sin ϑ

cos ϕ
0
M =  − sin ϕ
sin ϑ cos ϕ sin ϑ sin ϕ cos ϑ
48
(7.15)
realisiert. Zum Zeitpunkt t gilt dann
u0 t = M · ut = [0, 0, u] = u · e0z .
Als Folge des Stoßes wird dann lediglich die Richtung des Relativgeschwindigkeitsvektor gedreht (Abb. 7.1). Der Stoß erfolgt zum Zeitpunkt t+dt und es gilt dann in
I’


sin θc cos φc
∆u0 = u0 t+dt − u0 t = u ·  sin θc sin φc , 
cos θc − 1
(7.16)
wobei φc den Azimuthalwinkel nach dem Stoß und θc den Stoßwinkel (Berechnung
siehe Kapitel 7.2.3). Durch Rücktransformation läßt sich die Änderung der Relativgeschwindigkeit im Laborsystem I angeben. Es gilt dann
M −1 · ∆u0 = ∆u mit M −1 = M tr .
(7.17)
Damit läßt sich die Relativgeschwindigkeit nach erfolgtem Stoß schreiben als
ut+dt = ut + ∆u
und wegen (7.13) folgt dann für die Geschwindigkeit der Quasielektronen nach dem
Stoß

· sin θc cos φc − vvy⊥v sin θc sin φc − vx cos θc
· sin θc cos φc + vvx⊥v sin θc sin φc + vy cos θc 
=
−v⊥ sin θc cos φc + vz cos θc

vet+dt
vz v x
v⊥
v y vz
v⊥
(7.18)
mit vx , vy , vz Geschwindigkeitskomponenten der Elektronengeschwindigkeit vet zum
Zeitpunkt t vor dem Stoß und
q
v⊥ = vx2 + vy2 .
(7.19)
Für den Spezialfall ut = [0, 0, u] folgt nach kurzer Rechnung (Anhang C)

vet+dt

sin θc cos φc
= u ·  sin θc sin φc  ,
cos θc − 1
wobei u = v gilt.
49
(7.20)
7.2.3
PIC MCC-Algorithmus
Es wird wieder von einem quasineutralen thermischen Plasma ausgegangen. Sowohl
Elektronen als auch Ionen werden bewegt. Alle Simulationsparameter werden wie in
Kapitel 6 gewählt. Für die Berechnung der Winkel nach dem Stoß gilt:
Der Azimuthalwinkel φc ist aus dem Intervall [0, 2π] und gleichverteilt. Die Bestimmung erfolgt über eine Zufallszahl r3 ∈ (0, 1) durch
φc = r1 · 2π.
(7.21)
Der Stoßwinkel θc ist nicht isotrop verteilt, sondern genügt der Bedingung
Z
2π ·
0
θc
dσ
· sin θ dθ = r4 · σ
dΩ
(7.22)
mit σ = πra2 als Wirkungsquerschnitt für elastische Stöße und r4 einer Zufallszahl ∈
(0,1). Durch Umkehrung folgt dann schließlich
θc = arccos (1 − 2r4 ).
(7.23)
Das Schema dargestellt in Abb. 7.2 verdeutlicht den Ablauf des Algorithmus. Bevor
die zeitlichen Integration der Bewegungsgleichungen erfolgt, werden die Stoßzeiten
der Quasielektronen berechnet. Es wird angenommen, daß alle Quasielektronen zum
Zeitpunkt t0 = 0 gerade gestoßen haben. In der ersten Fallunterscheidung wird abgefragt, ob die vergangene Zeitspanne nach dem Zeitpunkt t0 des letzten Stoßes bereits
die Stoßzeit tc erreicht hat. Gilt t − t0 < tc erfolgt kein Stoß und die Teilchen werden
weiter im Raumladungsfeld beschleunigt. Andernfalls findet eine zweite Fallunterscheidung statt, in der entschieden wird, um welche Art von Stoß es sich handelt.
Im Fall a) findet ein elastischer Stoß statt, und es wird nach (7.18) bzw. falls v⊥ = 0
nach (7.20) der neue Geschwindigkeitsvektor berechnet. Fall b) entspricht dem Nullstoß für den gilt vt+dt = vt . In beiden Fällen wird der Zeitpunkt des letzten Stoßes
gespeichert, also tneu
= talt
0
0 + t.
