ZU GAST BEI FREUNDEN 1. – 7. TEIL MEDIENBEGLEITHEFT zur Videokassette 105 Minuten, Produktionsjahr 1992 87857/1-7 ZU GAST BEI FREUNDEN 1. – 7. Teil Dieses Video ist ein Zusammenschnitt von 7 Sendungen der Serie “Zu Gast bei Freunden“ 1.Teil DIE EVANGELISCHEN NACHBARN 2.Teil DIE KATHOLISCHEN NACHBARN 3.Teil DIE ORTHODOXEN NACHBARN 4.Teil DIE BUDDHISTISCHEN NACHBARN 5.Teil DIE JÜDISCHEN NACHBARN 6.Teil DIE MUSLIMISCHEN NACHBARN 7.Teil DIE ALTKATHOLISCHEN NACHBARN 1. Teil DIE EVANGELISCHEN NACHBARN Fünf Prozent der österreichischen Bevölkerung bekennen sich zur Evangelischen Kirche Augsburgischen oder zur Evangelischen Kirche Helvetischen Bekenntnisses, die zu­ sammen die Evangelische Kirche A. u. H. B. in Österreich bilden. Der Film möchte in das Leben der evangelischen Kirche einführen, in den Alltag ihrer Mitglieder, in die Be­ sonderheiten ihrer Glaubenstraditionen, aber auch in ihre Einbettung in das ökumeni­ sche Miteinander mit der römisch-katholischen Kirche. Am Beispiel einer der wenigen mehrheitlich evangelischen Gemeinden in Österreich (Weißbriach in Kärnten) gibt der Film Einblick in die Tätigkeit eines evangelischen Pfarrers und in das Leben seiner Gemeinde. Das in der Bibel bezeugte Wort Gottes ist Grundlage der Predigt im Sonntagsgottes­ dienst. Auch im Religionsunterricht hat die Bibel ihren zentralen Platz, und auch hier geht es um die Auswirkungen des Glaubens auf das tägliche Leben, d.h. um die Ver­ antwortung der Christen vor Mensch und Schöpfung. Taufe und Abendmahl sind die beiden Sakramente, die von der evangelischen Kirche als von Christus selbst eingesetzt anerkannt werden. Eltern und Paten übernehmen Verantwortung für das Kind und seine christliche Erziehung. Die Taufe hat ökumenische Bedeutung: Sie wird von allen christ­ lichen Kirchen gegenseitig anerkannt. Nach evangelischem Verständnis ist die Ehe kein Sakrament wie in der römisch-katho­ lischen Kirche. Die kirchliche Trauung ist ein Fürbitte- und Segnungsgottesdienst, in der die Partner zu ihrer gemeinsamen Verantwortung ja sagen. Der demokratische Aufbau der evangelischen Kirche zeigt sich in der Pfarrgemeinde im zwölfköpfigen Presbyterium, auf gesamtösterreichischer Ebene in der Synode, wo Pfarrer und Laien als gleichberechtigte Partner über die Kirchengesetze entscheiden. In der Reihe der Unterschiede zwischen der evangelischen und der römisch-katho­ lischen Kirche ist das Papsttum eines der schwersten Probleme. Evangelische können in der Bibel dafür keine Begründung finden. Dass die christlichen Kirchen trotz ihrer unterschiedlichen Tradition und Glaubensüberzeugungen versuchen, in „versöhnter Verschiedenheit“ den gemeinsamen Weg weiterzugehen, zeigt der ökumenische Wiener Stadtkreuzweg, auf dem Probleme unserer Zeit von Jugendlichen in gemeinsamen Aktionen dargestellt werden. 