LÖSUNGEN DER AUFGABEN ZUM 5. PRAKTIKUM 1. Elektrophile und nukleophile Teilchen Elektrophile Teilchen: Es handelt sich um Elektronenpaarakzeptoren, also LEWIS-Säuren. Beispiele sind: H+, Br+, I+, BF3, AlCl3, Ag+ oder Hg2+ Nukleophile Teilchen: Es handelt sich um Elektronenpaardonatoren, also LEWIS-Basen. Typ Beispiele HO−, RO− SauerstoffNucleophile H2O, StickstoffNucleophile NH3, RNH2, R2NH, R3N, Pyridin KohlenstoffNucleophile CN−, HC≡C−, Enamine, Enolate, Benzol und elektronenreichere Aromaten SchwefelNucleophile H2S, HS−, RS− Halogenide Cl−, Br−, I− 2. Substituenteneffekte Induktiver Effekt: Besonders von Lewis und Ingold erarbeitetes Konzept, das die Einflüsse elektropositiver und elektronegativer Substituenten auf die Reaktivität bzw. die Stabilität eines organischen Moleküls erklärt. Durch den induktiven Effekt von Substituenten kommt es zu einer Verschiebung der Elektronendichte in einem Molekül, welche auch über σ-Bindungen wirksam, allerdings mit zunehmendem Abstand von Substituenten immer weniger ausgeprägt ist. Die Stärke des induktiven Effekts kann man aus Dipolmomenten abschätzen. Substituenten, die stärker elektronenanziehend sind als Wasserstoff (z. B. Cl) besitzen einen –I-Effekt, elektronenschiebende Substituenten (z. B. AlkylGruppen) dagegen einen +I-Effekt. Eine Übersicht über die induktiven Effekte einer Serie von Substituenten gibt folgende Reihe, wobei das Vermögen, Elektronen anzuziehen, von links nach rechts wächst: –C(CH3)3 < –CH(CH3)2 < –CH2CH3 < –CH3 < –H < –C6H5 < –OCH3 < –OH < –I < –Cl < –NO2 < –F 1 Ungesättigte Gruppen zeigen einen –I-Effekt mit der Reihenfolge: C–C < konjugierte C=C < C=C < C≡C Induktive Effekte erklären z. B., warum ein Kohlenstoff-Atom mit elektronegativen Substituenten elektrophil ist oder warum die Stabilität von Carbenium-Ionen oder Radikalen in Richtung Methyl < primär < sekundär < tertiär ansteigt. So bewirkt die Zunahme der Anzahl von Alkyl-Gruppen am kationischen bzw. radikalischen C-Atom eine zunehmende Verringerung des Elektronendefizits an diesem Zentrum. Da Substituenten mit +I-Effekt an einem Reaktionszentrum mit Elektronenüberschuss entsprechend ungünstig sind, ist die Stabilitätsreihenfolge von Carbanionen genau umgekehrt. Mesomerer Effekt: Den dirigistischen Einfluss im Molekül bereits vorhandener funktioneller Gruppen bei Substitutionsreaktionen bezeichnet man als Resonanz- oder Mesomerie-Effekt (M-Effekt), wenn er durch Delokalisierung der π-Elektronen des Substituenten über das π-Elektronensystem im restlichen Molekül zustande kommt. Werden diesem Elektronen geliehen, d. h. wird seine Elektronendichte erhöht, dann können elektrophile Reaktionen leichter eintreten (+M-Effekt); umgekehrt verhält es sich mit dem –M-Effekt und nukleophilen Reaktionen. Ein +M- Effekt liegt z. B. im Anilin vor (siehe Abbildung 2), das leichter elektrophil zu substituieren ist als Benzol. Die Beimischung der drei ionischen Resonanzstrukturen 2c–2e erklärt die Bevorzugung elektrophiler Substitutionen in der ortho- und para-Stellung. 