7.2.4
Numerische Ergebnisse
Abbildung 7.3 zeigt die kinetische Energie der Elektronen und der Ionen. Es zeigt
sich derselbe Verlauf, wie zuvor in den Simulationen ohne Stöße. Die nach dem
gleichen Verfahren, wie in Kapitel 6.4 beschrieben, bestimmte Heizrate beträgt hier
für v0 = 0.47 τH = 1.54·106 Tp . Dies ist verglichen mit den zuvor bestimmten Werten
um ca. einen Faktor 2 niedriger, d.h. die Elektronen werden stärker geheizt.
50
Abbildung 7.2: PIC MCC Algorithmus
51
I e = I i= 1 0 0 0 0
0 .5 2 0
E
T e = T i= 1 e V
0 .5 1 5
e l
E
v 0= 0 .4 7
io n
J = 1 0 0
c = 1 0 0 0 0 0
0 .5 1 0
E /E
0
0 .5 0 5
0 .5 0 0
0 .4 9 5
0 .4 9 0
0 .4 8 5
0 .4 8 0
0
1 0 0 0 0
2 0 0 0 0
3 0 0 0 0
t / T
4 0 0 0 0
5 0 0 0 0
p
Abbildung 7.3: Kinetische Energie der Elektronen und Ionen
52
Kapitel 8
Modell einer Gasentladung
Das folgende Kapitel stellt ein Gasentladungsmodell auf Basis des zuvor beschriebenen PIC MCC- Modells dar 1 . Das eindimensionale PIC MCC-Modell wird nun
sukzessive durch weitere Annahmen und physikalische Prozesse ergänzt. Es werden
die periodischen Randbedingungen aufgehoben und es wird ein externes elektrisches
Feld angelegt. Ferner werden Ionisation und inelastische Stöße berücksichtigt. Stochastische Heizraten lassen sich aufgrund der veränderten physikalischen Situation
(kein thermisches Gleichgewicht) nicht wie in Kapitel 6 bestimmen. Jedoch läßt sich
untersuchen, ob der Zuwachs an kinetischer Energie der Elektronen der aufgenommenen Energie aus dem elektrischen Feld entspricht.
8.1
1d3v Simulation mit einem externen elektrischen Feld
Es werden sowohl Elektronen als auch Ionen als beweglich angenommen. Die
Bewegungsgleichungen (3.7) und (3.8) werden mit dem Leapfrog-Algorithmus
(3.16),(3.17) gelöst. Zusätzlich zu dem elektrostatischen Feld der Ladungsverteilungen wird nun ein externes elektrisches Feld betrachtet. Erster und letzter Gitterpunkt werden wie Anode und Kathode eines Plattenkondensators behandelt, zwischen denen eine konstante Spannung U anliegt. Das resultierende elektrische Feld
E läßt sich dann als Summe aus dem elektrostatischen Raumladungsfeld ES und
dem externen Feld Eex schreiben als
E = ES + Eex ,
(8.1)
Das im folgenden dargestellte Modell ist in Anlehnung an ein 2 21 dimensionales PIC MCCModell zur Simulation der Zündungsphase einer Hohlkathodenentladung [2] entstanden. Es werden
SI-Einheiten benutzt.
1
53
wobei Eex = U/L und L die Systemlänge bezeichnet. Für die Bestimmung des
elektrischen Feldes und der Ladungsdichte auf den Gitterpunkten j=1,..,J gilt der aus
Kapitel 3 bekannte PIC-Algorithmus. Das äußere Feld kann einfach addiert werden.
Analog zum elektrischen Feld läßt sich das Potential Φ an jedem Gitterpunkt j
angeben. Es gilt für alle j = 1, ..J − 1
Φj+1 = Φj − ∆x
(Ej+1 + Ej )
mit Φ0 = 0.
2
(8.2)
Ein Quasielektron am Ort xi besitzt dann die potentielle Energie
Epot, i = qe Φ(xi ),
(8.3)
wobei qe die negative Ladung des Elektrons bezeichnet. Für Orte, die zwischen zwei
benachbarten Gitterpunkten liegen, wird linear interpoliert.
8.2
Inelastische Stöße und Ionisierung
Für die Behandlung der elastischen Stöße gelten die Betrachtungen aus Kapitel 7.2.2.