1 2. Teil DIE KATHOLISCHEN NACHBARN In diesem Film soll ein Bild der katholischen Kirche gezeigt werden, in dem deutlich wird, wie sehr sich die Katholiken in ihrem Lebensvollzug um die Konkretisierung des biblischen Auftrages, „den anderen ein Freund“ zu werden, bemühen. „Leitfigur“ dabei ist ein Priester aus einer Wiener Großstadtpfarre. Im Zentrum jeder katholischen Ge­ meinde steht der sonntägliche Gottesdienst. Er ist der Brennpunkt christlichen Glau­ bens. Die Eucharistie ist eine der sieben Sakramente, wie Taufe, Buße, Firmung, Ehe, Kran­ kensalbung und Priesterweihe. Ganz wesentlich für eine katholische Gemeinde im Ein­ zelnen und für die katholische Kirche allgemein ist ihr dienender Charakter. Am Beispiel der „Schwestern der Nächstenliebe“, die Ordensgründerin ist Mutter Teresa aus Kalkutta, zeigt der Film die tägliche Essensausgabe an rund 250 obdachlose Personen. Orden und Ordensgemeinschaften sind ein besonderes Spezifikum der katholischen Kirche, sie haben jeweils unterschiedliche Schwerpunkte; so z.B. die Barmherzigen Brüder, die sich kranker Menschen in eigenen Spitälern schon seit Jahrhunderten annehmen. Berühmt ist dabei auch ihre Zahnambulanz in Wien. Natürlich ist der „Dienst am Nächsten“ nicht auf die Katholiken beschränkt. Vieles machen sie mit den evange­ lischen Glaubensbrüdern gemeinsam. Österreichweit bekannt ist die ökumenische Ein­ richtung der „Telefonseelsorge“, wo man unter der Nummer 1770 Tag und Nacht an­ rufen kann. Man findet bei allen Problemen einen Gesprächspartner. Kirche als Volk Gottes bietet aber auch ganz allgemein allen Menschen Hilfe an, so bei der Erziehung durch das Privatschulwesen oder durch den Religionsunterricht, der in allen Schulen als Pflichtgegenstand durchgeführt wird. Dadurch sollen die Schülerinnen und Schüler an das kulturelle Erbe herangeführt werden, sie sollen den Sinn des menschlichen Lebens erfahren. Die katholische Kirche versteht sich als der Heilsweg zu Gott, und sie weiß um die trau­ rige Situation der Gespaltenheit der christlichen Kirchen untereinander. Von jedem ein­ zelnen Christen in jeder einzelnen Kirche wird es abhängen, glaubwürdiger zu werden durch eine Einheit in der Vielfalt. 2 3. Teil DIE ORTHODOXEN NACHBARN Im Jahre 1804 gründeten die Griechen Wiens eine eigene Nationalschule, die auch heute noch existiert und von rund 80 Kindern besucht wird, denen dort ihr Religionsund Sprachunterricht erteilt wird. Diese Schule in Wien ist damit die älteste Schule des Griechentums außerhalb Grie­ chenlands. Seit 1963 ist Wien Bischofssitz der Griechisch-Orientalen von Österreich, Italien und Ungarn. Der erste Metropolit ist Erzbischof Chrysostomos Tsiter. Gerade in der Liturgie entfalten die Ostkirchen ihre große Begabung in den Symbolen für eine Gottesverehrung. Die besondere Einstellung der orthodoxen Kirchen zum Bild ließ die Ikone zu einem Bestandteil der Liturgie werden. Die Ikonen, zusammengestellt zu einer ganzen Ikonenwand, wurden schließlich zu den „hl. Sachen“ gezählt. Zur Ökumene: Alle orthodoxen Kirchen sind Mitglieder des Weltkirchenrates und unterhalten gute Be­ ziehungen zu den evangelischen und katholischen Christen. Die Sehnsucht nach Einheit in der je eigenen Verschiedenheit hat in den orthodoxen Kirchen eine lange Tradition. Zum Film: Der Film zeigt Ausschnitte aus dem religiösen und liturgischen Leben der serbisch­ orthodoxen und griechisch-orientalischen Christen in Österreich. Interviews mit Gläu­ bigen und mit Priestern und Bischöfen der Orthodoxie runden das Bild ab. Allgemein bezeichnet man Österreich als ein katholisches Land. Für rund 85 % der Be­ völkerung stimmt das auch. Aber nur allzu leicht übersieht man dabei, dass neben evangelischen Christen