3. Reaktionsmechanismen Elektrophile Addition (wegen H+) + HCl C C H H Cl H H H C C H H ungesättigt H H gesättigt Radikalische Substitution am Kohlenwasserstoff Z. B. Brommolekül wird zunächst durch Licht in zwei Bromatome gespalten: 2 Radikale greifen am Alkan an und entziehen ein Wasserstoffatom, es entsteht HBr. Das Alkylradikal greift wieder ein Bromatom an. Es entstehen ein Bromalkan und ein neues Bromatom als Radikal, so läuft die Reaktion weiter, bis zwei Radikale aufeinander treffen. Nukleophile Substitution an Halogenalkanen: R Hal + Y- R Y + Hal- Elektrophile Substitution an Aromaten: X Y + X+ + Y+ Es erfolgen Halogenierungen, Nitrierungen, Sulfonierungen, Alkylierungen usw. Eliminierungsreaktion; H OH H C C H Katalysator H H + H 2O C C H H H H gesättigt ungesättigt Umlagerungsreaktion: Es entstehen Konstitutionsisomere. Hier liegt eine KetoEnol-Tautomerie vor. 3 H3C H2 C C O O H3C C C OC2H5 C H C OC2H5 OH O Acetessigsäureethylester ist eine wasserklare Flüssigkeit mit einem charakteristischen, fruchtigen Geruch, die bis zu 46 % (in Hexan) in der Enol-Form vorliegen kann 4. Nukleophile Substitution an Halogenalkanen nach SN1 CH3 H3C C Br CH3 OH- + CH3 CH3 CH H3C C 3 Br H3C C Br CH3 CH3 + Br H3C C OH CH3 CH3 -Br- CH3 C +OHC 3C HH CH3 3C CH 3 Carbenium-Ion geschwindigkeitsbestimmender Schritt OH CH3 Abgangsgruppe H C OH H3C C OH H CH3 Angriff des Nucleophils CH3 CH3 H3C C Br CH3 CH3 OH Nucleophil, enthält Atom mit freiem/n Elektronenpaar/en C H3C CH3 Carbenium-Ion trigonal eben, Angriff des Nucleophils kann von beiden Seiten erfolgen nach SN2 Ob eine nucleophile Reaktion nach SN1oder SN2 abläuft, hängt u.a. von der Struktur des Substrates und vom Lösungsmittel ab. 4 Je höher substituiert das sp3-Atom ist, an dem die Reaktion erfolgt, desto leichter bildet sich ein Carbenium-Ion. Primäre Halogenalkane reagieren deshalb eher nach einem SN2- und tertiäre nach einem SN1- Reaktionsmechanismus. Polare, protische Lösungsmittel (Methanol, Wasser) begünstigen eine S N1-Reaktion, weil sie die zwischenzeitlich gebildeten Ionen besser solvatisieren und so deren Bildung fördern. Polare, aprotische Lösungsmittel (Aceton, Acetonitril) begünstigen SN2-Reaktionen, weil sie die Reaktivität des angreifenden Nucleophil nicht herabsetzen, denn Nucleophile sind zugleich Basen und werden in protischen Lösungsmitteln protoniert oder bilden Wasserstoffbrückenbindungen aus. 5. Oxidationszahlen +1 -2 HO -2 O +3 C -1+1 -2 +1 CH2OH HO O +1 -2 -2 -2 +1 -2 HO O HO +3 C CH3 +3 C +1 -2 -2 O +2 C CH3 H -3 +1 +1 -3 +1 6. Stoffbeispiele: Formel Name Einwertiger Alkohol H3C CH2 OH Zweiwertiger Alkohol HO CH2 CH2 dreiwertiger Alkohol HO CH2 CH CH2 OH Ethanol OH OH Glykol /Ethylenglykol (Ethan-1,2-diol) Glycerin (Propan-1,2,3triol) Einwertiges Phenol OH Hydroxybenzen zweiwertiges Phenol OH Hydrochinon (1,4Dihydroxybenzen) OH OH dreiwertiges Phenol HO Phloroglucin (1,3,5Trihydroxybenzen) OH 5 Symmetrischer Ether H3C O Unsymmetrischer Ether H3C O Dimethylether CH3 CH2 Ethylmethylether (Methoxyethan) CH3 O Cyclischer Ether 1,4-Dioxan O O Thioalkohol H2N CH C Cystein OH CH2 SH O Thioether H2N CH C Methionin OH CH2 CH2 S CH3 7. Butan-2-ol OH Es gibt eine R- und eine S-Form, da am C2 ein stereogenes Zentrum auftritt. 