Es wird jedoch berücksichtigt, daß die neutralen Xenon Atome eine endliche Masse besitzen. Demnach gilt keine exakte Energieerhaltung wie für (7.18) und (7.20)
angenommen wurde. Die Xenon Atome werden als ruhend angenommen. Außerdem
gilt, daß die Masse des Elektrons me wesentlich kleiner als die Masse des Xenon
Atoms mXe ist. Sei E t die kinetische Energie des Elektrons unmittelbar vor dem
Stoß zum Zeitpunkt t. Für die kinetische Energie E1t+dt nach einem zentralen Stoß
zum Zeitpunkt t + dt gilt nach [26]
E1t+dt = E t (1 − 4
me
).
mXe
(8.4)
Für Stoßwinkel θc , mit 0 ≤ θc ≤ π wird näherungsweise nur die Hälfte der Energie
also 2E t me /mXe abgegeben. Es folgt entsprechend für den Geschwindigkeitsbetrag
s
2E1t+dt
t+dt
v1 =
.
me
Der Geschwindigkeitsvektor vet+dt nach dem Stoß läßt sich dann durch Multiplikation
v t+dt
von (7.18) bzw. (7.20) mit dem Faktor 1vt bestimmen.
Bei einem inelastischen Stoß zwischen einem Quasielektron und einem neutralen
Xenon Atom wird das Atom angeregt. Für die Energie nach dem Stoß gilt
E1t+dt = E t − Emn ,
wobei Enm den Energieunterschied zwischen dem Anfangs- und Endzustandsniveau
bezeichnet. Es werden sieben verschiedene Anregungsstufen berücksichtigt.
54
Für hochenergetische Quasielektronen ist es möglich, die Xenon Atome zu ionisieren.
Es wird nur die einfache Ionisierung der Atome betrachtet. Bei einem Ionisierungsstoß wird ein zweites Elektron der Energie E2 erzeugt und es muß die Ionisierungsenergie Eion aufgebracht werden. Es wird angenommen, daß die verbleibende Energie
nach dem Stoß auf beide Elektronen gleichmäßig aufgeteilt wird, also
E1t+dt =
E t − EIon
= E2 .
2
Abbildung 8.1 zeigt den elastischen Wirkungsquerschnitt, die Summe der inelastischen Wirkungsquerschnitte und den Ionisierungsquerschnitt von Xenon Atomen.
Die Tabellen der Wirkungsquerschnitte wurden [27] entnommen.
1 0 0
la s t .
σi n
e la s t .
σI o
n .
1 0
σ[1 0
-1 6
c m
-2
]
σe
1
0 .1
1
1 0
1 0 0
1 0 0 0
1 0 0 0 0
e n e rg y [e V ]
Abbildung 8.1: Wirkungsquerschnitte nach [27]
Die Erzeugung der Verteilung der Stoßzeiten erfolgt nach der Nullstoßmethode (Kapitel 7.2.2). Zu einem bestimmten Stoßzeitpunkt sind die Energie des Quasielektrons
Ec und der Ort xc bekannt. Die Art des Stoßes kc wird über eine Zufallszahl r ∈ (0, 1)
bestimmt. Für verschieden Stoßarten k (elastisch, Anregung, Ionisierung, Nullstoß)
werden die relativen Wahrscheinlichkeiten wie folgt berücksichtigt:
kX
c −1
0
νk (xc , Ec ) < rνt <
k=1
kc
X
νk (xc , Ec ).
(8.5)
k=1
Die Richtung der Geschwindigkeit nach dem Stoß wird durch die beiden Winkel φc
und θc nach (7.21) und (7.23) bestimmt.
55
8.3
Generation und
Quasiteilchen
Randüberschreitung
von
Aufgrund des externen elektrischen Feldes werden die Elektronen in Richtung Anode
beschleunigt, an der sie absorbiert werden. Es bleibt die positive Raumladung der
schweren Ionen zurück. Diese bewegen sich langsam in Richtung Kathode und verursachen dort die Emission von Sekundärelektronen. Der Prozeß läßt sich mit Hilfe
des zweiten Townsend-Koeffizienten γ beschreiben. Jedes Ion löst an der Kathode
γ Sekundärelektronen aus. Im allgemeinen ist 10−3 ≤ γ ≤ 10−1 . Es wird daher über
eine Zufallszahl r ∈ (0, 1) entschieden, ob ein auf die Kathode treffendes Quasiion
ein Quasielektron auslöst oder nicht. Gilt r < γ so wird ein Quasielektron mit thermischer Geschwindigkeit an die Stelle des Quasiions gesetzt. Die Geschwindigkeit
wird wie in Anhang B beschrieben nach der MIV-Methode ausgewürfelt. Im Fall
r ≥ γ wird kein Elektron emittiert. Ein an der Kathode absorbiertes Quasiion wird
in beiden Fällen für die weitere Simulationsrechnung gelöscht. Das gewählte Verfahren entspricht dem Neumannverfahren (Anhang B). Eine detaillierte Beschreibung
des physikalischen Prozesses findet man in [24].