auch zahlreiche Angehörige der orthodoxen Konfession in Österreich leben. Ihre Kirchen prägen oft das Stadtbild oder ganze Straßenzüge. Man findet sie in allen großen Städten des Landes. Zur Geschichte: Eine große Einwanderungswelle serbisch-orthodoxer Christen erfolgte ab den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Sie kamen überwiegend als Gastarbeiter und ließen sich vor allem in den Städten nieder. Heute leben sie schon in zweiter und dritter Generation 3 mitten unter uns. Etwa 20.000 Serbisch-Orthodoxe gibt es in Wien, davon besuchen allein rund 3500 eine Wiener Volks- oder Hauptschule. In vielem haben sie sich integriert, integrieren müssen. Gerade im Religiösen aber haben sie ihre Eigenständigkeit bewahrt. Zu den ältesten orthodoxen Christen Österreichs gehören sicher die griechisch-orienta­ lischen Christen. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts errichteten sie eine Kirche am Wiener Fleischmarkt. 4 4. Teil DIE BUDDHISTISCHEN NACHBARN Zur Situation: Innerhalb der letzten Jahre haben sich in Österreich Mönchsgemeinschaften aller gro­ ßen buddhistischen Traditionen gebildet. Neben den Orden gibt es noch eine buddhisti­ sche Kultusgemeinde mit ihrem Sitz in Wien, zu der sich einige hundert Gläubige be­ kennen. 1983 erhielt der Buddhismus vom Staate Österreich die offizielle Anerkennung als Religion. Die Anfänge des Buddhismus aber reichen in diesem Land bis zur Jahr­ hundertwende zurück. Karl Eugen Neumann (1865 – 1918) gründete den ersten budd­ histischen Zirkel in Österreich. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden wieder kleine private Kreise, die vorerst einen philosophisch-intellektuellen Zugang zum Buddhismus suchten. Mit der Zeit trat dieser Aspekt in den Hintergrund zugunsten eines verstärkten Verständnisses vom Buddhis­ mus als einer Religion. 1975 entstand in Scheibbs/NÖ eines der ersten buddhistischen Zentren in Europa. Lehre des Buddha: Der Buddhismus geht auf den Fürstensohn Siddharta Gautama zurück (etwa 560 – 480 v. Chr. Geburt). Ziel des Buddhismus ist das Erlangen der Buddhaschaft. Dieser Weg besteht grund­ sätzlich darin, durch Meditation, Achtsamkeit und richtiges Verhalten den eigenen Geist in den Griff zu bekommen. Mit Hilfe von Meditationen und bewusstem Verhalten vertie­ fen Buddhisten das Gefühl für alle Lebewesen und die Einsicht in die Natur der Dinge. Dies führt bei ihnen allmählich zum Abschwächen der Ich-Zentriertheit, zum Erkennen der Wirklichkeit und letztendlich zur Buddhaschaft. Zum Film: Der Film zeigt das Leben von buddhistischen Mönchen in Österreich. Angelpunkte sind der Theravada-Orden in Wien und das buddhistische Zentrum in Feldkirch/Vorarlberg. Der Buddhismus begleitet die Mönche durch ihren Alltag, beim Gebet, bei den Medita­ tionsübungen und bei den religiösen Feiern mit Gläubigen. Besonderes Augenmerk gilt der Spiritualität dieser Religion. Interviews mit Mönchen aus Sri Lanka und Österreich runden das Bild ab. 5 5. Teil DIE JÜDISCHEN NACHBARN Zur Situation: Eine Beschreibung der Lebensverhältnisse der Juden in Österreich ist nicht möglich ohne Erinnerung an die Jahre 1938 bis 1945. Vor 1938 lebten über 290.000 Juden in Österreich, davon allein 180.000 in Wien. Heute sind es rund 8.000, dazu kommen jetzt