Intramolekulare antiferromagnetische Kopplung in supramolekularen Gitterstrukturen Den Naturwissenschaftlichen Fakultäten der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zur Erlangung des Doktorgrades vorgelegt von Oliver Waldmann aus München Als Dissertation genehmigt von den Naturwissenschaftlichen Fakultäten der Universität Erlangen-Nürnberg Tag der mündlichen Prüfung: 10. März 1998 Vorsitzender der Promotionskommission: Professor Dr. D. Kölzow Erstberichterstatter: Professor Dr. Paul Müller Physikalisches Institut Erlangen Zweitberichterstatter: Professor Dr. A. Furrer Paul Scherrer Institut Würenlingen & Villingen Drittberichterstatter: Professor Dr. U. Zenneck Anorganische Chemie Erlangen Inhaltsverzeichnis 1 Inhaltsverzeichnis 1. Zusammenfassung 3 2. Supramolekulare Chemie und intramolekularer Magnetismus 4 3. M[2×2]-Gitterstrukturen 7 M[2×2]-Gitterkomplexe 7; M(terpy)2-Komplexe 8; Molare Massen 11; 4. Theorie des molekularen Magnetismus 4.1 Grundlagen Elektronischer Hamilton-Operator 12; Effektiver Hamiltonian 13; 12 4.2 Enegiespektrum einzelner Ionen Ligandenfeldtheorie 16; Energiespektrum von d8-Ionen: Ni2+ 22; Energiespektrum von d7-Ionen: Co2+ 25; 16 4.3 Energiespektrum gekoppelter Ionen Theorie der isotropen Kopplung 33; Spin-Hamiltonian 39; 32 4.4 Magnetisierung und Suszeptibilität Berechnung der Magnetisierung 45; Van Vlecksche Formel für die Suszeptibilität 47; Anisotropie 48; Hochtemperatur-Näherung 49; 45 4.5 Schlußfolgerungen und Bezug auf die Experimente Bestimmung der Anisotropie aus Pulvermessungen 51; Symmetrie der 51 [2×2]-Gitter 54; Näherungsmethode zur Berechnung der Magnetisierung von Pulverproben 57; 5. Experimente 5.1 Proben Probenpräparation 61; Probenliste 62; 61 5.2 SQUID-Magnetometer 64 Inhaltsverzeichnis 2 5.3 Probenhalter Probenhalter für Pulverproben 67; Probenhalter für Lösungen 69; Probenhalter für Einkristallproben 69; 67 5.4 Durchführung der Experimente 70 5.5 Meßfehler Magnetfeld 72; Temperatur 72; Magnetisches Moment 72; Masse der Probe 73; Orientierung der Einkristalle 73; Magnetischer Untergrund 74; Reproduzierbarkeit 74; 72 6. Ergebnisse und Diskussion 6.1 Magnetismus im Cd-System 75 6.2 Nachweis einer intramolekularen antiferromagnetischen Kopplung im Co[2×2]-Gitter 75 6.3 Detaillierte Beschreibung des Magnetismus im Co-System Co(terpy)2-Komplex 83; Co[2×2]-Gitter 87; 83 6.4 Detaillierte Beschreibung des Magnetismus im Ni-System Ni(terpy)2-Komplex 99; Ni[2×2]-Gitter 104; 99 6.5 Magnetische Funktionalisierung des Co[2×2]-Gitters 119 7. Schlußdiskussion 123 Literaturverzeichnis 124 1. Zusammenfassung 1 3 Zusammenfassung In dieser Arbeit wurden die magnetischen Eigenschaften neuartiger supramolekularer M[2×2]Gitterkomplexe untersucht. Diese bestehen aus vier Bis(Bipyridyl)Pyrimidin-Liganden und vier Ni2+- bzw. Co2+-Metallionen in quadratisch planarer Anordnung. Die magnetischen Eigenschaften einschließlich der Anisotropie wurden aus Messungen von sowohl Pulver- als auch Einkristallproben bestimmt. Zum Vergleich wurden zusätzlich die einkernigen Vergleichskomplexe Ni(Terpy)22+ und Co(Terpy)22+ untersucht. Die Magnetisierung von Co[2×2]-Pulverproben zeigt als Funktion der Temperatur ein Maximum bei 7.5 K. Daraus konnte auf eine intramolekulare antiferromagnetische Kopplung der vier Co2+Ionen geschlossen werden. Ein eindeutiger Beleg hierfür ergab sich aus den Messungen am einkernigen Co(Terpy)22+-Komplex, in denen kein Maximum beobachtet wurde. Ein Vergleich der Messungen an Mikrokristall-, Pulver- und Lösungsproben, für die sich der mittlere Abstand der Gittermoleküle von 20 auf 160 Å erhöhte, demonstrierte, daß die magnetischen Eigenschaften der Co[2×2]-Gittermoleküle ausschließlich intramolekularen Ursprungs sind und nicht durch intermolekulare Wechselwirkungen beeinflußt werden. In Messungen von Magnetisierungskurven wurden bei tiefen Temperaturen zwei Magnetisierungsstufen beobachtet, die einen weiteren Beleg für eine intramolekulare Kopplung darstellen. Aus Co[2×2]-Einkristallmessungen ergab sich bei tiefen Temperaturen eine ausgeprägte uniaxiale magnetische Anisotropie. Die experimentellen Ergebnisse konnten mit Hilfe eines Spin-Hamiltonians semiquantitativ in vielen Punkten verstanden werden. Die Kopplungskonstante wurde zu J ≈-2 K bestimmt. Für Ni[2×2]-Pulverproben wurde in den Temperaturkurven ebenfalls ein Maximum, nun bei 13 K, beobachtet. Hieraus konnte ebenso, zusammen mit den Messungen an einkernigen Ni(Terpy)22+-Komplexen und Ni[2×2]-Einkristallen, eine intramolekulare antiferromagnetische Kopplung zwischen den Ni2+-Ionen eindeutig nachgewiesen werden. Die Ni[2×2]-Pulver- und Ni[2×2]-Einkristalldaten konnten durch einen Spin-Hamiltonian hervorragend theoretisch modelliert werden. Die Kopplungskonstante ergab sich zu J = -8 K. Um die theoretischen Berechnungen effektiv ausführen zu können, wurde sowohl die Symmetrie der M[2×2]-Gittermoleküle ausgenutzt als auch ein neuartiges Näherungsverfahren entwickelt. Schließlich ergaben sich aus Messungen eines Co[2×2]-Derivats mit modifizierten Liganden Hinweise darauf, daß die M[2×2]-Gittermoleküle magnetisch funktionalisierbar sind: Der Magnetismus des Co[2×2]-Derivats weist deutliche Unterschiede im Vergleich zum Co[2×2] auf. Darauf aufbauend wurde folgendes Konzept vorgestellt: Die magnetischen Eigenschaften bzw. die hinsichtlich eines Aufbaus zu einer Überstruktur relevanten Eigenschaften können durch Modifikation des inneren Teils der Gitterkomplexe bzw. der Endgruppen unabhängig voneinander eingestellt werden. 2. Supramolekulare Chemie und intramolekularer Magnetismus 2 4 Supramolekulare Chemie und intramolekularer Magnetismus Hinter dem Begriff supramolekulare Chemie verbirgt sich die gezielte Synthese hochkomplexer Molekülaggregate, die aus der "Zusammenlagerung von zwei oder mehr chemischen Spezies hervorgehen und durch zwischenmolekulare Kräfte zusammengehalten werden" [Leh88]. Hierbei wird auf die Prinzipien der Selbstorganisation gesetzt: Es wird versucht, die einzelnen Komponenten bereits so zu konstruieren, daß sie sich, wenn man sie nur zusammenbringt, von selbst zu den gewünschten Strukturen aufbauen [Sto96]. Als ein Forschungsschwerpunkt der supramolekularen Chemie hat sich dabei die Entwicklung von Komponenten, die sich zu mehrkernigen zweidimensionalen Koordinationsnetzwerken selbstorganisieren, herausgebildet [Bax94, Han95, Han97b]. Ein Beispiel sind die neuartigen, in dieser Arbeit untersuchten sogenannten M[2×2]-Gitterstrukturen. Als Komponenten dienen hierfür die in Bild 2.1 dargestellten organischen Liganden Bis(Bipyridyl)Pyrimidin und geeignete Metallionen M. Die durch die Koordinationsstellen des Liganden vorgegebenen Bindungstellen werden von den Metallionen entsprechend ihres Koordinationsprogramms "ausgelesen", so daß sich jeweils vier Liganden und vier Metallionen spontan zu den gewünschten M[2×2]-Gitterkomplexen (Bild 2.1) organisieren [Han95, Han97b]. Wegen ihrer einzigartigen Möglichkeit, künstliche molekulare Strukturen zu erzeugen, wird die supramolekulare Chemie als eine Schlüsseltechnik für den Aufbau molekularer Funktionseinheiten in einer zukünftigen molekularen Elektronik angesehen [Leh88, Leh95, Sto96, Stu97]. Das Ziel, elektronische Schaltungen auf eine molekulare Skala zu reduzieren, gewinnt in der heutigen Forschung immer mehr an Bedeutung [Avi88, Mil90, Bra93, Ver96]. Von besonderem Interesse sind dabei physikalische Effekte, die auf ein einzelnes chemisches Gebilde begrenzt sind, wie z.B. ein intramolekularer Elektronentransfer [Tau70, Avi88]. In Bezug auf die M[2×2]Gitterkomplexe besteht die Hoffnung, daß die durch die Metallionen eingeführten elektrochemischen, photochemischen und reaktiven Eigenschaften für die Entwicklung funktioneller molekularer Bausteine ausgenutzt werden können [Leh88, Han95]. Weiterhin wurde auch auf die mögliche Bedeutung einer geordneten und damit adressierbaren zweidimensionalen Anordnung von Metallionen für die Konstruktion von Datenspeichern hingewiesen [Bax94, Han98], wobei die Analogie der Gitterstrukturen zu Quantenpunkten herauszustellen ist [Han97b]. Für eine molekulare Elektronik werden jedoch nicht nur einzelne Funktionseinheiten benötigt. Diese müssen auch in kontrollierter Weise zusammengebaut und verschaltet werden. Auch hier wird das Konzept der Selbstorganisation als Schlüsseltechnologie angesehen [Sto96, Stu97, Bow97]. Ein konkretes Beispiel hierfür sind die Alkanthiole welche spontan "Self-AssembledMonolayers" bilden [Del94]. 2. Supramolekulare Chemie und intramolekularer Magnetismus 5 Bild 2.1: Vier der oben dargestellten Bis(Bipyridyl)Pyrimidin-Liganden und vier Metallionen, hier Co2+, organisieren sich spontan zu den unten dargestellten M[2×2]-Gitterkomplexen. An die mit R1 und R2 bezeichneten Positionen können verschiedene Endgruppen derivatisiert werden. Da an die Enden der Bis(Bipyridyl)Pyrimidin-Liganden verschiedenste Endgruppen derivatisiert werden können (Bild 2.1), läßt sich erhoffen, daß die [2×2]-Gittermoleküle im Hinblick auf ihre filmbildenden Eigenschaften funktionalisiert werden können. Diesbezüglich wurden in unserer Arbeitsgruppe bereits erste Ergebnisse erzielt. So wurden je nach derivatisierter Endgruppe deutliche Unterschiede im Verlauf der Isotherme von Langmuir-Blodgett-Filmen aus Co[2×2]Gittermolekülen beobachtet [Hal97, Sch98a]. Weiterhin konnte in elektrochemisch präparierten Filmen eine geordnete Struktur von Co[2×2]-Gittermolekülen erzielt werden [Han98]. 2. Supramolekulare Chemie und intramolekularer Magnetismus 6 Diese ersten vielversprechenden Ergebnisse zeigen, daß die nötige regelmäßige Anordnung der M[2×2]-Gitterstrukturen auf Substraten realisierbar erscheint. Jedoch ist über die physikalischen Eigenschaften der M[2×2]-Gittermoleküle, vor allem bezüglich eventueller elektronischer oder magnetischer Einzelmoleküleffekte, bislang wenig bekannt. Ein isolierter Cluster aus vier planar angeordneten Metallionen läßt jedoch interessante magnetische Effekte erwarten. Das Ziel dieser Arbeit war es daher, die magnetischen Eigenschaften der M[2×2]-Gittermoleküle zu untersuchen. Von besonderem Interesse war hierbei die Frage, ob die vier Metallionen eines Gittermoleküls über magnetische Kopplungen miteinander wechselwirken können. Über die bis jetzt angeführten Aspekte hinaus stellte sich die Frage, ob die M[2×2]Gittermoleküle ein ideales Modell eines Quantenspinsystems darstellen. Während für Zweikernund Dreikern-Komplexe die in Bild 2.2 dargestellten topologischen Möglichkeiten der Kopplung experimentell ausgeschöpft wurden [Kah93], ist die Physik einer quadratisch planaren Anordnung von vier Spins experimentell bislang wenig untersucht. Die für Vierkerne bei weitem am häufigsten untersuchte Anordnung ist die in der "Cubane"-Struktur [Pap82, Bei97] entsprechend einer tetraedrischen Topologie [Bild 2.2(d)], wobei jedoch auch sternförmige oder lineare Anordnungen realisiert wurden [Kah93]. Ob im M[2×2]-Gitterkomplex eine magnetische Kopplung der Metallzentren überhaupt erwartet werden kann, ließ sich aufgrund mangelnder Vergleichsysteme mit einem zum M[2×2] vergleichbaren Pyrimidin-Kopplungspfad nur schwer von vornherein abschätzen. Die Untersuchung der magnetischen Eigenschaften der M[2×2]Gitterkomplexe war daher von um so größeren Interesse. Zweikern: (a) Dreikern: (b) Vierkern: (d) (c) (e) Bild 2.2: Verschiedene Topologien der Kopplung in mehrkernigen Komplexen. Für die Vierkerne sind nur zwei Möglichkeiten dargestellt. 3. M[2x2]-Gitterstrukturen 3 7 M[2×2]-Gitterstrukturen In diesem Kapitel wird zunächst die Kristallstruktur der M[2×2]-Gitterkomplexe vorgestellt. Anschließend werden die M(Terpy)2-Komplexe beschrieben, wobei auf einige für diese Arbeit relevante Eigenschaften eingegangen wird. M[2×2]-Gitterkomplexe Der prinzipielle Aufbau der M[2×2]-Gitter wurde bereits in Kapitel 2 angesprochen. Ein Gittermolekül besteht aus vier organischen Liganden und vier zweifach geladenen Metallionen. Die Liganden dienen als Balken des Gitters, an deren Kreuzungspunkten die Metallionen angeordnet sind (Bild 3.1). Die Nomenklatur M[2×2] bezieht sich dabei darauf, daß zwei "Spalten" von zwei "Zeilen" gekreuzt werden. M steht für das Metallion. Der vollständige Name des Liganden lautet 4,6-(Bis(2'',2'-Bipyridy-6'-yl))-2-Methylpyrimidin, wird aber mit Bis(Bipyridyl)Pyrimidin abgekürzt. Die Strukturformel wurde bereits in Bild 2.1 dargestellt. Für die Gittermoleküle in dieser Arbeit wurden Liganden mit R1 = CH3 und R2 = H verwendet. Zu Details bezüglich der sehr komplizierten Synthese wird auf [Han97a] verwiesen. Die zwei Koordinationsstellen eines Liganden werden jeweils durch drei Stickstoffatome gebildet. Bei der Komplexierung der Liganden und Metallionen zu einem Supramolekül wird von den Liganden die durch die Metallionen festgelegte Koordinationsgeometrie eingenommen, so daß die gewünschten [2×2]-Gitterkomplexe entstehen [Han97b]. Weitere Details dieser Reaktion sind [Han97b] zu entnehmen. Die Gittermoleküle wurden vollständig durch Röntgenkristallographie, Ultraviolettspektroskopie, Massenspektrometrie, Elementaranalyse und elektrochemische Methoden charakterisiert [Han97b]. Als Metallionen wurden in dieser Arbeit Cd2+, Co2+ und Ni2+ eingesetzt. Die positiven Ladungen wurden durch PF6--Gegenionen kompensiert. Die Kristallstruktur des [2×2]-Gitterkomplexes [Co4(L)4](SbF6)8⋅3H20⋅0.25MeOH⋅3.5CH3CN wurde aufgelöst [Han97b] und ist in Bild 3.1 dargestellt. Das Co[2×2]-Gitter besitzt eine etwas verzerrte D2d-Symmetrie. Die Metallionen liegen nahezu in einer Ebene (mittlere Abweichung 0.13 Å) und bilden ein nur leicht verzerrtes Quadrat (Winkel von 88.8° - 91.4°). Der mittlere Abstand der Co-Ionen beträgt 6.47 Å. Jedes Metallion wird durch sechs nahezu oktaedrisch angeordnete Stickstoffatome umschlossen. 3. M[2x2]-Gitterstrukturen 8 Bild 3.1: Kristallstruktur des Co[2×2]-Komplexkations als „wireframe“-Modell. Die gitterähnliche Anordnung der vier Liganden und vier Co-Ionen ist gut zu erkennen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden die Wasserstoffatome nicht dargestellt. Die mittlere Bindungslänge von den Stickstoffatomen zu den Metallionen beträgt 2.14 Å. Der die Metallionen umgebende Stickstoffoktaeder weist eine beträchtliche tetragonale Kompression mit einer zusätzlichen, schwächeren orthorhombischen Verzerrung auf. Die entsprechenden Bindungslängen sind etwa 2.03 Å, 2.16 Å, und 2.23 Å. Die Struktur der Ni[2×2]- und Cd[2×2]Gitter wurde bisher nicht bestimmt, beide Gitterkomplexe sind jedoch isomorph zum Co[2×2]. M(Terpy)2-Komplexe Die vollständige Produktformel lautet M(Terpy)2X2⋅nH20, wobei M ein mehrfach geladenes Metallion und X die zur Kompensation der Ladungen nötigen Gegenionen bezeichnet. Terpy steht dabei als Abkürzung für den Liganden 2,2':6',2''-Terpyridin. In Bild 3.2(a) ist die Strukturformel des Terpy-Liganden dargestellt. Für die Synthese der in dieser Arbeit untersuchten Cd2+, Ni2+ und Co2+-Komplexe mit PF6- als Gegenionen wurde eine ähnliche Methode wie für die M[2×2]-Gitterkomplexe verwendet [Sch98]. 3. M[2x2]-Gitterstrukturen 9 (a) (b) N N N Bild 3.2: (a) Strukturformel von 2,2':6',2''-Terpyridin. (b) Schematische Kristallstruktur der M(Terpy)2-Komplexe. Bild 3.2(b) zeigt schematisch die Kristallstruktur der M(Terpy)2-Komplexe. Die Kristallstruktur aller M(Terpy)2-Komplexe weist eine oktaedrische Anordnung der sechs Stickstoffatome auf, die jedoch wegen den stereochemischen Anforderungen des Terpy-Liganden erheblich tetragonal komprimiert ist [Bak95]. Die Symmetrie wird im Regelfall gut durch D2d approximiert [Mas74, Tak86], wobei jedoch C2ν oder gar noch niedrigere Symmetrien manchmal angemessener sind [Hen82, Tak86]. Diese Komplexe wurden wegen ihrer interessanten magnetischen Eigenschaften für eine große Anzahl von Metallionen und Gegenionen untersucht. So wurde z.B. in den Cu(Terpy)2Komplexen eine starke Jahn-Teller-Wechselwirkung beobachtet [Rei77, Rei85]. Das für diese Arbeit relevante Co(Terpy)2-System wurde intensiv untersucht, da es eines der wenigen Co(II)Systeme mit einem High-Spin – Low-Spin – Verhalten repräsentiert [Hen82, Kah93]. Die Ni(Terpy)2-Komplexe wurden als Referenzsystem zu den obigen Komplexen untersucht, da diese keine der eben angesprochenen Effekte zeigen [Hen77, Bak95]. Ni(Terpy)2-Komplex: Die Kristallstruktur für den in dieser Arbeit verwendeten Ni(Terpy)2-Komplex mit X = PF6wurde aufgelöst [Arr82]. Es ergab sich eine Ni-Ncentral-Bindungslänge von 2.02 Å und eine NiNdistal-Bindungslänge von 2.14 Å [Arr82]. Für diesen Komplex wurden jedoch keine weiteren 3. M[2x2]-Gitterstrukturen 10 Eigenschaften untersucht. Deshalb werden hier einige Eigenschaften der mit Sicherheit gut vergleichbaren Komplexe mit Br-- und Cl--Gegenionen vorgestellt. Das Ultraviolettspektrum wurde für diese beiden Komplexe in Lösung untersucht [Hog62, Hen77, Bak95]. Es ergab sich ein für oktaedrisch koordinierte Ni2+-Ionen typisches Spektrum, aus dem der Ligandenfeldparameter Dq für alle Messungen mit nur kleinen Abweichungen zu Dq = 1250 cm-1 bestimmt wurde. Für den Komplex mit X = Br- wurden Suszeptibilitätsmessungen bei einigen wenigen Temperaturen durchgeführt [Hog62, Jud67]. Das effektive magnetische Moment wurde zu etwa µeff = 3.1 bestimmt. Co(Terpy)2-Komplexe: Die Co(Terpy)2-Komplexe weisen gegenüber den Ni(Terpy)2-Komplexen viel kompliziertere Eigenschaften auf. Es wurde eine starke Abhängigkeit der strukturellen und vor allem aber der magnetischen Eigenschaften von den verschiedenen Gegenionen und dem Kristallwasseranteil beobachtet (siehe [Fig83b] und darin enthaltene Referenzen). So wurde Co(Terpy)2 für sehr viele Gegenionen untersucht, wie z.B. F-, Cl-, Br-, I-, ClO4-, NO3-, SCN- und einige weitere. Der in dieser Arbeit verwendete Komplex mit PF6--Gegenionen wurde jedoch noch nicht beschrieben. Das in diesen Komplexen beobachtete High-Spin – Low-Spin – Verhalten ist natürlich für die Interpretation der Messungen wichtig und wird daher kurz vorgestellt. Auf die verschiedenen Modelle zur Erklärung dieser magnetischen Eigenschaften soll hier nicht eingegangen werden [Jud67, Wil67, Har69, Kre82]. In den Co(Terpy)2 Komplexen wurde eine anomale Temperaturabhängigkeit des effektiven magnetischen Momentes µeff beobachtet [Har69]: Bei tiefen Temperaturen (< 100 K) liegt µeff typischerweise bei etwa µeff = 2 und weist somit deutlich auf ein Co2+-Ion im Low-Spin-Zustand hin, während zu höheren Temperaturen hin ein drastisches, aber kontinuierliches Ansteigen von µeff bis auf µeff = 4.5 beobachtet wurde, was auf einen High-Spin-Zustand schließen läßt [Jud67, Har69, Kre82, Fig83a]. Details dieser Temperaturabhängigkeit hängen jedoch sehr stark vom Gegenion X und vom Kristallwassergehalt n ab. Co(Terpy)2(ClO4)2⋅0.5H20 weist sogar ein nahezu temperaturunabhängiges µeff von µeff = 3.5 - 4 auf [Kre82]. Von großem Interesse war und ist die Aufklärung des Zusammenhanges zwischen High-Spin – Low-Spin – Übergang und Kristallstruktur des Komplexes. Insbesondere sollten sich aus den Bindungslängen des Co2+Iones und der Stickstoffatome Rückschlüsse auf das magnetische Verhalten ergeben [Kre82], da Co2+ im High-Spin-Zustand einen deutlich größeren Radius (rA = 0.735 Å) hat als im Low-SpinZustand (rA = 0.65 Å) [Sha69]. Ein solcher Zusammenhang wurde von Figgis, Kucharski und White tatsächlich gefunden [Fig83b] und ist in Bild 3.3 reproduziert. 3. M[2x2]-Gitterstrukturen 11 2.2 Co-N Abstand (Å) <Co-N(distal)> 2.1 2.0 <Co-N(central)> 1.9 1.8 1 2 3 4 5 eff. magnetisches Moment µ 6 eff Bild 3.3: Abhängigkeit der Cobalt-Stickstoff-Bindungslängen vom effektiven magnetischen Moment µeff für verschiedene Co(Terpy)2- (geschlossene Punkte) und Co(Terpy)-Komplexe (offene Kreise). Die Abbildung wurde nach [Fig83b] reproduziert. Molare Massen Der Vollständigkeit halber werden hier noch die molaren Massen der untersuchten Komplexe aufgelistet (Tabelle 3.I). Diese enthalten die molaren Massen der Metallionen, Liganden und Gegenionen. Komplex Produktformel Molare Masse [g/mol] Ni[2×2] [Ni4(L1)4](PF6)8 3004.3 Co[2×2] [Co4(L1)4](PF6)8 3005.3 Cd[2×2] [Cd4(L1)4](PF6)8 3219.2 Ni(Terpy)2 [Ni(L2)2](PF6)2 815.2 Co(Terpy)2 [Co(L2)2](PF6)2 815.4 Cd(Terpy)2 [Cd(L2)2](PF6)2 868.9 Tabelle 3.I: Molare Massen der untersuchten Komplexe. L1 = 4,6-(Bis(2'',2'-Bipyridy-6'-yl))-2Methylpyridin, L2 = 2,2':6',2''-Terpyridin. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 4 12 Theorie des molekularen Magnetismus 4.1 Grundlagen Elektronischer Hamilton-Operator Der allgemeine Hamiltonian, wie er für die Beschreibung von Atomen, Molekülen und Festkörpern geeignet ist, enthält die wohlbekannten Terme kinetische Energie der Elektronen, CoulombWechselwirkung der Elektronen mit den Kernen und untereinander, sowie die Spin-BahnWechselwirkung: H=∑ i p 2i − 2m ∑ i ,k Zke 2 1 e2 + ∑ + H SB . | ri − R k | 2 i ≠ j | ri − r j | (4.1) Hierbei werden die Elektronen mit i und j numeriert, und die Kerne mit k. HSB bezeichnet den Term für die Spin-Bahn-Wechselwirkung. Für diesen kann im allgemeinen kein expliziter Ausdruck angegeben werden [Ste97a]. Eine häufig verwendete Form, die durch die Ergebnisse an Atomen nahegelegt wird, ist HSB = Σi(ξl⋅s)i [Ste76, Clu52]. Der elektronische Hamiltonian (4.1) stellt nur eine Näherung dar. Insbesondere wurde die Bewegung der Kerne nicht mit berücksichtigt, d.h. im Magnetismus wichtige Effekte wie z.B. der Jahn-Teller-Effekt [Jah36, Jah37, Ham72], der Spin-Peierls-Übergang [Has93, Jac76] oder auch temperaturabhängige Kopplungskonstanten und Kristallfeldparameter [Dun60] werden durch den Hamiltonian (4.1) nicht beschrieben. Einflüsse weiterer Energiebeiträge wie z.B. der SpinSpin-Wechselwirkung oder der Elektron-Kern-Wechselwirkung können in hochgenauen ESRExperimenten zwar nachgewiesen werden [Abr70, Pak73], spielen aber für die Magnetisierung in der Regel keine Rolle. Der Hamiltonian (4.1) stellt für die in dieser Arbeit zu beschreibenden Erscheinungen die geeignete Näherung dar. Obwohl er allgemein genug ist, um viele verschiedene Systeme zu beschreiben (Moleküle, Leiter, Isolatoren, Magnete, ...), soll hier jedoch der Fall von Komplexen aus Liganden und Metallionen im Auge behalten werden. In Anwesenheit eines Magnetfeldes B muß der Hamiltonian (4.1) folgendermaßen ergänzt werden [Pry57]: H=∑ i 1 A (ri ) 2 (p i + e ) − 2m c ∑ i ,I Z Ie2 1 e2 + ∑ + H SB + | ri − R I | 2 i ≠ j | ri − r j | ∑ g 0µ B s i ⋅B . (4.2) i Das extern angelegte Magnetfeld wird mit B bezeichnet, um Verwechslungen mit dem Hamiltonian H zu vermeiden. g0 ist der gyromagnetische Faktor und kann hier mit g0 = 2 angenommen werden. µB bezeichnet das Bohrsche Magneton. Für ein konstantes Magnetfeld kann 4. Theorie des molekularen Magnetismus 13 das Vektorpotential als A = ½(B×r) geschrieben werden. Der Term für die kinetische Energie läßt sich umschreiben in [Pry57, Ste97a] 1 A (ri ) 2 p 2i e2 (p i + e + µ B l i ⋅B + ) = (B ×ri ) 2 . 2 2m c 2m 8mc (4.3) Der letzte Term in Gl. (4.3) beschreibt die diamagnetische Suszeptibilität. Diese ist von Temperatur und Magnetfeld unabhängig und kann mit Hilfe der Pascalschen Konstanten [Ear68, Mab73, Kah93] gut abgeschätzt werden. Der diamagnetische Term wird im Folgenden nicht mehr extra mit angegeben. Der im weiteren zu betrachtende Hamiltonian schreibt sich daher als H=∑ i p 2i − 2m ∑ i ,I Z Ie2 1 e2 + ∑ + | ri − R I | 2 i ≠ j | ri − r j | ∑ (ξl ⋅s) i i + µ B ∑ (l i + 2s i ) ⋅B , (4.4) i wobei auch noch der oben angegebene Ausdruck für HSB und g0 = 2 eingesetzt wurden. Um die Nomenklatur zu vereinfachen, werden die einzelnen Terme des Hamiltonians Gl. (4.4) der Reihe nach mit HK (kinetische Energie), HC (Coulombenergie), Hee (Elektron-ElektronWechselwirkung), HSB (Spin-Bahn-Wechselwirkung), und HZ (Zeemanterm) bezeichnet. Effektiver Hamiltonian Das Konzept des effektiven Hamiltonians beruht auf der Beobachtung, daß im Experiment häufig nicht alle in der Lösung des allgemeinen Hamiltonians Gl. (4.4) enthaltenen Zustände zugänglich sind. So brauchen in der Ultraviolettspektroskopie die Zustände, die z.B. 106 cm-1 oberhalb des Grundzustandes liegen, sicher nicht mehr mit berücksichtigt zu werden. Im Falle der Magnetisierung sind nur Zustände mit einer nicht vernachlässigbaren thermischen Besetzung relevant, d.h. Beiträge der Zustände, die mehr als etwa 103 cm-1 oberhalb des Grundzustandes liegen zu den magnetischen Eigenschaften können bei Raumtemperatur oder darunter ignoriert werden. Der allgemeine Hamiltonian Gl. (4.4) mit all seinen Zuständen kann daher durch einen anderen, den effektiven Hamiltonian, ersetzt werden, der nur die relevanten Zustände korrekt wiedergibt. Der effektive Hamiltonian ist in der Regel von deutlich einfacherer Gestalt und daher einer theoretischen Behandlung zugänglicher. Im Allgemeinen liefert der effektive Hamiltonian jedoch nur die korrekten Energieeigenwerte, während über die Wellenfunktionen nur beschränkte Aussagen getroffen werden können [Ste63]. Im Folgenden werden zwei Wege dargestellt, wie ein geeigneter effektiver Hamiltonian gefunden werden kann. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 14 Spin-Hamiltonian: Soll der effektive Hamiltonian z.B. drei Zustände beschreiben, so wird er in Matrixdarstellung durch eine hermitesche 3×3-Matrix repräsentiert. Man kann sich nun ein Basissystem für hermitesche 3×3-Matrizen konstruieren, so daß mit geeigneten Koeffizienten fn jede beliebige derartige Matrix aufgebaut werden kann. Als Basis für den Spin-Hamiltonian werden die Matrixdarstellungen von Spinoperatoren Sn verwendet, also H = ∑ f n Sn . (4.5) n Im Falle von drei Zuständen ist der Spin des effektiven Hamiltonians S = 1, und für die neun Basismatrizen bzw. Basisoperatoren Sn eignen sich z.B. 1, Sz, Sx, Sy, Sz2, (SxSz+SzSx), (SySz+SzSy), Sx2-Sy2, und (SySz+SzSy) [Ste63]. Mit Bezug auf magnetische Effekte werden die fn Funktionen des Magnetfeldes. Die einzelnen Terme in Gl. (4.5) können dann, wenn die fn(B) als Taylor-Reihe geschrieben werden, nach Potenzen des Magnetfeldes geordnet werden. Üblicherweise reicht es aus, bis zur 2. Ordnung im Magnetfeld zu gehen. Die auftretenden Terme werden symbolisch als SS, SB, und BB bezeichnet. Der erste Term beschreibt die Nullfeldaufspaltungen und Kopplungen, der zweite die Zeeman-Aufspaltung, der dritte führt in der Regel zum temperaturunabhängigen Paramagnetismus (TIP). Die Symmetrie des allgemeinen Hamilton-Operators schränkt die Wahl der Koeffizienten fn im Spin-Hamiltonian ein [Ste63, Pak73]. Ist der Hamiltonian z.B. isotrop, dann sind nur Terme wie 1, B⋅S, S⋅S, etc. möglich. Bei tetragonaler Symmetrie sind zusätzlich z.B. BxSx, BySy, BzSz, aber auch Sz2 und Sx2-Sy2 möglich [Pak73, Abr70]. Der Spin-Hamiltonian hat daher typische Formen, wie z.B. H S = D(S 2z − 13 S 2 ) + E(S 2x − S 2y ) + µ B ∑g α = x , y ,z α Sα Bα − 1 2 ∑χ α = x ,y ,z 0α B 2α , (4.6) wobei gα die g-Faktoren sind und χ0α eine temperaturunabhängige Suszeptibilität darstellt. Die Indizes α und β bezeichnen in dieser Arbeit immer die Raumkoordinaten x, y, und z. Gl. (4.6) beschreibt ein typisches ungekoppeltes Ion mit tetragonaler Symmetrie und wird in dieser Arbeit noch oft benötigt. Dabei wird die Richtung mit der größten Anisotropie immer als z-Richtung definiert. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 15 Störungstheorie: Hier wird mit Hilfe der Störungstheorie ein effektiver Hamiltonian für einen Teil des Spektrums eines Hamiltonians H = H0 + V abgeleitet. Unter Störungstheorie wird im Folgenden zeitunabhängige Störungstheorie verstanden. Die Situation ist einfach, wenn die interessierenden Zustände des ungestörten Teils H0 des Hamiltonians nicht entartet sind und der Energieabstand der ungestörten Zustände deutlich größer ist als die durch den Störterm V bewirkten Energieverschiebungen. Der Ausdruck für die Energie bis in 2. Ordnung ist wohlbekannt [Sch88] und wird hier in der Form E n =< n | H 0 | n > + < n | V | n > − < n | VPm V | n > E 0m − E 0 n m≠ n ∑ (4.7) geschrieben [Ste97a]. |n> ist der zur Energie E0n gehörende Eigenzustand von H0, und Pm ist der Projektionsoperator |m><m|. Dieser Ausdruck ist in dieser Form nur für einen Zustand |n> gültig, kann aber auf mehrere Zustände ausgeweitet werden [Ste97a]. Der so erhaltene effektive Hamiltonian ist jedoch von einfacher Gestalt, insbesondere ist er diagonal. Die Störungstheorie wird komplizierter, wenn die relevanten Zustände des ungestörten Teils des Hamiltonians H0 Entartungen oder Quasi-Entartungen aufweisen. Hier wird also der Fall betrachtet, daß mehrere Zustände entweder exakt entartet sind oder so nahe beieinander liegen, daß die Energieverschiebungen durch den Störterm nicht mehr als klein betrachtet werden können. Diese Situation ist in der Ligandenfeldtheorie sehr häufig anzutreffen. Die in vielen Standardlehrbüchern dargestellte entartete Störungstheorie [Sch88] ist jedoch für die im Magnetismus auftretenden Hamilton-Operatoren häufig nicht anwendbar. Ein befriedigender Formalismus wurde jedoch von Bloch angegeben [Blo58,Mes62] welcher wegen seines großen Nutzens hier kurz vorgestellt wird. Von Bloch [Blo58] wurde eine Gruppe von entarteten Zuständen des ungestörten Hamiltonians betrachtet. Eine Verallgemeinerung der Blochschen Methode auf mehrere Gruppen von quasientarteten Zuständen ist einfach [Ste76, Ste97a, Ste97b]. Bloch erhielt bis in 2. Ordnung den Ausdruck H eff = P0 H 0 + V − VPn V P0 . n − Eo ∑E n≠0 (4.8) Gl. (4.8) sieht sehr ähnlich aus wie Gl. (4.7). Es sind jedoch einige wichtige Unterschiede zu bemerken. Die Projektionsoperatoren P0 und Pn beziehen sich nicht auf einzelne Zustände, sondern auf Gruppen von entarteten Zuständen. So ist P0 z.B. der Projektionsoperator auf die Gruppe der entarten Zustände |i> mit der Energie E0, d.h. P0 = Σi|i><i|. Die Blochsche Störungs- 4. Theorie des molekularen Magnetismus 16 theorie liefert also einen Operator, welcher im gewünschten Unterraum des Hamiltonians H0 + V wirkt, was die Bezeichnung als effektiven Hamiltonian in Gl. (4.8) rechtfertigt. Mit Hilfe der 2. Quantisierung ist es möglich, den effektiven Hamiltonian Gl. (4.8) in die Form eines Spin-Hamiltonians umzuschreiben [Ste76, Ste97a]. In einigen Fällen führt auch eine geschickt angewandte „konventionelle“ Störungstheorie direkt auf einen Spin-Hamiltonian, nämlich den Spin-Hamiltonian für ein Ion mit Bahnsingulett [Pry50, Abr51, Ble53], welcher im nächsten Kapitel vorgestellt wird. 4.2 Energiespektrum einzelner Ionen Ligandenfeldtheorie Die magnetischen Eigenschaften von Komplexen werden im wesentlichen durch die Ionen mit halbgefüllten Schalen bestimmt (bezüglich des Ions wird hier immer von einem 3d-Übergangselement ausgegangen). Die Elektronen in den halbgefüllten Schalen werden als magnetische Elektronen bezeichnet, die Orbitale, die sie besetzen, dementsprechend als magnetische Orbitale. Die Liganden tragen nur ein kleines diamagnetisches Moment bei, können aber auch Wechselwirkungen zwischen den magnetischen Ionen vermitteln. Im Folgenden wird auf die magnetischen Eigenschaften isolierter einkerniger Komplexe eingegangen, d.h. es wird das Energiespektrum eines einzelnen Ions umgeben von Liganden betrachtet. Die magnetischen Eigenschaften dieser Komplexe sind heute gut verstanden [Kah85]. Die allgemein akzeptierte Theorie zu deren Beschreibung ist die Ligandenfeldtheorie [Bal62, Ear68, Mab73]. Kristallfeldtheorie: In einer ersten Näherung wird das magnetische Ion als in die Liganden „hineingesetzt“ betrachtet, ohne daß irgendwelche Kräfte außer den elektrostatischen auf das Ion wirken, d.h. die Anwesenheit des Liganden macht sich auf das Ion nur durch ein entsprechendes elektrisches Feld bemerkbar. Diesen Ansatz bezeichnet man aus historischen Gründen als Kristallfeldtheorie. Hier sind sofort zwei Schwächen dieser Näherung evident. Erstens wird der Überlapp der Orbitale des Ions mit denen des Liganden vernachlässigt. Zweitens wird zwischen den in der Quantenmechanik ununterscheidbaren Elektronen unterschieden [And63, Ste76, Ste97a]. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 17 Der allgemeine Hamiltonian Gl. (4.4) vereinfacht sich in der Kristallfeld-Näherung zu [Bal62]: H=∑ i p 2i − 2m ∑ i Z Ion e 2 1 e2 + ∑ + V+ | ri | 2 i ≠ j | ri − r j | ∑ (ξl ⋅s) i i + µ B ∑ ( l i + 2s i ) ⋅B . (4.9) i Hier bezieht sich i nur noch auf die Elektronen des Ions. V bezeichnet das Kristallfeld bzw. den Kristallfeldoperator und läßt sich ausdrücken durch V = − e∑ U (ri ) . (4.10) i U(r) stellt das Kristallfeld (strenggenommen dessen Potential) dar, in dem sich die Elektronen des Ions bewegen. Dieses hat die Symmetrie der Umgebung des Ions und genügt der LaplaceGleichung ∆U = 0, da ja der Überlapp mit den Liganden vernachlässigt wurde. U(r) und V können nach Kugelflächenfunktionen entwickelt werden [Jac62]. Es ist jedoch üblich, V als eine Entwicklung nach unnormierten homogenen Polynomen, Plm(r), anzusetzen [Abr70]: V = ∑ A lm ∑ Plm (ri ) . l,m (4.11) i Alm sind Entwicklungskoeffizienten und können im Prinzip aus der Ladungsverteilung des Liganden berechnet werden [Sch73]. Die durch die einzelnen Terme in Gl. (4.9) bewirkten Energieverschiebungen im Spektrum sind HK + HC ≈105 cm-1, Hee ≈104 cm-1, V ≈104 cm-1, HSB ≈102 cm-1 und HZ ≈1 cm-1 [Pry57], mit den bereits bei Gl. (4.4) eingeführten Abkürzungen HK etc. Für die Berechnung des Spektrums des Hamiltonians (4.9) ist es sinnvoll, zunächst HSB und HZ zu vernachlässigen. Der Hamiltonian (4.9) wird dann mittels Störungstheorie gelöst, wobei von HK + HC als ungestörtem Hamiltonian ausgegangen wird. Der Einteilchen-Hamiltonian HK + HC und seine Lösungen sind in der Atomphysik wohlbekannt [Con53, Bal62, Tin64] und führten auf die Beschreibung eines Ions durch seine Elektronenkonfiguration. In einem weiteren Schritt werden nun Hee und V als Störung mit einbezogen. Dies ist im Allgemeinen jedoch schwierig durchzuführen. Es ist daher sinnvoll, zunächst die zwei folgenden Fälle zu betrachten: 1) starkes Kristallfeld: V > Hee 2) schwaches Kristallfeld: V < Hee Die Störungstheorie wird also nicht mit Hee + V als Störung in einem Schritt erledigt, sondern jeder Term wird nacheinander als Störung der im vorhergehenden Schritt gefundenen Lösungen berücksichtigt. Die Störungstheorie wird in jedem Schritt nur bis zur 1. Ordnung durchgeführt. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 18 1) starkes Kristallfeld: Hier ist zunächst folgendes zu beachten: In z.B. oktaedrisch koordinierten Komplexen wird das Kristallfeld natürlich durch den Anteil mit oktaedrischer Symmetrie dominiert, enthält jedoch auch im Vergleich dazu schwächere Felder niedrigerer Symmetrie, z.B. hervorgerufen durch Verzerrungen. Es ist daher sinnvoll, V in diese beiden Anteile zu zerlegen, also V = K + T, wobei K für das Feld oktaedrischer Symmetrie und T für die Felder niedrigerer Symmetrie steht. Unter starkem Kristallfeld versteht man K > Hee. In diesem Fall ist zunächst K als Störung von HK + HC zu behandeln. Erst im nächsten Schritt wird Hee mit berücksichtigt. Die Felder T können für das Folgende vernachlässigt werden. K ist wie HK + HC ein Einteilchen-Hamiltonian. Als Lösungen ergeben sich dementsprechend Einteilchenwellenfunktionen, die wie beim Aufbau der Atome mit Elektronen aufzufüllen sind. Die fünf d-Orbitale des freien Ions spalten im oktaedrischen Feld in zwei eg- und drei t2g-Zustände auf∗, wie in Bild 4.1 gezeigt [Bal62,Abr70], d.h. aus der Konfiguration d8 wird im oktaedrischen Feld t2g6eg2. Wird nun Hee berücksichtigt, so erhält man das Analogon zur ersten Hundschen Regel. Aufgrund von Hee bevorzugen die Elektronenspins auch innerhalb einer eg- oder t2g-Schale eine parallele Ausrichtung (Bild 4.1). eg d t2g d8 t2g6eg2 Bild 4.1: Die fünf d-Orbitale spalten im oktaedrischen Kristallfeld in zwei eg- und drei t2gZustände auf. Die acht Elektronen der Konfiguration d8 besetzen die eg- und t2g-Zustände aufgrund der Elektron-Elektron-Wechselwirkung in der gezeigten Weise. ∗ Zur Nomenklatur: Die Bahnzustände werden durch die Darstellungen der Symmetriegruppe des Hamiltonians klassifiziert. Im Falle der Atome ist dies die Drehgruppe, und die Darstellungen werden mit S, P, D, etc. bezeichnet. Die Darstellungen der oktaedrischen Gruppe werden mit A1, A2, E, T1, und T2 bezeichnet. Ein tiefgestelltes g in z.B. Eg deutet auf eine gerade Parität hin. In der Ligandenfeldtheorie sind alle Bahnzustände jedoch gerade, und g muß nicht angegeben werden. Der Spin eines Zustandes wird als Multiplizität angegeben, also z.B. 3S oder 3T1. Zur Klassifikation von Einteilchenwellenfunktionen werden kleine und zu der von Mehrteilchenzuständen große Buchstaben verwendet. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 19 2) schwaches Kristallfeld: Hier ist zunächst HK + HC + Hee mit Hee als Störung zu betrachten. Dies ist jedoch exakt der Fall des freien Ions. Die Lösungen sind aus der Atomphysik bekannt [Con53, Bal62, Tin64]: Die 3dnKonfiguration spaltet in einen Satz von LS-Multipletts auf, wobei das niedrigste LS-Multiplett von den ersten zwei Hundschen Regeln bestimmt wird. Die Aufspaltung der LS-Multipletts ist von der Größenordnung 104 cm-1. Für die Beschreibung der Magnetisierung genügt es daher in der Regel, nur das unterste LS-Multiplett zu betrachten (Ausnahme Co2+, siehe weiter unten). Die Störungstheorie kann nun mit dem Kristallfeldoperator V fortgeführt werden. Dieser kann innerhalb eines LS-Multipletts durch einen äquivalenten Operator ersetzt werden [Ste51], was die Berechnung der Matrixelemente von V beträchtlich vereinfacht. Es gilt [Abr70] l m ′ ′ ′ < M L M S | ∑ Plm (ri ) | M ′ L M S >= a l < r >< M L M S | O l | M L M S > . (4.12) i |MLMS> bezeichnet die Zustände des LS-Multipletts, al ist eine von der Konfiguration abhängige Konstante, und Olm sind die Stevens-Operatoren [Ste51, Abr70]. Die Letzteren können durch die Bahndrehimpulsoperatoren Lx, Ly und Lz ausgedrückt werden. Spinoperatoren kommen nicht vor, da das Kristallfeld eine spinunabhängige Wechselwirkung darstellt und somit keine Übergänge zwischen Zuständen mit verschiedener Quantenzahl MS oder Multiplizität ermöglicht. Der Kristallfeldoperator (4.11) kann nun durch V = ∑ B lm O ml (4.13) l,m ersetzt werden, wobei Blm = Alm al <rl> gilt. Wegen L = Σili und S = Σisi läßt sich die Spin-BahnWechselwirkung und der Zeeman-Term durch L und S ausdrücken. Das Spektrum des durch das Kristallfeld aufgespaltenen niedrigsten LS-Multipletts wird daher insgesamt durch H LS = ∑ B lm O lm + λL ⋅S + µ B (L + 2S) ⋅B (4.14a) l ,m beschrieben. λ ist die Spin-Bahn-Kopplungskonstante. Gl. (4.14a) wird noch wichtig sein und deshalb noch einmal in übersichtlicher Form angeschrieben [Sch32]: H LS = K + T + λL ⋅S + µ B (L + 2S) ⋅B . (4.14b) Gl. (4.14) ist ein Beispiel für einen effektiven Hamiltonian. Hier ersetzt er den allgemeinen Hamiltonian in der Kristallfeldnäherung Gl. (4.9). Er soll deswegen auch als effektiver Hamiltonian für ein LS-Multiplett bezeichnet werden. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 20 In den Komplexen mit 3d-Übergangselementen ist weder der Fall des starken Kristallfeldes noch der des schwachen Kristallfeldes realisiert, da Hee ≈V [Bal62]. Als Ausgangspunkt für deren Beschreibung kann daher sowohl der eine als auch der andere Fall verwendet werden. In der Störungstheorie sind nun sowohl K als auch Hee gleichzeitig zu berücksichtigen, was die Situation beträchtlich kompliziert. Für den Fall eines oktaedrischen Kristallfeldes wurde dieses Problem jedoch von Tanabe und Sugano für alle 3d-Konfigurationen numerisch gelöst und in den Tanabe-Sugano-Diagrammen graphisch dargestellt [Tan54a, Tan54b, Tan60, Sug60]. Einfluß der kovalenten Bindung: Wie oben schon angedeutet, läßt sich die Kristallfeldtheorie dahingehend kritisieren, daß sie die chemische Bindung des Ions mit dem Liganden vernachlässigt. Um dies zu korrigieren, sind die Liganden mit in die Beschreibung aufzunehmen. Die zu betrachtenden Wellenfunktionen sind nun nicht mehr nur auf das magnetische Ion beschränkt, sondern auch auf die Liganden ausgedehnt. Im Folgenden werden die aus magnetischer Sicht relevanten Effekte der Bindung [Bal62, Ger68, Owe66, Abr70] sehr vereinfacht dargestellt. Die Situation läßt sich gut anhand eines sehr einfachen Komplexes verdeutlichen [Owe66]. Dieser besteht wie in Bild 4.2 dargestellt aus einem Metallion mit einem halbgefüllten 3dz²Orbital, einem Liganden mit einem gefüllten pz-Orbital, und der σ-Bindung entlang der z-Achse. Bindendes und antibindendes Molekülorbital schreiben sich als Φ B = αB(pz + βB dz²) und Φ A = α A(dz² - βA pz) [Owe66]. Die α sind Normierungskonstanten und die β beschreiben die Bindung. Jedes Molekülorbital kann mit zwei Elektronen aufgefüllt werden. Das magnetische Elektron wird daher durch das antibindende Molekülorbital Φ A beschrieben, so daß sich ein Anteil f = α 2Bβ2B (4.15) des magnetischen Elektrons in einem pz-Orbital des Liganden befindet. Diese Ausschmierung des magnetischen Elektrons auf den Liganden führt einmal zu einer Reduktion des Bahnanteils zum magnetischen Moment [Owe53, Ste53b, Owe66], und weiter zu einer Reduktion der SpinBahn-Kopplungskonstanten [Owe55, Owe66]. Vereinfacht gesagt läßt sich das so verstehen, daß der Anteil f des magnetischen Elektrons, der sich beim Liganden befindet, sich nicht mehr an den das Ion betreffenden Effekten beteiligen kann. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 21 x + - + - + pz dz Ligand Metallion z 2 Bild 4.2: Die Orbitale des im Text betrachteten Komplexes, nach [Owe66]. Zur Beschreibung dieser Beobachtung wird formal ein Bahn-Reduktionsfaktor k eingeführt, d.h. der Bahndrehimplus l bzw. L ist zu ersetzen durch L → kL . (4.16) Die Spin-Bahn-Kopplungskonstante λ ist gegenüber der Spin-Bahn-Kopplungskonstanten λ0 des freien Ions zu reduzieren: λ0 → λ. (4.17) Ist die Symmetrie geringer als oktaedrisch, dann sind der Bahn-Reduktionsfaktor und die Reduktion der Spin-Bahn-Kopplungskonstante nicht mehr isotrop. Bezüglich des Energiespektrums führt die Molekülorbitaltheorie zu einer Aufspaltung der Orbitale genau in der Art, wie es die Kristallfeldtheorie verlangt. Dies ist eine Folge davon, daß in der Kristallfeldtheorie nicht die speziellen Eigenschaften der Orbitale, sondern nur ihre Symmetrieeigenschaften wesentlich sind [Bal62]. Für die Orbitale der Molekülorbitaltheorie sind aber die gleichen Symmetrieeigenschaften zu fordern wie für die der Kristallfeldtheorie, da diese durch die Symmetrie des Ligandenfeldes vorgegeben werden. Zur Beschreibung der magnetischen Eigenschaften von Komplexen kann daher die Kristallfeldtheorie mit großem Nutzen eingesetzt werden, wobei jedoch einige ihrer Parameter mit Hinblick auf die Molekülorbitaltheorie zu interpretieren sind. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 22 Energiespektrum von d8-Ionen: Ni2+ Im freien Ni2+-Ion führt die d8-Konfiguration zu den fünf LS-Multipletts 3F, 1D, 3P, 1G und 1S, wobei entsprechend den Hundschen Regeln der Grundzustand das 3F-Multiplett ist. Das 1DMultiplett liegt um 12900 cm-1 über dem Grundzustand, 3P um 15850 cm-1, und 1G um etwa 22000 cm-1 darüber [Low58a]. Die Spin-Bahn-Kopplungskonstante beträgt λ0 = -335 cm-1 [Fig58], wobei jedoch auch von leicht verschiedenen Werten berichtet wird [Abr70, Ear68, Mab73]. Von Tanabe und Sugano wurde die Aufspaltung der LS-Multipletts in einem oktaedrischen Kristallfeld berechnet [Tan54a, Tan54b] und ist in Bild 4.3 reproduziert. 1A 1T 2 1E 3T 1 E/B 1T 60 1 1T 1S 3T 3T 1A 30 2 1 2 1 1G 1E 3P 1D 3F 3A 0 0 1 2 Dq/B 3 2 4 Bild 4.3: Tanabe-Sugano-Diagramm für Ni2+: Aufspaltung der LS-Multipletts des freien Ions vs. oktaedrisches Kristallfeld (parametrisiert mit Dq). Energien sind in Einheiten des RacahParameters B angegeben (B ≈1080 cm-1). Es wurde C/B = 4.42 benutzt. Links sind die LSTerme angegeben, rechts ist die Klassifikation der Zustände entsprechend dem Fall des schwachen Kristallfeldes angegeben. (nach [Tan54a, Tan54b]). 4. Theorie des molekularen Magnetismus 23 Bild 4.3 zeigt, daß das 3F-Multiplett in einem oktaedrischen Ligandenfeld in die drei Zustände 3 T1, 3T2 und 3A2 aufspaltet, und daß der 3A2-Zustand der Grundzustand ist. Der Übergang vom schwachen zum starken Kristallfeld wird bei Dq/B ≈1 durch die Krümmung der beiden 3T1Zustände angedeutet (Bild 4.3). Es ist zu bemerken, daß der 3A2-Zustand unabhängig von der Größe der Kristallfeldaufspaltung der Grundzustand ist. Um nun noch die Aufspaltung durch die restlichen Terme von Gl. (4.9) zu diskutieren, also T, HSB und HZ, ist hier sowohl der Fall des schwachen als auch der des starken Kristallfeldes geeignet. Üblicherweise, wie auch in dieser Arbeit, wird die Beschreibung im Rahmen des schwachen Kristallfeldes bevorzugt. Der 3A2-Zustand ist ein Bahnsingulett, d.h. bezüglich des Bahnanteils der Wellenfunktion ist er entartet. Dies führt zu einer Auslöschung des Bahndrehimpulses, was bedeutet, daß die Matrixelemente des Bahndrehimpulses innerhalb des 3A2-Zustandes null sind, also <3A2|L|3A2> = 0 (jedoch z.B. <3T2|L|3A2> ≠ 0). Wird nun die weitere Aufspaltung durch das Kristallfeld niedriger Symmetrie T betrachtet, so folgt daraus, daß der Zustand 3A2 nicht weiter aufgespalten wird, da der Kristallfeldoperator keine Übergänge zwischen Zuständen mit verschiedener Spinquantenzahl induzieren kann. Jedoch werden die 3T1- und 3T2-Zustände aufgespalten. Für ein Feld mit tetragonaler Symmetrie ergibt sich das in Bild 4.4 gezeigte Spektrum. (2x) (3x) (1x) 3 T1 (7x) F (2x) (3x) 3 (1x) 3 T2 ∆0 (1x) ∆1 (1x) 3 A1 Okt. + Tet. Bild 4.4: Aufspaltung des 3F-Multipletts des Ni2+-Ions im oktaedrischen Feld mit einer kleinen tetragonalen Verzerrung. Die Werte in Klammern geben die Bahnentartung des jeweiligen Niveaus an. Hinzu kommt noch der Spinfreiheitsgrad. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 24 Das 3A2-Niveau kann jedoch durch die Spin-Bahn-Wechselwirkung und den Zeeman-Term weiter aufgespalten werden. Dies läßt sich mit einer von Abragam und Pryce angegebenen Störungstheorie berechnen [Pry50, Abr51, Pry57], die allgemein für Ionen mit einem Bahnsingulett geeignet ist. Hierbei wird von dem in Gl. (4.14) vorgestellten effektiven Hamiltonian für ein LS-Multiplett ausgegangen, wobei Spin-Bahn-Wechselwirkung und Zeeman-Term zusammen die Störung darstellen, d.h. für die Gültigkeit der Störungstheorie ist K + T » HSB + HZ vorauszusetzen. Das Ergebnis ist ein Spin-Hamiltonian, für den bis in 2. Ordnung Störungstheorie gilt: H S = − λ2 ΛαβS αSβ + µ B (2δαβ − λΛαβ )S α Bβ − µ 2B Λαβ B α Bβ . (4.18) Über sich wiederholende Indizes ist hierbei zu summieren, wobei α, β = x, y, z. Der Tensor Λαβ ist reell und symmetrisch und ergibt sich zu Λαβ = ∑ < 0 | L α | n >< n | L β | 0 > n≠0 E n − E0 . (4.19) |n> sind hierbei die Bahnwellenfunktionen. Transformiert man Gl. 4.18 in das Hauptachsensystem von Λαβ, so daß Λαβ diagonal ist, dann läßt sich Gl. (4.18) schreiben als H S = D αS 2α + µ B g αS α B α − µ 2B Λα B 2α . (4.20) Hier wurden die Abkürzungen Dα = -λ2Λα und gα = 2 - λΛα eingeführt, wobei Λα die Diagonalelemente des transformierten Tensors Λ bezeichnen. Es ist zu bemerken, daß dieser SpinHamiltonian genau die gleiche Form wie der in Gl. (4.6) vorgestellte hat, wobei zwischen den Parametern Dα in Gl. (4.20) und D bzw. E in Gl. (4.6) die Zusammenhänge D = ° Dz bzw. E = ½ (Dx–Dy) bestehen. In dieser Arbeit wird der Spin-Hamiltonian in der Form von Gl. (4.6) verwendet. In die Gl. (4.18) bzw. Gl. (4.20) geht das Ligandenfeld selbst nur über den Tensor Λαβ ein, d.h. es bestehen zwischen den g-Faktoren und den Parametern für die Nullfeldaufspaltung Relationen, die unabhängig von den speziellen Eigenschaften des Ligandenfeldes gelten. Für das Ni2+Ion z.B. erhält man bei Annahme eines tetragonalen Ligandenfeldes die Diagonalelemente Λx = Λy = 8/∆1 und Λz = 8/∆0. Daraus folgt [Abr70] g xy = 2 − 8λ , ∆1 und es ergibt sich die Relation gz = 2 − 8λ , ∆0 D = 4λ2 ( 1 1 − ), ∆1 ∆ 0 (4.21) 4. Theorie des molekularen Magnetismus g z − g xy = 25 2D . λ (4.22) Gl. (4.22) folgt ganz allgemein aus Gl. (4.18) und Gl. (4.20), gilt also nicht nur für das Ni2+-Ion mit S = 1. Für das Ni2+-Ion ist die Bedingung K + T » HSB + HZ in jedem Fall gut erfüllt. Gl. (4.20) ermöglicht daher eine adäquate Beschreibung dieses Ions. Gl. (4.20) kann mit S = 1 für Magnetfelder in Richtung der Hauptachse exakt gelöst werden [Ste52, Has58]. Energiespektrum von d7-Ionen: Co2+ Im freien Co2+ liefert die d7-Konfiguration die acht LS-Multipletts 4F, 4P, 2G, 2H, 2P, 2D± und 2F. Entsprechend den Hundschen Regeln ist das 4F-Multiplett der Grundzustand, gefolgt vom dem 4 P-Multiplett bei 14500 cm-1 und dem 2G-Multiplett bei etwa 17000 cm-1 [Low58b]. Die SpinBahn-Kopplungskonstante beträgt λ0 = -172 cm-1 [Mab73], wobei manchmal auch etwas verschiedene Werte angegeben werden [Fig58]. Die Aufspaltung dieser Multipletts in einem oktaedrischen Kristallfeld wurde von Tanabe und Sugano berechnet [Tan54a, Tan54b]. Diese ist in Bild 4.5 für das 4F-, 4P- und 2G-Multiplett dargestellt. Das auffälligste Merkmal des Spektrums ist der Wechsel des Grundzustands des Co2+-Ions bei etwa Dq/B =2.2 von 4T1(4F) auf 2E(2G). Da der Spin des Co2+-Ions im 4T1-Zustand S = 3/2 beträgt und im 2E-Zustand S = 1/2, werden diese beiden Zustände auch High-Spin- und LowSpin-Zustand genannt. Die Entscheidung, ob es günstiger ist, das Co2+-Ion durch den Fall des schwachen oder durch den Fall des starken Kristallfeldes zu beschreiben, wird hier durch die experimentelle Situation entschieden. In einigen Fällen liegt der Komplex so nahe an dem HighSpin – Low-Spin-Übergang, daß sich der Grundzustand als Funktion der Temperatur ändert, was z.B. zu dem in Kapitel 3 beschriebenen anomalen magnetischen Verhalten führen kann [Wil67]. Wie in Kapitel 6 gezeigt werden wird, befinden sich die in dieser Arbeit untersuchten CoSysteme im High-Spin-Zustand. Es wird daher im Folgenden nur dieser Fall betrachtet. Es ist jedoch zu beachten, daß das Kristallfeld nichtverschwindende Matrixelemente zwischen dem 4 T1(4F)- und 4T1(4P)-Zustand besitzt. Die experimentelle Situation ist in der Regel so, daß, auch wenn sich das Co2+-Ion im High-Spin-Zustand befindet, das Kristallfeld zu einer deutlichen Beimischung von 4T1(4P) zum 4T1(4F)-Grundzustand führt. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 26 60 4A 2 E/B 2A 4T 40 4T 20 2G 4P 2T 0 4T 4F 1 1 2 2T 2 1 1 2E 0 1 Dq/B 2 3 Bild 4.5: Tanabe-Sugano-Diagramm für Co2+: Aufspaltung der drei niedrigsten LS-Multipletts des freien Ions vs. oktaedrisches Kristallfeld (parametrisiert mit Dq). Energien sind in Einheiten des Racah-Parameters B angegeben (B ≈971 cm-1). Es wurde C/B = 4.5 benutzt. Links sind die LS-Terme angegeben, rechts ist die Klassifikation der Zustände entsprechend dem Fall des schwachen Kristallfeldes angegeben. (nach [Tan54a, Tan54b]). Der 4T1-Zustand ist dreifach bahnentartet und kann daher durch ein Kristallfeld niedrigerer Symmetrie weiter aufgespalten werden. Das Spektrum für den Fall eines tetragonalen Feldes ist in Bild 4.6 dargestellt. Der 4T1-Zustand wird in ein Bahndublett und ein Bahnsingulett aufgespalten. Ist das Feld von noch niedrigerer Symmetrie, dann wird auch noch das Bahndublett aufgespalten. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 27 (1x) (1x) 4 A2 (2x) (3x) (7x) 4 F (1x) 4 T2 (2x) (3x) (1x) 4 T1 Okt. + Tet. Bild 4.6: Aufspaltung des 4F-Multipletts von Co2+-Ions im oktaedrischen Feld mit einer kleinen tetragonalen Verzerrung. Die Werte in Klammern geben die Bahnentartung des jeweiligen Niveaus an. Hinzu kommt noch der Spinfreiheitsgrad. Für die Berücksichtigung der Spin-Bahn-Wechselwirkung und des Zeeman-Terms sind zwei Fälle zu unterscheiden: 1) T » λ: Führt das Kristallfeld zu einem Bahnsingulett als Grundzustand und ist der Abstand zum nächsten Zustand deutlich größer als die Spin-Bahn-Wechselwirkung, d.h. T » λ, dann kann wieder die für das Ni2+-Ion beschriebene Störungstheorie für ein Bahnsingulett eingesetzt werden. Das Co2+-Ion wird also wie das Ni2+-Ion durch den Spin-Hamiltonian Gl. (4.20) bzw. Gl. (4.6) beschrieben, wobei nun jedoch S = 3/2 gilt. Der Fall T » λ ist für das Co2+-Ion wegen seiner relativ kleinen Spin-Bahn-Koplungskonstanten durchaus möglich. Aufgrund der Kramers-Entartung [Abr70, Pak73] spaltet das Spektrum von Gl. (4.6) im Falle einer nicht verschwindenden Nullfeldaufspaltung in zwei Dubletts im Abstand ∆ = D 2 + 3E 2 (4.23) 4. Theorie des molekularen Magnetismus 28 auf. Das Grundzustandsdublett kann bis in 1. Ordnung Störungstheorie durch einen SpinHamiltonian mit dem effektiven Spin S' = 1/2 beschrieben werden, ′ ′′ ′′ H′ = µ B (g ′ x Sx B x + g ySy By + g zSz Bz ) , (4.24) wobei für die g'-Faktoren die Gleichungen g′ x = g x (1 + D − 3E ), ∆ g′ y = g y (1 + D + 3E ), ∆ g′ z = g z (1 − 2 (4.25) D ) ∆ gelten mit gx, gy, und gz aus Gl. (4.6). Es ist zu bemerken, daß der S' = 1/2-Spin-Hamiltonian H' formal aus dem Spin-Hamiltonian Gl. (4.6) erhalten werden kann, indem Sα = g′ α S′ α gα (4.26) gesetzt wird. 2) T ≈λ: In diesem Fall muß das Kristallfeld niedrigerer Symmetrie T und die Spin-Bahn-Wechselwirkung simultan als Störung behandelt werden. Die Situation ist jedoch kompliziert, da der 4T1Zustand, auf den diese Störung anzuwenden ist, 12-fach entartet ist. Es wurde bereits in Kapitel 1 gezeigt, daß solch ein Fall mit der Blochschen Störungstheorie behandelt werden kann und als Ergebnis einen effektiven Hamiltonian liefert. Üblicherweise wird dieser jedoch durch eine in 1. Ordnung Störungstheorie äquivalente Methode abgeleitet [Abr51]. In der Literatur wurden höhere Ordnungen der Störungstheorie bisher nicht betrachtet. Grundlage dieser Methode ist die Beobachtung, daß der Bahndrehimpulsoperator L (L = 3 für Co2+) innerhalb des 3-fach bahnentarteten 4T1-Zustandes durch einen fiktiven Bahndrehimpulsoperator l mit l = 1 ersetzt werden kann, da die Matrixelemente <4T1|L|4T1> und <4T1|l|4T1> proportional zueinander sind [Abr51]. Ist der 4T1-Zustand durch ein Feld niedriger Symmetrie aufgespalten, dann sind nun noch die Matrixelemente für die Komponenten dieser beiden Bahndrehimpulsoperatoren proportional, also z.B. <4T1|Lx|4T1> ∝ <4T1|lx|4T1>. Den effektiven Hamiltonian für den 4T1-Zustand 4. Theorie des molekularen Magnetismus 29 erhält man nun, indem man den Bahndrehimpuls L im effektiven Hamiltonian für das LSMultiplett Gl. (4.14) gemäß Lα → − α α lα (4.27) ersetzt [Abr51,Abr50,Ury56]. Im Weiteren wird nur der Fall eines tetragonalen Ligandenfeldes betrachtet. Es ergibt sich H 4T = δ ( l2z − 1) − 1 3 2 α ⊥ λ0 ( lx S x + ly S y ) − 3 2 α ||λ0 (lz S z ) + (4.28) + µ B [ − β⊥ ( lx B x + l y B y ) + 2(S x B x + S y B y )] + µ B ( − β|| lz + 2S z )B z . 3 2 3 2 Hier wurden die Parameter α⊥ , α||, β⊥ und β|| eingeführt. Diese setzen sich im Allgemeinen aus den folgenden Faktoren zusammen: i) Der Kristallfeldoperator T besitzt Matrixelemente zwischen dem 4T1-Grundzustand und dem nächsthöheren 4T2-Zustand (Bild 4.6), d.h. den 4T1-Wellenfunktionen ist ein Anteil von 4T2Wellenfunktionen beigemischt [Abr50]. In der obigen Störungstheorie 1. Ordnung wird diesem Effekt nicht Rechnung getragen. Er kann aber in H„T‘ berücksichtigt werden, indem der Parameter αα aus (4.27) um einen Anteil ρ korrigiert wird. Es gilt näherungsweise [Abr50] α⊥ → α⊥ + ½ρ, α|| → α || - ρ. (4.29) Für ein oktaedrisches Feld ist ρ = 0. ii) Wie für Bild 4.5 bereits diskutiert, kann in der Regel die Beimischung des 4T1(4P)-Zustandes in den 4T1(4F)-Grundzustand nicht vernachlässigt werden. Dies führt zu einer Reduktion von sowohl α⊥ als auch α || die durchaus 30% betragen kann [Fig66, Fig68]. iii) Weiterhin ist der Bahn-Reduktionsfaktor und die Reduktion der Spin-Bahn-Kopplungskonstanten aufgrund von Bindungseffekten zu berücksichtigen [Tho65]. Die Parameter α⊥ , α||, β⊥ und β|| wurden so gewählt, daß α⊥ = α|| = β⊥ = β|| = 1 gilt, wenn die Punkte i) - iii) nicht berücksichtigt werden. Während in den β's die Punkte i), ii) und der BahnReduktionsfaktor eingehen, ist in den α's noch zusätzlich die Reduktion der Spin-BahnKopplungskonstanten enthalten, d.h. es muß in jedem Fall α⊥ < β⊥ und α|| < β|| gelten. Das Spektrum des effektiven Hamiltonians H„T‘ im Nullfeld wurde von mehreren Autoren berechnet [Lin63, Kam52, Ury66] und ist in Bild 4.7(a) als Funktion der tetragonalen Aufspaltung δreproduziert, wobei α⊥ = α|| = β⊥ = β|| = 1 angenommen wurde. Jeder der dort gezeigten 4. Theorie des molekularen Magnetismus 30 Zustände ist wegen der Kramers-Entartung [Abr70] 2-fach entartet, wird jedoch im Magnetfeld aufgespalten. Der Grundzustand ist immer ein Dublett und kann daher wie oben durch einen Spin-Hamiltonian mit dem effektiven Spin S' = 1/2 beschrieben werden: ′ ′ ′′ H′ = µ B g′ xy (S x B x + S y B y ) + µ B g z S z B z . (4.30) Die berechneten g'-Faktoren für diesen Zustand sind im Bild 4.7(b) dargestellt [Abr50, Kam52, Ury66]. Es ist zu erkennen, daß der Betrag der g'-Faktoren über einen großen Bereich variieren kann, und daß die g'-Faktor-Anisotropie sehr groß sein kann. Berücksichtigt man noch die Freiheiten für die Parameter α⊥ , α||, β⊥ und β||, so können sich auch Resultate ergeben die deutlich von denen in Bild 4.7 abweichen. Die nächsthöheren Zustände liegen nur einige 100 cm-1 über dem Grundzustand und können daher in Magnetisierungsmessungen nicht vernachlässigt werden. Insgesamt ist für das Co2+-Ion eine große Vielfalt der magnetischen Eigenschaften zu erwarten. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 31 (a) 2000 λ = -172 cm -1 0 m=±5/2 E (cm -1 ) 1500 m=±3/2 m=±1/2 1000 m=±1/2 500 m=±3/2 m=±1/2 0 -1000 -500 0 500 1000 δ(cm -1 ) (b) 8 6 g' g' xy 4 g' 2 0 -1000 -500 0 z 500 1000 δ(cm -1 ) Bild 4.7: (a) Energiespektrum des 4T1-Zustandes im Nullfeld als Funktion der tetragonalen Aufspaltung δ . Jeder Zustand ist 2-fach entartet. Für δ= 0 können die Zustände durch die Quantenzahl jz = lz + Sz klassifiziert werden (rechter Rand). (b) gxy' und gz' in Gl. (4.30) als Funktion der tetragonalen Aufspaltung δ . In beiden Graphiken wurde α⊥ = α|| = β⊥ = β|| = 1 benutzt (nach [Abr50, Kam52]). 4. Theorie des molekularen Magnetismus 32 4.3 Energiespektrum gekoppelter Ionen Es wurde bereits früh erkannt, daß es eine Reihe verschiedener Mechanismen gibt, die zu einer magnetischen Kopplung bzw. Ordnung führen [Zen53, And63, Her63]. Die in diesem Kapitel vorgestellten Überlegungen beschreiben die Kopplung in Verbindungen, in denen die Elektronen bzw. Spins als lokalisiert angesehen werden können. In der Festkörperphysik wären das z.B. Isolatoren [And63]. Im Falle der Komplexe bedeutet dies, daß die für die magnetischen Eigenschaften verantwortlichen Elektronen nahe am Ion lokalisiert sind und ihre Wellenfunktion nur zu einem kleinen Teil auf die Liganden ausgedehnt ist, so daß das bereits in der Ligandenfeldtheorie benutzte Konzept der magnetischen Elektronen und Orbitale weiterhin sinnvoll bleibt. Komplexe mit gemischter Valenz kommen nicht in Betracht, denn in diesen sind die Elektronen in der Regel nicht mehr auf ein spezielles Ion lokalisiert [Cre69]. Der Einfachheit halber sollen auch nur Komplexe betrachtet werden, in denen alle Ionen vom selben Element sind. Die folgenden Überlegungen sind aber auch auf Systeme mit verschiedenen Ionen übertragbar. Die ersten Erklärungsversuche für die beobachteten großen magnetischen Wechselwirkungen stammen von Heisenberg, Dirac und Van Vleck [Hei28, Dir29, Vle32]. Diese nun schon klassischen Überlegungen resultierten in dem bekannten isotropen HDVV-Hamiltonian H HDVV = − JS1 ⋅S 2 , (4.31) der die Wechselwirkung zweier lokalisierter Spins S1 und S2 mit der Kopplungskonstanten J beschreibt. An diesem Ergebnis sind zwei wichtige Punkte zu bemerken. Erstens wurde erkannt, daß die Wechselwirkung elektrostatischer Natur ist, mit dem bekannten Zusammenspiel von Coulombenergie und Pauliprinzip. Zweitens motivierte die Form des HDVV-Hamiltonians eine Beschreibung der experimentellen Ergebnisse durch einen phänomenologischen SpinHamiltonian H SS = ∑ H i (S i ) + i ∑H ij (S i , S j ) , (4.32) i,j wobei Hi den Spin-Hamiltonian des magnetischen Ions an der Stelle i und Hij den SpinHamiltonian der Wechselwirkung zwischen Ion i und Ion j bezeichnet, und über alle Ionen zu summieren ist. Es ist allgemein übliche Praxis, die niedrig liegenden Energiezustände des Spektrums durch einen Spin-Hamiltonian zu beschreiben. Dieser Formalismus wird auch in dieser Arbeit verwendet, um die experimentellen Beobachtungen zu diskutieren und wird daher am Ende des Kapitels im Detail besprochen. Aus theoretischer Sicht ist dieser Ansatz einige Zeit in Frage gestellt worden [Sla53, Gin71], wurde aber durch Stevens [Ste76, Ste97a] und andere gerechtfertigt. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 33 An dieser Stelle ist auf eine wichtige Einschränkung für die Gültigkeit von Gl. (4.31) und Gl. (4.32) hinzuweisen: die Beschreibung durch einen Spin-Hamiltonian läßt sich nur für Ionen mit einem Bahnsingulett als Grundzustand rechtfertigen [Gin71, Kah93]. Für Ionen mit Bahnentartung kann das Konzept des Spin-Hamiltonians verallgemeinert werden, indem nicht nur Spinvariablen, sondern auch Bahnvariablen berücksichtigt werden [Ste76]: H SS = ∑ H i ( L i , Si ) + i ∑H ij (L i , Si , L j , S j ) (4.33) i,j (hier sei an den effektiven Hamiltonian für den 4T1-Zustand Gl. (4.28) erinnert). Jedoch erhält man auch in einfachen Fällen einen Hamiltonian mit einer großen Anzahl von Parametern. Zudem ist das sich ergebende Energiespektrum sehr kompliziert, so daß es experimentell schwierig wird, die vielen Parameter sinnvoll zu bestimmen [Ben90, Kah93, Ste97a]. Es ist daher nicht verwunderlich, daß das Problem der Wechselwirkung zwischen Ionen mit Bahnentartung noch als ungelöst angesehen werden muß [Kah93]. Obwohl dieser Fall für das Co2+Ion relevant ist, werden im Weiteren nur Ionen mit Bahnsingulett betrachtet. Die Arbeiten von Heisenberg, Dirac und Van Vleck konnten nur eine ferromagnetische Wechselwirkung, d.h. J > 0, erklären. Experimentell wird jedoch in den meisten oben angesprochenen Systemen eine antiferromagnetische Kopplung beobachtet [And63, Wil83, Kah93]. Die Ursache dieser Kopplung ist im wesentlichen verstanden. Leider existiert bisher noch keine allgemein akzeptierte Theorie [Kah93]. Es ist zusätzlich festzustellen, daß die Übereinstimmung zwischen experimentell bestimmten und theoretisch berechneten Kopplungskonstanten noch nicht befriedigen kann [And63, Lot88, Ben90, Kah93]. Jedoch konnten mit diesen Theorien eine Reihe magnetostruktureller Korrelationen aufgeklärt [God55, God58, Kan59, Gin71, Cra76] und ein Grundstein für ein „molecular engineering“ gelegt werden [Kah85]. Obwohl dieser Forschungszweig von großem Interesse ist, wird in dieser Arbeit nicht weiter darauf eingegangen. Theorie der isotropen Kopplung Die verschiedenen Theorien können in zwei „Klassen“ aufgeteilt werden, je nachdem, ob die sogenannten orthogonalen magnetischen Orbitale [And59, Hay75, Ste76] oder die natürlichen magnetischen Orbitale [Kah76] benutzt werden. Hier wird der Sprachgebrauch von Kahn verwendet [Kah83]. Im Folgenden werden diese zwei Ansätze sehr vereinfacht dargestellt, um die Physik der Kopplung zu veranschaulichen. Beiden Ansätzen ist gemeinsam, daß sie sowohl zu einem in der Regel dominierenden antiferromagnetischen Beitrag als auch zu einem kleinen ferromagnetischen Beitrag führen, der den selben Ursprung hat wie in der Theorie von Heisenberg, Dirac und Van Vleck. Für die Kopplungskonstante ergibt sich daher insgesamt 4. Theorie des molekularen Magnetismus 34 J = J F + J AF . (4.34) Da, wie oben schon festgestellt, die Kopplung elektrostatischen Ursprungs ist, eignet sich der allgemeine Hamiltonian Gl. (4.1) zu ihrer Beschreibung, wobei die Spin-Bahn-Kopplung zunächst vernachlässigt werden kann. Weiter wird der Fall von zwei magnetischen Ionen A und B, gekoppelt über einen beliebigen Liganden L, angenommen. Es wird der einfachste mögliche Fall betrachtet, nämlich der, daß jedes Ion nur ein magnetisches Elektron beiträgt. Die drei Terme des allgemeinen Hamiltonians Gl. (4.1) lassen sich dann folgendermaßen auftrennen: H = ( H K + H C + H ee ) A + H ee ,A ↔ Ligand + ( H K + H C + H ee ) B + H ee,B↔ Ligand + ( H K + H C + H ee ) L + H ee,A ↔ B (4.35) , Bei den Termen in Klammern ist die Summation über den Elektronenindex i bzw. Kernindex I jeweils auf das Ion A, das Ion B bzw. auf den Liganden L zu beschränken. Die dabei „übriggebliebenen“ Elektron-Elektron-Wechselwirkungen können in je eine Wechselwirkung zwischen Elektronen des Ions A und dem Liganden, des Ions B und dem Liganden und des Ions A und des Ions B aufgeschlüsselt werden. Die Terme in den ersten drei Zeilen von (4.35) stellen ein typisches Ligandenfeldproblem dar, welches im Weiteren als gelöst angenommen werden soll [And59, And63]. Die gepaarten Elektronen können in einer ersten Näherung vernachlässigt werden, so daß nur die beiden magnetischen Elektronen von Ion A und B zu berücksichtigen sind („Active-Electron“-Näherung [Kah93]). Die zwei entsprechenden magnetischen Orbitale Φ A und Φ B sind jeweils auf das jeweilige Ion lokalisiert, enthalten jedoch auch einen kleinen Ligandenanteil. Die Kopplung selbst resultiert aus dem Term Hee,A↔ B in der letzen Zeile von (4.35). Der Hamiltonian (4.35) läßt sich nun übersichtlicher darstellen als [Kah93] H = hA + hB + e2 . | rA − rB | (4.36) hA und hB sind hierbei die Einelektronen-Hamiltonians für die jeweiligen magnetischen Elektronen. Die magnetischen Orbitale, egal welcher Art, sind Eigenfunktionen von hA + hB. Die durch den Term e2/|rA-rB| bewirkte Kopplung wird mittels Störungstheorie berechnet. In der von Kahn et al. [Kah76] favorisierten Beschreibung der Kopplung durch natürliche magnetische Orbitale (das sind Φ A und Φ B) wird die Wechselwirkung von Φ A und Φ B über den Term e2/|rA-rB| als eine schwache kovalente Bindung betrachtet. Hier sei auf die formale Analo- 4. Theorie des molekularen Magnetismus 35 gie des Hamiltonians (4.36) mit dem eines Wasserstoffmoleküls hingewiesen [Sch88]. Vereinfacht betrachtet, wird genauso wie in der Theorie der kovalenten Bindung aus Φ A und Φ B ein bindendes und ein antibindendes Orbital geformt, wobei das bindende Orbital durch die beiden magnetischen Elektronen zu besetzen ist. Der Singulettzustand liegt also energetisch niedriger als der Triplettzustand, was einer antiferromagnetischen Kopplung entspricht. Dies ist in Bild 4.8 veranschaulicht. Die Größe der Aufspaltung in Singulett- und Triplettzustand wird im wesentlichen durch den Überlapp der beiden natürlichen Orbitale Φ A und Φ B bestimmt. S=1 J S=0 Ion A e2 r Ion B Bild 4.8: Vereinfachte Darstellung der Kopplung im Bild der natürlichen magnetischen Orbitale. Die „Bindung“ über den Term e2/r führt zu einem Singulett als Grundzustand. Der SingulettTriplett-Abstand wird mit der Kopplungskonstanten J identifiziert. Der von Anderson, Hoffmann et al., und Stevens [And59, And 63, Hay75, Ste76] verfolgte Ansatz geht von orthogonalisierten magnetischen Orbitalen aus, d.h. aus Φ A und Φ B werden zwei zueinander orthogonale Orbitale ϕ A und ϕ B konstruiert. Wie im Modell von Kahn werden daraus ein Singulett- und ein Triplett-Zustand aufgebaut, die hier jedoch, da der Überlapp zwischen ϕ A und ϕ B null ist, entartet sind. Die antiferromagnetische Kopplung resultiert nun aus einer Konfigurationswechselwirkung [Kah93]: Durch den Term e2/|rA-rB| kann dem Grundzustand ein kleiner Anteil der energetisch höher gelegenen Ladungstransferzustände beigemischt und dieser dadurch energetisch abgesenkt werden. Ladungstransferzustände sind Zustände, in denen ein Elektron von Ion A nach Ion B oder umgekehrt transferiert wurde. Wegen des Pauliprinzips ist der Ladungstransfer jedoch nur möglich, wenn der Spin des Elektrons am Ion B antiparallel zu dem des Elektrons von Ion A steht, d.h. diese Ladungstransferzustände bilden Singuletts. Da der spinunabhängige Term e2/|rA-rB| nur Übergänge zwischen Zuständen gleicher Multiplizität induziert, bedeutet dies, daß nur der Singulett-Grundzustand durch die Konfigura- 4. Theorie des molekularen Magnetismus 36 tionswechselwirkung energetisch abgesenkt wird. Diese Absenkung läßt sich mittels 2. Ordnung Störungstheorie leicht bestimmen: J AF b2 =− , U (4.37) wobei b das Transfermatrixelement und U die Energie der Ladungstransferzustände ist. Dieser Mechanismus ist in Bild 4.9 schematisch dargestellt. b U S=1 J S=0 Bild 4.9: Vereinfachte Darstellung der Kopplung im Bild der Konfigurationswechselwirkung. Durch die Wechselwirkung mit dem Ladungstransferzustand wird der Singulett-Grundzustand gegenüber dem Triplett-Zustand energetisch abgesenkt. Der Singulett-Triplett-Abstand wird mit der Kopplungskonstanten J identifiziert. Die Bedeutungen des Parameters U und des Transferintegrals b sind angedeutet. Der Zusammenhang zwischen den beiden Ansätzen wurde von Kahn klar dargestellt [Kah76, Kah93] und wird im Folgenden wiedergegeben, auch um die obigen qualitativen Überlegungen auf eine quantitative Basis zu stellen. Ausgangspunkt ist der Hamiltonian (4.36). Die magnetischen Orbitale werden mit a und b bezeichnet, wobei vorerst offengelassen werden soll, welche magnetischen Orbitale verwendet werden sollen. Damit ergeben sich die folgenden Matrixelemente 4. Theorie des molekularen Magnetismus 37 α =< a ( A ) | h A | a ( A ) > , β =< a ( A ) | h A | b( A ) > , k =< a ( A )b( B) | e 2 / r | a ( A )b( B) > , (4.38) j =< a ( A )b( B) | e 2 / r | a ( B)b( A ) > , l =< a ( A )a ( B) | e 2 / r | b( A )b( B) > . Berücksichtigt man die Spinfreiheitsgrade, dann können aus den zwei magnetischen Orbitalen a, b vier Slaterdeterminanten gebildet werden. Diese sollen mit 1Γg(AB), 3Γu(AB), 1Γg(AA) und 1 Γu(AA) abgekürzt werden. AB in Klammern deutet an, daß sowohl Ion A als auch Ion B mit einem Elektron besetzt sind, während AA auf die Ladungstransferzustände hinweist. Γg bzw. Γu wurde benutzt je nachdem ob der Bahnanteil der Wellenfunktionen gerade oder ungerade ist. Die hochgestellte Zahl gibt wie üblich die Multiplizität des Zustandes an. Im Folgenden werden orthogonale magnetische Orbitale verwendet. In 1. Ordnung ergeben sich für die energetisch niedrigliegenden Singulett- und Triplettzustände die Energieeigenwerte E[1Γg(AB)] = 2α + k + j und E[3Γu(AB)] = 2α + k – j, d.h. der Triplettzustand wird hierdurch um JF = 2j (4.39a) relativ zum Singulett abgesenkt (j ist positiv). In 2. Ordnung führt die Wechselwirkung des 1 Γg(AB)-Zustands mit den beiden um die Energie U höherliegenden Ladungstransferzuständen 1 Γg(AA) und 1Γu(AA) zu einer Absenkung des Singuletts um J AF = − 4(β + l ) 2 U (4.39b) im Vergleich zum Triplett. β entspricht dem Transferintegral b aus Gl. (4.37). Das ionische Integral l wird häufig vernachlässigt [Kah93]. Im Falle der natürlichen magnetischen Orbitale wird noch zusätzlich das Überlappintegral S =< a (A ) | b( A ) > (4.40) benötigt. In 1. Ordnung ergibt sich für die Singulett-Triplett-Aufspaltung dann J = 2j + 4βS, wobei zusätzlich kleine Terme vernachlässigt wurden [Kah93]. Der Beitrag 2. Ordnung durch die Konfigurationswechselwirkung ergibt auch hier wieder eine zusätzliche Absenkung des Singulettzustands. Man erhält insgesamt 4. Theorie des molekularen Magnetismus 38 J F = 2 j, J AF 4[β + l − ( α + j + k )S]2 = 4βS − . U (4.41) Der Vergleich von Gl. (4.39) und Gl. (4.41) zeigt, daß im Falle der natürlichen Orbitale aus der Konfigurationswechselwirkung genauso ein antiferromagnetischer Beitrag zur Kopplung resultiert wie im Falle der orthogonalen Orbitale. Jedoch wird hier argumentiert, daß die Ladungstransferzustände energetisch so hoch liegen, daß der Beitrag durch die Konfigurationswechselwirkung gegenüber dem Beitrag durch den Überlapp in Gl. (4.41) zu vernachlässigen ist [Kah76]. Der Vorteil des Ansatzes mit natürlichen magnetischen Orbitalen ist seine Anschaulichkeit. Die antiferromagnetische Kopplung resultiert im wesentlichen aus dem Überlapp zwischen Φ A und Φ B und kann daher für einen konkreten Fall vergleichsweise leicht qualitativ abgeschätzt werden [Wil83]. Der Ansatz mit orthogonalen magnetischen Orbitalen eignet sich dagegen wesentlich besser für theoretische Berechnungen, da die Komplikationen durch das Überlappintegral wegfallen [And63]. Tatsächlich sind alle derartigen Rechnungen auf der Grundlage orthogonaler magnetischer Orbitale durchgeführt worden [Lot88, Ben90, Kah93]. Die obigen Überlegungen lassen sich auf den Fall erweitern, bei dem jedes Ion mehr als ein magnetisches Elektron aufbringt. Man erhält aus dem Ligandenfeldanteil von Gl. (4.35) für jedes Elektron ein magnetisches Orbital. Die Kopplungskonstante J setzt sich aus dem Beitrag aller möglichen Kopplungen zwischen den verschiedenen Orbitalen zusammen, d.h. J= 1 N2 N N ∑∑ µ=1 ν=1 J µν , (4.42) wobei N die Anzahl der magnetischen Orbitale pro Ion und Jµν die Kopplungskonstanten zwischen den magnetischen Orbitalen |µ> und |ν> bezeichnen [Ben90]. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 39 Spin-Hamiltonian Im Folgenden wird der oben bereits angesprochene Spin-Hamiltonian Gl. 4.33 und dessen Spektrum vorgestellt. Es sei daran erinnert, daß sich der Spin-Hamiltonian nur für Ionen mit Bahnsingulett theoretisch rechtfertigten läßt [Ste76, Ben90]. Auf den physikalischen Ursprung der einzelnen im Spin-Hamiltonian auftretenden Terme soll nicht weiter eingegangen werden [Ste53a, Dzy58, Mor60, And63b, Kan63, Gin71, Owe72, Ben90]. Der allgemeinste, in Si und Sj bilineare Ausdruck in Hij kann geschrieben werden als [Mor60, Ben90] H ij = S i ⋅J ij ⋅S j , (4.43) wobei Jij einen Tensor 2. Stufe darstellt. Jeder beliebige Tensor 2. Stufe T kann in einen symmetrischen und einen antisymmetrischen Anteil TS und TA zerlegt werden. TA ist spurlos und aus TS kann der spurlose Tensor D = TS - ¯ Sp(TS) gebildet werden. Weiterhin gilt Si⋅TA⋅Sj = dij ⋅(Si×Sj), wobei dij einen polaren Vektor bezeichnet. Wird dies für Jij ausgenutzt, dann läßt sich Hij in der Form H ij = − J ijS i ⋅S j + S i ⋅D ij ⋅S j + d ij ⋅(S i ×S j ) (4.44) schreiben. Die einzelnen Kopplungsterme in Gl. (4.44) nennt man der Reihe nach isotrope Kopplung, anisotrope Kopplung und antisymmetrische Kopplung [Ben90]. Häufig ist es nützlich, die isotrope und anisotrope Kopplung zusammen als − J x (Six S jx ) − J y (Siy S jy ) − J z (S iz S jz ) (4.45) zu schreiben. Im Fall Jx = Jy = Jz spricht man vom Heisenberg-Modell, bei Jx = Jy = 0 vom IsingModell, und falls Jz = 0, Jx = Jy vom XY-Modell. In einigen Fällen erweist es sich als nötig, noch Terme höherer Ordnung zu berücksichtigen [Ben90, Fal84, Fal86]. Hier kann einmal die sogenannte biquadratische Kopplung J ' (S i ⋅S j ) 2 (4.46) auftreten, es sind aber auch Kopplungen zwischen drei und vier Spins möglich, wie z.B. (Si⋅Sj)(Sj⋅Sk) und (Si⋅Sj)(Sk⋅Sl). Die Größenordnung der anisotropen und antisymmetrischen Kopplung wurde für die Annahme, daß diese auf einem Austauschmechanismus beruhen, theoretisch zu 4. Theorie des molekularen Magnetismus 40 D ∝ ( ∆g / g) 2 J, d ∝ ( ∆g / g)J , (4.47) abgeschätzt [Mor60]. Hierbei ist ∆g = g – 2. Wegen ∆g/g « 1 sind diese Kopplungen deutlich schwächer als die isotrope Kopplung. Es ist jedoch anzumerken, daß diese Abschätzungen für die Beträge von D und d auch zu völlig falschen Resultaten führen kann [Ben90]. Die biquadratische Kopplung ist ebenfalls sehr klein, etwa von der Größenordnung J'/J ≈0.01 [Hua64, Owe72]. Nachdem nun der die Kopplungen beschreibende Anteil im Spin-Hamiltonian (4.33) bekannt ist, ist noch der Spin-Hamiltonian des einzelnen Ions festzulegen. Hierfür eignet sich z.B. der in Kapitel 4.2 vorgestellte Spin-Hamiltonian für ein Ion mit Bahnsingulett (4.20). Anhand des einfachen Falls zweier gekoppelter Ionen, jedes mit S1 = S2 = 1/2, kann man sich einen Überblick über den Einfluß der verschiedenen Kopplungsterme auf das Energiespektrum verschaffen [Erd66a, Erd66b, Abr70]. Die Quantisierungsachse wird in die Richtung von d gelegt. Weiterhin wird angenommen, daß eine der Hauptachsen von D parallel zu d steht. Der Spin-Hamiltonian ergibt sich dann zu H = − JS1 ⋅S 2 + D J (S1z S2 z − 13 S1 ⋅S 2 ) + E J (S1x S 2 x − S1y S 2 y ) + d (S1x S 2 y − S1x S 2 y ) , (4.48) wobei der Zeeman-Term nicht explizit mit angegeben wurde. Für den Fall DJ = EJ = d = 0 läßt sich das Spektrum von (4.48) leicht berechnen. Führt man S = S1 + S2 ein, dann ergibt sich daraus S1⋅S2 = ½(S2 - S12 - S22) und somit E(S, S1 , S 2 ) = − J J [S(S + 1) − S1 (S1 + 1) − S2 (S 2 − 1)] = − [S(S + 1) − 23 ]. 2 2 (4.49) Das Spektrum besteht daher aus einem Triplett bei - ¼ J und einem Singulett bei ¾ J. Wird nun ein Magnetfeld angelegt, so wird das Triplett aufgespalten. Die Energieverschiebungen in diesem Spektrum für die Fälle DJ, EJ = 0, d ≠ 0, und DJ, EJ ≠ 0, d = 0 lassen sich exakt berechnen [Erd66a, Erd66b] und sind in Bild 4.10 für J < 0 dargestellt. Hier ist insbesondere bemerkenswert, daß die Aufspaltung durch die antisymmetrische Kopplung proportional zu d2/(16 J) ist. Im Hinblick auf die Abschätzungen in Gl. (4.47) ist daher zu schließen, daß die Effekte der antisymmetrischen Kopplung von der selben Größenordnung wie die der anisotropen Kopplung sind, und nicht etwa deutlich größer, wie es Gl. (4.47) suggeriert [Gin71]. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 41 |1,0> |1,0> 2/3DJ |1,1> EJ d2/(16J) S=1 |1,1> |1,-1> J |1,-1> |0,0> S=0 d2/(16J) |0,0> EJ ≠ 0 DJ ≠ 0 d ≠0 Bild 4.10: Energiespektrum für zwei gekoppelte Ionen mit S1 = S2 = 1/2 und J < 0. Der TriplettZustand spaltet unter dem Einfluß der antisymmetrischen (rechts) und der anisotropen (links) Kopplung auf. Die Zustände wurden mit den Quantenzahlen für die isotrope Kopplung, |S,M>, klassifiziert. Das oben benutzte Verfahren der Vektoraddition der Spins S1 und S2 zur Berechnung der Energieeigenwerte des isotropen Hamiltonians läßt sich auf weitere Systeme mit isotropen Kopplungen verallgemeinern [Kam50, Yvo53, Sin70, Ben90]. Dieses wird im Folgenden für drei Systeme vorgestellt, wobei nun auch die Aufspaltung der Zustände durch das Magnetfeld mitdiskutiert wird. Dabei soll angenommen werden, daß der g-Faktor isotrop und J < 0 ist. Die für das Zweikern-System benutzte Vektoraddition S = S1 + S2 gilt nicht nur für S1 = S2 = 1/2, sondern auch für beliebige Spinquantenzahlen S1 und S2. Das bedeutet, daß das Energiespektrum zweier gekoppelter Spins für alle S1 und S2 durch den mittleren Teil von Gl. (4.49) beschrieben wird. Zudem kann jeder Zustand durch S klassifiziert werden. Entsprechend den Additionsregeln für Drehimpulse kann S die Werte S = S1 + S2, S1 + S2 – 1, ..., |S1 - S2| durchlaufen. Wird ein Magnetfeld angelegt, so spaltet ein Zustand mit der Spinquantenzahl S in die bekannten 2S + 1 Zeeman-Niveaus auf. Das sich ergebende Spektrum als Funktion des Magnetfeldes ist für den Fall S1 = S2 = 1 in Bild 4.11 dargestellt. Zu bemerken sind hier die zwei durch Pfeile markierten "Level-Crossings", die bei Magnetfeldern von Bn* = n |J|/(gµB) mit n = 1, 2 auftreten. Bei sehr kleinen Temperaturen ist nur der Grundzustand thermisch besetzt. Da dann für die 4. Theorie des molekularen Magnetismus 42 Magnetisierung M ∝ -∂E/∂B gilt (Kapitel 4.4), ändert sich der Wert der Magnetisierung bei jedem Level-Crossing sprunghaft und führt in Messungen der Magnetisierung als Funktion des Magnetfeldes zu den sogenannten Magnetisierungsstufen (Bild 4.11). Anhand dieses Beispiels läßt sich auch der Effekt einer biquadratischen Kopplung studieren, denn die Energie des Termes J'(S1⋅S2)2 läßt sich genauso berechnen wie die von -JS1⋅S2 [Abr70, Owe72]. Die resultierenden Energieverschiebungen sind in Bild 4.11 dargestellt. Durch die biquadratische Kopplung wird die Lage der Zustände relativ zueinander verschoben, ohne daß sich eine weitere Aufspaltung ergibt. Dies gilt ganz generell für Zweikern-Komplexe. S=2 2(|J|+J') 2|J| S=1 |J|+J' |J| S=0 M 0 B*1 B*2 B Bild 4.11: Energiespektrum eines isotrop gekoppelten Zweikern-Systems mit S1 = S2 = 1 und J < 0. Links ist die Verschiebung des Spektrums durch eine biquadratische Kopplung J' gezeigt. Rechts ist die Aufspaltung der Zustände im Magnetfeld dargestellt. Im unteren Bildabschnitt ist schematisch die Magnetisierung bei T = 0 dargestellt. Die beiden Doppelpfeile markieren die aus den Level-Crossings resultierenden Magnetisierungsstufen. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 4 43 J J 1 3 J J 2 Bild 4.12: Kopplungsschema der vierkernigen [2×2]-Systeme. Als nächstes wird ein System aus vier gekoppelten Spins mit S1 = S2 = S3 = S4 betrachtet, mit den in Bild 4.12 gezeigten Kopplungen zwischen den Spins. Die Relevanz dieses Systems für die [2×2]-Gittermoleküle ist offensichtlich und soll in dieser Arbeit daher als [2×2]-HeisenbergModell bezeichnet werden. Der Hamiltonian lautet H = − J (S1 ⋅S 2 + S 2 ⋅S 3 + S 3 ⋅S 4 + S 4 ⋅S1 ) + gµ B (S1 + S 2 + S 3 + S 4 ) ⋅B . (4.50) Dieser Hamiltonian läßt sich lösen, wenn man zunächst S13 = S1 + S3 und S24 = S2 + S4 einführt. Der Gesamtspin ergibt sich nun als S = S13 + S24, und der Hamiltonian (4.50) läßt sich umschreiben in [Ben90] H=− J 2 2 (S − S13 − S 224 ) + gµ BS ⋅B . 2 (4.51) Für die Energieeigenwerte von (4.51) erhält man demzufolge [Ben90] E(S, S13 , S 24 ) = − J [S(S + 1) − S13 (S13 + 1) − S 24 (S 24 + 1)] + gµ B M S B , 2 (4.52) wobei sich die möglichen Werte für S, S13 und S24 wieder mittels den Vektoradditionsregeln für Drehimpulse bestimmen lassen. MS bezeichnet die zu S gehörende magnetische Quantenzahl. In Bild 4.13(a) ist das Spektrum als Funktion des Magnetfeldes für den Fall Si=1-4 = 1/2 dargestellt. Auch hier sind zwei „Level-Crossings“ bei B n* = n |J|/(gµB) mit n = 1, 2 zu beobachten. Im Spektrum für z.B. Si=1-4 = 3/2 würden sechs „Level-Crossings“ bei Bn* = n |J|/(gµB) mit n = 1 – 6 auftreten. Berücksichtigt man noch das Ergebnis für das oben besprochene Zweikern-System, so erkennt man die für eine gerade Anzahl von Kernen geltende einfache Regel für die maximal mögliche Anzahl der „Level-Crossings“: Ausgehend vom Grundzustand S = 0 erhält man für 4. Theorie des molekularen Magnetismus 44 jeden Wert von S ein zusätzliches „Level-Crossing“. Es kommen daher maximal Smax-mal vor, wobei Smax das maximal mögliche S bezeichnet und sich wegen Smax = NS1 leicht bestimmen läßt (N ist die Anzahl der Kerne). Das für das [2×2]-Heisenberg-Modell verwendete Verfahren läßt sich mit einer leichten Abwandlung auch auf das [2×2]-Ising-Modell anwenden, dessen Hamiltonian für Felder in zRichtung lautet H = − J (S1z S 2 z + S 2 z S3z + S3z S4 z + S 4 z S1z ) + gµ B (S1z + S2 z + S 3z + S 4 z ) Bz . (4.53) Die Berechnung des Spektrums für Magnetfelder in anderen Orientierungen ist nicht einfach möglich und wird nicht weiter betrachtet. Führt man S13z = S1z + S2z, S24z = S2z + S4z und Sz = S13z + S24z ein, dann ergibt sich eine Gleichung für die Energieeigenwerte ganz analog zu Gl. (4.52) die hier nicht angeschrieben zu werden braucht. Die Werte von S13z, S24z und Sz sind nun entsprechend dem Additionsgesetz für die magnetischen Quantenzahlen zu bestimmen. Das Spektrum für den Fall Si=1-4 = 1/2 ist in Bild 4.13(b) dargestellt. Auffällig ist hier, daß nur ein „Level-Crossing“ bei B* = |J|/(gµB) auftritt. Die Ursache ist leicht zu erkennen: Der energetisch höchste Zustand liegt im Vergleich zum [2×2]-Heisenberg-Modell genau um |J| niedriger, so daß sich der MS = -2 und MS = -1 Zustand in einem Punkt schneiden. Wird nun die Anisotropie der Kopplung vom Ising-Modell ausgehend schrittweise in Richtung des Heisenberg-Modells erniedrigt, so vergrößert sich der Abstand zwischen diesen beiden Zuständen und es treten wieder zwei „Level-Crossings“ auf, welche zunächst zwar sehr nahe beieinander liegen, sich aber mit abnehmender Anisotropie der Kopplung zunehmend entfernen. Es wird darauf hingewiesen, daß in den Fällen, in denen der Hamiltonian nicht durch eine geeignete Vektoraddition der Einzelspins vollständig diagonalisiert werden kann, die Nichtdiagonalelemente oft günstig mit Hilfe der Technik der irreduziblen Tensoroperatoren berechnet werden können [Ben90]. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 45 (a) (b) -J -J 0 0 J (0,0) 2J B*1 (1,-1) (2,-2) B*2 1 2 J (0) (-1) B* (-2) 1 gµBB gµBBz Bild 4.13: (a) Spektrum des [2×2]-Heisenberg-Modells für S = 1/2-Kerne. Die drei an den „Level-Crossings“ beteiligten Zustände wurden durch (S,MS) klassifiziert. Einige der Zustände sind entartet. (b) Spektrum des [2×2]-Ising-Modells für S = 1/2-Kerne. Die zwei an den „LevelCrossings“ beteiligten Zustände wurden durch (MS) klassifiziert. Einige der Zustände sind entartet. 4.4 Magnetisierung und Suszeptibilität Berechnung der Magnetisierung Für ein System mit den Energieeigenwerten En lassen sich die magnetischen Eigenschaften aus der Zustandssumme Z = ∑ e − βEn (4.54) n berechnen. Hier ist β = (kBT)-1 mit der Boltzmannkonstanten kB und der Temperatur T. Über die freie Energie F=− 1 ln Z β (4.55) 4. Theorie des molekularen Magnetismus 46 ist der Zusammenhang zum magnetischen Moment m des Systems gegeben durch m=− ∂F , ∂B (4.56) wobei die Ableitung bei konstanter Temperatur zu nehmen ist. Dies läßt sich vorteilhafter in m= 1 ∂Z βZ ∂B (4.57) umschreiben. Die Suszeptibilität ist der Niedrigfeld-Grenzfall des magnetischen Momentes, also ∂m . B→ 0 ∂B χ = lim (4.58) Die Bildung des Niedrigfeld-Limes wird im Folgenden durch |0 gekennzeichnet. Als endgültige Ausdrücke erhält man somit m |0 = χB, χ= ∂m . ∂B 0 (4.59) Setzt man den Ausdruck Gl. (4.57) in Gl. (4.59) ein, erhält man ∂2 Z ∂Z ∂B2 Z − ∂B χ= βZ 2 2 1 ∂2 Z 2 = βZ ∂B2 − βm . 0 (4.60) 0 Für viele Systeme, insbesondere für die in dieser Arbeit betrachteten, gilt m ( B) = − m ( − B), m (0) = 0, (4.61) d.h. man beschränkt sich auf Systeme, die keinerlei Hystereseeffekte und/oder spontane Magnetisierung zeigen. Man erhält dann den Ausdruck χ= 1 ∂2 Z , β Z |0 ∂B 2 0 (4.62) 4. Theorie des molekularen Magnetismus 47 der in dieser Arbeit verwendet wird. Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, daß der Niedrigfeld-Limes von ∂ ∂B Z als ∂ ∂B Z|0 ≡ ∂∂B2 Z| B→ 0 ⋅B zu verstehen ist. 2 Die Verallgemeinerung dieser Formeln für magnetisch anisotrope Systeme wird im übernächsten Abschnitt diskutiert. Van Vlecksche Formel für die Suszeptibilität Von Van Vleck wurde eine sehr nützliche Formel für die Berechnung der Suszeptibilität angegeben [Vle32]. Ausgangspunkt ist die Annahme, daß sich die Energieeigenwerte En nach dem Magnetfeld B entwickeln lassen: E n = E n 0 + E′ nB+ 1 2 ′2 E′ n B + ... (4.63) Aus Gl. (4.54) folgt 2 ∂2 E n ∂2 Z − βE n ∂E n − = β β e ∑ 2 2 ∂B ∂B n ∂B (4.64) und wegen e − βEn |0 = e − βEn 0 erhält man die Van Vleck-Formel χ= ∑e n 2 ′ ′ {β( E′ n ) − En } . ∑ e − βEn 0 − βE n 0 (4.65) n Die Entwicklung (4.63) der Energieeigenwerte wird z.B. bei der Anwendung der Störungstheorie auf den Hamiltonian H = H0 + HZ, wobei HZ den Zeeman-Term bezeichnet, erhalten - dem üblichen Fall für die Anwendung der Van Vleck-Formel. Die magnetischen Eigenschaften solcher Systeme werden durch drei Energiebeträge charakterisiert: den typischen Abstand ∆0 der Zustände im Spektrum von H0, die Aufspaltung ≈µBB dieses Spektrums durch das Magnetfeld und die thermische Energie kBT. Die Bedingungen für die Gültigkeit der Van Vleck-Formel lauten dann µ B B << ∆ 0 , µ B B << k B T. (4.66) Die erste Bedingung ist die Voraussetzung für die Gültigkeit der Störungstheorie. Die zweite Bedingung resultiert aus dem Niedrigfeld-Limes: In den Formeln, die die Zustandsumme 4. Theorie des molekularen Magnetismus 48 enthalten, treten die Energieeigenwerte immer als Produkt βEn auf. Bei der Herleitung der Van Vleck-Formel wurde daher strengenommen nicht der Grenzfall B → 0 gebildet, sondern βµBB → 0. Diese zwei Bedingungen in (4.66) werden im Folgenden als Niedrigfeld-Bedingung bezeichnet und werden in Kapitel 4.5 noch wichtig werden. Anhand der Van Vleck-Formel ist auch klar zu erkennen, daß der Beitrag der 2. Ordnung Störungstheorie zur Suszeptibilität auf keinen Fall vernachlässigt werden darf, höhere Ordnungen jedoch keinen Einfluß auf das Ergebnis haben. Anisotropie Das magnetische Moment für ein anisotropes System kann nicht mehr wie oben durch einen Skalar beschrieben werden, sondern wird ein Vektor m = − ∇ BF , (4.67) wobei ∇ B = (∂/∂Bx, ∂/∂By, ∂/∂Bz)T gilt. In Komponentenschreibweise lautet diese Gleichung mα = - ∂F/∂Bα. Die Suszeptibilität wird ein Tensor 2. Stufe: χαβ = ∂m α . ∂Bβ (4.68) Die oben angegebenen Formeln können nun leicht verallgemeinert werden und sollen hier nicht noch einmal wiederholt werden. Falls nicht anders angegeben, wird im Folgenden als Koordinatensystem das Hauptachsensystem verwendet. Der Suszeptibilitätstensor ist dann diagonal, χαβ = χαδαβ mit den Diagonalelementen χα. Mit den zur Messung des magnetischen Momentes verwendeten Geräten, wie z.B. dem in dieser Arbeit verwendeten SQUID-Magnetometer (Kapitel 5.2), wird im Regelfall die Komponente des magnetischen Momentes m in Richtung des angelegten Magnetfeldes B bestimmt, also m = e ⋅m( B, e ) , (4.69) dabei ist e ≡ B/B der Einheitsvektor in Richtung des Magnetfeldes, B der Betrag des Magnetfeldes und m(B,e) ≡ m(Bx,By,Bz). Für dieses gemessene magnetische Moment wird ebenfalls das Formelzeichen m verwendet, denn es gilt m = e ⋅m = − e ⋅∇ B F( B x , B y , Bz ) = − ∂F( B) , ∂B (4.70) 4. Theorie des molekularen Magnetismus 49 analog zu Gl. (4.56). Alle relevanten Formeln können daher direkt übernommen werden, wenn noch zusätzlich χ über m|0 = χB definiert wird. Für die gemessene Suszeptibilität ergibt sich nun χ= ∑χ α (e α ) 2 . (4.71) x ,y ,z Es ist zu bemerken, daß m entsprechend seiner Definition im Allgemeinen nicht gleich dem Betrag von m ist, also m ≠ |m|! Nur im Fall eines isotropen Systems oder wenn das Magnetfeld entlang einer der Hauptachsen angelegt ist, gilt m = m⋅e und damit m = |m|. Werden Pulverproben gemessen, so ist eine Integration über den Raumwinkel auszuführen. In dieser Arbeit werden Kugelkoordinaten verwendet, d.h. e = (cos ϕ sin Θ , sin ϕ sin Θ , cos Θ ) T . Es gilt dann 2π π < m >= ∫ ∫m ( B, Θ , ϕ )sin Θ dΘ dϕ 0 0 4π . (4.72) Für die gemittelte Suszeptibilität ergibt sich direkt < χ >= 13 ( χ x + χ y + χ z ) . (4.73) Im Folgenden wird mit m und χ immer die gemessene Magnetisierung bzw. Suszeptibilität bezeichnet. Wird ein Index mit angegeben (α, β, x, y oder z), dann ist die entsprechende Komponente der jeweiligen Größe gemeint. Wenn Verwechslungen ausgeschlossen sind, werden <m> und <χ> häufig, insbesondere in Kapitel 6, auch mit m und χ bezeichnet. Hochtemperaturnäherung In [Abr70] ist eine sehr gute Darstellung der Hochtemperaturnäherung zu finden. In diesem Kapitel soll daher nur das Endresultat wiedergegeben werden, um dann auf einige für diese Arbeit wichtige Punkte hinzuweisen. Ausgangspunkt der Hochtemperaturnäherung ist die Entwicklung der Zustandsumme nach kleinen βEn. Dies ist eine nicht zu unterschätzende Bedingung, denn βEn wird nur klein für thermische Energien, die viel größer als der größte Energieeigenwert sind. Diese Bedingung ist jedoch für viele Systeme bei experimentell zugänglichen Temperaturen nicht erfüllt. Ein solches System ist z.B. das in Kapitel 4.2 diskutierte Co2+-Ion. Für den Fall des Ni2+-Ions ist die 4. Theorie des molekularen Magnetismus 50 Hochtemperaturnäherung für Temperaturen von einigen 100 K dagegen nützlich. Weiterhin folgt aus βEn → 0 natürlich auch µBB « kBT, jedenfalls solange man sich auf einige wenige Glieder der Entwicklung beschränkt. Das heißt, die Hochtemperaturnäherung kann nur die Suszeptibilität beschreiben. Beschränkt man sich auf die ersten zwei Glieder der Hochtemperaturnäherung, so ergibt sich die Suszeptibilität zu χ = 12 β ∂2 < H 2 > − ∂B 2 0 1 2 6β ∂2 < H 3 > ∂B 2 (4.74) 0 wobei <O> < O >= ∑ < n | O| n > n (4.75) ∑ < n| n > n den Erwartungswert des Operators O bezeichnet. |n> sind dabei Basis-Wellenfunktionen. In Komponentenschreibweise ist die Hochtemperaturnäherung der Suszeptibilität also von der Form χα = Θ Cα (1 + α ) , T T (4.76) wobei die Cα die Curie-Konstanten und die Θ α die Curie-Weiss-Konstanten bezeichnen. Dieses Resultat ist aus zweierlei Gesichtspunkten von Bedeutung: Erstens läßt sich die Benutzung des häufig verwendeten Curie-Weiss-Gesetzes nur insoweit rechtfertigen, als das Curie-WeissGesetz die korrekten ersten beiden Glieder der Hochtemperaturnäherung reproduziert. Zweitens, wenn man Pulverproben durch < χ >= C T (1 + Θ T ) beschreibt, so gilt Θ = ∑ (C α Θ α ) / ∑ C α und nicht etwa Θ = 13 ∑ Θ α . Für einen Hamiltonian der Form H = H0 + HZ, wobei nicht notwendigerweise H0 » HZ gelten muß, läßt sich die Formel (4.74) leicht auswerten: χα = β 13 µ 2B g α2 S(S + 1) − β2 12 µ 2B g α2 < H 0Sα2 > . (4.77) Damit ergibt sich für die Curie-Konstanten µ B2 g α2 S(S + 1) Cα = 3k B (4.78) 4. Theorie des molekularen Magnetismus 51 unabhängig von H0. Die Curie-Weiss-Konstanten Θ α erlauben dagegen Rückschlüsse auf H0. In vielen Fällen gilt jedoch ∑ Θ α = 0 , wie z. B. für Systeme mit einer Nullfeldaufspaltung und/oder anisotropen und antisymmetrischen Kopplungen. Aus Pulvermessungen können daher nur dann Aussagen über diese Effekte getroffen werden, wenn die Cα bzw. die g-Faktoren anisotrop sind. 4.5 Schlußfolgerungen und Bezug auf die Experimente In diesem Kapitel werden im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Überlegungen vorgestellt, die für die Diskussion der Meßergebnisse (Kapitel 6) nützlich sind, insbesondere für die numerische Berechnung der Magnetisierung aus einem gegebenem Hamiltonian. Bestimmung der Anisotropie aus Pulvermessungen Im Rahmen dieser Arbeit wurden viele Pulverproben untersucht. Es stellt sich daher die Frage, ob aus diesen Messungen Aussagen über die magnetische Anisotropie abgeleitet werden können. Aus Suszeptibilitätsmessungen lassen sich häufig z.B. Nullfeldaufspaltungen gut bestimmen, da diese zu ausgeprägten Abweichungen vom isotropen Verhalten führen. Es ist aber auch klar, daß aus der Suszeptibilität die Anisotropie der g-Faktoren nur schwer, wenn überhaupt, ermittelt werden kann. In diesem Abschnitt wird sich zeigen, daß die Abweichung der Magnetisierung vom linearen Verlauf bei höheren Magnetfeldern Aussagen über die g-Faktor-Anisotropie zuläßt. Dieser Bereich kann mit üblichen Magnetfeldern nur bei niedrigen Temperaturen erreicht werden. Es genügt, den Fall ohne Nullfeldaufspaltung oder Kopplungen zu untersuchen, also den Zeeman-Hamiltonian H Z = µB ∑g α = x , y ,z α Bα S α . (4.79) Für das magnetische Moment erhält man m = N µ B g S BS ( gS µkBBTB ) , (4.80) ∑g (4.81) g2 = α = x , y ,z 2 2 α α e . 4. Theorie des molekularen Magnetismus 52 N bezeichnet die Anzahl der magnetischen Ionen, und BS(y) ist die Brillouin-Funktion (siehe z.B. [Kit89]). Das magnetische Moment einer Pulverprobe ergibt sich aus einer Winkelintegration von m. Die Diskussion wird auf den Fall S = 1/2 beschränkt, da sich für andere Spinquantenzahlen keine wesentlichen Änderungen ergeben. Aufgabe ist es also, aus den Abweichungen der <m>-Kurve vom isotropen Fall Aussagen über gx, gy und gz zu treffen. Um die Diskussion übersichtlicher zu gestalten, ist es nützlich, anstatt der drei g-Faktoren zwei neue Parameter ν und α einzuführen, derart, daß < g >= 13 (g + g + g ) konstant gehalten wird: 2 2 x 2 y 2 z g 2x =< g 2 > (1 − ν − α ), g 2y =< g 2 > (1 − ν + α ), (4.82) g 2z =< g 2 > (1 + 2ν). ν beschreibt die uniaxiale Anisotropie, d.h. das Verhältnis gxy /gz, wobei g 2xy = 12 (g 2x + g 2y ) gilt. α ist ein Maß für die Anisotropie von gx und gy. Es darf α ≥ 0 angenommen werden. Der Wertebereich von ν und α ist dann durch die Bedingungen gx2 ≥ 0 und gz2 ≥ 0 beschränkt. Für z.B. α = 0 kann ν die Werte von -0.5 bis 1 annehmen. Dem isotropen Fall entspricht ν = 0 und α = 0. Der Verlauf von <m(ν,α,x)> mit x = µBB/kBT kann z.B. durch F(ν,α) ≡ (<m(ν,α,x)>/<m(0,0,x)>)|x→ ∞ und ∆(ν,α) ≡ <m(ν,α,x=1)>/<m(ν,α,x→ ∞ )> charakterisiert werden. F(ν,α) ist die auf den isotropen Fall normierte Sättigungsmagnetisierung und hängt nur relativ schwach von α ab. ∆(ν,α) ist ein Maß für die Krümmung der Kurve und ist entsprechend seiner Definition nahezu unabhängig von ν. In Bild 4.14 ist <m(ν,α,x)> für drei Wertepaare von ν und α dargestellt. Zusätzlich ist die Bedeutung der zwei Größen F(ν,α) und ∆(ν,α) angedeutet. In Bild 4.15 ist die Abhängigkeit von F(ν,α) und ∆(ν,α) von den Anisotropieparametern gezeigt. Eine g-Faktor Anisotropie ist dann zu detektieren, wenn F(ν,α) und/oder ∆(ν,α) deutlich vom isotropen Fall abweichen. Da ∆(ν,α) praktisch nicht von α (und ν) abhängt, siehe Bild 4.15, muß geschlossen werden, daß die Anisotropie von gx und gy nicht aus der Magnetisierung von Pulverproben bei hohen Magnetfeldern bestimmt werden kann. Für F(ν,α) ergibt sich eine deutliche Reduktion im Vergleich zum isotropen Fall, d.h. die Absenkung der Sättigungsmagnetisierung im Vergleich zum isotropen Fall ist ein Maß für die uniaxiale Anisotropie. Solange jedoch F größer als etwa 0.96 ist, kann aus dieser Absenkung nicht eindeutig entschieden werden, ob gxy > gz oder gxy < gz gilt (das Maximum der strichpunktierten Linie in Bild 4.15 liegt bei F ≈0.96). Ist die Absenkung stärker, d.h. F < 0.96, dann liegt eindeutig der Fall gxy < gz vor. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 53 1.0 ν=0.74 α =0.25 ) 0.8 B <m> (N µ ν =0 α =0 ν=0.8 α =0 0.6 0.4 F( ν,α ) ∆ ( ν,α ) 0.2 0.0 0 1 2 3 4 x=µ B/k T B B Bild 4.14: Abhängigkeit der Magnetisierung von x für verschiedene Anisotropieparameter ν und α, wobei <g2> = 4. Die beiden Doppelpfeile sollen die Bedeutung von F und ∆ andeuten. 1.00 0.78 ∆ ( ν,α ) F( ν,α ) 0.95 0.77 α =1 α =1/2 α =1/4 0.90 0.85 -0.50 α =0 -0.25 0.00 0.25 ν 0.50 0.75 0.76 0.75 1.00 Bild 4.15: Abhängigkeit von F(ν,α) (durchgezogen) und ∆(ν,α) (gestrichelt) vom Anisotropieparameter ν für verschiedene Werte des Anisotropieparameters α. Die strich-punktierte Linie gibt die Grenzkurve von F(ν,α) an. In diesem Fall ist gx = 0. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 54 Diese Ergebnisse legen eine sehr nützliche Näherung für die numerische Berechnung der Magnetisierung von Pulverproben nahe. Die rechenzeitintensive Winkelintegration über Θ und ϕ kann näherungsweise durch eine Winkelintegration allein über Θ ersetzt werden, wenn ϕ = 45° gewählt wird. Diese Näherung nutzt die obige Beobachtung aus, daß die Magnetisierung kaum von der xy-Anisotropie beeinflußt wird. Durch die Wahl ϕ = 45° wird der richtige „Mittelwert“ von gx und gy gewählt. Diese Näherung wurde für die in dieser Arbeit relevanten Systeme getestet. Es wurde eine mehr als ausreichende Übereinstimmung mit der vollen Winkelintegration gefunden. Symmetrie der [2x2]-Gitter Das bei der Berechnung der Magnetisierung zu lösende Energieeigenwertproblem läßt sich erheblich vereinfachen, wenn man die Symmetrien des Systems ausnutzt und die Matrixdarstellung des Hamiltonians vor der Diagonalisierung in Blockgestalt bringt [Tin64]. Es muß dann nicht mehr die gesamte Hamiltonmatrix diagonalisiert werden, sondern nur noch die deutlich kleineren Blöcke. Da die numerische Diagonalisierung einer N × N-Matrix etwa N3 Rechenoperationen erfordert [Pre92], ist der Rechenzeitgewinn erheblich. Im Folgenden soll die Anwendung dieses Verfahrens auf die [2x2]-Gitterstrukturen zunächst allgemein beschrieben und dann auf das Co[2x2]-Gitter konkretisiert werden. Der für die [2×2]-Gittermoleküle verwendete Hamiltonian hat die Form (Kapitel 4.3) rr r r rr r r H = − J (S1S2 + S 2S3 + S3S4 + S 4S1 ) + 4 ∑H i Einzel . (4.83) i =1 HiEinzel bezeichnet den Hamiltonian eines einzelnen Spins und enthält z.B. Terme, die eine Nullfeld-Aufspaltung beschreiben, in jedem Fall aber den Zeeman-Term. Als Basis für die Matrixdarstellung von H werden die Produktwellenfunktionen |M1,M2,M3,M4> = |M1>|M2>|M3>|M4> verwendet, auch kürzer als |{Mi}> geschrieben. |Mi> sind die Basisfunktionen, die den Hilbertraum von HiEinzel aufspannen. Als nächstes muß die Symmetriegruppe von H oder eine geeignete Untergruppe gefunden werden. Mögliche geeignete Gruppen werden weiter unten diskutiert. Naheliegende Gruppenelemente sind Vertauschungen der Spin-Numerierung. Die Operation O(2341) z. B. bezeichnet die Umbenennung 1 → 2, 2 → 3, 3 → 4, 4 → 1, d.h. die Anwendung auf den Zustand |M1,M2,M3,M4> ergibt O(2341) |M1,M2,M3,M4> = |M2,M3,M4,M1>. Es sind natürlich nur Operationen erlaubt, die H invariant lassen, also [H,O] = 0. Im nächsten Schritt werden aus den Basiszuständen |{Mi}> die symmetrisierten Basiszustände |Γirr,n> gebildet, die sich entsprechend den irreduziblen Darstellungen Γirr der (gewählten) Symmetriegruppe von H 4. Theorie des molekularen Magnetismus 55 transformieren. Mit n wird der Satz von Zuständen zur selben irreduziblen Darstellung durchnumeriert. In der Basis der symmetrisierten Zustände zerfällt die Matrixdarstellung von H in Blockgestalt, wobei jeder Block zu einer der irreduziblen Darstellungen gehört. Die Größe jedes Blockes N(Γirr) kann berechnet werden, indem die in der Basis |{Mi}> gebildete Darstellung Γ der Symmetriegruppe von H ausreduziert wird. Die Symmetrisierung und die Ausreduktion ist mit den aus der Gruppentheorie bekannten Verfahren leicht durchführbar [Tin64]. Als geeignete Symmetriegruppen für H wurden folgende drei Gruppen betrachtet: 1) Betrachtet man das [2x2]-Gitter als lineare Kette mit periodischen Randbedingungen, so bietet sich als Symmetriegruppe die Translationsgruppe an, ähnlich wie in Kristallen. Einige der irreduziblen Darstellungen dieser Gruppe sind jedoch komplex. Dies ist aus numerischer Sicht ungünstig, da es die Implementierung einer komplexen Arithmetik erfordern würde. 2) Die volle Symmetriegruppe von H ist D4, die Symmetriegruppe eines Quadrates. Die Symmetrieelemente sind in Bild 4.16(a) dargestellt. Tabelle 4.I enthält die Charaktertafel der Gruppe D4 [Tin64] und die den Gruppenelementen zugeordneten Operatoren. Wie zu erkennen, besitzt D4 eine zweidimensionale irreduzible Darstellung. Die Bildung der symmetrisierten Basiszustände ist jedoch bei Gruppen mit mehrdimensionalen irreduziblen Darstellungen etwas aufwendiger als bei solchen mit nur eindimensionalen irreduziblen Darstellungen [Tin64]. (a) D4 (b) C2ν C2''(2) 4 4 3 C2,2C4 1 σν' C2'(2) C2 C2''(1) 1 2 3 σν 2 C2'(1) Bild 7.16: Gruppenelemente der Punktgruppen (a) D4 und (b) C2ν. C2 bezeichnet zweizählige Achsen, C4 vierzählige und σν Spiegelebenen. 4. Theorie des molekularen Magnetismus 56 D4 E C2 2 C4 2 C2' 2 C2'' A1 A2 B1 B2 E 1 1 1 1 2 O(1234) 1 1 1 1 -2 O(3412) 1 1 -1 -1 0 O(2341) O(4123) 1 -1 1 -1 0 O(1432) O(3214) 1 -1 -1 1 0 O(2143) O(4321) C2ν E C2 σν σν' A1 A2 B1 B2 1 1 -1 -1 O(3412) 1 -1 1 -1 O(4321) 1 -1 -1 1 O(2143) 1 1 1 1 O(1234) Tabelle 4.I: Charaktertafeln der Gruppen D4 und C2ν. Die letzte Zeile enthält jeweils die den Gruppenelementen zugeordneten Operatoren. 3) Eine Gruppe mit nur eindimensionalen Darstellungen ist z. B. C2ν. Deren Symmetrieelemente sind in Bild 4.16(b) dargestellt. Die Charaktertafel und die entsprechenden Gruppenelemente sind in Tabelle 4.I aufgeführt. C2ν ist zudem die Produktgruppe von C2 und C1ν, C2ν = C2 × C1ν. Diese beiden Eigenschaften von C2ν sind vorteilhaft bei der Implementierung in einem Programm. In dieser Arbeit wurde daher die Gruppe C2ν verwendet. Im Co[2×2]-Gitter zum Beispiel ist die Spinquantenzahl jeden Spins S = 3/2. Die Basiszustände |{Mi}> sind die Produktwellenfunktionen der Drehimpulseigenfunktionen |3/2,Mi> mit Mi = 3/2, ..., -3/2. Der Hamiltonoperator wird durch eine 256 × 256-Matrix dargestellt. Die Ausreduktion ergibt für D4 und C2ν Γ(D4) = 55⋅A1 ⊕ 15⋅A2 ⊕ 45⋅B1 ⊕ 21⋅B2 ⊕ 2 × 60⋅E, Γ(C2ν) = 76⋅A1 ⊕ 60⋅A2 ⊕ 60⋅B1 ⊕ 60⋅B2, d.h. die 256 × 256-Hamiltonmatrix zerfällt unter z.B. C2ν in einen 76 × 76 Block und drei 60 × 60 Blöcke. Dies läßt eine Reduktion der Rechenzeit um etwa einen Faktor 15 erwarten, der 4. Theorie des molekularen Magnetismus 57 in der Praxis häufig sogar noch überschritten wurde. Für D4 erwartet man eine Reduktion um etwa einen Faktor 35. Im Vergleich zum bereits mit C2v erreichten Rechenzeitgewinn fällt der mit D4 erzielte zusätzliche Rechenzeitgewinn jedoch relativ bescheiden aus, so daß eine Verwendung von D4 nicht unbedingt notwendig erscheint. Hier muß darauf hingewiesen werden, daß die verwendeten Bezeichnungen D4 und C2v für die obigen Gruppen zwar naheliegend, aber streng genommen nicht richtig sind, denn die Gruppenelemente von D4 und C2v sind Raumdrehungen und -spiegelungen etc., und nicht SpinUmnumerierungen. Tatsächlich ist nicht jeder Hamiltonian, der z.B. unter der “echten” C2vGruppe invariant ist, auch unter der hier so bezeichneten Gruppe invariant. Näherungsmethode zur Berechnung der Magnetisierung von Pulverproben Die numerische Berechnung der Magnetisierung von Pulverproben in hohen Magnetfeldern ist wegen der unvermeidlichen Winkelintegration häufig ein sehr rechenzeitintensives Problem. Es wurde daher eine Näherungsmethode entwickelt, die diese Aufgabe stark vereinfacht und trotzdem ausgezeichnete Näherungen liefert. Dieses Verfahren ist bei einigen Berechnungen für das Co[2×2]-Gitter verwendet worden, sollte aber von weitergehendem Interesse sein. Betrachtet wird ein Hamiltonian der Form H = H 0 + H1 + H Z , (4.84) wobei HZ wie üblich den Zeeman-Term bezeichnet und weiter angenommen werden soll, daß H0 » H1 und H0 » HZ ist. Die Näherung besteht nun darin, den magnetischen Beitrag des Grundzustands-Multipletts exakt mit zu berücksichtigen, während die energetisch höheren Zustände durch die Suszeptibilität angenähert werden. Damit diese höheren Zustände thermisch besetzt werden und zur Magnetisierung beitragen können, muß kBT ≈H0 werden, d.h. es gilt kBT » HZ und nach Voraussetzung H0 » HZ. Für die angeregten Zustände gilt also genau die NiedrigfeldBedingung für die Suszeptibilität, Gl. (4.66). Wird nun die Zustandssumme aufgeteilt in eine Summe Z0 über das Grundzustands-Multiplett und eine Summe ZG über die angeregten Zustände, dann läßt sich ZG durch den Niedrigfeld-Limes ZG|0 annähern, d.h. Z = Z 0 + Z G ≈Z 0 + Z G 0 . (4.85) Für das magnetische Moment ergibt sich daher m= 1 ∂Z ∂∂B Z 0 + ∂∂B Z G ∂∂B Z 0 + ∂∂B Z G |0 = ≈ = βZ ∂B β( Z 0 + Z G ) β( Z 0 + Z G |0 ) ∂ ∂B Z 0 − ∂∂B Z 0 |0 + ∂∂B Z |0 , β( Z 0 − Z 0 |0 + Z |0 ) (4.86) 4. Theorie des molekularen Magnetismus 58 wobei |0 wie in Kapitel 4.4 den geeigneten Niedrigeld-Grenzfall bezeichnet. Wegen m |0 = χB = läßt sich nun noch ∂ ∂B 1 ∂Z β Z |0 ∂B 0 (4.87) Z|0 durch die Suszeptibilität und Z|0 ausdrücken, wobei gilt χ = ∑ χα e 2α . Man erhält als endgültiges Resultat ∂Z 0 ∂Z 0 − + βZ |0 χB 1 ∂B ∂B 0 m= . Z 0 − Z 0 |0 + Z |0 β (4.88) Der magnetische Beitrag des Grundzustands-Multipletts wird im Prinzip über Z0 exakt mit berücksichtigt. Der große Vorteil dieser Näherung besteht darin, daß es ausreicht, das Grundzustands-Multiplett durch einen effektiven Hamiltonian Heff,0 zu beschreiben. Es genügt also, ein in der Regel viel kleineres Eigenwertsystem zu lösen als das des vollständigen Hamiltonians. Die in Kapitel 4.1 vorgestellte störungstheoretische Konstruktion des effektiven Hamiltonians ist hier von großem Nutzen. Bemerkungen: 1) Die physikalische Bedeutung der Näherung spiegelt sich in der experimentellen Beobachtung wieder, daß die Magnetisierung bei höheren Temperaturen linear verläuft (zumindest für die in dieser Arbeit untersuchten Proben) und eine Beschreibung über die Suszeptibilität ausreicht. Das beschriebene Verfahren stellt daher für höhere Temperaturen auf alle Fälle eine ausgezeichnete Näherung dar. 2) Die Wahl des effektiven Hamiltonians für das Grundzustands-Multiplett bestimmt, wie gut die Magnetisierung bei niedrigen Temperaturen reproduziert wird. Bei einem störungstheoretisch erhaltenen effektiven Hamiltonian führt das beschriebene Verfahren wegen der Bedingung H0 » HZ bei hohen Magnetfeldern zu Abweichungen. Andernfalls müßten hohe Ordnungen der Störungstheorie mitberücksichtigt werden. Es ist jedoch wichtig zu betonen, daß man in jedem Fall die exakte Suszeptibilität erhält, unabhängig davon, wie gut oder wie schlecht der effektive Hamiltonian gewählt wurde, denn es gilt ( ∂∂B Z 0 − nach Gl. (4.86) m |0 = χB . ∂ ∂B Z 0 |0 )|0 = ∂ ∂B Z 0 |0 − ∂ ∂B Z 0 |0 = 0 und daher 4. Theorie des molekularen Magnetismus 59 3) Falls die Näherung bezüglich des Temperaturverlaufes doch noch nicht genau genug ist, kann sie verbessert werden, indem noch das erste angeregte Multiplett exakt mit berücksichtigt wird, also Z zerlegt wird in Z0 + Z1 + ZG und so weiter. Für die numerische Berechnung der Magnetisierung m(T,B,Θ ,ϕ) ergibt sich nun folgende Strategie: Zunächst werden die Energieeigenwerte des vollständigen Hamiltonians H0 + H1 + HZ für B = 0, Bx = ∆B, By = ∆B und Bz = ∆B berechnet und gespeichert (∆B bezeichnet ein kleines Magnetfeld). Hierbei können die Symmetrien des Systems wie oben beschrieben vorteilhaft ausgenutzt werden. Damit lassen sich zu gegebener Temperatur Z|0, χx, χy und χz schnell berechnen. Weiterhin sind die Energieeigenwerte des effektiven Hamiltonians Heff,0 für die gleichen Magnetfelder wie oben zu berechnen und abzuspeichern, um Z0|0 und ∂ ∂B Z 0 |0 zu erhalten. Die Berechnung der magnetfeld- und winkelabhängigen Terme Z 0 und ∂ ∂B Z 0 erfordert nun nur noch relativ wenig zeitaufwendige Diagonalisierungen des effektiven Hamiltonians. Der Term χ kann wegen χ = ∑ χα e 2α leicht direkt berechnet werden. Z|0 ist von vornherein winkelunabhängig. Ist die Magnetisierung für mehrere verschiedene Magnetfelder und/oder Winkel zu berechnen, kann so deutlich Rechenzeit gespart werden. Dies gilt insbesondere für die Berechnung der Magnetisierung von Pulverproben. Die vorgeschlagene Näherungsmethode verschiebt also das Problem der Diagonalisierung des vollständigen Hamiltonians auf das Problem der Konstruktion eines effektiven Hamiltonians. Rechenzeit wird nur gespart, wenn entweder der effektive Hamiltonian analytisch konstruiert werden kann oder dies sich leicht numerisch erreichen läßt. Ansonsten wird die bei der Diagonalisierung gesparte Zeit bei der Konstruktion des effektiven Hamiltonians aufgebraucht. Die folgende Überlegung läßt vermuten, daß der in 1. Ordnung Störungstheorie leicht zu erhaltende effektive Hamiltonian Heff,0 durchaus ausreichen kann, um gute Näherungen für die Magnetisierung zu erhalten, da der wichtige Beitrag aus der 2. Ordnung Störungstheorie in dem Verfahren trotzdem näherungsweise mitberücksichtigt wird. Ausgangspunkt der Überlegung ist ein Hamiltonian der Form H = H 0 + J H WW + B H Z (4.89) wobei JHWW eine Kopplung der Spins mit der Kopplungsstärke J beschreibt und nun BHZ den Zeeman-Term darstellt. Für nicht zu große Magnetfelder lassen sich die Energieeigenwerte über eine Taylor-Entwicklung in J und B schreiben als 4. Theorie des molekularen Magnetismus 60 E n = E n ,0 + E n ,WW + E′ nB+ 1 2 E′ B2 , n′ (4.90) wobei En,WW alle von B unabhängigen Glieder, En'B alle in B linearen Glieder und En''B2 alle in B quadratischen Glieder enthält. Diese Näherung ist also nicht notwendigerweise beschränkt auf BHZ « JHWW. Es genügt im Folgenden, sich auf den Anteil des Grundzustands-Multipletts zur Zustandssumme zu beschränken, also Z 0 − Z 0 |0 + Z |0 = e − βE 0 , 0 (∑ e B) − β( E n , WW + E′ n B + E′ n′ − gm ∂Z 0 ∂Z 0 ∂Z ∂e − βE − + = e 0,0 ∑ [ ∂B ∂B 0 ∂B 0 gm ∑e − βE n ,WW + gm − β( E n , WW + E n ,Z ) ∂B − e − βE n , WW ∑e − βE n , WW ), (4.91) gm ′ ′ (βE′ n − En ) + e 2 − βE n , WW ′ ′ (βE′ n − E n )] 2 wobei Σgm die Summe über das Grundzustands-Multiplett bezeichnet. Die jeweils letzten zwei Terme auf der rechten Seite in diesen Ausdrücken heben sich nun nicht einfach auf. Während der letzte Term aus der exakten Berechnung der Suszeptibilität stammt, werden die zwei ersten Terme aus dem effektiven Hamiltonian für das Grundzustands-Multiplett berechnet. Für einen effektiven Hamiltonian 1. Ordnung erhält man z.B. ∂Z 0 ∂Z 0 ∂Z ∂e − βE − + = e 0,0 ∑ [ ∂B ∂B 0 ∂B 0 gm − β( E n ,WW + E′ n B) ∂B − e − βE n ,WW (βE ′ n )+ e 2 − βE n , WW ′ (βE′ n − E n )] 2 (4.92) und daraus ∂Z 0 ∂Z 0 ∂Z ∂e − βE − + = e 0 , 0 {∑ ∂B ∂B 0 ∂B 0 gm − β ( E n ,WW + E′ n B) ∂B + ∑e − βE n ,WW ′. ( − E′ n )} (4.93) gm Man erkennt, daß der Beitrag 2. Ordnung zum magnetischen Moment des GrundzustandsMultipletts in der Berechnung mit berücksichtigt wird, auch wenn der effektive Hamiltonian für das Grundzustandsmultiplett nur von 1. Ordnung ist. 5. Experimente 5 61 Experimente 5.1 Proben Synthetisiert und komplexiert wurden alle Substanzen von der Gruppe von J.-M. Lehn (G. S. Hanan, D. Bassani, Laboratoire de Chimie Supramoléculaire, Université Louis Pasteur, Strasbourg), oder ehemaligen Mitarbeitern dieser Gruppe (D. Volkmer, Anorganische Chemie 1, Universität Bielefeld; U. S. Schubert, Lehrstuhl für Makromolekulare Stoffe, TU München). Die in Pulverform erhaltenen Materialien wurden in verschiedenster Weise weiterverarbeitet, um Pulver-, Kristall- und Lösungsproben zu präparieren. Probenpräparation Die analytisch reinen Materialien wurden zunächst vorbehandelt, um das für die Probenpräparation als Ausgangssubstanz dienende Pulver zu erhalten. Dazu wurden je nach Material Reinigungsschritte wie Filtration und/oder Kristallisation durchgeführt, um die für die magnetischen Experimente nötige Reinheit der Substanzen sicherzustellen. Die Filtration erfolgte, indem das Pulver in Acetonitril (CH3CN) gelöst und die Lösung anschließend mit einer 0.2 µm Fluoropore-Membrane (Sigma-Aldrich Chemie GmbH) filtriert wurde. Für die Kristallisation wurde unter abgeschlossener Atmosphäre Methanol in eine konzentrierte Acetonitrillösung des entsprechenden Materials diffundiert. Als letzter Schritt wurden die Lösung bzw. die Kristalle an Luft im Ofen bei 50 °C getrocknet. Pulverproben: Hier waren keine weiteren Schritte erforderlich. In wenigen Fällen wurde das Pulver vor dem Messen noch bei 10-5 mbar und Raumtemperatur für 2-4 Tage vakuumgetrocknet, um zu testen, inwieweit Lösungsmittel- und/oder Kristallwasserreste in den Pulverproben vorhanden sind. Dazu wurden die Proben vor und nach dem Trocknen gewogen. Es wurde jedoch keine Gewichtsveränderung festgestellt. Die Masse der Pulverproben war typischerweise 1-2 mg (Tabelle 5.I). Lösungsproben: Als Lösungsmittel diente Acetonitril. Die Probe #Co[2×2]E war 4×10-4 M, wobei 0.45 mg Co[2×2] gelöst wurden (Tabelle 5.I). Daraus berechnet sich der mittlere GittermolekülGittermolekül-Abstand zu etwa 160 Å. 5. Experimente 62 Mikrokristallproben: Für diese Proben wurden dem wie oben beschrieben hergestellten Kristallansatz etwa 10 bis 20 kleine Kristalle entnommen. In den Proben war die Orientierung der Mikrokristalle zufällig. Der Gittermolekül-Gittermolekül-Abstand ist entsprechend der Kristallstruktur etwa 20 Å [Han97b]. Einkristallproben: Der in dieser Arbeit untersuchte Ni(Terpy)2-Kristall wurde von U. S. Schubert zur Verfügung gestellt (#Ni[1×1]C, Tabelle 5.I). Die kristallographischen bzw. magnetischen Achsen sollten mit den Kristallkanten übereinstimmen. Der ungewöhnlich große (0.7×1.3×2.4 mm3), nahezu rechteckige Kristall offenbarte unter dem Lichtmikroskop an wenigen Stellen jedoch Anzeichen von leichten Verwachsungen. Durch Optimierung des Verfahrens der Kristallzucht für Co[2×2] und Ni[2×2] wurden Kristalle gezogen, die etwas größer als die obigen Mikrokristalle waren. Die Co[2×2]-Kristalle waren von unregelmäßiger Struktur mit leicht “ausgefransten” Kanten. Die Kanten der Kristalle verliefen jedoch erkennbar entlang der kristallographischen Achsen. Unter dem Lichtmikroskop konnten keine Anzeichen für Verwachsungen festgestellt werden. Die Ni[2×2]-Kristalle waren bräunliche Rhomboeder mit einem Winkel von 70°. Typische Kantenlängen waren 0.5 mm und die Dicken etwa 0.05 mm. Die transparenten Ni[2×2]-Kristalle konnten unter dem Lichtmikroskop gut auf Verwachsungen untersucht werden. Die gemessenen Kristalle (Tabelle 5.I) waren von ausgezeichneter Qualität mit scharfen Kristallkanten, perfekter Form und ohne sichtbare Verwachsungen. Aufgrund der Form der Kristalle ist klar, daß die kristallographische c-Achse senkrecht zur größeren Oberfläche mit der magnetischen z-Achse zusammenfällt. Probenliste In Tabelle 5.I sind alle für diese Arbeit untersuchten Proben aufgelistet. Bei einigen Pulverproben ist eine Fehlerangabe für die Masse mit angegeben. Diese wurde abgeschätzt, indem der beim Umgang mit den Pulverproben unvermeidliche Verlust an Material in Betracht gezogen wurde. Die Masse der Co[2×2]- und Ni[2×2]-Kristalle konnte erst nach Beendigung der Magnetisierungsmessungen bestimmt werden. Hier muß noch ein kleiner Beitrag durch das beim Messen benötigte Fett mit berücksichtigt werden. 5. Experimente 63 # Komplex Art Masse (mg) Ni[1×1]A [Ni(L1)2](PF6)2 Pulver 1.83 (+0.0-0.15) Ni[1×1]B [Ni(L1)2](PF6)2 Pulver, vak. getr. 2.67 (+0.0-0.05) Ni[1×1]C [Ni(L1)2](PF6)2 Kristall 3.64 (+-0.01) Co[1×1]A [Co(L1)2](PF6)2 Pulver 2.18 Co[1×1]B [Co(L1)2](PF6)2 Pulver 1.33 (+-0.1) Co[1×1]C [Co(L1)2](PF6)2 Pulver 1.22 (+0.0-0.05) Cd[1×1]A [Cd(L1)2](PF6)2 Pulver 3.10 (+0.0-0.1) Ni[2×2]A [Ni4(L2)4](PF6)8 Pulver 3.13 (+0.0-0.1) Ni[2×2]B [Ni4(L2)4](PF6)8 Pulver, vak. getr. 3.54 (+0.0-0.05) Ni[2×2]C [Ni4(L2)4](PF6)8 Kristall unbekannt Ni[2×2]D [Ni4(L2)4](PF6)8 Kristall 0.019 Ni[2×2]E [Ni4(L2)4](PF6)8 Kristall 0.025 Ni[2×2]F [Ni4(L2)4](PF6)8 Kristall 0.035 Ni[2×2]G [Ni4(L2)4](PF6)8 Kristall 0.042 Co[2×2]A [Co4(L2)4](PF6)8 einzelner Mikrokristall unbekannt Co[2×2]B [Co4(L2)4](PF6)8 Mikrokristalle ca. 0.1 Co[2×2]C [Co4(L2)4](PF6)8 Mikrokristalle 0.31 Co[2×2]D [Co4(L2)4](PF6)8 Lösung / Pulver 0.70 Co[2×2]E [Co4(L2)4](PF6)8 Lösung, 4 10-4 M 0.45 Co[2×2]F [Co4(L2)4](PF6)8 Pulver 1.70 (+0.0-0.1) Co[2×2]G [Co4(L2)4](PF6)8 Pulver, dotiert 1:10 0.34 (+0.0-0.1) Co[2×2]H [Co4(L2)4](PF6)8 Kristall 0.025 Cd[2×2]A [Cd4(L2)4](PF6)8 Pulver 0.76 Cd[2×2]B [Cd4(L2)4](PF6)8 Pulver 1.31 (+0.0-0.1) Co[2×2]SA [Co4(L3)4](PF6)8 Pulver 1.51 (+0.0-0.05) Tabelle 5.I: Liste der untersuchten Komplexe. Es bedeutet L1 = 2,2':6',2''-Terpyridin, L2 = 4,6(Bis(2'',2'-Bipyridy-6'-yl)-2-Methylpyrimidin, L3 = 4,6-(Bis(4'-Propylthio)-(2'',2'-Bipyridy-6'yl))-Pyrimidin (siehe Kapitel 6.5). 