Die Aufhebung der periodischen Randbedingungen bedeutet für die Bewegung der
Quasiteilchen, daß sie nach Überschreiten des Gitterrandes, der durch die äußersten
Zellen um x1 und xJ gegeben ist, gelöscht werden. Es folgt daher, daß die Anzahl
der Simulationsteilchen keine Konstante mehr ist. Die zeitliche Dichteentwicklung
der Elektronen und Ionen wird u.a. im folgenden Abschnitt dargestellt.
8.4
Ergebnisse
Als Ausgangssituation wurde für die Startdichten der Elektronen und Ionen
ne = ni = 10−14 m−3 angenommen. Die Temperatur betrug für die Elektronen
1
eV . Für beide Teilchenensemble wurde eiTe = 1 eV und für die Ionen Ti = 10
ne 3d-Maxwellverteilung vorgegeben. Als externe Spannung wurde U = 3000 V
gewählt. Die Systemlänge beträgt L = 0.01 m. Die PIC-Parameter werden unter
Berücksichtigung der Stabilitätskriterien (3.18) entsprechend gewählt. Wegen der
nicht konstanten Anzahl an Simulationsteilchen und damit einer variablen Plasmafrequenz ωp (2.3) wird als obere Schranke für das Produkt aus Plasmafrequenz und
numerischer Zeitschrittweite
ωp ∆t = 1.0
gesetzt. So ist die Stabilität des Leapfrog-Algorithmus’ garantiert. Im folgenden
wird die Energiebilanz und die mittlere kinetische Energie der Elektronen dargestellt. Abschließend wird die zeitliche Entwicklung der Elektronen und Ionendichten
diskutiert.
Energiebilanz
Dem betrachteten System wird kinetische Energie durch die Beschleunigung im elek56
to ta l e n e rg y [e V ]
2 .5 x 1 0
6
2 .0 x 1 0
6
1 .5 x 1 0
6
E
k in
E
R
1 .0 x 1 0
5 .0 x 1 0
5
G
6
E
0 .0 0 0
1 .0 0 0
2 .0 0 0
3 .0 0 0
4 .0 0 0
5 .0 0 0
6 .0 0 0
7 .0 0 0
8 .0 0 0
S t
9 .0 0 0
1 0 .0 0 0
t im e [n s ]
Abbildung 8.2: Kinetische Energien
trischen Feld und die Generation von Elektronen durch Kathodenemission zugeführt.
Dieser Energiezuwachs läßt sich zu einer Größe G(t) zusammenfassen, die den gesamten Gewinn an kinetischer Energie zum Zeitpunkt t angibt. Reduziert wird die
kinetische Energie durch Teilchenverluste ER bei der Randüberschreitung. Die gesamten Stoßverluste werden mit ESt bezeichnet. Es läßt sich so eine Bilanz der
kinetischen Energie aufstellen. Es gilt
Ekin (t) = G(t) − ER (t) − ESt .
(8.6)
Abbildung 8.2 zeigt den kinetischen Energiegewinn, den Verlust durch Stöße und
Randüberschreitung und die zum Zeitpunkt t berechnete gesamte kinetische Energie
der Elektronen. Es ist zu sehen, daß nach einem anfänglich starken Anstieg alle
Größen einen näherungsweise stationären Wert annehmen. Für lange Zeiten läßt sich
die Energiebilanz jedoch nicht überprüfen, da eine Instabilität auftritt. Diese zeigt
sich ebenfalls in der Betrachtung der mittleren kinetischen Energie pro Teilchen. Für
Zeiten bis t ≈ 1.25 · 10−6 s schwankt die mittlere kinetische Energie pro Teilchen um
einen konstanten Wert von ca. 2-3 eV. Die deutlichen Peaks lassen sich als einzelne
”bursts”der Elektronen interpretieren, die nach ihrer Erzeugung auf dem Weg von
der Kathode zur Anode im Feld stark beschleunigt werden und ionisieren. Die daraus
entstehenden Elektronen werden dann ebenfalls beschleunigt und ionsieren weiter.
Man betrachte hierzu Abbildung 8.3. Das dargestellte Zeitintervall wurde willkürlich
gewählt. Ab einem Zeitpunkt t . 1.3·10−6 s steigt die mittlere Energie plötzlich stark
an (Abb. 8.4) bzw. wird instabil.