noch rund 7.000 jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion. Sie wanderten ursprünglich nach Israel aus, konnten dort aber nicht Fuß fassen und bauen sich jetzt in Wien ihre Existenz auf. War es im 2. Weltkrieg überwiegend ein politisch-nationaler Antisemitismus, der Millionen von Juden vertrieb, gefangen nahm und ermordete, so war es durch Jahrhunderte vorher ein religiös motivierter Antijudaismus und Antisemi­ tismus. Dies ist umso erschreckender und verurteilungswürdiger, als Judentum und Christentum einen gemeinsamen Ursprung haben, nämlich in einem Bundesschluss mit Gott für die „Kinder Israels“ am Berge Sinai durch Mose und für die Christen die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. Für das Selbstverständnis des Christentums ist die Kenntnis des Judentums unverzicht­ bare Voraussetzung und gleichzeitig eine Forderung an jeden mündigen Christen. Unübersehbar groß ist das gemeinsame Erbe: - der Glaube an den einen Gott - die Bibel (fünf Bücher Mose) der Bundesschluss am Sinai - das Liebesgebot (Dtn 6, 5; Lev 19, 34 und Mk 12, 29-31) - die Erwartung des Gottesreiches (in Vollendung) - die Gottesdienste und Gebete (Psalmen, liturgische Feiern) Für die katholische Kirche hat das II. Vatikanische Konzil mit der Erklärung „Nostra aetate“ einen Meilenstein für die Umdenkungsgeschichte den Juden gegenüber gesetzt. In dieser Zeit ging wirklich die Entzweiungsgeschichte zu Ende, und es begannen die zahlreichen geglückten Versuche des gegenseitigen Kennenlernens, der Information, der Verständigung, der Begegnung bis hin zum Beginn einer neuen Freundschaft. 6 Zum Film: Heute gibt es in Österreich fünf jüdische Gemeinden, in Innsbruck, Salzburg, Linz, Graz und Wien. Stellvertretend dafür sind die Gemeinde Salzburg (mit ihrer Synagoge, ihrem Friedhof und ihrem ehemaligen jüdischen Viertel) und die in Wien (als die größte Öster­ reichs) dargestellt. Die Juden in Österreich können heute frei und offen alle ihre religiösen Pflichten und Verpflichtungen ausüben und ihre Feste feiern. Der Film zeigt als Beispiel einer liturgischen Feier ein Morgengebet in der Wiener Synagoge und als Höhepunkt des Festkalenders ein Sedermahl beim Pessachfest. In Wien gibt es einige jüdische Privatschulen. Ihre Schüler besuchen immer wieder das Land Israel, das Land ihres Glaubens. In Interviews erzählen sie über die Bedeutung dieser Reise für ihr religiöses Leben. Aber auch für Christen hat eine Reise ins Gelobte Land besondere Bedeutung: Israel ist nicht nur das Land, in dem Gott in seinem Sohn Jesus Christus Mensch geworden ist, sondern es ist auch das Land, in das Gott die „Kinder Israels“ hineinführte. Aufnahmen von Gedenkfeiern zur Erinnerung an den Holocaust machen auf die schicksalsträchtige Situation aufmerksam, in der sich Juden, und das nicht nur in nationalsozialistischer Zeit, befanden. Juden sahen sich durch fast alle Jahrhunderte einem religiös und poli­ tisch motivierten Antisemitismus und Antijudaismus gegenüber. Christen aller Konfessionen unternehmen in den letzten Jahrzehnten verstärkt Be­ mühungen, diese Entzweiungsgeschichte des Judentums mit dem Christentum zu beenden. Stellvertretend dafür bringt der Film ein Interview mit dem lnnsbrucker Diöze­ sanbischof Dr. Reinhold Stecher. Worte des Oberrabbiners Paul Chaim Eisenberg weisen den Weg in die Zukunft und runden das Bild über jüdisches Leben in Österreich ab. Der Film will mithelfen, Vorurteile abzubauen, Missverständnisse auszuräumen und neue Freundschaften zwischen Juden und Christen beginnen zu lassen. 