5. Experimente 64 5.2 SQUID-Magnetometer Das wesentliche Element eines SQUID-Magnetometers ist das Superconducting-QuantumInterference-Device (SQUID), welches vereinfacht als ein ∆Φ -∆U-Umsetzer verstanden werden kann, d.h. eine magnetische Flußänderung ∆Φ wird in eine dazu proportionale Spannungsänderung ∆U umgesetzt. Der absolute, momentan vorhandene Fluß kann mit einem SQUID nicht gemessen werden, sondern nur die Änderung des Flusses. Diese Feststellung wird verständlich, wenn man das Funktionsprinzip eines SQUID betrachtet [Buc90, Sca91]. Hier muß darauf hingewiesen werden, daß es zwei Arten von SQUIDs gibt, das DC-SQUID und das RF-SQUID. Tatsächlich wird in einem SQUID-Magnetometer meistens ein RF-SQUID verwendet, jedoch wird sich hier auf das kürzer zu beschreibende DC-SQUID bezogen. Beide SQUID-Typen realisieren jedoch einen ∆Φ -∆U-Umsetzer. Das DC-SQUID besteht aus einer Parallelschaltung zweier Josephson-Kontakte in einem supraleitenden Ring, siehe Bild 5.1(a). Wird an das SQUID ein konstanter Biasstrom angelegt und die über das SQUID abfallende Spannung gemessen, so beobachtet man eine Änderung dieser Spannung, wenn sich der Fluß durch das SQUID ändert. Die sich ergebende Übertragungsfunktion ist in Bild 5.1(b) gezeigt. (a) (b) IBias U S Supraleiter ΦS US Josephson -Kontakt 0 1 2 3 4 5 magnetischer Fluß Φ / Φ S 0 Bild 5.1: Schematische Darstellung eines DC-SQUIDs (a). Schwarz sind die zwei JosephsonKontakte dargestellt. Der durch den supraleitenden Ring eingeschlossene Fluß Φ S (schraffiert dargestellt) bestimmt die über das SQUID abfallende Spannung US. (b) Abhängigkeit von US vom Fluß Φ S im SQUID. Φ 0 bezeichnet das Flußquant und beträgt 2.07 10-15 Wb. 5. Experimente 65 Im Falle eines RF-SQUID ergibt sich eine sehr ähnliche Übertragungsfunktion, insbesondere ist sie ebenfalls periodisch, so daß die folgenden Betrachtungen ohne Änderungen auch auf RFSQUID übertragbar sind. Die oszillatorische Übertragungsfunktion (Bild 5.1) ist allerdings für Meßzwecke wenig geeignet. Durch einen geeigneten Regelkreis, den sogenannten Flux-LockedLoop, kann die Übertragungsfunktion linearisiert werden. Dieser Regelkreis ist so geschaltet, daß eine vom SQUID detektierte Flußänderung ∆Φ S genau durch ein durch den über eine Spule in das SQUID eingekoppelten Fluß Φ FLL kompensiert wird [Bild 5.2(a)]. Der Regelkreis hält also den Fluß im SQUID Φ S = Φ Ext + Φ FLL konstant. Φ Ext bezeichnet dabei den z.B. durch eine magnetische Probe zusätzlich eingekoppelten Fluß. Die SQUID-Elektronik liefert als Meßgröße eine zum Fluß Φ FLL proportionale Spannung UFLL. Wegen ∆Φ Ext = Φ FLL können so Änderungen des externen Flusses gemessen werden. Daß heißt aber nicht, daß auch der Fluß Φ Ext absolut bekannt ist, da ja der Fluß Φ S im SQUID wegen der oszillatorischen Übertragungsfunktion [Bild 5.1(b)] nicht eindeutig bestimmt werden kann. (a) (b) IBias ΦExt ΦS US ΦFLL IFLL FLL SQUID-Elektronik U magnetischer Fluß Φ UFLL Ext Bild 5.2: (a) Flux-Locked-Loop-Regelschaltung. Das SQUID ist durch den Kreis, die JosephsonKontakte durch die Kreuze darauf schematisch dargestellt. Die SQUID-Elektronik regelt den Strom durch die Spule IFLL so, daß der Fluß im SQUID Φ S = Φ Ext + Φ FLL konstant bleibt. (b) Übertragungsfunktion der Flux-Locked-Loop-Regelschaltung. Aufgabe des SQUID-Magnetometers ist es nun, das magnetische Moment einer Probe in Flußänderungen durch das SQUID umzusetzen. Dies wird dadurch erreicht, daß die Probe senkrecht zum SQUID bewegt wird und die dadurch entstehenden Flußänderungen bzw. die dazu proportionalen Spannungen UFLL aufgezeichnet werden [Qua87, Sca91]. Aus diesen Daten kann dann z.B. durch lineare Regression das magnetische Moment der Probe bestimmt werden. Typischerweise wird die Probe entlang des in Bild 5.3(a) gezeigten Weges bewegt. Für die Einkopplung des magnetischen Flusses in das SQUID wird in der Regel ein supraleitender Flußtransformator 5. Experimente 66 verwendet, der häufig als Gradiometer 2. Ordnung ausgebildet ist [Qua87]. Das sich ergebende Probenort-Spannungs-Diagramm wie es auch vom SQUID-Magnetometer aufgezeichnet wird, ist in Bild 5.3(b) gezeigt. z U zum SQUID Gradiometer FLL 0 0 Probe Probenposition z Bild 5.3: (a) Die Probe wird entlang der durch z bezeichneten Achse bewegt. Die dadurch im Gradiometer bewirkten Flußänderungen werden in das SQUID eingekoppelt. (b) Von der SQUID-Elektronik gelieferte Spannung als Funktion des Ortes z der Probe. Für die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Messungen stand ein SQUID-Magnetometer von Quantum Design (MPMS 7) mit einer supraleitenden Magnetspule für bis zu 5.5 T und einem Temperaturbereich von 1.9-400 K zur Verfügung. Die Messungen wurden im DC-Mode oder RSO-Mode durchgeführt. Im DC-Mode wird die Probe mit konstanter Geschwindigkeit einmal entlang einer Richtung durch das Gradiometer bewegt, während sie im RSO-Mode mit einstellbarer Frequenz und Amplitude eine oszillatorische Bewegung vollführt. Die entsprechenden Parameter sind in Tabelle 5.II aufgelistet. DC-Mode Scanlength: 3 cm RSO-Mode Meas. Position: Center Number of Datapoints: 32 Amplitude: 3 cm Scans to Average: 3 Frequency: 2 Hz Long. Algorithm: Iterative Reg Number of Cycles: 10-20 Meas. to Averages: 3 Tabelle 5.II: Die in den Messungen verwendeten Parameter für DC- und RSO-Mode. 5. Experimente 67 5.3 Probenhalter In den Experimenten zeigte es sich, daß die Konstruktion des Probenhalters großen Einfluß auf die Qualität, insbesondere die Auflösung der Messungen hatte. Nachdem eine ganze Reihe verschiedener Konstruktionen getestet wurden, zeigte es sich jedoch, daß die einfachsten Lösungen auch die besten waren. Die letztendlich gewählten Probenhalter werden hier vorgestellt, wobei sich für die Pulver-, Kristall-, und Lösungs-Proben jeweils verschiedene Konzepte bewährten, die im Folgenden der Reihe nach vorgestellt werden. Probenhalter für Pulverproben Mit Hilfe eines geeignet gefertigten Kupferwerkstückes und einem Skalpell wurde von einem weißen Plastiktrinkhalm (Durchmesser 3 mm, Quelle unbekannt) eine Hälfte auf einer Länge von etwa 10 cm weggeschnitten. Die Form des fertigen Probenhalters ist in Bild 5.4 gezeigt. Hierdurch läßt sich eine sehr gute Homogenität des magnetischen Signals des Probenhalters entlang der ausgeschnittenen Einbuchtung erreichen. Abweichungen von der Gleichförmigkeit konnten mit dem SQUID-Magnetometer nicht detektiert werden, so daß der Probenhalter im Rahmen der Auflösung des SQUID-Magnetometers kein magnetisches Moment zur Messung beiträgt. Der Plastikhalm wurde auf eine Länge von 18 cm gekürzt, so daß der Beginn der Ausbuchtung etwa 3 cm von dem unteren Ende des Halmes entfernt ist. In die Enden des Plastikhalmes wurden aus Sintimid-Polyamid gefertigte Abstandshalter eingesteckt, um eine gute Zentrierung der Probe zu gewährleisten (Bild 5.4). Befestigt wurde die Pulverprobe mit einem Tropfen Hochvakuumfett (Apiezon, M-Grease), der etwa in der Mitte der Einbuchtung aufgebracht wurde und in den das Pulver eingerührt wurde. Abstandshalter Fett+Pulver Bild 5.4: Probenhalter für die Pulverproben. Die Zeichnung ist nicht maßstabsgerecht. Rechts und links sind die Zentrierstücke grau dargestellt. Die Länge des Plastikhalmes ist etwa 18 cm, der Durchmesser 3 mm. Die Ausbuchtung hat eine Länge von etwa 10 cm. 5. Experimente 68 Das diamagnetische Moment der Fetttropfen wurde im Temperaturbereich 1.9-250 K und Magnetfeldern bis zu 5.5 T untersucht (Bild 5.5). Das magnetische Moment konnte im gesamten Temperatur- und Magnetfeldbereich mit 5% Genauigkeit durch m Fett (T, B) = m Fett ( 250 K ,10 kG) 6.9689 2.6269 3.3362 ⋅B ⋅10 − 9 ⋅( − 6.4559 + − − ) −5 − 6.42807 ×10 T T2 T3 (5.1) beschrieben werden, dabei ist B in Gauß, T in Kelvin und mFett(250 K,10 kG) in emu einzusetzen (diese Einheiten wurden hier ausnahmsweise benutzt, da diese auch vom SQUID-Magnetometer benutzt werden). Gl. (5.1) wurde durch Messungen mehrere Tropfen überprüft. Wird das magnetische Moment des Fetttropfens mFett(250 K,10 kG) gemessen, bevor die Pulverprobe darin eingerührt wird, so läßt sich der magnetische Beitrag des Fettes in der Messung korrigieren. Das Signal des Fettes bei 250 K betrug zwar typischerweise etwa 30% des Signals der Probe, konnte aber mit Hilfe von Gl. (5.1) und dem nun bekannten mFett(250 K,10 kG) mit einer Genauigkeit von 2.5% korrigiert werden. Bei kleineren Temperaturen verbesserte sich die Genauigkeit dieser Korrektur, da die Magnetisierung der Probe größer wurde. B = 10 kG m (10 -6 emu) -40 -50 -60 -70 0 50 100 150 200 250 T (K) Bild 5.5: Magnetisches Moment eines Fetttropfens als Funktion der Temperatur. Die durchgezogene Linie repräsentiert die mit Gl. (5.1) berechnete Kurve. 5. Experimente 69 Probenhalter für Lösungen Grundbestandteile waren ein durchsichtiger Plastikhalm (Quantum Design) mit 6 mm Durchmesser und handelsübliche beigefarbene Gelatinekapseln der Größe 3. Zunächst wurde mit einer Mikroliterspritze die gewünschte Menge Lösungsmittel, hier Acetonitril, in eine Kapselhälfte eingefüllt. Anschließend wurde das vorher abgewogene Pulver gründlich in die Lösung untergerührt. Die Kapselöffnung wurde dann sorgfältig mit einer zweiten Kapselhälfte abgedichtet. Dieser Schritt war von besonderer Bedeutung, um eine Sublimation der Lösung aufgrund des im Probenraum des SQUID-Magnetometers herrschenden Unterdruckes zu verhindern. Die diamagnetische und nahezu temperaturunabhängige Suszeptibilität der Gelatinekapseln wurde gemessen. Bei 250 K und 10 kG ergab sich ein magnetisches Moment von etwa 10-5 emu. Damit kann das magnetische Moment der Kapseln in den allermeisten Fällen gegenüber dem Signal der Lösung vernachlässigt werden. Eine genaue Korrektur des magnetischen Untergrundes der Kapsel und der Lösung war auch nicht erforderlich, da aus den Messungen nur davon unabhängige qualitative Rückschlüsse gezogen wurden. Probenhalter für Einkristallproben Für diesen Probenhalter wurde der gleiche weiße Plastikhalm wie für den Pulver-Probenhalter verwendet. An geeigneter Stelle wurde mit einem Skalpell eine Lasche eingeritzt (Bild 5.6). Auf der gegenüberliegenden Seite des Strohhalms wurde ein kleiner Schlitz eingeschnitten. Die Lasche wurde nun in den Halm hineingedrückt und mit ihrem Ende in den Schlitz gesteckt, so daß sich eine waagrechte Fläche für die Montage der Proben ergab (Bild 5.6). Der Plastikhalm wurde genauso wie oben auf etwa 18 cm Länge zugeschnitten und mit denselben Abstandshaltern (siehe Bild 5.4) an beiden Enden abgeschlossen. Das paramagnetische Moment der Öffnung im Plastikhalm und das diamagnetische Moment der Lasche heben sich auf der Skala der Scan-Länge von 3 cm praktisch auf. Das vom SQUID-Magnetometer registrierte magnetische Moment des Probenhalters war daher bei 250 K und 1 T kleiner als 10-7 emu, so daß in der Messung der magnetische Untergrund durch den Probenhalter vernachlässigt werden konnte. Die Kristalle wurden unter einem Lichtmikroskop mit Apiezonfett auf der Lasche aufgebracht. Das magnetische Moment des Fettes konnte nicht unabhängig bestimmt werden. Jedoch war die zur Befestigung des Kristalls benötigte Fettmenge sehr klein, so daß in der Messung der magnetische Untergrund des Fettes ebenfalls vernachlässigt werden konnte (Ausnahme Ni[2×2]Kristalle, siehe Kapitel 5.4). 5. Experimente 70 Lasche Kristall Bild 5.6: Probenhalter für die Kristalle. Gezeigt ist nur ein kleiner Ausschnitt des Plastikhalmes. 5.4 Durchführung der Experimente Zunächst wird auf die Punkte eingegangen, die für alle Proben gemeinsam gelten, um anschließend für einige Proben geltende zusätzliche Aspekte getrennt darzustellen. Vor jedem neuen Meßabschnitt, wie z.B. einem Temperatursweep bei neuem Magnetfeld oder einem Magnetfeldsweep bei neuer Temperatur, wurde zunächst das Magnetometer bzw. die Probe in einen magnetisch definierten Zustand gefahren. Das Magnetfeld wurde dazu im HighResolution-Mode und Oscillating-Mode auf -5000 G eingestellt und dann auf 0 G gesetzt. Dadurch konnten die durch die supraleitende Magnetspule bedingten Hystereseeffekte erstens minimiert und zweites reproduzierbar kontrolliert werden. Das Restfeld beträgt in diesem Zustand einige Gauß. Die Temperatur der Probe war dabei mindestens 50 K. Die Anzahl der Metallionen einer Probe wurde aus der Masse der Probe und dem Molgewicht der Substanz berechnet. Die in Kapitel 2 aufgelisteten Molgewichte enthalten die Liganden, die Metallionen und die Gegenionen. Eventuell vorhandenes Lösungsmittel und/oder Kristallwasser wurde nicht mit einbezogen. Mit bekannter Anzahl der Metallionen läßt sich das magnetische Moment als Anzahl Bohrscher Magnetonen pro Metallion (Einheit µB/spin) ausdrücken. Die Daten wurden nicht auf diamagnetische Beiträge oder temperaturunabhängigen Paramagnetismus korrigiert. In allen Bildern in Kapitel 6 werden die unkorrigierten Daten dargestellt. Diese Beiträge wurden jedoch im Falle einer quantitativen Auswertung mit berücksichtigt und dann direkt in die Theoriefunktion mit einbezogen. 5. Experimente 71 Pulverproben: Um eine Korrektur des magnetischen Momentes des Apiezonfettes zu ermöglichen wurde zunächst ein Tropfen Fett auf den Pulver-Probenhalter aufgebracht und sein diamagnetisches Moment mFett(250 K,10 kG) gemessen. Das Pulver wurde auf eine kleine Schaufel gefüllt und das Gesamtgewicht gemessen. Daraus und aus dem vorher gemessenen Leergewicht der Schaufel ergibt sich die Probenmasse. Das Pulver wurde nun in das noch auf dem Probenhalter befindliche Fett direkt eingerührt. Hierzu wurde ein Plastikstreifen verwendet, an dem sowohl das Pulver als auch das Fett nur sehr schlecht haften bleiben. Einkristallproben: Die Handhabung der an Luft stabilen Ni(Terpy)2- und Co[2×2]-Kristalle bereitete keine Schwierigkeiten. Die Proben konnten mit wenig Fett im Kristall-Probenhalter befestigt werden. Die Kristalle wurden jeweils für drei verschiedene Magnetfeldorientierungen gemessen. Dazu wurde der Kristall unter dem Lichtmikroskop zunächst so eingebaut, daß eine Kristallkante parallel zur Magnetfeldrichtung stand. Dies konnte mit einer Genauigkeit von ±5° erreicht werden. Nach Beendigung dieser Meßreihe wurde der Kristall im Probenhalter in eine neue Lage gebracht und erneut vermessen. Im Falle der Ni[2×2]-Kristalle wurde zunächst ein in der Lösung befindlicher Kristall unter dem Lichtmikroskop ausgewählt. Der Kristall mußte nun schnell aus der Lösung herausgenommen werden und sorgfältig in Apiezonfett eingebettet werden. Andernfalls wäre der Kristall innerhalb weniger Sekunden zerfallen. Ein Versiegeln des Kristalls mit Fett war entscheidend, und ein deutliches Untergrundsignal des Fettes war daher unvermeidlich. Dessen Anteil wurde bei 250 K zu etwa 10-20% des magnetischen Momentes der Probe abgeschätzt. Eine genauere Bestimmung war nicht möglich und die Daten wurden daher nicht korrigiert. Der im Fett eingeschlossene Kristall wurde dann in den Kristall-Probenhalter eingebaut und schnell auf 50 K abgekühlt. In diesem Temperaturbereich waren die Kristalle mindestens einige Tage lang stabil. Nachdem der Kristall gemessen wurde, wurde er direkt im Probenstab zu Pulver zerdrückt und nochmals gemessen. Auf diese Weise wurde erreicht, daß der magnetische Beitrag des Fettes für beide Messungen gleich blieb und somit die für Ni2+ typische kleine Anisotropie der Magnetisierung zuverlässig untersucht werden konnte. In einigen Fällen war es sogar möglich, den Kristall vor dem Zerdrücken in eine neue Lage zu bringen ohne daß er zerbrach, was eine Messung des Kristalls mit einer zweiten Magnetfeldorientierung erlaubte. Zuletzt wurde das Gewicht des Pulver-Fett-Gemisches bestimmt. 5. Experimente 72 Die kristallographische c-Achse und die ab-Ebene konnten mit einer Genauigkeit von ±5° parallel zum Magnetfeld ausgerichtet werden. Die a- und b-Achsen konnten nicht unterschieden werden. Die an den Kristallen durchgeführten Messungen für verschiedene Magnetfeldorientierungen konnten mit Hilfe der Messungen an den zerdrückten Kristallen miteinander verglichen werden. 5.5 Meßfehler Magnetfeld Die Magnetfeldstärke wird intern im SQUID-Magnetometer mit Hilfe der Spulenkonstanten aus dem Spulenstrom bestimmt. Wie genau der Spulenstrom eingestellt wird und wie genau die verwendete Spulenkonstante ist, wurde vom Hersteller nicht spezifiziert [Qua87]. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß diese Fehler kleiner als 1% sind und daher sicher vernachlässigt werden können. Zu berücksichtigen sind jedoch die für supraleitende Magnetspulen typischen Hystereseeffekte. Durch die in Kapitel 5.4 beschriebene Vorgehensweise waren diese Effekte zumindest für alle Messungen reproduzierbar. Bei kleinen Feldwerten ergaben sich deutliche Abweichungen zwischen eingestelltem und herrschendem Magnetfeld von etwa 25 G. Das Restfeld bei Zero-Field-Cooled-Messsungen betrug demgegenüber nur einige Gauß. Temperatur Im SQUID-Magnetometer wird eine komplizierte Thermometrie eingesetzt [Qua87]. Die Genauigkeit der Eichung der Thermometer wird vom Hersteller nicht spezifiziert. Es wurde davon ausgegangen, daß dieser Fehler vernachlässigt werden darf. Die Stabilität der Temperatur betrug bei 100 K etwa 150 mK und bei 2 K etwa 5 mK. Magnetisches Moment Das SQUID-Magnetometer wurde in der vom Hersteller vorgesehenen Weise regelmäßig geeicht [Qua87]. Als Eichprobe diente dazu die vom Hersteller mitgelieferte hochreine Palladium-Probe. Die absolute Genauigkeit der Eichung wird mit 1% spezifiziert [Qua87]. Die relative Genauigkeit wird vom Gerät für jeden Meßpunkt ermittelt und in Form einer Standardabweichung angegeben. Im Experiment wurde eine relative Genauigkeit von 0.1-1% des magnetischen Momentes beobachtet. Bei kleinen Meßsignalen ist jedoch die relative 5. Experimente 73 Genauigkeit durch die Auflösung des Gerätes nach unten hin beschränkt. Im Experiment wurden routinemäßig Auflösungen von einigen 10-8 emu erreicht. Masse der Probe Die Genauigkeit, mit der die Masse und damit die Anzahl der Metallionen in der Probe bestimmt werden konnte, erwies sich als der bedeutsamste Fehlerfaktor. Hier sind drei Faktoren zu berücksichtigen: (1) Die zur Messung der Masse verwendete Ultramikrogramm-Waage (Mettler, UMT2) wird mit einer Auflösung von 0.1 µg und einer Reproduzierbarkeit von 0.25 µg spezifiziert, was im Experiment auch erreicht wurde. Die Eichung der Waage wurde mit einem Eichgewicht von 5 mg (Klasse E2, Toleranz ± 0.006 mg, Kern & Sohn GmbH) regelmäßig überprüft. Die Abweichungen blieben dabei unterhalb der Genauigkeit der Eichprobe. Dieser Fehler kann daher auf alle Fälle vernachlässigt werden. (2) Insbesondere in den Kristallen war der Lösungsmittel- und Kristallwassergehalt nur ungenügend bekannt. Bei den Pulverproben wurde zwar kein Gewichtsverlust beim Vakuumtrocknen festgestellt (Kapitel 5.1), das heißt aber nicht notwendigerweise, daß keine Lösungsmittel- bzw. Kristallwasserrückstände mehr vorhanden sind. Hier ist anzumerken, daß z.B. ein Wasser- oder Acetonitrilmolekül pro Gittermolekül bereits einen Fehler von 0.6% bzw. 1.4% bedeuten. Für die M(Terpy)2-Komplexe verschärft sich die Situation aufgrund der geringeren Molekülmasse dementsprechend. (3) Der Einbau von Pulverproben in den Probenhalter war im Regelfall mit einem Materialverlust verbunden. Dieser konnte nicht exakt bestimmt werden, wurde jedoch für jede Pulverprobe abgeschätzt (siehe Tabelle 5.I). Durch sorgfältiges Arbeiten konnte der Materialverlust bei unter 5% gehalten werden. Orientierung der Einkristalle Die Kanten der Kristalle konnten mit einer Genauigkeit von ±5° parallel zum Magnetfeld ausgerichtet werden. Der daraus resultierende Fehler wäre kleiner als 0.5% und kann vernachlässigt werden. Inwieweit die Kristallkanten mit den magnetischen Achsen übereinstimmen, wurde bereits in Kapitel 5.1 beschrieben. 5. Experimente 74 Magnetischer Untergrund Der Beitrag des jeweiligen Probenhalters zum gemessenen magnetischen Moment wurde bereits in Kapitel 5.3 diskutiert. Reproduzierbarkeit Der Einfluß der vier letztgenannten Meßfehler auf die Bestimmung des magnetischen Momentes läßt sich aus den Abweichungen der Messungen an mehreren Proben desselben Materials abschätzen. Diese betrugen 5%, erhöhten sich bei Temperaturen von 150 K oder mehr in Einzelfällen jedoch auch bis auf fast 10%. Diese Ungenauigkeit im Absolutbetrag des magnetischen Momentes wirkt sich auf die Bestimmung des g-Faktors aus. Die Genauigkeit der g-Faktoren beträgt damit etwa 5% (wegen χ ∝ g2) bzw. ±2.5% und entspricht der üblicherweise in Magnetisierungsmessungen erreichten Genauigkeit [Ric76a, Ric76b]. Ein Unterschied zwischen den aus Magnetisierungsmessungen und den aus ESR-Messungen bestimmten gFaktoren von 2.5-5% entsprechend etwa ∆g = 0.05-0.1 ist nicht ungewöhnlich [Ric77, Fie78]. Der Meßfehler im Absolutbetrag hat auf die Bestimmung anderer Größen wie z.B. Kopplungsparametern oder Nullfeldaufspaltungen einen schwächeren Einfluß von typischerweise 1-2%. 6. Ergebnisse und Diskussion 6. 75 Ergebnisse und Diskussion 6.1 Das Cd-System In Cd[2×2] und Cd(Terpy)2 wurde ein im Rahmen der Meßgenauigkeit temperaturunabhängiges diamagnetisches Moment beobachtet, wie es für einen Komplex mit Cd2+-Ionen auch zu erwarten ist [Abr70]. Man erhält Cd(Terpy)2: χ = -1.1(±0.35)×10-3 cm3/mol = -2.0(±0.6)×10-3 µB/spin T-1; Cd[2×2]: χ = -1.1(±0.25)×10-3 cm3/mol = -2.0(±0.45)×10-3 µB/spin T-1. Der große Meßfehler resultiert daraus, daß das Signal der Probe kleiner war als das Signal des zur Probenbefestigung benutzten Fettes. Der diamagnetische Beitrag läßt sich nach folgender Regel abschätzen [Kah93]: χD ≈-0.4...0.5 M 10-6 cm3/mol wobei M die molare Masse ist. Für das Cd[2×2]-Gitter ist M = 3163 g/mol und es ergibt sich χD ≈-1.3...1.6×10-3 cm3/mol. Eine Abschätzung mittels der Pascalschen Konstanten [Kah93] ergibt χD ≈-1.5×10-3 cm3/mol. Damit ergibt sich für das Cd2+-Ion ein temperaturunabhängiger Paramagnetismus von ≈50-100×10-6 cm3/mol. Innerhalb des experimentellen Fehlers ist das diamagnetische Moment des Cd(Terpy)2-Komplexes wie erwartet mit dem des Cd[2×2]-Gitters identisch. 6.2 Nachweis einer intramolekularen antiferromagnetischen Kopplung im Co[2×2]-Gitter In diesem Kapitel soll gezeigt werden, daß die Metallionen innerhalb eines Co[2×2]-Gittermoleküls antiferromagnetisch gekoppelt sind und daß Kopplungen zwischen benachbarten Molekülen im Kristall vernachlässigbar klein sind. Da diese Beobachtung von zentraler Bedeutung ist, soll nicht nur gezeigt werden, daß die Annahme einer intramolekularen Kopplung die experimentellen Ergebnisse erklären kann, sondern möglichst auch, daß dies die einzige Möglichkeit ist, die Daten zu erklären. Die folgende Diskussion ist daher zunächst bewußt weitgehend unabhängig von speziellen Theorien gehalten worden. Bild 6.1 zeigt die Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momentes für Co[2×2]-Pulver [Bild 6.1(a)], für eine Probe bestehend aus mehreren Mikrokristallen [Bild 6.1(b)] und für eine gefrorene 4×10-4 M Lösung von Co[2×2]-Gittermolekülen [Bild 6.1(c)]. 6. Ergebnisse und Diskussion 76 Co[2x2] Pulver 50 G 0.8 x10 -3 0.6 1.0 T* 0.4 B m (µ /spin) (a) 0 10 20 30 0.5 0.0 0 (b) 10 20 30 40 50 T (K) Co[2x2] Mikrokristalle 1.4 50 G x10 -3 1.0 1.0 T* 0.8 B m (µ /spin) 1.2 0 10 20 30 0.5 0.0 0 (c) 10 20 30 40 50 T (K) Co[2x2] in Lösung 1.0 9.0 500 G B m (µ /spin) 8.0 x10 -3 7.0 T* 6.0 0.5 0 10 20 30 0.0 0 10 20 30 40 50 T (K) Bild 6.1: Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momentes des Co[2×2]-Gitters (a) als Pulver (#Co[2×2]D), (b) als Mikrokristallprobe (#Co[2×2]C) und (c) in CH3CN-Lösung (#Co[2×2]E). Magnetfelder waren 0.15, 0.5, 1, 2, 3, 4, 5, und 5.5 T von unten nach oben. Bei den Mikrokristallen wurde 2.5 T anstatt 2 T benutzt, bei der Lösung ist 0.15 T nicht dargestellt. Das Inset zeigt die Magnetisierung bei kleinen Magnetfeldern und die Definition von T*. 6. Ergebnisse und Diskussion 77 Bild 6.1(c) wurde erhalten, indem χ = -0.34 µB/(spin T) von den Daten abgezogen wurde, um den magnetischen Beitrag der Gelkapseln und der Acetonitril-Lösung mit zu berücksichtigen. Die signifikant kleineren Werte des magnetischen Momentes der Lösung bei kleineren Temperaturen werden auf die grobe Korrektur dieser Beiträge zurückgeführt. Die gemessenen Zero-Field-Cooled- und Field-Cooled-Kurven stimmen überein. Dies ist für die diesbezüglich kritischste Mikrokristallprobe in Bild 6.2 gezeigt. In m(B)-Magnetisierungsmessungen konnte keine Hysterese beobachtet werden. Dies zeigt, daß langreichweitige Kopplungen bzw. kollektive Effekte zumindest so schwach sind, daß sie in dieser Arbeit sicher vernachlässigt werden können. Hierbei bezeichnet m(B) eine Messung als Funktion des Magnetfeldes bei konstanter Temperatur, und entsprechendes gilt für m(T). Weiterhin zeigen, wie in Bild 6.1 klar zu erkennen ist, alle drei Proben offensichtlich das gleiche magnetische Verhalten. Insbesondere weisen die Magnetisierungsmessungen bei kleineren Magnetfeldern in allen Fällen Maxima bei T* ≈7.5 K auf (siehe Insets von Bild 6.1). T* ist also unabhängig vom mittleren Abstand der Co[2×2]-Gitter, welcher von etwa 20 Å in der Mikrokristallprobe bis auf immerhin etwa 160 Å in der Lösungsprobe variiert wurde. Der Magnetismus im Co[2×2] ist also intramolekular, d.h. eine Eigenschaft eines einzelnen Gittermoleküls. Eine Bildung von Molekülclustern in der Lösung, die zu intermolekularen Kopplungen führen könnte, kann in den verwendeten frisch angesetzten Lösungen wegen der guten Löslichkeit der Gittermoleküle [Han97b] und ihrer geringen Konzentration ausgeschlossen werden. Wie im Folgenden noch weiter ausgeführt wird, ist das Maximum bei T* die Signatur einer antiferromagnetischen Kopplung, wobei T* direkt mit der Kopplungsstärke verknüpft ist. Bild 6.1 demonstriert, daß die Kopplungskonstante unabhängig vom Abstand der Gittermoleküle ist. Die magnetischen Eigenschaften der Co[2×2]-Gittermoleküle resultieren aus einer antiferromagnetischen, intramolekularen Kopplung der vier Co2+ Spins, unbeeinflußt durch langreichweitige und/oder intermolekulare Effekte [Wal97]. 6. Ergebnisse und Diskussion 78 Co[2x2] Mikrokristalle 1.4 Zero-Field-Cooled Field-Cooled 1.2 B m (µ /spin) x10 -3 1.0 B = 50 G 0.8 0 10 20 30 40 50 T (K) Bild 6.2: Zero-Field-Cooled- und Field-Cooled-Kurven für Co[2×2]-Mikrokristalle (#Co[2×2]C). Qualitativ lassen sich die Meßkurven in Bild 6.1 nun leicht verstehen. Bei hohen Temperaturen, wenn die thermische Energie die Kopplungsenergie und magnetische Energie µBB überwiegt, sind die Spins bevorzugt in Richtung des Magnetfeldes ausgerichtet, und die Magnetisierung verhält sich paramagnetisch, also etwa proportional zu 1/T. Dieser Bereich ist beim Co[2×2] für Temperaturen größer als ca. 20 K zu sehen (Bild 6.1). Werden die Temperaturen kleiner, so wird die Kopplungsenergie zunehmend wichtiger. Die Spins neigen immer mehr dazu, sich antiparallel auszurichten. Im Falle der [2×2]-Systeme tendiert die Magnetisierung gegen Null, die Magnetisierung „friert“ aus. Bei einer durch die Kopplungsenergie definierten charakteristischen Temperatur wird somit ein Maximum durchlaufen. Die Kopplungsstärke im Co[2×2] sollte folglich einige Kelvin betragen. Ist jedoch das angelegte Magnetfeld so groß, daß die magnetische Energie die Kopplungsenergie überwiegt, so wird die durch die Kopplung favorisierte antiparallele Ausrichtung der Spins durch die durch das Magnetfeld favorisierte parallele Ausrichtung überspielt. Dieser Fall tritt beim Co[2×2] oberhalb etwa 3.5 T auf (Bild 6.1). In einem m(B)-Experiment bei Temperaturen die deutlich kleiner sind als die Kopplungsstärke, werden ausgehend von dem antiparallel ausgerichteten Zustand mit zunehmendem Magnetfeld die verschiedenen Kopplungszustände durchlaufen, was zu sogenannten Magnetisierungsstufen führt [Vu92, Bin92, Can96]. m(B)-Messungen an Co[2×2] werden in Kapitel 6.3 vorgestellt. 6. Ergebnisse und Diskussion 79 Das eben beschriebene Verhalten der Magnetisierung beruht im Wesentlichen jedoch nur darauf, daß der Grundzustand ein Singulett, also unmagnetisch ist. Prinzipiell könnte jeder andere Effekt, der in einem Singulett als Grundzustand resultiert, zu ähnlichen Magnetisierungskurven wie im Falle einer antiferromagnetischen Kopplung führen. Es reicht aber aus, nur die Effekte zu betrachten, die ein einzelnes magnetisches Ion betreffen, denn jeder Effekt, in dem zwei oder mehr magnetische Ionen involviert sind und der zu Magnetisierungskurven wie oben beschrieben führt, würde sozusagen nach Definition als antiferromagnetische Kopplung bezeichnet werden. Wie in Kapitel 4.2 dargelegt, wird die Magnetisierung einzelner Ionen durch die Ligandenfeldtheorie beschrieben. Diese liefert für Co2+-Ionen einen in jedem Fall entarteten Grundzustand, also kein Singulett. Dies ist eine Folge des Kramer-Theorems: Ein System mit einer ungeraden Anzahl von Elektronen (wie z.B. das Co2+) kann nur geradzahlige Entartungen aufweisen, solange das Magnetfeld Null ist [Pak73]. Stevens weist in [Ste97a] darauf hin, daß dieses häufig zitierte Theorem jedoch mit Bedacht verwendet werden sollte. Daß der Grundzustand der Co2+-Ionen tatsächlich kein Singulett und damit das Maximum bei T* die Folge einer antiferromagnetische Kopplung ist, konnte durch die Untersuchung der Co(Terpy)2-Komplexe überzeugend belegt werden - ohne auf theoretische Überlegungen angewiesen zu sein. Es ist offensichtlich, daß Co(Terpy)2 das geeignete System für einen Vergleich mit Co[2×2] ist, da das Co2+-Ion dieselbe chemische Umgebung und Koordination zu den Liganden besitzt, jedoch nicht magnetisch gekoppelt ist. Ohne magnetische Kopplung sollten daher die magnetischen Eigenschaften von Co[2×2] und Co(Terpy)2 ähnlich sein. In Bild 6.3(a) ist das magnetischen Moment von Co(Terpy)2-Pulver als Funktion der Temperatur dargestellt. Der Unterschied zum Co[2×2] ist offensichtlich, insbesondere ist das typische Maximum nicht vorhanden. Dies ist ein klarer Beleg dafür, daß die Magnetisierung des Co[2×2] die Konsequenz einer antiferromagnetischen Kopplung ist. 6. Ergebnisse und Diskussion 80 Co(terpy) Pulver (a) 2 2.0 5.5 T B m (µ /spin) 4T 1.5 2T 1T 1.0 0.5 T 50 mT 0.5 0.0 0 10 20 30 40 50 T (K) B m (µ /spin) (b) 2.0 1.5 S = 1/2 g = 1.25 xy g = 7.0 z 0.2 1.0 0.1 5.5 T 0.5 0.0 0.0 1T 0.0 0.00 0.5 0.02 1.0 0.04 1.5 0.06 2.0 µ B/k T B B Bild 6.3: Magnetisches Moment einer Co(Terpy)2-Pulverprobe (#Co[1×1]B). (a) Magnetisches Moment als Funktion der Temperatur. Linien sind Hilfen für die Augen. (b) Magnetisches Moment als Funktion der reduzierten Variablen µBB/kBT. Zusätzlich zu den Daten aus (a) sind noch die Daten für 3 T und 5 T eingetragen. Die dargestellten Daten wurden durch Subtraktion von χ = 0.0186 µB/(spin T) erhalten. Die durchgezogene Linie ist ein Fit (siehe Text). Das Inset zeigt eine Abweichung vom Skalierungsverhalten für Temperaturen größer etwa 100 K. 6. Ergebnisse und Diskussion 81 Der Vollständigkeit halber soll nun noch die Entartung des Grundzustandes untersucht werden. In Bild 6.3(b) sind die Meßdaten vom Co(Terpy)2 gegen die reduzierte Variable x = µBB/kBT aufgetragen, wobei ein konstantes magnetisches Moment von χ0 = 0.0186 µB/(spin T) abgezogen worden ist. Die Ursache dieses Beitrages wird in Kapitel 6.3 diskutiert. Die Daten zeigen ein Skalierungsverhalten, d.h. für das magnetische Moment gilt m(B,T) = m0(x) + χ0B, (6.1) wobei m0(x) die durch die Daten gebildete Kurve aus Bild 6.3(b) ist. m0(x) kann gut durch den Spin-Hamiltonian H = µ B g xy ( B x S x + B y S y ) + µ B g z B z S z (6.2) mit S = 1/2, gxy ≈1.25 und gz = 7.0 beschrieben werden [Bild 6.3(b)]. Bemerkenswert ist die große uniaxiale Anisotropie, die es erlaubte diese eindeutig zu bestimmen (siehe Kapitel 4.5). Eine mögliche Anisotropie von gx und gy kann nicht ermittelt werden, wie in Kapitel 4.5 erläutert wurde. Es ist zu bemerken daß es nicht möglich war, die Daten mit S > 1/2 zu beschreiben. Der Grundzustand des Co2+ ist also ein Dublett. Das Inset von Bild 6.3(b) zeigt eine Abweichung von dem Skalierungsverhalten für Temperaturen größer als etwa 100 K. Dies deutet auf eine thermische Besetzung höher liegender Zustände hin. Aus Bild 6.3(b) kann die Stärke einer möglichen intermolekularen Kopplung grob abgeschätzt werden. Die Molekularfeldnäherung zeigt, daß das auf die Spins wirkende Magnetfeld um das Molekularfeld ergänzt werden muß [Kit89]: B = B ext + B MF . (6.3) Bext bezeichnet das extern angelegte Magnetfeld und BMF das Molekularfeld. Dies kann in Gl. (6.1) eingesetzt und die so berechnete Magnetisierung mit dem Experiment verglichen werden. Daraus kann eine obere Grenze für BMF von etwa 10 mT abgeschätzt werden, da ansonsten die Skalierung stärker verletzt würde als es die Daten in Bild 6.3(b) zulassen. In ESRUntersuchungen an Cu(Terpy)2(PF2)2 wurden Anzeichen für eine schwache magnetische Wechselwirkung zwischen den Cu-Polyedern beobachtet [Fol90]. Diese sollte jedoch deutlich kleiner als 100 mT sein [Rei97], in Übereinstimmung mit obiger Abschätzung. Wegen µBBMF ≈kBΘ ergibt sich eine Curie-Weiss-Konstante von wenigen 10 mK, die damit deutlich kleiner ist als die im Co[2×2] beobachtete intramolekulare Kopplungsstärke von einigen Kelvin. Wegen der Ähnlichkeit der Liganden sollte diese Abschätzung auf Co[2×2] übertragbar sein. Zum Vergleich sei hier die Ordnungstemperatur von CMN (2Ce(NO3)3⋅3Mg(NO3)2⋅24H2O) angeführt, die etwa 2 mK beträgt. CMN ist das Salz mit der niedrigsten bekannten Ordnungstemperatur [Pob95]. 