Für Zeiten, die vor dem Instabilitätsbeginn liegen, läßt sich überprüfen, ob der kinetische Energiezuwachs der Elektronen einer Abnahme in der potentiellen Energie
entspricht. Dazu werden die kinetische Energie und die potentielle Energie direkt
57
9
8
e n e r g y / p a r t ic le [e V ]
7
6
5
4
3
2
1
1 .0 0 0
1 .0 2 0
1 .0 4 0
1 .0 6 0
1 .0 8 0
1 .1 0 0
1 .1 2 0
1 .1 4 0
1 .1 6 0
1 .1 8 0
t i m e [ µs ]
Abbildung 8.3: Mittlere kinetische Energie pro Teilchen
vor und nach dem Lösen der Bewegungsgleichungen berechnet. Die Differenzen
∆Epot und ∆Ekin sind in Abbildung 8.5 dargestellt. Es läßt sich für die betrachteten
Zeiten eine hinreichend gute Übereinstimmung erkennen.
Dichten
Abbildung 8.6 zeigt den zeitlichen Verlauf der Elektronen- und Ionendichte. Die
Elektronen werden stark beschleunigt und ionisieren die neutralen Xenon Atome. Die
Ionendichte steigt abrupt auf einen relativ konstanten Wert von ni = 1016 m−3 an.
Die Elektronen werden jedoch schnell von der Anode absorbiert, daher ist die Elektronendichte stets geringer als die Ionendichte. Ab einem Zeitpunkt t ≈ 3.5 · 10−7 s
sind sogar alle Elektronen verschwunden. Erst nach einer Zeitspanne von ca. 200 ns
sind genügend Ionen auf die Kathode getroffen und haben Sekundärelektronen, die
wieder ionisieren können, ausgelöst. Dementsprechend steigen die Elektronendichte und Ionendichte wieder an. Durch die zunehmenden Raumladungen nimmt das
Raumladungsfeld ES die Größenordnung des externen elektrischen Feldes an. Ab
dem Zeitpunkt, an dem die Ionendichte und die Elektronendichte ungefähr gleich
groß sind, dominiert das Raumladungsfeld. Man spricht von einer Zündung. Auch
in der Dichteentwicklung läßt sich eine Instabilität beobachten, die zum selben Zeitpunkt wie der Anstieg der mittleren Energie beginnt und daher derselben Ursache
zugeordnet wird. Es ist zu vermuten, daß dieses eine Folge der nicht exakten Energieberechnung auf dem Gitter ist.
58
e n e r g y / p a r t ic le [e V ]
3 .0 x 1 0
6
2 .5 x 1 0
6
2 .0 x 1 0
6
1 .5 x 1 0
6
1 .0 x 1 0
6
5 .0 x 1 0
5
0 .0
-0 .2 0
0 .0 0
0 .2 0
0 .4 0
0 .6 0
0 .8 0
1 .0 0
1 .2 0
1 .4 0
1 .6 0
t i m e [ µs ]
e n e rg y [e V ]
Abbildung 8.4: Mittlere kinetische Energie pro Teilchen
2 .5 x 1 0
6
2 .0 x 1 0
6
1 .5 x 1 0
6
1 .0 x 1 0
6
5 .0 x 1 0
5
∆E
p o t
∆E
k in
∆E
p o t
+ ∆E
k in
0 .0
-5 .0 x 1 0
5
-1 .0 x 1 0
6
-1 .5 x 1 0
6
-2 .0 x 1 0
6
-2 .5 x 1 0
6
0 .0
1 .0
2 .0
3 .0
4 .0
5 .0
6 .0
7 .0
8 .0
9 .0
1 0 .0
t im e [n s ]
Abbildung 8.5: Änderung der potentiellen Energie im Feld ∆Epot und kinetische
Energiezunahme ∆Ekin
59
1 E 2 1
n
1 E 2 0
e
n
i
1 E 1 8
1 E 1 7
], n
i
[m
-3
]
1 E 1 9
n
e
[m
-3
1 E 1 6
1 E 1 5
1 E 1 4
1 E 1 3
1 E 1 2
0 .0 0
0 .2 0
0 .4 0
0 .6 0
0 .8 0
1 .0 0
1 .2 0
t i m e [ µs ]
Abbildung 8.6: Elektronen- und Ionendichte
60
1 .4 0
Kapitel 9
Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wurden Heizprozesse, wie sie in PIC-Simulationen vorkommen, untersucht. Grundlage bildet ein eindimensionales elektrostatisches Modell
für ein neutrales Plasma. Es wird zunächst ein homogener, fester Ionenhintergrund
angenommen.