7 6. Teil DIE MUSLIMISCHEN NACHBARN Zur Situation: Rund 160.000 Menschen in Österreich bekennen sich zum Islam. Sie sind überwiegend ausländische Arbeitnehmer und kommen aus über 70 Ländern dieser Erde, vor allem aber aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien. Einige tausend von ihnen haben ihre ursprüngliche Heimat in einem arabischen Land. Rund 15.000 islamische Kinder besuchen in Österreich eine öffentliche Schule. Die merkbare Hinwendung der Muslime zu ihrer Religion hat es wichtig gemacht, Informationen über diesen Glauben zu er­ halten. Zu rasch kommt es sonst zu Vorurteilen, zu falschen Einschätzungen und nicht situationsgerechten Handlungsweisen. Zur Lehre: Islam bedeutet Hingabe an Gott, Einfügung in Gottes Willen und er war von seinem Stifter Mohammed ursprünglich gedacht als die Religion der arabischen Staaten unter Einbeziehung der Juden und Christen. Die „fünf Säulen“ des Islam: - Glaube: Allah ist der einzige Gott und Mohammed ist sein Prophet. - Gebet: Jeder gläubige Muslim betet 5x am Tag. - Fasten: Der Fastenmonat heißt Ramadan. Gefastet wird von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. - Almosen: Der Koran schreibt Almosen und Mildtätigkeit für die Bedürftigen vor. - Pilgerfahrt: Einmal im Leben soll eine Wallfahrt nach Mekka, der heiligen Stadt im Islam, unternommen werden. Die Einbeziehung des jüdischen und christlichen Glaubens zeigt sich in vielen Er­ zählungen des Korans aus der jüdischen und christlichen Heilsgeschichte. So sind Abraham und Mose große Propheten im Islam und vor allem Christus. Der letzte und wichtigste Prophet aber, durch den der Koran zu den Menschen kam, ist Mohammed. Alles Leben, das private und das berufliche, wird durch Gesetze, Gebote und Vorschrif­ ten im Islam und seiner Lehre geregelt. 8 Der Name Islam bedeutet Unterwerfung unter den Willen des einen Gottes, Allah. Mohammedanismus oder Mohammedaner wird als Bezeichnung abgelehnt, denn ein Muslim unterwirft sich Allah und nicht seinem Propheten. „Muhammad“ wurde um 570 in Mekka geboren. 610 wird er durch den Engel Gabriel zum Propheten berufen. Er sah sich zunächst als Erneuerer der Religion Abrahams. Als er aber von Juden und Christen abgelehnt wird, erklärt er ihnen den Krieg. Jerusalem als Gebetsrichtung wird durch Mekka abgelöst. 630 hat der Prophet Mekka erobert, nachdem er 622 von dort in das 400 Kilometer nördlich gelegene Jathrib (Medina) flüchten musste (Hedschra). Das Jahr 622 wird zum Beginn der muslimischen Zeit­ rechnung. Als Muhammed 632 starb, stand die arabische Halbinsel unter seiner Theokratie. Die Nachfolge des Propheten traten Kalifen an. „Kalif“ bedeutet Nachfolge im Sinne von Stellvertreter – nicht jedoch im Prophetenamt. Von den Universitäten (972 Gründung der al-Azhar in Kairo) geht entscheidender Einfluss auf die Gründung west­ europäischer Universitäten aus. In der Mitte des Islams steht das Buch Allahs, der Koran (Qur’an = Rezitation, Vor­ lesung). Der Text wurde dem