6. Ergebnisse und Diskussion 82 Um eine magnetische Kopplung nachzuweisen, wird üblicherweise auch die inverse Suszeptibilität betrachtet. In Bild 6.4 ist diese als Funktion der Temperatur für Co[2×2]-Pulver aufgetragen. Die Magnetisierung kann für T > 50 K gut durch ein Curie-Weiss-Gesetz beschrieben werden, wobei sich C ≈5 (µB K)/(spin T) und Θ ≈-25 K ergibt. Eine negative Curie-WeissKonstante Θ wird häufig als Beleg für eine antiferromagnetische Kopplung angesehen. Solch kleine Werte für Θ können aber auch das Resultat einer Ligandenfeldaufspaltung sein [Fli61, Kah93]. Tatsächlich folgt die Suszeptibilität von Co2+-Ionen in einem oktaedrischen Ligandenfeld im Temperaturbereich 50-320 K nahezu einem Curie-Weiss-Gesetz mit Θ ≈-20 K [Mab73]. Aus Θ < 0 kann daher keine weitere Unterstützung für eine antiferromagnetische Kopplung abgeleitet werden. Co[2x2] Pulver B χ -1 (T (µ /spin) -1 ) 40 30 Θ =-26 K 20 10 B=1T 0 -50 0 50 100 150 200 250 T (K) Bild 6.4: Temperaturabhängigkeit der inversen Suszeptibilität der #Co[2×2]F-Pulverprobe. Die Curie-Weiss-Konstante bestimmt sich zu Θ = -26 K. 6. Ergebnisse und Diskussion 83 6.3 Detaillierte Beschreibung des Magnetismus im Co-System In diesem Kapitel wird die Magnetisierung der Co[2×2]-Gittermoleküle im Rahmen des SpinHamilton-Formalismus im Detail diskutiert. Hierzu ist es sinnvoll, zunächst den Co(Terpy)2Komplex zu untersuchen, da daraus nützliche Informationen für die anschließende Diskussion des Co[2×2]-Gitter abgeleitet werden können. Co(Terpy)2(PF6)2-Komplex Die bereits in Kapitel 6.2 erhaltenen Informationen über die Magnetisierung des Co(Terpy)2 lassen sich so zusammenfassen: Für Temperaturen kleiner als etwa 50 K ist nur der Grundzustand thermisch besetzt, der mit S' = 1/2, gxy' ≈1.25, gz' = 7.0 und χ0' = 0.0186 µB/(spin T) charakterisiert wurde (die für den Grundzustand geltenden Größen werden in diesem Kapitel durch gestrichene Größen gekennzeichnet). Oberhalb von etwa 100 K wurden Abweichungen vom Skalierungsverhalten (6.1) beobachtet. Das in Kapitel 3 beschriebene Verhalten der anderen Co(Terpy)2-Komplexe legt die Vermutung nahe, daß die Abweichung vom Skalierungsverhalten auf einen Low-Spin – High-SpinÜbergang zurückzuführen sein könnte. Dies kann jedoch aus folgenden Gründen ausgeschlossen werden. Bei tiefen Temperaturen liegt kein Low-Spin-Zustand vor, obwohl S' = 1/2 ist: Der mittlere g-Faktor von Low-Spin-Co2+ wurde zu g = 2.12 bestimmt [Kre82], im deutlichen Gegensatz zu dem aus den beobachteten g'-Faktoren bestimmten g' = 4.17. Weiterhin deutet das effektive magnetische Moment bei 250 K von µeff ≈4.5 auch bei hohen Temperaturen auf einen High-Spin-Zustand hin. Für Co(Terpy)2(ClO4)2⋅0.5H20 wurde bei 300 K ein effektives Moment von µeff ≈4 gefunden und der Low-Spin-Anteil zu etwa 30% bestimmt [Kre82]. Im Co(Terpy)2(PF6)2 sollte wegen des signifikant größeren effektiven Moments der Low-SpinAnteil daher deutlich kleiner als 30% sein. Insgesamt gilt also, daß ein eventueller Low-SpinBeitrag zur Magnetisierung des Co(Terpy)2(PF6)2, wenn vorhanden, zumindest sehr klein ist. Als weitere Erklärung für die beobachteten Abweichungen von Gl. (6.1) oberhalb 100 K bietet sich an, diese als einen Effekt der thermischen Besetzung energetisch höher liegender Zustände zu interpretieren. Auf die Existenz von Zuständen, die etwa 100-300 K über dem Grundzustand liegen, weist auch die relativ große paramagnetische Suszeptibilität χ0' hin, welche in diesem Fall das Ergebnis eines Beitrages zur Magnetisierung aus 2. Ordnung Störungstheorie wäre. Dieser Beitrag läßt sich größenordnungsmäßig zu χP ≈µBg2/∆ abschätzen. ∆ ist der Energieabstand zwischen Grundzustand und höheren Zuständen. Für g darf hier nicht der für das Grundzustandsdublett beobachtete g-Faktor eingesetzt werden, sondern es ist der für eine vollständige Theorie relevante g-Faktor zu wählen, welcher in jedem Fall nahe bei g0 = 2 liegt, also z.B. 6. Ergebnisse und Diskussion 84 g = 2.2. Nimmt man weiterhin ∆ = 150 K an, so ergibt sich χP ≈0.022 µB/(spin T) was von der selben Größenordnung wie χ0' ist. Für die Beschreibung des Co(Terpy)2 kommen sowohl der in Kapitel 4.2 diskutierte effektive Hamiltonian für den 4T1-Zustand H„T‘ (4.28), als auch der Spin-Hamiltonian für ein Bahnsingulett HS (4.24), in Betracht. Für den effektiven Hamiltonian für den 4T1-Zustand ist dies mit einen Blick auf Bild 4.7 direkt erkennbar. Das Spektrum weist Zustände im relevanten Energiebereich auf und die g'-Faktoren des Grundzustandsdubletts liegen im richtigen Wertebereich. Auf der anderen Seite resultiert der Spin-Hamiltonian für ein Bahnsingulett im Falle einer nichtverschwindenden Nullfeldaufspaltung ebenfalls in einem Grundzustandsdublett, sowie in einem zusätzlichen, energetisch höher liegenden Dublett (Kapitel 4.2). Auch die beobachteten g'-Faktoren des Grundzustandsdubletts können für D < 0 erklärt werden, denn in diesem Fall gilt z.B. gz' ≈3gz » 2, wie Gl. (4.25) zeigt. Eine Entscheidung zugunsten des einen oder anderen Hamiltonians aufgrund ihrer verschiedenen Gültigkeitsbereiche, T ≈λ bzw. T » λ, ist kaum möglich, da im Falle des Co2+-Ions, wie von Abragam und Pryce bemerkt wurde [Abr50], die Art der Aufspaltung des 4T1-Zustands durch Ligandenfelder schwer aus der Kristallstruktur erschlossen werden kann. Im Folgenden werden daher beide Modelle untersucht. Spin-Hamiltonian für Bahnsingulett: Für die Beschreibung der Meßdaten wurde der Spin-Hamiltonian für ein Bahnsingulett als H S = DS 2z + E(S 2x − S 2y ) + µ B g xy (S x B x + S y B y ) + µ B g z S z B z − 1 2 χ0 B2 (6.4) angesetzt, d.h. eine Anisotropie zwischen gx und gy wurde vernachlässigt. Die aus Gl. (6.4) numerisch berechnete Magnetisierung wurde mittels üblicher Least-Square-Fitalgorithmen an die Daten im gesamten gemessenen Temperatur- und Magnetfeldbereich angepaßt. Um die Signifikanz der erhaltenen Parameter zu testen und um eventuelle Ungenauigkeiten in der Untergrundkorrektur (Kapitel 5.3) zu simulieren, wurde auch eine temperaturunabhängige Suszeptibilität χ0 zugelassen. Es zeigte sich jedoch, daß χ0 wenig Einfluß auf die anderen Parameter hatte und zudem die Qualität der Anpassung nicht verbessern konnte. Es wurde daher χ0 = 0 gewählt. Der Hamiltonian (6.4) konnte die Daten für alle Co(Terpy)2-Proben im gesamten Temperaturund Magnetfeldbereich gut reproduzieren. Das wird für die Probe #Co[1×1]B in Bild 6.5 demonstriert. Für die Parameter ergaben sich D = -85 K, E = -20 K, gxy = 2.2, und gz = 2.35. Es wurde eine kleine Variation der Parameter beobachtet, je nachdem ob die Daten als m(B,T), m(B,T)/B, oder m(B,T)×T/B an die Rechnungen angepaßt wurden. Die Unterschiede waren jedoch kleiner als der experimentelle Fehler (Kapitel 5.5). 6. Ergebnisse und Diskussion 85 Co(terpy) Pulver 2 (a) 2.0 5.5 T 4.0 T B m (µ /spin) 1.5 2.0 T 1.0 T 1.0 0.5 T 0.5 0.0 0 50 100 150 200 250 T (K) B m (µ /spin) (b) 2.0 1.5 0.3 1.0 0.2 0.1 0.5 0.0 0.0 0.0 0.00 0.5 0.02 1.0 0.04 1.5 0.06 2.0 µ B/k T B B Bild 6.5: Magnetisches Moment von Co(Terpy)2-Pulver (#Co[1×1]B) als Funktion (a) der Temperatur und (b) der reduzierten Variablen µBB/kBT für die Magnetfelder 0.5, 1, 2, 4, und 5.5 T. Die durchgezogenen Linien repräsentieren Berechnungen mit dem Hamiltonian HS (6.4). Die Parameter waren D = -86.65 K, E = 19.19 K, gxy = 2.31, gz = 2.40. 6. Ergebnisse und Diskussion 86 In jedem Fall wurde aber gxy < gz erhalten. Dies ist wegen Gl. (4.22) mit D < 0 konsistent. Die Anisotropie von gz - gxy ≈0.15 erscheint jedoch als etwas zu klein, denn aus Gl. (4.22) würde mit D = -85 K und λ = λ0 = -240 K immerhin g z - gxy = 0.7 folgen. Die Berücksichtigung eines kleinen Low-Spin-Anteils ρ zur Magnetisierung in der Form m = (1-ρ) mHigh-Spin + ρ mLow-Spin [Kre82] brachte keine Verbesserung der Anpassung und lieferte teilweise sogar ρ < 0. Effektiver Hamiltonian für ein 4T1-Zustand: Hier wurde der Hamiltonian in der Form wie in Gl. (4.24) angesetzt und wird der Übersichtlichkeit wegen noch einmal angeschrieben: H 4T = δ ( l2z − 1) − 1 3 2 α ⊥ λ0 ( lx S x + ly S y ) − 3 2 α ||λ0 (lz S z ) + (6.5) + µ B [ − β⊥ ( lx B x + l y B y ) + 2(S x B x + S y B y )] + µ B ( − β|| lz + 2S z )B z . 3 2 3 2 Die aus Gl. (6.5) berechnete Magnetisierung wurde wie oben an die Daten angepaßt. Die Übereinstimmung der Fitkurven mit den Daten war ähnlich gut wie im Falle des Spin-Hamiltonians für ein Bahnsingulett, allerdings konnte kein eindeutiger und konsistenter Parametersatz erhalten werden. Das soll anhand Tabelle 6.I dargelegt werden. In dieser sind vier verschiedene Parametersätze aufgelistet, die alle zu vergleichbar guten Anpassungen an die Daten führten. Für δ> 0 konnte nur der in der ersten Zeile von Tabelle 6.I angegebene Parametersatz die Daten beschreiben. Die α- und β-Parameter sind zwar alle kleiner als 1, wie es zu erwarten ist (Kapitel 4.2), jedoch ist α || > β||. Das würde bedeuten, daß der Bahnreduktionsfaktor k|| > 1 ist, was physikalisch unsinnig ist. Für δ< 0 konnten gleich mehrere Parametersätze die Daten reproduzieren. Drei davon sind in Tabelle 6.I aufgelistet. Die Parametersätze 3 und 4 sind erneut unsinnig weil sowohl α || > β|| als auch β⊥ > 1 ist. Der Parametersatz 2 ist der einzige sinnvolle Parametersatz der gefunden werden konnte, auch wenn die α's und β's etwas zu klein erscheinen. Die Beobachtung, daß sowohl der Betrag als auch das Vorzeichen von δnicht eindeutig bestimmbar sind, wurde auch für eine Reihe anderer Co2+-Verbindungen berichtet [Fig68]. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß sowohl der Hamiltonian HS als auch H„T‘ zu guten Anpassungen an die Daten führten und eine eindeutige Entscheidung deswegen schwer möglich ist. Jedoch spricht die Konsistenz und Stabilität der Parameter eher für den SpinHamiltonian HS (6.4). 6. Ergebnisse und Diskussion 87 δ[K] α⊥ α || β⊥ β|| χ2 (×10-3) 1. 204.0 0.220 0.802 0.514 0.622 1.07 2. -69.7 0.212 0.444 0.271 0.565 1.41 3. -1554.0 0.512 0.513 1.212 0.452 1.44 4. -3267.45 0.709 0.508 1.714 0.437 1.43 Tabelle 6.I: Vier verschiedene Parametersätze des Hamiltonians (6.5) welche die Daten gut beschreiben konnten (siehe Text). Der Parameter χ2 ist ein Maß für die Qualität der Fits, wobei jedoch der Unterschied zwischen 1.07×10-3 und 1.43×10-3 praktisch unmerklich ist. Co[2×2]-Gitter In Kapitel 6.2 wurde bereits gezeigt, daß die Magnetisierung des Co[2×2] in niedrigen Magnetfeldern bei etwa 7.5 K ein Maximum durchläuft, welches jedoch in höheren Magnetfeldern verschwindet. Dieses Verhalten wurde mittels Magnetisierungsmessungen als Funktion des Magnetfeldes bei 2 K genauer untersucht. Das Resultat ist in Bild 6.6(a) dargestellt. Auffällig ist die große Anfangssteigung der m(B)-Kurve, entsprechend einer Suszeptibilität von etwa 0.1 µB/(spin T). Bei B2* = 3.5 T ist eine Stufe in der Magnetisierung zu erkennen, die mit dem Verschwinden des Maximums in den Kurven als Funktion der Temperatur verknüpft ist, wie Bild 6.5(b) demonstriert. Wird χB mit χ = 0.1 µB/(spin T) von den Daten subtrahiert, so ist eine zweite, sehr schwache Struktur bei etwa B1* = 0.35 T zu beobachten [Inset von Bild 6.6(a)]. Der für die Beschreibung der Magnetisierung von gekoppelten Co2+-Ionen geeignete SpinHamiltonian ist nicht einfach aufzufinden, wie am Anfang von Kapitel 4.3 dargelegt wurde. Zunächst ist zu fragen, ob die Co2+-Ionen im Co[2×2] im High-Spin- oder Low-Spin-Zustand vorliegen. Die in Kapitel 3 angegebenen Co-N-Bindungslängen deuten im Zusammenhang mit der in Bild 3.3 dargestellten Korrelation zwischen Bindungslängen und effektivem magnetischen Moment eindeutig auf einen High-Spin-Zustand hin. Dies wird durch das beobachtete effektive Moment von µeff = 4.7 bei 250 K weiter untermauert. Wie am Co(Terpy)2 dargelegt wurde, kommen für den Einzel-Ionen-Anteil des Hamiltonians sowohl der effektive Hamiltonian für einen 4T1-Zustand H„T‘ als auch der Spin-Hamiltonian für Ionen mit Bahnentartung HS in Betracht. Im Weiteren wird jedoch, motiviert durch die Ergebnisse am Co(Terpy)2 und der einfacheren theoretischen Behandlung wegen, zunächst der Spin-Hamiltonian HS betrachtet. Auf die Situation bei Verwendung des effektive Hamiltonian für einen 4T1-Zustand wird am Ende des Kapitels kurz eingegangen. 6. Ergebnisse und Diskussion 88 Co[2x2] Pulver (a) 1.5 2.0 B*1 x10 -3 m (µ /spin) 1.0 1.0 B 0.0 0.0 0.5 1.0 1.5 0.5 B*2 T=2K 0.0 0 1 2 3 4 5 B (T) (b) 1.0 3.9 T 0.8 3.5 T 3.3 T B*2 B m (µ /spin) 3.7 T 3.1 T 0.6 0.4 0 5 10 15 20 T (K) Bild 6.6: (a) Feldabhängigkeit des magnetischen Momentes von Co[2×2]-Pulver (#Co[2×2]F) bei T = 2 K. Die durchgezogenen Pfeile markieren zwei im Text diskutierte Strukturen. Die Daten im Inset wurden durch Subtraktion von χ = 0.1 µB/(spin T) erhalten. (b) Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momentes von Co[2×2]-Pulver (#Co[2×2]F) bei verschiedenen Magnetfeldern. 6. Ergebnisse und Diskussion 89 Für den Anteil zum Hamiltonian, der die Kopplung beschreibt, wird hier von einer isotrope Heisenberg-Kopplung ausgegangen. Der für die folgende Diskussion verwendete SpinHamiltonian schreibt sich daher insgesamt als H Ex = H AF + 4 ∑ [ DS 2 iz + E i (Six2 − Siy2 ) + µ B g xy (Six B x + S iy B y ) + µ B g z Siz Bz ], i =1 (6.6) H AF = − J (S1 ⋅S 2 + S 2 ⋅S 3 + S 3 ⋅S 4 + S 4 ⋅S1 ). Hierbei ist, um der Symmetrie des [2×2]-Gitters gerecht zu werden, E1 = E3 = E und E2 = E4 = -E einzusetzen. Anwendbarkeit von HEx: Obwohl aus theoretischer Sicht nicht erwartet werden kann, daß HEx den korrekten SpinHamiltonian darstellt (Kapitel 4.3), so ist HEx jedoch möglicherweise allgemeiner anwendbar als zunächst vermutet würde, wie folgende Überlegung nahelegt: Der elektrostatische Hamiltonian für zwei Kerne A und B kann, wie in Gl. (4.35) gezeigt wurde in vier Anteile zerlegt werden, HA + HB + HL + Hee,A↔ B. Im Rahmen der Ligandenfeldtheorie lassen sich H A und HB jeweils durch den Hamiltonian Gl. (4.9) ausdrücken. Der Ligand trägt nur ein diamagnetisches Moment zur Magnetisierung bei. HL braucht daher nicht weiter berücksichtigt werden. Nun soll angenommen werden, daß die Austauschkopplung zwischen den einzelnen Elektronen des einen und des anderen Kernes durch H ee,A ↔ B =− ∑ j nm s An ⋅s Bm (6.7) m ,n beschrieben werden kann, wobei n die Elektronen des Kernes A und m die des Kernes B numeriert. Mit Gl. (4.9) erhält man nun den Hamiltonian H= ( K i + Ti ) + i = A ,B ∑ ∑ (ξl ⋅s) n in − ∑j m ,n s nm An ⋅s Bm + ∑ ∑ [µ B ( l in + 2s in ) ⋅B] , (6.8) i = A,B n wobei die Einzelionen-Terme für die kinetische Energie, die Coulomb-Energie und die ElektronElektron-Wechselwirkung nicht mit angeschrieben wurden. Die experimentellen Beobachtungen aus Kapitel 6.2 zeigen, daß die Kopplung im Co[2×2] sehr schwach, d.h. von der Größenordnung einiger Kelvin, ist. In der störungstheoretischen Behandlung des Hamiltonians (6.8) ist daher zunächst der erste Term zu lösen. Dies wurde in Kapitel 4.2 bereits durchgeführt. Bei Beschränkung auf das niedrigste LS-Multiplett wurde Gl. (4.14) erhalten. Innerhalb dieses LS-Multipletts 6. Ergebnisse und Diskussion 90 und mit der Annahme daß die Kopplung jnm für alle Elektronen gleich ist, kann der Kopplungsterm Gl. (6.7) in die Heisenberg-Form umgeschrieben werden mit dem Endresultat H = − JS A ⋅S B + ∑ [K i + Ti + λL i ⋅S i + (L i + 2S i ) ⋅B] , (6.9) i =A , B was im Falle von vier gekoppelten Kernen und dem Grenzfall T » λauf HEx führt. Der wesentliche Punkt dieser Überlegung war, daß die Kopplung schwächer als die Spin-BahnKopplung und/oder Ligandenfelder angenommen wurde. Dies führte zu dem Resultat, daß, mit Hinblick auf den verallgemeinerten Spin-Hamiltonian HSS (4.29), in 1. Näherung BahnVariablen zur Beschreibung der Kopplung nicht nötig sind, solange die Kopplung der individuellen Elektronen durch Gl. (6.7) beschrieben werden kann. Aus experimenteller Sicht ist zu erwarten, daß ein Hamiltonian mit mehr Parametern als HEx eine zu große Freiheit in der Beschreibung von Magnetisierungsmessungen alleine erlaubt. Hier sei auf das Beispiel des effektiven Hamiltonian für einen 4T1-Zustand beim Co(Terpy)2 hingewiesen. HEx mit D = E = 0: Für den Fall D = E = 0 entspricht HEx bis auf die g-Faktor-Anisotropie dem in Kapitel 4.3 vorgestellten [2×2]-Heisenberg-Hamiltonian und wie dort gezeigt wurde kann HEx exakt gelöst werden. Es wird daher zunächst untersucht, inwieweit dieser Grenzfall die Daten beschreiben kann. Die berechnete Suszeptibilität weist bei kBT* = 2.5564 |J| ein Maximum auf, wobei χ(T*) = 0.1179 g2/|J/kB| µB/spin K T-1 gilt. In Kapitel 4.3 wurde gezeigt, daß das Spektrum bei Bn* = n|J|/(µBg), n = 1-6, Level-Crossings aufweist. Diese führen bei sehr kleinen Temperaturen in den m(B)-Magnetisierungskurven zu Stufen bei Bn* [Vu92, Bin92]. Aus T* läßt sich nun |J| und daraus dann über χ(T*) und Bn* der g-Faktor bestimmen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 6.II zusammen mit den experimentellen Werten aufgeführt. Die auffälligste Diskrepanz ergibt sich für B1*/B2*, was auf eine signifikante Anisotropie der Kopplung hinweist. Die für J = -2.9 K und g = 2.4 berechneten Magnetisierungskurven sind in Bild 6.7 dargestellt. Obwohl die Kurven in Bild 6.7(a) auf den ersten Blick ähnlich wie die in Bild 6.1 aussehen, lassen sich doch bei hohen Magnetfeldern und tiefen Temperaturen deutliche Unterschiede erkennen, wie insbesondere ein Vergleich von Bild 6.7 und Bild 6.6 zeigt. So weist die berechnete m(B)-Magnetisierungskurve bei 2 K noch keine Anzeichen von Magnetisierungs-stufen auf. Erst bei tieferen Temperaturen werden diese sichtbar [Bild 6.7(b)]. 6. Ergebnisse und Diskussion 91 (a) 1.5 J = -2.9 K D=0 1.0 E=0 B m (µ /spin) g = 2.4 0.5 5.5 T 0.5 T 50 0.0 0 (b) 1.5 10 20 T (K) 30 40 T=2K 1.0 B m (µ /spin) T = 0.5 K B*2 0.5 B*1 0.0 0 1 2 3 4 5 B (T) Bild 6.7: Für den Hamiltonian HEx berechnete Magnetisierungskurven, mit J = -2.9 K, g = 2.4, und D = E = 0. (a) Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momentes für die Magnetfelder 0.5, 1, 2, 3, 3.1, 3.2, 3.3, 3.4, 3.5, 3.6, 3.7, 3.8, 3.9, 4, 5 und 5.5 T. (b) Magnetfeldabhängigkeit des magnetischen Momentes für T = 2 K und 0.5 K. Mit B1* und B2* sind die ersten zwei bei tieferen Temperaturen auftretenden Magnetisierungsstufen gekennzeichnet. 6. Ergebnisse und Diskussion 92 Experiment HEx mit D = E =0 HEx mit D <0, E =0 µeff = 4.7 ⇒ g = 2.43 ⇒ g = 2.43 T* = 7.5 K ⇒ J = -2.93 K ⇒ J = -1.38 K (Jz' = -12.45 K) χ(T*) = 0.186 µB/(spin T) ⇒ g = 2.15 ⇒ g = 2.58 (gz' = 7.74) B2* = 3.5 T ⇒ g = 2.49 ⇒ g = 1.77 (gz' = 5.30) B1*/B2* = 0.1 B1*/B2* = 0.5 keine zweite Stufe Tabelle 6.II: Vergleich einiger im Text diskutierter Parameter. Links sind die experimentellen Werte aufgelistet und in der Mitte bzw. Rechts die daraus mittels der im Text angegeben Beziehungen berechneten Größen. Die Werte in Klammern in der dritten Spalte beziehen sich auf den Hamiltonian HEx' für das Grundzustandsmultiplett (siehe Text). Die Ergebnisse am Co(Terpy)2 bezüglich der Nullfeldaufspaltung legen es nahe, daß auch im Co[2×2] die Parameter D und E vergleichsweise groß sind, und daher anstatt D = E = 0 der Grenzfall |D| » |J|, |E| » |J|, mit D < 0 zu betrachten ist. Weiterhin wurde in Messungen an einem Co[2×2]-Kristall eine ausgeprägte Anisotropie der Magnetisierung bei kleinen Temperaturen beobachtet. In Bild 6.8 ist das magnetische Moment des Kristalls als Funktion des Magnetfeldes bei 1.9 K für drei verschiedene Magnetfeldorientierungen dargestellt. Die Orientierung mit der größten Anisotropie wurde wie üblich in die z-Richtung gelegt. Der Absolutwert des magnetischen Momentes wurde grob aus einem Vergleich der Daten bei 50 K mit den Messungen an Co[2×2]-Pulvern bestimmt. mz zeigt das für eine Magnetisierungsstufe typische Verhalten [Can96], wobei B* = 3.5 T. mα steht dabei abkürzend für m(B||α). Anzeichen einer weiteren Stufe bei kleineren Magnetfeldern konnten nicht beobachtet werden. Bis etwa 3 T steigen mx und my nahezu linear mit dem Magnetfeld an und liegen praktisch identisch aufeinander. Oberhalb von etwa 3 T weichen mx und my in einer Weise voneinander ab, die andeutet, daß ein kleiner Anteil der z-Komponente mz mit beiträgt. Die Daten werden daher so interpretiert, daß die Anisotropie der Magnetisierung in der xy-Ebene vernachlässigbar klein und das magnetische Moment proportional zum Magnetfeld ist. Die Abweichungen hiervon oberhalb von 3 T werden als das Resultat einer ungenügend genauen Ausrichtung der Magnetfelder parallel zu den magnetischen Hauptachsen gedeutet, wobei die Fehlorientierung in der Messung für mx kleiner als in der für my ist. Die Suszeptibilität in xy-Richtung beträgt etwa χxy ≈0.11 µB/(spin T) (Bild 6.8). Aus der Messung der Co[2×2]-Pulver ergab sich bei kleinen Magnetfeldern χ ≈0.1 µB/(spin T). Dies deutet auf eine Suszeptibilität in z-Richtung hin, die jedoch in Anbetracht der experimentellen Genauigkeit von χxy schwer abzuschätzen ist. 6. Ergebnisse und Diskussion 93 Co[2x2] Kristall B||z 2.0 B||y 1.5 B m (µ /spin) B||x 1.0 0.5 T=1.9K 0.0 0 1 2 3 4 5 B (T) Bild 6.8: Magnetfeldabhängigkeit des magnetischen Momentes eines Co[2×2]-Kristalls (#Co[2×2]H) bei T = 1.9 K. Die Probe wurde für drei verschiedene Magnetfeldorientierungen gemessen. Linien sind Hilfen für das Auge. HEx mit D < 0, E = 0 und |D| » |J|: Aufgrund der in den Kristalldaten beobachteten nahezu uniaxialen Anisotropie wird nun der Hamiltonian HEx für D < 0 aber E = 0 diskutiert. Dies ist auch deswegen sinnvoll, weil sich in diesem Fall der effektive Hamiltonian für das Grundzustandsmultiplett bis in 2. Ordnung Störungstheorie analytisch berechnen läßt. Wegen |D| » |J| kann die Kopplung als eine Störung des Einzelionen-Hamiltonians (HEx mit J = 0) betrachtet werden. Im Spektrum des Einzelionen-Hamiltonians liegen die angeregten Zustände mindestens um einen Energienbetrag |D| über dem Grundzustandsmultiplett, so daß für Temperaturen deutlich kleiner als |D| nur dieses Grundzustandsmultiplett berücksichtigt zu werden braucht. Der bis in 1. Ordnung Störungstheorie korrekte Spin-Hamiltonian für dieses Grundzustandsmultiplett kann am leichtesten erhalten werden, indem die S = 3/2 Spinoperatoren Si in HEx formal durch S' = 1/2-Spinoperatoren Si' ersetzt werden [Lin63]. In Kapitel 4.2 wurde gezeigt, daß im Falle des Spin-Hamiltonians für ein Bahnsingulett 6. Ergebnisse und Diskussion 94 S iα = g′ α S′ iα gα (6.10) gilt. Berücksichtigt man noch den Beitrag aus 2. Ordnung Störungstheorie, wobei Terme der Ordnung J/D vernachlässigt werden sollen, dann ergibt sich für HEx innerhalb des Grundzustandsmultiplett der folgende Ausdruck [Wal98a] 4 ′′ ′ ′ ′ ′ ′ ′ ′ ′′ H′ Ex = − J (S1z S 2 z + S 2 z S 3 z + S 3 z S 4 z + S 4 z S1z ) + µ B ∑ g z S iz B z − i =1 4 1 2 ∑ χ′ ( B 0 xy 2 x + B 2y ) . (6.11) i =1 Für χ0xy' erhält man χ′ 0 xy = 3µ B g 2xy 4|D| . (6.12) Hier ist einmal zu bemerken das χ0z' = 0 gilt und wegen Gl. (4.25) und E = 0 auch g′ xy = 0, g′ z = 3g z . (6.13a) Für die effektive Kopplungskonstante in HEx' ergibt sich = J′ 2 g′ z J = 9J . g 2z (6.13b) Bis auf den Beitrag der 2. Ordnung Störungstheorie handelt es sich bei HEx' um das in Kapitel 4.3 diskutierten [2×2]-Ising-Modell. Da gxy ' = 0 gilt, kann HEx' nun sogar für alle Magnetfeldorientierungen exakt gelöst werden. Die aus HEx' berechnete Suszeptibilität weist bei kBT* = 0.6025 |J'| ein Maximum mit χz(T*) = 0.1159 (gz')2/|J'/kB| µB/spin K T-1 auf. In Kapitel 4.3 wurde gezeigt, daß in der z-Komponente der Magnetisierung bei B* = |J'|/(µBgz') ein LevelCrossing stattfindet. Aus den experimentellen Werte lassen sich daraus nun J' und gz' ermitteln und wegen Gl. (6.13) auch J und g. Hierbei wurde B* mit B2* identifiziert. Die Ergebnisse sind in Tabelle 6.II zusammengefaßt. Hier ist der aus B* über J ermittelte g-Faktor mit g = 1.77 auf alle Fälle viel zu klein. Weiterhin tritt im Spektrum von HEx' nur ein Level-Crossing auf, so daß die in den Pulvermessungen beobachtete Magnetisierungsstufe bei B1* nicht erhalten werden kann. Diese beiden Einwände deuten auf eine geringere Anisotropie der Kopplung hin als die maximale Anisotropie des [2×2]-Ising-Modells. Die Kopplung im Co[2×2] scheint daher zwischen den beiden Grenzfällen des Ising-Modells und des Heisenberg-Modells zu liegen [Wal98a]. Insbesondere ist zu erwarten, daß die Kopplungskonstante J zwischen den beiden in Tabelle 6.II angegebenen Werten liegt [Wal98a]. 6. Ergebnisse und Diskussion 95 Der Hamiltonian HEx' erlaubt jedoch eine semiquantitative Beschreibung von Co[2×2]. Zum einen reproduziert HEx' die in der z-Komponente beobachtete Magnetisierungsstufe (Bild 6.8), zum anderen wird auch die lineare Magnetfeldabhängigkeit von mx und my erklärt (Bild 6.8). Die Magnetisierung in x- und y-Orientierung resultiert aus dem Beitrag 2. Ordnung Störungstheorie, Gl. (6.12), und ist daher, jedenfalls solange wie µBB « |D| gilt, magnetfeldunabhängig. Die semiquantitative Übereinstimmung mit den Messungen zeigt ein Vergleich von Bild 6.8 und Bild 6.9. In letzterem ist die für den vollständigen Hamiltonian HEx berechnete Magnetisierung dargestellt. Hierfür wurde g = 2.3 gewählt und daraus J = -1.8 K bestimmt, so daß die Magnetisierungsstufe bei 3.5 T auftritt. Die Nullfeldaufspaltung D = -20 K wurde mittels Gl. (6.12) so gewählt, daß χ0xy' in etwa mit dem experimentellen Wert übereinstimmt. Der Vergleich mit den experimentellen Daten in Bild 6.6(a) und Bild 6.8 zeigt, daß HEx die Daten im großen und ganzen recht gut reproduziert. Es sind jedoch einige Punkte anzumerken. Die experimentelle Kurve für mz liegt bei kleineren Werten als die berechnete Kurve. Dies kann wie oben für mx und my durch eine nicht genügend genaue Ausrichtung des Magnetfeldes erklärt werden. Die berechnete Magnetisierungsstufe scheint auch insgesamt steiler zu verlaufen bzw. über einen kleineren Feldbereich ausgeschmiert zu sein als im Experiment beobachtet. Darüber hinaus ist das berechnete mz bei kleinen Magnetfeldern nahezu null, während im Experiment eine signifikante Magnetisierung auch bei kleinen Feldern zu erkennen ist (Bild 6.8). Beide Punkte könnten darauf zurückzuführen sein, daß der Betrag der benutzten Kopplungskonstante J = -1.8 K zu klein ist und daher die temperaturbedingte Ausschmierung der Magnetisierungsstufe in der Rechnung unterschätzt wird. Um jedoch die experimentell beobachtete mz-Kurve bei kleinen Magnetfeldern zu erklären, müßte |J| schon sehr viel größer als |–1.8 K| gewählt werden so daß dies unwahrscheinlich ist. Als weitere Ursache kommt ebenfalls eine Fehlorientierung des Magnetfeldes in Frage, da in diesem Fall der berechneten mz-Kurve ein Bruchteil der mxyGeraden hinzu 'addiert' und damit mz(B) weniger steil erscheinen würde. Falls die Fehlorientierung eine Rolle spielt, ist sie jedoch nicht die einzige Ursache, da oben aus dem Vergleich der experimentellen Werte für χxy und χ auch auf ein nicht verschwindendes χz geschlossen wurde. Es zeigte sich, daß diese Effekte aber auch aus der Rechnung erhalten werden können, wenn man E ≠ 0 berücksichtigt. Die für die gemittelte Magnetisierung berechnete Kurve sieht der experimentellen Kurve für Pulverproben [Bild 6.6(a)] sowohl qualitativ als auch quantitativ schon sehr ähnlich, wobei die Magnetisierungsstufe in der experimentellen Kurve jedoch geringfügig ausgeprägter erscheint. 