In einem noch kalten Plasma wird für die Elektronen eine im Ort variierende, cosinusförmige Geschwindigkeitsverteilung vorgegeben. Die Elektronen schwingen mit
der Plasmafrequenz gegen den positiven Ionenhintergrund. Es ist anhand der Teilchenbahnen zu beobachten, daß sich die Welle an Knotenpunkten aufsteilt bzw.
wieder glättet. Für hinreichend hohe Schwingungsamplituden bricht die Welle. Bei
diesem Prozeß wird Schwingungsenergie der Welle an die Teilchen abgegeben. Die
Elektronen werden geheizt. Die Energieverteilung der Elektronen wurde mit einer
PIC-Simulation numerisch bestimmt und mit der analytischen Verteilung verglichen.
Es zeigt sich eine sehr gute Übereinstimmung. Ferner wurde das Energiespektrum
zu verschiedenen Zeiten ausgewertet. Für Geschwindigkeiten unterhalb der Phasengeschwindigkeit läßt sich die Anfangsverteilung der kalten Elektronen wiederfinden.
Für Geschwindigkeiten größer als die Phasengeschwindigkeit ergibt sich ein Plateau,
d.h. die Energien sind nahezu gleichverteilt. Das Plateau erstreckt sich bis zu einer
Maximalenergie, die der 5-6-fachen Phasengeschwindigkeit entspricht. Das Heizen
durch Wellenbrechen läßt sich in drei verschiedene Phasen einteilen. In den ersten
30 Plasmaperioden Tp nimmt der Bruchteil der heißen Elektronen Ih /I, deren Geschwindigkeit größer als die Phasengeschwindigkeit ist, mit einer Bildungsrate
10−4
I˙
≈
I
Tp
zu, wobei I die Gesamtzahl der Elektronen bezeichnet. Danach steigt die Bildungsrate bis zu einer Zeit von ca. 50Tp stärker an. Die Welle wird in diesem Bereich
durch Landaudämpfung gedämpft. Schließlich nimmt die Steigung der Heizrate wieder ab (zwischen 50 − 100Tp ), da die Phasengeschwindigkeit bereits im Plateau der
Energieverteilung liegt und so die Landaudämfung stark reduziert ist. Die Gesamtenergie als Summe der kinetischen und potentiellen Energie der Teilchen ist für den
61
betrachteten Zeitraum (t ≤ 100Tp ) mit hoher Genauigkeit erhalten.
Im zweiten Teil der Arbeit wird das stochastische Heizen der Teilchen untersucht.
Dieses ist ein numerischer Effekt, der durch den Einfluß des diskreten Gitters der
PIC-Simulation hervorgerufen wird. Es wird von einem thermischen Gleichgewicht
ausgegangen, in dem die Gesamtenergie im wesentlichen durch die kinetische Energie der Teilchen gegeben ist. Für die Elektronen wird zu Beginn der Simulation
eine Maxwellverteilung vorgegeben und für lange Zeiten bis t = 105 Tp die Temperaturentwicklung verfolgt. Es wurden Heizraten für unterschiedliche PIC-Parameter
bestimmt. In der betrachteten physikalischen Situation sollte die Gesamtenergie erhalten sein. Die Heizraten sind daher ein Maß für die Energiesatzverletzung des PICAlgorithmus’. Es wurde festgestellt, daß für eine optimale Energieerhaltung die Teilchen in einem Zeitschritt im Mittel ca. eine halbe Zellschrittweite zurücklegen sollten.
Ferner wurden störende Gittereffekte für Debyelängen kleiner als der Gitterabstand
untersucht. Hier tritt eine Instabilität des Algorithmus’ auf, die sich in einem starken
nicht linearen Anstieg der Temperatur zeigte. Durch die so ”künstlich”vergrößerte
Debyelänge wird der PIC-Algorithmus wieder stabil und der Heizprozeß geht in das
untersuchte stochastische Heizen über. Das Modell wird schließlich um bewegliche
Ionen erweitert und es werden erneut Heizraten bestimmt. Es ergaben sich keine
großen Unterschiede, d.h. die Ionen tragen kaum zum stochastischen Heizprozeß
bei.