Propheten Wort für Wort eingegeben, darum ist nur der Koran „die reine Offenbarung“, das Wort Allahs. Im Koran ist alles enthalten, was für die zwischenmenschlichen Beziehungen, die gesamte Gesellschaftsordnung und die Staatsordnung von Belang ist. In 114 Suren enthält er 6206 Verse. Textkritik, Quellen­ forschung, Form- und Redaktionsgeschichte wie in der christlichen Exegese gibt es nicht. Neben dem Koran gibt es die Aussprüche des Propheten. Es entstanden zahllose Kommentare. Das islamische Credo umfasst sechs Artikel. Diese werden von jedem muslimischen Kind in folgender Reihenfolge gelernt. 1. Ich glaube an Gott. 2. Ich glaube an Seine Engel. 3. Ich glaube an Seine Offenbarungsschriften. 4. Ich glaube an Seine Gesandten (Propheten). 5. Ich glaube an das Jüngste Gericht und an die Wiedererstehung nach dem Tode. 6. Ich glaube an seinen bestimmenden Einfluss auf den Lauf der Welt: dass nämlich alles, ob gut oder böse, in Seinem Ratschluss begründet ist. 9 Das Leben des Gläubigen wird von fünf Säulen getragen: 1. Das Bekennen des islamischen Glaubens. 2. Das Gebet: fünfmal täglich in Richtung Mekka und am Freitag zu Mittag womöglich in einer Moschee. 3. Das Almosengeben. 4. Das Fasten im Monat Ramadan zwischen Morgendämmerung und Sonnenunter­ gang. 5. Die Pilgerfahrt nach Mekka, wenn man es sich leisten kann. Zum Film: Der Film zeigt Muslime in der Stadt Hallein. Hier ist der Islam die zweitgrößte Religions­ gemeinschaft. Die Muslims leben überwiegend in der Altstadt, sie haben drei Moscheen und einige Clublokale. Für die muslimischen Schüler gibt es eine Privatinitiative zum besseren Erlernen der deutschen Sprache. Das Familienleben bei den Muslimen ist sehr ausgeprägt. Dieses Zusammensein gibt ihnen Kraft und Halt in einer nicht immer leichten Lebenssituation. Höhepunkt ihres religiösen Lebens innerhalb einer Woche ist für die männlichen Gläubi­ gen das Freitagsgebet in der Moschee. Eines der größten Feste innerhalb des Mondjahres ist das „Fastenbrechen“ am Ende des Fastenmonats Ramadan. Das größte Fest ist das Opferfest, zwei Monate und zehn Tage nach dem Ramadan, in Erinnerung an Abraham, der seinen Sohn opfern sollte. Gläubige Muslims schlachten dabei ein Schaf. Im Ramadan selbst halten sie sich an das Eß- und Trinkverbot während des Tages, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Manche von ihnen waren auch schon auf Wall­ fahrt in Mekka, eine Forderung im Islam an alle Gläubigen. Ein Teilnehmer erzählt im Film von diesem Erlebnis. Interviews mit einem Türkisch-Lehrer und mit muslimischen Religionslehrern runden den Film ab. 10 7.Teil DIE ALTKATHOLISCHEN NACHBARN Die Altkatholische Kirche Österreichs versteht sich als vollgültige Verwirklichung der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche. Die Altkatholische Kirche entstand aus dem Widerstand gegen die beim 1. Vatikanischen Konzil 1870 verkündeten Dogmen vom bischöflichen Primat und der lehramtlichen Unfehlbarkeit des Papstes. Ein Teil der Katholiken wollte jedoch an diesen Glaubenssätzen der alten ungeteilten katholischen und apostolischen Kirche des 1. Jahrtausends festhalten. 