6. Ergebnisse und Diskussion 96 m 1.5 B* 0.5 2 z 1.0 <m> B m (µ /spin) 3 0.0 0 1 2 3 4 5 <m> 1 m xy 0 0 1 2 3 4 5 B (T) Bild 6.9: Für J = -1.8 K, D = -20 K, E = 0, und g = 2.3 aus HEx berechnetes magnetisches Moment als Funktion des Magnetfeldes bei 1.9 K. Die durchgezogenen Linien stellen die Ergebnisse für Felder in der z-Richtung und xy-Ebene dar. Die gestrichelte Linie repräsentiert die räumlich gemittelte Magnetisierung welche im Inset nochmals detaillierter dargestellt ist. HEx mit D < 0, E ≠ 0, und |D| » |J|: Wie oben schon angesprochen deuteten mehrere Gründe auf E ≠ 0 hin. Dies waren die eben geschilderten Unterschiede der berechneten und experimentellen mz-Kurve und die Schlußfolgerung, daß die Anisotropie der Kopplung zwischen den beiden Grenzfällen des [2×2]-Ising- und [2×2]-Heisenberg-Modells liegt, die vor allem darauf beruhte daß im Ising-Modell nur eine Magnetisierungsstufe zu erklären ist. Die Herleitung des effektiven Hamiltonians für das Grundzustandsmultiplett mit |E| » |J| anstatt E = 0 läuft genauso wie für HEx' (6.11). Es gilt nun nicht mehr gxy' = 0. Die daraus resultierende notwendige Erweiterung des Kopplungs- und Zeeman-Terms in HEx' ist offensichtlich: Es ist nicht nur die z-Komponente anzuschreiben, sondern auch die formal identischen Ausdrücke für die x- und y-Komponenten. Die 2. Ordnung Störungstheorie führt zu drei Komponenten χ0x', χ0y ', und χ0z'. Im Hinblick auf die beobachtete nahezu uniaxiale Anisotropie (Bild 6.8) ist zu fordern, daß E klein im Vergleich zu |D| ist. Ansonsten würde sich eine ausgeprägte xy- 6. Ergebnisse und Diskussion 97 Anisotropie der Kopplung und der g'-Faktoren ergeben. Vernachlässigt man eine xy-Anisotropie, so ergibt sich der Hamiltonian HEx'' für das Grundzustandsmultiplett nun zu ′ ′ ′′ ′ ′′ ′′ H′ Ex = − J z (S iz S jz ) − J xy (S ix S jx + S iy S jy ) ′ ′ ′′ + µB g′ xy (S x B x + S y B y ) + µ B g z S z B z − 1 2 2 2 χ′ 0 xy ( B x + B y ) − 1 2 2 χ′ 0z B z . (6.14) Hierbei wurden die Kopplungsterme mit (Siα'Sjα') abgekürzt. Bezüglich der Magnetisierungsstufen läßt sich qualitativ folgendes erwarten: Wie in Kapitel 4.3 bereits ausgeführt wurde, entwickeln sich mit abnehmender Anisotropie der Kopplung aus der einen mz-Magnetisierungsstufe des Ising-Modells zwei Stufen, die sich mit abnehmender Anisotropie voneinander entfernen. Für E kleiner |D| liegen die zwei Stufen jedoch noch nahe beieinander und können die Magnetisierungsstufe bei B1* keinesfalls erklären. Zudem gilt im Heisenberg-Fall B1*/B2* = 0.5, d.h. der beobachtete Wert für B1* bleibt so unerklärbar. Wird jedoch das Magnetfeld entlang der x- oder y-Achse angelegt, so wird die Magnetisierungsstufe bei etwa B* ≈|Jxy'|/(µBgxy ') liegen. Wegen Jxy ' ≈J(gxy '/gxy)2 folgt daraus daß B* ∝ gxy' ist. Kurzum, für Magnetfelder in x- oder y-Richtung sollte die Magnetisierungsstufe bei relativ kleinen Werten liegen da auch gxy ' im Vergleich zu gz' klein ist. Die 2. Ordnung Störungstheorie liefert für diese Magnetfeldrichtungen jedoch einen wichtigen Beitrag zur Magnetisierung, wie die Überlegungen bezüglich HEx' zeigten, so daß die Magnetisierungsstufe nur schwach ausgeprägt ist. Aufgrund dieser Überlegungen ist daher eine deutliche Magnetisierungsstufe in mz zu erwarten und eine nur sehr schwach ausgeprägte, bei kleinen Magnetfeldern liegende weitere Stufe in mxy, was die experimentellen Beobachtungen erklärt. In ausführlichen numerischen Rechnung konnte allerdings kein Parametersatz für HEx (6.11), gefunden werden, der sowohl die zwei Magnetisierungsstufen reproduziert als auch die Kristalldaten in Bild 6.8 vernünftig wiedergeben konnte. Für Parameter die zu einer deutlichen Anisotropie der Kopplung in HEx'' führten, zeigte sich, daß die Magnetisierungsstufe in mxy zwar prinzipiell auftritt, wie Berechnungen für T = 0 zeigten, jedoch so schwach ist, daß sie bei T = 1.9 K keinen Einfluß mehr auf die Magnetisierung ausübt. Wurden die Parameter dagegen so gewählt, daß die Anisotropie der Kopplung in HEx'' vergleichsweise klein war, dann traten zwar zwei Magnetisierungsstufen auf, die Ergebnisse entsprachen jedoch eher denen des Heisenberg-Falls (Bild 6.7). Effektive Hamiltonian für ein 4T1-Zustand als Einzelionen-Hamiltonian: Aufgrund der Ergebnisse am Co(Terpy)2 wurde auch der Fall mit dem effektive Hamiltonian für ein 4T1-Zustand als Einzelionen-Hamiltonian untersucht. Als Kopplung wurde sich wiederum auf eine Heisenberg-Kopplung zwischen den Spins beschränkt. Der Hamiltonian, bezeichnet mit HEx2, ist länglich und wird daher nicht angeschrieben. Hier wird darauf hingewiesen, daß die ex- 6. Ergebnisse und Diskussion 98 akte numerische Berechnung der Magnetisierung für diesen Hamiltonian äußerst aufwendig ist, da hierfür 20736 × 20736-Matrizen diagonalisiert werden müssen. Jedoch läßt sich das Problem für den Fall |δ | » |J| mit Hilfe des in Kapitel 4.5 vorgestellten Näherungsverfahrens auf die Diagonalisierung von maximal 16 × 16-Matrizen reduzieren, wenn in der Berechnung von ZG|0 in Gl. (4.83) die Kopplung J vernachlässigt wird. Diese Näherung hat auf die Ergebnisse für Temperaturen kBT < |δ | natürlich keinen Einfluß. Für kBT > |δ | resultiert daraus ein Fehler in χα von etwa J/(kBT+c|δ |), c ist eine Konstante der Größenordnung 1, während <χ> gar noch weniger beeinflußt wird. Jedoch konnten keine im Vergleich zu HEx besseren Resultate erzielt werden. Vor allem ergab sich das gleiche Problem bezüglich der Magnetisierungsstufen, was auch zu erwarten ist, da der effektive Hamiltonian für das Grundzustandsmultiplett wieder HEx'' ist. In Kapitel 4.2 wurde gezeigt, daß der Grundzustand des Einzelionen-Hamiltonians H„T‘ ein Dublett ist, welches somit durch S' = 1/2 beschrieben werden kann [Lin63]. Nun können wieder die S = 3/2-Spinoperatoren durch die S'-Operatoren ersetzt werden [Lin63] was zu HEx'' führt. Jedoch ist der Zusammenhang zwischen den Kopplungskonstanten Jxy' bzw. Jz' und den g-Faktoren gxy' bzw. gz' nicht mehr durch die Relation Jα' = (gα'/gα)2J gegeben, sondern aufgrund der vielen Parameter in H„T‘ können Jxy', Jz', gxy', und gz' nahezu unabhängig voneinander gewählt werden. Trotz dieser zusätzlichen Freiheit konnte keine bessere Beschreibung der experimentellen Ergebnisse als wie für HEx gefunden werden. Diese zusätzlichen Freiheiten ergeben sich auch für HEx wenn dieser um eine zusätzlichen anisotrope Kopplung erweitert wird. Daher kann geschlossen werden, daß die Berücksichtigung einer anisotropen Kopplung in HEx zu keiner wesentlichen Verbesserungen der Beschreibung der Daten führt. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß der Hamiltonian HEx die experimentellen Beobachtungen erklärt und in wesentlichen Punkten semiquantitativ reproduziert. Die Kopplung bei tiefen Temperaturen wäre demzufolge nahezu vom Ising-Typ. Allerdings gibt die Erklärung der Magnetisierungstufe bei B1* = 0.35 T noch Rätsel auf. HEx macht zwar plausibel, warum sie so schwach ausgeprägt ist, in Übereinstimmung mit dem Experiment, liefert jedoch bei T = 1.9 K keine Beschreibung derselben. Es ist daher anzunehmen, daß die korrekte Beschreibung des Kopplungsmechanismus zwischen den beiden betrachteten Grenzfällen des Ising- und Heisenberg-Modells liegt, wobei sie jedoch nicht einfach durch eine zusätzliche anisotropen Kopplung zwischen den Spins in HEx verbessert werden kann. Es scheint nötig zu sein, Bahnvariablen zu berücksichtigen. Jedoch sind die richtigen Kopplungsterme ohne eine detaillierte Theorie schwierig aufzufinden. Die Kopplungskonstante J sollte in jedem Fall zwischen den beiden in Tabelle 6.II angegeben Werten liegen, so daß diese zu J ≈-2 K abgeschätzt werden kann [Wal98a]. 6. Ergebnisse und Diskussion 99 6.4 Detaillierte Beschreibung des Magnetismus im Ni-System In diesem Kapitel werden die magnetischen Eigenschaften des Ni[2×2]-Gitters vorgestellt und diskutiert. Da, wie beim Co-System, aus der Magnetisierung des Ni(Terpy)2-Komplexes nützliche Informationen bezüglich der Nullfeldaufspaltung und der g-Faktor-Anisotropie gezogen werden können, soll zunächst dessen Verhalten untersucht werden, um dann anschließend auf das Ni[2×2]-Gitter zu sprechen zu kommen. Ni(Terpy)2(PF6)2-Komplex In Bild 6.10(a) ist die Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momentes von Ni(Terpy)2Pulverproben dargestellt. In Bild 6.10(b) sind diese Daten zusammen mit dem Ergebnis einer m(B)-Magnetisierungsmessung bei T = 1.9 K als Funktion der reduzierten Variablen x = µBB/kBT aufgetragen. Oberhalb von 50 K kann die Temperaturabhängigkeit von χT gut durch eine Gerade, χT = C + χo T , (6.15) beschrieben werden, wie dem Inset von Bild 6.10(a) zu entnehmen ist. D.h. in diesem Temperaturbereich folgt Ni(Terpy)2 dem Curie-Gesetz, korrigiert um eine temperaturunabhängige Suszeptibilität χ0. Man erhält C = 1.97 µB/spin T-1 K und χ0 = -0.3×10-3 µB/(spin T). Das diamagnetische Moment des Liganden beträgt etwa –2×10-3 µB/(spin T) (Kapitel 6.1). Die Ursache der verbleibenden 1.7×10-3 µB/(spin T) ist ungeklärt. Aus der Curie-Konstante C kann der g-Faktor und das effektive magnetische Moment zu g = 2.1 und µeff = 2.97 bestimmt werden. Hogg und Wilkins erhielten für Ni(Terpy)2Br2 µeff = 3.1 bei 77 K und 293 K [Hog62]. Judge und Baker ermittelten für den selben Komplex dazu leicht verschiedene Werte: µeff = 3.00 bei 150 K und µeff = 3.09 bei 250 K [Jud67]. Diese Werte sind in vernünftiger Übereinstimmung mit dem Ergebnis dieser Arbeit. Bei Temperaturen unterhalb 50 K weicht χT deutlich vom Curie-Gesetz ab [Inset von Bild 6.10(a)]. Dies läßt sich durch eine Nullfeldaufspaltung erklären. Wie in Kapitel 4.2 dargelegt, wird das Ni2+-Ion durch den folgenden effektiven Hamiltonian beschrieben: H S = D(S 2z − 23 ) + E(S 2x − S 2y ) + µ B g α B α S α − 1 2 χ0 B 2 , (6.16) wobei der Term, der die temperaturunabhängige Suszeptibilität χ0 beschreibt, explizit mit angegeben wurde. Mit Hilfe wohlbekannter Least-Square-Fitverfahren wurden die Parameter für HS zu D = -8.775 K, E = 0.168 K, und g = 2.095 bestimmt. χ0 wurde während der Anpassung konstant gehalten, mit χ0 = -0.3×10-3 µB/(spin T). 6. Ergebnisse und Diskussion 100 Ni(terpy) Pulver 2 2.0 2.5 T 1.0 T 1.0 0.5 T B=1T -1 2.0 1.5 B 5.5 T 1.5 χ T (µ /spin T B m (µ /spin) K) (a) 1.0 0 125 T (K) 250 0.5 0.0 0 50 100 150 200 250 T (K) (b) 2.0 m( T, B=const ) B m (µ /spin) m( T=1.9 K, B ) 1.5 0.50 1.0 0.25 0.5 0.00 0.0 0.0 0.0 0.5 0.1 1.0 1.5 0.2 2.0 x = µ B/k T B B Bild 6.10: Magnetisches Moment von Ni(Terpy)2-Pulver (#Ni[1×1]B). (a) Temperaturabhängigkeit. Die Magnetfelder betrugen 0.5, 1, 2.5, und 5.5 T von unten nach oben. Das Inset zeigt χT. (b) Als Funktion der reduzierten Variable x = µBB/kBT. Die Daten der Graphik (a) sind als geschlossene Kreise dargestellt. Das Ergebnis einer m(B)-Messung ist durch offene Kreise dargestellt. In beiden Graphen repräsentieren die durchgezogenen Linien Anpassungen der Daten an den Hamiltonian HS (6.16). Das Inset zeigt detailliert den Niedrigfeld-Bereich. 6. Ergebnisse und Diskussion 101 Die mit diesen Parametern aus HS berechneten Kurven für die Magnetisierung sind als durchgezogene Linien in Bild 6.10 dargestellt. Insbesondere Bild 6.10(b) demonstriert die hervorragende Übereinstimmung mit den Daten im gesamten Temperatur- und Magnetfeldbereich. Ähnlich gute Anpassungen können jedoch auch erhalten werden, wenn die Parameter leicht variiert werden. Im Rahmen der experimentellen Genauigkeit ergibt sich D = -9 K, E = 0, und g = 2.1. Wegen der Nullfeldaufspaltung liegen die Daten in der normierten Darstellung von Bild 6.10(b) nicht auf einer Kurve. Die Beobachtung D < 0 im Ni(Terpy)2 bedarf weiterer Diskussion, da man wegen des tetragonal komprimierten Oktaeders der das Ni2+-Ion umgebenden Stickstoffatome eine Nullfeldaufspaltung der Art D > 0 aus der Ligandenfeldtheorie erwarten würde. Die Ursache für diese Diskrepanz zwischen Experiment und Theorie ist unklar. Alle Versuche, die experimentellen Daten mit D > 0 zu reproduzieren, schlugen fehl. Henke und Reinen untersuchten das ESRSpektrum von Ni(Terpy)2Br2 [Hen77]. Da sie auch bei Verwendung von 35 GHz und bei Temperaturen von 4.2 K kein Signal beobachteten, schlossen sie mit Hinblick auf die geometrische Anordnung der Stickstoffatome, daß D > 4.5 K sein müsse. Bei der in ESR-Experimenten üblicherweise verwendeten Magnetfeldkonfiguration B ⊥ BRF ist jedoch der ∆M = 2-Übergang in dem durch die Nullfeldaufspaltung abgetrennten Dublett |±1> verboten [Abr70, Pak73]. Das bedeutet, daß die Intensität dieses Übergangs sehr klein ist und eine Messung mit hoher Empfindlichkeit erfordert. Die Beobachtung D < 0 braucht daher nicht mit den ESR-Messungen von Henke und Reinen im Widerspruch zu stehen. Zumindest für das Ni2+-Ion scheint häufig ein Widerspruch zwischen der aus der Struktur erwarteten und der im Experiment gefundenen Nullfeldaufspaltung zu bestehen, wie von Carlin bemerkt wurde [Car83]. Um jedoch das Ergebnis D < 0 experimentell abzusichern, wurde zusätzlich ein Ni(Terpy)2Kristall untersucht. Bild 6.11(a) zeigt die Temperaturabhängigkeit von χT für zwei verschiedene Orientierungen des Magnetfeldes. Die Daten für die dritte Orientierung sind der besseren Übersicht wegen nicht dargestellt. Wie üblich wurde die Richtung mit der größten Anisotropie mit z bezeichnet. In Bild 6.11(b) ist das magnetische Moment als Funktion des Magnetfeldes bei 1.9 K dargestellt, wobei nun die Messungen für alle drei Magnetfeldorientierungen eingezeichnet wurden. Aus Bild 6.11(b) ist unmittelbar zu erkennen, daß D < 0 sein muß, da mz offensichtlich einen Beitrag 1. Ordnung zum magnetischen Moment enthält. Denn wäre D > 0, dann würde das in 1. Ordnung unmagnetische M = 0-Singulett energetisch am tiefsten liegen, was wegen des Beitrages 2. Ordnung zu einer jedenfalls bis 5.5 T magnetfeldunabhängigen Suszeptibilität führen würde. Weiterhin ist auch klar zu erkennen, daß E praktisch Null ist, da mx und my nahezu aufeinander liegen. Hier bezeichnet mα das magnetische Moment m(B||α). 6. Ergebnisse und Diskussion 102 Ni(terpy) Kristall 2 (a) 2 B m (µ /spin) 3 0.5 T 1 1.0 T B||z 3.0 T B||x 5.5 T ber. 0 0 10 20 30 40 50 T (K) (b) T = 1.9 K 1.5 B m (µ /spin) 2.0 B||z 1.0 B||x B||y 0.5 ber. 0.0 0 1 2 3 4 5 B (T) Bild 6.11: (a) Temperaturabhängigkeit von χT eines Ni(Terpy)2-Kristalls (#Ni[1×1]C). Das Magnetfeld war parallel zur z-Achse (offene Rechtecke) und zur x-Achse (offene Diamanten). Für jede Feldrichtung betrugen die Feldwerte 0.5, 1, 3, und 5.5 T von oben nach unten. (b) Magnetisches Moment des Ni(Terpy)2-Kristalls als Funktion des Magnetfeldes bei 1.9 K. In beiden Graphen sind die durchgezogenen Linien aus dem Hamiltonian HS (6.16) berechnet worden (siehe Text). Die Parameter waren D = -9 K, E = 0, g = 2.15, und χ0 = 0. 6. Ergebnisse und Diskussion 103 In Bild 6.11 sind zusätzlich die mit D = -9 K, E = 0, g = 2.15, und χ0 = 0 aus HS berechneten Kurven als durchgehende Linien dargestellt. Der g-Faktor ist etwas größer als der aus den Pulvermessungen bestimmte. Die Übereinstimmung zwischen berechneten und experimentellen Kurven ist nicht ganz so gut wie beim den Pulverproben. Dies liegt jedoch nicht daran, daß D oder E falsch gewählt worden ist. Wie oben diskutiert, muß E sehr klein sein und hat daher keinen Effekt auf die Berechnungen. Wäre der Betrag von D falsch gewählt, dann könnten die Maxima in den zwei obersten Kurven von mz in Bild 6.11(a) und die Feldabhängigkeiten in Bild 6.11(b) nicht reproduziert werden. Die mangelnde Übereinstimmung tritt auf, weil der Absolutwert der berechneten und gemessenen Daten nicht übereinstimmt. Zwei Effekte können dazu führen: (1) Bei Temperaturen oberhalb etwa 20 K sind die berechneten Werte für mz kleiner als die experimentellen Werte, während die für mx(y) größer sind. Hier wird die Schreibweise mx(y) benutzt, um anzuzeigen, das mx und/oder my gemeint ist. Diese Beobachtung deutet auf eine gFaktor-Anisotropie der Art gz > gx(y) hin. Tatsächlich ist eine solche Anisotropie wegen D < 0 aus dem in Kapitel 4.2 besprochenen effektiven Spin-Hamiltonian für ein Bahnsingulett (4.18) zu erwarten, der hier der Übersichtlichkeit wegen noch einmal angeschrieben werden soll: H = − λ2 ΛαβS αSβ + µ B (2δαβ − λΛαβ ) B αSβ . (6.17) Für den Fall einer tetragonalen Symmetrie wurde gezeigt, daß daraus g z − g xy = 2 D / λ (6.18) folgt. Da die Spin-Bahn-Kopplungskonstante λ für Ni2+ negativ ist (Kapitel 4.2), folgt aus Gl. (6.18) auch, daß gz > gxy gilt, falls D < 0 ist, und umgekehrt. Die experimentelle Beobachtung gz > gx(y) bestätigt daher D < 0 ein weiteres Mal. Nun könnte man argumentieren, daß, da die Ligandenfeldtheorie für Ni2+ ein falsches Vorzeichen für D erwarten ließ, auch Gl. (6.18) in diesem Fall zu falschen Ergebnissen führen könnte. Dies ist jedoch nicht so, da das Ligandenfeld wie in Kapitel 4.2 betont wurde selbst nur über Λαβ in Gl. (6.17) eingeht, und daher zwischen Nullfeldaufspaltung und g-Faktoren Beziehungen bestehen, in die die speziellen Eigenschaften des Ligandenfeldes nicht eingehen. Eine dieser Beziehungen ist gerade durch Gl. (6.18) gegeben. In gewisser Weise kann man sagen, daß der Zusammenhang zwischen Nullfeldaufspaltung und Anisotropie der g-Faktoren im Wesentlichen durch den Bahnanteil der Wellenfunktionen gesteuert wird, da dieser die Transformationseigenschaften der Wellenfunktionen bestimmt. Diese werden in der Ligandenfeldtheorie korrekt beschrieben, und daher auch durch Gl. (6.17). Andererseits ist das aus der geometrischen Anordnung der Liganden berechnete Spektrum der Energiezustände, welches das Vorzeichen von D bestimmt, empfindlich vom üblicherweise ungenau bekannten Radialanteil der Wellenfunktionen abhängig. Aus den Werten des magnetischen Momentes bei 50 K kann die Anisotropie der g-Faktoren zu gz/gxy = 1.025 abgeschätzt 6. Ergebnisse und Diskussion 104 werden, was wegen g = 2.15 zu gz – gxy = 0.05 führt. Aus Gl. (6.18) erhält man dann einen vernünftigen Wert für die Spin-Bahn-Kopplung von λ= -250 cm-1. Für Ni(Terpy)2Br2 und für Ni(Terpy)2(ClO4)2 wurde der Ligandenfeld-Parameter Dq zu Dq = 1250 cm-1 bestimmt [Hen77, Bak95]. Aus g = 2 - 8λ/10Dq [Abr70] ergibt sich daher g = 2.16 in guter Übereinstimmung mit dem Experiment. (2) Bei Temperaturen kleiner als etwa 20 K sind die Verhältnisse umgekehrt zu denen in Punkt (1). Nun sind die berechneten Werte für mz größer und die für mx(y) kleiner als die experimentellen Werte. Dies kann entweder darauf zurückgeführt werden, daß die Magnetfelder nicht genau genug parallel zu den magnetischen Hauptachsen ausgerichtet waren oder, und das erscheint wahrscheinlicher, daß der untersuchte Kristall z.B. Verwachsungen oder andere Unregelmäßigkeiten im Kristallwachstum aufwies (siehe Kapitel 3). Beide Effekte führen dazu, daß in der Messung nicht nur das magnetische Momente der gewünschten Hauptachse beobachtet wird, sondern auch die Beiträge der anderen Hauptachsen beigemischt sind. Es ist daher klar, daß die experimentellen mz-Werte gegenüber den theoretischen um so kleiner werden, bzw. die mx(y)-Werte um so größer, je größer die Anisotropie der Magnetisierung, ausgedrückt durch das Verhältnis mz/m x(y), ist. Dem Bild 6.11(a) ist zu entnehmen, daß bei niedrigen Temperaturen die berechneten mz- und mx- Kurven für 5.5 T die experimentellen Daten deutlich besser beschreiben als bei niedrigeren Feldern, wie z.B. 0.5 T. Dies wird mit einen Blick auf Bild 6.11(b) verständlich, der zeigt, daß das Verhältnis mz/m x(y) bei 5.5 T nur etwa 1.2 ist während es für 0.5 T immerhin 3.25 beträgt. Dies bestätigt also die obige Annahme. In Punkt (1) wurde bereits darauf hingewiesen, daß die Abweichungen bei höheren Temperaturen durch die in den Rechnungen nicht mit berücksichtigte g-Faktor-Anisotropie erklärt werden kann. Die Diskussion in diesem Punkt deutet aber darauf hin, daß die obige Abschätzung der g-Faktor-Anisotropie zu klein sein könnte. Ni[2×2]-Gitter Die Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momentes und die von χT von Ni[2×2]-Pulver ist in Bild 6.12(a) bzw. Bild 6.12(b) dargestellt. Das Inset von Bild 6.12(b) zeigt die Magnetfeldabhängigkeit des magnetischen Momentes bei 1.9 K. Im deutlichen Unterschied zum Ni(Terpy)2 weist das magnetische Moment von Ni[2×2] ein Maximum bei etwa 13 K auf, welches ähnlich wie beim Co[2×2] eine intramolekulare antiferromagnetische Kopplung der vier Ni2+-Spins anzeigt. Es muß jedoch betont werden, daß die beim Co-System verwendete Argumentation für den Nachweis dieser Kopplung nicht einfach auf das Ni-System übertragen werden kann, da das Ni2+ ein Nicht-Kramers-Ion ist. Auf diesen Punkt wird am Ende des Kapitels noch eingegangen werden, mit dem Ergebnis daß auch beim Ni[2×2] die Ni2+-Ionen antiferromagnetisch gekoppelt sind. 6. Ergebnisse und Diskussion 105 Ni[2x2] Pulver (a) 5.5 T 4.5 T 3.0 T 2.0 T 0.2 B m (µ /spin) 0.3 1.0 T 0.5 T 0.1 0.1 T 0.0 0 50 100 150 200 250 1.5 0.25 0.20 m (µ /spin) -1 2.0 χ T (µ /spin T (b) K) T (K) B B 1.0 0.5 T = 1.9 K 0.15 0.10 0.05 0.00 0 1 2 3 4 5 B (T) 0.0 0 50 100 150 200 250 T (K) Bild 6.12: (a) Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momentes von Ni[2×2]-Pulver (#Ni[2×2]B). Die Magnetfelder betrugen 0.1, 0.5, 1, 2, 3, 4.5, und 5.5 T von unten nach oben. (b) Dieselben Daten wie in (a) dargestellt als χT. Das Inset zeigt das magnetische Moment als Funktion des Magnetfeldes bei 1.9 K. In beiden Graphen sind die durchgezogenen Linien aus dem Hamiltonian HEx berechnet worden (siehe Text). Die Parameter waren J = -8 K, g = 2.05, und χ0 = -0.3×10-3 µB/(spin T). 6. Ergebnisse und Diskussion 106 Die Beschreibung gekoppelter Ni2+-Ionen durch den in Kapitel 4.3 eingeführten SpinHamiltonian für gekoppelte Ionen mit Bahnsingulett ist theoretisch gut abgesichert. Es ist daher nicht verwunderlich, daß die Magnetisierung des Ni[2×2] ausgezeichnet durch diesen Hamiltonian reproduziert werden konnte [Wal98b]. In der folgenden Diskussion wird systematisch untersucht, welche der in diesem Hamiltonian auftretenden Terme im Ni[2×2] relevant sind. Als erster Ansatz für die Beschreibung des Ni[2×2] eignet sich der in Kapitel 4.3 vorgestellte [2×2]-Heisenberg-Hamiltonian H Ex = H AF + 4 ∑ (µ i =1 B g α B α Sα − 1 2 χ0 B 2 ) (6.19a) mit H AF = − J (S 1 ⋅S 2 + S 1 ⋅S 3 + S 3 ⋅S 4 + S 4 ⋅S1 ) , (6.19b) wobei der Term für die temperaturunabhängige Suszeptibilität χ0 wiederum explizit mit angegeben wurde. Die mit HEx berechneten Magnetisierungskurven können die Pulverdaten bereits sehr gut reproduzieren. Die gute Übereinstimmung mit den Meßdaten ist in Bild 6.12 zu erkennen. Die Parameter waren J = -8 K, g = 2.05, und χ0 = -0.3×10-3 µB/(spin T). Wie insbesondere dem Inset von Bild 6.12(b) zu entnehmen ist, treten Abweichungen zwischen Theorie und Experiment nur bei den tiefsten Temperaturen auf. Der beobachtete g-Faktor ist signifikant zu klein. Das wird darauf zurückgeführt, daß aus den Massen der Proben möglicherweise eine zu große Anzahl von Metallionen ermittelt wurde. Detailliertere Aussagen über die im Ni[2×2] relevanten Kopplungsterme lassen sich aus Kristallmessungen gewinnen. In Bild 6.12 wird die Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momentes eines Ni[2×2]-Kristalls vorgestellt. Es ist eine Anisotropie der Magnetisierung für Magnetfelder parallel zur c-Achse des Kristalls und senkrecht dazu zu erkennen. Da es bei den Ni[2×2]-Kristallen, wie in Kapitel 5.4 beschrieben wurde, nicht gelang, alle drei Magnetfeldorientierungen an einem Kristall zu messen, konnte die Anisotropie der Magnetisierung in der ab-Ebene nicht direkt bestimmt werden. Aus dem Vergleich aller untersuchten Kristalle ergab sich jedoch, daß im Rahmen der experimentellen Genauigkeit keine Anisotropie in der ab-Ebene vorliegt, d.h. daß diese zumindest viel kleiner als die in Bild 6.13 gezeigte Anisotropie zwischen c-Achse und ab-Ebene ist. Wie üblich wird die uniaxiale Achse mit z und das entsprechende Moment mit mz bezeichnet. Das magnetische Moment für Magnetfelder senkrecht zur c- bzw. zAchse, wird mit mxy bezeichnet, und das der zermahlenen Kristalle mit m. 6. Ergebnisse und Diskussion 107 Ni[2x2] Kristall 0.4 B||z B m (µ /spin) B||xy 0.3 zerm. 0.2 5.5 T 0.1 3.0 T 1.0 T 0.0 0 10 20 30 40 50 T (K) Bild 6.13: Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momentes des #Ni[2×2]G-Kristalls mit dem Magnetfeld parallel zur z-Achse (offene Diamanten) bzw. xy-Ebene (offene Rechtecke) und nachdem er zermahlen wurde (geschlossene Kreise). Linien sind Hilfen für die Augen. Ni[2x2] 0.4 Pulver B = 5.5 T B m (µ /spin) zerm. Kristall 0.3 berechnet 0.2 J = -8 K 0.1 g = 2.05 0.0 0 10 20 30 40 50 T (K) Bild 6.14: Vergleich der Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momentes bei 5.5 T der #Ni[2×2]B-Pulverprobe (geschlossene Kreise) und des zermahlenen #Ni[2×2]G-Kristalls (offene Diamanten). Die durchgezogene Linien ist aus dem Hamiltonian HEx berechnet worden (siehe Text). Die Parameter waren J = -8 K, g = 2.05, und χ0 = -0.3×10-3 µB/(spin T). 6. Ergebnisse und Diskussion 108 Daß die Anisotropie in der xy-Ebene tatsächlich sehr klein sein muß, kann auch direkt aus den Daten in Bild 6.13 geschlossen werden. Denn andernfalls könnten sich mxy, mz und m nicht in einem Punkt kreuzen, wie sie es bei etwa 10 K tun. Aus χ = 13 ( χx + χy + χz ) und χxy = cos(ϕ)χx + sin(ϕ)χy folgt nämlich, daß die Forderung χ = χz = χxy äquivalent zu χx = χy ist, wobei ϕ den im Experiment unbekannten Winkel des Magnetfeldes in der xy-Ebene bezeichnet. Bild. 6.14 demonstriert, daß die Messungen der Ni[2×2]-Pulverproben und der zermahlenen Ni[2×2]-Kristalle gut übereinstimmen. Zum Vergleich wurde nochmals die aus HEx berechnete Magnetisierung dargestellt. Die oben angemerkte Abweichung zwischen Rechnung und Experiment für Temperaturen kleiner als 5 K ist hier deutlich zu erkennen. Im Hinblick auf die beobachtete Anisotropie der magnetischen Momente ist jedoch klar, daß der isotrope Hamiltonian HEx um zusätzliche Terme erweitert werden muß. Im Folgenden sollen verschiedene Beiträge in Betracht gezogen werden: die EinzelionenAnisotropie, ausgedrückt durch eine Nullfeldaufspaltung und g-Faktor-Anisotropie, möglicherweise vorhandene aber sehr geringe Verunreinigungen, eine Übernächste-Nachbar-Kopplung, und die verschiedenen Austauschterme, die für gekoppelte Ionen mit Bahnsingulett auftreten (Kapitel 4.3), also anisotrope, antisymmetrische und biquadratische Kopplung. Der Einfluß jeden Beitrages, sofern er nicht von vornherein ausgeschlossen werden konnte, wurde in folgender Weise untersucht. Zunächst wurde die mit dem entsprechenden Hamiltonian numerisch berechnete mittlere Suszeptibilität an die aus den Pulverdaten bei 0.5 T ermittelte Suszeptibilität χ(T) mit Hilfe der üblichen Least-Square-Fitalgorithmen angepaßt. Anschließend wurden mit den erhaltenen Parametern die magnetischen Momente mz(T,B), mxy(T,B) und m(T,B) für alle im Experiment verwendeten Magnetfelder numerisch berechnet und mit den Kristallmessungen verglichen. Der Übersichtlichkeit halber werden hier jedoch nur die Kurven für ein Magnetfeld von 5.5 T vorgestellt. Ein Vergleich der theoretischen und experimentellen Kurven für dieses Magnetfeld, bei dem die Magnetisierung bereits deutlich vom linearen Verlauf abweicht [Inset von Bild 6.12(b)], ist günstiger als ein Vergleich der Suszeptibilität, da auf diese Weise nicht nur die Temperaturabhängigkeit sondern auch die korrekte Magnetfeldabhängigkeit überprüft werden kann. Für die temperaturunabhängige Suszeptibilität χ0 wurde χ0 = -0.3×10-3 µB/(spin T) angenommen. Falls eine g-Faktor-Anisotropie in der Berechnung mit berücksichtigt wurde, dann wurden gxy und gz so bestimmt, daß der gemittelte g-Faktor g = [(2gxy2 + gz2)/3]-½ gleich 2.05 war. χ0 und g-Faktoren wurden während des Fitvorganges festgehalten. Um die Aussagekraft der Ergebnisse einschätzen zu können, wurden die Berechnungen auch unter Berücksichtigung eines zusätzlichen Beitrages zum magnetischen Moment durch Verunreinigungen durchgeführt. Es wurde dabei angenommen, daß die Verunreinigung durch S = 1 und g = 2.1 beschrieben werden kann, was für Ni2+ angemessen ist. Die Konzentration der Verunreinigungen wurde durch den molaren Anteil ρ parametrisiert, d.h. m = ρmtheo + (1-ρ)mimp, wobei mtheo das aus dem entspre- 6. Ergebnisse und Diskussion 109 chenden Hamiltonian berechnete magnetische Moment und mimp das der Verunreinigungen bezeichnen soll. Einzelionen-Anisotropie: Eine Einzelionen-Anisotropie umfaßt eine Nullfeldaufspaltung und/oder eine g-FaktorAnisotropie. Die Ergebnisse im Ni(Terpy)2 deuten klar darauf hin, daß auch im Ni[2×2] eine nicht zu vernachlässigende Nullfeldaufspaltung zu erwarten ist. Tatsächlich kann eine g-FaktorAnisotropie allein die Kristallmessungen nicht reproduzieren, insbesondere nicht den Kreuzungspunkt bei etwa 10 K (Bild 6.13). Würde z.B. gz > gxy in HEx (6.19) eingesetzt werden, so würde sich auch mz > mxy für alle Temperaturen ergeben und umgekehrt, im Widerspruch zum Experiment. Weiterhin ist bekannt, daß die noch zu diskutierenden Austauschkopplungen höherer Ordnung sehr klein sind [Ben90] und deswegen kaum als Ursache für die beobachtete Anisotropie in Frage kommen. Die Nullfeldaufspaltung muß daher auf jeden Fall zum Hamiltonian HEx hinzugefügt werden. Wegen der ähnlichen geometrischen Anordnung der Stickstoffatome in Ni(Terpy)2 und Ni[2x2], die in beiden Fällen durch ein tetragonal gestauches Oktaeder beschrieben wird, ist es naheliegend, daß auch im Ni[2×2] D negativ ist. D < 0 kann aber auch direkt aus der Beobachtung geschlossen werden, daß bei höheren Temperaturen mz größer als mxy ist (Bild 6.13). Die Bedingung χz > χxy kann, unter Zuhilfenahme der Hochtemperaturentwicklung für die Suszeptibilität von HEx bis zur 2. Ordnung in 1/T, als g 2z (1 − 1 3 D / k B T) > g 2xy (1 + 1 6 D / k BT) (6.20) geschrieben werden [Has58, Abr70]. Wegen Gl. 6(.18) folgt daraus, daß χz > χxy äquivalent zu D < 0 ist. Dieses Argument ist auch gültig, wenn Austauschkopplungen wirksam sind. Bezüglich des Parameters E läßt sich sagen, daß eine kleine xy-Anisotropie aufgrund der experimentellen Daten nicht ausgeschlossen werden kann. E sollte aber nicht größer als maximal 1 K sein. In den Berechnungen zeigte sich, daß so ein kleiner Wert für E im experimentell zugänglichen Bereich praktisch keinen Einfluß auf die berechnete Magnetisierung hat, während Werte größer als etwa 1 K die Übereinstimmung zwischen Theorie und Experiment deutlich verschlechterten. E kann daher vernachlässigt werden. Um also die Nullfeldaufspaltung zu beschreiben, muß dem Hamiltonian HEx ein Term 4 H ZFS = ∑ [ D(S iz ) 2 − 23 ] i =1 hinzugefügt werden [Ben90]. (6.21) 6. Ergebnisse und Diskussion 110 Das Ergebnis einer Anpassung der Daten mit dem Hamiltonian H = HEx + HZFS ist in Bild 6.15(a) dargestellt. In dieser Anpassung wurde ein isotroper g-Faktor angenommen, also gz = gxy ≡ g. Der Beitrag durch Verunreinigungen wurde vernachlässigt, d.h. ρ = 0. Die Parameter sind in Tabelle 6.III wiedergegeben. Die experimentellen Daten werden nicht perfekt reproduziert, aber die Temperaturabhängigkeit der berechneten Kurven ist der der experimentellen Kurven schon sehr ähnlich. Insbesondere wird die durch den isotropen Hamiltonian HEx nicht beschriebene, typische positive Krümmung von mxy und m unterhalb von 5 K gut wiedergegeben. Diese Krümmung wird im Folgenden noch wichtig sein, denn wird diese von der Theorie nicht reproduziert, dann deutet dies darauf hin daß die Magnetfeldabhängigkeit nicht korrekt beschrieben wird. Bei Temperaturen von etwa 50 K liegen die berechneten Kurven zwischen den experimentellen Daten, was eine g-Faktor-Anisotropie der Form gz > gxy andeutet, die wegen Gl. (6.18) auch zu erwarten ist. Es wurde daher versucht, die Beschreibung durch die Berücksichtigung einer g-Faktor-Anisotropie zu verbessern. Die dabei erhaltenen Parameter sind in Tabelle 6.III für eine Anisotropie von 2.5% und 4% wiedergegeben. Der Konfidenzfaktor χ2 der Anpassung wird mit zunehmender Anisotropie etwas schlechter. HEx + HZFS gz = gxy, ρ = 0, gz ≠ gxy, ρ = 0 gz = gxy, ρ ≠ 0 gz ≠ gxy, ρ ≠ 0 χ2 [×10-6] 22.5 31.2 / 37.2 1.41 1.60 / 1.75 J [K] -7.55 -7.51 / -7.49 -8.16 -8.21 / -8.24 D [K] -10.70 -10.84 / -10.92 -6.69 -6.33 / -6.12 ρ - - 0.285% 0.323% / 0.344% Tabelle 6.III: Ergebnis der Anpassung des Hamiltonians HEx + HZFS an die Ni[2×2]-Daten. χ2 ist der Konfidenzfaktor der Anpassung. In der dritten und fünften Spalte bezieht sich der jeweils erste Wert auf eine g-Faktor Anisotropie (gz-gxy)/g von 2.5% und der zweite auf 4%. 