Um den Einfluß von elastischen Stößen der Elektronen mit neutralen Atomen auf die
Energieerhaltung zu untersuchen, wird die PIC-Simulation des thermischen Plasmas
um einen Monte-Carlo-Algorithmus (MCC) erweitert. Der Algorithmus wird detailliert dargestellt. Die bestimmte Heizrate unterscheidet sich nicht wesentlich von der
ohne Stöße.
Schließlich wird eine auf dem PIC MCC-Modell basierende Simulation einer Gasentladung vorgestellt. Es zeigt sich ein Anwachsen der kinetischen Energie der Elektronen, das durch die Energieaufnahme in einem äußeren elektrischen Feld bestimmt
ist. Es tritt eine Instabilität des Algorithmus’ auf, deren Ursache in der durch die
numerische Auflösung des Gitters begrenzten und daher nicht exakten Bestimmung
der Elektronenenergie vermutet wird. Stochastische Heizraten für dieses System, das
sich nicht im thermischen Gleichgewicht befindet, ließen sich nicht bestimmen.
62
Anhang A
Dimensionslose Einheiten
Alle physikalischen Variablen y werden in der Form y = y ∗ · y 0 geschrieben, wobei
y∗ ein Skalenfaktor und y 0 die dimensionlose Größe bezeichnet. Aus der Forderung,
daß die Bewegungsgleichungen (3.10-3.12) konstantenfrei sein sollen, ergeben sich
die folgenden Skalenfaktoren für das elektrische Feld E und die Geschwindigkeit v
E∗ =
mv ∗
∆x
∗
und
v
=
.
t∗ q
∆t
(A.1)
Für die Gittergrößen wurde folgende Wahl getroffen:
∆x = ∆x∗ · ∆x0 , ∆x0 = 1 ⇔ ∆x∗ = ∆x
∆t = ∆t∗ · ∆t0 , ∆t0 = 1 ⇔ ∆t∗ = ∆t.
(A.2)
Alle Längen des Models, wie z.B. die Systemlänge L und die Debyelänge λD werden
durch die charakteristische Längeneinheit ∆x ausgedrückt. Für die Wahl von ∆x∗
berücksichtigt man λD > ∆x und es folgen die anderen dimensionlosen Größen
λ0D =
L
v
λD
, L0 = J =
sowie v 0 = ∗ mit v ∗ aus (A.1).
∗
∗
∆x
∆x
v
Durch die numerische Auflösung der Plasmaperiode ist das Produkt aus der Plasmafrequenz ωp und der Zeitschrittweite ∆t bestimmt. Es wurde
ωp · ∆t = 0.1 ⇔ ωp0 ∆t0 = 0.1 ⇔ ωp0 = 0.1
(A.3)
gewählt. Damit ist der Skalenfaktor der Zeit durch die Plasmafrequenz festgelegt,
nämlich
63
t∗ =
1
0.1
.
=
∗
ωp
ωp
(A.4)
Die physikalische Dichte n läßt sich in Abhängigkeit der Teilchenzahl N und der
Querschnittsfläche A schreiben als
n=
N
I ·f
=
,
L·A
L
wobei I die Anzahl der Simulationsteilchen und f einen skalenbehafteten Umrechnungsfaktor bezeichnen.
Es folgt somit
n = n0 · n∗ mit n0 =
I
f
und n∗ =
.
J
∆x∗
(A.5)
Für die elektrische Ladungsdichte ρ gilt ganz analog
ρ = ρ0 · ρ∗ mit ρ∗ = qe · n∗ .
(A.6)
Nach Festlegung der oben aufgeführten dimensionslosen Einheiten lassen sich jetzt
auch die zusammengesetzten Skalenfaktoren für kinetische und elektrostatische Feldenergie, Ekin und U , angeben. Man wählt
1
0
∗
Ekin
· Ekin = mv ∗2 · v 02 .
2
(A.7)
Für U gilt
∗
0
Z
U =U ·U =
Mit A =
N
nL0 L∗
E ∗2
E2
dV = Ax∗
·
8π
8π
Z
0
dx0 E 2 .
(A.8)
und dem Skalenfaktor des elektrischen Feldes (A.1) folgt schließlich
U ∗ = mv ∗2 ·
1
I (3.12) ∗
1
= Ekin ·
.