1871 versammelten sich diese Katholiken beim 1. Altkatholikenkongress in München. Im selben Jahr wurde in Österreich den „antivatikanisch gesinnten Katholiken“ die Rat­ hauskapelle St. Salvator in Wien zur Benützung übergeben, wo auch der 1. altkatholische Gottesdienst gefeiert wurde. Die staatliche Anerkennung erhielt die Altkatholische Kirche in Österreich erst 1877. Die Synodalversammlung beschloss eine Reihe von Reformen wie die Mitsprache der Laien, Einführung der Muttersprache im Gottesdienst, Aufhebung des Zölibatzwanges und der Verpflichtung der Ohrenbeichte. Nach dem Ende der Donaumonarchie wurden die Kirchengemeinden Wien, Ried und Graz zu einem selbständigen Bistum zusammengeschlossen und 1924 Adalbert Schindelar zum 1. Bischof gewählt. Die Altkatholischen Kirchen sind Landeskirchen. Ihre Verfassung ist bischöflichsynodal, d.h. die Leitung und Verwaltung der Kirche erfolgt im Zusammenwirken des Bischofs mit den in den Synodalrat gewählten Geistlichen und Laienvertretern. Der Bischof wird von der Synode gewählt. Er führt die Aufsicht über die Kirche, ihm obliegt die Sorge für die Erhaltung der Bekenntnisgrundlagen und der Liturgie. Die Synode ist das oberste Organ der Kirche. Sie tritt alle drei Jahre zusammen. Derzeit gibt es in der Altkatholischen Kirche Österreichs 12 Gemeinden. Die selbständigen Altkatholischen Kirchen haben sich zur Utrechter Union zusammen­ geschlossen. Ihr gehören die Altkatholische Kirche der Niederlande, Deutschlands, der 11 Schweiz und Österreichs an sowie die Polnisch Katholische Nationalkirche in Amerika, Polen und andere. Die Altkatholischen Kirchen waren von Anfang an um die Wiedervereinigung der ge­ trennten Christen bemüht. Es wurden Verhandlungen sowohl mit den Orthodoxen Kirchen als auch mit der Anglikanischen Kirche geführt. Die Altkatholische Kirche Öster­ reichs ist Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen (Weltkirchenrat), der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ORKO). Zum Film: Der Film zeigt Ausschnitte aus dem pastoralen Leben der Gemeinden: Einen Fest­ gottesdienst in der Muttergemeinde Ried im Innkreis und eine Taufe in der Wiener Muttergemeinde St. Salvator, eine Trauung in der Schlosskapelle Mirabell sowie ein Be­ gräbnis, das keinem getauften Christen verweigert wird und den Angehörigen Trost und Beistand bietet. Dabei wird auf die Glaubenslehre der Altkatholischen Kirche einge­ gangen: Christus ist der einzige Mittler zwischen Gott und den Menschen. Daraus ergibt sich die Stellung zur Heiligenverehrung, das Andenken Marias, Mutter des Erlösers, und aller Apostel und Märtyrer und Helden des Glaubens. Glaubenssätze (Dogmen), die nicht von den ökumenischen Konzilen beschlossen wur­ den, wie z.B. die Dogmen von der unbefleckten Empfängnis und von der leiblichen Auf­ nahme Marias in den Himmel wurden, weil biblisch nicht belegbar, nicht angenommen. Die Siebenzahl der Sakramente wurde beibehalten, wobei Taufe und Abendmahl die „Grundsakramente“ sind. 12 Die Texte dieses Heftes wurden zum Teil der Broschüre „RADIOKOLLEG UND SCHULFERNSEHEN“ entnommen Medieninhaber und Herausgeber: BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, WISSENSCHAFT UND KULTUR Medienservice A-1014 Wien, Minoritenplatz 5 Tel. 01/53 120 / 4829, Fax: 01/53 120 / 4848 Bestellungen: Tel. 01/982 13 22-310, Fax: 01/982 13 22-311 E-Mail: [email protected] Verlags- und Herstellungsort: Wien