6. Ergebnisse und Diskussion B m (µ /spin) (a) 111 0.4 0.3 B||z m B||xy m zerm. m z xy 0.2 J = -7.55 K D = -10.70 K 0.1 g = 2.05 0.0 0 10 20 30 40 50 T (K) B m (µ /spin) (b) 0.4 0.3 B||z m B||xy m zerm. m z xy J = -8.24 K 0.2 D = -6.12 K g 0.1 xy = 2.023 g = 2.104 z ρ = 0.00344 0.0 0 10 20 30 40 50 T (K) Bild 6.15: Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momentes des #Ni[2×2]G-Kristalls mit einem Magnetfeld von 5.5 T parallel zur z-Achse (offene Diamanten) bzw. xy-Ebene (offene Rechtecke) und nachdem er zermahlen wurde (geschlossene Kreise). Die Linien repräsentieren Berechnungen mit dem Hamiltonian HEx + HZFS für (a) einen isotropen g-Faktor und ρ = 0 und (b) eine g-Faktor-Anisotropie und ρ ≠ 0 (siehe Text). Die Parameter sind in den Graphiken angegeben, χ0 = -0.3×10-3 µB/(spin T). 6. Ergebnisse und Diskussion 112 Es muß bedacht werden, daß dieser sich auf den Vergleich der Berechnung mit den Pulvermessungen bezieht. Die Übereinstimmung mit den Kristalldaten verbesserte sich jedoch auch nicht. Mit zunehmender g-Faktor-Anisotropie verschoben sich die berechneten mxy Kurven zwar zu tieferen Werten, wie es mit Hinblick auf Bild 6.15(a) wünschenswert ist, bei den tiefsten Temperaturen jedoch blieben die Werte für mz nach wie vor nahezu Null, so daß sich die berechnete Kurve für m in diesem Temperaturbereich zu noch kleineren Werten verschob und sich die Übereinstimmung mit der Messung an den zermahlenen Kristallen daher verschlechterte. Als nächstes wurde der Einfluß von Verunreinigungen untersucht. Die Übereinstimmung mit den Pulver- als auch Kristalldaten verbesserte sich deutlich. Dies ist in Bild 6.15(b) für den Fall, in dem sowohl g-Faktor-Anisotropie als auch Verunreinigungen berücksichtigt wurden, dargestellt. Allerdings wird die typische Krümmung unterhalb 5 K nun nicht mehr reproduziert. Dies ist darauf zurückzuführen, daß D ≈-6.5 K zu klein ist, um die Magnetfeldabhängigkeit richtig wiedergeben zu können. Eine Konzentration der Verunreinigungen von einigen 0.1% ist durchaus realistisch. Übernächste-Nachbar-Kopplung: Unseren Wissens nach wurde bisher noch keine eindeutiges Anzeichen für eine ÜbernächsteNachbar-Kopplung in der Magnetisierung von Clustern beobachtet. Nichtsdestoweniger wurde dieser Beitrag der Vollständigkeit halber untersucht, der sich als H NN = − J NN (S1 ⋅S 3 + S 2 ⋅S 4 ) (6.22) schreiben läßt. Es konnten ebenso keine Anzeichen für eine Relevanz von HNN gefunden werden, da die Berücksichtigung von HNN in den Berechnungen keine deutliche Verbesserungen erbrachte. Anisotrope Kopplung: Diese Kopplung führt zu einem zusätzlichen Term H A = D J (Siz S jz − 13 S i ⋅S j ) (6.23) im Hamiltonian [Ben90], wobei die Summation über die (i,j)-Paare (1,2), (2,3), (3,4), und (4,1) auszuführen ist. Aufgrund des großen Abstandes der Ni2+-Ionen von 6.5 Å im Ni[2×2]-Gitter kann ein Beitrag der magnetischen Dipolwechselwirkung zur anisotropen Kopplung vernachlässigt werden [Ben90]. Eine anisotrope Kopplung im Ni[2×2] kann daher nur aus der Austauschkopplung herrühren. Der Betrag von DJ wurde mit DJ ∝ (∆g/g)2J abgeschätzt mit der in 6. Ergebnisse und Diskussion 113 Kapitel 4.3 betonten Einschränkung [Ben90]. Eine Anpassung der Daten mit dem Hamiltonian H = HEx + HZFS + HA, wobei Verunreinigungen zunächst nicht mit berücksichtigt wurden, führte zwar zu einer ganz guten Beschreibung der Pulverdaten, jedoch wurde das Verhalten von mz und mxy völlig falsch wiedergegeben. Dies ist in Bild 6.16(a) für den Fall eines isotropen g-Faktors gezeigt. Insbesondere gilt mz < mxy im gesamten Temperaturbereich, im vollständigen Widerspruch zum Experiment. Die erhaltenen Parameter sind in Tabelle 6.IV wiedergegeben. Ein Blick darauf zeigt, daß D > 0 ist, womit auch mz < mxy klar wird. Erst die Berücksichtigung von Verunreinigungen führte zu brauchbaren Ergebnissen. Das beste Resultat wurde für einen isotropen g-Faktor erhalten und ist in Bild 6.16(b) dargestellt. Es sind jedoch folgende Einwände zu bedenken: Erstens wird die typische Krümmung der Daten unterhalb 5 K nicht reproduziert. Zweitens erfordert, wie oben schon des öfteren angesprochen wurde, eine Nullfeldaufspaltung auch eine g-Faktor-Anisotropie. Mit z.B. einer Anisotropie von nur 2.5% wird die Übereinstimmung mit den Kristalldaten schon deutlich verschlechtert. Letztendlich ist der Betrag von DJ, zumindest mit Hinblick auf die obige Abschätzung, deutlich zu groß. HEx + HZFS + HA gz = gxy, ρ = 0, gz ≠ gxy, ρ = 0 gz = gxy, ρ ≠ 0 gz ≠ gxy, ρ ≠ 0 χ2 [×10-6] 1.13 1.06 / 1.06 1.02 1.31 / 1.53 J [K] -8.21 -8.14 / -8.10 -8.31 -8.35 / -8.37 D [K] 4.29 4.09 / 4.11 -8.85 -8.32 / -7.94 DJ [K] 7.09 7.00 / 7.00 -1.21 -1.14 / -1.06 ρ - - 0.346% 0.379% / 0.344% Tabelle 6.IV: Ergebnis der Anpassung des Hamiltonians HEx + HZFS + HA an die Ni[2×2]Daten. χ2 ist der Konfidenzfaktor der Anpassung. In der dritten und fünften Spalte bezieht sich der jeweils erste Wert auf eine g-Faktor Anisotropie (gz-gxy)/g von 2.5% und der zweite auf 4%. 6. Ergebnisse und Diskussion B m (µ /spin) (a) 114 0.4 0.3 B||z m B||xy m zerm. m z xy 0.2 J = -8.21 K D = 4.29 K 0.1 D = 7.09 J g = 2.05 0.0 0 10 20 30 40 50 T (K) B m (µ /spin) (b) 0.4 0.3 B||z m B||xy m zerm. m z xy J = -8.31 K 0.2 D = -8.85 K D = -1.21 K J 0.1 g = 2.05 ρ = 0.00346 0.0 0 10 20 30 40 50 T (K) Bild 6.16: Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momentes des #Ni[2×2]G-Kristalls mit einem Magnetfeld von 5.5 T parallel zur z-Achse (offene Diamanten) bzw. xy-Ebene (offene Rechtecke) und nachdem er zermahlen wurde (geschlossene Kreise). Die Linien repräsentieren Berechnungen mit dem Hamiltonian HEx + HZFS + HA für einen isotropen g-Faktor und (a) ρ = 0 und (b) ρ ≠ 0 (siehe Text). Die Parameter sind in den Graphiken angegeben, χ0 = 0.3×10-3 µB/(spin T). 6. Ergebnisse und Diskussion 115 Antisymmetrische Kopplung: Dieser Austauschterm ist von der Form [Ste53a, Dzy58, Mor60] d ij ⋅(Si ×S j ) , (6.24) wobei wieder die gleiche Summenkonvention wie bei der anisotropen Kopplung angewendet wurde. Der Vektor dij ist jedoch identisch Null, wenn die paramagnetischen Zentren durch Symmetrieelemente miteinander in Beziehung stehen [Mor60, Ben82, Ben90]. Die Symmetrie der [2×2]-Gitter ist näherungsweise D2d (Kapitel 3), woraus dij = 0 folgt. Biquadratische Kopplung: Neben den eben besprochenen bilinearen Kopplungstermen ist die biquadratische Kopplung der nächstwichtige Term höherer Ordnung. Er ist von der Form [Ben90] H′ = J′ (S i ⋅S j ) 2 (6.25) mit der selben Summenkonvention wie oben. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen daß der Betrag von J' von der Größenordnung 10-2 J ist [Hua64, Ben90]. In ESR- und Magnetisierungsmessungen wurden trotzdem häufig Anzeichen einer biquadratischen Kopplung beobachtet [Gin71, Pak73]. Tatsächlich führt der Hamiltonian H = HEx + HZFS + H' zu den besten in dieser Arbeit gefundenen Anpassungen an die experimentellen Daten, unabhängig davon, ob g-FaktorAnisotropie und/oder Verunreinigung berücksichtigt wurden oder nicht. Dies ist aus Tabelle 6.V zu erkennen, in der die erhaltenen Parameter aufgelistet sind. In Bild 6.17(a) ist das Ergebnis für die Berechnung unter Vernachlässigung der g-Faktor-Anisotropie und einer möglichen Verunreinigungen dargestellt. Die ausgezeichnete Übereinstimmung der berechneten Magnetisierungskurven mit den Pulverdaten bzw. den Messungen an den zermahlenen Kristallen ist offensichtlich. Die Kurven für mz und mxy werden demgegenüber nicht ganz so gut reproduziert. Dies ist aber hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß die g-Faktor-Anisotropie in Bild 6.17(a) nicht berücksichtigt wurde. Die beste Anpassung wurde erhalten, wenn sowohl g-Faktor-Anisotropie als auch Verunreinigungen in die Rechnungen einbezogen wurden, wie Bild 6.17(b) demonstriert. Es ist zu betonen, daß die Krümmung der experimentellen Kurven unterhalb von 5 K gut reproduziert wird. Der biquadratische Term ist damit der einzige der betrachteten Terme, der diese Krümmung auch bei Berücksichtigung von Verunreinigungen wiedergeben konnte. 6. Ergebnisse und Diskussion B m (µ /spin) (a) 116 0.4 0.3 B||z m B||xy m zerm. m z xy 0.2 J = -8.37 K D = -9.22 K 0.1 J' = 0.658 K g = 2.05 0.0 0 10 20 30 40 50 T (K) B m (µ /spin) (b) 0.4 0.3 B||z m B||xy m zerm. m z xy J = -8.42 K 0.2 D = -7.98 K J' = 0.508 K g 0.1 xy = 2.023 g = 2.104 z ρ = 0.00127 0.0 0 10 20 30 40 50 T (K) Bild 6.17: Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momentes des #Ni[2×2]G-Kristalles mit einem Magnetfeld von 5.5 T parallel zur z-Achse (offene Diamanten) bzw. xy-Ebene (offene Rechtecke) und nachdem er zermahlen wurde (geschlossene Kreise). Die Linien repräsentieren Berechnungen mit dem Hamiltonian HEx + HZFS + H' für (a) einen isotropen g-Faktor und ρ = 0 und (b) eine g-Faktor-Anisotropie und ρ ≠ 0 (siehe Text). Die Parameter sind in den Graphiken angegeben, χ0 = -0.3×10-3 µB/(spin T). 6. Ergebnisse und Diskussion 117 HEx + HZFS + H‘ gz = gxy, ρ = 0, gz ≠ gxy, ρ = 0 gz = gxy, ρ ≠ 0 gz ≠ gxy, ρ ≠ 0 χ2 [×10-6] 1.07 1.13 / 1.17 0.83 0.82 / 0.79 J [K] -8.37 -8.47 / -8.54 -8.29 -8.37 / -8.42 D [K] -9.22 -9.21 / -9.20 -8.21 -8.06 / -7.98 J' [K] 0.658 0.773 / 0.844 0.396 0.464 / 0.508 ρ - - 0.107% 0.121% / 0.127% Tabelle 6.V: Ergebnis der Anpassung des Hamiltonians HEx + HZFS + H' an die Ni[2×2]-Daten. χ2 ist der Konfidenzfaktor der Anpassung. In der dritten und fünften Spalte bezieht sich der jeweils erste Wert auf eine g-Faktor-Anisotropie (gz-gxy)/g von 2.5% und der zweite auf 4%. Weiterhin ist dies auch der einzige Term, der nicht zu schlechteren Anpassungen an die Pulverdaten führte, wenn die physikalisch zu fordernde g-Faktor-Anisotropie einbezogen wurde, wie ein Vergleich der Tabellen 6.III-6.V zeigt. Wird in der Anpassung der biquadratische und der anisotrope Term gleichzeitig berücksichtigt, also der Hamiltonian H = HEx + HZFS + HA + H' verwendet, so ergibt sich DJ = 0. Daraus folgt, daß die biquadratische Kopplung auf alle Fälle wichtiger ist als die anisotrope Kopplung. Der einzige Einwand, der gegen die biquadratische Kopplung angeführt werden könnte, ist der daß der Betrag von J' etwas zu groß erscheint. Uryû und Friedberg zeigten, daß die biquadratische Kopplung nicht der allgemeinste quadrilineare Austauschterm ist [Ury65]. Sie betrachteten den Fall dreier gekoppelter Spins und erhielten neben den biquadratischen Kopplungen den zusätzlichen Term (S1 ⋅S 2 )(S 2 ⋅S 3 ) + (S 2 ⋅S 3 )(S 3 ⋅S1 ) + (S 3 ⋅S1 )(S1 ⋅S 2 ) . (6.26) Sie erörterten, daß dieser Term von größerer Bedeutung ist als der biquadratische Term. Unseres Wissens nach wurden ihre Überlegung bisher noch nicht auf den Fall von vier quadratisch planar angeordneten Spins übertragen. Mit Hinblick auf Gl. (6.26) wurde versuchsweise der Term ′ ′ H′ [(S1 ⋅S 2 )(S 2 ⋅S 3 ) + (S 2 ⋅S 3 )(S 3 ⋅S 4 ) + (S 3 ⋅S 4 )(S 4 ⋅S1 ) + (S 4 ⋅S1 )(S1 ⋅S 2 )] = J′ (6.27) untersucht. Die mit H'' anstatt von H' erhaltenen Resultate sind denen für H' ziemlich ähnlich, was andeutet, daß andere quadrilineare Terme als der biquadratische tatsächlich von Bedeutung sein könnten. Solange jedoch keine detaillierte theoretische Begründung der einzelnen quadrilinearen Terme vorliegt, bleibt es unklar, ob z.B. Terme wie (S1⋅S2)(S3⋅S4) ebenfalls in H'' 6. Ergebnisse und Diskussion 118 eingefügt werden müßten. Es ist daher schwierig, die Relevanz der Ergebnisse für H'' einzuschätzen. Bezüglich einer intermolekulare Kopplung ist folgendes festzustellen. Falls Anlaß zu der Annahme besteht, daß intermolekulare Kopplungen relevant sind, dann wird dies üblicherweise im Rahmen der Molekularfeldnäherung in den Rechnungen für die intramolekulare Magnetisierung mit einbezogen [Gin71, Kah93]. Das effektiv wirksame Magnetfeld wird durch das experimentell angelegte Magnetfeld und ein Molekularfeld ersetzt [Kit89]. Betrachtet man die intramolekulare Suszeptibilität χ = F(T)/T, wobei F eine temperaturabhängige Funktion bezeichnet, dann ist diese durch χ = F(T)/(T-Θ ) zu ersetzen [Gin71]. |Θ /T| ist daher ein Maß für den Einfluß einer durch Θ charakterisierten intermolekularen Kopplung auf die Suszeptibilität. In Kapitel 6.2 wurde für das Co-System die Curie-Weiss-Konstante Θ auf etwa 10 mK abgeschätzt. Selbst bei der kleinsten in dieser Arbeit zugänglichen Temperatur von 1.9 K, ist |Θ /T| kleiner als die experimentelle Genauigkeit. Ein Einfluß einer intermolekularen Kopplung auf die oben vorgestellten Ergebnisse kann daher ausgeschlossen werden. Zum Schluß wird noch kurz auf die Frage eingegangen, ob das in der Magnetisierung beobachtete Maximum [Bild 6.12(a)] tatsächlich wie bislang angenommen eine intramolekulare antiferromagnetische Kopplung der vier Ni2+-Spins anzeigt. Obwohl es hierfür mehrere Hinweise gibt, ist wohl das überzeugendste Argument das folgende: Wie bereits mehrfach betont wurde, folgt aus gz > gxy auch D < 0. Es wurde auch gezeigt, daß dieses Argument auf die magnetischen Momente erweitert werden kann, d.h. auch aus mz > mxy folgt D < 0. Die experimentelle Beobachtung, daß mz größer als mxy ist, fordert also direkt, daß ein Dublett energetisch am tiefsten liegen muß. Wie in Kapitel 6.2 ausgeführt wurde, ist daher das Maximum in der Magnetisierung von Ni[2×2] tatsächlich auf eine intramolekulare antiferromagnetische Kopplung der vier Ni2+-Ionen eines Gittermoleküls zurückzuführen. In diesem Kapitel wurde gezeigt, daß auch die magnetischen Eigenschaften von Ni[2×2] intramolekularen Ursprungs sind. Die Magnetisierung von sowohl Ni[2×2]-Pulverproben als auch von Ni[2×2]-Kristallen konnte durch einen effektiven Spin-Hamitonian ausgezeichnet reproduziert werden. Die isotrope Kopplungskonstante ergab sich zu etwa J = -8 K wobei auch Anzeichen für eine biquadratische Kopplung mit J' = 0.5 K beobachtet wurden [Wal98b]. 6. Ergebnisse und Diskussion 119 6.5 Magnetische Funktionalisierung der Co[2×2]-Gittermoleküle In diesem Kapitel wird eine Beobachtung beschrieben, die bisher jedoch kaum verstanden ist. Sie führt jedoch zu einem Konzept, welches in Bezug auf eine eventuelle Anwendung der M[2×2]-Gittermoleküle als Komponenten funktioneller Nanostrukturen von Interesse sein dürfte. Es wurde ein Co[2×2]-Gittermolekülderivat untersucht, in dem sich die Liganden in folgender Weise von denen in den "Standard"-Co[2×2]-Gittermolekülen unterschieden: Die Methylgruppe an der 2-Position des Pyrimidin war durch ein Wasserstoff ersetzt, und jeweils an der 4'-Position der mittleren Pyridin-Ringe war eine Thiopropylkette angehängt. Die Strukturformel dieses Liganden ist in Bild 6.18 dargestellt. Dieses Co[2×2]-Gittermolekülderivat soll im Folgenden kurz als Co[2×2]S bezeichnet werden. In Bild 6.19 ist das magnetische Moment einer Co[2×2]S-Pulverprobe als Funktion der Temperatur bei verschiedenen Magnetfeldern [Bild 6.19(a)] und als Funktion des Magnetfeldes bei T = 1.9 K [Bild 6.19(b)] dargestellt. Es ist offensichtlich, daß durch die Modifikation des Liganden im Co[2×2]S deutliche Änderungen des magnetischen Verhaltens bewirkt wurden. Ein Vergleich von Bild 6.19(a) mit Bild 6.1 und Bild 6.19(b) mit Bild 6.6(a) zeigt dies klar. Insbesondere ist das im Co[2×2] beobachtete Maximum bei etwa 7.5 K (Bild 6.1) und die Magnetisierungsstufe bei 3.5 T nicht mehr vorhanden. Beide Merkmale wurden als das Resultat einer intramolekularen Kopplung identifiziert. Ob auch eine Kopplung der Co2+-Ionen im Co[2×2]S vorliegt und welcher Art sie ist, kann noch nicht definitiv beantwortet werden. N S S N N N N N Bild 6.18: Der für das Co[2×2]-Gittermolekülderivat Co[2×2]S verwendete Ligand 4,6-(Bis(4'Propylthio)-(2'',2'-Bipyridyl-6'-yl))-Pyrimidin. Die Methylgruppe an der 2-Position des Pyrimidin wurde durch Wasserstoff ersetzt. An den 4'-Positionen der mittleren Pyridin-Ringe wurde eine Thiopropylkette angehängt. 6. Ergebnisse und Diskussion 120 Co[2x2] mit Thiopropyl-Ketten (a) 5.5 T 3.0 T 1.0 T 0.1 T 0.4 B m (µ /spin) 0.6 0.2 0.0 0 10 20 T (K) 30 40 50 (b) 1.0 T = 1.9 K B B 0.4 m (µ /spin) m (µ /spin) 0.6 0.5 0.2 0.0 0.0 0 1 2 3 4 5 B (T) Bild 6.19: (a) Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momentes einer Co[2×2]-Pulverprobe mit Thiopropyl-Ketten (#Co[2×2]SA) bei Magnetfeldern von 0.1, 1, 3, und 5.5 T. (b) Magnetfeldabhängigkeit des magnetischen Momentes der gleichen Pulverprobe wie in (a) bei einer Temperatur von 1.9 K. Die gestrichelte Linie repräsentiert die Magnetisierungskurve für ein freies Ion mit g = 2 und S = 1/2. 6. Ergebnisse und Diskussion 121 Aus der Temperaturabhängigkeit der inversen Suszeptibilität wurde die Curie-Weiss-Konstante zu etwa θ = -20 K bestimmt. Mit der selben Begründung wie im Falle des Co[2×2] kann hieraus jedoch kein Hinweis auf eine Kopplung abgeleitet werden (Kapitel 6.2). Die m(T)-Kurven [Bild 6.19(a)] zeigen einen Curie-ähnlichen Verlauf, wobei sich bei genauer Betrachtung deutliche Abweichungen hiervon ergeben. Diese können auf den Einfluß von Ligandenfeldern zurückgeführt werden, in Übereinstimmung mit der erhaltenen Curie-Weiss-Konstante. Eine kleine Kopplung kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Anhand der m(T)-Kurve in Bild 6.19(a) ist nicht zu entscheiden, ob diese bei tieferen Temperaturen ein Maximum aufweisen wird oder nicht. Die m(B)-Kurve in Bild 6.19(b) scheint allerdings eine schwache Kopplung anzuzeigen. Auch für Magnetfelder von 5.5 T ist kein deutliches Anzeichen einer Sättigung zu erkennen. Der Wert der reduzierten Variable x = (µBB)/(kBT) beträgt hier bereits x = 1.94, so daß für ein ungekoppeltes Ion eine deutliche Sättigung des magnetischen Momentes zu beobachten wäre. Zur Verdeutlichung dieses Sachverhalts wurde in Bild 6.19(b) die für g = 2 und S = 1/2 berechnete Magnetisierungskurve eines freien Ions mit eingezeichnet. Für g-Faktoren größer als 2 und/oder Spinquantenzahlen größer als 1/2 wäre die Sättigung sogar noch ausgeprägter. Zu bemerken ist auch der relativ kleine Absolutbetrag des magnetischen Momentes. Auch dies könnte ein Anzeichen einer Kopplung sein. Eine detailliertere Interpretation der magnetischen Eigenschaften des Co[2×2]S ist auf Grundlage der bisherigen Untersuchungen noch nicht möglich. In jedem Fall aber kann festgestellt werden, daß die Magnetisierung von Co[2×2]S nicht durch ein einfaches Einzelionen-Modell zu erklären ist und vor allem deutliche Unterschiede im Vergleich zum Co[2×2] aufweist. Diese Beobachtung deutet an, daß die M[2×2]-Gittermoleküle das Potential für eine magnetische Funktionalisierung aufweisen. Durch gezieltes Ändern der Liganden scheint eine definierte Beeinflussung der magnetischen Eigenschaften möglich zu werden. In diesem Zusammenhang ist auf eine weitere Besonderheit der M[2×2]-Gittermoleküle hinzuweisen. Wie in Kapitel 2 bereits ausgeführt wurde, kann die Möglichkeit, verschiedene Endgruppen an die 5-Position der äußeren Pyridine zu derivatisieren, prinzipiell dazu ausgenutzt werden, die Anordnung der M[2×2]-Gittermoleküle in einer definierten Überstruktur zu erreichen. Aufgrund der Ligandenstruktur ist hierbei jedoch nicht zu erwarten, daß die magnetischen Eigenschaften durch das Ändern der Endgruppen beeinflußt werden. Auf der anderen Seite ist zu vermuten, daß der durch die Endgruppen gesteuerte Aufbau zu einer Überstruktur nicht durch die für eine magnetische Funktionalisierung eingeführten Änderungen des inneren Teils des Liganden beeinflußt wird. Dieser Gedanke wird anhand von Bild 6.20 anschaulich dargestellt. 6. Ergebnisse und Diskussion 122 N R 2 N N N N N R2 Bild 6.20: Der hellgrau hinterlegten innere Teil des Liganden und die Metallionen können im Hinblick auf eine magnetische Funktionalisierung geändert werden. Die dunkelgrau hinterlegten Enden des Liganden können mit Hinblick auf den Aufbau einer definierten Überstruktur funktionalisiert werden. Innerhalb dieses Konzeptes kann auch die Einführung anderer Metallionen als Co2+ und die dadurch bewirkten Änderung der magnetischen Eigenschaften, wie am Beispiel des Ni[2×2] gezeigt, als magnetische Funktionalisierung verstanden werden. In gewisser Weise stellt das M[2×2]-Gittersystem also zwei voneinander unabhängige "Schrauben" zu Verfügung, eine zum Einstellen der magnetischen Eigenschaften und eine zum Einstellen der Überstruktur. 7. Schlußdiskussion 7 123 Schlußdiskussion Als wichtigstes Resultat dieser Arbeit wurde der Nachweis erbracht, daß die vier Metallionen innerhalb der Co[2×2]- und Ni[2×2]-Gittermoleküle über eine intramolekulare antiferromagnetische Kopplung miteinander in Wechselwirkung stehen. Anzeichen einer intermolekularen Kopplung konnten nicht beobachtet werden. Es wurde abgeschätzt, daß diese bestenfalls bei Temperaturen unterhalb von etwa 10 mK zu langreichweitigen Ordnungen führen könnte. Jedes einzelne Gittermolekül kann daher als eine molekulare magnetische Domäne angesehen werden. Insbesondere stellen damit die Co[2×2]- und Ni[2×2]-Gittermoleküle nahezu ideale Quantenspinsysteme dar. Die magnetischen Daten wurden mit Hilfe des Spin-Hamiltonian-Formalismus detailliert untersucht. Die Berechnung der Magnetisierung konnte mit Hilfe der entwickelten Methoden und Näherungen effizient durchgeführt werden. Zudem erwies sich die Tatsache, daß einkernige Vergleichsysteme zu den M[2×2]-Gittermolekülen existieren, als großer Vorteil, da so die Effekte durch Ligandenfelder sauber von den Effekten durch die magnetische Kopplung getrennt werden konnten. Im Falle des Co[2×2] wurde ein semiquantitatives Verständnis der magnetischen Eigenschaften erreicht. Die Ni[2×2]-Magnetisierungsdaten sowohl der Pulver- als auch der Einkristallproben konnten sogar hervorragend reproduziert werden. Die Kopplungskonstante im Co[2×2] wurde zu J = -2 K bestimmt, die im Ni[2×2] zu J = -8 K. Schließlich wurde aufgezeigt, daß eine magnetische Funktionalisierung der M[2×2]-Gitterkomplexe möglich erscheint. Durch Modifikationen des "inneren" Teils des Liganden und/oder durch den Einsatz entsprechender Metallionen wurden deutliche Änderungen der magnetischen Eigenschaften beobachtet. Zusammen mit der Beobachtung, daß die magnetische Kopplung über die Endgruppen der Liganden hinweg vernachlässigbar klein ist, führte dies zu folgendem Schluß: Die magnetischen Eigenschaften des Moleküls können unabhängig von den für die Verknüpfung zu den Nachbarmolekülen verantwortlichen Endgruppen eingestellt werden. Literaturverzeichnis 124 Literaturverzeichnis [Abr50] A. Abragam, M. H. L. Pryce, The theory of paramagnetic resonance in hydrated cobalt salts, Proc. Roy. Soc. 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Hanan, D. Volkmer, U. S. Schubert, J.-M. Lehn, Magnetic Supramolecular Grid Structures: Intramolecular Coupling of Four Seperate Spins, erscheint in MRS Proceedings [Wal98b] O. Waldmann, J. Hassmann, P. Müller, D. Volkmer, U. S. Schubert, J.-M. Lehn, Magnetic phenomena in self-assembled mono- and tetranuclear supramolecular Ni2+ complexes, eingereicht. [Wil67] D. L. Williams, D. W. Smith, R. C. Stoufer, Complexes of Cobalt(II). V. A Model for Anomalous Magnetic Behavior, Inorg. Chem. 6, 590 (1967). [Wil83] R. D. Willet, D. Gatteschi, O. Kahn, Magneto-Structural Correlations in Exchange Coupled Systems, NATO ASI Series, Reidel, Dordrecht (1983). Literaturverzeichnis [Yvo53] J. Yvon, J. Horowitz, A. Abragam, Exchange Coupling Between Three Iron Ions in Two Organic Molecules, Rev. Mod. Phys. 25, 165 (1953). [Zen53] C. Zener, R. R. Heikes, Exchange Interactions, Rev. Mod. Phys. 25, 191 (1953). 136 Liste der eigenen Veröffentlichungen 137 Liste der eigenen Veröffentlichungen 1. K. Schlenga, W. Biberacher, G. Hechtfischer, R. Kleiner, B. Schey, O. Waldmann, W. Walkenhorst, P. Müller, F.X. Régi, H. Savary, J. Schneck, M. Brinkmann, H. Bach, K. Westerholt, G. Winkel, Intrinsic Josephson Effects in Various Layered Superconductors, Physica C 235-240, 3273 (1995). 2. O. Waldmann, F. Steinmeyer, P. Müller, J.J. Neumeier, F.X. Régi, H. Savary, J. Schneck, Temperature and Doping Dependence of the Penetration Depth in Bi2Sr2CaCu2O8+δ, Phys. Rev. B 53, 11825 (1996). 3. O. Waldmann, G. Lichtschlag, F. Steinmeyer, A. Talalaevskii, P. Müller, Field Induced Transition of the AC Susceptibility in High-Tc Superconductors, Czech. J. Phys. 46, 1589 (1996). 4. O. Waldmann, G. Lichtschlag, A. Talalaevskii, R. Kleiner, P. Müller, c-axis ac susceptibility in high-Tc superconductors, Phys. Rev. B 54, 15478 (1996). 5. G. S. Hanan, U. S. Schubert, D. Volkmer, J.-M. Lehn, J. Hassmann, C. Y. Hahn, O. Waldmann, P. Müller, G. Baum, D. Fenske, Design of coordination arrays as potential molecular memory units and switches, 9th International Symposium on Molecular Recognition and Inclusion (ISMRI 9), A. Colman (ed.), Kluver Academic Press, Dordrecht, im Druck. 6. O. Waldmann, J. Hassmann, P. Müller, G. S. Hanan, D. Volkmer, U. S. Schubert, J.-M. Lehn, Intramolecular antiferromagnetic coupling in supramolecular grid structures with Co2+ metal centers, Phys. Rev. Lett. 78, 3390 (1997). 7. C. Reimann, O. Waldmann, P. Müller, M. Leghissa, B. Roas, Current carrying capability of multifilamentary (BiPb)2Sr2Ca2Cu2Ox-tapes determined from transport and magnetization measurements, App. Phys. Lett. 71, 3287 (1997). 8. M. Hechtl, K. F. Renk, C. Reimann, O. Waldmann, Preparation of (Tl,Pb)-1223 multilayer tapes by use of an electrophoretic technique, Supercond. Sci. Technol. 11, 227 (1998). 9. J. Hassmann, C. Y. Hahn, O. Waldmann, E. Volz, H.-J. Schleemilch, N. Hallschmid, P. Müller, G. S. Hanan, D. Volkmer, U. S. Schubert, J.-M. Lehn, H. Mauser, A. Hirsch, Liste der eigenen Veröffentlichungen 138 Structural and electronic properties of self-assembled supramolecular grid structures: doping of supramolecular thin films, wird veröffentlicht in Proceedings MRS Fall Meeting, Boston (1997). 10. O. Waldmann, J. Hassmann, P. Müller, G. S. Hanan, D. Volkmer, U. S. Schubert, J.-M. Lehn, Magnetic Supramolecular Grid Structures: Intramolecular Coupling of four separate Spins, wird veröffentlicht in Proceedings MRS Fall Meeting, Boston (1997). 11. O. Waldmann, J. Hassmann, P. Müller, D. Volkmer, U. S. Schubert, J.-M. Lehn, Magnetic phenomena in self-assembled mono- and tetranuclear supramolecular Ni2+ complexes, eingereicht. Danksagung 139 Danksagung Ich bedanke mich sehr herzlich bei: Prof. Dr. Paul Müller für die Überlassung dieses Themas und dafür, daß ich mich wissenschaftlich frei „entfalten“ konnte, Prof. Dr. J.-M. Lehn, Dr. D. Volkmer, Dr. G. S. Hanan, Dr. U. S. Schubert, und Dr. D. Bassani für die Bereitstellung der vielen verschiedenen Gittermoleküle und ihrer Unterstützung bei vielen „chemischen“ Fragen, Prof. Dr. F. Saalfrank und Sabine Caret für die Bereitstellung der interessanten MonomerKomplexe, die in dieser Arbeit leider nicht aufgenommen werden konnten, um den Umfang nicht zu sehr anschwellen zu lassen, Jörg Hassmann nicht nur dafür, daß er mich beim Squashen herumscheuchte, sondern auch für die hervorragende Zusammenarbeit bei der Erforschung der Supramoleküle, Gerald Lichtschlag für die großartige Unterstützung bei den AC-Suszeptibilitätsmessungen an den Hochtemperatur-Supraleitern und seine Ruhe und Gelassenheit, die er ausstrahlte, Robert Koch für seine großartige Hilfe bei den numerischen Berechnungen, sein nicht nachlassendes Bemühen um die Kryostaten und die Anfertigung des Supramolekül-Bausatzes, Dr. Wolfgang Junker, der als einer der wenigen stets bereit war, sich mit meinen Fragen theoretischer Natur, insbesondere bezüglich entarteter Störungstheorie und Gruppentheorie, intensiv zu befassen, Dr. Gerd Hechtfischer und Dr. Klaus Schlenga für die vielen interessanten und hilfreichen Diskussionen über dieses oder jenes physikalische Problem, Dr. Wolfgang Walkenhorst für die langen Jahre der gemeinsamen Zeit am Walther-MeissnerInstitut und in Erlangen, Thomas Uttich für seine erstklassige Hilfe bei Computerproblemen, Danksagung 140 allen anderen Kolleginnen und Kollegen für das wirklich hervorragende Arbeitsklima in unserer Gruppe, Frau Christa Metze für die freundliche Hilfe bei all den lästigen täglichen Verwaltungsangelegenheiten, allen Mitarbeitern der Werkstätten, der Haustechnik und den Operateuren für die freundliche Unterstützung, meinen Eltern, und am allermeisten bei Carolin. Lebenslauf 141 Lebenslauf Name: Oliver Bernhard Waldmann Anschrift: Lindenweg 10 91058 Erlangen geboren: 24.02.1967 in München Ausbildung: 09/73 - 06/76 Deutsche Schule Paris, Saint Cloud 09/76 – 07/77 Grundschule in Neubiberg b. München 09/77 – 06/87 Gymnasium in Neubiberg b. München 11/87 – 11/94 Studium der Physik (allgemeine Richtung) an der Technischen Universität München Abschluß: Diplom-Physiker (Univ.) 08/93 – 08/94 Diplomarbeit am Walther-Meissner-Institut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Garching 12/94 – 03/95 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Walther-Meissner-Institut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Garching seit 04/95 Wissenschaftlicher Angestellter am Physikalischen Institut der Universität Erlangen-Nürnberg