2
2(ωp ∆t) J
2σ0
64
(A.9)
Anhang B
Generierung eines
Teilchenensembles
Um gewisse Größen xi gemäß einer vorgegeben Wahrscheinlichkeitsverteilung zu
generieren, bieten sich zwei Möglichkeiten an:
B.1
Neumann-Verfahren
Die Wahrscheinlichkeitsdiche p(x) sei auf einem begrenzten und geschlossenen Intervall [x1 , x2 ] ungleich Null. Ferner exististiere ein Maximum der Verteilung
pmax = max p(x) für x ∈ [x1 , x2 ].
Man generiert dann zwei unabhängige Zufallszahlen xtest ∈ [x1 , x2 ] und z ∈ [0, pmax ]
mit jeweils konstanter Wahrscheinlichkeit. Immer wenn
p(xtest ) > z
gilt, wird der Wert xtest in die Ensemblerechnung übernommen, ansonsten wird er
verworfen.
Für die Wahrscheinlichkeit, daß ein Testwert xtest in das Ensemble aufgenommen
wird, gilt also
p̃test =
p(xtest )
= c · p(xtest ),
pmax
wie gefordert.
65
B.2
Methode der invertierten Verteilung
Die Wahrscheinlichkeitsdichte sei gegeben durch
p(x) =
> 0 für x1 < x < x2
=0
sonst
und es gelte
Z
x2
p(x) =
dx0 p(x0 ) = 1.
x1
Man definiert
Z
x2
h(x) =
dx0 p(x0 )
x1
und es folgt, daß die Funktion h auf dem Intervall [x1 , x2 ] monoton steigend und im
Wertebereich 0 ≤ (x) ≤ 1 ist. Es werde nun eine Zufallszahl z ∈ [0, 1] gezogen und
der Wert
z = h(x) bzw. x = h−1 (z)
in die Ensemblerechnung übernommen.
Die Wahrscheinlichkeit, daß der Wert h−1 (z) gerade im Intervall [x, x + dx] liegt,
beträgt dann
p̃(x)dx = dz =
∂
h · dx = p(x)dx.
∂x
3d-Maxwellverteilung
Nachdem der Betrag der Geschwindigkeit |v| = v durch die MIV-Methode
ausgewürfelt worden ist, muß der Impuls isotrop im Raum verteilt werden. Für die
Verteilungsfunktion p(φ) des Azimuthalwinkels φ gilt p(φ) = C = const., φ ist also
gleichverteilt. Daher läßt sich φ ∈ [0, 2π) durch
φ = r · 2π
berechnen, wobei r eine Zufallszahl ∈ (0, 1) ist.
Der Winkel θ zur z-Achse ist nicht isotrop verteilt, sondern durch die Verteilungsfunktion
66
p(θ) = C · sin θdθ
gegeben. Es folgt dann
Rθ 0
dθ sin θ0
h(θ)
1
= 0
= (1 − cos θ).
h(θ = π)
h(θ = π)
2
(B.1)
Mit z = h(θ), wobei z eine Zufallszahl ∈ (0, 1) ist, folgt schließlich
θ = h−1 (z) = arccos (1 − 2z).
(B.2)
Damit ergibt sich für die 3d-Maxwellverteilung


cos φ sin θ
v = v  sin φ sin θ  ,
cos θ
wobei v ∈ [0, 3vth ] zufällig gemäß einer Maxwellverteilung ausgewüfelt wurde.
67
(B.3)
68
Anhang C
Geschwindigkeitsänderung durch
harte Stöße
Für die Relativgeschwindigkeit ut+dt nach dem Stoß ergibt sich nach (7.13),(7.14)
und (7.18)

cos ϑ cos ϕ sin θc cos φc − sin ϕ sin θc sin φc + sin ϑ cos ϕ cos θc
= u ·  cos ϑ sin ϕ sin θc cos φc + cos ϕ sin θc sin φc + sin ϑ sin ϕ cos θc  .
− sin ϑ sin θc cos φc + cos ϑ cos θc
(C.1)

ut+dt
Für den Spezialfall ut = [0, 0, u] setzt man ϑ = 0 in C.1 ein, verwendet die Additionstheoreme
sin (α + β) = sin α cos β + sin β cos α
cos (α + β) = cos α cos β + sin α sin β
(C.2)
(C.3)
und erhält schließlich

ut+dt

sin θc cos(ϕ + φc )
= u ·  sin θc sin(ϕ + φc )  .
cos θc
(C.4)
Da ϕ ∈ [0, 2π] aber fest bestimmt ist und φc ∈ [0, 2π] zufällig mit konstanter Verteilung gewählt wird, kann man ϕ = 0 setzen und erhält (7.20).
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