8. Oxidation Milchsäure COOH 5 H 0 C COOH +7 - +2 + OH + 2 MnO4 + 6 H 5 C COOH 3 H C 2+ + 2 Mn + 8 H2 O CH3 CH3 0 O +2 +7 OH + 2 MnO4 COOH - +2 C 3 O CH3 CH3 +4 + 2 MnO2 + 2 H2O + 2 OH6 9. Oxidationen Bei der Oxidation von A entsteht B A B Beispiel primärer mildes Oxidationsmittel (z.B. CuO) 1. R CHO Alkohol Aldehyd H3C CHO + Cu + H2O H3C CH2OH + CuO Ethanal (Acetaldehyd) R CH2OH Ethanol 2. R COOH + CuO Carbonsäure H3C COOH + Cu Ethansäure (Essigsäure) sekundärer Alkohol H R C R H H3C C CH3 + Cu + H2O + CuO H3C C CH3 O O OH Keton R C R Propan-2-on(Aceton) Propan-2-ol OH tertiärer Alkohol CH3 _ H3C C CH3 R OH R C R 2-Methyl-propan-2-ol OH Cystein Cystin Disulfidbrücken spielen bei der Tertiärstruktur von Proteinen eine große Rolle O O H2N CH C OH H2N CH2 CH C O OH H2N CH C CH2 CH2 S S OH SH COOH SH Liponsäure SH COOH Dihydroliponsäure S S Disulfid Thiol R SH R S S R 1. Disulfid Liponsäure wirkt als Coenzym bei Redoxreaktionen Die freie COOH- Gruppe ist meist amidartig über einen L- Lysinbaustein mit einem Protein verbunden. Sie kann so den Wasserstoff des „aktiven Acetaldehyds“ , der im Organismus beim Kohlehydrateabbau der Brenztraubensäure durch Decarboxylase mit einem Coenzym(TDP) ensteht, enzymatisch binden. 1. mildes Oxidationsmittel, z.B. H2O2 2 HOOC CH CH2 CH2 SH NH2 siehe oben Cystein HOOC CH CH2 CH2 S S CH2 CH2 CH COOH NH2 R SO2 OH Cystin NH2 2. starkes Oxidationsmittel, z.B. KMnO4 2. Sulfonsäure 7 + 5 H3C SH + 6 MnO 4 + 18 H Methanthiol 5 H3C SO2 OH 2+ + 6 Mn + 9 H 2O Methansulfonsäure Hydrochinon (1,4Dihydroxybenzen) 1,4-Benzochinon O OH Chinon/Hydrochinon-Redoxsysteme spielen eine wichtige Rolle in der Atmungskette und der Photosynthese der Tiere und der Pflanzen (Ubichinone, Vitamin K). Einige HydrochinonDerivate finden auch Verwendung in der Pharmazie. O OH 10. Acidität CH3 CH2 OH < OH Mesomeriestabilisierung im Phenolat-Anion (Delokalisierung der negativen Ladung) 8 Weiterführende Aufgaben 1. Formel Funktionelle Gruppen Aldehydgruppe Phenolische OH-Gruppe Unsymmetrischer Ether Konj. DB Konj. DB Aldehydgruppe Phenolische OH-Gruppe Unsymmetrischer Ether Konj. und isolierte DB Cl O CH3 Cl Halogenierter Aromat Unsymmetrischer Ether Konjugierte DB Cl Phenolische OH-Gruppe Unsymmetrischer Ether Konjugierte DB 2. Reduktion: 2 HS-CH2COO- + R-S-S-R → OOC-CH2-S-S-CH2-COO- + 2 RSH Oxidation: 2 RSH + H2O2 → R-S-S-R + 2 H2O 3. Serin enthält eine alkoholische (primäre) OH-Gruppe, Tyrosin eine phenolische OH-Gruppe. O O H2N H2N CH C OH CH C OH CH2 CH2 OH OH 9